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LE-1-2021

LOGISTIK express Ausgabe 1/2021

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LOGISTIK express<br />

Ausgabe 1/<strong>2021</strong><br />

„PERSPEKTIVEN IN DER KRISE“<br />

Im Gespräch: Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will<br />

mit Gerhard Drexel, Vorstand der Spar AG. [Seite 34]<br />

Mehr auf logistik-express.com


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong>|S2<br />

WERBEFENSTER<br />

U2


POLITIK WIRTSCHAFT 06<br />

RETAIL ECOMMERCE 12<br />

INTRALOGISTIK 44<br />

TRANSPORTLOGISTIK 54<br />

HALLO MEINUNG 78


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S4<br />

Die Welt der<br />

nachhaltigen<br />

Logistik<br />

• logistik-express.com<br />

• binnenschiff-journal.at<br />

• umwelt-journal.at<br />

• transportlogistik.business<br />

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m.jaklitsch@logistik-express.at


INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM<br />

INHALT 1/<strong>2021</strong><br />

02 Werbefenster<br />

05 Inhalt / Editorial<br />

06 Jetzt ist guter Rat so richtig teuer<br />

08 Das Versagen der Politik!<br />

12 Einzelhandelsbilanz im Corona-Jahr 2020<br />

14 Jeder fünfte Euro im Non-Food Handel wird online ausgegeben<br />

18 Auswirkungen des Coronavirus auf den Ecommerce in 2020<br />

22 E-Commerce: Ende von Abgabenhinterziehung und illegalem Handel<br />

26 Wer hätte das gedacht? E-Commerce ist doch nicht so böse<br />

30 Internationaler E-Commerce: Stolperfalle Brexit<br />

32 Mercosur-Abkommen mit starkem Gegenwind<br />

34 Corona lässt Regionalität und Bio im Lebensmittelhandel boomen<br />

38 Amazon: US-Gigant als Segen und Fluch<br />

44 China nach Covid-19: Pandemie verändert Logistikprozesse<br />

47 Logistikreise für den eCommerce und Omnichannel-Handel<br />

48 Reesink Logistic Solutions expandiert nach Polen und Österreich<br />

50 Dematic automatisiert Ersatzteillager von Röthlein Logistik<br />

54 Von digital bis nachhaltig. Die sechs wichtigsten Logistiktrends <strong>2021</strong><br />

56 <strong>2021</strong> – European Year of Rail<br />

58 Nasse Logistik: Eine Rückschau auf das Corona-Jahr 2020<br />

64 Brexit: Die Krux mit dem Ursprung<br />

66 Brexit-Deal: Was ändert sich für Logistikunternehmen?<br />

68 Corona-Pandemie: Fragen, die sich Logistikkunden stellen<br />

70 BMW Group eröffnet neuen Campus<br />

72 VDE stellt Studie Mobilität, Logistik und Energie 2030 vor<br />

74 Automotive: Überlagerter Wandel<br />

76 Verhandlung: Ich will sehen<br />

78 Wer sich in Gefahr begibt…<br />

82 Risiken & Nebenwirkungen garantiert<br />

87 Werbefenster<br />

1/<strong>2021</strong><br />

Wir leben in bewegten Zeiten,<br />

die Welt ist im Umbruch<br />

und es fühlt sich so an, als<br />

wären wir in einer Lockdown<br />

Schleife. Und nicht auszudenken,<br />

welch wirtschaftlichen,<br />

als auch gesellschaftlichen<br />

Nachwehen uns die<br />

Corona Zeit bescheren wird.<br />

Doch machen wir weiter und<br />

geben täglich unser Bestes.<br />

Achten auch weiterhin auf<br />

den Umgang miteinander<br />

sowie auf unsere Kinder und<br />

Eltern. Last but not least auf<br />

unsere Grundrechte, wie die<br />

Meinungsfreit. Bleiben Sie<br />

gesund und viel Freude mit<br />

unserer umfangreichen und<br />

informativen LOGISTIK express<br />

Ausgabe 1/<strong>2021</strong>. Infos<br />

zu unseren Leistungen und<br />

Services beziehen Sie aus<br />

erster Quelle über mich.<br />

IMPRESSUM:<br />

Inhaber & Herausgeber:<br />

Markus Jaklitsch<br />

Redaktion: Angelika Gabor,<br />

Peter Baumgartner, Ursula<br />

Schmeling, Dirk Ruppik<br />

Fotos: Getty Images<br />

istockphoto.com<br />

LOGISTIK express /<br />

MJR Media World<br />

Markus Jaklitsch<br />

Hameaustraße 44<br />

1190 Wien, Austria<br />

T: +43 (0)676 7035206<br />

E: info@logistik-express.at<br />

www.logistik-express.com


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S6<br />

Jetzt ist guter Rat so richtig teuer<br />

Aufsperren, zulassen, testen, impfen, Homeschooling, Präsenzunterricht… was<br />

würde man jetzt für eine funktionierende Glaskugel geben. Rohstoffpreise steigen<br />

ebenso wie die Verzweiflung im Lande. Ein Grundpfeiler der Wirtschaft ist Planbarkeit,<br />

und der wurde gerade in einem Frontalcrash zu Fall gebracht.<br />

REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />

Nachweis einer Erkrankung zu Beginn noch<br />

recht hochpreisig (ca 150 Euro), so sollen diese<br />

nun flächendeckend kostenlos eingesetzt<br />

werden: für Gastronomie und Hotellerie.<br />

ANGELIKA GABOR<br />

REDAKTION<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Nach rund einem Jahr hängt mir<br />

das Thema Corona schon zum<br />

Halse raus, und da bin ich sicher<br />

nicht alleine. Das Traurige ist: so<br />

optimistisch Regierung, manche Experten<br />

und Bevölkerung sich noch zu Beginn der<br />

leidigen Pandemie hinsichtlich der Bewältigung<br />

zeigten – Covid-19 wird uns noch länger<br />

begleiten. Geht es nach Forschern der<br />

US-Universitäten Emory (Atlanta) und Pennsylvania,<br />

werden die auslösenden SARS-<br />

CoV-2 Viren uns gar nicht mehr verlassen.<br />

Wie sie in einer Publikation im Science-Magazin<br />

veröffentlichten, lassen ihre Untersuchungen<br />

den Schluss zu, dass sich das Virus<br />

zu den vier weltweit endemisch zirkulierenden<br />

anderen Coronavirus-Stämmen gesellen<br />

wird. Das bedeutet: in manchen Regionen<br />

wird es immer wieder auftreten, in anderen<br />

weniger. Insgesamt aber nicht schlimmer als<br />

eine Grippe (wie es manche von Anfang<br />

an behauptet haben). Als Zeitrahmen gehen<br />

die Forscher von ein paar Jahrzehnten<br />

aus, bis es soweit ist. Geht es mit den Maßnahmen<br />

weiter wie bisher, haben wir bis dahin<br />

einen Bürgerkrieg hinter uns. Warten ist<br />

also keine Option. Bleibt noch das Testen.<br />

Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz befindet<br />

sich Österreich auf dem Weg hin zum „Testweltmeister“.<br />

Waren die Gurgeltests zum<br />

Also erst ein Schluck Salzwasser, ehe man<br />

dann was zu Schlucken bekommt? Was bei<br />

Friseuren und Masseuren gewirkt hat, soll<br />

weitere Öffnungsschritte ermöglichen. Der<br />

Ruf nach dem Aufsperren des Lieblingswirtes<br />

wurde immer lauter, umso erstaunlicher<br />

ein Detail, das dieser Tage ans Licht kam: die<br />

Gastronomie hätte bereits öffnen können,<br />

wären die Branchenvertreter einverstanden<br />

gewesen, ihre Gäste auf negative Coronatestergebnisse<br />

zu kontrollieren! Im Gegensatz<br />

zu den körpernahen Dienstleistern, die bereits<br />

fleißig dazu beitragen, das gepflegte Erscheinungsbild<br />

der Einwohner wiederherzustellen,<br />

haben Hotellerie und Gastronomie diese verweigert.<br />

Bitte diese Tatsache auf der Zunge<br />

zergehen zu lassen: die Gasthäuser könnten<br />

schon längst wieder offen haben!<br />

Eine kurze Umfrage unter betroffenen Gastronomen<br />

hat übrigens gezeigt, dass keiner<br />

etwas davon wusste und alle gerne bereit<br />

gewesen wären, diese Bedingungen einzuhalten.<br />

Wie dem auch sei, nun kommt Bewegung<br />

in die Sache. Ab Mitte März schon<br />

möchte die Wiener Wirtschaftskammer flächendeckende<br />

PCR-Gurgeltests quasi als<br />

Eintrittskarte für Hotels und Gastronomie<br />

durchführen. Das Freitesten wird grob geschätzt<br />

200 Mio. Euro kosten. Hey, was soll’s,<br />

bei dem Schuldenberg, den wir gerade anhäufen,<br />

ist das auch schon egal.<br />

Mit Pauken und Trompeten<br />

Vollmundig und enthusiastisch wurde es angekündigt<br />

und gelauncht: das „Kaufhaus<br />

Österreich“. Innovativ, informativ, umfassend<br />

und 100% aus Österreich – so in etwa wurde<br />

für die Seite geworben. Und ganz ehrlich,


auch ich habe ein paar Dinge gesucht<br />

und fühlte mich gut, nicht Amazon zu<br />

unterstützen. Tja. Pusteblume. Es war<br />

mir nicht möglich, auf der Plattform<br />

den von mir gewünschten Artikel zu finden.<br />

Selbst wenn ich wusste, dass eine<br />

der gesponserten Firmen diese Artikel<br />

prinzipiell anbot…. Die Suchmechanik<br />

der gesamten Seite war einfach für<br />

die Tonne. Bitte wer konzipiert und programmiert<br />

solche Websites, noch dazu<br />

für viel Geld? 627.000 Euro.<br />

Das entspricht 12.540 Winterpaketen<br />

der Gruft. Oder 20.970 Kisten Stiegl<br />

Goldbräu: bei einem Verbrauch von<br />

einer Kiste pro Woche hat man damit<br />

für 403 Jahre vorgesorgt. Es wundert<br />

vermutlich niemanden, der die Seite<br />

je besuchte, dass sie nun wieder mangels<br />

Erfolges zusperrt. Aus dem geplanten<br />

virtuellen nationalen Schulterschluss<br />

wird nun wohl eine einfache<br />

Linksammlung. Das hätten Wirtschaftsministerin<br />

Schramböck und Wirtschaftskammer-Präsident<br />

Mahrer sicher auch<br />

billiger haben können… Zumindest<br />

konnten sie mit dieser Aktion Jeff Bezos<br />

& Co ein Schmunzeln entlocken – oder<br />

einen veritablen Lachkrampf.<br />

Nichts als die Wahrheit<br />

Von Kurzarbeit kann die Wirtschaftsund<br />

Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />

(WKStA) derzeit nur träumen. Eher<br />

macht Ihnen (Kanzler) Kurz Arbeit…<br />

Überraschend bot er nun in einem Brief<br />

an, im Zuge der Ermittlungen gegen<br />

seinen Parteikollegen und Vertrauten,<br />

Finanzminister Gernot Blümel, eine<br />

Zeugenaussage zu machen und die<br />

gegen diesen erhobenen Vorwürfe zu<br />

entkräften. Gleichzeitig hielt der Kanzler<br />

fest, dass diese unrichtigen Annahmen<br />

einen Reputationsschaden für<br />

die Bundesregierung und die Republik<br />

Österreich bedeuteten, die ÖVP jedoch<br />

niemals Spenden von der Novomatic<br />

angenommen hätten. Die durch<br />

den SMS-Verkehr zwischen Blümel und<br />

Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann<br />

ausgelösten, gerichtlich genehmigten<br />

Hausdurchsuchungen sind Teil der Ermittlungen<br />

im Zuge der Spendenaffäre,<br />

bei der Geld im Gegenzug für Hilfe bei<br />

einem Steuerproblem in Italien geflossen<br />

sein soll. Seitdem steht die WKStA<br />

unter einem nie dagewesenen Dauerbeschuss<br />

aus den Reihen der ÖVP,<br />

der beinahe an eine Vendetta erinnert.<br />

„Was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />

betrifft, da hat es in<br />

der letzten Zeit so viele Verfehlungen<br />

gegeben, dass ich glaube, dass es dort<br />

einen dringenden Änderungsbedarf<br />

gibt“, so Kurz.<br />

Eine Drohung? Es rumort jedenfalls<br />

gewaltig. Es ist anzunehmen, dass<br />

die ÖVP auch mit den Bestrebungen<br />

des Koalitionspartners, die aufgrund<br />

der BVT-Affäre eingeführte Vorab-Berichtspflicht<br />

wieder abzuschaffen und<br />

der WKStA mehr Unabhängigkeit zu<br />

verschaffen, nicht glücklich sein wird.<br />

Dabei erscheint dem objektiven Beobachter<br />

die Notwendigkeit, gerichtlich<br />

genehmigte Hausdurchsuchungen<br />

drei Tage im Vorhinein an die Oberstaatsanwaltschaft<br />

zu melden und<br />

prüfen zu lassen, ein wenig hinderlich.<br />

Es ist natürlich nur ein dummer Zufall,<br />

wenn dann unpraktischerweise Chatverläufe<br />

und Nachrichten genau in<br />

dem Zeitraum gelöscht werden…<br />

Aber wo Schatten ist, da ist auch Licht:<br />

beschleunigt durch die Cause Blümel<br />

soll in den nächsten Wochen endlich<br />

das Informationsfreiheitsgesetz in<br />

die Begutachtung gehen, auch die<br />

Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts<br />

(bisher von der ÖVP<br />

vehement abgelehnt) steht im Raum.<br />

Das Informationsfreiheitsgesetz wird<br />

zu einer Gratwanderung zwischen<br />

dem Schutz sensibler Daten und<br />

dem Recht auf Information – schließlich<br />

geht es um die Abschaffung des<br />

Amtsgeheimnisses. Laut Entwurf können<br />

Bürger kostenfrei Anfragen stellen,<br />

die dann binnen vier bis acht Wochen<br />

(je nach Komplexität) zu beantworten<br />

sind. Ausnahme: die Geheimhaltung ist<br />

„erforderlich und verhältnismäßig“ (wer<br />

entscheidet das eigentlich?).<br />

Das Ziel ist, dass die Datenschutzbehörde<br />

als Service- und Informationsstelle<br />

für alle Behörden und Einrichtungen<br />

fungiert. Ein zusätzlich geplantes Informationsregister<br />

soll Daten aus dem<br />

gesamten Amtsbereich und der Selbstverwaltung<br />

sowie von Unternehmen,<br />

die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen<br />

(ausgenommen börsennotierte<br />

Betriebe) zugänglich machen (so kann<br />

man auch Arbeitsplätze schaffen).<br />

Was manche frohlocken, andere zittern<br />

lässt: mehr Befugnisse für den<br />

Rechnungshof, der mit Inkrafttreten des<br />

Gesetzes auch jene Betriebe prüfen<br />

darf, an denen die Republik mit zumindest<br />

25 Prozent beteiligt ist (bisher 50<br />

Prozent, Anm.). Besonders interessant<br />

ist ein zusätzlicher Unterpunkt des Entwurfes:<br />

„Informationen von allgemeinem<br />

Interesse“ (beispielsweise Studien,<br />

Gutachten, Verträge) müssen proaktiv<br />

für jeden zugänglich veröffentlicht werden.<br />

Studien über alternative Antriebe<br />

beispielsweise können damit nicht mehr<br />

heimlich in irgendwelchen Schubladen<br />

verschwinden, weil sie jemandem das<br />

Geschäft vermiesen könnten.<br />

(AG)


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S8<br />

Das Versagen der Politik!<br />

2020 war ein turbulentes Jahr und hat unser Leben für immer verändert. Der<br />

IWF nannte es eine Krise wie keine jemals zuvor. Niemand wird das letzte<br />

Jahr vermissen und alle hoffen auf ein besseres neues Jahr. Ich bin da skeptisch<br />

und gehe davon aus, dass <strong>2021</strong> dem Vorjahr in nichts nachstehen wird.<br />

GASTBEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />

MARC FRIEDRICH<br />

FINANZEXPERTE<br />

HONORARBERATUNG<br />

FRIEDRICH<br />

Wie von mir immer wieder aufgeführt,<br />

befinden wir uns inmitten einer historischen<br />

Zeitenwende, die nicht<br />

gestoppt werden kann und uns in<br />

allen Bereichen große Veränderungen beschert -<br />

nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern auch<br />

politisch und gesellschaftlich. Dieser von mir prognostizierte<br />

Paradigmenwechsel wurde durch die Ereignisse<br />

des letzten Jahres unterstrichen und bestätigt.<br />

Was viele nicht wissen: Schon vor Corona war<br />

dies der Fall. Die Pandemie hat diese Entwicklung<br />

lediglich massivst beschleunigt und die Schwächen<br />

und Sollbruchstellen in unserem jetzigen System herausgearbeitet<br />

und schmerzhaft verdeutlicht. Für<br />

viele unbekannt: Die Eingriffe der Notenbanken<br />

begannen schon im September 2019. Zinsen wurden<br />

weltweit gesenkt und die Rezession war schon<br />

im vollen Gange.<br />

Corona hat uns aufgezeigt, dass unsere Systeme<br />

nicht für Krisen geschaffen sind und mit jeder Krise<br />

näher an ihr Ende kommen. Der erste Lockdown<br />

führte uns deutlich vor Augen wie abhängig wir<br />

von den globalen Produktions- und Lieferketten<br />

sind, wie wenig autark wir selbst als Exportweltmeister<br />

Deutschland sind und wie fragil unser stabil geglaubtes<br />

System de facto doch ist. Innerhalb kürzester<br />

Zeit waren Millionen Menschen in Kurzarbeit,<br />

die Arbeitslosenzahlen stiegen stark an und Staaten<br />

und Notenbanken mussten Hand in Hand Billionen<br />

mobilisieren, um die wankenden Systeme zu stabilisieren.<br />

Viele haben die Hoffnung, dass mit dem Impfstoff<br />

und nach der besiegten Pandemie wir wieder in<br />

unsere alte, vertraute Welt zurückkehren werden,<br />

aber ich muss Sie leider enttäuschen: Wir werden<br />

nicht mehr in der alten Welt aufwachen! Alles wird<br />

in Zukunft anders sein: die Art wie wir reisen, wie wir<br />

arbeiten, wie wir uns treffen und begegnen, wie wir<br />

einkaufen und leben. Das alles ist geprägt durch<br />

einen weiterwachsenden Vertrauensverlust in die<br />

Institutionen und die Politik - weltweit!<br />

Das Versagen der Politik!<br />

In Deutschland haben wir chaotisch, kopflos agierende<br />

Politiker erlebt, die in ihrer Rolle als kompetente<br />

Politiker, die durchgreifen, offensichtlich versagt<br />

haben, sich aber durch steigende Popularität<br />

und immer bessere Umfragewerte in Wahlprognosen<br />

bestätigt gesehen haben. Mit diesem Rückenwind<br />

hat man sich immer weiter mit noch härteren<br />

Maßnahmen gegenseitig übertrumpft, um sich in<br />

der Öffentlichkeit zu profilieren. Während Anfang<br />

des Jahres 2020 man das Virus noch heruntergespielt,<br />

auf Masken und Lockdown verzichtet hat,<br />

waren Masken bald Pflicht, der Lockdown initiiert<br />

und es wurden Millionen von Toten befürchtet.<br />

Nach dem ersten Lockdown hieß es dann, es wird<br />

keinen zweiten Lockdown geben und das es sogar<br />

ein Fehler war Friseurläden und den Einzelhandel<br />

zuschließen, um dann einen noch härteren und<br />

längeren zweiten Lockdown zu machen. In der<br />

Salamitaktik werden immer neuere Maßnahmen<br />

durchgeboxt und die Lockdowns verlängert. Wer<br />

mir auf Twitter folgt, wusste schon im April, dass ein<br />

zweiter Lockdown im Herbst definitiv kommen wird<br />

und dass dieser auch länger andauern wird als der<br />

erste. Ich gehe nach wie vor von April bis Mai aus<br />

und dann wieder, wenn die Temperaturen sinken<br />

im Herbst 21.<br />

Das Impffiasko ist ein weiteres skandalöses Versagen<br />

unserer Berufspolitiker. Ein Impfstoff, der aus<br />

Deutschland kommt, der aber nicht in ausreichender<br />

Menge für uns zur Verfügung steht, zudem Interessenskonflikte<br />

einer wieder mal völlig überforderten<br />

EU, die mit ihrer Unfähigkeit und Klientelpolitik<br />

Menschenleben gefährdet, ist eine glasklare Bankrotterklärung.<br />

Andere, nicht so beliebte Politiker wie<br />

z.B. Trump haben es dagegen geschafft genügend<br />

Impfdosen für ihre Bevölkerung heranzuschaffen.<br />

Germany first? Fehlanzeige! Konsequenzen? Natürlich<br />

keine. Kurzer Einschub: Wenn wir es nicht mal<br />

in Deutschland schaffen eine einheitliche Lösung<br />

zu finden und einzelne Bundesländer ihr eigenes


Ding durchziehen, ausscheren und sich fetzen, wie<br />

kann man dann erwarten, dass in der Europäischen<br />

Union mit 27 unterschiedlichen Nationen es zu<br />

einem Konsens kommen kann? Dies ist leider naiv<br />

und der Grund, warum die EU nicht funktioniert,<br />

und scheitern wird.<br />

Erst Zombie- dann Pleitewelle<br />

Während alle schon im Mai 2020 von einer V-förmigen<br />

Erholung der Wirtschaft schwadroniert haben<br />

und ich vor verfrühten Optimismus gewarnt habe,<br />

wurde ich als Pessimist beschimpft. Jetzt kommt<br />

die Realität auch langsam bei den Ökonomen<br />

an und damit auch in der Politik. Die Illusion eines<br />

schnellen „zurück zum alten“ ist ein für alle Mal vom<br />

Tisch. Umso länger die Lockdowns andauern, umso<br />

größer werden die Kollateralschäden in der Wirtschaft,<br />

im Arbeitsmarkt, bei den Steuereinnahmen<br />

aber natürlich auch bei den Insolvenzen. Durch die<br />

Konjunktur- und Aufkaufprogramme der Notenbanken<br />

schwellen die Zombies immer weiter in<br />

neue Rekordhöhen an. Die Creditreform geht von<br />

circa 800.000 Zombieunternehmen in Deutschland<br />

aus, weltweit geht man inzwischen davon aus, dass<br />

15 - 20 Prozent aller Unternehmen Zombies sind, die<br />

unter normalen Umständen schon längst über die<br />

Wupper gegangen wären. Die Staaten und Zentralbanken<br />

sind in einer gefährlichen Zwickmühle,<br />

denn wenn diese lebenden Toten tatsächlich bankrottgehen,<br />

werden die Kreditausfälle eins zu eins<br />

in den Bilanzen der schwach kapitalisierten Banken<br />

durchschlagen und diese ebenfalls in den Abgrund<br />

mitreißen was dann wieder zu einer weiteren Bankenrettung<br />

führen würde, welche den Steuerzahler<br />

belasten würde. Aus diesem Grund spielt man das<br />

Spiel auf Zeit die Insolvenzverschleppung geht also<br />

erst einmal weiter, aber irgendwann ist Schicht im<br />

Schacht und der maßlos aufgeblähte Ballon wird<br />

platzen.<br />

Unsichtbare Mauern - finanzielle Repression<br />

Was aber so sicher wie das Amen in der Kirche ist,<br />

dass die ganze Party auch bezahlt werden muss.<br />

Aus diesem Grund werden wir weitere Steuer- und<br />

Abgabenerhöhungen und finanzielle Repression<br />

sehen. Deutschland hat jetzt schon Belgien überholt<br />

und bürdet seinen Bürgern nun die größte<br />

Steuerlast weltweit auf. Populistisch wird jetzt eine<br />

Vermögensabgabe der Reichen propagiert. Wenn<br />

man allerdings schon bei einem Einkommen von<br />

57.052 Euro brutto den Spitzensteuersatz von 42<br />

Prozent bezahlt, darf man sich zurecht die Frage<br />

stellen, was als Reich gilt und vor allem wie hoch<br />

wohl der Freibetrag sein wird, der verschont bleibt.<br />

Mit 57.000 Euro brutto macht man in Deutschland<br />

keine großen Sprünge. Nach der drastischen Reduzierung<br />

des anonymen Tafelgeschäftes in den<br />

letzten Jahren von 15.000 Euro auf nur noch 2000<br />

Euro (mal schauen wie lange noch) wird auch gegen<br />

das Bargeld weiter gepoltert. Im Zuge der Coronakrise<br />

hat man das dreckige infizierte Bargeld<br />

verteufelt und das saubere kontaktlose bezahlen<br />

überall propagiert. Wofür ein Virus doch alles gut ist.<br />

Attacke auf unser Geld<br />

Zeitgleich hat man völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit<br />

eine weitere massive und unsichtbare<br />

Mauer gegen das Abfließen von Vermögen installiert.<br />

Sagt Ihnen ATAD was? Ich rede nicht von den<br />

Globalisierungsgegnern Attac, sondern den Wegfall<br />

der Stornierung der Stundung der Wegzugsbesteuerung.<br />

Bisher gab es bei Wegzug innerhalb der<br />

EU (Freizügigkeit und so) zeitlich unbefristete und<br />

zinslose Steuer-Stundung. Dies soll nun klammheimlich<br />

ausgehebelt und geändert werden. Der Gesetzesentwurf<br />

ist weitaus enger gefasst als von der<br />

EU vorgegeben. Wenn dieser verabschiedet wird,<br />

wird die Wegzugsteuer unmittelbar fällig oder kann<br />

auf Antrag mit einer Ratenzahlung der Steuer über<br />

7 Jahre und regelmäßig gegen Sicherheitsleistung<br />

bezahlt werden. Besonders perfide ist, dass dieses<br />

Gesetz dann rückwirkend zum 1.1.2020 gilt. Offen<br />

bleibt, ob dies auch auf Fälle anwendbar sind, in<br />

denen der Wegzug vor 2020 erfolgt ist. Werden<br />

die Neuregelungen wie geplant umgesetzt, würde<br />

aufgrund drohender Steuerbelastungen die freie<br />

Mobilität für international agierende Unternehmer<br />

innerhalb der EU zukünftig stark beschränkt.<br />

Es ist mehr als zweifelhaft, ob das neue Gesetz mit<br />

der unionsrechtlichen Freizügigkeit vereinbar ist.<br />

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Februar<br />

2019 in der Rechtssache Wächtler (C-581/17)<br />

noch entschieden, dass Wegzüge aus Deutschland<br />

in die Schweiz mit Wegzügen in den EU/EWR-Raum<br />

gleich behandelt werden müssen, wenn sie unter<br />

das Freizügigkeitsabkommen von Schweiz und EU<br />

fallen. Also sollte es in diesem Fall eigentlich genauso<br />

sein, wird aber trotzdem übergangen. Es muss<br />

jedem klar sein: Umso länger die Krise anhält umso<br />

nötiger hat der Staat das Geld umso gieriger wird<br />

er agieren.<br />

Marc Friedrich ist<br />

Finanzexperte,<br />

fünffacher<br />

Bestsellerautor,<br />

gefragter Redner,<br />

Vordenker,<br />

Freigeist und<br />

Gründer der<br />

Honorarberatung<br />

Friedrich


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S10<br />

Keine Krise ungenutzt lassen!<br />

Das scheint das Motto der Politik zu sein. Die Gunst<br />

der Stunde wurde genutzt und sollte alle Demokraten<br />

und freiheitsliebenden Bürger alarmieren und<br />

aufschrecken. Im Schatten der Coronakrise wurden<br />

Freiheitsrechte eingeschränkt und Entscheidungen<br />

getroffen, die zuvor unmöglich gewesen<br />

wären. Wir alle sollten wachsam beäugen, was so<br />

alles in der Politik passiert und verabschiedet wird.<br />

Die Schuldenunion, die vertraglich im Maastrichter<br />

Vertrag ausgeschlossen war, wurde nun durch die<br />

Hintertür eingeführt und uns als alternativlos vorgesetzt<br />

und das von einer nicht zur Wahl gestellten<br />

und nie von uns gewählten EU-Kommissionspräsidentin<br />

Ursula von der Leyen.<br />

Deutsches Vertragsrecht wurde ausgehebelt, indem<br />

die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt und zuletzt<br />

sogar bis Ende Januar <strong>2021</strong> verlängert wurde.<br />

Damit könne die Zombies weiter vor sich hinvegetieren<br />

und die Politik hat sich teuer wertvolle Zeit erkauft.<br />

Eine Lösung ist dies aber nicht. Damit werden<br />

die Probleme lediglich in die Zukunft verschoben,<br />

wo sie sich aber weiter stark auf Potenzieren und<br />

ihre destruktive Zerstörungskraft maximal erhöhen.<br />

Notenbanken drucken weiter Geld als, ob es kein<br />

Morgen gibt. Im Jahr 2020 haben die Zentralbanken<br />

weltweit 9,2 Billionen Dollar zur Stabilisierung<br />

ins System gedruckt. Das sind mehr als 10 Prozent<br />

des weltweiten BIP und ist dreimal mehr wie während<br />

der großen Finanzkrise 2008! Die weltweiten<br />

Schulden sind um 25 Billionen Dollar auf ein neues<br />

Allzeithoch von ca. 280 Billionen Dollar oder 365<br />

Prozent zum BIP gestiegen. Diese Entwicklung wird<br />

sich auch <strong>2021</strong> beschleunigen. Die Notenbanken<br />

werden weiter Geld drucken und die Zinsen im<br />

Keller lassen oder sogar weiter in den Minusbereich<br />

senken. Schon jetzt sind 30 Prozent aller Staatsanleihen<br />

mit negativen Zinsen verhaftet. Das sind 18<br />

Billionen Dollar in Staatsanleihen! Auch hier leider:<br />

Tendenz steigend. Dies alles führt zu einem ganzen<br />

Rattenschwanz an weiteren enormen Problemen,<br />

die immer unmöglicher zu lösen sind.<br />

Lebensversicherungen kommen damit man immer<br />

weiter in die Bredouille, da sie in schlecht verzinste<br />

Staatsanleihen investieren müssen und damit<br />

die Altersversorgung der Versicherten weiter dahin<br />

schmilzt. Die Notenbanken können die Zinsen<br />

nicht erhöhen, da ansonsten ganze Länder unter<br />

ihrer immensen Schuldenlast kollabieren würden.<br />

Neben den steigenden Staatsschulden sind die<br />

Bilanzen der Notenbanken drastisch gestiegen.<br />

Die Bilanz der europäischen Zentralbank schnellt im<br />

Eiltempo von Rekord zu Rekord und zeigt lediglich<br />

auf, wie dysfunktional das Währungsexperiment<br />

Euro doch ist. Auch hier ist keine Lösung in Sicht.<br />

Aktuell steht man bei 7,23 Billionen Euro das sind fast<br />

70 Prozent des BIP der Eurozone.<br />

Tendenz weiter stark steigend.<br />

Wie abstrus das ganze System bereits pervertiert ist,<br />

zeigt folgender Chart: Die Geldmenge M1 in den<br />

USA ist parabolisch angestiegen und würde in jedes<br />

Lehrbuch für einen exponentiellen Verlauf reinpassen.<br />

21 Prozent aller jemals produzierten US-<br />

Dollar wurden seit März 2020 in Umlauf gebracht.<br />

Die Geldmenge steig um atemberaubende +65,6<br />

Prozent auf 6,667 Billionen Dollar.<br />

Chart 1, http://bit.ly/2Mdg83g<br />

Parallel baut man weltweit an einem digitalen<br />

Währungssystem, um auch Minuszinsen langfristig<br />

zu etablieren, damit dem Bürger die Möglichkeit<br />

der Flucht aus dem Bankensystem mit Bargeld verwehrt<br />

bleibt. Zusätzlich werden die verzweifelten<br />

Rufe nach fiskalischen Paketen immer größer. Wir<br />

werden Konjunkturpakete gigantischen Ausmaßes<br />

sehen. Aber umso mehr Geld in die Hand genommen<br />

wird, umso geringer werden die Auswirkungen<br />

d.h. die Effekte nehmen drastisch ab und mit jeder<br />

Krise werden die notwendigen Summen größer<br />

aber der Nutzen nimmt parallel ab. Als Beispiel nehmen<br />

wir die USA und ihre Zentralbank, die FED: Bei<br />

der Technologieblase im Jahr 2000 war die Bilanz<br />

der FED bei 80 Milliarden Dollar und die Zinsen bei<br />

6,24 Prozent. Sie sanken dann auf 1,13 Prozent bis<br />

2003, um dann wieder zu steigen.<br />

Chart 2, http://bit.ly/2Mdg83g<br />

Bei der großen Finanzkrise waren es denn schon<br />

800 Milliarden Dollar Bilanzsumme und die Zinsen<br />

lagen bei 5,03 Prozent. Danach gingen die Zinsen<br />

schnurstracks Richtung Null. 2020 waren es dann<br />

7,2 Billionen Dollar in den Büchern und die Zinsen<br />

sind bei fast Null mit 0,36 Prozent. Tendenz fallend.<br />

Wir haben also für eine weitere Krise keinen Spielraum<br />

mehr nach unten. Wir lernen: Um eine Rezession<br />

erfolgreich zu bekämpfen, müssen die Zinsen<br />

im Schnitt um 5 Prozentpunkte gesenkt werden, um<br />

die Wirtschaft anzukurbeln parallel steigen die monetären<br />

Anstrengungen mit jeder Krise um ca. das<br />

10-fache. Das bedeutet, wenn dies so weitergehen<br />

würde, hätten wir bei der nächsten Krise eine Bilanz<br />

der FED von 70 Billionen Dollar plus/minus und einen<br />

Zins deutlich im negativen Bereich.


