Taxi Times München - 4. Quartal 2020
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GEWERBEPOLITIK<br />
GEWERBEPOLITIK<br />
DIE POSITION<br />
DER OPPOSITION<br />
Bei den politischen Gesprächen des <strong>Taxi</strong>gewerbes kam es auch<br />
zum Austausch mit den Vertretern der Oppositionsparteien. Dabei stand<br />
die grün-rote Verkehrspolitik im Vordergrund – und in der Kritik.<br />
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Evelyne Menges (links) führte die sechsköpfige Delegation an, die sich im Oktober zum Gespräch<br />
mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe traf, von links: Sebastian Schall, Sabine Bär, Matthias Stadler, Alexandra Gassmannm, Jens Luther.<br />
Wer politisch wahrgenommen<br />
werden will, muss mit allen<br />
sprechen – auch mit den<br />
Abgeordneten, die aktuell nicht an der<br />
Regierung sind. Horst Wiegand, Koordinator<br />
der Herbstgespräche zwischen dem<br />
Münchner <strong>Taxi</strong>gewerbe und der Münchner<br />
(Kommunal-)Politik, hat daher ein Treffen<br />
mit Vertretern der CSU sowie gesondert mit<br />
der FDP/Bayernpartei-Fraktion organisiert.<br />
Auch mit einem Stadtrat der Fraktion Die<br />
Linke gab es einen Austausch.<br />
Die Münchner CSU zählt personell zur<br />
größten Fraktion innerhalb der Opposition.<br />
Alleine sechs der 20 Stadtratsmitglieder<br />
nahmen am Gespräch mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
teil, darunter mit Dr. Evelyne Menges auch<br />
die stellvertretende Fraktionsvorsitzende<br />
der Partei. Ihnen gegenüber saßen Florian<br />
Bachmann und Gregor Beiner vom <strong>Taxi</strong>verband<br />
<strong>München</strong> (TVM), Christian Hess<br />
und Jörg Wohlfahrt von den <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
IsarFunk und <strong>Taxi</strong> <strong>München</strong> eG sowie Horst<br />
Wiegand. Wiegand leitete die Gespräche<br />
mit einer Aufzählung der kritischen Punkte<br />
aus den aktuellen Planungen eines neuen<br />
Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ein<br />
und verwies auf die augenblicklichen Sorgen<br />
wegen Corona und des fortlaufenden<br />
Rechtsbruchs durch illegale Mietwagen.<br />
Beiner machte zudem noch mal das Positionspapier<br />
deutlich, welches man bereits im<br />
Frühjahr dem Oberbürgermeister Dieter<br />
Reiter überreicht hatte (<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> berichtete).<br />
Er betonte die generelle Leistungsfähigkeit<br />
und Möglichkeiten des <strong>Taxi</strong>s für<br />
GESPRÄCHE MIT DEN BUNDESTAGSABGEORDNETEN<br />
heute und für die Zukunft. Die Vertreter<br />
der Zentralen brachten deren Leistungsfähigkeit<br />
zur Sprache. Man verfüge beispielsweise<br />
über 200 Kundenmerkmale und alle<br />
Möglichkeiten einer hochmodernen digitalen<br />
Vermittlungstechnik.<br />
THEMA FAHRRADSTRASSEN<br />
Vonseiten der CSU-Stadtratsmitglieder<br />
wurde im Gespräch die Haltung des <strong>Taxi</strong>sgewerbes<br />
zu den aktuellen verkehrspolitischen<br />
Plänen abgefragt. Als CSU sei man<br />
gegen eine Erweiterung der Fußgängerzone.<br />
Der TVM betonte in diesem Zusammenhang<br />
die Forderung, dass <strong>Taxi</strong>s auch in eine<br />
autofreie Altstadt einfahren dürften.<br />
Auch die geplanten Fahrradstreifen in<br />
