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Taxi Times München - 4. Quartal 2020

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CORONA-SCHUTZ<br />

CORONA-SCHUTZ<br />

BAYERNS TAXIFAHRER<br />

IN DER CORONA-FALLE?<br />

Fast alle (IsarFunk-)<strong>Taxi</strong>s haben einen Trennschutz eingebaut – kombiniert mit der<br />

Bitte an die Fahrgäste, nur noch hinten Platz zu nehmen. Doch nicht alle Fahrgäste<br />

halten sich daran. Das bringt die Fahrer in eine echte Zwickmühle.<br />

Auf dem <strong>Taxi</strong>gewerbe lastet in Pandemiezeiten eine große<br />

Verantwortung. Schließlich kommen die Fahrerinnen und<br />

Fahrer ihren Kunden sehr nahe. Erschwerend kommt<br />

hinzu, dass man sich die wenige Luft im Fahrzeug teilt. Nach allem,<br />

was man heute über die Verbreitung von Aerosolen weiß, erhöht sich<br />

die Ansteckungsgefahr schon nach wenigen Minuten drastisch – vor<br />

allem, wenn der Fahrgast direkt neben dem Fahrer sitzt.<br />

Dabei tun <strong>Taxi</strong>unternehmer und -fahrer alles, um das Infektionsrisiko<br />

zu minimieren. Die meisten Fahrzeuge sind inzwischen<br />

mit Trennscheiben ausgestattet, es wird nach jeder Fahrt gelüftet<br />

und benutzte Plätze sowie Griffe werden desinfiziert. Fahrerinnen<br />

und Fahrer tragen während einer Besetztfahrt Maske. Außerdem<br />

halten sie – eigentlich unumgänglich, wenn das Fahrzeug<br />

eine Trennscheibe hat – den Beifahrersitz frei. Die meisten Fahrgäste<br />

dürfte das freuen. Trotzdem gibt es immer noch Kunden,<br />

die auf den Beifahrersitz bestehen. Unverständlich, wenn es aus<br />

Bequemlichkeit passiert, ein echter Interessenkonflikt, wenn sie<br />

tatsächlich große Schwierigkeiten haben, sich auf die Rückbank<br />

zu setzen oder andere gesundheitliche Gründe gelten (siehe dazu<br />

den Beitrag unten).<br />

DER WIRTSCHAFTLICHE KONFLIKT<br />

Der Fahrer ist in der Zwickmühle. Oft hat er lange auf einen Auftrag<br />

gewartet und kann es sich wirtschaftlich kaum leisten, auf<br />

Während sich Busfahrer eindeutig von den Fahrgästen abgrenzen<br />

können …<br />

eine Fahrt zu verzichten. Viele befürchten außerdem juristische<br />

Konsequenzen, wenn sie einen Fahrgast ablehnen. Was uns zu der<br />

Frage führt: Haben sie überhaupt ein Recht darauf, die Mitnahme<br />

auf dem Beifahrersitz zu verweigern?<br />

Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr<br />

erklärte im Juli: „Das <strong>Taxi</strong> ist ein Teil des öffentlichen Per-<br />

FOTOS: Tom Buntrock (2)<br />

ILLUSTRATION: Adobe Stock / fotohansel<br />

sonennahverkehrs (…), somit gelten dort die gleichen Regeln<br />

wie auch in Bussen oder Bahnen. Die aus Infektionsschutzgründen<br />

gebotenen Abstände sind in der 6. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung<br />

geregelt. Der Mindestabstand von<br />

1,50 Metern soll dort eingehalten werden, wo dies möglich ist. Da<br />

im ÖPNV die Einhaltung nicht durchgehend möglich ist, wird es<br />

hier insgesamt für zulässig erachtet, von der zwingenden Einhaltung<br />

der Abstandsregelung abzusehen.“<br />

… sind <strong>Taxi</strong>fahrer darauf angewiesen, zu bitten.<br />

Und weiter: „Möchte ein <strong>Taxi</strong>fahrer einen Fahrgast zum Schutz<br />