Die Reichen werden noch reicher!<br />

Es gibt wie immer auch Profiteure einer Krise. Die<br />

Corona Pandemie hat den Vermögenstransfer von<br />

unten, der Mitte nach ganz oben in den Turbo geschaltet<br />

und somit die Kluft zwischen Arm & Reich<br />

massiv vergrößert. Mehr Menschen als je zuvor sind<br />

weltweit in die Abhängigkeit der Staaten manövriert<br />

worden.<br />

Die Milliardäre der Welt sind um 27 Prozent reicher<br />

geworden, die Umverteilung hat sich massivst beschleunigt<br />

und die Ungerechtigkeit vergrößert. This<br />

time ist different - not!<br />

Was für ein absurdes Jahr: Während die Welt im<br />

Lockdown war, Geschäfte und ganze Volkswirtschaften<br />

geschlossen waren, die Arbeitslosenzahlen<br />

stiegen und die Weltwirtschaft um ca. 5 Prozent<br />

einbrach sind die Börsen nur kurz in die Knie, um<br />

dann wieder rasant neue Rekordhochs zu steigen.<br />

Die Marktkapitalisierung der Aktienmärkte stieg um<br />

25 Prozent bzw. um 20 Billionen Dollar und hat erstmals<br />

die magische Grenze von 100 Billionen Dollar<br />

überschritten ebenso wie die Staatsanleihen. Durch<br />

die unendliche Liquidität der Zentralbanken werden<br />

die Vermögenspreisblasen weiter angefeuert<br />

und wir werden einen sogenannten „melt up“<br />

sehen. Obwohl wir den größten wirtschaftlichen<br />

Kollaps seit 1929 sehen, steigen die Aktienmärkte<br />

immer weiter und scheinen sich komplett von der<br />

Realität verabschiedet zu haben. Solange die<br />

Notenbanken ihre Geldschleusen offenlassen, wird<br />

dies auch weiterhin so bleiben. Klingt unglaublich,<br />

ist aber so. Allerdings ist es eine Illusion. Ich erwarte<br />

im Verlauf des Jahres, dass die Technologieblase<br />

(FAANG) korrigieren wird und damit auch der Gesamtmarkt.<br />

Die völlig überteuerten Techaktien sind<br />

jetzt höher bewertet als während der Internetblase<br />

im Jahr 2000. Folgende Chart zeigt dies schön auf.<br />

Chart 3, http://bit.ly/2Mdg83g<br />

Auswüchse der irrationalen Übertreibung, ist die<br />

Bewertung von Tesla. Die Marktkapitalisierung des<br />

Elektroautobauers ist bei fast 700 Milliarden Dollar<br />

und damit höher als alle Autobauer der Welt zusammen.<br />

Tesla macht einen Umsatz von 28 Milliarden<br />

Dollar, die anderen 1,3 Billionen Dollar. Zudem<br />

verkauft Tesla nur ein sechsundvierzigstel vom dem<br />

was die Mitbewerber an Autos absetzen. Fantasie<br />

hin oder her. Aber das schreit nach einer Korrektur.<br />

Sollte man dagegen wetten? Wenn man mutig<br />

und liquide ist ja. Ansonsten Stopp / Loss setzen,<br />

Gewinne auch mal mitnehmen und umschichten.<br />

Generell gehe ich von einer Trendwende aus: Ein<br />

Wechsel von spekulativen „Growth“ Aktien hin zu<br />

„Value“ Aktien, die in den letzten Jahren underperformt<br />

haben.<br />

Auslöser für diese Korrektur könnten folgende Punkte<br />

sein: Die USA sind momentan das Zünglein an<br />

der Waage. Hier gibt es einige Variablen, die das<br />

Fass zum Überlaufen bringen können. Die Spaltung<br />

in der größten Volkswirtschaft der Welt war noch nie<br />

so groß wie aktuell. So wie es aussieht, wird Donald<br />

Trump das Feld nicht verlassen, was die Demokratie<br />

in eine enorme Krise stürzen würde inkl. soziale<br />

Unruhen in den USA eventuell sogar Bürgerkrieg.<br />

Weiteres Crashpotential hat die Pandemie: Wenn<br />

die Impfungen zu langsam gehen, der Impfstoff<br />

nicht hilft oder massive Nebenwirkungen entwickelt<br />

könnte jede Euphorie an den Aktienmärkten<br />

rasch beenden. Oder der Virus mutiert zu Covid21<br />

und die Lockdowns werden verlängert. Eine noch<br />

heftigere Rezession würde das zur Folge haben und<br />

damit auch ein Aktiencrash. Eine andere Baustelle<br />

ist die Mutter aller Finanzmarktblasen: Der 40-jährige<br />

Bullenmarkt bei den Staatsanleihen nähert<br />

sich seinem Ende und könnte auch schon <strong>2021</strong><br />

implodieren. Dies würde ebenso einhergehen mit<br />

großen Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Ich<br />

erwarte, dass wir nach einer Deflation eine deutliche<br />

Inflation sehen werden und das Zeitalter der Sachwerte<br />

einläutet. Ich gehe weiter von einem schwächelnden<br />

US-Dollar aus.<br />

Krisen sind Chancen<br />

Leider muss es erst schlimmer werden, bevor es<br />

besser wird. Trotz der miesen Aussichten gibt es<br />

jetzt auch Chancen. Jetzt beginnt die Dekade der<br />

Sachwerte, die durch die Natur oder durch die Mathematik<br />

limitiert sind. Die Geldschleusen müssen<br />

offenbleiben und die Zinsen können gar nicht mehr<br />

steigen. Kein Land der Welt und vor allem nicht die<br />

USA können bei der aktuellen Schuldenlast sich steigenden<br />

Zinsen leisten. Die amerikanische Notenbank<br />

wird hier früher oder später eingreifen, Geld<br />

drucken, Anleihen kaufen und damit die Zinsen<br />

senken, was die goldene und alle anderen Sachwertraketen<br />

zünden wird. (RED)<br />

Sein neues Buch erscheint am 23. März <strong>2021</strong>: Die<br />

größte Chance aller Zeiten - Was wir jetzt aus der<br />

Krise lernen müssen und wie Sie vom größten Vermögenstransfer<br />

der Menschheit profitieren. Mehr<br />

Informationen unter https://friedrich-partner.de sowie<br />

bei Twitter: @marcfriedrich7<br />

Chart 1,<br />

Chart 2,<br />

Chart 3, http://bit.ly/2Mdg83g


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S12<br />

Einzelhandelsbilanz im<br />

Corona-Jahr 2020<br />

Statistik Austria bestätigt die Gesamtjahresprognose von HV und WIFO. Der<br />

Lebensmitteleinzelhandel legt um 7% zu und auch der heimische Onlinehandel<br />

wächst mit +17% massiv. Amazon stellt sich mit +30% als Krisen-Gewinner heraus.<br />

BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />

GERALD KÜHBERGER<br />

PRESSESPRECHER<br />

HANDELSVERBAND<br />

Die von der Statistik Austria veröffentlichte<br />

Konjunkturstatistik für<br />

den österreichischen Einzelhandel<br />

bestätigt die Gesamtjahresprognose<br />

von Handelsverband und WIFO für das<br />

Corona-Jahr 2020. So hat der heimische Einzelhandel<br />

im Vorjahr laut vorläufigen Ergebnissen<br />

von Statistik Austria einen realen (inflationsbereinigten)<br />

Umsatzrückgang von -0,3<br />

Prozent verzeichnet.<br />

22,4% Umsatzeinbruch: Bekleidungs- und<br />

Schuhhandel sind am stärksten von der Corona-Krise<br />

betroffen<br />

Aggregiert über alle Teilbereiche des Einzelhandels<br />

konnten die Umsatzeinbrüche durch<br />

die ersten beiden Lockdowns im Vorjahr noch<br />

annähernd wettgemacht werden, wobei<br />

die einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich<br />

betroffen waren. Während der Lebensmitteleinzelhandel<br />

(<strong>LE</strong>H) ein reales Umsatzplus<br />

von 7 Prozent erwirtschaften konnte, musste<br />

der Handel abseits der Grundversorgung<br />

ein Minus von 3,9 Prozent verkraften.<br />

Am schlimmsten von den Auswirkungen der<br />

drei harten Lockdowns betroffen ist der Bekleidungs-<br />

und Schuhhandel. In diesem Segment<br />

sind die Absätze 2020 um 22,4 Prozent<br />

eingebrochen.<br />

Wenngleich der Lebensmitteleinzelhandel<br />

um 7 Prozent zugelegt hat, ging die Grundversorgung<br />

der Bevölkerung auch mit zusätzlichen<br />

Kosten für die Hygienemaßnahmen<br />

einher. Im Non-Food-Sektor ist der stationäre<br />

Bekleidungs- und Schuhhandel der große<br />

Verlierer. Je kleiner der Betrieb und je weniger<br />

digital, desto dicker das Minus, bis hin zu<br />

Totalausfällen in den Lockdown-Zeiträumen.<br />

Einmaleffekte durch den Trend des 'Cocooning'<br />

bescherten dem Möbel-, Heimwerkerbedarfs-<br />

und Elektrowarenhandel ein Plus.<br />

Einpersonen-UnternehmerInnen (EPU) sowie<br />

kleine und mittelständische Unternehmen<br />

(KMU) - das Rückgrat der österreichischen<br />

Volkswirtschaft - leiden besonders unter den<br />

behördlich angeordneten Geschäftsschließungen.<br />

Im Einzelhandel betreffen die negativen<br />

Auswirkungen der Corona-Krise fast<br />

ausschließlich die stationären Geschäfte. Hier<br />

lag der inflationsbereinigte Umsatzrückgang<br />

2020 branchenübergreifend bei mindestens<br />

-4,7 Prozent.<br />

Noon-Food-Handel muss 90 geschlossene<br />

Einkaufstage verkraften<br />

Im ersten Lockdown war der Handel 24 Einkaufstage<br />

lang geschlossen, Geschäfte über<br />

400 m2 sogar 39. Das war das Ostergeschäft.<br />

Der zweite Lockdown brachte weitere 17 verlorene<br />

Einkaufstage. Das waren Black Friday<br />

und das Vorweihnachtsgeschäft. Der dritte<br />

Lockdown mit 34 Einkaufstagen betraf das<br />

Weihnachtsgeschäft an sich. In Summe mussten<br />

viele HändlerInnen Corona-bedingt 90<br />

geschlossene Einkaufstage hinnehmen. Das<br />

lässt sich kaum verkraften.<br />

Im Schnitt verliert der stationäre Handel bis zu<br />

1 Mrd. Euro pro Woche an Umsatz im harten<br />

Lockdown. Im aktuellen Lockdown light, sind<br />

es immer noch rund 250 Mio. Euro wöchentlich.<br />

Aufgrund der Länge der Lockdowns<br />

kann nur einen Teil der Umsatzverluste später<br />

noch in den Geschäften nachgeholt werden.<br />

Viel verlagert sich auf den Onlinehandel oder<br />

unterbleibt.<br />

Der eCommerce-Sektor boomt: +17% für heimische<br />

OnlinehändlerInnen, +30% für internationale<br />

Onlinegiganten<br />

Der österreichische Versand- und Internet-Einzelhandel<br />

konnte im Vorjahr wie vom Handelsverband<br />

prognostiziert um 17 Prozent zulegen.


Corona war hier eindeutig ein Brandbeschleuniger.<br />

Mittlerweile hat der eCommerce-Anteil<br />

am gesamten Einzelhandelsumsatz erstmals<br />

die Schallmauer von 12 Prozent übertroffen<br />

- und das Ende der Fahnenstange ist noch<br />

lange nicht erreicht. Das veränderte Kundenverhalten<br />

ist gekommen, um zu bleiben.<br />

Noch stärker als der heimische Distanzhandel<br />

konnte 2020 der KEP Markt (Kurier-, Express-<br />

und Paketdienste) wachsen. 2019 lag<br />

die Zahl der zugestellten Pakete im B2C Bereich<br />

bereits bei 151 Millionen (+14%). 2020<br />

erreichte das Paketvolumen sogar 180 Millionen<br />

- ein Anstieg von mehr als 19 Prozent<br />

innerhalb eines Jahres. Hauptgrund für dieses<br />

massive Wachstum ist das exponentiell gestiegene<br />

Umsatzvolumen der internationalen<br />

Online-Giganten, allen voran Amazon. Die<br />

führenden Drittstaatenhändler konnten 2020<br />

in Österreich um mehr als 30 Prozent zulegen.<br />

Damit hat sich auch die HV-Prognose bestätigt:<br />

Die Lockdowns haben ein gigantisches<br />

Amazon-Förderungsprogramm ausgelöst.<br />

Aber auch der heimische Handel hat massiv<br />

digitalisiert. Mehr als 5.000 HändlerInnen<br />

haben sich bereits auf www.kaufsregional.at<br />

- dem eCommerce-Verzeichnis des Handelsverbandes<br />

- registriert.<br />

Das Motto für <strong>2021</strong>: Leben und Wirtschaften<br />

mit dem Virus, um milliardenschwere Kollateralschäden<br />

zu verhindern<br />

Das Motto für <strong>2021</strong> für die heimischen Betriebe<br />

heißt: Leben und Wirtschaften mit<br />

dem Virus, denn Corona wird uns noch<br />

länger begleiten und wir müssen die ökonomischen,<br />

sozialen und psychischen Kollateralschäden<br />

der Gesundheitskrise eindämmen.<br />

Die Händler werden sämtliche<br />

Sicherheits- und Hygienemaßnahmen der<br />

Bundesregierung ausnahmslos mittragen.<br />

RAINER WILL,<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

HANDELSVERBAND<br />

Im Gegenzug lautet die Bitte an die Politik:<br />

Lasst die Geschäfte nachhaltig offen, wir sind<br />

kein Corona-Hotspot! Mittlerweile sind mehr<br />

als 535.000 Menschen in Österreich arbeitslos<br />

gemeldet und 470.000 in Kurzarbeit. Allein im<br />

Handel - dem zweitgrößten Arbeitgeber des<br />

Landes - sind die Arbeitslosenzahlen im Vorjahr<br />

Corona-bedingt um ein Drittel angestiegen.<br />

10.000 Handelsunternehmen sind de<br />

facto zahlungsunfähig, 100.000 Jobs in der<br />

Branche wackeln. Die Situation bleibt weiter<br />

angespannt: Jede/r zweite HändlerIn hat Existenzängste,<br />

fast jede/r Dritte kann anfallende<br />

Rechnungen nicht bezahlen und jede/r<br />

Fünfte konnte die Weihnachtsgelder nicht<br />

auszahlen. (GK)<br />

FOTO: KATHARINA SCHIFFL


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S14<br />

FOTO: KATHARINA SCHIFFL<br />

Jeder fünfte Euro im Non-Food<br />

Handel wird online ausgegeben<br />

Safer Internet Day: Der Handelsverband unterstützt mit eCommerce-Gütesiegel<br />

"Trustmark Austria". Neue EU-Verordnungen "DSA" & "DMA" sollen Plattformen wie<br />

Amazon regulieren. BEITRAG: RAINER WILL<br />

Die Corona-Krise hat die Erlöse<br />

im Onlinehandel 2020 dramatisch<br />

angekurbelt. Die Branche<br />

verzeichnet ein historisches Umsatzwachstum<br />

von rund 30 Prozent und<br />

konnte damit im Vorjahr erstmals mehr als<br />

8,5 Milliarden Euro im eCommerce erwirtschaften.<br />

Davon profitieren allerdings nicht<br />

nur die 13.500 österreichischen HändlerInnen,<br />

die bereits auf eigene digitale Vertriebskanäle<br />

setzen, sondern insbesondere<br />

der weltgrößte Onlinehändler Amazon.<br />

4.500 heimische HändlerInnen sind bereits<br />

auf dem Amazon Marktplatz aktiv und erwirtschaften<br />

dort einen Jahresumsatz von durchschnittlich<br />

80.000 Euro. Sie stehen dabei aber<br />

einem ungleich mächtigeren Vertragspartner<br />

gegenüber, der im Onlinehandel zunehmend<br />

als Gatekeeper hin zu KonsumentInnen<br />

agiert. Daher sind faire Spielregeln kriegsentscheidend.<br />

Digital Services Act" (DSA) soll KonsumentInnen<br />

im Netz besser schützen<br />

Die EU möchte gegen dieses Ungleichgewicht<br />

im Rahmen des "Digital Services Act"<br />

(DSA) vorgehen und sicherstellen, dass auf<br />

Märkten, die von großen Plattformen mit erheblichen<br />

Netzwerkeffekten geprägt sind,<br />

Fairness sichergestellt ist. Der DSA soll also die<br />

Pflichten von digitalen Diensten regeln, die als<br />

Bindeglied zwischen VerbraucherInnen und<br />

Waren, Dienstleistungen und Inhalten agieren.


Die Vorhaben des Digital Services Act<br />

umfassen u.a.:<br />

- Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Inhalte,<br />

Waren und Dienstleistungen auf Online-Plattformen.<br />

- Neue Regeln zur Rückverfolgbarkeit gewerblicher<br />

NutzerInnen auf Online-Marktplätzen,<br />

um die Identifizierung von unseriösen<br />

Verkäufern illegaler Waren zu erleichtern und<br />

KäuferInnen von gefälschten oder gefährlichen<br />

Produkten zu schützen.<br />

- Weitreichende Transparenzmaßnahmen für<br />

Online-Plattformen, u.a. Informationspflichten<br />

über die für Produktempfehlungen verwendeten<br />

Algorithmen.<br />

"Digital Markets Act" (DMA) soll<br />

marktmächtige Online-Plattformen regulieren<br />

Der DMA zielt darauf ab, Probleme zu lösen,<br />

die sich aus bestimmten Verhaltensweisen von<br />

"Gatekeeper"-Plattformen ergeben. Die Verordnung<br />

legt eine Reihe eng definierter Kriterien<br />

fest, welche Online-Plattform überhaupt<br />

als "Gatekeeper" zu qualifizieren sind. Dabei<br />

handelt es sich um große, systemrelevante<br />

Online-Plattformen wie Amazon, die einen erheblichen<br />

Einfluss auf den Binnenmarkt haben.<br />

Der Digital Markets Act sieht u.a. folgende<br />

Pflichten für Gatekeeper-Plattformen vor:<br />

- Gewerblichen NutzerInnen den Zugriff auf<br />

jene Daten ermöglichen, die sie bei der Nutzung<br />

der Plattform des Gatekeepers selbst<br />

generieren.<br />

- Unternehmen, die auf der Gatekeeper-Plattform<br />

werben, die notwendigen Werkzeuge<br />

bereitstellen, um eine unabhängige Überprüfung<br />

der Anzeigen durchführen zu können.<br />

- Gewerblichen NutzerInnen erlauben, ihr<br />

Angebot zu bewerben und Verträge mit<br />

KundInnen abzuschließen, die über den<br />

Kerndienst der Plattform außerhalb der Gatekeeper-Plattform<br />

gewonnen wurden.<br />

DMA als wichtiger Baustein für Datenschutz<br />

"Made in Europe"<br />

Darüber soll Gatekeeper-Plattformen künftig<br />

verboten werden, eigene Produkte im Ranking<br />

günstiger zu behandeln als ähnliche<br />

Produkte, die von Dritten auf der Plattform<br />

angeboten werden. Damit wäre es etwa<br />

Amazon künftig verboten, seine Eigenmarken<br />

gegenüber ähnlichen Konkurrenzprodukten<br />

zu bevorzugen. Überdies sollen die Gatekeeper-Plattformen<br />

künftig keine personen-<br />

Sichern Sie mit Dematic Ihre Wettbewerbsvorteile.<br />

Zunehmende Angebots- und Sortenvielfalt bei gleichzeitig<br />

abnehmenden Auftragsmengen erfordern bessere Lagerstrukturen.<br />

Beim steigenden Wettbewerbsdruck müssen die<br />

Betriebskosten so niedrig wie möglich gehalten werden.<br />

Unsere Lösungen für diese und viele andere Ihrer<br />

Herausforderungen finden Sie im modularen Systemdesign<br />

und in einer strategischen Management-Software<br />

der Dematic Anlagen.<br />

Dematic.com<br />

+49 69 583025-0


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S16<br />

Safer Internet Day: HV eCommerce-<br />

Gütesiegel "Trustmark Austria" zum Bestpreis<br />

Anlässlich der heutigen 18. Ausgabe des internationalen<br />

"Safer Internet Day" mit dem<br />

Motto "Together for a better internet" bietet<br />

der Handelsverband sein eCommerce-Gütesiegel<br />

"Trustmark Austria" zum Bestpreis an.<br />

bezogenen Daten aus Kernplattformdiensten<br />

mit personenbezogenen Daten aus anderen<br />

von ihnen angebotenen Diensten oder aus<br />

Diensten Dritter kombinieren dürfen.<br />

Verstöße könnten mit Milliarden-<br />

Strafen geahndet werden<br />

Im Fall eines Verstoßes gegen den Digital Markets<br />

Act sollen den Unternehmen empfindliche<br />

Geldbußen von bis zu 10 Prozent des gesamten<br />

weltweiten Jahresumsatzes drohen. Bei systematischen<br />

Verstößen gegen die DMA-Verpflichtungen<br />

könnten den Gatekeepern<br />

zusätzliche Abhilfemaßnahmen auferlegt werden,<br />

bis hin zur Veräußerung von Teilen eines<br />

Geschäfts. Eine zeitgemäße Regulierung der<br />

digitalen Märkte auf EU-Ebene ist überfällig.<br />

Daher begrüßt der Handelsverband wir den<br />

Digital Services Act und den Digital Markets<br />

Act ausdrücklich. Diese beiden Verordnungen<br />

geben Hoffnung auf faire Wettbewerbsbedingungen<br />

zwischen marktmächtigen Plattformen<br />

und heimischen KMU-Händlern. Gleichzeitig<br />

können VerbraucherInnen im Netz besser<br />

vor gefälschten Produkten, illegalen Inhalten,<br />

Waren und Dienstleistungen geschützt werden.<br />

Österreichische HändlerInnen könnten grundsätzlich<br />

von der Harmonisierung der Rechtsvorschriften<br />

im Binnenmarkt sowie von den erhöhten<br />

Sorgfalts- und Transparenzpflichten der<br />

Gatekeeper profitieren. Wie immer liegt der<br />

Teufel im Detail. So besteht etwa die Sorge, die<br />

Gatekeeper könnten Teile ihrer Pflichten auf<br />

HändlerInnen überwälzen oder AnbieterInnen<br />

mit vermeintlich illegalen Inhalten ungebührend<br />

lange in der Warteschleife zur Prüfung der<br />

Vorwürfe belassen.<br />

Das Trustmark Austria soll das Vertrauen der<br />

KonsumentInnen in den heimischen Online-Handel<br />

stärken und wird ebenfalls bereits<br />

seit 18 Jahren vergeben. Das Gütesiegel<br />

steht für Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit<br />

im Netz, es stellt für KonsumentInnen eine<br />

Orientierungshilfe dar, um auf einen Blick vertrauenswürdige<br />

Webshops und Plattformen<br />

erkennen zu können. Die Grundlage dafür bildet<br />

eine Prüfung durch die Zertifizierungsstelle,<br />

bei der alle Aspekte, die für einen sicheren<br />

und verbraucherfreundlichen Einkauf wichtig<br />

sind, überprüft werden. Das Gütesiegel trägt<br />

somit zu mehr Transparenz, Sicherheit und<br />

Fairness im digitalen Shopping bei. Mehr dazu<br />

auf www.trustmark-austria.at<br />

Siegel "Österreichischer Händler" &<br />

Bundespreis "Österreichischer Händler <strong>2021</strong>"<br />

Darüber hinaus vergibt der Handelsverband<br />

ein Siegel, welches HändlerInnen mit Sitz und<br />

Gewerbeschein in Österreich entsprechend<br />

kennzeichnet - als Maßnahme gegen den<br />

Kaufkraftabfluss und für mehr Transparenz für<br />

die KonsumentInnen. Das Siegel "Österreichischer<br />

Händler" stellt der Handelsverband seinen<br />

Mitgliedern im Rahmen der kostenlosen<br />

KMU RETAIL Mitgliedschaft www.kmu-retail.at<br />

kostenfrei zur Verfügung.<br />

Um stationäre österreichische Unternehmen<br />

(insbesondere KMU-Händler) zu würdigen,<br />

vergibt der Handelsverband heuer erstmals<br />

den Bundespreis "Österreichischer Händler" in<br />

drei Kategorien. Alle Betriebe, die das kostenfreie<br />

Siegel "Österreichischer Händler" tragen,<br />

sind teilnahmeberechtigt. Das Online-Voting<br />

startet voraussichtlich Ende Februar.<br />

(RED)


6. eCommerce<br />

Logistik- Day<br />

09. September <strong>2021</strong>, Wien<br />

Hybrid Event<br />

Österreichischer Handelsverband<br />

Bleiben Sie gut informiert. Sichern Sie<br />

sich Ihren Informationsvorsprung.<br />

Mehr auf www.logistik-express.com/<br />

ecommerce-logistik-day/<br />

Medienpartner:


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S18<br />

Auswirkungen des Coronavirus auf<br />

den E-Commerce in 2020<br />

E-Commerce ist für viele traditionelle stationäre Unternehmen, die im "Lockdown"<br />

geschlossen werden mussten, zu einer Lebensader geworden, um ihre<br />

Geschäftstätigkeiten in der digitalen Welt während gesetzlich vorgegebener<br />

Schließungen fortsetzen zu können. BEITRAG: WALTER TREZEK<br />

WALTER TREZEK<br />

VICE-CHAIR<br />

ELOGISTICS-WORKING<br />

GROUP ECOMMERCE<br />

EUROPE<br />

CHAIRMAN OF THE UPU<br />

CONSULTATIVE<br />

COMMITTEE (CC)<br />

UND EXPERTE DES<br />

LOGISTIC-NATIVES E.V.<br />

Die Beschleunigung der Digitalisierung<br />

im europäischen<br />

Wareneinzelhandel infolge<br />

der COVID-19-Pandemie führt<br />

zu einem kontinuierlichen Wachstum des<br />

E-Commerce-Sektors. Unternehmen und<br />

Verbrauchern treiben dieses Wachstum<br />

gleichermaßen an. Einer Studie von<br />

E-Commerce Europe zufolge erwartet der<br />

E-Commerce-Sektor ein weiteres Umsatzwachstum<br />

von Einzelhandelswaren und<br />

Dienstleistungen <strong>2021</strong>, in Abhängigkeit zu<br />

COVID-19-Maß-nahmen.<br />

Wahrnehmung des digitalen Einzelhandels<br />

während COVID-19 pro Land<br />

Nach einer Erhebung von Ecommerce Europe,<br />

melden alle befragten E-Commerce<br />

Verbände eine positive öffentliche Wahrnehmung<br />

des Sektors während der COVID-<br />

19-Krise. Die politische Bewertung sieht etwas<br />

differenzierter aus: Frankreich, Belgien,<br />

Österreich und Spanien berichten von<br />

einer überwiegend negativen Reaktion auf<br />

große, marktbeherrschende E-Commerce-<br />

Akteure. Italien berichtet, dass ein Teil der<br />

Öffentlichkeit Einwände gegen den zunehmend<br />

digitalen Einzelhandel erhoben<br />

hat, und zur Verteidigung von Geschäften<br />

in der Nachbarschaft aufgerufen hat. Auch<br />

von Dänemark wurden ähnliche Entwicklungen<br />

berichtet.<br />

Andere Länder berichten über erfolgreiche<br />

Erfahrungen im stationären Handel, der<br />

online gegangen ist, um weiterhin an Verbraucher<br />

zu verkaufen. Dem folgend hat<br />

etwa in Frankreich die Krise beispielsweise<br />

die Erwartung der Verbraucher gestärkt,<br />

dass lokale Geschäfte als Option Online-<br />

Shopping bieten sollten, für jene die eine<br />

Lieferung nach Hause bevorzugen. Dieser<br />

Wunsch der Konsumenten, der seit Beginn<br />

der Beschränkungen und wohl auch darüber<br />

hinaus besteht, zeigt deutlich das Interesse<br />

der Konsumenten an einem Omnichannel-<br />

Angebot, das bereits von den führenden digitalen<br />

Einzelhändlern angeboten wird und das<br />

nun auch vom lokalen Handel in der direkten<br />

Nachbarschaft erwartet wird.<br />

Auswirkungen auf die Paketzustellung<br />

In der Mehrheit der Mitgliedsstaaten der EU<br />

kam durch COVID-19 zu Verzögerungen bei<br />

der Warensendungszustellung. In 4 Staaten<br />

wurden die Verzögerungen als „schwerwiegend“<br />

eingestuft. Weitere 5 Staaten berichten,<br />

dass Paketzusteller die Verbraucher<br />

gebeten haben, ihre Bestellungen an bestimmten<br />

Abholorten abzuholen.<br />

Auffallend ist, dass die Verzögerungen bei<br />

der Paketzustellung während des zweiten<br />

Lock-down" als weniger schwerwiegend<br />

als beim ersten bewertet werden. Berichtet<br />

wurde auch, dass in mehreren Staaten der EU<br />

es aufgrund der strengen Sperrmaßnahmen,<br />

sowohl zur Verschiebung des Verbraucherverhaltens<br />

in Richtung digitalen Einzelhandel als<br />

auch zu einer nochmals gestiegenen Nachfrage<br />

in der Weihnachtszeit gekommen ist,<br />

was dazu führte das Paketzusteller zusätzliche<br />

Abholpunkte eröffnen mussten, um den erhöhten<br />

Paketfluss zu bewältigen.<br />

COVID-19 Auswirkungen auf den E-Commerce<br />

pro Produktkategorie und Land<br />

Die nationalen E-Commerce Verbände<br />

stellten Unterschiede zwischen der Nachfrage<br />

nach Produkten und Dienstleistungen<br />

in der COVID-19 Krise fest. Mit Bezug auf<br />

Produkte zur Freizeitgestaltung berichteten


die Mehrzeit der E-Ccommerce Verbände<br />

eine Umsatzsteigerung von durchschnittlich<br />

30-40%. Ähnlich in Segment Einrichtungsgegenstände,<br />

hier kam es im dritten Quartal<br />

2020 zu größerer Nachfrage, wobei die Niederlande<br />

und Schweden einen Anstieg des<br />

Online-Umsatzes um 106% bzw. 73% für dieser<br />

Kategorie verzeichneten.<br />

Bei Produkten des täglichen Bedarfs, sowie<br />

Unterhaltung kam es in dem meisten Mitgliedsstaaten<br />

zu einem Umsatzanstieg, ähnlich<br />

wie während des ersten Lock-down im<br />

Frühjahr 2020. Bei Bekleidung und Schuhen<br />

berichten die Hälfte der E-Commerce Verbände<br />

einen Anstieg. Klargestellt wird allerdings,<br />

dass sich die Nachfrage hauptsächlich<br />

auf Waren konzentrierte, die zuhause<br />

getragen werden können, während andere<br />

Arten von Schuhen oder Bekleidung einen<br />

deutlichen Rückgang der Nachfrage verzeichneten.<br />

Der Trend für Dienstleistungen,<br />

insbesondere der Verkauf von Reise- und<br />

Online-Tickets, geht in die entgegengesetzte<br />

Richtung. Eine deutliche Mehrheit der Befragten<br />

gibt einen Umsatzrückgang zwischen<br />

40% und 70% angibt. Die Zusammenfassung<br />

zweigt, dass E-Commerce während der<br />

COVID-19-Krise im Allgemeinen als „Gewinner“<br />

angesehen wird. Tatsächlich aber die<br />

Situation jedoch differenzierter ist. Einige<br />

Kategorien haben tatsächlich ihren Umsatz<br />

gesteigert, während andere bedrohliche Verluste<br />

erlitten haben.<br />

Ecommerce Wachstum: Schätzung 2020<br />

Alle E-Commerce Verbände berichten ein<br />

positives Wachstum bei den digitalen Wareneinzelhandelsverkäufen<br />

im Jahr 2020, das<br />

zwischen 5 und 10% in Polen und 60 bis 75% in<br />

Finnland liegt. Die Entwicklung beim digitalen<br />

Handel von Dienstleistungen ist jedoch nicht<br />

so positiv. 6 befragte E-Commerce Verbände<br />

(Norwegen, Österreich, Bulgarien, Frankreich,<br />

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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S20<br />

Niederlande und Italien) gaben im Vergleich<br />

zu 2019 einen Rückgang an, wobei Norwegen<br />

einen Rückgang des Online-Verkaufs<br />

von Dienstleistungen von 60% im Vergleich<br />

zu 2019 feststellte. Zählt man den digitalen<br />

Handel mit Produkten und Dienstleistungen<br />

für 2020 zusammen, schätzen die meisten<br />

E-Commerce Verbände ein Wachstum des<br />

Ecommerce Umsatzes zwischen 44% in Irland<br />

und 4% in den Niederlanden. Italien und Norwegen<br />

verzeichnen jedoch einen Gesamtrückgang<br />

von 20% bzw. 3% im Vergleich<br />

zu 2019, was auf den überwältigenden<br />

Rückgang des Online-Umsatzes mit Dienstleistungen<br />

zurückzuführen ist. Während der<br />

E-Commerce-Sektor in Europa im Jahr 2020<br />

ein Gesamtwachstum verzeichnen kann,<br />

ist dieser Trend nicht universell und hängt<br />

von der unterschiedlichen Nachfrage nach<br />

Produkten und Dienstleistungen während<br />

der Pandemie ab.<br />

Erwartung des E-Commerce-Sektors für <strong>2021</strong><br />

Die Prognose aller E-Commerce Verbände<br />

für die Entwicklung des Ecommerce Sektors<br />

im Jahr <strong>2021</strong> ist positiv. 11 Verbände fühlen<br />

sich „sehr zuversichtlich“ und 8 „ziemlich zuversichtlich“.<br />

Ein großer Teil des Wachstums<br />

im Ecommerce Sektor wird dauerhaft sein,<br />

was auf ein erhöhtes Vertrauen der Öffentlichkeit<br />

und Änderungen im Verbraucherverhalten<br />

zurückzuführen ist, und nicht nur auf<br />

eine vorübergehende Folge der Pandemie.<br />

Wenige Verbände teilen Bedenken hinsichtlich<br />

des Wachstums des Sektors nach<br />

dem Ende der COVID-19-Beschränkungen.<br />

Die Mehrheit der Verbände geht von einem<br />

deutlichen Wachstum des Online-Verkaufs<br />

von Produkten im Jahr <strong>2021</strong> aus. Das Wachstum<br />

im digitalen Handel von Dienstleistungen<br />

wie Reisen wird davon abhängen,<br />

ob es zu einer gewissen Entspannung und<br />

einer Rücknahme der bestehenden restriktiven<br />

Maßnahmen kommt. Insgesamt stellen<br />

die europäischen E-Commerce Verbände<br />

fest, dass die COVID-19-Pandemie die Digitalisierung<br />

von Unternehmen in Europa beschleunigt<br />

hat und zu einem kontinuierlichen<br />

Wachstum des E-Commerce Sektors führen<br />

wird, das von Unternehmen und Verbrauchern<br />

gleichermaßen angetrieben wird.<br />

Der E-Commerce hat sich während der Pandemie<br />

zudem zu einer Lebensader für den<br />

traditionell, stationären Handel entwickelt<br />

und sich auch als widerstandsfähig erwiesen,<br />

indem er die gestiegene Nachfrage der Verbraucher<br />

befriedigen konnte und die Bereitstellung<br />

notwendiger Waren und Dienstleistungen<br />

sichergestellt hat.<br />

Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte<br />

internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk<br />

des modernen Handels. Der Verband<br />

vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen<br />

Interessen von über 30.000 Branchenunternehmen.<br />

Dabei unterstützt der logisticnatives<br />

e.V. überwiegend bei der Befähigung<br />

zur fortschreitenden Digitalisierung<br />

von Unternehmen und der Zustellung von<br />

Handelswaren durch digitale Kommunikationsmedien<br />

im Sinne der Zustelloptimierung,<br />

Nachhaltigkeit, life-cycle Management, Kreislauflogistik<br />

und Retourenmanagement.<br />

Das Netzwerk ist mit seiner pragmatischen<br />

Expertise Ansprechpartner für Vertreter aus<br />

Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere Institutionen,<br />

um nationale und internationale<br />

Lösungen für den modernen Handel zu schaffen.<br />

Dabei sie sich der logistic-natives e.V.<br />

als Querschnittsverband zu verschiedenen<br />

Branchen rund um den Handel. (WT)<br />

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E-Mail: Florian.Seikel@logistic-natives.com<br />

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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S22<br />

E-Commerce: Ende von Abgabenhinterziehung<br />

und illegalem Handel<br />

So wie die Digitalisierung des Einzelhandels gewachsen ist, wuchs die Abgabenhinterziehung<br />

und der illegale Einzelhandel. Der Weltpostverein und die EU setzen<br />

Maßnahmen. BEITRAG: WALTER TREZEK<br />

Mit 1 Jänner <strong>2021</strong> müssen alle grenzüberschreitenden<br />

Warenpostsendungen digital<br />

vor deren Versand aus dem Herkunftsland,<br />

der Postgesellschaft im Zustellland gemeldet.<br />

Die bis Ende 2020 analoge (papiergestützte<br />

postalische vereinfachte) Zollerklärung wurde<br />

durch eine volldigitale Zollerklärung, die vorab<br />

gesendet werden muss, abgelöst.<br />

WALTER TREZEK<br />

VICE-CHAIR<br />

ELOGISTICS-WORKING<br />

GROUP ECOMMERCE<br />

EUROPE<br />

CHAIRMAN OF THE UPU<br />

CONSULTATIVE<br />

COMMITTEE (CC)<br />

UND EXPERTE DES<br />

LOGISTIC-NATIVES E.V.<br />

Der digitale Einzelhandel über<br />

das Internet bestellt boomt. Der<br />

Versand der Waren erfolgt über<br />

Paketdienste. So schnell wie die<br />

Digitalisierung des Einzelhandels gewachsen<br />

ist, wuchs die Abgabenhinterziehung und<br />

der illegale Einzelhandel. Der Weltpostverein<br />

und seine 192 Mitgliedsstaaten, ebenso die<br />

EU, setzen weltweit Maßnahmen, die das<br />

ändern werden.<br />

Pflicht zur digitalen Vorabmeldung jeder<br />

Warenpostsendung<br />

Seit gut 10 Jahren lässt sich der Umbau des<br />

Weltpostnetzes von einem Brief- zu einem<br />

Warensendungsnetz beobachten. In dieser<br />

Zeit entdeckten weltweit tätige online<br />

Händler die papiergestützten, vereinfachten<br />

Zollprozesse der Postgesellschaften, um<br />

Waren grenzüberschreitend zu versenden.<br />

Die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze bis zu einem<br />

Warenwert von 22 EUR für Warenpostsendungen,<br />

wird häufig genutzt, um fällige<br />

Abgaben zu hinterziehen. Der Schaden<br />

durch Abgabenhinterziehung in führenden<br />

EU-Märkten, wird wohl 2020 die 10 Mrd. EUR<br />

Marke deutlich überschritten haben.<br />

Was für die Postwarensendung gilt, wird auf<br />

alle Päckchen und Paket ausgeweitet<br />

Das Umstellen des vereinfachten Zollverfahrens<br />

für Postsendungen von analog zu digital,<br />

wurde von der Europäischen Union zum<br />

Anlass genommen, alle Zustelldienste im gemeinsamen<br />

Markt gleich zu stellen. Das Privileg<br />

der Postgesellschaften wird mit 1 Juli <strong>2021</strong><br />

beendet. Für alle Post-, Kurier-, Express- und<br />

Paketzustelldiensten, sowie Zollagenturen<br />

wird ein einheitliches, vereinfachtes Zollverfahren<br />

für grenzüberschreitende Warensendungen<br />

mit geringem Wert (der Wert der<br />

Sendung darf EUR 150 nicht überschreiten)<br />

verpflichtend eingeführt. Gleichzeit fällt auch<br />

die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze zur Gänze.<br />

Jene Staaten, die diesen Schritt schon vollzogen<br />

haben (Schweden, Norwegen, Schweiz,<br />

Australien, und weitere) waren über die<br />

tatsächliche Höhe der zusätzlich eingenommen<br />

Abgaben überrascht. In allen Fällen wurden<br />

die Erwartungen mehr als übertroffen.<br />

Online Handel wird zunehmend für<br />

kriminelle Zwecke genutzt<br />

Falsche Zolldeklarationen und Abgabenhinterziehung<br />

sind eine Herausforderung,<br />

der online Handel aber auch vermehrt für<br />

kriminelle Zwecke genutzt. Die Delikte sind<br />

vielfältig und reichen von einfachen Betrugstaten<br />

bis hin zu terroristischen oder sogar<br />

staatsgefährdenden Delikten. Auch der<br />

– nicht selten anonyme und mittels Krypto-


Währungen abgewickelte – Handel mit illegalen<br />

Waren wie Betäubungsmitteln, Suchtmitteln,<br />

Falschgeld oder Waffen über das<br />

Darknet hat dabei erheblich zugenommen.<br />

Zudem kommen auch Fälle des Betrugs im<br />

Versandhandel, die zuletzt ein bedenkliches<br />

Ausmaß erreicht haben.<br />

Briefgeheimnis und der Schutz der Integrität<br />

der Sendung werden missbraucht<br />

Die finanzpolizeiliche und auch strafrechtliche<br />

Bekämpfung dieser nur exemplarisch<br />

aufgeführten Kriminalitätsphänomene steht<br />

vor der Herausforderung, dass die Täter<br />

oftmals nicht oder nur schwer identifiziert<br />

werden können. Gezielt werden dabei das<br />

Briefgeheimnis – es handelt sich ja oftmals<br />

um "WarenBRIEFsendungen" - aber auch die<br />

Möglichkeiten der Anonymisierung, die das<br />

Internet bietet, genutzt.<br />

Daten müssen vor dem Versand verpflichtend<br />

ausgetauscht werden<br />

Erfolgversprechend zur Identifizierung der Tatverdächtigen<br />

ist der Austausch von Daten am<br />

Übergang von der digitalen in die analoge<br />

Welt, nämlich genau jener Daten, die bei<br />

der Aufgabe und Annahme der Warensendungen<br />

von den Postdienstleistern ab dem<br />

1 Jänner, von allen anderen Kurier-, Expressund<br />

Paktdiensten ab dem 1 Juli <strong>2021</strong> festgehalten<br />

und vorab mit anderen Dienstleistern<br />

und auch den Behörden ausgetauscht<br />

werden müssen.<br />

Verfassungs-, finanz- und strafrechtliche Ermächtigungsgrundlagen<br />

werden geschaffen<br />

Jedoch können die Finanzpolizeilichen- und<br />

Strafverfolgungsbehörden nach dem verfassungsrechtlichen<br />

Prinzip vom Vorbehalt<br />

des Gesetzes nur dann Auskunft über diese<br />

Daten verlangen, wenn sie dafür auch eine<br />

gesetzliche Ermächtigungsgrundlage haben.<br />

Unstreitig war dabei bislang, dass die Strafverfolgungsbehörden<br />

auf der Grundlage des §<br />

99 StPO in Deutschland oder des § 135 StPO<br />

in Österreich – als Minus zur dort geregelten<br />

-körperlichen Beschlagnahme – vom Postdienstleister<br />

auch Auskunft über an den<br />

Beschuldigten gerichtete bzw. von diesen<br />

herrührenden Postsendungen verlangen können,<br />

wenn diese sich im Gewahrsam des Postdienstleisters<br />

befinden. Strittig war dagegen<br />

in Rechtsprechung und Literatur die Frage,<br />

ob eine solche Auskunft auch dann verlangt<br />

werden kann, wenn sich die Postsendung<br />

noch nicht oder nicht mehr im Gewahrsam<br />

des Postdienstleisters befindet.<br />

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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S24<br />