der Fraunhofer- und Rosenheimer Straße<br />
finden bei der CSU keine Zustimmung. Sie<br />
hätte diese lieber in die parallel verlaufende<br />
Ickstatt- bzw. Balanstraße gelegt. Die<br />
Nutzung der Busspuren für das <strong>Taxi</strong> befürwortet<br />
die Münchner CSU.<br />
Viele der grün-roten Verkehrspläne<br />
werden im neu geschaffenen Mobilitätsausschuss<br />
geplant und vorbereitet. Diesem<br />
Ausschuss gehören von CSU-Seite unter<br />
anderem Sabine Bär und Sebastian Schall<br />
an. Die CSU-Vertreter versprachen, sich<br />
dafür einzusetzen, dass das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
mit in die Planungen des Mobilitätsreferats<br />
einbezogen würde. Dieses Versprechen<br />
wurde am 6. Oktober mit einem offiziellen<br />
Antrag beim Oberbürgermeister Dieter Reiter<br />
eingelöst: „Wenn jetzt ganze Straßenzüge,<br />
z. B. im Rahmen der Umsetzung des<br />
Radentscheids oder der Errichtung von Busspuren,<br />
umgebaut oder dem motorisierten<br />
Individualverkehr entzogen werden, bedarf<br />
es einer Beteiligung der <strong>Taxi</strong>verbände und<br />
-unternehmen“, fordert die CSU. Wenig einverstanden<br />
mit den Verkehrsplänen der<br />
aktuellen Stadtratsmehrheit zeigten sich<br />
auch die gemeinsame Fraktion der FDP und<br />
der Bayernpartei. Für sie sitzt Fritz Roth im<br />
Mobilitätsauschuss, der am Gespräch mit<br />
dem Münchner <strong>Taxi</strong>gewerbe ebenso teilgenommen<br />
hatte wie dessen Parteikollege Dr.<br />
Jörg Hoffmann und Richard Progl von der<br />
Bayernpartei, der wiederum der <strong>Taxi</strong>kommission<br />
angehört. Sie sprechen sich strikt<br />
gegen eine Beschränkung der individuellen<br />
Mobilität aus. 70 Prozent des städtischen<br />
Verkehrs hätten ihrer Meinung nach einen<br />
gewerblichen Hintergrund.<br />
FDP WILL TAXI UNTERSTÜTZEN<br />
Beide Parteien wollen das <strong>Taxi</strong> unterstützen.<br />
Sie plädieren für Sonderrechte, damit<br />
deren Fahrer nicht im Individualstau festhängen,<br />
was zwangsläufig zu teureren<br />
Fahrtpreisen bzw. zu einer Verknappung<br />
der Verfügbarkeit führt. In Bezug auf das<br />
Wirken der App-Anbieter gab es seitens der<br />
FDP-Vertreter keine klare Positionierung<br />
gegen Uber & Co., schließlich steht die Partei<br />
für einen marktgeregelten Wettbewerb.<br />
Für Dr. Hoffmann ist allerdings klar, dass<br />
dieser stets auf einer fairen Ebene ablaufen<br />
muss. Hier wurden die drei Stadträte<br />
vom <strong>Taxi</strong>gewerbe darüber aufgeklärt, dass<br />
gerade dies aktuell nicht der Fall ist. Dazu<br />
kommt, dass Dumpingpreise letztendlich<br />
nur unter prekären Arbeitsverhältnissen<br />
Mit Dr. Jörg Hoffmann (2. von rechts) und Fritz Roth (nicht im Bild) von der FDP sowie mit<br />
Richard Progl (rechts) von der Bayernpartei sprachen Gregor Beiner (hinten), Thomas Kroker,<br />
Christian Hess und Horst Wiegand (nicht im Bild).<br />
möglich sind. Letzteres ist natürlich das<br />
richtige Thema für einen Vertreter der Partei<br />
Die Linke und wurde dementsprechend<br />
von Horst Wiegand und Jörg Wohlfahrt bei<br />
deren persönlichem Gespräch mit Stefan<br />
Jagel angesprochen. Jagel sitzt als Stadtrat<br />
im Wirtschaftsausschuss und war zu Beginn<br />
des Gesprächstermins noch nicht mit den<br />
taxispezifischen Besonderheiten vertraut.<br />