der eigenen Gesundheit auf die hinteren Plätze verweisen, kann<br />

er dies als Bitte formulieren und sich dabei auch auf das Gebot<br />

berufen, wo immer möglich, einen Mindestabstand von 1,50<br />

Metern zwischen zwei Personen einzuhalten.“ Für die Fahrerinnen<br />

und Fahrer, die zum Beispiel zu einer Risikogruppe gehören und<br />

die sich deshalb so umfassend wie möglich vor einer Infektion<br />

schützen wollen, ist diese Erklärung unbefriedigend.<br />

Florian Schelmer, Abteilungsleiter der Hauptabteilung III im<br />

Münchner KVR, ergänzt: „Tatsächlich gibt es bayernweit keine<br />

Regelung, die den Beifahrersitzplatz generell sperrt. Allerdings<br />

ergibt sich aus den Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen,<br />

dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern generell<br />

einzuhalten ist bzw. ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen ist. (…)<br />

Allerdings ergibt sich auch bereits aus § 22 Nr. 3 PBefG, dass eine<br />

Beförderungspflicht nicht besteht, wenn eine Beförderung durch<br />

Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden<br />

und denen er auch nicht abhelfen kann. § 8 der Münchner<br />

<strong>Taxi</strong>tarifordnung konkretisiert dies insoweit, als Personen von<br />

der Beförderung ausgeschlossen werden können, die unter einer<br />

ansteckenden Krankheit leiden.“<br />

KVR IST SENSIBEL BEI BESCHWERDEN<br />

Außerdem würde man von Behördenseite besonders sensibel mit<br />

etwaigen Beschwerden von Fahrgästen umgehen. „Aus Sicht des<br />

Kreisverwaltungsreferats handelt es sich nicht um einen Verstoß<br />

gegen die Beförderungspflicht, wenn die <strong>Taxi</strong>fahrer*innen in der<br />