Dieser Rechtslücke, die von Betrügern und<br />

Kriminellen genützt wurde, wird in diesen<br />

Tagen durch eine Novelle der Deutschen<br />

Strafprozessordnung geschlossen. Gleiche<br />

Bestrebungen lassen sich auch in Frankreich<br />

und anderen EU-Staaten beobachten.<br />

Digitalisierung der Warenzustellung führt zu<br />

Harmonisierung und Standardisierung<br />

Die EU hat bereits vor 20 Jahren begonnen<br />

den Postmarkt, zu dem auch die Zustellung<br />

von Päckchen und Paket gehört, allen Dienstleistern<br />

zu öffnen. Dazu gehört auch<br />

die Begleitung der rechtlichen und regulatorischen<br />

Maßnahmen durch technische<br />

und nachrichten-spezifische Normen.<br />

So haben sich die Wirtschaftsbeteiligten<br />

für die eindeutige Kennzeichnung der Warensendungen<br />

für den Transport auch<br />

über Dienstleistergrenzen hinweg geeinigt.<br />

Die jetzt notwendige Verbindung der Einzelsendungen<br />

mit Informationen über den<br />

Inhalt in den Sendungen, führt zu weiterer<br />

Harmonisierung der Daten, die vorab übermittelt<br />

werden müssen, die aber auch auf<br />

den Etiketten auf den Sendungen präsentiert<br />

werden müssen, um auch eine Überprüfung<br />

unterstützen zu können.<br />

Das Europäische Komitee für Normung, CEN/<br />

TC331 "Postal Services" hat dazu die entsprechenden<br />

Vorarbeiten, unter Mitarbeit<br />

der nationalen Normungsorganisationen<br />

auch in Österreich (Austrian Standards Institute)<br />

und in Deutschland (Deutsches Institut<br />

für Normung) geleistet. Jetzt die Arbeiten<br />

begonnen, die Arbeiten zur weiteren Digitalisierung<br />

auch auf weitere Transport-, Fracht-,<br />

aber auch Verpackungsinformationen zu erweitern.<br />

Ziel ist es dabei, das weitere Wachstum<br />

des digitalen Handels abzusichern, die<br />

Zusammenarbeit zwischen den Marktplätzen,<br />

den Herstellern der Handelswaren, den Zustelldiensten,<br />

den Konsumenten und den Behörden<br />

zu verbessern, und auch die aufgetretenen<br />

Risiken soweit als möglich<br />

zu begrenzen und Betrug und kriminelle<br />

Machenschaften zu bekämpfen.<br />

Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte<br />

internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk<br />

des modernen Handels. Der Verband<br />

vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen<br />

Interessen von über 30.000 Branchenunternehmen.<br />

Dabei unterstützt der logisticnatives<br />

e.V. überwiegend bei der Befähigung<br />

zur fortschreitenden Digitalisierung<br />

von Unternehmen und der Zustellung von<br />

Handelswaren durch digitale Kommunikationsmedien<br />

im Sinne der Zustelloptimierung,<br />

Nachhaltigkeit, life-cycle Management,<br />

Kreislauflogistik und Retourenmanagement.<br />

Das Netzwerk ist mit seiner pragmatischen<br />

Expertise Ansprechpartner für Vertreter aus<br />

Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere<br />

Institutionen, um nationale und internationale<br />

Lösungen für den modernen Handel zu<br />

schaffen. Dabei sie sich der logistic-natives<br />

e.V. als Querschnittsverband zu veschiedenen<br />

Branchen rund um den Handel.<br />

Sie sind herzlich eingeladen, dem Netzwerk<br />

beizutreten und sich aktiv zu engagieren. Für<br />

Hintergrundinformationen, Details steht Ihnen<br />

der Geschäftsführer Florian Seikel (Florian.<br />

Seikel@logistic-natives.com) gerne persönlich<br />

zur Verfügung. (WT)<br />

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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S26<br />

Wer hätte das gedacht?<br />

E-Commerce ist doch nicht so böse<br />

Viele halten die momentane, Lockdown bedingte Paketflut für einen<br />

ökologischen Supergau – schließlich müssen all die Pakete auch zugestellt<br />

werden. Studien zeigen jedoch: im Vergleich zum stationären Einkauf<br />

entstehen beim Onlineshopping sogar weniger CO2-Emissionen.<br />

Best Practice dazu: die UNITO-Gruppe liefert seit 1.1.<strong>2021</strong> CO2-neutral.<br />

REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />

und LASCANA – hat es sich zum Ziel gesetzt,<br />

bis 2030 vollständige Klimaneutralität zu erreichen.<br />

Möglich macht dies unter anderem<br />

die Partnerschaft mit den Logistikdienstleistern<br />

Österreichische Post und Gebrüder Weiss.<br />

MAG. HARALD GUTSCHI<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

UNITIO-GRUPPE<br />

Im Übereinkommen von Paris beschlossen<br />

knapp 190 Länder, durch eine Reduktion<br />

ihrer Treibhausgasemissionen so stark zu<br />

reduzieren, dass der Anstieg der weltweiten<br />

Durchschnittstemperatur auf deutlich<br />

unter 2°C gegenüber vorindustriellen Werten<br />

begrenzt wird. Sieht man sich die aktuellen<br />

Werte an, sieht die Prognose eher düster<br />

aus. Umso wichtiger und richtiger ist es, dass<br />

Unternehmen sich selbst ambitionierte Ziele<br />

stecken, die Zukunft zu sichern. Die UNITO-<br />

Gruppe – hierzu zählen beispielsweise die<br />

Marken OTTO Österreich, Universal, Quelle<br />

Im Kalenderjahr 2020 wurden in Österreich,<br />

Deutschland und der Schweiz 6,5 Millionen<br />

Sendungen für UNITO bewegt, das<br />

entspricht rund 1.500 Tonnen CO2. Alleine zu<br />

Weihnachten stieg das Sendungsvolumen<br />

um mehr als 30 Prozent. Die Bestellmengen<br />

werden auch nach Ende der Corona-Pandemie<br />

hoch bleiben, erwartet Mag. Harald<br />

Gutschi Sprecher der Geschäftsführung<br />

UNITO-Gruppe/Otto Group: „Die Menschen<br />

fühlen sich wohl beim Onlineshopping. Sie<br />

bestellen mehr und vor allem bewusster,<br />

so konnten wir im letzten Jahr 20 Prozent<br />

weniger Retouren verzeichnen.“ Einen Grund<br />

hierfür sieht er auch in der Qualität des<br />

Onlineshops: gute Bilder, ausführliche Beschreibungen<br />

und auch die Bewertung andere<br />

Kunden würden einen aussagekräftigen<br />

Gesamteindruck vom Produkt vermitteln<br />

und so die Kaufentscheidung erleichtern.<br />

Bei diesen Mengen ist der ökologische Fußabdruck<br />

natürlich gewaltig. „Unserem Vorstand<br />

(insbesondere Aufsichtsratsvorsitzender Prof.<br />

Dr. Michael Otto, Anm.) ist Nachhaltigkeit<br />

sehr wichtig, und mir persönlich ein großes<br />

Anliegen. Wir haben keinen Planeten B“, so<br />

Gutschi. „Die Welt ist in Bewegung, und auch<br />

die Kunden wünschen sich Regionalität und<br />

Klimaschutz und langsam steigt auch die Bereitschaft,<br />

dafür zu bezahlen.“ Darum werden<br />

AL<strong>LE</strong> Bestellungen der Gruppe seit 1. Jänner<br />

<strong>2021</strong> CO2-neutral zugestellt.


Stationär vs. Onlinehandel<br />

Für die Studie „Klimafreundlich einkaufen<br />

– eine vergleichende Betrachtung von<br />

Onlinehandel und stationärem Einzelhandel“<br />

beleuchtete das DCTI Deutsches<br />

CleanTech Institut die Transportwege verschiedener<br />

Produkte vom Zentrallager<br />

zum Kunden unter Berücksichtigung unterschiedlicher<br />

Käufertypen, die bestimmte<br />

Lebens- und Einkommenssituationen<br />

haben und sich unterschiedlich verhalten.<br />

Das überraschende Ergebnis: durch den verdichteten<br />

Transport der Sendungen durch<br />

Paketdienstleister entstehen pro Sendung<br />

weniger CO2 Emissionen als beim individuellen<br />

Einkauf im stationären Handel – schließlich<br />

wird je nach Region ein überwiegender Teil<br />

der Einkaufsfahrten mit dem Auto getätigt.<br />

Sieht man sich als Beispiel den Kleinartikel<br />

Handy an, entstehen beim Kauf im Geschäft<br />

zumindest 450 g CO2, wohingegen durch die<br />

Bündelung bei der Lieferung aus dem Onlineshop<br />

maximal 310 g CO2 freigesetzt werden.<br />

Auch bei Großartikeln, wie beispielsweise<br />

einem Sofa, fällt die Bilanz mit 8,4 kg zu 8 kg<br />

CO2 weniger deutlich, aber dennoch positiv<br />

für den Versandhandel aus. In Summe gesehen<br />

sind die Einsparungen enorm, denn die<br />

DI DR. GEORG PÖLZL, VORSTANDS-<br />

VORSITZENDER DER<br />

ÖSTERREICHISCHEN<br />

POST AG<br />

Österreichische Post stellt derzeit mehr als<br />

700.000 Pakete pro Tag für UNITO zu und im<br />

vergangenen Jahr lieferte Gebrüder Weiss<br />

rund 540.000 Großartikel wie Kühlschränke<br />

oder Möbel an Haushalte in Österreich.<br />

DIPL.-BW. JÜRGEN BAUER, MBA,<br />

GESCHÄFTSFÜHRER, MITGLIED DER<br />

GESCHÄFTSFÜHRUNG DER<br />

GEBRÜDER WEISS GESELLSCHAFT


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S28<br />

GEORG PÖLZL<br />

VORSTANDSVORSITZENDER<br />

ÖSTERREICHISCHEN<br />

POST AG<br />

JÜRGEN BAUER<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

GEBRÜDER WEISS<br />

GESELLSCHAFT<br />

Starke Partner<br />

Vermeiden, reduzieren und kompensieren<br />

– so die Strategie der UNITO. Bei einem Onlinehändler<br />

spielt aber auch die Wahl der<br />

Logistikpartner eine wesentliche Rolle in<br />

der Gesamtbilanz. In Österreich setzt das<br />

Unternehmen daher auf zwei Partner, die<br />

sich selbst schon lange der Nachhaltigkeit<br />

verschrieben haben. So stellt etwa die<br />

Österreichische Post AG bereits seit 2011<br />

sämtliche Briefe, Pakete, Zeitschriften und Werbesendungen<br />

CO2-neutral zu.<br />

„Wir waren weltweit der Vorreiter bei der<br />

CO2-neutralen Zustellung, und bis 2030 wollen<br />

wir auf der letzten Meile sogar CO2-<br />

frei sein“, bestätigt DI Dr. Georg Pölzl, Vorstandsvorsitzender<br />

der Österreichischen Post<br />

AG. Derzeit läuft ein massiver Umbau, um<br />

dem steigenden Paketaufkommen Herr zu<br />

werden: dezentrale Logistikstandorte, eigene<br />

Photovoltaikanlagen und die Zusammenführung<br />

der Brief- und Paketinfrastruktur helfen,<br />

die gesetzten Klimaziele zu erreichen. „Durch<br />

den Einsatz von Elektromobilität konnten wir<br />

zwischen 2014 und 2019 bereits 4.396 Tonnen<br />

CO2 einsparen, und unser E-Fuhrpark wächst<br />

weiter an.“<br />

So wird Graz <strong>2021</strong> als erste Stadt in Österreich<br />

mit 100% emissionsfreier Zustellung zum neuen<br />

Vorreiter in puncto Klimaschutz bei der Post.<br />

Mit Elektrofahrzeugen hat die Post schließlich<br />

Erfahrung, denn schon im Jahr 1913 wurde mit<br />

dem Daimler-Tudor Elektro-Paketwagen elektrisch<br />

zugestellt. Heute umfasst die E-Flotte<br />

bereits mehr als 2.100 moderne Fahrzeuge,<br />

die mit Strom aus den fünf hauseigenen PV-<br />

Anlagen betrieben werden. „Aktuell nicht<br />

vermeidbare Emissionen kompensieren wir<br />

durch Zertifikate 72 nationaler und 75 internationaler<br />

Klimaschutzprojekte - geprüft und<br />

bestätigt vom TÜV AUSTRIA“, führt Pölzl aus.<br />

Für die Auslieferung größerer Artikel vertraut<br />

UNITO auf Gebrüder Weiss – das älteste<br />

Transportunternehmen der Welt mit<br />

mehr als 500jähriger Firmengeschichte.<br />

„Gerade im Lockdown konnte man den Stellenwert<br />

der Logistiker bei der Versorgungsleistung<br />

der Bevölkerung erkennen. Die Fahrer<br />

wurden quasi zu den Krankenschwestern der<br />

Logistik“, meint Dipl.-Bw. Jürgen Bauer, MBA,<br />

Mitglied der Geschäftsführung der Gebrüder<br />

Weiss Gesellschaft m.b.H. „Seit jeher ist unsere<br />

Kernkompetenz, Transporte effizient zu<br />

bündeln, wodurch der Einfluss auf die Umwelt<br />

minimiert wird.“ Gezielte Maßnahmen im<br />

Rahmen der GWcares Initiative zielen gleichermaßen<br />

auf soziale, ökonomische und ökologische<br />

Nachhaltigkeit ab. „Unser Ziel ist es,<br />

unseren CO2-Ausstoß jährlich um 10 Prozent<br />

zu reduzieren und bis 2030 komplett CO2-neutral<br />

zu agieren“, verkündet Bauer.<br />

Während in der letzten Meile bereits E-<br />

Fahrzeuge zum Einsatz kommen, setzt das<br />

Unternehmen für die europaweite Hauptlaufüberwindung<br />

auf Gas-LKW als Brückentechnologie.<br />

„Gemeinsam mit Kunden<br />

planen wir, Konzepte für angrenzende Länder<br />

mit Elektrofahrzeugen zu erstellen. Momentan<br />

scheitert es Großteils an der mangelnden Ladeinfrastruktur.<br />

In der Schweiz machen wir mit Wasserstoff-<br />

LKW sehr gute Erfahrungen, aber für Österreich<br />

ist das aktuell nicht umsetzbar“, bedauert<br />

Bauer. Auch hier fehle es an der Ladeinfrastruktur,<br />

rund 15 Wasserstoff-Tankstellen mit<br />

ausreichendem Ladedruck für die Betankung<br />

eines LKW seien nötig für einen flächendeckenden<br />

Einsatz in Österreich. Bis dahin helfen<br />

Photovoltaik-Anlagen auf Logistik-Terminals,<br />

ein eigener Windpark, Pool-Fahrzeuge und<br />

E-Bikes für Mitarbeiter und klimafreundliche<br />

Schienentransportlösungen wie der Ganzzug<br />

Orange Combi Cargo für die Verringerung<br />

des CO2-Ausstoßes. Auch hier wird der Rest<br />

kompensiert, im Falle der UNITO unterstützt<br />

Gebrüder Weiss ein zertifiziertes Energieeffizienz-Projekt<br />

in Ruanda. Das langfristige Ziel:<br />

bis 2030 auch ohne Kompensation 100 % Klimaneutralität<br />

zu erreichen.<br />

Auch wenn die Corona-Pandemie momentan<br />

die Medien und den Alltag als Thema<br />

Nr. 1 beherrscht, so darf trotzdem nicht auf<br />

das Klima und die Nachhaltigkeit im unternehmerischen<br />

Tun vergessen werden. Die<br />

UNITO-Gruppe, Post und Gebrüder Weiss<br />

zeigen, dass mit Innovation und Wille ökologische<br />

Lösungen umsetzbar sind, die nicht im<br />

Widerspruch zum unternehmerischen Erfolg<br />

stehen. (AG)


6. eCommerce<br />

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09. September <strong>2021</strong>, Wien<br />

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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S30<br />

Internationaler E-Commerce:<br />

Stolperfalle Brexit<br />

Ob Sprachassistenten auf dem Smartphone, Routenvorschläge in der Navigations-App<br />

oder Kaufempfehlungen im Online Shop: Künstliche Intelligenz ist längst<br />

omnipräsent in allen Lebensbereichen. Algorithmen wissen auf die Minute genau,<br />

wann wir mit dem Auto in Wien ankommen – und zwar noch bevor wir in<br />

München losgefahren sind. Sie lotsen uns täglich an Staus vorbei und sagen uns,<br />

wann wir eine Pause machen sollten. Gastbeitrag: Richard Asquith<br />

RICHARD ASQUITH<br />

VP GLOBAL<br />

INDIRECT TAX<br />

AVALARA<br />

Während im Jahr 2020 viele<br />

stationäre Händler mit den<br />

negativen Auswirkungen der<br />

Pandemie und den Lockdown-Maßnahmen<br />

zu kämpfen hatten, erlebt<br />

der E-Commerce in Deutschland weiterhin<br />

einen Aufschwung: Der Online-Handel<br />

verzeichnete einen Gesamtumsatz von 80<br />

bis 88 Millionen und für die kommenden Jahren<br />

rechnet das IFH Köln (Institut für Handelsforschung)<br />

im Rahmen des Branchenreport<br />

Onlinehandel mit weiteren Zuwachsraten.<br />

Bis zum Jahr 2024 könnte der Gesamtumsatz<br />

dabei auf bis zu 142 Milliarden Euro ansteigen.<br />

In Deutschland verkaufen schon heute 60<br />

Prozent der Onlinehändler ihre Waren ins<br />

Ausland und sind so für mehr Konsumenten<br />

attraktiv. Jedoch ist dabei einiges zu<br />

beachten, denn Handelsbeschränkungen<br />

und sich ständig wandelnde Vorschriften,<br />

stellen die Händler vor Herausforderungen.<br />

Der Brexit stellt dabei eine zusätzliche, neue<br />

bürokratische Hürde dar.<br />

Die Herausforderungen des grenzüberschreitenden<br />

Handels<br />

Seit dem 1. Januar <strong>2021</strong> müssen Online-<br />

Verkäufer auch beim Import und Export von<br />

Waren aus Großbritannien wieder mit Zöllen<br />

rechnen. Trotz des Handels- und Kooperationsabkommens<br />

[3] zwischen der EU und<br />

dem Vereinigten Königreich muss zukünftig<br />

doppelt verzollt werden – und zwar wenn die<br />

Waren weder in Großbritannien noch der EU<br />

produziert wurden. Da viele Verkäufer ihre<br />

Waren aus China oder anderen Ländern<br />

importieren, werden diese nach den sogen-<br />

annten Ursprungsregeln des Zolls als nicht<br />

aus dem Vereinigten Königreich beziehungsweise<br />

der EU stammend gezählt. Dies hat<br />

zur Folge, dass sie beim weiteren Handel zwischen<br />

Großbritannien und EU weiterhin den<br />

EU- oder UK-Zöllen unterliegen.<br />

Zwar wird es eine Erleichterung für Waren<br />

geben, die unter die britischen und EU-Zollschwellen<br />

von 135 Pfund beziehungsweise 150<br />

Euro fallen, jedoch ist diese für die meisten<br />

Händler nicht relevant. Denn Verkäufer, die<br />

auf großen Marktplätzen wie Amazon oder<br />

eBay agieren, sind nun dazu verpflichtet, ihre<br />

gesamten Bestände im Voraus im Vereinigten<br />

Königreich oder der EU zu verzollen, bevor sie<br />

überhaupt verkauft wurden.<br />

Auswirkungen des Brexits auf den Handel<br />

Jedoch kommt es bereits zu ersten Schwierigkeiten.<br />

Denn die genauen Anforderungen<br />

an Zollerklärungen, Mehrwertsteuerverpflichtungen<br />

und die Nachweisforderung<br />

über den Nulltarif führt dazu, dass Sendungen<br />

in deutschen Häfen blockiert werden.<br />

Umgekehrt stoßen auch britische Verkäufer<br />

auf Probleme beim Versand nach Deutschland.<br />

Zum Beispiel weigern sich teilweise<br />

deutsche Kunden, die von britischen Anbietern<br />

vorgelegten EU-EORI-Nummern zu akzeptieren,<br />

obwohl diese eine Grundvoraussetzung<br />

für die neuen Handelsanforderungen<br />

des Vereinigten Königreichs sind.<br />

Dies ist ein schwerwiegendes Problem; die<br />

Händler stehen unter Druck, die Kundenerwartungen<br />

zu erfüllen und – wie üblich - schnell<br />

sowie problemlos die Waren zu liefern. Überraschende<br />

Zoll- und Einfuhrgebühren können


sich also negativ auf das Kundenerlebnis auswirken,<br />

was zu Rücksendungen, zusätzlichen<br />

Kosten und zu unzufriedenen Kunden führen<br />

kann. Für eine schnelle Lieferung ist die Vermeidung<br />

von größeren Verzögerungen beim<br />

Zoll deshalb von großer Bedeutung. Um einen<br />

hohen Standard beim Versand gewährleisten<br />

zu können, sind deswegen viele der Einzelhändler<br />

immer stärker auf operative Unterstützung<br />

durch die Logistikdienstleister angewiesen.<br />

Mit passender Technologie zum erfolgreichen<br />

Handel<br />

Beim Handel mit importierten Waren zwischen<br />

EU und Großbritannien ist die beste Option,<br />

Waren zunächst direkt vom Ursprungsland in<br />

die EU oder das Vereinigte Königreich einzuführen.<br />

Dies schließt anfängliche Zölle und<br />

Doppelbesteuerung aus. Allerdings müssen<br />

Händler dann zwei Lagerbestände vorhalten,<br />

den Cashflow belasten sowie Retouren und<br />

Veralterung an zwei Standorten verwalten.<br />

Bei der Zusammenarbeit mit externen Logistikanbietern<br />

kann der Einsatz von automatisierten<br />

Lösungen hilfreich sein, um den Anforderungen<br />

und der Verwaltung von internationalen<br />

Versorgungsketten gerecht zu werden.<br />

Durch die Verwaltung eines effizienten<br />

Technologie-Stacks können Einzelhändler<br />

eine reibungslose Integration zwischen<br />

E-Commerce-Plattformen und Logistikdienstleistern<br />

gewährleisten und eine synergetischere<br />

sowie strategischere Partnerschaft<br />

schaffen. Lösungen wie Avalara Item Classification<br />

und AvaTax Cross-Border ermöglichen<br />

die unkomplizierte Zuordnung, Anwendung<br />

und Kommunikation der relevanten Compliance-Details,<br />

die für eine Minderung von Zollverzögerungen<br />

erforderlich sind.<br />

Die Erfüllung der richtigen Compliance-<br />

Anforderungen trägt dann zu einem reibungslosen<br />

Warenverkehr über die Grenzen hinweg<br />

bei und stellt sicher, dass die Erwartungen<br />

der Verbraucher erfüllt werden. (RED)<br />

Die Welt der<br />

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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S32<br />

Mercosur-Abkommen mit starkem<br />

Gegenwind<br />

Neben Umweltschützern und europäischen Landwirtschaftsverbänden stellt<br />

sich nach Österreich und den Benelux-Staaten jetzt auch Frankreich gegen das<br />

Mercosur-Abkommen. Mehr Wettbewerb im Landwirtschaftsbereich ist nicht erwünscht.<br />

REDAKTION: URSULA SCHMELING<br />

URSULA SCHMELING<br />

REDAKTION<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Nach 20 Jahren Verhandlungen<br />

hatten sich die EU und die Mercosur-Staaten<br />

Brasilien, Argentinien,<br />

Uruguay und Paraguay 2019 auf<br />

ein umfassendes Assoziierungsabkommen<br />

verständigt. Bevor der Vertrag in Kraft treten<br />

kann, muss er jedoch von allen EU-Mitgliedstaaten<br />

ratifiziert werden. Die Parlamente<br />

Österreichs, der Niederlande sowie der französischsprachigen<br />

Region Belgiens haben<br />

den Text in seiner jetzigen Form bereits abgelehnt.<br />

Auch die deutsche Regierung, die<br />

den Abschluss des Abkommens jahrelang<br />

forciert hatte, zeigt sich skeptisch. Nun verlangt<br />

Frankreich Garantien zur Einhaltung von<br />

Umweltstandards. Politische Absichtserklärungen<br />

seien nicht ausreichend. Frankreich will<br />

ein Abkommen verhindern, das mehr Fleischund<br />

Agrarexporte aus Lateinamerika in die<br />

EU ermöglicht und zu mehr Abholzung und<br />

Waldbränden im Amazonasgebiet führt.<br />

Worum geht’s?<br />

Das Mercosur-Abkommen ist analog den<br />

neuen EU-Abkommen mit Kanada und Japan<br />

breit und umfassend angelegt. Es deckt<br />

nicht nur tarifäre Fragen (Zoll, Exportsubventionen),<br />

sondern auch den Handel mit<br />

Dienstleistungen und andere handelsrelevante<br />

Aspekte wie Investitionen, Gründung<br />

von Niederlassungen, Zugang zu öffentlichen<br />

Ausschreibungen, Arbeitnehmerrechte und<br />

Wettbewerbsfragen ab. Ein wichtiger Teil ist<br />

der Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken,<br />

insbesondere unterschiedliche technischer<br />

Normen und Vorschriften. Derzeit erheben<br />

die Länder des Mercosur relativ hohe Zollabgaben,<br />

die für Kraftfahrzeuge, Textilien, Bekleidung,<br />

Schuhe, Spirituosen und Softdrinks<br />

bei bis zu 35 % liegen, für Wein bei 27%, für<br />

Kraftfahrzeugteile, Chemikalien und Kekse<br />

bei bis zu 18 %, für Maschinen bei 14 - 20 %<br />

und für Arzneimittel bei bis zu 14 %. Mit dem<br />

Abkommen sollen Zölle auf 91 % der EU-Exporte<br />

nach und nach reduziert oder ganz<br />

beseitigt werden. Die EU-Einfuhrzölle auf 92 %<br />

der Mercosur-Waren sollen ebenfalls gesenkt<br />

oder abgeschafft werden.<br />

Zahlreiche Schutzklauseln<br />

Das Abkommen ist mit verschiedenen Schutzklauseln<br />

ausgestattet. Beispielsweise sollte es<br />

aufgrund der Zollsenkungen zu einem unerwarteten,<br />

erheblichen Anstieg der Einfuhren<br />

kommen, der die inländische Industrie schwer<br />

zu schädigen droht, ist die Einführung vorübergehender<br />

Schutzmaßnahmen erlaubt.<br />

Für Importe in die EU sollen weiterhin die bestehenden,<br />

hohen Standards der Lebensmittelsicherheit,<br />

Tier- und Pflanzengesundheit<br />

gelten. Im Abkommen wird ausdrücklich<br />

das „Vorsorgeprinzip“ beibehalten, wonach<br />

Behörden das Recht haben, zum Schutz<br />

menschlichen, tierischen oder pflanzlichen<br />

Lebens oder der Umwelt zu handeln, wenn<br />

nach ihrer Einschätzung ein Risiko besteht.<br />

Dies gilt selbst dann, wenn keine eindeutigen<br />

einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

vorliegen. Corona lässt grüssen.<br />

Das Abkommen enthält detaillierte Bestimmungen<br />

in Bezug auf Urheberrechte, Marken,<br />

gewerbliche Muster, geografische Angaben<br />

und Pflanzensorten. Der Abschnitt über die<br />

Rechte des geistigen Eigentums regelt auch<br />

den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die<br />

EU und die Länder des Mercosur verpflichten<br />

sich außerdem das Pariser Klimaschutzübereinkommen,<br />

das Übereinkommen über den<br />

internationalen Handel mit gefährdeten Arten<br />

freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) sowie


UN-Abkommen über die biologische Vielfalt<br />

und Fischereibewirtschaftungsmaßnahmen<br />

wirksam umzusetzen. Organisationen der Zivilgesellschaft<br />

erhalten die Möglichkeit, die Umsetzung<br />

des Abkommens – auch in Umweltbelangen<br />

– aktiv zu überwachen. Ferner sieht<br />

das Abkommen ein neues Forum für eine engere<br />

Zusammenarbeit für einen nachhaltigeren<br />

Ansatz in der Landwirtschaft vor.<br />

Interessanter Wachstumsmarkt<br />

Der Mercosur zählt rund 260 Millionen Verbraucher.<br />

Das sind nur halb so viele wie in der EU<br />

(512 Millionen), aber das jährliche bilaterale<br />

Handelsvolumen der EU mit dem Mercosur belief<br />

sich vor der Pandemie auf rund 88 Mrd. EUR<br />

(Waren) bzw. 34 Mrd. EUR (Dienstleistungen).<br />

Der Wirtschaftsblock wird durch Brasilien dominiert,<br />

auf das 80% der Wirtschaftskraft und<br />

der Bevölkerung entfällt. Die EU führt pro Jahr<br />

Waren im Wert von 45 Mrd. EUR in die Mercosur-Länder<br />

aus und importiert von dort Waren<br />

von ähnlichem Wert (43 Mrd. EUR). Bei den<br />

Dienstleistungen sind die EU-Ausfuhren mehr<br />

als doppelt so hoch wie die Einfuhren (23 Mrd.<br />

EUR versus 11 Mrd. EUR). Durch Zollsenkungen<br />

könnten Exporteure in der EU laut EU-Angaben<br />

jährlich über 4 Mrd. EUR an Kosten sparen.<br />

EFTA zieht nach<br />

Am 23. August konnten auch die EFTA-<br />

(Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein)<br />

und die Mercosur-Staaten ihre Verhandlungen<br />

über ein Freihandelsabkommen in der<br />

Substanz abschließen. Es befreit mittelfristig<br />

rund 95 Prozent der EFTA-Ausfuhren in die<br />

Mercosur-Staaten von Zollabgaben. Zudem<br />

werden technische Handelshemmnisse abgebaut,<br />

der Marktzugang für EFTA Dienstleistungserbringer<br />

erleichtert und die bilateralen<br />

Wirtschaftsbeziehungen generell gestärkt.<br />

Das FHA verhindert eine Schlechterstellung<br />

der Unternehmen im EFTA-Raum gegenüber<br />

denen in der EU. Beide FHA sind sich inhaltlich<br />

sehr ähnlich. Zu den zentralen Punkten des<br />

Abkommens zählen ein weitgehend freier Zugang<br />

für EFTA-Industrieprodukte, Quoten für<br />

ausgewählte Mercosur-Agrarexporte und ein<br />

Patentschutz für Schweizer Pharmakonzerne.<br />

Im Agrarbereich gewährt beispielsweise die<br />

Schweiz für ausgewählte Produkte erstmals<br />

auch bilaterale Kontingente außerhalb ihrer<br />

WTO-Verpflichtungen. Diese Konzessionen<br />

wurden so ausgestaltet, dass sie die Ziele der<br />

Schweizer Agrarpolitik nicht in Frage stellen.<br />

Das Abkommen soll noch in diesem Jahr ratifiziert<br />

werden. Es bleibt abzuwarten, ob es bis<br />

dahin die Referendum-Hürde in der Schweiz<br />

erfolgreich genommen hat.<br />

Fazit<br />

Mit neuen Freihandelsabkommen hatten Europas<br />

Politiker gehofft, dem Vormarsch Chinas<br />

in Südamerika Einhalt gebieten zu können.<br />

Doch sie haben wohl einmal mehr die Lobby<br />

der Landwirtschaft und extremen Umweltschützer<br />

unterschätzt. Die große Mehrheit der<br />

Unternehmen in der EU und im Mercosur sind<br />

KMU, die auch den Grossteil der Arbeitsstellen<br />

in Ihren Ländern stellen. Einigen eröffnet das<br />

Mercosur-Abkommen interessante Exportmöglichkeiten.<br />

Nur wer wagt, gewinnt. Doch<br />

die Veränderungsresistenten werden wohl<br />

siegen und die Abkommen in EU und EFTA<br />

scheitern lassen. (US)


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S34<br />

Corona lässt Regionalität und Bio im<br />

Lebensmittelhandel boomen<br />

Auch wenn viele Österreicher im Jahr 2020 den Gürtel enger schnallen mussten,<br />

konnte im Lebensmittelhandel ein signifikantes Umsatzplus bei Biomarken und<br />

nachhaltigen Produkten beobachtet werden. Spitzenreiter und neuer Marktführer<br />