Rund 75 Minuten später wusste er dann<br />
allerdings über die Forderungen des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes Bescheid und konnte<br />
nachvollziehen,<br />
warum die Branche<br />
die Verpflichtung<br />
des Wegstreckenzählers<br />
für Mietwagen<br />
fordert, die<br />
Vorlage eines Business-Plans<br />
bei der<br />
Anmeldung einer<br />
Stefan Jagel sitzt<br />
für die Partei Die<br />
Linke im Münchner<br />
Stadtrat.<br />
Mietwagenkonzession<br />
sinnvoll ist und<br />
warum <strong>Taxi</strong>s von<br />
der neuen Verkehrsart<br />
Pooling auf keinen<br />
Fall ausgeschlossen werden dürfen.<br />
Herr Jagel versprach, sich im Stadtrat bzw.<br />
im Wirtschaftsausschuss für das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
einsetzen. Wenn nötig, wolle er<br />
auch entsprechende Anträge an den<br />
Bürgermeister stellen oder sich denen<br />
anderer Parteien anschließen.<br />
FAZIT: Mit Ausnahme der Parteivertreter<br />
der Freien Wähler und der ÖDP,<br />
die bisher auf Schreiben und andere Bitten<br />
um Gesprächstermine nicht reagiert<br />
haben, konnten mit allen Vertretern<br />
der Oppositionsparteien des Münchner<br />
Stadtrats gute und sachliche Aufklärungsgespräche<br />
geführt werden. Parteiübergreifend<br />
wurde dem <strong>Taxi</strong> gewerbe Unterstützung<br />
signalisiert. Ein Versprechen, dass die<br />
Branche in den nächsten Wochen, wenn<br />
es ernst wird, einfordern kann und wird.<br />
<br />
jh<br />
Neben den Gesprächen mit den Kommunalpolitikern<br />
stellte Horst Wiegand<br />
auch den Kontakt zu Abgeordneten<br />
des Deutschen Bundestags (MdB) her,<br />
deren Wahlkreis in <strong>München</strong> bzw. Umfeld<br />
liegt. Dies führte im Oktober zu einem<br />
Gespräch mit Bernhard Loos von der<br />
CSU. Er kennt das <strong>Taxi</strong> auch aus der<br />
Position vorne links, weil er vor 25 Jahren<br />
MdB Bernhard<br />
Loos, CSU<br />
sein BWL-Studium mit <strong>Taxi</strong>fahren finanziert hatte. Loos setzt<br />
sich für das Gewerbe ein, indem er bereits schon mit dem<br />
Verkehrsminister Andreas Scheuer gesprochen und dabei<br />
versucht hat, ihn positiv für die <strong>Taxi</strong>branche zu beeinflussen.<br />
Wenige Tage nach dem Telefonat mit Loos waren die <strong>Taxi</strong><br />
MdB Florian Oßner,<br />
CSU<br />
vertreter dann per Videokonferenz mit<br />
MdB Florian Oßner verbunden. Sein<br />
Heimatwahlkreis ist Landshut/Kehlheim<br />
und er ist Mitglied des Verkehrsausschusses<br />
des Deutschen Bundestags. Oßner<br />
sprach sich dafür aus, dass die Experimentierklausel<br />
(§ 2.7) aus dem PBefG<br />
rausgenommen werden müsste, damit<br />
Pooling-Lösungen auch nachhaltig wirken<br />
könnten. Bachmann und Beiner konnten hierbei klarmachen,<br />
dass die neue Verkehrsart Pooling auch für das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
geöffnet werden soll. Im Hinblick auf Uber und dessen<br />
Geschäftsmodell äußerte sich Oßner, dass man kein Interesse<br />
habe, Illegalität in den Markt zu holen. <br />
jh<br />
FOTOS: Inga Haar, Achim Melde, CSU (6)<br />
FOTOS: Bayernpartei, Die Linke<br />
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TAXI <strong>4.</strong> QUARTAL <strong>2020</strong><br />
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