derzeitigen Pandemie-Situation darauf bestehen, dass die Fahrgäste<br />

im Fahrzeug hinten einsteigen, und diese den Hinweis als<br />

generelle Weigerung zur Beförderung empfinden.“ Außerdem sei<br />

bisher kein entsprechender Fall bekannt. Die Notwendigkeit, eine<br />

Allgemeinverfügung zu erlassen, sehe man nicht.<br />

Die würde – wie man in anderen Bundesländern sieht – für<br />

Klarheit sorgen und Diskussionen mit den Fahrgästen im Keim<br />

ersticken. So bleibt es an den Fahrerinnen und Fahrern hängen,<br />

sich und andere zu schützen, indem sie die Mitnahme auf dem<br />

Beifahrersitz konsequent verhindern. Für manche Kunden mag<br />

das unbequem sein, aber bei Weitem nicht so unbequem wie eine<br />

Infektion mit Covid-19. <br />

tb<br />

ABER BITTE VORNE SITZEN!<br />

Dr. M. Schaumberger ist fast täglich<br />

mit dem <strong>Taxi</strong> unterwegs. Wenn er über<br />

IsarFunk einen Wagen ruft, dann wissen<br />

die Disponenten bereits, dass er auf den<br />

Beifahrersitzplatz angewiesen ist. Auch<br />

in Corona-Zeiten.<br />

Der Naturwissenschaftler gehört nicht zu<br />

den Fahrgästen, die zum Spaß auf dem<br />

Beifahrersitz sitzen wollen, sondern er ist<br />

darauf angewiesen. Krankheitsbedingt<br />

kann Schaumberger nur unter größten<br />

Bemühungen auf der Rücksitzbank Platz<br />

nehmen. Einerseits, weil der Einstieg zu<br />

schmal ist, und andererseits, weil die<br />

Beine nicht ausreichend Platz finden.<br />

„Wenn ich in der Zentrale anrufe, dann<br />

waren vor Corona bereits die Bestellmerkmale<br />

‚starker Fahrer und mittlerer<br />

Einstieg‘ vorgemerkt, damit sichergestellt<br />

ist, dass ein Fahrer die Fahrt übernimmt,<br />

der körperlich dazu in der Lage<br />

ist, mir beim Ein- und Aussteigen zu<br />

helfen“, so Schaumberger im Gespräch<br />

mit <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>.<br />

Mit dem Bestellmerkmal „mittlerer<br />

Einstieg“ soll des Weiteren sichergestellt<br />

werden, dass das Fahrzeug über eine<br />

für ihn optimale Einstiegshöhe verfügt.<br />

Denn ein Bus oder ein SUV sind zu hoch<br />

und stellen ebenso eine große Hürde dar,<br />

genau wie eine niedrige Limousine. „Im<br />

Laufe der Jahre hat sich beispielsweise<br />

der Toyota Prius+ als optimal für mich<br />

herausgestellt“, so der Vielfahrer.<br />

Seit Beginn der Corona Pandemie hat<br />

Schaumberger, wie viele andere auch,<br />

seinen Bewegungsradius, beispielsweise<br />

durch die Arbeit<br />

im Homeoffice, zunächst<br />

stark eingeschränkt.<br />

Auf Dauer gesehen<br />

ist das aber<br />

keine Option für<br />

den Münchner.<br />

Gemeinsam mit<br />

der IsarFunk-<br />

Kundenbetreuung<br />

ist deshalb ein<br />

weiteres Bestellmerkmal<br />

hinzugefügt<br />

worden,<br />

welches die Fahrer<br />

im Vorfeld darauf<br />

hinweist, dass der<br />

Die Beförderung<br />

ist derzeit<br />

Fahrgast vorne sitzen muss.<br />

Für den Naturwissenschaftler<br />

ist klar,<br />

dass ein besetzter<br />

Beifahrersitz für<br />

manchen Fahrer<br />

eine Zwickmühle<br />

darstellt, denn<br />

es gibt durchaus<br />

<strong>Taxi</strong>fahrer, die zu<br />

der oft zitierten<br />

Risikogruppe<br />

gehören. Aus<br />

diesem Grund ist<br />

für Schaumberger<br />

der Mundschutz<br />

auf dem Beifahrersitz<br />

eine Selbstverständlichkeit,<br />

die die Ausnahme.<br />

er<br />

allerdings im Gegenzug auch von den<br />

<strong>Taxi</strong>fahrern erwartet.<br />

Darauf angesprochen, ob der auf<br />

den Vordersitzen nicht einzuhaltende<br />

Mindestabstand von 1,5 Metern ihn<br />

beunruhigt, zeigt Schaumberger, dass<br />

er mit seiner Mobilitätseinschränkung<br />

pragmatisch umgeht. „Sicherlich kann<br />

ich nicht behaupten, dass ich mich auf<br />

dem Vordersitz wohlfühle, andererseits<br />

kommt mir der Fahrer aber sowieso<br />

schon beim Ein- und Aussteigen sehr<br />

nahe, weil er mit ja behilflich ist.“ Trotzdem<br />

fährt immer ein diffuses ungutes<br />

Gefühl mit. „Das aber“, so Schaumberger,<br />

„ist nicht auf das <strong>Taxi</strong> beschränkt,<br />

sondern schwingt genauso beim Arztbesuch<br />

oder in der Arbeit mit.“ sg<br />

Venczel_02-2016.qxp_Layout 1 03.02.16 16:15 Seite<br />

Verkehrsmedizinische<br />

Untersuchungen in Schwabing<br />

Dr. Josef Venczel<br />

Dr. Marta Venczel<br />

Betriebsärzte<br />

Adelheidstraße 23<br />

80798 <strong>München</strong><br />

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24 <strong>4.</strong> QUARTAL <strong>2020</strong> TAXI<br />

TAXI <strong>4.</strong> QUARTAL <strong>2020</strong><br />

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