in Österreich: die SPAR Warenhandels AG.<br />

REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />

sogar 37,1 Prozent – ein Plus im Vergleich zu<br />

Dezember 2019 um stolze 3,1 Prozentpunkte.<br />

Offensichtlich fanden im letzten Quartal die<br />

Kunden wieder zur ihrer zu Beginn der Corona-Krise<br />

schwächelnden Vorliebe für Frische<br />

in Bedienung zurück – der Trend zu SB ohne<br />

Kontakt zu Mitarbeitern ist gebremst. „Als im<br />

März 2020 – es war ein Freitag der 13. - der<br />

Lockdown ab dem darauffolgenden Montag<br />

verkündet wurde, hatten wir schon einen Informationsvorsprung<br />

durch unsere Tochter in<br />

Italien. Für uns war es sehr wichtig, die Anatomie<br />

der Coronakrise genau zu analysieren,<br />

um entsprechende Maßnahmen zu setzen“,<br />

erzählt Drexel.<br />

MAG. RAINER WILL<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

HANDELSVERBAND<br />

Im Gespräch mit Handelsverband-Geschäftsführer<br />

Ing. Mag. Rainer Will legte<br />

Gerhard Drexel anschaulich dar, wo die<br />

Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg<br />

liegen, wie es weitergehen wird und wo die<br />

größten Herausforderungen der Gegenwart<br />

und Zukunft liegen.<br />

Seit 1990 ist Drexel im Vorstand von Spar,<br />

seit 2001 in der Funktion des Vorstandsvorsitzenden<br />

der Spar Warenhandels AG. Als solcher<br />

kennt er das Unternehmen natürlich wie<br />

seine Westentasche und ist an der Unternehmensstrategie<br />

sowie dem Erfolg maßgeblich<br />

mitbeteiligt. Anfang 2020, also noch vor dem<br />

Ausbruch der Pandemie, schnappte sich Spar<br />

die Marktführerschaft im österreichischen<br />

Lebensmittelhandel vom Mitbewerber REWE.<br />

Im Herbst betrug der Marktanteil laut jüngster<br />

Brancheninfo 34,2 Prozent, im Dezember<br />

Doppelstrategie als Schlüssel zum Erfolg<br />

Drexel ist überzeugt davon, dass sein Unternehmen<br />

gestärkt aus der Krise hervorgehen<br />

wird – der Marktanteil ist ein deutliches<br />

Indiz dafür, dass er Recht hat: „Der erste Teil<br />

unserer gut durchdachten Corona-Doppel-<br />

Strategie nahm Anlehnung an Hans Domizlaffs<br />

Bestseller über die Gewinnung des<br />

öffentlichen Vertrauens.“ Mit diesem Ziel im<br />

Blick wurden etliche Maßnahmen umgesetzt:<br />

die Verteilung von Gratis-Mundnasenschutz-<br />

Masken, die Willkommensgeste bei der Verteilung<br />

durch die Mitarbeiter und auch das<br />

Hygienemanagement sorgten dafür, dass<br />

die Kunden sich sicher fühlen konnten – und<br />

offensichtlich gerne zum Einkaufen kamen.<br />

„Parallel dazu haben wir nie aufgehört, an<br />

den Erfolgsfaktoren der Zukunft weiterzuarbeiten.<br />

Dazu zählen beispielsweise die offensive<br />

Marktbearbeitung und die konsequente<br />

Weiterentwicklung unserer Eigenmarken.“<br />

Besonders die günstige Eigenmarke S-Budget<br />

wurde stark erweitert: „Durch die aktuelle<br />

Lage – Rekordarbeitslosigkeit und sehr viele


Menschen in Kurzarbeit – sind viele Menschen<br />

gezwungen, günstig einzukaufen. Mit<br />

S-Budget wollen wir da ein breites Angebot<br />

schaffen.“ Schließlich gaben in Umfragen 30<br />

Prozent der Österreicher an, weniger für Lebensmittel<br />

auszugeben; 14 Prozent erklärten,<br />

nur noch lebensnotwendige Güter zu kaufen.<br />

Im Jahr 2020 kamen bei Spar 280 neue Eigenmarkenprodukte<br />

zum Sortiment, verteilt<br />

über alle Preissegmente. Zudem wurden die<br />

Expansionspolitik und die Ladenerneuerung<br />

konsequent weitergeführt.<br />

Regional und lokal<br />

Gerade im Lockdown zeigte sich, dass die<br />

Kunden Wert auf österreichische Hersteller<br />

legen – je regionaler, desto besser. „Wir haben<br />

die Kooperation mit österreichischen Lebensmittelproduzenten,<br />

Brauereien usw. forciert.<br />

Im Fokus lagen dabei insbesondere lokale<br />

Hersteller, die aufgrund ihrer Kapazitäten nur<br />

einige wenige Filialen mit ihren Produkten beliefern<br />

können“, führt Drexel aus. Aktuell hat<br />

Spar rund 7.000 lokale Biobauern und Produzenten<br />

als Partner. Bei Molkereiprodukten<br />

beträgt der Anteil österreichischer Produkte<br />

95 Prozent, bei Backwaren 90 Prozent – Tendenz<br />

steigend. Aktuell beliefern etwa 500<br />

lokale Bäcker naheliegende Filialen. Drexel:<br />

„Wir sind quasi der Erfinder der Regionalisierung<br />

im Lebensmittelhandel. Natürlich<br />

haben wir auch internationale Markenartikel<br />

– ein Whiskey kommt eher aus Irland.“ Spar<br />

hilft seinen Partnern auf Wunsch auch beim<br />

Ausbau ihrer Strukturen und Kapazitäten, um<br />

größere Gebiete abdecken zu können.<br />

vergleichsweise 111.912 Tonnen Bio-Lebensmittel<br />

verkauft. Der rollierenden Agrarmarktanalyse<br />

der Agrarmarkt Austria Marketing<br />

GesmbH (RollAMA) zufolge sind vor allem<br />

die Milch-, Joghurt- und Eiersortimente in Bioqualität<br />

besonders gefragt. Insgesamt lag<br />

der Anteil der umgesetzten Frischeprodukte<br />

im Lebensmittelhandel in Bio-Qualität im Jahr<br />

2019 bei knapp 10 Prozent, im Juni 2020 erstmals<br />

über 10 Prozent. Aktuell sind laut Verein<br />

Bio Austria rund 22 Prozent der heimischen<br />

landwirtschaftlichen Betriebe nach den Kriterien<br />

der Bio-Landwirtschaft zertifiziert – das<br />

entspricht 24.225 Höfen bzw. rund 24 Prozent<br />

der österreichischen Agrarflächen, das ist EUweiter<br />

Spitzenwert.<br />

GERHARD DREXEL<br />

VORSTANDSVORSITZENDER<br />

SPAR ÖSTERREICHISCHE<br />

WARENHANDELS-AG<br />

Boom bei Bio und Nachhaltigkeit<br />

Auch wenn es ob der finanziell angespannten<br />

Situation paradox erscheint, greifen die<br />

Österreicher vermehrt zu Bioprodukten. Im<br />

Zeitraum vom 1.1.2020 bis zum 31.8. 2020<br />

stieg der Umsatz der Spar natur pur Produkte<br />

um 26 Prozent. „Je unsicherer das Umfeld für<br />

die Konsumenten ist, umso sicherer wollen<br />

sie sich ernähren“, kennt Drexel den Grund.<br />

Spar verzichtet bei über 5.000 Eigenmarkenprodukten<br />

auf Glyphosat, Palmöl und Gentechnik.<br />

Insgesamt kauften die Österreicher<br />

im 1. Halbjahr laut Statista GmbH rund 96.723<br />

Tonnen Bioprodukte – also aus ökologischer<br />

Landwirtschaft ohne synthetische Pflanzenschutz-<br />

und Düngemittel - im Lebensmitteleinzelhandel.<br />

Im gesamten Jahr 2010 wurden<br />

Mit Hilfe eines eigenen wissenschaftlichen<br />

Ärztebeirates mit 6 bis 7 ständigen Mitgliedern<br />

arbeitet Spar seit 15 Jahren an der Weiterentwicklung<br />

seiner Produkte. Das Ziel: gesunde<br />

Rezepturen. Der Gesundheitsbeirat legt dabei<br />

nicht nur fest, welche Inhaltsstoffe wünschenswert<br />

sind, sondern auch, was weggelassen<br />

wird. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Reduktion<br />

von Zucker. Oder eben Bio-Qualität. „Wir<br />

haben uns schon früh dazu bekannt, dass wir<br />

für ein flächendeckendes Glyphosatverbot in<br />

der Landwirtschaft eintreten. Die österreichische<br />

Bundesregierung muss endlich Courage<br />

zeigen und das nationale Verbot – das schon<br />

zwei Mal im Parlament beschlossen wurde –<br />

auch endlich zum Gesetz machen“, meint<br />

Drexel energisch. Leider verabsäumten es die


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S36<br />

Regierungsparteien in der Nationalratssitzung<br />

vom 20. Jänner <strong>2021</strong>, das zuvor angekündigte<br />

Teilverbot für das Pflanzengift einzubringen.<br />

Glyphosat ist unter anderem im Unkrautvernichter<br />

Roundup enthalten, dessen Hersteller<br />

Monsanto nun zur deutschen Bayer AG gehört.<br />

Mitte 2020 schloss Bayer einen Kompromiss<br />

zum Abschluss von etwa drei Viertel der<br />

aktuell gerichtsanhängigen Roundup-Verfahren:<br />

satte 9,1 bis 9,8 Milliarden Euro sollen<br />

die Fälle aus der Welt schaffen. Weniger giftig<br />

wird der Stoff dadurch nicht.<br />

Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie<br />

Schon längst haben wir uns in Österreich daran<br />

gewöhnt, dass beim Kauf von abgepackten<br />

Fleisch- und Milchprodukten auf der Packung<br />

steht, wo das gute Stück herkommt und verarbeitet<br />

wurde. Seit April 2015 ist die EU-weite<br />

Fleisch-Kennzeichnung aller Fleischsorten<br />

verpflichtend. Allerdings betrifft das nicht fertig<br />

verarbeitete Waren. Wer im Gasthaus ein<br />

Wiener Schnitzel genießt, wird nur im Ausnahmefall<br />

und auf Nachfrage erfahren, wo das<br />

Kälbchen vor der Schlachtung herumhopsen<br />

durfte. Unfair, findet Drexel: „Warum gibt es<br />

keine Kennzeichnungspflicht in Gastronomie,<br />

Kantinen und öffentlichen Bereichen? Eine<br />

Kennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milchprodukten<br />

in diesen Bereichen würde die<br />

Gäste zufriedener machen.“ Da dies aber<br />

die Kosten für die Gastronomen erhöhen<br />

würde, hat er einen Vorschlag zur Unterstützung<br />

der krisengebeutelten Branche parat:<br />

„Aktuell gibt es eine Mehrwertsteuersenkung<br />

in der Gastronomie auf 5 Prozent. Ich würde<br />

vorschlagen, diese Senkung permanent zu<br />

belassen, wenn im Gegenzug dafür eine<br />

Herkunftskennzeichnung stattfindet.“ Spar<br />

bietet seit 25 Jahren Rind-, Kalb- und Schweinefleisch<br />

zu 100 % aus Österreich an, ausgezeichnet<br />

mit dem AMA Gütesiegel. Auch<br />

Eier und Milch sind seit Jahren ausschließlich<br />

von heimischen Produzenten.<br />

Hemmschuh Pflastikpfand?<br />

Aktuell werden in Österreich durchschnittlich<br />

sieben von zehn PET-Flaschen fachgerecht<br />

recycelt – wobei Wien einem Sammelanteil<br />

von nur einem Drittel aller Plastikflaschen<br />

das unrühmliche Schlusslicht darstellt. Um die<br />

Vorgaben der Europäischen zu erfüllen (und<br />

Strafen zu umgehen), muss die Rücklaufquote<br />

deutlich gesteigert werden. Als probates Mittel<br />

wird die Einführung eines Einwegpfandsystems<br />

beworben: Ende Jänner präsentierte die<br />

grüne Umweltministerin Leonore Gewessler in<br />

einer Wiener Lidl-Filiale einen entsprechenden<br />

Pfandautomaten. Handelsverband und Spar-<br />

Vorstand können dieser Idee hingegen gar<br />

nichts abgewinnen. „Die Politik sollte uns nicht<br />

grundlos das Leben erschweren. Ein Zwangspfand<br />

auf Einwegplastik ist populistisch und<br />

der falsche Weg. Wir Nahversorger würden<br />

zur Mülldeponie verkommen, vom Hygieneproblem<br />

mit Restflüssigkeiten ganz zu schweigen.<br />

Es gibt bereits tolle Sammelsyteme, die<br />

müssen lediglich ausgeweitet werden“, wird<br />

Drexel deutlich. Auch der Handelsverband<br />

ist vehement dagegen. Will: „Angesichts der<br />

schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten<br />

Weltkrieg ist es unverantwortlich, in ganz<br />

Österreich flächendeckend ein Pfandsystem<br />

einzuführen. Allein die Anschaffungskosten<br />

eines Leergutautomaten liegen zwischen<br />

25.000 und 50.000 Euro. Viele kleine Betriebe<br />

können sich das nicht leisten.“ Statt dessen<br />

plädiert Will für die Umsetzung des von der<br />

WKÖ ausgearbeiteten 10-PUNKTE-PLANs zur<br />

Erreichung der EU-Abfallquoten mit einer alltagstauglichen<br />

Kreislaufwirtschaft – zu einem<br />

wesentlich günstigeren Preis.<br />

Mercosur – Fluch oder Segen?<br />

Geht es nach Drexel, ist der von der EU angepeilte<br />

Mercosur-Handelspakt (eine Freihandelszone<br />

mit den Mercosur-Staaten Argentinien,<br />

Brasilien, Paraguay und Uruguay)<br />

eindeutig ein Fluch. Wie viele andere fürchtet<br />

auch er, dass billiges Rindfleisch im Austausch<br />

gegen deutsche Automobile den österreichischen<br />

Markt überschwemmen könnte. Neben<br />

der billigen Produktion in Massentierhaltung<br />

ist das Rindfleisch auch fürs Klima ein Drama:<br />

„In Brasilien erzeugtes Rindfleisch verursacht in<br />

der Produktion 80 kg CO2, in Europa hingegen<br />

entstehen nur 22 kg CO2“, so Drexel, „Wir<br />

haben uns schon im Juli 2019 deutlich gegen<br />

diesen Handelspakt ausgesprochen und<br />

diese Entscheidung auch klar begründet. Es<br />

darf nicht sein, dass Deutschland zollfrei Autos<br />

liefern darf und wir im Gegenzug hormonbelastetes<br />

Rindfleisch zu Schleuderpreisen importieren<br />

müssen.“ Bei der Aufzucht der Rinder<br />

in Brasilien kommen Wachstumshormone zum<br />

Einsatz, die in Europa verboten sind – ebenso<br />

wie mit Pestiziden belastetes Futter. Dafür<br />

kostet es nur etwa die Hälfte von österreichis-


chem Fleisch. Im Vertrag ist vorgesehen, dass<br />

jährlich 99.000 Tonnen Rindfleisch, 180.000<br />

Tonnen Zucker und 100.000 Tonnen Geflügel<br />

zollfrei aus Südamerika importiert werden dürfen<br />

– in der Hoffnung, dass Zölle auf die Exporte<br />

von Autos und anderen Industriegütern<br />

wegfallen. Doch während in Europa die<br />

Mindeststandards hinsichtlich Umweltschutz,<br />

Tierschutz und Klima ständig strenger werden,<br />

wird beim importierten Fleisch darauf verzichtet.<br />

Drexel: „Das bedeutet den Bankrott<br />

für unsere Rinderbauern.“<br />

Aktuell sind die Verhandlungen allerdings ins<br />

Stocken geraten – sehr zum Missfallen Portugals,<br />

das aktuell den Vorsitz des EU-Rates inne<br />

hat und die Unterzeichnung des Abkommens<br />

zum zentralen handelspolitischen Ziel seiner<br />

Präsidentschaft erklärt hat. Die rasante Abholzung<br />

des Amazonas-Regenwaldes bereitet<br />

insbesondere angesichts des voranschreitenden<br />

Klimawandels immer mehr Menschen<br />

Sorgen. Als größter Handelspartner und Investor<br />

in den vier Mercosur-Ländern mit 260<br />

Millionen Konsumenten birgt der Deal großes<br />

Potential. Allein im Jahr 2019 exportierte die<br />

EU Waren im Wert von 41 Milliarden Euro in<br />

diese Staaten. Natürlich kann sich auch die<br />

EU-Kommission nicht gänzlich vor der Kritik<br />

verschließen. Um ein Aufschnüren des<br />

seit 2019 im Wesentlichen ausverhandelten<br />

Paktes, der nur auf die Ratifizierung wartet, zu<br />

verhindern, ist die Formulierung von Protokollzusatzerklärungen<br />

im Gespräch.<br />

In diesen Erklärungen soll die Verbindlichkeit<br />

der Nachhaltigkeit – Stichwort illegale Brandrodungen<br />

– festgeschrieben werden. „Dieser<br />

'Beipackzettel' ist nichts wert. Sobald der<br />

Vertrag unterzeichnet ist, wird munter weiter<br />

abgeholzt, und Bolsonaro (Präsident Brasiliens,<br />

Anm.) macht, was er will“, ärgert sich<br />

Drexel. Denn auch wenn im bisherigen Vertragsentwurf<br />

ein Bekenntnis zum Übereinkommen<br />

der Klimakonferenz von Paris enthalten<br />

ist – es sind keinerlei Sanktionen bei Verstößen<br />

festgelegt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.<br />

In seiner derzeitigen Form steht der Mercosur-Deal<br />

jedenfalls im klaren Widerspruch zum<br />

„Green Deal“ der EU, wie die unabhängige<br />

Studie eines internationalen Forscher-Teams<br />

unter Beteiligung der HU Berlin, der Senckenberg<br />

Gesellschaft und des UFZ unter Leitung<br />

der Universität Oxford „The EU-Mercosur<br />

Agreement fails to meet the three tenets of<br />

sustainable trade: inclusion, transparency<br />

& enforcement;“ zeigt. Die Art und Weise,<br />

wie Rindfleisch und Soja-Viehfutter produziert<br />

werden sowie die damit einhergehende<br />

Flächengewinnung durch Rodung des Regenwaldes<br />

ohne Rücksicht auf indigene Bevölkerungsgruppen<br />

macht die Einhaltung der<br />

drei Säulen des EU-Nachhaltigkeitskonzeptes<br />

unmöglich. Zusammengefasst wird der Freihandelspakt<br />

die Zerstörung des Amazonasgebietes<br />

noch beschleunigen, denn schon<br />

jetzt wird in der Anbauregion für europäischen<br />

Konsum alle drei Minuten die Fläche<br />

eines Fußballfeldes gerodet. AG)<br />

WARUM SOLLTEN WIR DIE<br />

HERKUNFT VON <strong>LE</strong>BENS-<br />

MITTELN KENNZEICHNEN,<br />

GERHARD DREXEL?<br />

http://bit.ly/2M5LOYk


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S38<br />

Amazon: US-Gigant als Segen und<br />

Fluch, Vorbild und abschreckendes<br />

Beispiel (nicht nur) für die Logistikbranche<br />

Zu Amazon gibt es wohl so viele Meinungen wie es Menschen gibt. Allzu einseitig<br />

sollte der Handelsriese jedoch nicht bewertet werden, denn Licht und Schatten<br />

sind bei ihm gleichermaßen im Überfluss vorhanden. BEITRAG: REDAKTION<br />

Einflusses wohl jenseits der britischen East<br />

India Trading Company keinen Vergleich in<br />

der Menschheitsgeschichte hat.<br />

JEFFREY PRESTON „JEFF“<br />

BEZOS, UNTERNEHMER<br />

& INVESTOR. GRÜNDER<br />

DES ONLINEVERSAND-<br />

HÄND<strong>LE</strong>RS AMAZON<br />

UND GILT MIT EINEM<br />

GESCHÄTZTEN GESAMT-<br />

VERMÖGEN IN DER<br />

GRÖSSENORDNUNG<br />

VON 200 MILLIARDEN<br />

US-DOLLAR ALS EINER<br />

DER REICHSTEN<br />

MENSCHEN<br />

Jeff Bezos zieht sich vom CEO-Posten in<br />

den Hintergrund des Executive Chair<br />

zurück. Mit dieser Meldung vor einigen<br />

Tagen endete eine Ära: 27 Jahre, in<br />

denen aus einem kleinen nordost-amerikanischen<br />

Buchhändler mit einer innovativen<br />

Idee nicht nur das größte Einzelhandelsunternehmen<br />

der Welt wurde, sondern ein<br />

gigantisches Wirtschaftsimperium, welches<br />

hinsichtlich seiner Marktbedeutung und seines<br />

Amazon. Dieser Name, der nicht nur auf<br />

Bezos‘ Geburtsort zurückgeht, sondern auch<br />

explizit auf den weltgrößten Fluss hinweist,<br />

hat es in dem vergangenen Vierteljahrhundert<br />

geschafft, zahllose Bedeutungen zu bekommen:<br />

Ein Inspirator, der durch mutiges<br />

Voranschreiten vorgibt, wohin die Reise von<br />

Technik, Handel und Logistik geht und der<br />

für Milliarden definiert hat, was eCommerce<br />

ausmachen muss. Aber auch ein Imperator,<br />

der der ganzen Welt einen gnadenlosen Takt<br />

der Next-Day-Delivery aufzwang, der zum<br />

Sensenmann für ungezählte analogen und<br />

digitalen Einzelhandelsgeschäfte wurde und<br />

der sich jetzt anschickt, seine Logistik gänzlich<br />

in die eigenen Hände zu nehmen. Übrigens<br />

nachdem sein scheidender Chef bereits vor<br />

einigen Jahren in die Weltruhmeshalle der<br />

Logistik aufgenommen wurde.<br />

Egal ob positiv oder negativ: Amazon hat<br />

einen Abdruck hinterlassen – nur ob es der<br />

positive Abdruck einer zu Höchstleistungen<br />

antreibenden Hand ist oder der einer überrollenden<br />

Dampfwalze, kommt auf den Blickwinkel<br />

an. Auf den folgenden Zeilen versuchen<br />

wir, beide Seiten zu beleuchten.<br />

Amazon: Ein Blick auf die helle Seite<br />

Selbst viele große Kritiker geben zu, dass Amazon<br />

für Handel und Logistik viele positive Errungenschaften<br />

vorzuweisen hat. Das ist die helle<br />

Seite des Einzelhandelsriesen, für die ihm viele<br />

zu Dank verpflichtet sind, da er zahlreiche<br />

Fotos: https://de.cleanpng.com/ Kiss.png


Sparten zu neuen Höhenflügen ermutigte und<br />

zuvor als festzementiert geltende Mauern bezwang.<br />

Wachstum über allem anderen<br />

Aus Sicht einer reinen betriebswirtschaftlichen<br />

Lehre würden wohl zahllose BWL-Professoren<br />

Amazon attestieren, kein erfolgreiches Unternehmen<br />

zu sein: Über viele Jahre hinweg<br />

und bis zum heutigen Tag waren die Gewinne<br />

im Vergleich zu den Umsätzen kaum der<br />

Rede wert, zeitweise rutschten sie auch in<br />

den negativen Bereich. Damit wäre Amazon<br />

aus konservativer Sicht kein sonderlich gewinnträchtiges<br />

börsennotiertes Unternehmen<br />

– zumindest nicht bis in die zweite Hälfte der<br />

2010er. Erst da begannen die Gewinne einen<br />

zaghaften Anstieg.<br />

Nur wäre es allerdings reichlich verfehlt,<br />

Amazon anhand derartiger Maßstäbe zu<br />

bewerten. Denn für Jeff Bezos hatten Gewinne<br />

niemals den Stellenwert, den Wachstum<br />

innehatte. Wo andere Unternehmen ab<br />

einem gewissen Standpunkt vor allem ihre<br />

Investoren glücklich machen und Gewinne<br />

ausschütten, kannte und kennt Amazon nur<br />

einen Weg: Investieren, Investieren und nochmals<br />

Investieren.<br />

Am besten lässt sich dies verdeutlichen, wenn<br />

man die Gewinne den Umsätzen gegenüberstellt<br />

(Zahlen für 2020):<br />

• Amazons Gewinn: 21,33 Milliarden Dollar<br />

• Amazons Umsätze: 386,06 Milliarden Dollar<br />

Diese Politik ist ein zentrales Geheimnis hinter<br />

dem Erfolg des Unternehmens. Wenn über<br />

Jahrzehnte praktisch jeder Cent, der nach<br />

Abzug der Betriebskosten verbleibt, in die Erweiterung<br />

des Unternehmens gesteckt wird,<br />

ist es praktisch ein Automatismus, dass das<br />

Wachstum von Jahr zu Jahr immer steiler<br />

wird und beinahe zur senkrechten Linie<br />

geworden ist. Das Unternehmen zahlt keine<br />

Dividende, dennoch ist sein Erfolg bei den<br />

Teilhabern gigantisch – mit Anleihen, die<br />

mehr als sechs Prozent Zinsen pro Jahr erzielen<br />

und Aktien, die pro Stück deutlich über<br />

2500 Euro kosten und damit zur Weltspitze<br />

der teuersten Wertpapiere gehören. Damit<br />

zeigte Amazon auch, dass seine sehr eigensinnige<br />

Strategie in die richtige Richtung<br />

zielt. Dass es sich absolut bezahlt machen<br />

kann, keinen Spagat zwischen Shareholdern<br />

und Investition einzugehen, sondern alles<br />

auf eine Karte zu setzen. Der Erfolg gibt Bezos<br />

recht: Amazon gehört seit Jahren schon<br />

zu den kostbarsten Unternehmen weltweit.


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S40<br />

Die Lehre, dass Langfristigkeit auch im<br />

eCommerce zählt<br />

Schon 1997 schrieb Jeff Bezos in einem Brief<br />

an seine Shareholder einige Worte, die in der<br />

Retrospektive alles erklären:<br />

„Amazon.com uses the Internet to create<br />

real value for its customers and,<br />

by doing so, hopes to create an enduring<br />

franchise […] It’s all about the<br />

long term. We believe that a fundamental<br />

measure of our success will be<br />

the shareholder value we create over the<br />

long term. This value will be a direct<br />

result of our ability to extend and solidify<br />

our current market leadership position.”<br />

It’s all about the long term – es geht nur um<br />

Langfristigkeit. Dahinter verbirgt sich das<br />

Grundmuster, nach dem Amazon bis heute<br />

operiert und ein weiterer Erfolgsgrund. Als das<br />

Internet seinen Siegeszug begann, und noch<br />

lange Zeit danach, schauten viele nur nach<br />

kurzfristigen Erfolgen, nach dem schnellen<br />

Aufblühen eines neuen Unternehmens, mit<br />

dem klaren Ziel, es zeitnah zu veräußern und<br />

sich als Gründer eine millionenschwere Krone<br />

aufzusetzen.<br />

Bezos dachte anders. Er wollte kein Unternehmen<br />

erschaffen, um es anschließend an den<br />

Meistbietenden zu verhökern. Er wollte ein<br />

langfristiges, gesundes Wachstum, war daran<br />

deutlich mehr interessiert, als möglichst viele<br />

Menschen reich zu machen – dass er selbst<br />

derzeit an Platz 2 der reichsten Personen hinter<br />

Elon Musk steht, hat er genau dieser Denkund<br />

Handlungsweise zu verdanken: Am Steuer<br />

bleiben, investieren, das eigene Start-Up<br />

groß machen. Damit zeigte Amazon, dass es<br />

auch in der rasend schnelllebigen digitalen<br />

Welt Erfolg bringen kann, nicht in Monaten<br />

oder Jahren, sondern Jahrzehnten zu denken<br />

und zu handeln.<br />

Ein Triebmotor in Sachen Digitalisierung<br />

Als Amazon.com im Oktober 1995 online ging,<br />

war das World Wide Web seit gerade einmal<br />

zwei Jahren vom CERN für die weltweite<br />

Nutzung freigegeben.<br />

Dementsprechend existierten Ende 1995<br />

lediglich knapp 24.000 Websites (heute<br />

sind es 1,8 Milliarden). Allein schon deshalb<br />

gebührt Amazon die Ehre eines Early Adopters.<br />

Allerdings sind dies nicht die einzigen<br />

Meriten, die das Unternehmen sich<br />

rund um die Digitalisierung verdient hat:<br />

• Das frühe Aufzeigen, dass ein Unternehmen<br />

allein in der digitalen Welt bestehen kann,<br />

dass es keine analogen Ableger mit Ladengeschäften<br />

benötigt.<br />

• Der Nachweis, dass dank Automatisierung<br />

und digitalisierungsgestützter Vereinfachung<br />

sowohl für den Kunden wie den Gewerbetreibenden<br />

zahllose Verbesserungen möglich<br />

sind.<br />

• Die Implementierung von neuen oder fundamental<br />

anders gedachten digitalen Vertriebsmodellen<br />

wie den Dash Buttons, dem<br />

Kindle Tablet oder dem Fire TV.<br />

• Der Vorgabe, wie eine den Kunden bevorteilende<br />

Shop-Website und die dahinterstehende<br />

Customer Journey aufgebaut sein<br />

müssen.<br />

Amazon machte in seinen Logistikzentren vor,<br />

wie KI und Robotik integriert werden können.<br />

Das Unternehmen peitscht zudem regelrecht<br />

Drohnentechnik voran, um diese auch ohne<br />

menschliche Steuerung so zuverlässig wie<br />

möglich zu machen.<br />

Tatsächlich gibt es praktisch keinen Teilbereich<br />

der Digitalisierung, an dem Amazon<br />

keine Teilhabe hätte – wie gesagt, nicht nur<br />

deshalb, weil das Unternehmen einfach sehr<br />

früh loslegte.<br />

Entwicklungshelfer, Lehrmeister der Logistik<br />

Warum entwickelt sich der Mensch weiter?<br />

Weil es immer jemanden gab, gibt und geben<br />

wird, der den Status quo nicht akzeptiert.<br />

Auch Jeff Bezos gehört zu dieser Kategorie.<br />

Als er loslegte, glaubten die meisten Logistiker,<br />

dass es unmöglich sei, Waren rascher als<br />

binnen mehrerer Tage zum Kunden zu befördern<br />

– und dass es für ein Unternehmen<br />

völlig unbeherrschbar sei, deutlich mehr als


höchstens einige Tausend unterschiedliche<br />

Produkte zu bevorraten. Dann befand Bezos,<br />

dass dieser Status quo inakzeptabel sei. In der<br />

Folge justierte Amazon so lange, bis sein Warenangebot<br />

von Jahr zu Jahr stieg – aktuell<br />

verkauft Amazon alleine rund 12 Millionen unterschiedliche<br />

Produkte; werden die Marketplace-Verkäufer<br />

einbezogen, sind es sogar<br />

350 Millionen. 2005 wurde zudem die Welt der<br />

Lieferzeiten auf den Kopf gestellt. Amazon<br />

lancierte seinen Prime-Service und garantierte<br />

für sehr viele seiner Produkte eine Lieferzeit<br />

von maximal zwei Tagen. Heute existiert mit<br />

Prime Now sogar eine Lieferung binnen zwei<br />

Stunden.<br />

Amazon konnte das deshalb, weil das Unternehmen<br />

selbst einen gewichtigen Teil seiner<br />

Umsätze in die Forschungswaagschale warf<br />

und Logistikprozesse so lange optimierte, bis<br />

sie passten. Nachdem man erkannt hatte,<br />

dass nicht jeder Logistikbetrieb in jedem Land<br />

mithalten konnte, begann Amazon selbst,<br />

immer mehr Logistikteilbereiche aufzukaufen<br />

und selbst zu übernehmen: Eigene Packstationen,<br />

eigene Warehouse-Robotik, eigene<br />

Lieferfahrzeuge und aktuell eine immer größere<br />

Flotte eigener Frachtflugzeuge.<br />

Allerdings wirft dieses Vorgehen, so vorteilhaft<br />

es für Kunden auch ist, bereits einen Schatten<br />

auf den Namen – denn Amazon tendiert laut<br />

Kritikern immer stärker dazu, alles, was seine<br />

Taktvorgaben nicht erfüllen kann, früher oder<br />

später in Eigenregie zu erledigen:<br />

„Letztendlich ist es aber nur eine Frage der<br />

Zeit, bis Amazons Paketvolumen so groß<br />

ist, dass man die Zustellung komplett in<br />

die eigene Hand nehmen und damit Geld<br />

verdienen kann. So wie mit allen anderen<br />

Dingen auch, die Amazon bislang anfasste.<br />

Wenn man jedoch die IT günstiger betreiben<br />

kann als Konkurrenten, die Logistik in<br />

die eigene Hand nimmt, die Warenhäuser<br />

mit eigener Roboter-Technik ausstatten und<br />

bei Zulieferer dank schierer Marktmacht<br />

große Rabatte aushandeln kann, welche<br />

Wettbewerbsvorteile könnten dann noch<br />

Konkurrenten ausbilden?“<br />

Goldstandard in Sachen Kundenfreundlichkeit<br />

und User Experience<br />

Bevor die DSGVO eingeführt wurde, war es<br />

bei vielen Onlinehändlern Usus, die Kunden<br />

durch eine regelrechte Spießroute von Eingabezeilen<br />

zu schleusen, bevor es ihnen „gestattet“<br />

wurde, den Kauf abzuschließen. Bis<br />

heute schrecken viele Händler mit weiteren<br />

Praktiken ab:<br />

• Unübersichtliche Seiten<br />

• Limitierte Zahlungsmöglichkeiten<br />

• Unkomfortabler Umtausch bzw. Rückgabe<br />

• Mangelhafte Produktbeschreibungen<br />

Zugegeben, auch bei Amazon ist in dieser<br />

Hinsicht nicht alles Gold – vor allem, was die<br />

oft schlecht übersetzten Produktbeschreibungen<br />

bei Marketplace-Verkäufern anbelangt.<br />

Dennoch muss man sich beinahe fragen, warum<br />

viele Unternehmen trotz dieser eklatanten<br />

Mängel noch bestehen.<br />

Denn Amazon markiert für viele schon seit<br />

Jahrzehnten den Goldstandard dessen, was<br />

B2C-Onlinehandel ausmacht. Auch hierhinter<br />

steckt die Neigung des Unternehmens, seine<br />

Prozesse aufs Feinste auszutarieren bis sie für<br />

den Kunden so komfortabel sind, wie es gegenwärtig<br />

überhaupt möglich ist.<br />

Egal ob es Retouren sind, der Kontakt bei<br />

Problemen oder die möglichen Zahlungsweisen:<br />

Amazon fährt eine konsequente Politik,<br />

wonach der Kunde nicht nur König ist,<br />

sondern eher wie ein Kaiser behandelt wird.<br />

Hinzu kommt, dass dies auch den Marketplace-Verkäufern<br />

hilft. Sie können Amazons<br />

logistische Infrastruktur benutzen, müssen sich<br />

selbst nur noch um wenig kümmern. Das kostet<br />

zwar, sorgt aber auch dafür, dass große<br />

Stücke des Umsatzkuchens bei diesen Händlern<br />

ankommen.<br />

Amazon: Ein Blick auf die dunkle Seite<br />

Dass Amazon fraglos einiges geleistet hat,<br />

wurde bewiesen. Allerdings wurde dies alles<br />

nach Ansicht vieler Kritiker entweder zulasten<br />

anderer erreicht oder sorgte dafür, dass<br />

es sich anderweitig negativ auswirkt. Wo viel<br />

Licht ist, ist meist auch viel Schatten. Dies<br />

gilt auch bei dem ansonsten so strahlenden<br />

Handelsriesen.


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S42<br />

Die gefährliche Monopolstellung<br />

Über alle Jahre dieses Jahrtausends zieht sich<br />

ein roter Faden durch die digitale Nachrichtenwelt:<br />

Amazon als Monopolist. Zunächst<br />

wurde davor gewarnt, seit einigen Jahren nur<br />

noch kritisiert.<br />

„Das Ausmaß von Amazons Imperium ist<br />

atemberaubend. Diese Woche teilte das<br />

Unternehmen mit, dass Drittanbieter in<br />

den USA zwischen Thanksgiving und Neujahr<br />

mehr als eine Milliarde Produkte über<br />

den Amazon-Marktplatz verkauft haben.<br />

Der Konzern ist nicht mehr nur ein Online-<br />

Händler, sondern eine eigenständige Volkswirtschaft:<br />

[…]“<br />

Tatsache ist, dass Amazon in vielen Ländern<br />

einen Löwenanteil des eCommerce ausmacht.<br />

2019 beispielsweise machte Amazon<br />

hierzulande mit physischen Waren knapp<br />

10,5 Milliarden Euro Umsatz und somit mehr,<br />

als die restlichen Händler der Top-Ten zusammengenommen.<br />

Mittlerweile gehen Experten<br />

sogar davon aus, dass mehr als die Hälfte aller<br />

deutschen Onlinekäufe via Amazon getätigt<br />

wird – in vielen anderen Ländern sieht es<br />

ähnlich oder sogar noch dramatischer aus.<br />

Selbst unter Einbeziehung der Tatsache, dass<br />

hinter Amazon noch zigtausende Marketplace-Verkäufer<br />

stehen, attestieren Kritiker<br />

ein sehr machtvolles Monopol – zumal Amazon<br />

durch seine verschiedensten weiteren<br />

Vertriebsmodelle auch in weiteren Sektoren<br />

eine beherrschende Stellung innehat.<br />

Kritisiert wird vor allem, dass dies für den Pluralismus<br />

von eCommerce und digitalen Services<br />

definitiv kein Vorteil sei. Dabei kommt<br />

die Kritik nicht nur von Händlern, sondern<br />

auch anderen Größen der digitalen Welt.<br />

Der Aufbau einer eigenen Komplett-Logistik<br />

Schon als Amazon in vielen Ländern den<br />

ansässigen Logistikern seine Vorstellung von<br />

Lieferzeiten, Produktvielfalt und Kosten vorgab,<br />

wurde Kritik laut. Allerdings war dabei<br />

wenigstens eine Teilhabe an diesem riesigen<br />

Erfolg möglich. Durch seine Neigung, immer<br />

mehr Sparten in Eigenregie zu erledigen,<br />

kann sich Amazon jedoch immer besser von<br />

der Notwendigkeit entkoppeln, Dritte zu benötigen.<br />

Das schmeckt vielen nicht: Entweder<br />

durch Aufkauf oder den Aufbau eigener<br />

Wege, entziehe das Unternehmen stückweise<br />

immer mehr Partizipanten ihren Platz an seiner<br />

Seite. Damit würden nicht nur unzähligen<br />

Logistikern die Umsätze geschmälert, sondern<br />

deren Existenz gefährdet – nicht wenige sind<br />

maßgeblich auf Amazon als Auftraggeber<br />

angewiesen, haben zudem beträchtliche Investitionen<br />

deswegen getätigt. Welche Auswirkungen<br />

diese In-House-Konzentration haben<br />

wird, lässt sich kaum abschätzen.<br />

Der Umgang mit Partnern und Händlern<br />

Ebenfalls unter Dauerkritik steht, wie Amazon<br />

mit allen umgeht, die mit dem Unternehmen<br />

zusammenarbeiten.<br />

• Intransparente Verträge<br />

• Haftungsbeschränkungen zuungunsten der<br />

Händler<br />

•.Unbeschränkte und fristlose Sperrungsrechte<br />

gegenüber den Händlern<br />

• Weitgehende Rechteübertragungen<br />

Das sind die Hauptpunkte, die alleine im Rahmen<br />

von kartellrechtlichen Ermittlungen des<br />

Bundeskartellamtes kritisiert, jedoch zusammen<br />

mit anderen Punkten von Amazon abgeändert<br />

wurden. Dennoch steht Amazon<br />

weiterhin von verschiedenen Seiten wegen<br />

seiner Praktiken gegenüber Partnern und<br />

Händlern unter Beschuss. Sie alle aufzuzählen,<br />

würde den Rahmen dieses Kapitels jedoch<br />

sprengen.<br />

Das Arbeitsklima<br />

Dass Amazon als ur-amerikanisches Unternehmen<br />

eine amerikanische Arbeitskultur<br />

betreiben würde, wurde bereits früh kritisiert.<br />

So dauerte es beispielsweise bis 2020, bis in einem<br />

Logistikzentrum in Alabama der erste Betriebsrat<br />

gewählt werden konnte – allerdings<br />

auch erst nach behördlichem Druck.<br />

Deutlich lauter wird jedoch angeprangert,<br />

dass der Handelsriese auch versuche, diese<br />

amerikanischen Praktiken in anderen Nationen<br />

durchzusetzen. Und obwohl der Versandhändler<br />

hierzulande zwar schon seit einigen<br />

Jahren Betriebsräte und Gewerkschaftsmitgliedschaften<br />

zulässt, so weigert er sich doch


is dato, einen Tarifvertrag als Einzelhändler<br />

zu unterzeichnen – trotz diverser Proteste und<br />

Arbeitsniederlegungen. Auch zu den Arbeitsbedingungen<br />

sind die Kritiken zahlreich. Kompakt<br />

zusammengefasst zeigt dies ein Papier,<br />

welches die Gewerkschaft Verdi zusammengestellt<br />

hat:<br />

„Die Kritik an Amazons Geschäftspraktiken<br />

ist umfangreich: Tarifflucht, Dumping-Löhne,<br />

Gewerkschaftsfeindseligkeit, Marktmissbrauch,<br />

Preisdiktate, Verkaufsbehinderung,<br />

Steuervermeidung und Überwachung sind<br />

nur einige Punkte. Nicht nur in Deutschland<br />

steht zudem der Umgang Amazons<br />

mit seinen Beschäftigten in der Kritik. Hoher<br />

Leistungsdruck, untertarifliche Bezahlung,<br />

Überwachung und ein gewerkschaftsfeindliches<br />

Verhalten werden moniert. Jüngst<br />

kam ans Licht, wonach der Konzern in den<br />

USA nach Geheimdienstmitarbeiter*innen<br />

suchte, die die gewerkschaftliche Organisierung<br />

verhindern sollten. Und ein neuer<br />

Bericht schildert im Detail, wie derselbe<br />

Zweck durch permanente Videoüberwachung<br />

und Kontrolle verfolgt wird. Amazon<br />

dementierte. […]<br />

ver.di streikt seit mehr als sieben Jahren für<br />

die Anerkennung des Flächentarifvertrages<br />

des Einzel- und Versandhandels. Amazon<br />

lehnt dies mit der Behauptung ab, kein<br />

Einzelhändler, sondern ein Logistiker zu sein.<br />

Einer tariflichen Vereinbarung in der Logistik<br />

verweigert sich das Unternehmen allerdings<br />

auch.“<br />

Weitere, ständig aktualisierte Kritiken listet zudem<br />

der Amazon Watchblog, der in Deutschland<br />

vom Händlerbund betrieben wird, der<br />

sich als Interessenvertretung des deutschen<br />

eCommerce versteht.<br />

das Unternehmen von der US-Flugaufsichtsbehörde<br />

FAA die Genehmigung, seine schon<br />

seit Jahren entwickelte Flotte von Lieferdrohnen<br />

auch ohne ständigen Sichtkontakt zum<br />

Piloten zu betreiben.<br />

Aus Sicht der Digitaltechnik sind dies alles bemerkenswerte<br />

Meilensteine. Das Problem jedoch,<br />

welches Kritiker sehen, ist, was Amazon<br />

damit bezwecken könnte. Bislang setzte das<br />

Unternehmen all diese Technologien ein, um<br />

seine menschlichen Mitarbeiter zu unterstützen.<br />

Doch wenn die Lagerroboter selbst immer<br />

intelligenter werden, dann könnten Kommissionierer<br />

überflüssig werden. Und wenn<br />

die Drohnen Pakete binnen weniger Minuten<br />

ausliefern, wird auch ein Heer von Auslieferungsfahrern<br />

keine Daseinsberechtigung<br />

haben. Hier sehen viele die Gefahr, dass Amazon<br />

versucht sein könnte, sich in der nächsten<br />

Zeit immer unabhängiger von menschlichen<br />

Mitarbeitern, deren arbeitsrechtlichen Forderungen<br />

und regelmäßigen Gehältern zu<br />

machen.<br />

Zusammenfassung und Fazit<br />

Für die einen ist Amazon die Personifizierung<br />

von allem, was eCommerce ausmacht – und<br />

für manche auch der einzige digitale Shop,<br />

den sie benötigen. Für andere hingegen<br />

ist Amazon die Verkörperung eines riesigen<br />

Monopolisten, der nicht nur Konkurrenten beiseiteräumt,<br />

sondern auch vielen die Luft zum<br />

Atmen nimmt, die gar keine Konkurrenten<br />

sind. Bewerten muss jeder dieses Unternehmen<br />

für sich allein. Fakt ist jedoch, dass der<br />

„kleine Buchhändler aus Seattle“ die Welt verändert<br />

hat, wie kaum ein anderes Einzelunternehmen<br />

jemals zuvor. Dafür muss man nicht<br />

unbedingt Lobeshymnen singen, aber zumindest<br />

einen geschäftlichen Respekt zollen.<br />

(RED)<br />

Die zunehmende „Roboterisierung“<br />

2012 bezahlte Amazon eine Dreiviertelmilliarde<br />

Dollar, um den Lagerroboterhersteller<br />

Kiva Systems zu kaufen. Seitdem fertigt das<br />

Unternehmen eigene Roboter. 2019 folgte<br />

der Kauf eines weiteren Roboterspezialisten,<br />

diesmal Canvas Technology. 2020 bekam


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S44<br />

China nach Covid-19: Pandemie<br />

verändert Logistikprozesse<br />

Die Coronavirus-Pandemie hat bereits den Einsatz von Smart Logistics-Technologien<br />

in China beschleunigt. Viele Logistiker setzen auf KI, Big Data, Cloud<br />

Computing, Blockchain und integrierte Logistikplattformen. Die Notfall-Logistik für<br />

Krisensituationen wird effizienter gestaltet. REDAKTION: DIRK RUPPIK<br />

DIRK RUPPIK<br />

JOURNALIST<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Automatisches Smart<br />

