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Die Litaneien von Wolfgang Amadeus Mozart und die Salzburger Tradition

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Einleitung<br />

15<br />

Einleitung<br />

Danket dem Herrn, denn er ist fre<strong>und</strong>lich, denn seine Güte währet ewiglich – mit<br />

<strong>die</strong>sen Worten beginnt eines der zentralen Lieder aus dem fünften Buch<br />

der Psalmen, das unter der Nummer 136 zu finden ist. Das Zitat gehört<br />

nicht nur zu den berühmtesten poetischen Fragmenten der Bibel, <strong>die</strong> in<br />

der Literatur <strong>und</strong> auch in der Musik vielfach aufgegriffen wurden 1 , sondern<br />

auch zu den Abschnitten, <strong>die</strong> einer in vielen Religionen bis heute<br />

lebendigen <strong>und</strong> sehr beliebten kirchlichen Form den Auftakt geben: Der<br />

Litanei.<br />

Eine Litanei (vom griechischen Substantiv λιτή – „Bitte“, „Flehen“ 2 )<br />

stellt eine Folge <strong>von</strong> ständig wechselnden, gewöhnlich <strong>von</strong> einem Vorbeter<br />

(Vorsteher, Diakon oder Kantor) vorgetragenen Akklamationen (in<br />

dem oben genannten Psalm würde <strong>die</strong> Zeile „Danket dem Herrn, denn<br />

er ist fre<strong>und</strong>lich“ <strong>die</strong>se Rolle spielen) dar, <strong>die</strong> mit einem gleichbleibenden<br />

Ruf (in <strong>die</strong>sem Fall – „denn seine Güte währet ewiglich“) vom Volk<br />

beantwortet wird. Poetisch charakterisiert, ist sie ein „Zeichen unermüdlicher<br />

vertrauensvoller Liebe <strong>und</strong> Zuwendung zu Gott <strong>und</strong> seinen<br />

Heiligen. In rhythmischem Gleichklang rufen <strong>die</strong> Herzen, finden sie<br />

immer neue Worte <strong>und</strong> Namen im gläubigen betenden Aufblick zu den<br />

Geheimnissen der göttlichen Gnade“. 3<br />

1 Zu erwähnen ist vor allem <strong>die</strong> 1619 in Dresden vertonte Version <strong>von</strong> Heinrich Schütz,<br />

SWV 032, veröffentlicht in Wilhelm Ehmann (Hg.), Heinrich Schütz. Neue Ausgabe sämtlicher<br />

Werke, Bd. 24: Psalmen Davids 1619, Nr. 10–16, Kassel u.a.: Bärenreiter 1979.<br />

2 Zur Terminologie <strong>und</strong> ihrer Modifizierung in diversen europäischen Sprachen siehe<br />

Witold Sadowski, European Litanic Verse. A Different Space-Time, Berlin: Peter Lang 2018<br />

(Literary and Cultural Theory), S. 83–88.<br />

3 Zit. nach Hans Hermann Groër, <strong>Die</strong> Rufe <strong>von</strong> Loreto, Wien: Wiener Dom-Verl. 1987, S. 9.

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