Logistics Centre „Asia<br />

One“ von JD in Shanghai<br />

(Quelle: JD.com)<br />

Der Ausbruch von Covid-19 im November<br />

2019 hat im Land der<br />

Mitte besonders in der Lockdown-<br />

Phase zu großen Beeinträchtigungen<br />

im Bereich der Produktion von Gütern,<br />

des Warenverkehrs und der Logistik geführt.<br />

Auswirkungen der Pandemie im Frühjahr 2019<br />

Laut der Industrial Analytics Plattform der United<br />

Nations Industrial Development Organization<br />

(UNIDO) schrumpfte die Industrieproduktion<br />

durch die Corona-Maßnahmen in<br />

China im Januar und Februar 2020 um -13,5<br />

Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die chinesischen<br />

Exporte sanken im gleichen Zeitraum<br />

um -17,2 Prozent gegenüber 2019. Nicht einmal<br />

während des SARS-Ausbruchs in 2002/<br />

2003 und der Finanzkrise in 2008/ 2009 wurde<br />

ein so extremer Abfall verzeichnet. Allerdings<br />

nahm die Industrieproduktion im April schon<br />

wieder um +3,9 Prozent zu und erreichte im<br />

Dezember 2020 +7,3 Prozent (Bild 1). Durch<br />

die Pandemie-Maßnahmen wurden Lieferketten<br />

zerrissen, weltweit Häfen, der Seeverkehr<br />

und der Personenflugverkehr nahezu<br />

lahmgelegt. Gemäß dem amerikanischen<br />

Journal of Commerce (JOC) wurde im März<br />

2020 durch die Reisebeschränkungen fast die<br />

Hälfte des verfügbaren Luftfrachtvolumens<br />

auf den Trans-Pazifik-, China-Europa- und Europa-Nordamerika-Hauptstrecken<br />

eliminiert.<br />

Zudem stiegen die Luftfrachtpreise stark. Die<br />

Waren kamen zwar noch auf den Umschlagplätzen<br />

in Chinas Häfen an, wurden von dort<br />

aber aufgrund mangelnder Kapazitäten<br />

nicht mehr weiterbefördert. Aufgrund geschlossener<br />

Provinzgrenzen konnten teilweise<br />

Güter von den Fabriken nicht zu den Häfen<br />

befördert werden. In den Fabriken fehlten<br />

220 Millionen Wanderarbeiter, die nach dem<br />

chinesischen Neujahr nicht in die Fabriken zurückkehren<br />

konnten.<br />

Fünf Hauptauswirkungen auf die Logistik<br />

In der Logistik konnten fünf Hauptauswirkungen<br />

der Pandemie beobachtet werden:<br />

ein scharfer Abfall der Logistiknachfrage,<br />

Knappheit an Transportkapazität, die Unterbrechung<br />

des Logistiknetzwerkes, Veränderungen<br />

im Service, Zuwachs bei den Betriebskosten<br />

und der Zahl der verlusteinfahrenden<br />

Unternehmen. Laut der China Federation of<br />

Logistics and Purchasing (CFLP,1) schrumpfte<br />

das Frachtvolumen in der Logistik durch den<br />

Lockdown im Januar/ Februar 2020 um19,8<br />

Prozent gegenüber der Vorjahresperiode auf<br />

4,5 Milliarden Tonnen. Das Frachtvolumen auf<br />

der Straße nahm um -24,8 Prozent ab, wobei<br />

es auf Wasserwegen um -14,8 Prozent fiel.<br />

Gleichzeitig schrumpfte das Luftfrachtvolumen<br />

um -13,8 Prozent, während das Schienenfrachtvolumen<br />

um +1,4 Prozent zunahm.<br />

Die zur Verfügung stehende Transportkapazität<br />

kontrahierte aufgrund des Lockdowns,<br />

Straßensperrungen und fehlenden Arbeitern<br />

in der Logistikindustrie extrem. Aus den gleichen<br />

Gründen brach das Logistiknetzwerk<br />

zusammen. Bei einer Umfrage der CFLP gaben<br />

74 Prozent der befragten 100 Logistikmanager<br />

an, dass durch die Verkehrsbeschränkungen<br />

in der Lockdown-Phase keine<br />

pünktlichen Transportservices durchgeführt<br />

werden konnten. Zudem kamen Unterschiede<br />

in den lokalen Beschränkungen der Transportservices.<br />

Aufgrund des geänderten Konsumverhaltens<br />

und der Verlagerung hin zu<br />

E-Commerce-Plattformen mussten sich die<br />

angebotenen Logistikdienste ebenso anpassen.<br />

Ein Beispiel ist die kontaktlose Lieferung<br />

durch Lieferroboter oder das Abstellen der<br />

Waren an bestimmten Übergabepunkten.<br />

Durch die Knappheit an Fahrern, gestiegenen<br />

Betriebskosten (Desinfektion, ermöglichen<br />

der kontaktlosen Lieferung) und der erhöh-


ten Transportkosten durch die Planungsunsicherheit<br />

bei den Transportwegen, stiegen<br />

die Logistikkosten signifikant. Eine große Zahl<br />

der chinesischen Logistik- und Transportunternehmen<br />

erlitt im ersten Quartal 2020 Verluste.<br />

51,7 Prozent der befragten Unternehmen fuhren<br />

ein Minus ein. Durch die Pandemie, Lockdowns<br />

und andere Corona-Maßnahmen<br />

wurden einige Logistikunternehmen stark in<br />

Mitleidenschaft gezogen und mussten fusionieren<br />

oder Operationen mit anderen Unternehmen<br />

zusammenlegen.<br />

Entwicklung der chinesischen Logistikindustrie<br />

nach Covid-19<br />

Der Einsatz von Smart Technologies und die<br />

gleichzeitige Unterstützung durch die angepasste<br />

Regierungspolitik half die großen<br />

Schwierigkeiten im Logistikbetrieb in der<br />

Lockdown-Phase zu überwinden. In der Post-<br />

Covid-Ära wird sich die Logistikindustrie im<br />

Land der Mitte hauptsächlich aufgrund von<br />

drei Aspekten weiterentwickeln. Die treibenden<br />

Kräfte sind ein Nachfrageüberhang, der<br />

Technologieschub durch Smart Logistics-Anwendungen<br />

und eine aktive Förderungspolitik<br />

der chinesischen Regierung. Auch wenn<br />

die Pandemie große Zerstörungen in der<br />

chinesischen Logistikindustrie angerichtet<br />

hat, bietet sie ebenso große Chancen für<br />

Innovationen und Transformationen. Die Erholung<br />

der internationalen und nationalen<br />

Nachfrage wird graduell zur Genesung des<br />

Logistiksektors im Lande führen. Zunächst<br />

spielt dabei die innerchinesische Nachfrage<br />

die größte Rolle. Der chinesische Inlandsmarkt<br />

und die Kaufkraft der Konsumenten sind in<br />

den letzten Jahren stark gestiegen. Da viele<br />

internationale Märkte von Grenzschließungen<br />

und Lockdowns betroffen sind, wird hier der<br />

Aufschwung noch auf sich warten lassen. Im<br />

Land der Mitte hat sich die sogenannte Smart<br />

Logistics zu einem treibenden Faktor bei der<br />

Transformation der Logistikindustrie entwickelt.<br />

Smart Logistics ist ein Kernelement der Digitalisierung<br />

in der industriellen Wertschöpfung,<br />

wie sie durch das Konzept Industrie 4.0 beschrieben<br />

wird. Sie basiert auf agilen Kooperations-netzwerken<br />

sowie einer organisatorischen<br />

und informatorischen Vernetzung und<br />

ermöglicht intelligente und schlanke Lieferketten.<br />

Die intelligente Steuerung von Supply<br />

Chains ist eine wesentliche Voraussetzung für<br />

die Erschließung der Potenziale neuer digitaler<br />

Technologien (2). Drohnen, intelligente<br />

Paketstationen, Big Data, Cloud Computing,<br />

Blockchain und Künstliche Intelligenz (KI) sind<br />

bereits Schlüsseltechnologien, die in der Logistikindustrie<br />

in China eingesetzt werden.<br />

Die Vorteile der intelligenten Logistik haben<br />

sich während der Covid-19-Pandemie bei<br />

der schnellen Anpassung von Versorgungsketten<br />

an das veränderte Konsumverhalten,<br />

knappe Kapazitäten, veränderte Transportmodi<br />

bzw. -wege und Preise gezeigt. Der Internethändler<br />

JD.Com setzt bereits 28 Smart


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S46<br />

Industrieproduktion in<br />

China in 2020 (Quelle:<br />

National Bureau of<br />

Statistics China)<br />

Literatur:<br />

Logistics Centres (Asia One, Bild 2), die zu 90<br />

Prozent automatisiert betrieben werden, ein.<br />

Die automatisierten Logistikzentren sparen Arbeitskräfte<br />

und damit Löhne ein und sind dreimal<br />

effizienter als herkömmliche Lagerhäuser.<br />

Auch Alibaba bzw. Cainiao betreibt ein „unbemanntes“<br />

roboterbetriebenes Lagerhaus<br />

mit der Bezeichnung „Wuxi warehouse“.<br />

Das Smart Logistic Network von Cainiao Logistics<br />

basiert auf KI und dem Internet der<br />

Dinge (IdD). Es soll mithilfe von 100 Millionen<br />

intelligenten Endgeräten wie z. B. Fahrerlosen<br />

Transportsystemen (FTS) Inlandslieferungen<br />

innerhalb von 24 h und internationale Expresszulieferungen<br />

innerhalb von 72 h ermöglichen.<br />

Im Juni letzten Jahres erklärte Cainiao<br />

(3), dass die Anzahl der gecharterten Frachtflüge<br />

nahezu verfünffacht (Ziel: Halbierung<br />

der Transferzeit) und die internationale Lagerhausfläche<br />

auf zwei Millionen m² innerhalb<br />

von drei Jahren verdoppelt werden soll, um<br />

diese Ziele zu erreichen.<br />

1 Weihua Liu , Yanjie Liang , Xing Bao , Juanjuan Qin & Ming K. Lim (2020):<br />

China's logistics development trends in the post COVID-19 era, International Journal<br />

of Logistics Research and Applications, DOI: 10.1080/13675567.2020.1837760<br />

10.1080/13675567.2020.1837760<br />

2 Zsifkovits Helmut, Woschank Manuel, Smart Logistics – Technologiekonzepte und<br />

Potentiale, Smart Logistics – Technology Concepts and Potentials, BHM Berg- und<br />

Hüttenmännische Monatshefte volume 164, pages42–45(2019)<br />

3 Cainiao Smart Logistics Network shaves off delivery times with new investments in<br />

global logistics infrastructure, AJOT, 24 Juni 2020<br />

10.1080/13675567.2020.1837760<br />

2 Zsifkovits Helmut, Woschank Manuel, Smart Logistics – Technologiekonzepte und<br />

Potentiale, Smart Logistics – Technology Concepts and Potentials, BHM Berg- und<br />

Hüttenmännische Monatshefte volume 164, pages42–45(2019)<br />

3 Cainiao Smart Logistics Network shaves off delivery times with new investments in<br />

global logistics infrastructure, AJOT, 24 Juni 2020<br />

Der genannte Ausbau und die Zusammenarbeit<br />

mit Zollabfertigungs-Einrichtungen sowie<br />

das Bevoraten von Produkten kleinerer Händler<br />

in Lagerhäusern soll Internationale Lieferungen<br />

in 100 ausländische Städte innerhalb<br />

von 72 h ermöglichen. Zudem sollen 30000<br />

Postabholzentren in verschiedenen chinesischen<br />

Städten entstehen, die u. a. auch das<br />

kontaktlose Versenden von Paketen und Briefen<br />

ermöglichen sollen. Seit 2013 hat sich der<br />

Wert des chinesischen Smart Logistics-Marktes<br />

von 145,2 Milliarden (18,7 Milliarden Euro) auf<br />

63,3 Milliarden Euro in 2019 erhöht. Während<br />

der Pandemie investieren viele Unternehmen<br />

und auch Logistiker in BIG Data, KI, 5G und<br />

andere Technologien, um die Betriebseffizienz<br />

im Krisenfall zu stärken.<br />

Auch wenn sich der Logistics Performace Index<br />

der Weltbank für China von Platz 28 in<br />

2014 auf Platz 26 in 2018 verbessert hat, muss<br />

die Regierung die Effizienz des Logistiksystem<br />

verstärkt durch eine bessere Regierungspolitik<br />

und mehr gesetzliche Regelungen fördern.<br />

Aus dem Arbeitsbericht der Regierung von<br />

Mai 2020 geht hervor, dass verstärkt in die Implementierung<br />

eines neuen Infrastruktur-Bauprojekts<br />

investiert werden soll und dass die<br />

Logistikindustrie im Land der Mitte in ein neues<br />

Zeitalter der rasanten Entwicklung eintritt.<br />

Bis 2022 ist geplant, ein neues modernes integriertes<br />

Logistiksystem basierend auf Smart<br />

Logistics-Technologien wie KI, 5G und industriellen<br />

IdD aufzubauen. Zudem hat die National<br />

Development and Reform Commission<br />

(Nationale Kommission für Entwicklung und<br />

Reform) in 2020 begonnen weitere Nationale<br />

Logistikhubs zu bauen. Während dem Covid-19-Ausbruch<br />

spielten sie eine bedeutende<br />

Rolle bei der Verteilung von Notfallgütern.<br />

Zudem stellte sich heraus, dass die Integration<br />

von Unternehmen auf Logistikplattformen zur<br />

Bündelung von Ressourcen wie Transportkapazität,<br />

Versorgungsgüter, etc. beim Kampf<br />

gegen die Pandemie extrem hilfreich ist. Die<br />

Integrierten Logistikplattformen bieten die<br />

Zusammenführung von Nachfrage und Angebot<br />

und andere wertschöpfende Services<br />

und werden von allen größeren Logistikern<br />

aufgebaut werden. Die Pandemie wird daher<br />

auch das Notfall-Logistiksystem Chinas<br />

verändern, das durch integrierte Unternehmensplattformen<br />

und eine klarere Hierarchie<br />

effizienter werden soll. (DR)


Logistikreise für den eCommerce<br />

und Omnichannel-Handel<br />

Die Sehen – Lernen – Netzwerken: Unter diesem Motto startet das Institut des<br />

Interaktiven Handels die nächste „Logistik- reise für den eCommerce- und<br />

OmniChannel-Handel“. BEITRAG: REDAKTION<br />

Nach zwei erfolgreichen Logistikreise<br />

mit sehr positiver Resonanz<br />

musste die dritte Reise bedingt<br />

durch die Pandemie verschoben<br />

werden. Vom 15. – 17. Juni <strong>2021</strong> geht es nun<br />

wieder los von Leipzig über Berlin nach Magdeburg<br />

– Ein logistisches Programm mit einem<br />

hohen Grad an Informationen und Erkenntnissen<br />

aus diversen logistischen Abläufen im<br />

Live-Betrieb und einem intensiven Erfahrungsaustausch.<br />

Ein hoher Gesundheitsschutz und die Sicherheit<br />

während dieser Reise werden höchste<br />

Priorität haben. Daher hat das IDIH einen professionellen<br />

Kongress- und Veranstaltungs-service<br />

beauftragt, um die zu diesem Zeitpunkt<br />

geltenden Regeln und Erlasse zum Umgang<br />

mit SARS-CoV-2 sicherzustellen. Selbstverständlich<br />

gelten während der gesamten Fahrt<br />

und auch in den besuchten Unternehmen die<br />

obligatorischen Hygiene- und Abstandsregeln.<br />

Insgesamt 8 Stationen aus dem E-Commerce-,<br />

OmniChannel und Logistikumfeld<br />

stehen in den 3 Tagen auf dem Programm.<br />

Ob B2B, B2C, manueller Lagerbetrieb, Automatisierung<br />

oder auch Robotik - alles ist dabei.<br />

So besuchen die Logistikexperten die<br />

Betriebe von BMW, MakroSolutions, Fressnapf/Avarto,<br />

Mister Spex, Versandapotheke<br />

Aponeo, eComLogistik und das Logistikzentrum<br />

der OTTO-Group. Abgerundet wird die<br />

Tour durch Fachvorträge während der Busfahrten<br />

zwischen den einzelnen Stationen sowie<br />

durch den abendlichen Erfahrungsaustausch<br />

und Fachsimpeln unter den Reisekolleginnen<br />

und -kollegen. Neben den Besichtigungen<br />

wird ein Highlight der abendliche Empfang<br />

in der russischen Botschaft in Berlin, Unter den<br />

Linden sein. Hier bietet sich den Reiseteilnehmern<br />

die Gelegenheit eines Austausches<br />

mit Vertretern der Botschaft, des russischen<br />

Handels- und Wirtschaftsbüros sowie der russischen<br />

Post. Neben Informationen und Vorträgen<br />

zu E-Commerce und Logistik in Russland<br />

sowie den Besonderheiten des grenzüberschreitenden<br />

Verkehrs soll an diesem Abend<br />

auch das Networking nicht zu kurz kommen.<br />

Details der Reise werden präsentiert unter<br />

https://idih.de/ecommerce-logistik-reise-<strong>2021</strong>/<br />

BERND KRATZ<br />

EMA GMBH - EXECUTIVE<br />

MANAGEMENT ADVISORS,<br />

IDIH - INSTITUT<br />

INTERAKTIVEN HANDELS<br />

GMBH<br />

FOUNDER &<br />

SHAREHOLDER


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S48<br />

Reesink Logistic Solutions expandiert<br />

nach Polen und Österreich<br />

Reesink Logistic Solutions (RLS) ist einer der führenden Integratoren von Lagerlösungen<br />

in Europa. Nachdem RLS im Dezember letzten Jahres seine beiden<br />

Hauptgesellschaften unter neuem Namen auf den Markt gebracht hatte, begann<br />

die Organisation mit ihrer europäischen Expansion. So werden heute die<br />

Reesink Logistic Solutions Austria GmbH und die Reesink Logistic Solutions Poland<br />

Sp. z o. o. offiziell als lizenzierte AutoStore-Integratoren für Mittel- und Osteuropa<br />

eingeführt. BEITRAG: REDAKTION<br />

DAS TEAM VON<br />

REESINK LOGISTIC<br />

SOLUTIONS<br />

MARKUS GRABNER<br />

(ÖSTERREICH)<br />

GERT BOSSINK<br />

(NIEDERLANDE)<br />

MACIEJ ORNOWSKI<br />

(PO<strong>LE</strong>N)<br />

AM Logistic Solutions in Deutschland<br />

und Lalesse Logistic Solutions in den<br />

Niederlanden sind Marktführer in<br />

der Integration von AutoStore-Systemen<br />

mit einem Marktanteil von 50 % in der<br />

DACH-Region und 40 % im Bereich Benelux.<br />

Durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen<br />

ist ein noch stärkerer Anbieter von<br />

Lagerlösungen insbesondere für den schnelllebigen<br />

Einzelhandelsmarkt entstanden.<br />

„Diese Expansion ist eine natürliche Entwicklung<br />

für uns. Wir versuchen, flexibel für die<br />

Bedürfnisse des Marktes zu bleiben. Deshalb<br />

scheint die Expansion nach Polen und Österreich<br />

ein richtiger nächster Schritt zu sein,<br />

sowohl für unser Geschäft, als auch, was am<br />

wichtigsten ist, für das unserer potenziellen<br />

Kunden in diesen neuen Märkten“, so Gert<br />

Bossink, Division Director von Reesink Logistic<br />

Solutions.<br />

Die aktuellen Entwicklungen in der europäischen<br />

Wirtschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie<br />

haben die bereits genannten „Industrie<br />

4.0“-Ziele noch verstärkt und den Weg für vollautomatisierte<br />

Lager sowie die weitere Digitalisierung<br />

geebnet. Nie zuvor war die Frage<br />

präsenter, wie sich die Auftragserfüllung so optimieren<br />

lässt, dass man dem Endverbraucher<br />

Next-Day-Delivery-Dienstleistungen anbieten<br />

kann. Und eine der wirkungsvollsten Lösungen<br />

hierfür ist ein gut funktionierender Materialfluss<br />

im Lager. „Die Erhöhung des Durchsatzes und<br />

der Lagerdichte bei gleichzeitiger Sicherung


des Bestands und optimaler Nutzung von<br />

Zeit und Raum innerhalb des Lagers ist heutzutage<br />

definitiv die größte Herausforderung.<br />

Und die beste Antwort bleibt bis heute das<br />

AutoStore-System, das all diese Probleme<br />

durch Anwendung des Ware-zur-Person-Prinzips<br />

löst. So sind nicht nur die Bestände sicherer,<br />

sondern auch die Mitarbeiter und Lagerprozesse“,<br />

ergänzt Gert Bossink.<br />

Ein starker Anker in Österreich<br />

Deshalb hat sich Reesink Logistic Solutions<br />

dazu entschlossen, seinen Horizont zu erweitern<br />

und sein umfangreiches Know-how auch<br />

in anderen europäischen Ländern zu teilen.<br />

Eine erste und natürliche Wahl war Österreich,<br />

wo Markus Grabner nun Senior Sales<br />

Manager bei Reesink Logistic Solutions Austria<br />

ist. Er hat großes Vertrauen in diese Expansion:<br />

„Ich bin zuversichtlich, dass unsere Verankerung<br />

auf dem österreichischen Markt für Lagerlösungen<br />

die Bestrebungen des Landes in<br />

Sachen Automatisierung und Digitalisierung<br />

beschleunigen wird. Das AutoStore-System<br />

ist auf dem Kleinteilemarkt wirklich unschlagbar.<br />

Aber erst Planung, Aufbau und Wartung<br />

durch einen zuverlässigen und kompetenten<br />

Partner fördern die höchste Effizienz dieses<br />

fantastischen Werkzeugs zutage.“<br />

Der richtige Partner zur richtigen Zeit<br />

Während Österreich die Vorteile eines AutoStore-Systems<br />

für die Kleinteillagerung bereits<br />

zu schätzen weiß, steht dieses Phänomen in<br />

Polen noch in den Startlöchern. Maciej Ornowski,<br />

Geschäftsführer von Reesink Logistic<br />

Solutions Polen: „Polen ist ein Hightech-Land<br />

und die Menschen hier sind sehr begeistert<br />

von technologischen Durchbrüchen, daher<br />

freue ich mich wirklich sehr über den Einstieg<br />

in den polnischen Markt mit dem AutoStore-<br />

System. Dieses Produkt ist technisch tadellos –<br />

intelligent, schnell und einfach skalierbar. Und<br />

die Tatsache, dass der ROI sogar unter vier<br />

Jahren erreicht werden kann, macht es auch<br />

aus geschäftlicher Sicht äußerst attraktiv. Daher<br />

bin ich sehr optimistisch darüber, wie es<br />

der Markt aufnehmen wird.“<br />

Das Team von Reesink Logistic Solutions (von<br />

links nach rechts): Markus Grabner (Österreich),<br />

Gert Bossink (Niederlande), Maciej<br />

Ornowski (Polen)<br />

Über Reesink Logistic Solutions<br />

Reesink Logistic Solutions ist Teil von Royal<br />

Reesink und gehört zu den Top 3 AutoStore-Integratoren<br />

weltweit mit fast 100 erfolgreich<br />

ausgelieferten AutoStore-Projekten. Die<br />

Organisation konzentriert sich auf die Einhaltung<br />

höchster Qualitätsstandards und bringt<br />

gleichzeitig einzigartige Lösungen in jedes<br />

Projekt ein, indem sie eine maßgeschneiderte<br />

Planung und eine ordnungsgemäße Integration<br />

des AutoStore-Systems in jedes Lager<br />

implementiert. Mit fundiertem Wissen und<br />

langjähriger Erfahrung können die RLS-Unternehmen<br />

die Anbindung an jedes beliebige<br />

ERP/WMS-System unterstützen oder ihre eigene<br />

maßgeschneiderte SPS-Software namens<br />

LogiCS implementieren.<br />

Das AutoStore-System wird mit Hilfe dieser<br />

brandneuen und intuitiven LogiCS-Benutzeroberfläche<br />

optimal eingesetzt. Sie revolutioniert<br />

den Markt mit einem frischen Ansatz<br />

und der „Weniger ist mehr“-Philosophie. 24/7<br />

Service und Wartung stehen für alle Kunden<br />

bereit, was die RLS-Unternehmen zu einem<br />

sehr zuverlässigen und jederzeit verfügbaren<br />

Partner macht. Die RLS-Gesellschaften haben<br />

erfolgreiche Projekte für Kunden wie Lufthansa,<br />

Siemens, Bosch Rexroth, UPS, PostNL,<br />

Patrick, L-Shop, Knauf, Campina und Roto<br />

Frank durchgeführt.<br />

Über Royal Reesink<br />

Royal Reesink ist als Händler und Dienstleister<br />

in den Bereichen hochwertige Maschinen,<br />

Komponenten und Dienstleistungen für<br />

die Landwirtschaft, die Landschaftspflege,<br />

den innerbetrieblichen Transport, die Lagerhaltung<br />

und den Tiefbau marktführend. Das<br />

234 Jahre alte niederländische Unternehmen<br />

verfügt über eine solide Basis in den Niederlanden<br />

und eine starke internationale Präsenz<br />

mit 36 Tochtergesellschaften weltweit. (RED)


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S50<br />

Dematic automatisiert Ersatzteillager<br />

von Röthlein Logistik<br />

Schnelle Reaktionszeiten, eine punktgenaue Zustellung rund um die Uhr: Ersatzteillogistik<br />

gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben für einen Logistikdienstleister,<br />

denn sie ist ein wahrer Balanceakt. BEITRAG: REDAKTION<br />

Wenn ein Ersatzteil gebraucht wird, bedeutet<br />

dies beim Landwirt Alarmstufe Rot. Maschinen<br />

stehen still und es kommt zu Betriebsausfällen.<br />

Jede Minute kostet Unternehmen bares Geld.<br />

Daher ist die Lieferung von Ersatzteilen immer<br />

ein Wettlauf gegen die Zeit. Insbesondere in<br />

der Landwirtschaft, die wie kaum eine andere<br />

Branche saisonal geprägt und von äußeren<br />

Bedingungen wie dem Wetter abhängig ist,<br />

können selbst kurze Verzögerungen über Erfolg<br />

oder Misserfolg der Ernte entscheiden.<br />

Punktgenau muss jede Maschine Höchstleistungen<br />

vollbringen. Röthlein Logistik hat es sich<br />

deshalb zur Aufgabe gemacht, Ersatzteile für<br />

die Agrarindustrie möglichst schnell zu liefern.<br />

DEMATIC AUTOMATISIERT<br />

RÖTH<strong>LE</strong>IN LOGISTIK GMBH<br />

Unternehmen müssen stets die Waage<br />

zwischen schnellen Lieferungen<br />

und den Kosten für Lagerung und<br />

Versand der Komponenten halten.<br />

Dieser Herausforderung stellt sich die Röthlein<br />

Logistik GmbH, ein Joint Venture der BayWa<br />

AG und der Schäflein AG. Das Unternehmen<br />

hat sich auf die Ersatzteillogistik in der Landwirtschaft<br />

spezialisiert und liefert – im Notfall<br />

– sogar innerhalb von nur einer Stunde die<br />

benötigten Teile an seine Kunden. Der Logistikdienstleister<br />

hat dafür eine 14.000 Quadratmeter<br />

große Multi-User-Anlage in Röthlein bei<br />

Schweinfurt in Betrieb. Dort lagert das Unternehmen<br />

die Ersatzteile, während es gleichzeitig<br />

sämtliche E-Commerce-Bestellungen<br />

abgewickelt. Damit alle Komponenten innerhalb<br />

kürzester Zeit beim Kunden ankommen,<br />

hat der Intralogistikspezialist Dematic das Logistikzentrum<br />

mit einer maßgeschneiderten<br />

Automatisierungslösung ausgestattet.<br />

Das Sortiment des Logistikdienstleisters reicht<br />

dabei vom grammleichten Ring bis zum<br />

tonnenschweren Mähbalken eines Mähdreschers.<br />

Um die rund 96.000 verschiedenen<br />

Ersatzteile fachgerecht unterzubringen, hat<br />

Röthlein Logistik verschiedenste Lagerarten in<br />

seine Multi-User-Anlage integriert. Den Großteil<br />

nehmen ein Fachbodenlager mit 60.000<br />

Stellplätzen und ein Automatisches Kleinteilelager<br />

(AKL) mit 18.000 Behältern ein. Darüber<br />

hinaus bietet ein Multishuttle-System Platz für<br />

4.560 Behälter, das 10,5 Meter hohe Palettenhochregallager<br />

umfasst 6.000 Stellplätze,<br />

das Wabenlager weitere 10.000. Etwas weniger<br />

groß, aber nicht minder wichtig sind das<br />

Scheibenlager mit 800, ein Kragarmlager mit<br />

200, ein Kabeltrommel- und Ablänglagerregal<br />

mit 32 bzw. 400 Stellplätzen sowie ein Gefahrstofflager<br />

mit 360 Aufnahmepositionen.<br />

Hinzu kommt ein 1.500 Quadratmeter großes<br />

Blocklager.<br />

Automatisierungslösung steigert Warenumschlag<br />

um das Vierfache<br />

Damit der Materialfluss reibungslos ineinander<br />

greift, ist das Logistikzentrum von Röthlein Logistik<br />

umfassend mit Automatisierungstechnik


von Dematic ausgerüstet. Die maßgeschneiderte<br />

Lösung besteht aus einem dreigassigen<br />

Miniload-AKL mit drei Dematic-RapidStore-Regalbediengeräten<br />

zur vierfachtiefen<br />

Behälterein- und Auslagerung. Hinzu kommt<br />

ein Dematic-Multishuttle-System mit 20 Shuttles,<br />

das als Pufferlager dient. Dank ihrer hohen<br />

Geschwindigkeit lagern die Shuttles bis zu<br />

1.200 Artikel pro Stunde ein und aus.<br />

Sechs Ware-zur-Person-Kommissionierplätze,<br />

die mit einem Pick-to-Light-System ausgestattet<br />

sind, und zwölf kombinierte Arbeitsplätze<br />

für den Warenein- und -ausgang komplettieren<br />

die Anlage. Für die Kommissionierung in<br />

den manuell betriebenen Lagerbereichen<br />

hat der Intralogistikspezialist zudem neun<br />

mobile Arbeitsstationen installiert. Verbindendes<br />

Element zu den Lagern ist die automatisierte<br />

Fördertechnik Dematic Modular<br />

Conveyor System (MCS). „Mit der Automatisierungslösung<br />

von Dematic haben wir unseren<br />

Warenumschlag um das Vierfache gesteigert“,<br />

bilanziert Michael Hunstock, Leiter<br />

des Logistikzentrums von Röthlein Logistik.<br />

Im Wareneingang werden pro Tag heute<br />

durchschnittlich 1.000 Positionen abgewickelt,<br />

im Warenausgang sogar 5.900. Zuvor<br />

liefen viele Prozesse manuell ab – zum Beispiel<br />

in zwei Außenlagern in Schweinfurt, die<br />

Röthlein Logistik nun in die Multi-User-Anlage<br />

integriert hat.<br />

Service überzeugt<br />

Einer der Hauptgründe für die Automatisierung<br />

des Materialflusses lag laut Hunstock<br />

darin, Ersatzteillieferungen noch schneller<br />

und exakter durchführen zu können.<br />

„Dematic lieferte uns hierfür die komplette<br />

Technik aus einer Hand“, sagt er. „Neben<br />

dem Preis-Leistungs-Verhältnis hat uns vor allem<br />

das umfangreiche und zuverlässige Serviceangebot<br />

von Dematic überzeugt.“ Schließlich<br />

garantiert Röthlein Logistik selbst seinen<br />

Kunden einen 24-Stunden-Service an sieben<br />

Tagen in der Woche. Wer bis 16 Uhr bestellt,<br />

dessen Auftrag verlässt noch am selben Tag<br />

das Logistikzentrum. Bei sogenannten Sammelaufträgen<br />

mit einem größeren Volumen<br />

vereinbart das Unternehmen mit dem Kunden<br />

im Vorfeld einen festen Liefertermin.<br />

„Unsere sofortige Lieferfähigkeit liegt dank<br />

unseres breit gefächerten Lagerbestands<br />

bei 97,8 Prozent“, erzählt Hunstock. „Diese<br />

Kunden- und Serviceorientierung erwarten<br />

wir auch von unseren Dienstleistern – bei Dematic<br />

ist sie garantiert.“<br />

Heute verlassen täglich bis zu 2.230 Versandstücke<br />

das Logistikzentrum in Röthlein. Für die<br />

schnelle Zustellung an den Kunden nutzt der<br />

Ersatzteillogistiker unterschiedliche Wege:<br />

den Nachtexpress-, Speditions- und Paketversand<br />

sowie Kuriere. Auch Selbstabholung ist<br />

möglich. „Dadurch sind wir für jede Anfrage<br />

und jeden Kundenwunsch gewappnet“, sagt<br />

Hunstock.<br />

Software als Wegbereiter für den Erfolg<br />

Dreh- und Angelpunkt für die Leistung der<br />

Automatisierungslösung ist die passende Software.<br />

Bei Röthlein Logistik hat Dematic für<br />

die Steuerung der Anlage und des gesamten<br />

Materialflusses die Software SAP Extended<br />

Warehouse Management (EWM) mit Materialflusssystem<br />

(MFS) installiert, welche ohne<br />

Middleware direkt an die Mechatronik angebunden<br />

ist.


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S52<br />

Alle Automatisierungssysteme sind digital vernetzt.<br />

Für die gesamte Kontrolle und Steuerung<br />

des Auftragsdurchlaufs hat Röthlein Logistik<br />

einen eignen Control Tower. Mithilfe der<br />

Software stellen die Mitarbeiter des Ersatzteillogistikers<br />

dort sicher, dass bei der Lagerung<br />

und dem Transport der Waren alle Prozesse<br />

optimal aufeinander abgestimmt sind. „Unser<br />

Konzept sieht ein proaktives Supply Chain<br />

Management vor“, betont Hunstock. „Die<br />

Softwarelösung von Dematic unterstützt uns<br />

dabei.“ Dafür gibt sie beispielsweise automatisch<br />

Auskunft über die Lagerauslastung und<br />

hilft beim Monitoring sämtlicher intralogistischer<br />

Prozesse.<br />

Expansion mitgedacht<br />

Röthlein Logistik ist auf Wachstum und noch<br />

umfangreicheres Materialhandling vorbereitet:<br />

Denn das Gewerbegebiet in Röthlein,<br />

in dem die Multi-User-Anlage steht, bietet<br />

enormes Expansionspotenzial. In der nächsten<br />

Ausbaustufe ist geplant, das Logistikzentrum<br />

um weitere 9.000 Quadratmeter zu<br />

erweitern. „Dort hätten wir dann die Möglichkeit,<br />

ein Hochregallager zu installieren“,<br />

sagt Hunstock. Bereits im vergangenen Jahr<br />

hat Röthlein Logistik in dem Gewerbegebiet<br />

ein zusätzliches, 10.000 Quadratmeter umfassendes<br />

Reifenlager in Betrieb genommen.<br />

Doch nicht nur flächentechnisch ist das Logistikunternehmen<br />

auf das weitere Wachstum<br />

vorbereitet. Auch die Automatisierungslösungen<br />

von Dematic lassen sich problemlos bei<br />

laufendem Betrieb erweitern. So kann das<br />

AKL beispielsweise mit wenigen Handgriffen<br />

um drei Gassen erweitert werden. „Die Skalierbarkeit<br />

der Dematic-Systeme bietet uns<br />

die Möglichkeit, diese genau auf die Anforderungen<br />

unseres Geschäfts anzupassen“,<br />

resümiert Hunstock. (RED)<br />

Über Dematic:<br />

Dematic ist ein Intralogistik-Innovator, der<br />

intelligente, automatisierte Lösungen für<br />

Fertigungs-, Lager- und Vertriebsumgebungen<br />

entwickelt, baut und betreut. Zum<br />

Kundenstamm gehören einige der weltweit<br />

führenden Marken, die mit Installationen<br />

von Dematic die Zukunft des Handels vorantreiben.<br />

Das globale Dematic Netzwerk<br />

mit Entwicklungszentren, Produktionsstätten<br />

und Servicestandorten mit 10.000 Mitarbeitern<br />

in mehr als 25 Ländern hat mit dazu<br />

beigetragen, mehr als 6.000 Kundeninstallationen<br />

zu realisieren. Dematic mit Sitz in<br />

Atlanta, Georgia, USA, ist ein Unternehmen<br />

der KION Group, einem der weltweit führenden<br />

Anbieter von Flurförderzeugen und<br />

Supply-Chain-Lösungen, sowie ein führender<br />

Anbieter von Lagerautomation.


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S54<br />

Von digital bis nachhaltig. Die sechs<br />

wichtigsten Logistiktrends <strong>2021</strong><br />

In der Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren viel geändert: Stichworte sind<br />

Industrie 4.0 und Handel 4.0. Dazu gehören unter anderem immer kürzere Produktentwicklungszyklen,<br />

die Zunahme von Just-in-Time- und Kleinstserien-Fertigung<br />

sowie ein weiteres Voranschreiten der Arbeitsteilung – über Unternehmensund<br />

Ländergrenzen hinweg. BEITRAG: REDAKTION<br />

ein steter Datenaustausch in Echtzeit, der zeitund<br />

ortsunabhängige Zugriff auf die Informationen<br />

sowie eine hohe Transparenz über alle<br />

Prozessstufen hinweg.<br />

CHRISTOPH TRIEBEN<br />

SAP-CONSULTING<br />

ARVATO<br />

All diese Entwicklungen stellen die<br />

Unternehmenslogistik vor neue<br />

Herausforderungen. Sie muss sich<br />

nahtlos in die Supply Chain mit<br />

ihren immer enger getakteten Schritten integrieren,<br />

hochgradig automatisiert ablaufen<br />

und dabei dem Umwelt- und Klimaschutz<br />

Rechnung tragen. Auch die Logistik befindet<br />

sich in einem fundamentalen Wandel, wie<br />

die folgenden sechs Trends unterstreichen.<br />

Logistik goes digital<br />

Die Digitalisierung sowohl der Lager- als auch<br />

der Transportlogistik ist in vollem Gange –<br />

und wird sich <strong>2021</strong> fortsetzen. Es geht darum,<br />

sämtliche Liefer- und Logistikvorgänge digital<br />

zu steuern, damit sie gleichzeitig flexibler zu<br />

handhaben sind und kosteneffizienter werden.<br />

Die internen und externen Prozessteilnehmer<br />

gilt es, in einer interaktiven Supply Chain miteinander<br />

zu vernetzen, sodass sie bei Bedarf<br />

eingreifen können. Voraussetzung dafür sind<br />

Lohndienstleister auf dem Schirm haben<br />

Subcontracting ist im produzierenden Gewerbe<br />

gang und gäbe. Beispielsweise um Lastspitzen<br />

abzufangen oder um Spezialkompetenzen<br />

des Dienstleisters zu nutzen. Auch hier<br />

kommt es immer mehr darauf an, agiler zu reagieren<br />

und Unterbrechungen zu vermeiden.<br />

Hersteller sind deshalb darauf angewiesen,<br />

alle relevanten Informationen, beispielsweise<br />

die Fertigungsfortschritte beim Lohndienstleister,<br />

in Echtzeit zu erhalten. Etwa, indem man<br />

den Subcontractor über ein cloudbasiertes<br />

Tool in das eigene Logistikmodul einbindet.<br />

Der ökologische Fußabdruck rückt stärker in<br />

den Fokus<br />

Umwelt- und Klimaschutz sind mittlerweile<br />

wichtige Entscheidungskriterien für Kunden.<br />

Unternehmen werden daher ihre Logistikprozesse<br />

nicht nur modernisieren, um Kosten zu<br />

senken, sondern auch, um damit zu werben.<br />

Denn besser aufeinander abgestimmte Transportwege<br />

bedeuten weniger Leerfahrten und<br />

eine optimierte Streckenführung. In der Folge<br />

sinkt die Verkehrsbelastung – die Reduzierung<br />

von Abgasen, CO2-Ausstoß und Energieverbrauch<br />

inklusive.<br />

Mit Logistics Experience punkten<br />

Sehr erfolgreiche Online-Händler zeichnen<br />

sich zumeist durch einen hochwertigen Lieferservice<br />

aus. In ihrem Arbeitsalltag erwarten diese<br />

E-Commerce-Kunden – dann als B2B-Kunden<br />

– zunehmend die gleiche Betreuung in<br />

Form einer optimalen Logistics Experience.


Der smarte Kollege kommt ins Team<br />

Über elektronische Logistikprozesse entstehen<br />

enorme Datenmengen, die sich auf herkömmliche<br />

Weise nicht auswerten lassen. Es<br />

bedarf daher einer Software-Lösung, die auf<br />

KI (künstliche Intelligenz) basiert: Sie ist in der<br />

Lage, in Echtzeit große Datenmengen zu erfassen,<br />

anzureichern sowie zu analysieren.<br />

Zudem erkennen smarte Tools Zusammenhänge<br />

oder Muster in den Daten und liefern<br />

sehr zuverlässige Prognosen für künftige Entwicklungen.<br />

Die Welt der<br />

nachhaltigen<br />

Logistik<br />

Intra- und Transportlogistik verschmelzen<br />

Durch den akkuraten Abgleich beider Bereiche<br />

werden sowohl Produzenten als auch<br />

Handelsunternehmen ihre Lagerbestände<br />

auf das exakt benötigte Maß reduzieren und<br />

die Umschlagsgeschwindigkeit erhöhen. Gehen<br />

nur die genau benötigten Mengen an<br />

Materialien oder Produkten „just in time“ auf<br />

die Reise, dann verschlanken sich die Vorgänge<br />

in der Intralogistik deutlich. Eine Zwischenlagerung<br />

samt den nötigen intralogistischen<br />

Schritten entfällt.<br />

Win-Win-Situation für alle<br />

Die fortschreitende Digitalisierung und die damit<br />

verbundenen Anforderung an Unternehmen<br />

machen vor dem Logistikbereich nicht<br />

halt. Im Gegenteil: Hier bieten die technologischen<br />

Möglichkeiten besonders große Hebel,<br />

um effizienter und nachhaltiger zu wirtschaften.<br />

Diplom-Kaufmann Christoph Tieben arbeitet<br />

seit fast 20 Jahren im SAP-Umfeld. Mehr Informationen<br />

zu den aktuellen Tendenzen hin zu<br />

Logistik 4.0 finden sich in der Checkliste „Die 6<br />

wichtigsten Trends in der modernen Logistik“.<br />

http://bit.ly/3jSV0M2 (RED)<br />

• logistik-express.com<br />

• binnenschiff-journal.at<br />

• umwelt-journal.at<br />

• transportlogistik.business<br />

• ecommerce-logistik.business<br />

• mobilitaet.business<br />

• mylogistics.business<br />

m.jaklitsch@logistik-express.at


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S56<br />

<strong>2021</strong> – European Year of Rail<br />

Das Europäische Jahr der Schiene ist ausgerufen. Gemeint ist wahrscheinlich der<br />

gesamte Bahnverkehr auf der Schiene.<br />

REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />

durch den schwimmenden Christo-Steg kulturelle<br />

Berühmtheit erlangte, fuhr ein Trajekt sogar<br />

bis 1999. Vereinzelt schwimmen Waggons<br />

noch immer über das Wasser – eher auf Meerwasserstraßen<br />

allerdings und weniger auf Binnengewässern.<br />

Der Begriff „Hafenbahnhof“<br />

ist inzwischen aber aus dem allgemeinen<br />

Eisenbahnvokabular verschwunden und die<br />

Binnenschifffahrt ist für die Bahnbetreiber maximal<br />

noch unliebsamer Mitbewerber.<br />

PETER BAUMGARTNER<br />

HERAUSGEBER<br />

BINNENSCHIFF-JOURNAL<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Schade eigentlich, denn ginge es<br />

nur darum, die öffentliche Aufmerksamkeit<br />

auf die Schiene zu lenken,<br />

könnte die Binnenschifffahrt wenigstens<br />

einen kleinen Beitrag zum Gedenkjahr<br />

beisteuern. Wenig bekannt ist nämlich, dass<br />

Binnenschiffer ein besonderes Naheverhältnis<br />

zur Bahn haben und nicht wenige Kapitäne<br />

spielen gerne mit der Modelleisenbahn.<br />

Schienen sind auch quasi die Geburtshelfer<br />

eines jeden Schiffes, wenn es die Werft verlässt<br />

und erstmals vom Stapel läuft. Schiffe,<br />

die auf Schienen fahren, haben auch eine<br />

lange Tradition bei der Überwindung topographischer<br />

Hindernisse. Vereinzelt gibt<br />

es sie heute noch. Größte Aufmerksamkeit<br />

erregte ein „Schiffseisenbahn“-Projekt 1881<br />

das zum Ziel hatte, Schiffe auf Schienen<br />

über den Isthmus von Tehuantepec zu transportieren<br />

und so eine Verbindung zwischen<br />

Pazifik und Golf von Mexiko zu schaffen.<br />

Eine lange Geschichte haben auch Schiffe<br />

mit Schienen, auf denen Waggons über das<br />

Wasser fahren können. Vor über 150 Jahren<br />

gab es zwischen Eisenbahn und Binnenschifffahrt<br />

sogar so etwas, was man heutzutage<br />

strategische Kooperation nennen würde. Zwischen<br />

Friedrichshafen und Romanshorn wurde<br />

die erfolgreiche Trajektschifffahrt erst 1976<br />

eingestellt. Auf dem Iseosee in Italien, der<br />

Dabei hätte die Bahn allen Grund, einen Teil<br />

des Ehrenjahres mit der Binnenschifffahrt zu<br />

teilen, denn die aktuelle Popularität verdankt<br />

die Bahn nicht ihrer Leistung, sondern der<br />

sinnbefreiten Verkehrspolitik. Der Masterplan<br />

Binnenschifffahrt sieht zum Beispiel vor, dass<br />

die Wasserstraße verstärkt für Schwergut- und<br />

Großraumtransporte genutzt werden soll. Das<br />

hindert die Bahn aber nicht daran, parallel<br />

zur Wasserstraße zum Beispiel Windenergieanlagen<br />

zu transportieren. Und voller Stolz berichtet<br />

die Bahn, dass sie in eineinhalb Monaten<br />

schon 1680 Tonnen transportieren konnte<br />

– so viel wie ein einziges Schiff auf derselben<br />

Strecke an einem Tag transportiert. Vielleicht<br />

schaut die Verkehrspolitik da deshalb tatenlos<br />

zu, damit sie immer wieder mit freien Kapazitäten<br />

auf der Wasserstraße werben und<br />

gleichzeitig über Transportzuwachs auf der<br />

Schiene schwadronieren kann.<br />

Seit 2020 ist Sigrid Nikutta bei der DB Cargo<br />

Vorstandsvorsitzende. Ihr Motto für den Job<br />

„Wir fahren alles“ schreit förmlich nach einem<br />

Regulativ, weil offensichtlich der Gesamtüberblick<br />

fehlt, den man auf der obersten Managementebene<br />

erwarten darf. Abgesehen<br />

vom Flugzeug kann man davon ausgehen,<br />

dass die Bahn unter den Landverkehrsträgern<br />

der Mercedes ist. Rechnet man die Subventionen<br />

für die Bahn hinzu, dann sowieso. Würden<br />

Sie mit so einer Limousine Zementsäcke<br />

führen? Nein, denn mit Vernunft gesegnet<br />

sollte man jeden Verkehrsträger das machen<br />

lassen, was er am besten kann.


An dieser Stelle muss man der Wahrheit zuliebe<br />

sagen, die Verkehrspolitik und das Bahnmanagement<br />

ist nicht allein verantwortlich für<br />

das desaströse Abschneiden der Bahnlogistik.<br />

Einen erheblichen Anteil am unhaltbaren Zustand<br />

hat die Raumordnung und die Industrieansiedlungspolitik.<br />

Eine Schlüsselpolitik, die<br />

vielerorts kleinen Kommunen überlassen wird,<br />

deren Ortsvorsteher mit der enormen Gesamtverantwortung<br />

heillos überfordert sind. Immer<br />

wieder werden Industrieanlagen auf die grüne<br />

Wiese gestellt, nur weil der Bürgermeister<br />

die „besseren Argumente“ gehabt hat.<br />

Da wird zum Beispiel das „größte Werk Europas<br />

für Solarpanele“ mitten ins Dorf gestellt.<br />

Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur besteht<br />

aus einer zweispurigen und als gefährlich<br />

eingestuften Landstraße, einer eingleisigen<br />

Nebenbahnstrecke für den Personenverkehr<br />

mit vielen unbeschrankten Bahnübergängen<br />

und einem Forellenbach. Dabei ist es nicht<br />

so, dass die Betreiber vor Ort nicht auch eine<br />

perfekte Verkehrsinfrastruktur vorgefunden<br />

hätten. Nein, nur sechs Kilometer vom Projektstandort<br />

entfernt gibt es ein voll aufgeschlossenes<br />

Industriegebiet mit direktem Anschluss<br />

an die Schnellstraße und Autobahn und einen<br />

direkten Zugang zum internationalen Bahnnetz.<br />

Selbst ein Flughafen ist über die Schnellstraße<br />

in weniger als 30 Minuten zu erreichen.<br />

Aber nein, niemand hat dem bösen Treiben<br />

Einhalt geboten und so wird tagtäglich quer<br />

durch Europa sinnlose Ansiedlungspolitik mit<br />

den bekannten Folgen betrieben. Da sind<br />

selbst die besten Bahnmanager machtlos.<br />

Es geht auch anders: In der Schweiz gibt es<br />

beim Bahnausbau zwingend eine enge Abstimmung<br />

mit der Raumplanung.<br />

Diesbezüglich geht es der Binnenschifffahrt<br />

in vielen Ländern übrigens nicht besser. Gelegentlich<br />

werden Industrieansiedlungen<br />

sogar in Sichtweite einer Wasserstraße getätigt<br />

– aber ohne direkte Umschlagmöglichkeit.<br />

Man fragt sich, wann irgendwer für<br />

diese horrende Vergeudung von Volksvermögen<br />

verantwortlich gemacht wird. Allein<br />

in Deutschland stellt das System Wasserstraße<br />

ein Anlagevermögen von rund 50 Milliarden<br />

Euro dar. Aber nicht nur dass die Schiffe diese<br />

Infrastruktur vielerorts schlecht nützen, für die<br />

Raumplanung scheint dieses Vermögen gar<br />

nicht zu existieren.<br />

Abgesehen von der fehlenden Bereitschaft<br />

verkehrsvermeidende Maßnahmen zu setzen,<br />

ein Verkehrsträger übergreifender Denkfehler,<br />

der bei Richtigstellung vielleicht zum<br />

größten Klimaerfolg führen könnte, ist der<br />

„freie Warenverkehr“ in der Union. Hier wird<br />

unwidersprochen ein Begriff schlicht und ergreifend<br />

falsch ausgelegt und stillschweigend<br />

akzeptiert. Niemand stellt in Abrede, dass<br />

die Abschaffung der Zölle, die Aufhebung<br />

von Mengenbeschränkungen oder der freie<br />

Zugang zum Markt nicht der Gemeinschaft<br />

dienlich sein soll. Der Denkfehler besteht vielmehr<br />

darin, dass der freie Warenverkehr nicht<br />

automatisch die freie Wahl der Verkehrsmittel<br />

bedeutet. Denn genau daraus resultiert, dass<br />

der Grundsatz vom Schutz der öffentlichen<br />

Gesundheit nicht gewährleistet werden kann.<br />

Wer diese Fakten ignoriert, verweigert die Erkenntnis,<br />

dass uns die bisherige Verkehrspolitik<br />

genau dahin gebracht, wo wir nicht sein sollen.<br />

Ohne diese Erkenntnis sind wir aber jetzt<br />

gezwungen, mit untauglichen (und kostspieligen)<br />

Mitteln etwas zu verändern, was so nicht<br />

veränderbar ist. Auf die Gefahr hin, dass man<br />

im Gedenkjahr zum Spielverderber ernannt<br />

wird, man muss ganz klar sagen, diese Verkehrspolitik<br />

ist ein Race to the bottom. Weit<br />

kann es nicht mehr sein und anscheinend will<br />

da jeder als Erster unten ankommen. (PB)


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S58<br />

Nasse Logistik: Eine Rückschau auf<br />

das Corona-Jahr 2020<br />

2020 – was für ein Jahr! Wer kam nur auf die absurde Idee, diesem Jahr eine<br />

Krone aufzusetzen (Corona = Krone)? Zig andere, weniger schmeichelhafte<br />

Bezeichnungen, würden wohl besser passen. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />

PETER BAUMGARTNER<br />

HERAUSGEBER<br />

BINNENSCHIFF-JOURNAL<br />

LOGISTIK EXPRESS<br />

Es war ein Jahr, das alle Prognosen<br />

über den Haufen geworfen hat. Ein<br />

Jahr, dessen sich rasch ändernden<br />

Entwicklungen weder kurz- noch<br />

langfristige Prognosen zugelassen hat. Und es<br />

war ein Jahr, dass in seinen vielfältigen Auswirkungen<br />

nicht am 31. Dezember endete.<br />

Ohne Prophet spielen zu müssen, kann man<br />

risikolos sagen, schnell wird sich das Leben<br />

<strong>2021</strong> – wenn überhaupt – nicht normalisieren.<br />

Zu groß sind die Verwerfungen in weiten Teilen<br />

der Gesellschaft. Vielleicht wird man den<br />

ganzen Umfang der Ereignisse erst in einigen<br />

Jahren abschließend analysieren können.<br />

Wir sind also gut beraten, die positive Erwartungshaltung<br />

nicht übermäßig zu strapazieren.<br />

Sonst könnte <strong>2021</strong> leicht wieder ein<br />

Jahr der Überraschungen werden. Und weil<br />

niemand wirklich weiß, wie sich die Pandemie<br />

noch entwickeln wird, sollten wir uns darauf<br />

konzentrieren, wie wir den Kampf gegen das<br />

wirtschaftliche und gesellschaftliche Desaster<br />

überleben und gewinnen können. Also die<br />

richtigen Lehren aus der Erfahrung ziehen.<br />

jeder Einzelne von uns gerade befindet, für<br />

unser Leben und Wirtschaften eine Kursänderung<br />

vornehmen – und zwar radikal.<br />

2020 hat in der Schifffahrtswirtschaft generell<br />

gezeigt, egal ob im Schiffbau oder an Bord,<br />

die europäische Gemeinschaft wurde nicht<br />

dazu geschaffen, um ungleiche Arbeits- und<br />

Sozialverhältnisse zu beseitigen. Die Europäische<br />

Union hat offensichtlich vielmehr den<br />

Zweck, osteuropäische „Verhältnisse“ als<br />

verlängerte Werkbank zu nutzen und entsprechende<br />

Vorteile zum Nachteil der dortigen<br />

Menschen daraus zu ziehen. Dabei spielt<br />

es anscheinend gar keine Rolle, ob Länder<br />

wie die Ukraine oder Serbien Teil der EU sind<br />

oder nicht. Die postkolonialistischen Tentakel<br />

der EU finden ihre Opfer auch jenseits geographischer<br />

Grenzen. Dreh- und Angelpunkt<br />

dabei ist ebenfalls ein Land, das nicht zur EU<br />

zählt. Die Schweiz. Die Schweiz als Festung für<br />

Glücksritter jedweder Branchenvertreter der<br />

ganzen Welt, erledigt für Europa die Drecksarbeit,<br />

damit die „Gemeinschaft“ ihre Hände<br />

in Unschuld waschen kann.<br />

Der meist geäußerte Neujahrswunsch <strong>2021</strong><br />

war wohl, es möge ein besseres Jahr werden,<br />

als 2020. Paradoxerweise hat die Gesellschaft<br />

es eh zu einem Gutteil selber in<br />

der Hand, ob dieser Wunsch in Erfüllung<br />

geht oder nicht. Schaut man aber etwas<br />

weiter über 2020 hinaus zurück, schwindet<br />

die Hoffnung, dass wir in der Lage sind, die<br />

Zukunft entscheidend verbessern zu können.<br />

Der zweitmeiste geäußerte Neujahrswunsch<br />

war nämlich, wir wollen zurück zur „alten Normalität“.<br />

Und genau das klingt im Rückblick<br />

auf 2020 wie eine gefährliche Drohung. Wenn<br />

wir kein 2020 mehr haben möchten, dann<br />

darf es keine „alte Normalität“ mehr geben.<br />

Dann müssen wir, egal in welcher Ecke sich<br />

Schon zu Beginn der Pandemie berichtete die<br />

serbische Gewerkschaft Asocijacije slobodnih<br />

i nezavisnih sindikata (ASNS) unter Berufung<br />

auf Vojvođanski istraživačko-analitički centar<br />

(VOICE) und nach eigenen Nachforschungen,<br />

dass eine in Serbien ansässige niederländische<br />

Werft, ohne wie üblich, staatliche<br />

Corona-Unterstützungen in Anspruch zu nehmen,<br />

mehr als die Hälfte der Belegschaft entlassen<br />

hat. VOICE und ASNS kritisieren auch<br />

die eigene Regierung. „Der Staat beteiligt<br />

sich aktiv am Zusammenbruch der Arbeitnehmerrechte<br />

weitgehend bereits entrechteter<br />

Arbeitskräfte in Serbien.“ Das Bestreben der<br />

serbischen Politik ist, ausländische Investoren<br />

mit guten, aber billigen Arbeitskräften anzulocken.<br />

Ähnlich arbeitnehmerfeindliche Prak-


tiken gibt es auch – in der Schweiz, wo die<br />

meisten Flusskreuzfahrtschiffe registriert sind.<br />

Ein Schlaraffenland für kreative Steuersparer<br />

ist das EU-Land Malta. Obwohl das Land über<br />

keine eigene Flussschifffahrt verfügt und auch<br />

keine Flüsse hat, sind dort 43 Flusskreuzfahrtschiffe<br />

gemeldet, die auf europäischen Flüssen<br />

verkehren. Die einträglichsten Exportartikel<br />

in Malta sind europäische Pässe und die<br />

maltesische Flagge.<br />

Die Gewerkschaft Nautilus meldet im Zusammenhand<br />

mit der Diskriminierung osteuropäischer<br />

Beschäftigter bei Arbeitslosigkeit,<br />

dass die meisten Beschäftigten mit Wohnsitz<br />

in einem osteuropäischen Land, nach ihren<br />

Einsätzen für westeuropäische Firmen, für<br />

die sie ordentliche Beiträge in die jeweilige<br />

westeuropäische Arbeitslosenversicherung<br />

eingezahlt haben, bei Arbeitslosigkeit nur<br />

den in ihrem Heimatland geltenden, meist<br />

gedeckelten niedrigen Tarif erhalten. So hat<br />

etwa ein Nautilus-Mitglied aus Rumänien<br />

von 3300 Euro Gehalt ordentlich Beiträge für<br />

die Arbeitslosenversicherung geleistet. Nun<br />

bekommt der Binnenschiffer 75 Euro Arbeitslosengeld,<br />

während seine deutschen oder<br />

holländischen Kollegen knapp 2000 Euro<br />

bekommen. Noch schlimmer geht es ukrainischen<br />

Binnenschiffern, die von ihren Reedereien<br />

in der Schweiz gekündigt werden. Sie<br />

haben im Heimatland weder Anspruch auf<br />

Arbeitslosengeld noch auf Sozialhilfe. Auch<br />

von der Corona-Kurzarbeitsregelung, die von<br />

vielen Flusskreuzfahrern in Anspruch genommen<br />

werden kann, können sie nicht profitieren.<br />

Mangelnde soziale Rechte für Arbeitnehmer<br />

in der Schweiz (und in der EU sowieso)<br />

urteilt Nautilus. Erbärmlicheres kann man über<br />

eines der reichsten Länder auf dieser Welt<br />

wohl kaum noch sagen.<br />

industriAll, die European Trade Union, ortet<br />

im Zusammenhang mit der Pandemie eine<br />

Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen<br />

und Sozialdumping in der gesamten Maritimen<br />

Industrie und beklagt, dass der zum Teil<br />

massive Einsatz von Leiharbeit und Werkver-


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S60<br />

trägen die durch COVID-19 erforderlichen<br />

Hygienemaßnahmen teilweise konterkariert<br />

werden. Immer wieder wird auch betont,<br />

dass es an Bord ausgefeilte Hygienekonzepte<br />

für Passagiere und Besatzungen gibt. Allein,<br />

wie lediglich die Abstandsregeln in Crew-Kabinen<br />

eingehalten werden sollen, die zweifach<br />

– manchmal sogar dreifach – belegt<br />

und kaum größer als eine Schuhschachtel<br />

sind, musste bisher niemand erklären. Kein<br />

Wunder, dass trotz tauber und blinder Medien<br />

einige Coronafälle an Bord bekannt wurden.<br />

Die Gewerkschaften fordern jedenfalls<br />

ein europäisches Konjunkturprogramm, bei<br />

dem die Beschäftigten im Mittelpunkt stehen.<br />

Neben all den arbeitsrechtlichen Problemen,<br />

die es in der Binnenschifffahrt und im Schiffbau<br />

gibt, hatten 2020 Arbeitnehmer dieser<br />

Bereiche auch zusätzlich unter teils absurden<br />

Reisebestimmungen zu leiden. In den ersten<br />

Wochen gab es nicht mal grenzüberschreitende<br />

Informationen zu Corona-Regelungen,<br />

nach denen sich die Leute richten konnten.<br />

Manche saßen über Wochen auf ihren Schiffen<br />

fest und einige konnten selbst trotz abgelaufener<br />

Verträge das Schiff nicht verlassen.<br />

Selbst die notwendige Selbstversorgung<br />

wurde in Einzelfällen zum Spießrutenlauf. Erst<br />

in der zweiten Hälfte der Pandemie normalisierte<br />

sich die Informationspolitik und einheitliche<br />

Regeln verschafften Planbarkeit. Somit<br />

konnten persönliche Landgänge oder grenzüberschreitende<br />

Personalwechsel halbwegs<br />

normal ablaufen.<br />

Passagierschifffahrt<br />

Das dynamische Wachstum in der Flusskreuzfahrt<br />

ist mit dem Ausbruch der Pandemie<br />

quasi ungebremst an die Wand gefahren.<br />

Zum Jahresbeginn 2020, als das Drama seinen<br />

Lauf nahm, befanden sich die Flusskreuzfahrtschiffe<br />

noch gar nicht in Fahrt. Der kurz<br />

bevorstehende Saisonbeginn versprach,<br />

wie gewohnt, wieder Milch und Honig für<br />

die Branche. Kaum eine andere touristische<br />

Einrichtung, konnte in den letzten 20 Jahren<br />

derart kontinuierlich wachsen, wie die Flusskreuzfahrt.<br />

Zuletzt lag der Zuwachs bei der<br />

Nachfrage bei 10 Prozent und die Passagieranzahl<br />

auf allen Wasserstraßen in Europa<br />

lag bei 1,8 Mio. Hauptverantwortlich für die<br />

steigenden Zahlen, war die Nachfrage aus<br />

Übersee. Länder wie USA, Kanada oder Australien,<br />

brachten etwa 50 Prozent der Passagiere<br />

nach Europa. Nirgendwo gibt es heute<br />

mehr Flusskreuzfahrtschiffe, als in Europa und<br />

hier konnten bis 2019 alle Destinationen kräftig<br />

zulegen. Manche sogar über 30 Prozent.<br />

Laut Statistik gab es 2019 in Europa 378 Schiffe<br />

mit insgesamt fast 55.000 Betten, wobei die<br />

größten Schiffe 190-196 Betten haben. Nicht<br />

eingerechnet in die Statistik sind jene kleineren<br />

Kabinenschiffe, die maximal 40 Betten haben,<br />

aber speziell in Frankreich und Holland<br />

einen erheblichen Anteil in der Flusskreuzfahrt<br />

darstellen. Trotz, oder gerade wegen der positiven<br />

Statistik, die die Flusskreuzfahrt bis 2019<br />

geprägt hat, war das meist verwendete Wort<br />

zum Ende der Saison 2019: Overtourism.<br />

Vielerorts konnte nämlich die Infrastruktur mit<br />

dem enormen Wachstum nicht mehr mithalten.<br />

Auch die Umweltbelastung durch<br />

die Kreuzfahrtschiffe, wurde in manchen<br />

Kommunen als problematisch wahrgenommen.<br />

Dann kam 2020 und aus dem Overtourism<br />

wurde schlagartig ein Undertourism.<br />

Hauptverantwortlich für die Kehrtwende war<br />

der große Anteil an Überseegästen, denen<br />

jede Einreisemöglichkeit verwehrt wurde.<br />

Hier rächte sich der Fokus auf einen volatilen<br />

Markt nicht zum ersten Mal. Schon in der Wirtschaftskrise<br />

und nach dem Terroranschlag in<br />

Frankreich, brach der Markt ein. Aus der Geschichte<br />

hat die Branche leider nichts gelernt.<br />

Europäische Flusskreuzfahrer sahen sich mit<br />

drastischen Corona-Schutzmaßnahmen konfrontiert<br />

und verloren wohl auch die Lust auf<br />

eine entspannte Kreuzfahrt. Immerhin zählen<br />

besonders Flusskreuzfahrtgäste wegen ihrer<br />

Altersstruktur allein schon zur besonders gefährdeten<br />

Gruppe, die sich auch ohne Reisebeschränkungen<br />

Auslandsreisen gut überlegt.<br />

Was blieb, waren also ein paar beherzte<br />

Fahrgäste, die sich durch nichts abschrecken<br />

ließen und wenigstens ein paar Schiffen zum<br />

lichten der Anker verhalfen. Vor diesem Hintergrund<br />

kann die „positive Bilanz“ der Interessensvertretung,<br />

die im August gemeint hat,<br />

dass 30 Prozent der Schiffe wieder fahren,<br />

wohl nur als Schönreden bezeichnet werden.<br />

Die Flusskreuzfahrt 2020 ist was es ist, der Verlierer<br />

in der Binnenschifffahrt.


Nicht viel anders, aber von einem unterschiedlichen<br />

Niveau ausgehend, erging es<br />

der Ausflugschifffahrt auf Flüssen und Seen.<br />

Allgemein kann man sagen, Fahrgebiete, mit<br />

einem hohen Anteil an ausländischen Touristen,<br />

schnitten vergleichsweise schlechter ab<br />

als jene, die mehrheitlich auf heimisches Publikum<br />

gesetzt haben.<br />

Länder wie die Schweiz oder Holland, haben<br />

noch eine Sonderstellung innerhalb der Gruppe.<br />

Ihre Schiffe dienen nicht nur touristischen<br />

Zwecken, sondern werden auch im ÖPNRV<br />

oder Fährverkehr eingesetzt. Dieser Betriebspraxis<br />

verdanken die Reedereien, dass sie<br />

nicht noch schlechter abgeschnitten haben,<br />

als es ohnehin schon der Fall war. In Österreich,<br />

wo es keine Schiffe im ÖPNRV gibt, wurden<br />

Ausflugschiffe kurzerhand zum Massenverkehrsmittel<br />

ernannt und kamen so in den<br />

Genuss von gewissen Erleichterungen, die es<br />

in anderen Ländern, aber an vergleichbaren<br />

Orten, nicht gab.<br />

Es herrschten also unterschiedlichste Regelungen<br />

innerhalb einer Branche, die manche<br />

Reeder ratlos machte. So durfte zum Beispiel<br />

ein Rundfahrtschiff für 10 Personen nicht fahren.<br />

Ein Motorboot auf Mietbasis für 10 Personen<br />

aber schon. Rundfahrt von A nach B<br />

wurden erlaubt, anlegen an Stationen unterwegs<br />

nicht. Maskenpflicht am Freideck mal<br />

Pflicht, mal Empfehlung. Strikte Reduzierung<br />

der Passagierzahl einerseits, Abstandsregeln<br />

einhalten als Empfehlung anderseits. Essen an<br />

Bord mal möglich, mal nicht usw. Wie in der<br />

Flusskreuzfahrt, traf Corona auch die Ausflugschiffe<br />

zu Saisonbeginn – endete aber nicht<br />

im Herbst zum üblichen Saisonende, weil viele<br />

Ausflugschiffe lange in den Herbst hinein,<br />

oder sogar das ganze Jahr durchgängig verkehren.<br />

Diese Reedereien hatten zum Teil Glück im<br />

Unglück, aber auch nur Unglück, denn die<br />

durchgängig einzuhaltenden Coronaregeln<br />

reduzierten die ohnehin schon abgeschwächte<br />

Passagierfrequenz außerhalb der<br />

Hauptsaison noch mehr. Das hatte zur Folge,<br />

dass Fahrpläne mehrmals umgeschrieben<br />

werden mussten und/oder Kurse aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht ganz gestrichen<br />

wurden. Quer über die Branche hinweg kann<br />

man davon ausgehen, dass die Betriebe mit<br />

einem Minus zwischen 50 und 60 Prozent abschneiden<br />

werden. In Zahlen heißt das, dass<br />

zum Beispiel die Schweiz mit einer sehr starken<br />

Ausflugschifffahrt, statt wie üblich um die<br />

13 Mio. Fahrgäste, 2020 vielleicht noch rund<br />

6 Mio. in die Statistik schreiben kann. Noch<br />

dramatischer klingt es, wenn Premiumdestinationen<br />

wie zum Beispiel der Starnberger<br />

See, statt 300.000 Passagiere, nur noch knapp<br />

über der 100.000 Marke liegt. Anders als in<br />

anderen Bereichen der Binnenschifffahrt, kamen<br />

Mitarbeiter der Ausflugschifffahrt relativ<br />

glimpflich davon. Kaum ein Betrieb wollte sich<br />

von Festangestellten trennen. Vereinzelt wurden<br />

Saisonarbeiter nicht oder nur teilweise<br />

beschäftigt und das Mittel der Kurzarbeit half<br />

über so manche Durststrecke.<br />

Frachtschifffahrt<br />

Abgesehen von der Hafenwirtschaft, ist die<br />

Frachtschifffahrt ein Bereich, der 2020 relativ<br />

glimpflich davongekommen ist. Vielleicht<br />

war es in diesem Jahr auch ein Vorteil, dass<br />

die Frachtschifffahrt traditionell krisenerprobt<br />

ist und mit überfallsartigen Problemen besser<br />

zurechtkommt, als andere Wirtschaftszweige.<br />

Dabei sind witterungsbedingte und neuerdings<br />

klimabedingte Herausforderungen<br />

noch überschaubare Umstände, die Frachtschiffer<br />

einkalkulieren müssen. Auch die politische<br />

Ignoranz, die die Frachtschifffahrt regelmäßig<br />

ins Eck stellt, ist ein seit Jahrzehnten<br />

wucherndes Krebsgeschwür. Gefährlich sind<br />

auch die „hausgemachten“ Minenfelder. Da<br />

gibt es zum Beispiel die generelle Struktur der<br />

Frachtschifffahrt, die in der überwiegenden<br />

Form der genossenschaftlichen Verwaltung,<br />

kaum flexible und rasche Reaktionen zulässt.<br />

Ganz abgesehen von der mangelhaften<br />

Innovationsbereitschaft, die ohne Eigenkapitalbasis<br />

auch mit großzügigen Förderprogrammen<br />

nicht verbessert werden kann. Hier<br />

lauert die Gefahr und wird teilweise schon<br />

schlagend, dass sich Verlader gar nicht mehr<br />

auf das Gewerbe verlassen, sondern eigene,<br />

maßgeschneiderte Strukturen aufbauen. Die<br />

Folge ist, dass Transportgut der Branche nicht<br />

nur aus politischen Fehlentscheidungen abhandenkommt,<br />

sondern auch, weil ganz andere<br />

Mitspieler auf den Plan treten. Unabhängig<br />

davon, aber verschärft durch Corona,


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S62<br />

ist die Tarifgestaltung in der Frachtschifffahrt<br />

zu sehen. Wenn Banken beispielsweise Unternehmen<br />

künstlich am Leben erhalten und<br />

ermöglichen, dass die Schiffe über lange<br />

Zeiträume nicht mal kostendeckend durch<br />

die Gegend fahren, hat das katastrophale<br />

Auswirkungen auf große Bereiche der Frachtschifffahrt.<br />

Ein nicht nur wirtschaftlicher Nonsens,<br />

sondern auch ein ökologisches Desaster<br />

ist es, wenn bankenfinanzierte Megaschiffe<br />

Ladungen herumführen, die auch in einem<br />

Schiff von der halben Größe leicht Platz finden<br />

würden. Zu allem Überdruss kommen<br />

noch Probleme mit überlangen Wartezeiten<br />

auf Abfertigung in den Häfen, die 80 Stunden<br />

und mehr betragen können.<br />

Der Verlust angestammter Kohletransporte<br />

durch die Energiewende und hausgemachte<br />

Personalprobleme, komplettieren den<br />

Dornenbusch. Das alles hat und hatte 2020<br />

nichts oder wenig mit Corona zu tun. Aber<br />

ja, natürlich hatte Corona auch unmittelbare<br />

Auswirkungen auf die Frachtschifffahrt. Auf<br />

der Ladungsseite allerdings in einem sehr unterschiedlichen<br />

Umfang was die Art der Ladung<br />

und das Transportgebiet betrifft. So gab<br />

es im Bereich der Agrarprodukte keine Rückgänge.<br />

Im Gegenteil. Auf manchen Fahrgebieten<br />

nahm die Transportmenge sogar<br />

stark zu. Auch flüssige Ladungsmengen (mit<br />

Ausnahme Flugbenzin) reduzierten sich kaum<br />

merklich. Reduktionen auf dem Treibstoffsektor<br />

durch den reduzierten Personenverkehr<br />

vielen kaum ins Gewicht. Der Treibstoffverbrauch<br />

im Transportbereich blieb sogar völlig<br />

unberührt.<br />

Selbst der anfänglich reduzierte Containertransport,<br />

bedingt durch verminderten Import<br />

aus China, bewegt sich dank E-Commerce<br />

wieder fast im Normalbereich. Teilweise Rückgänge<br />

bei Erz- und Stahltransporten, waren<br />

bedingt durch reduzierte Industrieproduktion.<br />

Bei den für die Binnenschifffahrt wichtigen<br />

Baustoffen, hält sich der Rückgang wiederum<br />

in Grenzen. Insgesamt stärkere Auswirkungen<br />

hatte Corona auf die vielfach ohnehin<br />

angespannte Ertragslage durch sinkende<br />

Frachttarife. Das NL-Forschungsbüro Panteia<br />

errechnete teilweise nur noch einen Stundenlohn<br />

von 4 Euro bei den Partikulieren. Dort, wo<br />

in der Frachtschifffahrt Anspruch auf staatliche<br />

Coronahilfe bestand, beklagen Unternehmen<br />

die falsche Zielrichtung, denn viele<br />

Förderungen haben nur eine aufschiebende<br />

Wirkung für die Finanzprobleme. Dennoch,<br />

für manche Frachtschiffer brachte die Pandemie<br />

eine regelrechte Entspannung, weil es<br />

zum Beispiel am Main durch den Ausfall der<br />

Flusskreuzfahrt wieder wesentlich ruhiger und<br />

sicherer wurde.<br />

Schiffbau/Zulieferung<br />

Der europäische maritime Technologiesektor,<br />

zu dem rund 300 Werften und 28.000 maritime<br />

Zulieferer in Europa gehören, war bereits<br />

in schlechter Verfassung, bevor COVID-19 in<br />

Kraft trat, sagt die europäische Gewerkschaft<br />

IndustriAll European Trade Union. Aber diese<br />

Industrie hat eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft<br />

inne. 90 Prozent des globalen Handels<br />

läuft über die Schifffahrt. Damit ist die Schifffahrt<br />

neben der wirtschaftlichen Bedeutung,<br />

der Motor des globalen Handels, von dem<br />

maßgebliche Stimmen meinen, es ist Zeit<br />

für eine Ökologisierung. Durch die technologische<br />

Führerschaft kam die europäische<br />

Schiffbauindustrie bisher ganz gut über die<br />

Runden. Auch weil osteuropäische Werften<br />

zum günstigen Stahlbau beigetragen haben.<br />

Dennoch ist der Konkurrenzkampf mit ausländischen<br />

Werften sehr hart und China ist drauf<br />

und dran, ebenfalls in den High-Tech-Schiffbau<br />

– die Stärke europäischer Schiffbauer –<br />

vorzudringen.<br />

Bernhard Meyer (Meyer Werft) kritisiert die<br />

falsche Wirtschaftspolitik in Europa. Trotz Corona<br />

gingen 60 Prozent der weltweiten Schiffbauaufträge<br />

zwischen Jänner und Anfang<br />

September 2020, teilweise subventioniert zum<br />

Nachteil der eigenen Wirtschaft, nach China.<br />

Deshalb sieht Meyer in der chinesischen<br />

und asiatischen Konkurrenz die viel größere<br />

Gefahr für den europäischen Schiffbau, als<br />

durch Corona. Noch sind die Auftragsbücher<br />

der Werften gut gefüllt, aber die Investitionsentscheidungen<br />

werden durch Corona bereits<br />

deutlich beeinflusst. Das ist besonders im<br />

Schiffbau gefährlich, weil es lange Vorlaufund<br />

Planungszeiten bei Neubauten braucht.<br />

Und weil sich Corona besonders negativ auf<br />

die Passagierschifffahrt auswirkt, ist dieser Be-


eich auch im Schiffbau besonders gefährdet.<br />

Aber Corona ist eben nicht das einzige<br />

Problem der Schiffbauindustrie. Neben der<br />

Konkurrenz außerhalb Europas, gibt es bereits<br />

innereuropäische Konkurrenz durch ausländische<br />

Investoren. Der asiatische Multikonzern<br />

Genting Hongkong (GHK) zum Beispiel,<br />

erwarb 2015 zu günstigen Konditionen drei<br />

Werftstandorte (Wismar, Rostock, Stralsund)<br />

und versprach, dass bald Milch und Honig<br />

fließen wird. Aber schon zu Beginn der Pandemie<br />

nützte der Konzern die erste Gelegenheit,<br />

um an Steuergeld zu kommen und nahm das<br />

staatliche Kurzarbeitsmodell für einen Großteil<br />

der Belegschaft in Anspruch.<br />

Inzwischen sind die Forderungen auf 700 Mio.<br />

Staatshilfe angewachsen und um die Asiaten<br />

bei Laune zu halten, wurden bereits erhebliche<br />

Summen zugesagt. Ob hier strategisch<br />

immer die richtigen Entscheidungen getroffen<br />

wurden, ist fraglich. Dieser Frage müssen<br />

sich auch osteuropäische Regierungen stellen,<br />

die für westeuropäische Auftraggeber<br />

praktisch die verlängerte Werkbank bilden.<br />

Einsparungsbestrebungen werden hier rasch<br />

umgesetzt. Binnenwerften haben zudem das<br />

Problem, dass es seit Jahren aus unterschiedlichen<br />

Gründen zu wirtschaftlichen Schieflagen<br />

gekommen ist.<br />

dessen nautische Erfahrung sich auf einige<br />

Kreuzfahrten in der Badewanne beschränkt.<br />

Der bereits arg ramponierte Kahn treibt weiter<br />

führerlos durch die Untiefen. Zum Glück<br />

gibt es noch ein paar beherzte Matrosen an<br />

Bord. In ihrer Hand liegt das Schicksal des<br />

Schiffes und sie wissen, warum sie in die Lage<br />

gekommen sind und wie sie da wieder rauskommen<br />

können. Eine Rückschau hat dann<br />

ihren Zweck erfüllt, wenn wir im Rückblick erkennen,<br />

wohin die Zukunft gehen soll. Prognosen<br />

sind, wie wir wissen, schwierig – besonders<br />

wenn sie die Zukunft betreffen. Halten wir<br />

uns daher lieber besser an die Gestaltung der<br />

Zukunft. Die beherzten Matrosen werden Hilfe<br />

brauchen.(PB)<br />

Die Folgen? Für frische Investoren wird „Wohnen<br />

am Wasser“ oder ein Parkplatz für LKW<br />

attraktiver, als Schiffe zu bauen. Trotz Corona<br />

und trotz Kurzarbeit erfüllte die Neptun Werft<br />

2020 noch ihr Plansoll. Die Werft, einer der<br />

wichtigsten Standorte für die Flusskreuzfahrt,<br />

konnte im Krisenjahr neben anderen Konzernaufträgen,<br />

noch sechs neue Flusskreuzfahrtschiffe<br />

abliefern. Sogar Serbien lieferte noch<br />

nach Plan. <strong>2021</strong> können trotz Planungsunsicherheiten<br />

noch Altaufträge abgearbeitet<br />

werden. Dann gilt, was für die ganze Branche<br />

gilt, es wird Zeit, dass die Pandemie und die<br />

falsche Wirtschaftspolitik ein Ende nehmen.<br />

SCHLUSS<br />

2020 war ein Jahr, das verglichen mit einem<br />

Schiff in arge Schräglage gekommen ist und<br />

jetzt bei stürmischem Wetter auf hoher See zu<br />

kentern droht. Über weite Strecken auf dem<br />

Weg zum Desaster war ein Kapitän am Steuer,


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S64<br />

Brexit: Die Krux mit dem Ursprung<br />

Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Ende 2020 abgeschlossene<br />

Handelsabkommen bringt neue Herausforderungen bei Präferenzkalkulationen<br />

für Schweizer Ausführer. BEITRAG: REDAKTION<br />

MARIO CACCIVIA<br />

EXPERT<br />

DACHSER<br />

SCHWEIZ<br />

Lieferverzögerungen im Verkehr zwischen<br />

der EU und dem Vereinigten<br />

Königreich haben in den letzten Wochen<br />

Schlagzeilen gemacht. Zum Teil<br />

wurden sie durch fehlende oder nicht korrekt<br />

ausgefüllte warenbegleitende Dokumente<br />

und eine dadurch bedingte langsamere<br />

Zollveranlagung verursacht. Was müssen<br />

Schweizer Exporteure neu beachten, damit<br />

ihre Ware reibungslos durch den Zoll kommt?<br />

Probleme ergeben sich unter anderem dadurch,<br />

dass das bilaterale Handels- und Kooperationsabkommen<br />

„TCA“ zwischen der<br />

EU und dem Vereinigten Königreich nicht in<br />

allen Aspekten deckungsgleich ist mit dem<br />

am 1. Januar <strong>2021</strong> in Kraft getretenen bilateralen<br />

Abkommen zwischen der Schweiz und<br />

dem Vereinigten Königreich. Dies betrifft vor<br />

allem die Ursprungsregeln.<br />

Schwieriger Ursprung.<br />

Das Handelsabkommen zwischen der<br />

Schweiz und dem Vereinigten Königreich<br />

sieht die Möglichkeit der Kumulation von Ursprungswaren<br />

anderer Vertragsparteien des<br />

PEM-Übereinkommens (Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung)<br />

vor. Voraussetzung ist,<br />

dass die Vertragspartei mit der Schweiz und<br />

dem Vereinigten Königreich ein Freihandelsabkommen<br />

unterhält und dieses identische<br />

Ursprungsregeln enthält. Da die im Abkommen<br />

EU-Vereinigtes Königreich vereinbarten<br />

Ursprungsregeln nicht mit denen des Handelsabkommens<br />

Schweiz-Vereinigtes Königreich<br />

identisch sind, ist eine Kumulation von<br />

EU-Ursprungswaren im Verkehr zwischen der<br />

Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht<br />

mehr möglich. Daher unterliegt eine Ware<br />

mit EU Ursprung beim Export ab der Schweiz<br />

in das Vereinigte Königreich (Durchhandel)<br />

Die Dachser Spedition AG (Dachser<br />

Schweiz) ist eine Tochtergesellschaft des<br />

Transport und Logistikdienstleisters Dachser<br />

mit Hauptsitz in Kempten, Deutschland. Die<br />

erste Niederlassung in der Schweiz wurde<br />

1967 eröffnet. Dachser Schweiz ist heute an<br />

acht Standorten präsent, beschäftigt 297<br />

Mitarbeitende und erwirtschaftete im Jahr<br />

2019 einen Bruttoumsatz von 190.4 Millionen<br />

Schweizer Franken. Im Jahr 2019 transportierte<br />

Dachser Schweiz 557’400 Sendungen<br />

mit einem Gewicht von 242’300 Tonnen.<br />

Das Familienunternehmen Dachser mit<br />

Hauptsitz in Kempten, Deutschland, bietet<br />

Transportlogistik, Warehousing und kundenindividuelle<br />

Services innerhalb von zwei<br />

Business Fields: Dachser Air & Sea Logistics<br />

und Dachser Road Logistics. Letzteres teilt<br />

sich in die beiden Business Lines Dachser<br />

European Logistics und Dachser Food<br />

Logistics auf. Übergreifende Kontraktlogistik-Services<br />

sowie branchenspezifische<br />

Lösungen ergänzen das Angebot. Ein flächendeckendes<br />

europäisches sowie interkontinentales<br />

Transportnetzwerk und komplett<br />

integrierte Informationssysteme sorgen<br />

weltweit für intelligente Logistiklösungen.<br />

Mit rund 31’000 Mitarbeitern an weltweit<br />

393 Standorten erwirtschaftete Dachser<br />

im Jahr 2019 einen konsolidierten Netto-Umsatz<br />

von rund 5,7 Milliarden Euro. Der<br />

Logistikdienstleister bewegte insgesamt<br />

80,6 Millionen Sendungen mit einem Gewicht<br />

von 41,0 Millionen Tonnen. Dachser<br />

ist mit eigenen Landesgesellschaften in<br />

44 Ländern vertreten. Autor: Mario Caccivio<br />

Zollbeauftragter, European Logistics<br />

Dachser Spedition AG (Schweiz).<br />

E-Mail: mario.caccivio@dachser.com


der Zollabgabe. Sofern die EU-Ursprungsware<br />

direkt von der EU in das Vereinigte Königreich<br />

befördert wird, ist die Einfuhr zollfrei.<br />

Waren mit präferentiellem Ursprung Schweiz<br />

können abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer<br />

zollbegünstigt bzw. zollfrei in das<br />

Vereinigte Königreich importiert werden.<br />

Aber im Vergleich zu EU-Firmen, die in das<br />

Vereinigte Königreich exportieren, haben<br />

die schweizerischen Unternehmen strengere<br />

Ursprungskriterien zu erfüllen. Gemäß dem<br />

Vertrag Vereinigtes Königreich-Schweiz sind<br />

die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens<br />

maßgebend (wie im Freihandelsabkommen<br />

Schweiz-EU). So ist beispielsweise<br />

im Maschinensektor eine Wertschöpfung von<br />

60 bis teilweise 75 Prozent notwendig, um die<br />

Vorgaben der Ursprungskriterien zu erfüllen.<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass die in der<br />

Schweiz verwendeten Vormaterialien aus der<br />

EU neu als drittländische Ware in der Präferenzkalkulation<br />

zu berücksichtigen sind.<br />

Zusätzliche Dokumente.<br />

Allen Sendungen in das Vereinigten Königreich<br />

müssen seit Anfang des Jahres<br />

<strong>2021</strong> unter anderem Handels- oder Pro-Forma-Rechnungen<br />

beiliegen, auf denen die<br />

EORI-Nummern des Importeurs sowie der<br />

Wert und die Zolltarifnummer vermerkt sind.<br />

Bei tierischen und pflanzlichen Produkten dürfen<br />

die phytosanitären Zertifikate nicht fehlen.<br />

Neu braucht es auch eine Bestätigung für<br />

Holzverpackungen, dass diese dem ISPM-15-<br />

Standard entsprechen.<br />

Weitere Änderungen.<br />

Im dritten Quartal dieses Jahres soll ein revidiertes<br />

PEM-Übereinkommen mit liberaleren<br />

Ursprungkriterien in Kraft treten. Dieses wird<br />

aber wahrscheinlich nicht auf Exporte in das<br />

Vereinigte Königreich angewendet werden<br />

können, da das Vereinigte Königreich, im Gegensatz<br />

zur EU und der Schweiz, das revidierte<br />

PEM Übereinkommen nicht ratifizieren will.<br />

Aus Sicht der Logistikbranche wäre es daher<br />

wünschenswert, dass die Schweiz die entsprechenden<br />

Passagen des Handelsabkommens<br />

mit dem Vereinigten Königreich nachverhandelt,<br />

um eine Deckungsgleichheit bei<br />

den Ursprungskriterien bei den bilateralen<br />

Handelsabkommen mit der EU und mit dem<br />

Vereinigten Königreich zu erreichen.<br />

Fazit:<br />

Angesichts der neuen Anforderung sollten<br />

Schweizer Exporteure vor dem Versand ihre<br />

Präferenzkalkulationen respektive Ursprungsnachweise<br />

detailliert prüfen, einschließlich<br />

der Aktualisierung der Lieferanteninformationen.<br />

International tätige Speditionen<br />

in der Schweiz wie die Dachser Spedition<br />

AG bieten ihren Kunden hierzu umfassende<br />

Unterstützung an. Ziel ist es, Sendungen<br />

reibungslos, rechtskonform, pünktlich und<br />

gegebenenfalls mit einem formell gültigen<br />

Ursprungsnachweis über die Zollgrenzen<br />

in das Vereinigte Königreich zu bringen.<br />

Mehr auf www.dachser.com<br />

(RED)


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S66<br />

Brexit-Deal: Was ändert sich für<br />

Logistikunternehmen?<br />

Alexander Heine, Geschäftsführer der CM Logistik Gruppe, informiert über die<br />

Auswirkungen des neuen Handelsabkommens auf die internationale Logistik und<br />

gibt Ratschläge für die unsichere Anfangszeit.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

A<strong>LE</strong>XANDER HEINE<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

CM LOGISTIK GRUPPE<br />

Lange hat es gedauert und nun ist es<br />

doch Realität: Das Vereinigte Königreich<br />

und die Europäische Union konnten<br />

sich auf ein Handelsabkommen<br />

einigen und damit die jahrelangen Verhandlungen<br />

zu einem Ende bringen – für beide<br />

Seiten mehr oder weniger zufriedenstellend.<br />

Schon im Sommer 2016 traf die britische Bevölkerung<br />

in Form eines Referendums die<br />

Entscheidung für den Austritt. Dieser ließ aber<br />

noch lange auf sich warten, denn die Briten<br />

wollten zwar ihre Unabhängigkeit von der Europäischen<br />

Union, aber offensichtlich nicht<br />

all die mit dem Austritt verbundenen Konsequenzen<br />

akzeptieren. Einen No-Deal-Brexit<br />

wünschte dennoch auch auf EU-Seite niemand<br />

– die Handelsbeziehungen sollten trotz<br />

allem intakt bleiben. Seit Beginn des Jahres<br />

<strong>2021</strong> gelten nun die neuen Regelungen in<br />

Bezug auf den Warenverkehr, doch haben<br />

sie schon in kürzester Zeit für Verwirrung und<br />

Chaos an den Grenzen gesorgt. Aber was<br />

bedeuten die endgültige Durchführung des<br />

Brexits und damit der Niedergang des freien<br />

Binnenmarktes zwischen der Insel und dem<br />

europäischen Festland für Logistiker und wie<br />

können sie die Pannen der unsicheren Anfangszeit<br />

umschiffen?“<br />

1. Kontrolle braucht Zeit.<br />

„Jahrelang profitierte Großbritannien, ebenso<br />

wie der Rest der Mitgliedsstaaten, vom freien<br />

Warenverkehr innerhalb der Zollunion. Grundsätzlich<br />

unterliegen Ein- und Ausfuhren innerhalb<br />

der EU, sogenannte innergemeinschaftliche<br />

Verbringungen, keinen Beschränkungen.


Diese Freiheit fällt nun weg und alle Waren,<br />

die Logistikunternehmen aus einem Nicht-EU-<br />

Staat einführen, müssen sie durch den Zoll abfertigen<br />

lassen.<br />

Bei beispielsweise einem Container T-Shirts<br />

aus China ergibt sich kein Problem, da er ausschließlich<br />

ein Gut enthält, wenn auch in hundertfacher<br />

Ausführung. Doch eine britische<br />

Lastwagenfuhre für eine irische Supermarktfiliale<br />

– also im Rechtsbereich der Europäischen<br />

Union – beinhaltet typischerweise alle Güter,<br />

die diese Filiale benötigt, von Eiern über Klopapier<br />

bis zum Obst. Eine nach dem Austritt<br />

erforderliche Zoll- und Einfuhranmeldung für<br />

die EU sieht vor, dass alle verschiedenen Arten<br />

von Waren in einer Ladung einzeln aufgeführt<br />

und entsprechend kontrolliert werden müssen.<br />

Administrativer Mehraufwand, auf den<br />

sich jedes Logistikunternehmen mit Fahrten in<br />

das Vereinigte Königreich einstellen sollte.<br />

Ein Umdenken bei der Beladung könnte sich<br />

als Möglichkeit zur Vermeidung dieser langen<br />

Wartezeiten herausstellen, indem Unternehmen<br />

ihre Lkw ausschließlich mit einer<br />

bestimmten Art Ware befrachten. Ob sich<br />

die dadurch entstehenden zusätzlichen Kilometer<br />

gegenüber Papierkram und Wartezeit<br />

rechnen, muss jeder Betroffene individuell kalkulieren.“<br />

2. Im Irrgarten der Bürokratie.<br />

„Nicht nur die Warenkontrollen sorgen für<br />

Komplikationen an den neuen EU-Außengrenzen.<br />

Ganze Kataloge von Richtlinien zur<br />

Überführung von Frachten, die Mitgliedsstaaten<br />

der Zollunion jahrelang erspart geblieben<br />

waren, kommen nun auf Logistiker mit<br />

Beziehung zu Großbritannien zu. Dies führt zu<br />

einer erheblichen bürokratischen Belastung<br />

sowohl für die Logistikbranche als auch für<br />

die Zollbeamten beider Seiten. Falsch ausgefüllte<br />

oder fehlende Papiere können bei<br />

der Überführung Verzögerungen hervorrufen<br />

und sorgten bei Lieferungen zwischen den<br />

Inselstaaten bereits für Chaos – Lastwagen<br />

mussten umkehren, weil sie nicht die erforderlichen<br />

Formulare vorweisen konnten. Diese organisatorischen<br />

Kinderkrankheiten ließen sich<br />

aufgrund der unklaren politischen Lage nur<br />

schwer verhindern. Um dennoch Verzögerungen<br />

und allgemeine Verwirrung zu vermeiden,<br />

hilft Logistikern nur, sich regelmäßig und<br />

gründlich über alle Neuerungen zu informieren.<br />

Kein leichtes Unterfangen, da sich die Situation<br />

an den Grenzen und damit die einzelnen<br />

Abwicklungsprozesse täglich zu ändern<br />

scheinen. Wirklich zuverlässige und vor allem<br />

aktuelle Informationen erhalten betroffene<br />

Unternehmen also nur von offizieller Stelle<br />

– den zuständigen Zollbehörden.“<br />

3. Mit Aufwand kommen Kosten.<br />

„Finanzielle Belastungen für Logistikunternehmen<br />

erhöhen sich nicht nur durch steigende<br />

Personalkosten, entstehend durch den bürokratischen<br />

Mehraufwand und die Wartezeiten<br />

an den EU-Grenzen. Auch die im Handelsabkommen<br />

eigentlich festgeschriebene<br />

und in der Öffentlichkeit als großen Erfolg angepriesene<br />

Zollfreiheit erweist sich nur auf den<br />

ersten Blick als guter Deal.<br />

So gilt die mit der EU vereinbarte Erlassung<br />

nicht für Güter, die importiert und gleich wieder<br />

exportiert werden. Großbritannien läuft<br />

also Gefahr, die über Jahre aufgebaute<br />

Stellung als Dreh- und Angelpunkt des europäischen<br />

Binnenhandels zu verlieren, was zu<br />

weniger Aufträgen für Logistiker führen kann,<br />

die auf Kooperationspartner von der Insel angewiesen<br />

sind. Alternative Routen und zusätzliche<br />

innereuropäische Geschäftsbeziehungen<br />

können als Fallnetz fungieren und im Fall<br />

einer lang andauernden Misere an britischen<br />

Grenzen den laufenden Betrieb sichern. Zukunftsprognosen<br />

zu treffen, fällt schwer – alle<br />

Parteien müssen sich auf die neuen Regelungen<br />

einstellen und ihre Prozesse anpassen.<br />

Wie groß letztlich die zusätzlichen Kosten und<br />

finanziellen Einbußen ausfallen, hängt für Logistikunternehmen<br />

davon ab, wie schnell sie<br />

die Situation adaptieren.“ (RED)<br />

Mehr auf www.cm-log.eu


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S68<br />

Corona-Pandemie: Fragen, die sich<br />

Logistikkunden stellen<br />

Der Logistikdienstleister Dachser Schweiz hat sich unter seinen Kunden umgehört,<br />

welche Fragen ihnen derzeit unter den Nägeln brennen. Urs Häner, Managing Director<br />

European Logistics Switzerland, und Samuel Haller, Country Manager Schweiz<br />

für das Geschäftsfeld Air & Sea Logistics, Dachser Spedition AG, geben Antwort.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

URS HÄNSER<br />

MANAGING DIRECTOR<br />

EUROPEAN LOGISTICS<br />

SWITZERLAND<br />

DACHSER<br />

Es ist wieder Homeoffice angesagt.<br />

Kann ich trotzdem meinen Disponenten<br />

telefonisch erreichen oder läuft<br />

die Kommunikation nur noch schriftlich<br />

per E-Mail?<br />

Urs Häner: Selbstverständlich können Sie<br />

unsere Disponenten telefonisch erreichen.<br />

Aufgrund der Pandemie hatten wir in Spitzenzeiten<br />

rund ein Drittel der Belegschaft im<br />

Home-Office. Dabei handelte es sich mehrheitlich<br />

um Mitarbeitende mit administrativen<br />

Aufgaben wie beispielsweise Buchhaltung,<br />

Abrechnung, Verkauf/HR. Mitarbeitende in<br />

der operativen Abwicklung wie Export, Import,<br />

Disposition etc. waren und sind immer<br />

vor Ort. Unsere Organisation ist so aufgestellt,<br />

dass jede Abteilung immer auch vor Ort besetzt<br />

ist. Die Kommunikation mit den Kunden<br />

und die Koordination mit den Mitarbeitenden<br />

an den mobilen Arbeitsplätzen ist somit jederzeit<br />

sichergestellt.<br />

Die Swiss, aber auch andere Fluggesellschaften,<br />

bieten immer weniger Flugverbindungen<br />

von und nach Zürich, Basel und Genf<br />

an. Termintreue ist für uns ein entscheidender<br />

Wettbewerbsfaktor. Wie stelle ich sicher, dass<br />

meine Exportluftfrachtsendungen trotzdem<br />

pünktlich beim Empfänger ankommen?<br />

Samuel Haller: Dachser bietet neben Direktflugverbindungen<br />

von und nach den Schweizer<br />

Flughäfen auch Luftfrachtroutings über<br />

unser Gateway in Frankfurt in Deutschland<br />

an. Hier werden Waren aus ganz Europa gebündelt<br />

und nach Übersee geflogen. Importwaren<br />

für Schweizer Kunden von anderen<br />

Kontinenten werden in Frankfurt dekonsolidiert<br />

und in Zusammenarbeit mit der Dachser<br />

European Logistics, der Landverkehrssparte<br />

von Dachser, direkt in die Schweiz transportiert.<br />

Des Weiteren bietet Dachser für ausgewählte<br />

Routen nach Amerika und Asien eigene<br />

wöchentliche Charterverkehre an. Wir<br />

versuchen, für jeden Kunden eine seinen Anforderungen<br />

entsprechende Lösung zu finden.<br />

Die Luftfrachtraten sind in der Krise stark gestiegen.<br />

Was bedeutet das für mich als Verlader?<br />

Samuel Haller: Der Preisanstieg bedingt eine<br />

frühzeitige Interaktion mit dem Logistikdienstleister.<br />

Dieser kann dann in Zusammenarbeit<br />

mit dem Verlader mögliche Optionen prüfen<br />

– von günstigeren Alternativ-Flugrouten bis hin<br />

zu alternativen Transportlösungen wie Sea-Air,<br />

Lkw, Bahn oder Seefracht. So entscheidet sich<br />

eine zunehmende Zahl Verlader neu für Sammelcontainerverkehre.<br />

Dachser bietet hier<br />

ein weltumspannendes Netzwerk in Kombination<br />

mit European Logistics für den Vor- und<br />

Nachlauf bis hin zu Zugverbindungen nach<br />

China an.<br />

In vielen EU-Ländern gibt es schon wieder<br />

massive Beschränkungen des Wirtschaftslebens.<br />

Wird dies zu Verzögerungen bei Auslieferungen<br />

an /Abholung bei Kunden führen?<br />

Urs Häner: Unser Netzwerk ist zu 100 Prozent<br />

leistungsfähig. Es kommt jedoch vor, dass wir<br />

bei der Zustellung der Sendung vor verschlossenen<br />

Türen stehen, weil die Empfänger aufgrund<br />

der Pandemie ihre Anlieferfenster neu<br />

definiert haben.<br />

Im Frühjahr sind an vielen innereuropäischen<br />

Grenzen vorübergehend Kontrollen eingeführt<br />

worden. Es kam zu kilometerlangen Staus<br />

und Verzögerungen in Lieferketten. Welche


Massnahmen hat Dachser getroffen, falls es<br />

im Schweiz-EU Verkehr erneut zu mehr Grenzkontrollen<br />

und längeren Standzeiten kommt?<br />

Urs Häner: Während der ersten zwei Tage<br />

der Grenzschliessung kam es zu Verzögerungen.<br />

Ich möchte jedoch festhalten, dass die<br />

Schweizer und die Deutsche Zollbehörde sehr<br />

gut zusammengearbeitet haben, um Staus zu<br />

vermindern. Sollte es wieder zu Grenzschliessungen<br />

kommen, werden wir den Fahrplan<br />

mit einem längeren Grenzaufenthalt neu takten.<br />

Dies führt zu früheren Abfahrtszeiten und<br />

bedingt eine vorgängige Abstimmung mit<br />

der Verladerschaft.<br />

Ich muss also längere Laufzeiten für Lkw-,<br />

aber auch für Überseetransporte einkalkulieren<br />

(Logistics Lead Time Planning)?<br />

Urs Häner: Ja, das ist empfehlenswert. Unser<br />

europäisches Netzwerk hat sich aber auch in<br />

der Pandemie als absolut zuverlässig und leistungsfähig<br />

erwiesen.<br />

Samuel Haller: Für Seefracht müssen Verlader<br />

in der Tat mit längeren Transportzeiten<br />

rechnen. Neben einem Mangel an Leercontainern<br />

führen Ausfälle von Schiffsabfahrten<br />

(Blank Sailings) und Kapazitätsengpässe in<br />

manchen Häfen, z.B. in den USA, sowie Corona-bedingte<br />

Verzögerungen bei der Zoll- und<br />

Hafenabfertigung derzeit zu Störungen in der<br />

Transportkette. Wichtig ist hier, dass Verlader<br />

frühzeitig dem Logistikdienstleister möglichst<br />

genaue Mengenprognosen anvisieren, damit<br />

eine entsprechende Planung, Kapazitätssicherung<br />

und Buchung durch diesen erfolgen<br />

kann. So genannte Backup-Carrier Modelle,<br />

um eine pünktliche Auslieferung sicherzustellen,<br />

bieten sich dabei auch an.<br />

Anzumerken ist, dass es derzeit bei den Reedereien<br />

keine absolute Verladegarantie gibt<br />

und so genannte Rollovers, eine Verschiebung<br />

auf die nächstfolgende Abfahrt, nicht<br />

komplett ausgeschlossen werden können.<br />

Dementsprechend sollten Verlader in der Planung<br />

und Buchung Zeitpuffer einbauen, um<br />

auf der «sicheren Seite» zu sein. Von einem<br />

«Just in sequence»-Ansatz ist in der aktuellen<br />

Phase definitiv abzuraten.<br />

Wie erhalte ich transparente Echtzeit-Informationen<br />

bei Verzögerungen im Vorlauf zum<br />

Verschiffungshafen, bei Verladungen im Hafen,<br />

bei Transshipment-Problemen oder anderen<br />

Reiseverzögerungen im Asienverkehr<br />

(Supply Chain Visibility)?<br />

Samuel Haller: Dachser stellt auf seiner Track<br />

& Trace Plattform eLogistics entsprechende<br />

Informationen bereit, die für die Kunden jederzeit<br />

einsehbar sind. Bei absehbaren Verzögerungen<br />

werden die Kunden proaktiv durch<br />

unseren Customer Service informiert.<br />

In den letzten Monaten sind die Seefrachtraten<br />

stark gestiegen. Hält dieser Trend <strong>2021</strong><br />

an?<br />

Samuel Haller: Wir gehen davon aus, dass die<br />

Seefrachtraten auf hohem Niveau bleiben<br />

oder weiter ansteigen. Beispielsweise liegt<br />

der Shanghai Container Freight Index SCFI<br />

per Stand vor Weihnachten über 160 Prozent<br />

höher als vor einem Jahr. Preis ist aber aktuell<br />

nicht das Thema, sondern die Verfügbarkeit<br />

von Equipment/Kapazitäten. Wie sich die<br />

Lage nach dem chinesischen Neujahrsfest<br />

entwickelt, ist noch ungewiss. Aber Verlader<br />

können davon ausgehen, dass sich diese<br />

nicht sofort beruhigt. Unser Supply-Chain-Management<br />

hat bisher alle Probleme gut gemeistert.<br />

Würde sich trotzdem eine detaillierte Analyse<br />

der Risiken in unserem Supply-Chain-Ökosystem<br />

in Kooperation mit Dachser lohnen?<br />

SAMUEL HAL<strong>LE</strong>R<br />

COUNTRY MANAGER<br />

SWITZERLAND<br />

GESCHÄFTSFELD<br />

AIR & SEA LOGISTICS<br />

DACHSER SPEDITION AG<br />

Samuel Haller: Auf jeden Fall. Wir haben die<br />

Erfahrung gemacht, dass solche partnerschaftlich<br />

und interdisziplinär mit dem Kunden<br />

durchgeführten Analysen Chancen zur<br />

Supply-Chain-Optimierung bieten und einen<br />

nachhaltigen Mehrwert schaffen. (RED)


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S70<br />

BMW Group eröffnet neuen Campus<br />

Die Investitionssumme beträgt mehr als 28 Millionen Euro. Die Fertigstellung des<br />

12.000 m2 großen Neubaus ist ein weiteres klares Bekenntnis der BMW Group zum<br />

Wirtschaftsstandort Salzburg. Neue, hochmoderne Arbeitswelten für 450 Mitarbeiter<br />

aus 16 Nationen. BEITRAG: REDAKTION<br />

Bürgermeister von Salzburg, Harald Preuner,<br />

ihre Glückwünsche als digitale Grußbotschaft.<br />

„Wir sind sehr froh, dass wir starke und innovative<br />

Leitbetriebe wie die BMW Group in Salzburg<br />

haben, die sich seit Jahrzehnten ganz<br />

bewusst zur Region bekennen. Die Eröffnung<br />

des neuen Campus Salzburg mitten in der<br />

Corona Pandemie stimmt mich hoffnungsvoll,<br />

dass wir die augenblicklich angespannte Situation<br />

gemeinsam meistern werden und der<br />

Wirtschaftsstandort Salzburg nachhaltig gestärkt<br />

wird,“ erklärte Landeshauptmann Dr.<br />

Wilfried Haslauer anlässlich der Eröffnung.<br />

BMW GROUP<br />

CAMPUS SALZBURG<br />

Anfang Februar wurde der neue<br />

BMW Group Campus Salzburg<br />

offiziell eröffnet. Der Campus<br />

Salzburg wurde trotz der Corona<br />

Pandemie innerhalb des vorgesehenen Zeitplans<br />

eröffnet. Über 28 Mio. Euro wurden in<br />

den 12.000 m2 großen Neubau investiert, der<br />

ab sofort für insgesamt 450 Mitarbeitern aus<br />

16 Nationen hochattraktive und moderne<br />

Arbeitsplätze bietet. Unter einem gemeinsamen<br />

Dach sind am BMW Group Standort Salzburg<br />

die vier Geschäftseinheiten BMW Austria<br />

GmbH, BMW Financial Services, Alphabet<br />

Austria Fuhrparkmanagement GmbH und<br />

die BMW Vertriebs GmbH vertreten.<br />

Zudem wir von Salzburg aus die Region Zentral-<br />

und Südosteuropa, die von der Ostsee<br />

bis ins östliche Mittelmeer reicht, gesteuert.<br />

Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer<br />

betont das bemerkenswerte Engagement<br />

der BMW Group für Salzburg. Aufgrund der<br />

Covid-19 Pandemie überbrachten der Landeshauptmann<br />

Dr. Wilfried Haslauer und der<br />

Neil Fiorentinos, Geschäftsführer der BMW Vertriebs<br />

GmbH, sagte: „Der BMW Group Standort<br />

Salzburg ist eine feste Größe in der Region.<br />

Mit dem Neubau schlagen wir das nächste<br />

Kapitel der Erfolgsgeschichte auf. Der Campus<br />

Salzburg ist eine logische Folge aus der<br />

herausragenden Arbeit der vergangenen<br />

Jahrzehnte. 1977 haben wir ausgehend von<br />

Salzburg knapp über 6.000 BMW in Österreich<br />

verkauft. Im vergangenen Jahr haben wir von<br />

hier aus über 73.500 Automobile in 12 Ländern<br />

abgesetzt und dabei über 3,2 Milliarden Euro<br />

Umsatz generiert. Mit dem Neubau bieten wir<br />

unseren Mitarbeitern moderne und hochattraktive<br />

Arbeitsplätze. Damit werden wir Innovationen<br />

weiter fördern und die Zukunftsfähigkeit<br />

des Standortes weiter sichern.“<br />

Hochmoderne Arbeitswelten am neuen<br />

BMW Group Campus Salzburg.<br />

Die neuen, innovativen Arbeitswelten im<br />

Campus Salzburg mit einer Gesamtfläche<br />

von über 12.000 m2 bieten mit lichtdurchfluteten<br />

Büroräumen auf einer Fläche von<br />

4.774 m2 über 20 Prozent mehr Platz als zuvor.<br />

Die Anzahl der Meetingräume wurde<br />

mit 26 mehr als verdoppelt. Auch die Kantine<br />

ist mit 814 m2 doppelt so groß wie bislang.<br />

Ein Highlight ist der Zugang zu einer<br />

weitläufigen Dachterrasse. Ein begrünter Innenhof<br />

dient als zentrale Begegnungsstätte.


„Der neue Campus ist ein<br />

weiteres wichtiges Kapitel<br />

in der Erfolgsgeschichte der<br />

BMW Group am Standort<br />

Salzburg“<br />

Gleich neben dem neuen Bürogebäude entsteht<br />

ein Parkhaus mit großzügig dimensionierten<br />

Parkplätzen.<br />

Modernes Trainingszentrum für 12 Länder der<br />

Region Zentral- und Südosteuropa nach neuesten<br />

BMW Standards.<br />

Mit einer Fläche von 2.675 m2 ist das neue<br />

Trainingszentrum mehr als sechsmal so groß<br />

als der bisherige Schulungsbereich. Dadurch<br />

wächst auch seine Kapazität: statt bisher 40<br />

Personen können nun bis zu 150 Teilnehmer<br />

pro Tag geschult werden. Die Ausstattung<br />

entspricht dem neuesten Stand der Technik.<br />

Neben dem klassischen Training vor Ort<br />

nimmt digitales Lernen einen immer größeren<br />

Stellenwert ein. Beim ‚blended learning‘ ergänzen<br />

sich persönliches Training vor Ort und<br />

virtuelle Kursinhalte und sorgen so für einen<br />

optimalen Lernerfolg. Von den neuen Möglichkeiten<br />

profitieren neben den Beschäftigten<br />

der BMW Group auch Techniker, Servicemitarbeiter,<br />

Verkäufer und Manager der<br />

Händlerpartner aus allen zwölf Märkten der<br />

Region Zentral- und Südosteuropa.<br />

Investitionen in die Nachhaltigkeit<br />

des Standortes.<br />

Mit über 500.000 elektrifizierten Fahrzeugen<br />

gehört die BMW Group zu den führenden Anbietern<br />

im Bereich Elektromobilität weltweit.<br />

In Europa werden 2030 schätzungsweise die<br />

Hälfte aller verkauften BMW Fahrzeuge elektrifiziert<br />

sein. Folglich wird es auch am neuen<br />

BMW Group Campus Salzburg 150 E-Lademöglichkeiten<br />

geben. Ein Drittel der Energie<br />

kommt vom Dach! Dafür wurde am neuen<br />

Campus eine Photovoltaikanlage installiert.<br />

Diese deckt gut ein Drittel des Gesamtstromverbrauches<br />

des Campus. Die CO2-Einsparungen,<br />

die sich hieraus realisieren lassen, betragen<br />

232 Tonnen im Jahr. Außerdem wurde<br />

im Rahmen des Umbaus der hausinternen<br />

Waschanlage eine Wasserrückgewinnungsanlage<br />

eingebaut. Für eine Fahrzeugwäsche<br />

wurden bislang 180 Liter Trinkwasser benötigt<br />

– mit der Wasseraufbereitungsanlage sind<br />

pro neuem Waschvorgang nun nur noch 20-<br />

30 Liter Trinkwasser erforderlich – das ist eine<br />

Ersparnis von sage und schreibe 85%. Ermöglicht<br />

wird dies durch eine innovative Lösung,<br />

mit der das gesamte Abwasser beim Autowaschen<br />

wiederverwendet werden kann.<br />

Das Engagement der BMW Group – Gut für<br />

Österreich.<br />

Mit dieser bedeutenden Investition unterstreicht<br />

die BMW Group ihr nachhaltiges,<br />

langfristiges und gesellschaftliches Engagement<br />

in Österreich. Das Unternehmen engagiert<br />

sich bereits seit über 40 Jahren massiv in<br />

und für den Wirtschaftsstandort Österreich.<br />

Seit dem Jahr 1979 wurden hierzulande rund<br />

7,5 Milliarden Euro investiert – das sind umgerechnet<br />

500.000 Euro Tag für Tag – und das<br />

seit über 40 Jahren. Das Unternehmen beschäftigt<br />

rund 5.200 Mitarbeiter in Österreich,<br />

davon 4.500 Mitarbeiter im BMW Group Motorenwerk<br />

Steyr. Im Jahr 2019 erwirtschaftete<br />

man in Österreich einen konsolidierten Gesamtumsatz<br />

von rund 7 Milliarden Euro, tätigte<br />

Investitionen von 374 Millionen Euro und<br />

leistete einen Netto-Beitrag in Höhe von 1,8<br />

Milliarden Euro zur österreichischen Handelsbilanz.<br />

Damit zählt die BMW Group in Österreich<br />

zu den bedeutendsten Unternehmen<br />

des Landes. (RED)<br />

NEIL FIORENTINOS, MBA


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S72<br />

VDE stellt Studie Mobilität, Logistik und<br />

Energie 2030 vor<br />

Batterien bleiben Hauptantriebsenergieträger für die Elektromobilität. Brennstoffzelle<br />

wird Alternative im Schwerlast- und Fernverkehr. BEITRAG: REDAKTION<br />

WELCHE TECHNOLOGIE<br />

MACHT DAS RENNEN?<br />

Im Fahrzeugbereich werden die aktuell<br />

dominierenden Kraftstoffe Benzin<br />

und Diesel in den Hintergrund treten<br />

und Platz für alternative Antriebe machen.<br />

Die zwei dominanten Konzepte sind<br />

dabei die Batterie sowie die Brennstoffzelle<br />

mit verschiedenen Anwendungsszenarien<br />

im Antriebsportfolio der Zukunft.<br />

Der Wandel hin zur Elektromobilität in der Mobilitäts-<br />

und Logistik-Branche betrifft jedoch<br />

nicht nur die zugrunde liegende Antriebstechnik,<br />

sondern auch die Energiewirtschaft.<br />

Welche Entwicklungen bis 2030 möglich<br />

sind, untersucht die Technologieorganisation<br />

VDE in ihrer neuen Metastudie „Logistik,<br />

Energie und Mobilität 2030“. „Die bisherigen<br />

teilweise anderweitig etablierten Akteure<br />

wie Mineralölkonzerne und Stromerzeuger<br />

müssen sich auf die neuen Rahmenbedingungen<br />

einstellen. Eine Anpassung bisheriger<br />

Konzepte wird nicht zu vermeiden sein,<br />

um dem veränderten Bedarf an Antriebsenergie<br />

gerecht zu werden und gegenüber<br />

neuen Akteuren auf dem Markt zu bestehen<br />

können.<br />

Die Logistik und Mobilität der Zukunft wird von<br />

erneuerbarer Energie angetrieben. In der<br />

Studie beschreiben wir deshalb auch unterschiedliche,<br />

teils konkurrierende Logistikszenarien<br />

für den urbanen Raum, um zu zeigen,<br />

wie die Zukunft ganz praktisch für den Nutzer<br />

gestaltet werden kann“, erklärt Nora Dörr, Projektleiterin<br />

der Metastudie. Ergänzend unter-


suchten die Experten Brennstoffzellenanwendungen<br />

als Alternative im Fernverkehr sowie<br />

das Potenzial weiterer alternativer Kraftstoffe.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus<br />

dem Bereich Energie:<br />

Der Bedeutung der Elektromobilität wird weiter<br />

steigen. 2019 betrug die Zahl der Elektrofahrzeuge<br />

(BEV, PHEV, FCEV, etc.) weltweit<br />

4,79 Millionen. Bis zum Jahr 2030 kann sich<br />

diese Zahl bis auf 150 Millionen Fahrzeuge<br />

verdreißigfachen. Batterien sind für den Einsatz<br />

in den Bereichen Mobilität und Logistik<br />

bereits hinreichend gut entwickelt. Weitere<br />

Optimierungen im Bereich der Herstellungsund<br />

Materialkosten sind u.a. durch optimierte<br />

und automatisierte Produktionsabläufe sowie<br />

durch neue Materialinnovationen, welche<br />

oftmals auch eine Energiesteigerung mit sich<br />

bringen, zu erwarten.<br />

Brennstoffzellen stellen vor allem für den<br />

Schwerlast- und Fernverkehr bis 2030 eine flexible<br />

und technisch ausgereifte Antriebsenergie<br />

dar. Die Durchdringung des Marktes mit<br />

Wasserstofffahrzeugen erfolgt voraussichtlich<br />

ab 2030 bis 2050. Auch 2030 werden noch<br />

Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen betrieben,<br />

denn weitere alternative Kraftstoffe stehen<br />

bis 2030 noch nicht in ausreichendem Maße<br />

zur Verfügung, um Verbrennerfahrzeugen zu<br />

ersetzen. Der Energiemarkt wird in Zukunft heterogener.<br />

Unterschiedliche Antriebsenergien<br />

existieren 2030 nebeneinander. Ein grundlegender<br />

Transformationsprozess hin zur Batterie-<br />

und Brennstoffzellennutzung sollte aber<br />

erfolgt sein.<br />

Auf die veränderten Rahmenbedingungen<br />

hin muss auch die Infrastruktur ausgerichtet<br />

werden. So werden Ladetechnologien und<br />

-infrastruktur sowohl für batterieelektrische<br />

Fahrzeuge als auch für Brennstoffzellenfahrzeuge<br />

ausgebaut werden müssen, um den<br />

steigenden Bedarfen gerecht zu werden. Für<br />

das Stromnetz 2030 stellt die stetige Zunahme<br />

an Elektrofahrzeugen eine anspruchsvolle,<br />

aber bewältigbare Herausforderung dar.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus den<br />

Bereichen Mobilität und Logistik:<br />

Die Verkehrsleistung wird bis 2030 stetig zunehmen.<br />

Angesichts der steigenden Transportleistung<br />

ist unabhängig vom Verkehrsträger eine<br />

bessere Auslastung anzustreben. So werden<br />

die wichtigsten Straßen- und Schienenwege,<br />

insbesondere rund um Ballungsräume, zunehmend<br />

überbelegt. Da kein unbegrenzter Ausbau<br />

möglich ist, muss an einer Optimierung<br />

der Auslastung bestehender Netze gearbeitet<br />

werden. Konzepte und Technologien zur<br />

dichteren Belegung sind erforderlich. Andernfalls<br />

wird das Transportvolumen aufgrund von<br />

Staus auf Autobahnen, stehender Güterzüge<br />

und festsitzender Binnenschiffe nicht mehr<br />

wachsen können. Um bei gleichbleibenden<br />

Verteilnetzen und infrastrukturellen Voraussetzung<br />

Mobilität und Logistik zu ermöglichen,<br />

müssen die vorhandenen Verkehrsträger besser<br />

ausgelastet werden.<br />

Die Anzahl und Gestalt von Logistikakteuren<br />

und Mobilitätsdienstleistern wird 2030 vielfältiger.<br />

Die Angebote werden zukünftig maßgeblich<br />

von der Digitalisierung bestimmt. Insgesamt<br />

ermöglicht diese eine noch bessere<br />

Abstimmung von Angebot und Nachfrage<br />

des Personenverkehrs. Angesichts der zu erwartenden<br />

Bevölkerungszunahme insbesondere<br />

in den deutschen Metropolregionen<br />

von aktuell rund 16 Prozent auf 19 Prozent der<br />

Gesamtbevölkerung bis 2030 müssen innovative<br />

Lösungen für die weiter steigende Verkehrsnachfrage<br />

gefunden werden.<br />

Über die Studie:<br />

Die Metastudie „Logistik, Energie und Mobilität<br />

2030“ ist im Rahmen der Begleitforschung<br />

des Technologieprogramms IKT für Elektromobilität<br />

des Bundesministeriums für Wirtschaft<br />

und Energie (BMWi) entstanden. Ziel des<br />

Programms ist die Förderung von intelligenten<br />

Anwendungen für Mobilität, Logistik und<br />

Energie. Das Programm besteht (in leicht veränderter<br />

Form) seit 2010 und hat in dieser Zeit<br />

zahlreiche Projekte im gesamten Bundesgebiet<br />

gefördert. (RED)<br />

Der VDE, eine der größten<br />

Technologie-Organisationen<br />

Europas,<br />

steht seit mehr als 125<br />

Jahren für Innovation<br />

und technologischen<br />

Fortschritt.<br />

Als einzige Organisation<br />

weltweit vereint der VDE<br />

dabei Wissenschaft,<br />

Standardisierung, Prüfung,<br />

Zertifizierung und<br />

Anwendungsberatung<br />

unter einem Dach.<br />

Das VDE Zeichen gilt seit<br />

100 Jahren als Synonym<br />

für höchste Sicherheitsstandards<br />

und Verbraucherschutz.<br />

Wir setzen uns ein für die<br />

Forschungs- und Nachwuchsförderung<br />

und für<br />

das lebenslange Lernen<br />

mit Weiterbildungsangeboten<br />

„on the job“.<br />

2.000 Mitarbeiter an<br />

über 60 Standorten<br />

weltweit, mehr als<br />

100.000 ehrenamtliche<br />

Experten und rund 1.500<br />

Unternehmen gestalten<br />

im Netzwerk VDE eine<br />

lebenswerte Zukunft:<br />

vernetzt, digital, elektrisch.<br />

Wir gestalten die<br />

e-diale Zukunft.


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S74<br />

Überlagerter Wandel<br />

Johannes Roters, Partner von ASE Automotive Senior Experts GmbH, stellt dar, warum<br />

die Corona-Krise die Symptome der anstehenden Schwierigkeiten nurüberlagert<br />

und wie Interim-Management bei der Bewältigung der Herausforderungen<br />

helfen kann. BEITRAG: REDAKTION<br />

JOHANNES ROTER<br />

PARTNER<br />

ASE AUTOMOTIVE<br />

SENIOR EXPERTS GMBH<br />

Die Krise durch die Pandemie ist in aller<br />

Munde, doch in der Automobilund<br />

Zulieferindustrie überlagert sie<br />

nur die aktuellen Herausforderungen,<br />

mit denen sich die Branche schon länger<br />

konfrontiert sieht. Zwei Phänomene machen<br />

den Autobauern und Zulieferern besonders<br />

zu schaffen und führen zu massiven Veränderungen:<br />

die Elektrowende und die Digitalisierung.<br />

Antriebsrevolution und autonomes<br />

Fahren gelten als die zwei vorherrschenden<br />

Themen – und das auch nicht erst seit gestern.<br />

Seit 2020 ist Johannes Roters Partner bei<br />

der ASE Automotive Senior Experts GmbH.<br />

Über 38 Jahre war er in der Automobilzulieferindustrie<br />

tätig und hat deren Globalisierung<br />

mitgestaltet z.B. Johnson Controls,<br />

Yanfeng Global Automotive Interior (YFAI).<br />

Die Corona-Krise überdeckt diese Herausforderungen<br />

und erschwert den Veränderungsprozess<br />

erheblich. Nun stehen die traditionellen<br />

Unternehmen der Branche vor der<br />

Herausforderung, wie sie mit dem nicht mehr<br />

aufzuhaltenden Wandel umgehen. Welche<br />

Veränderungsprozesse müssen die Verantwortlichen<br />

anstoßen? Um die Transformation<br />

zu starten, verlangt es nach einem lebhaften<br />

Meinungs- und Informationsaustausch. Dafür<br />

sind qualifizierte, erfahrene Führungskräfte<br />

und weniger Manager von Nöten. Denn diese<br />

arbeiten im Wesentlichen an der Gegenwart<br />

– Führungskräfte gestalten jedoch die Zukunft:<br />

Es gilt, jetzt die Organisation wachzurütteln<br />

– zu lange schon wird der notwendige Veränderungsprozess<br />

aufgeschoben, weg vom<br />

sprichwörtlichen ‚das haben wir immer schon<br />

so gemacht‘ hin zu einer Bereitschaft und Leidenschaft<br />

für die anstehenden Veränderungen.<br />

Klingt simpel, ist jedoch sehr aufwendig.<br />

Häufig unterschätzen die Verantwortlichen<br />

die Anstrengungen, die solch ein fundamentaler<br />

Wandel mit sich bringen kann. Ein Veränderungsprozess<br />

muss die gesamte Organisation<br />

umfassen und erfordert daher eine<br />

intensive interne Kommunikation. Erst wenn<br />

das gesamte Unternehmen den Inhalt der<br />

Veränderungen vollkommen verinnerlicht hat,<br />

sie akzeptiert und nach ihnen handelt, dann<br />

ist die Strategie vollständig implementiert.<br />

Im besten Fall nimmt die Organisation sogar<br />

den Aufbruch als neue Energiequelle wahr.<br />

Um den erfolgreichen Wandel zu schaffen,<br />

kann es äußerst hilfreich sein, krisenerfahrene<br />

Interim-Führungskräfte an Bord zu holen,<br />

die den Veränderungsprozess sowie die Begeisterung<br />

für den Wandel effektiv unterstützen.<br />

Aufgrund ihres hohen Erfahrungsschatzes<br />

bringen sie bei der Diskussion der<br />

neuen Vision, deren Herausforderungen und<br />

Umsetzung die gesamte Organisation voran.<br />

Interim-Führungskräfte können bei allen<br />

Beteiligten das Bewusstsein für notwendige<br />

Veränderungsschritte schärfen. Daher kommen<br />

diese Experten sowohl als Kommunikationsund<br />

Feedback-Champion zum Einsatz.<br />

Durch ihre neutrale Position stärken sie die<br />

Akzeptanz der neuen Strategie und informieren<br />

die oberen Führungskräfte über den Fortschritt<br />

der Veränderungen. Fachkundige Interim-Führungskräfte<br />

wissen aus Erfahrung ganz<br />

genau, wann und wie Veränderungsprozesse<br />

ins Stocken geraten. Sie können solche Prozesse<br />

professionell begleiten und, wenn erforderlich,<br />

eingreifen.<br />

Die Neupositionierung muss jetzt ganz oben<br />

auf die Agenda. Je zügiger dies geschieht,<br />

desto eher besteht die Chance, den Anschluss<br />

doch noch zu schaffen. Noch überlagert<br />

die Corona-Krise die eigentlichen<br />

Herausforderungen der Automobilbranche.<br />

Doch nach der Krise ist vor der Krise und die<br />

akuten Herausforderungen treten wieder hervor.<br />

Und genau darauf muss sich die ganze<br />

Automotivebranche jetzt vorbereiten.“ (RED)


Die Welt der<br />

nachhaltigen<br />

Logistik<br />

• logistik-express.com<br />

• binnenschiff-journal.at<br />

• umwelt-journal.at<br />

• transportlogistik.business<br />

• ecommerce-logistik.business<br />

• mobilitaet.business<br />

• mylogistics.business<br />

m.jaklitsch@logistik-express.at


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S76<br />

Ich will sehen<br />

Vorwegnahme-Taktik verhilft bei Kundenverhandlungen zu Transparenz. beim Kartenspielen<br />

ist oberstes Gebot, sich nicht in dieselbigen schauen zu lassen. Andersherum<br />

ist es ein großer Vorteil, zu wissen, was der Gegner auf der Hand hat. Was<br />

beim Spielen funktioniert, bringt auch bei Geschäfts-Verhandlungen viele Vorteile.<br />

BEITRAG: REDAKTION<br />

Ob Skat, Poker oder Doppelkopf:<br />

Beim Kartenspielen gilt, sich nicht<br />

in die Karten gucken zu lassen.<br />

Andersherum bringt es einen<br />

großen Vorteil, zu wissen, was der Gegner<br />

auf der Hand hat, um passend auszuspielen.<br />

Was beim Spielen funktioniert, bringt auch bei<br />

Verhandlungen auf B2B-Ebene viele Vorteile.<br />

Denn hier geht es in der Regel nicht nur um den<br />

Preis, sondern vor allem um taktischen Vorteil.<br />

Allerdings versucht auch die Käuferseite bei<br />

Vertragsabschluss Vorteile rauszuschlagen.<br />

„Die Kundenseite nutzt oft die Salamitaktik.<br />

Ein erster Aspekt wird durchverhandelt und<br />

preislich festgelegt, um dann mit einer weiteren<br />

Forderung zu überraschen. Scheibchenweise<br />

kommen so immer wieder neue<br />

Anforderungen und Wünsche hinzu und für<br />

denjenigen, der verkaufen will, werden Preisanpassungen<br />

immer schwerer möglich. So<br />

schneiden sich Kunden immer mehr Stücke<br />

vom ‚Verkäufer-Anteil‘ ab“, weiß Oliver Kerner,<br />

professioneller Vertriebstrainer, Speaker<br />

und Coach aus Bremen sowie Gründer von


Foto: Arne de Groot<br />

OK-Training, und erläutert: „Statt einer klaren<br />

Linie, bei der beide Seiten genaue Antworten<br />

zu Produkt- oder Projekt-Spezifikationen,<br />

Lieferzeiten, Team-Zusammenstellung, Startzeitpunkt<br />

und Auftragsdauer erhalten, entstehen<br />

so eher Unklarheiten. Die erfolgreiche<br />

Erfüllung der Vertragspflicht wird so erschwert,<br />

denn in der operativen Umsetzung kommt es<br />

dann unweigerlich zu Fehlern. Um Projekte<br />

schon im Verkauf ganz konkret zu definieren,<br />

hilft die Vorwegnahme-Technik.“<br />

„Ich will sehen“ –<br />

Zuerst den Kunden transparent machen<br />

Auch wenn eingangs gesagt wurde, dass es<br />

nicht nur um den Preis geht, so spielt er doch<br />

innerhalb einer Verhandlung eine wichtige<br />

Rolle. Oliver Kerner verrät: „Hier gilt es, sich<br />

niemals an der Preisgestaltung der Wettbewerber<br />

zu orientieren, sondern erstens Preise<br />

dort zu setzen, wo man sie haben möchte,<br />

und zweitens den Kunden bei dieser Preissetzung<br />

extrem mit einzubeziehen.“ Hierzu eignet<br />

sich die Vorwegnahme-Technik hervorragend,<br />

denn sie zielt darauf ab, gezielt die<br />

Forderungen des Kunden zu ermitteln.<br />

Zu Gesprächsbeginn wird dabei geklärt, welche<br />

Position das Thema Preis einnimmt. Beispiele<br />

für effektive Fragen sind hier: „Welche<br />

Punkte sind für Sie bis jetzt offen außer dem<br />

Preis“, „Abgesehen vom Preis, welche inhaltlichen<br />

Fragen zum Angebot möchten Sie heute<br />

klären?“ oder „Über den Preis werden wir<br />

ja sicherlich gleich sprechen: Welche Punkte<br />

möchten Sie außerdem klären, um eine Entscheidung<br />

treffen zu können?“. Es geht bei<br />

dieser Art von Fragen darum, den Bedarf bis<br />

zum allerletzten Punkt zu ermitteln. Wurden<br />

die Fragen beantwortet, sollte abschließend<br />

immer noch einmal nachgeharkt werden,<br />

welche Punkte weiterhin offen sind, ob es<br />

weitere Wünsche gibt und welche Unklarheiten<br />

detaillierter besprochen werden müssen.<br />

Erst wenn der Kunde hier keine Ideen oder<br />

Punkte mehr vorbringt, ist er transparent mit<br />

seinen Anforderungen, wodurch es möglich<br />

wird, ein passendes Angebot vorzustellen.<br />

Der Vorteil dieses Vorgehens: Der Verkäufer<br />

hat erst einmal zugehört und von sich und seinen<br />

Angeboten noch nichts preisgegeben.<br />

„Ich gebe“ –<br />

Anschließend klug die Karten ausspielen<br />

Wenn außer Frage steht, dass der Verhandlungspartner<br />

wirklich alles genannt hat, was<br />

er klären beziehungsweise verhandeln will,<br />

schließt der Verkäufer die Bedarfsermittlung<br />

mit der Frage „Wenn wir heute alle diese Aspekte<br />

besprechen und falls wir uns einigen<br />

können, sind dann alle Ihre offenen Punkte<br />

geklärt?“. Jetzt erst ist der Punkt gekommen,<br />

an dem der Verhandlungspartner seine Karten<br />

ausspielt. Da ihm alle kundenrelevanten<br />

Informationen vorliegen, kann er auf Forderungen,<br />

Wünsche, Positionen besser eingehen.<br />

Auch Skepsis, Ängste und Unsicherheiten<br />

des Kunden können nun aufgefangen<br />

werden. Statt ins Blaue hinein irgendetwas<br />

anzubieten, ermöglicht die Vorwegnahme-Taktik<br />

ganz effektiv und vorausschauend<br />

vorzugehen und dabei sowohl sehr individuell<br />

als auch sehr präzise Leistungsumfänge zu<br />

definieren.<br />

Oliver Kerner resümiert: „Am Ende steht selbstverständlich<br />

noch die Frage nach dem Preis<br />

– logisch. Statt diese Frage zu fürchten, sollte<br />

sie jedoch mit Freude erwartet werden, denn<br />

das zeigt ein Kaufinteresse – und was soll ein<br />

Kunde auch sagen? ‚Danke für diesen super<br />

Preis – nehm ich!‘? Das wird er nicht tun. Der<br />

Verhandlungskreis schließt sich: Es ist ein Spiel<br />

– und wenn außer dem Preis nichts mehr offen<br />

ist, dann spielt der Verkäufer künftig eben<br />

mit. Aber nicht mehr nach den Regeln der<br />

Kunden, sondern nur nach den eigenen – aktiv,<br />

effektiv und erfolgreich.“ (RED)<br />

OLIVER_KERNER<br />

VERTRIEBSTRAINER<br />

SPEAKER UND COACH<br />

GRÜNDER<br />

OK-TRAINING


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S78<br />

Wer sich in Gefahr begibt…<br />

Angeblich sprachen sich in einer Umfrage zufolge 61% aller befragten Bürger<br />

für die Corona – Impfpflicht aus, sogar für eine verpflichtende. Das stimmte<br />

wahrscheinlich noch im Frühjahr 2020[1], als noch niemand wusste, ob es denn<br />

überhaupt einen Impfstoff geben werde und als noch niemand wusste, was<br />

diese Impfstoffe eigentlich bewirken können – im Guten wie im Schlechten.<br />

GASTBEITRAG: UWE KRANZ<br />

UWE KRANZ<br />

JOURNALIST<br />

HALLO MEINUNG<br />

Die Befürworter einer gesetzlichen Impfpflicht<br />

(die immer häufiger geradezu<br />

mit jakobinischem Eifer agitieren), die<br />

notgedrungen (Er-)Duldenden (vor<br />

allem Mitarbeiter in medizinischen und pflegerischen<br />

Berufen, denen ansonsten die Kündigung<br />

droht), die vorsichtig abwartenden Skeptiker (die<br />

lieber zunächst allen regierenden Politikern und<br />

Parteisoldaten den Vorrang geben wollen), die<br />

Befürworter einer freien Impfentscheidung eines<br />

jeden (die liberal-konservativen Bürger, die noch<br />

auf ihre Grundrechte achten) und die hard-core-<br />

Verweigerer (die schon immer gegen das Impfen<br />

waren) – heute sind wir jedoch alle klüger!<br />

Jeder zweite Deutsche mutierte nämlich im Laufe<br />

des Jahres zum Hobby-Virologen; das Studium des<br />

Ärzteblatts und die Verlautbarungen von WHO, RKI<br />

und PEI haben die Lektüre der Apothekerzeitung<br />

(vulgo: Rentnerbravo) abgelöst. Folge: Das Meinungsbild<br />

ändert sich!<br />

Eine Umfrage von mdrFRAGT[2] brachte schon im<br />

Dezember 2020 zutage, dass insbesondere die Altersgruppe<br />

der 31- bis 50-jährigen gegen eine Corona-Impfpflicht<br />

sind (54%) und zusätzliche 33% erst<br />

dann für eine Impfpflicht plädieren, wenn es Langzeitstudien<br />

gibt, die Spätfolgen ausschließen. Nur<br />

ganze 11% will eine sofortige Impfpflicht einführen.<br />

Aber auch die letzte veröffentlichten Umfrage<br />

vom Januar <strong>2021</strong>[3], die das schiere Gegenteil der<br />

Umfrage vor einem Jahr zu signalisieren scheint, ist<br />

zu hinterfragen. Danach ist nur noch jeder Dritte<br />

für eine gesetzliche Corona-Impfpflicht, deutliche<br />

56% gegen eine zwingende Immunisierung und die<br />

große Mehrheit (62%) lehnt Vorteile für Menschen<br />

ab, die gegen das Coronavirus geimpft sind (Flugreisen,<br />

ÖPNV, Restaurants, Hotels, Events…).[4] Vor<br />

allem schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland<br />

(RND) aber, dass die „Bundesregierung bislang<br />

auf die gesetzliche Impfpflicht verzichtet“.<br />

Ich kenne kaum jemanden, der sich in voller Kenntnis<br />

der drohenden Gefahren und des aktuellen<br />

wissenschaftlichen Wissensstands mit Begeisterung<br />

in eine lebensbedrohliche Maßnahme wie<br />

der Corona-Zwangsimpfung stürzt. Aber ich kenne<br />

unheimlich viele, die Aussagen der Mainstreammedien<br />

schon nach dem Anlesen der Schlagzeile<br />

(neudeutsch: Headline) verinnerlichen und zum<br />

Glaubenssatz erheben. Die Aufgabe einer Schlagzeile<br />

besteht ja auch darin, die Aufmerksamkeit<br />

eines flüchtig und selektiv lesenden Betrachters zu<br />

erreichen (und das sind die allermeisten), ihn anzusprechen<br />

und auf den anschließenden Fließtext zu<br />

leiten. Schlagzeilen und Überschriften helfen dem<br />

Leser, zu selektieren, was ihn interessiert und was<br />

nicht. Übrigens: Untersuchungen zufolge lesen doppelt<br />

so viele Leser die Überschrift eines Artikels wie<br />

den Artikel selbst.<br />

Das „bislang“ ist längst vorbei<br />

Die Fragestellungen der Umfragen werden weder<br />

vollständig wiedergegeben, noch der Auftraggeber,<br />

die Anzahl der Befragten oder deren Auswahl.<br />

Geliefert wird häufig, was bestellt wurde, d.h. man<br />

muss den veröffentlichten Umfragen auf den Grund<br />

gehen. Das Gegenteil geschieht: beim flüchtigen<br />

Lesen bleibt in Etwa hängen, dass zwar ein Drittel<br />

und mehr für die gesetzliche Impfpflicht sei, die Regierung<br />

aber darauf verzichte. Untergegangen ist<br />

dabei das Wörtchen „bislang“. Schnell wird noch<br />

die Information angehängt, dass Menschen, die<br />

sich gegen Grippe impfen lassen, sich zu 56% auch<br />

gegen Corona impfen lassen wollen. Und alle wollen,<br />

dass es keine Vorteile für Geimpfte gebe. Das<br />

nennt man Propaganda, nicht Nachricht.<br />

Waldhimbeeren und „Lebensbedrohliche Nebenwirkungen“<br />

Über das amtliche Impfstoffzulassungsprotokoll, wo<br />

die lebensbedrohlichen Nebenwirkungen beschrieben<br />

werden, wird kaum eine Zeile geschrieben. Wer<br />

liest schon Beipackzettel? Wahre Informationen


sind inzwischen eine „Holschuld“, man muss sich<br />

intensiv um sie bemühen, sie zuweilen im Informationsgestrüpp<br />

der sozialen Medien heraussuchen,<br />

wie wilde Himbeeren im Wald. Das offizielle „Protokoll<br />

zur Untersuchung der Sicherheit und Effektivität<br />

des Covid-19-Impfstoffes“, welches BioNtech und<br />

Pfizer bei der amerikanischen Arzneimittelbehörde<br />

FDA[5] vorlegten, ist recht voluminös (376 Seiten).<br />

Aber: Es wurde mehrmals nachträglich geändert<br />

(eklatante Protokollbrüche); es enthält ein Dutzend<br />

Mal das Wort „lebensbedrohlich“; es findet sich der<br />

Hinweis, dass unter den rund 43.000 Probanden (die<br />

Hälfte davon Placebo-Probanden) 44 so schwer<br />

erkrankten, dass ein „dringendes medizinisches Eingreifen“<br />

erforderlich wurde; es zeigt auf, dass bis zu<br />

84% der Probanden unerwünschte Reaktionen auf<br />

die Impfung zeigten; es enthält, eher verdeckt, die<br />

Aussage, dass nur bei über 7.000 geimpften Personen<br />

gerade einmal eine einzige von der Wirkung<br />

profitierte.<br />

Der Kasseler Arzt und Statistiker Zacharias Fögen, der<br />

das ganze Protokoll kritisch analysierte, zeigte sich<br />

bestürzt und schlussfolgerte sogar, dass eine „Entlastung<br />

des Gesundheitssystems insofern aufgrund<br />

der belegten Impfreaktionen und Nebenwirkungen<br />

gar nicht zu erwarten (und auch nicht nachgewiesen)<br />

ist“[6]. Sogar das Gegenteil sei zu befürchten,<br />

nämlich dass die konkrete Gefahr bestehe, dass<br />

die Impfstoffe die Krankheit verstärken, statt lindern<br />

können. Diese Folge scheint sich bei der berichteten<br />

Vielzahl von sogenannten „Impf-Toten“[7], die<br />

schon kurz nach Erhalt der Erstimpfung an oder mit<br />

ihr verstarben, zu bestätigen; konsequente, pathologische<br />

Untersuchungen (Pflicht-Autopsien) stehen<br />

jedoch (mit wenigen Ausnahmen[8]) aus. Fögers<br />

Erkenntnis, dass Geimpfte ein fünfmal höheres<br />

Risiko für einen schwereren Covid-Verlauf haben,<br />

als Ungeimpfte, findet man leider nur auf YouTube<br />

und Pi-news. Mainstream- und Hofmedien unterdrückten<br />

seine wissenschaftliche Kritik, wohl um die<br />

angeordnete Impffreude nicht zu trüben.<br />

Auch die ähnlich kritische Analyse des international<br />

anerkannten Impfstoff-Zulassungsexperten Peter<br />

Doshi fand keinen Eingang in die deutsche Medienwelt,<br />

sieht man von dem Internetportal Journalistenwatch<br />

einmal ab,[9] der bei allen positiven<br />

PCR-Tests einen Nachtest fordert und den Ct-Wert<br />

(Zyklenzahl) problematisiert – was aus Kostengründen<br />

aber meist unterbleibt (nicht bei Fußballern<br />

oder Politikern).<br />

Es sind eben keine Verschwörungstheoretiker oder<br />

vereinzelte Ärzte, sondern die leibhaftige ehemalige<br />

Direktorin des französischen Nationalen Instituts<br />

für Gesundheit und medizinische Forschung, die<br />

Genetikerin Dr. med. Alexandra Henrion-Caude,<br />

die daher fordert, dass die Öffentlichkeit vor der<br />

Impfung intensiver über die lebensgefährlichen<br />

Risiken der mRNA-Impfstoffe aufgeklärt werden<br />

müsse, vor allem SeniorInnen. Oder die irische Immunologin<br />

und Molekularbiologin Prof. Dr. Dolores<br />

Chahill, die nach mRNA-Impfungen „schwere Immunerkrankungen<br />

der Lunge“, gar „tödlichen Zytokinstürmen“<br />

befürchtet, weil der Impfstoff die Körperzellen<br />

gentechnisch so modifiziere, dass sie das<br />

Spike-Protein des Coronavirus produzieren.<br />

Diesen Artikel gibt es als<br />

auch als Podcast unter:<br />

https://bit.ly/2OInnRD


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S80<br />

Wenn diese evtl. Monate später auf ein echtes Coronavirus<br />

treffen, bekämpften die Zellen sozusagen<br />

sich selbst, was zu septischem Schock, multiplen<br />

Organversagen und in der Regel mit Tod ende.<br />

War dies der Grund, die Placebo-Kontrollgruppe<br />

vorzeitig aus der klinischen Phase zu nehmen, weil<br />

sonst aufgefallen wäre, dass nur Geimpfte schwer<br />

erkrankten? Droht den Impfskeptikern und -gegnern<br />

nun das Quarantäne-Lager?<br />

Auch die Harvard University in Boston stellt fest,<br />

dass wichtige Fragen weiterhin offen seien[10], und<br />

fürchtet unerwartete Sicherheitsaspekte, die evtl.<br />

erst nach Millionen bis Milliarden Impfungen auftreten<br />

könnten. Kernfragen sind nach wie vor unbeantwortet:<br />

Was passiert mit der wahrscheinlich<br />

großen Zahl an Impflingen, die nur eine Dosis erhalten?<br />

Wie lange hält der Impfschutz an? Länder als<br />

zwei Monate? Schützt die Impfung vor schweren<br />

Verläufen? Beugt die Impfung auch asymptomatischen<br />

Infektionen vor? Verhindert die Impfung die<br />

Ansteckung anderer? Kann damit überhaupt die<br />

Ausbreitung der Viren gebremst werden?<br />

Angst essen Hirn auf<br />

Die Impflust der deutschen Schlafschafe soll gefördert<br />

werden, haben unsere Machthaber im<br />

Bund und in den Ländern beschlossen. Nach der<br />

Erkenntnis des großen chinesischen Kriegsherrn<br />

Sun Tzu (500v.C.) besteht jegliche Kriegsführung<br />

in der Kunst der Täuschung und Irreführung. Zunächst<br />

durch das tägliches Bombardement mit<br />

Angstzahlen: Die Zahl der angeblich „Infizierten“<br />

(die übrigens nicht einmal auf den Tag genau ist,<br />

allenfalls die Zahl der positiv Getesteten widerspiegelt<br />

und dabei Relation zur Anzahl der Testungen<br />

unterschlägt); Die Zahl der belegten Intensivbetten<br />

(die auf wundersame Weise sich nach Zahlung von<br />

50.000 €/Bett durch den Bund zunächst vermehrte<br />

und danach, wegen Personalmangels, wieder re-<br />

QUEL<strong>LE</strong><br />

[1] Ärzteblatt vom 27.04.2020: Bei einer Umfrage<br />

des Civey-Instituts für das Portal t-online<br />

sprachen sich 45 % „auf jeden Fall“ für<br />

eine Impfpflicht aus (vor allem Senioren),<br />

sobald es einen Impfstoff gebe, 16% beantworteten<br />

die Frage mit „eher ja“. Rund ein<br />

Drittel lehnte eine Impfpflicht kategorisch<br />

ab.<br />

[2] 07.12.2020: http://bit.ly/2OOxuVh<br />

[3] RND zitiert am 07.01.<strong>2021</strong> das Meinungsforschungsinstituts<br />

YouGov, das die Daten<br />

im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur<br />

(dpa) erhob.<br />

[4]Weitere 23 Prozent wären dafür, wenn<br />

gesichert ist, dass die Geimpften das Virus<br />

nicht übertragen können. dafür gibt es bisher<br />

noch keine ausreichenden Erkenntnisse.<br />

[5] FDA = Food and Drug Administration<br />

[6] https://bit.ly/2OR5a4J<br />

[7] Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist offiziell zuständig,<br />

alle Verdachtsfälle von Impfkomplikationen<br />

und Impfnebenwirkungen zu<br />

registrieren und in der DB-UAW aufzulisten,<br />

um zu prüfen, ob es einen Zusammenhang<br />

zwischen Impfung und Todeseintritt gibt<br />

(www.pei.de/db-uaw).<br />

[8] t-online, 06.02.<strong>2021</strong>: Kölner Staatsanwalt<br />

ordnet Obduktion von drei Menschen an,<br />

die nach Impfung verstarben.<br />

[9] http://bit.ly/3u7xxeN<br />

[10] Dr. Eric J. Rubin & Dr. Dan L. Longo,<br />

Harvard University, Boston,USA (NEJM 2020;<br />

online 10. Dezember<br />

[11] BT-Drs. 19/22396 und<br />

http://bit.ly/2ONo10p<br />

[12] US-Joint Doctrine for Information Operations<br />

(IO) in http://bit.ly/3dA9zmX<br />

[13] Der CCO (Chief Content Officer –<br />

Content bedeutet Inhalt) von Scholz &<br />

Friends plauderte am Ostseestrand aus<br />

dem Nähkästchen.<br />

[14] http://bit.ly/3s0ZYt8


duziert wurde); Der R-Wert (wochenlang Buhmann<br />

Nr. 1, wird jetzt nur noch als Beiwerk gehandelt); Der<br />

Inzidenz-Wert (der nicht wirklich etwas aussagt und<br />

je nach Wochenlage wie auf einem Basar gehandelt,<br />

sprich heruntergeschraubt wird); Die Zahl der<br />

Toten, die an oder mit Corona verstarben, (die mit<br />

bis zu acht Wochen Verzug gemeldet werden und<br />

von denen keiner weiß, woran sie wirklich starben<br />

und bei denen keiner Anstalten macht, wenigstens<br />

Random-Autopsien anzuordnen). Soviel Angst<br />

frisst bei manchem das Hirn auf und lässt mit sich<br />

machen, was die Machthaber wollen. Auch Parlamentarier<br />

nicken da nur noch ab, statt aufzumucken<br />

und ihres Amtes zu walten. Daneben werden<br />

die Lockdown-Orgien zu heldenhaftem Opfer der<br />

Bevölkerung hochstilisiert. Schon am 01.04.2020<br />

(wir erinnern uns: der erste Lockdown begann<br />

am 23.03.2020) schloss Bundesgesundheitsminister<br />

Spahn mit der Werbeagentur Scholz &Friend seinen<br />

Vertrag für die Impfkampagne „Deutschland krempelt<br />

die #Ärmel hoch“ ab, der rund 25 Millionen<br />

Euro kostete. Ein Klacks, denn Spahns zusätzlicher<br />

Corona-Topf umfasste satte 90 Millionen Euro und<br />

das ist der Großteil des Werbetopfs der Bundesregierung<br />

(150 Millionen Euro).<br />

Dass sich diese Werbeagentur 2020 noch in einem<br />

handfesten Sexismus-Skandal stak und zuvor eine<br />

dubiose Atommüll-Endlagerkampagne führte,<br />

machte dem Gesundheitsminister nichts aus, verhalf<br />

aber der Werbeagentur zu einem „kometenhaften<br />

Aufstieg“.[11]<br />

Bei der Mobilisierungskampagne #wirbleibenzuhause“<br />

fehlte denn kaum ein Prominenter, der<br />

nicht auch seine Hände über den Kopf faltete, um<br />

ein Dach zu symbolisieren. Scholz & Friends wendete<br />

damit nur seine alte Linie, denn vor wenigen<br />

Jahren kreierte das Team für die Berliner Obdachlosenzeitung<br />

“strassenfeger“ noch den „Superpenner“,<br />

dessen „Muskeln fester als sein Wohnsitz“<br />

seien. Mit den Werbespots „Wir waren besondere<br />

Helden“ wurden schließlich gedankliche Anleihen<br />

und Assoziationen an den US-Kriegsfilm „Wir waren<br />

Helden“ gemacht, um das Herumlungern auf der<br />

häuslichen Couch zu einer heldenhaften Aktion zu<br />

verklären. Infantilisierung pur!<br />

Auch für die Impfkampagne wird nach Kräften geworben,<br />

was das Zeug hält: „Deutschland krempelt<br />

die #Ärmel hoch“- im Rundfunk, im Fernsehen, in<br />

den Printmedien und im Internet: YouTube, Facebook,<br />

Twitter, Instagram und seit neuestem auch<br />

auf LinkedIn, Whatsapp, Telegram und Tiktok. In<br />

der modernen PR-Welt heißt das „perceptionmanagement“,<br />

auf gut deutsch: Wahrnehmungsmanagement“.<br />

Das sind „Handlungen zum Transportieren<br />

und/oder Vorenthalten ausgewählter<br />

Informationen und Indikatoren gegenüber einem<br />

fremden Publikum, um seine Gefühle, Motive und<br />

sein objektives Denken zu beeinflussen; und gegenüber<br />

Nachrichtendiensten und der Führung<br />

auf allen Ebenen, um offizielle Einschätzungen zu<br />

beeinflussen. Auf unterschiedliche Arten kombiniert<br />

das Wahrnehmungsmanagement Wahrheitsprojektion,<br />

Sicherheit beim Einsatz, Vertuschung und<br />

Täuschung und psychologische Operationen- es<br />

stammt ja auch aus der US-militärischen Kriegsführung“[12]<br />

Der Golfkrieg und seine irakischen<br />

Brutkästen und Cambridge Analytica (Microtargetingbei<br />

Brexit und US-Wahl) lassen grüßen, denkt<br />

man an die „WHO Infodemiology Conference”<br />

vom Juni 2020 zurück und an die offen zugegebene<br />

PR-gesteuerte und bewusste Diffamierung<br />

Andersdenkender als Verschwörungstheoretiker<br />

und Aluhutträger[13], was prompt eine staatlich<br />

opulent gesponserte Spaltung unserer Gesellschaft<br />

nach sich zog.<br />

Fakten, Dialogbereitschaft, Informationsaustausch,<br />

Akzeptanz, überzeugende Kommunikation?<br />

Fehlanzeige! Stattdessen Grundrechtseinschränkungen<br />

en masse, Verbote, Gebote, Androhung<br />

von Konsequenzen, rigide Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen,<br />

Infragestellung der Gewaltenteilung,<br />

PR-Gedöns auf Kosten aller Steuerzahler und gegen<br />

einen Großteil der Steuerzahler[14] – und eine<br />

höchst gedeihliche, mir aber äußerst unheimliche<br />

Zusammenarbeit von PR-Agenturen mit dem Lagezentrum<br />

des BMG. Die Realität schlägt doch tatsächlich<br />

die vor einem Jahr noch kursierenden so<br />

genannten „Verschwörungstheorien“.Ach ja: Was<br />

war nochmal der Grund für die Impfung?


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S82<br />

Risiken & Nebenwirkungen garantiert<br />

Jeder Arzt berücksichtigt bei seiner Medikation die aktuelle gesundheitliche<br />

Situation seines Patienten und wägt die ihm bekannten Nebenwirkungen und<br />

Risiken der von ihm verschriebenen Medikamente und Therapien sorgfältig ab:<br />

Der Nutzen muss zumindest den Schaden deutlich überwiegen. Bei jedem Medikament,<br />

das wir einnehmen, sollte man daher auch den Beipackzettel lesen,<br />

der die Risiken und Nebenwirkungen beschreibt. GASTBEITRAG: UWE KRANZ<br />

UWE KRANZ<br />

JOURNALIST<br />

HALLO MEINUNG<br />

Die Lockdowns und die anderen Anti-Corona-Maßnahmen,<br />

die unsere<br />

Machthaber uns, der Bevölkerung,<br />

verordnet haben, sind eigentlich<br />

auch eine Art Medizin, bei der man Nutzen<br />

und Schaden hätte sorgfältig abwägen<br />

müssen. Schon am 30. Januar 2020 erklärte<br />

die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die<br />

„gesundheitliche Notlage von internationaler<br />

Tragweite“. Nach wochenlangem Abwiegeln<br />

der Gefahr reifte auch bei der Bundesregierung<br />

die Erkenntnis, dass nach China, Ägypten,<br />

Iran, Südkorea, Thailand und den USA<br />

das Virus nun auch in Europa zugeschlagen<br />

hatte, zunächst in Frankreich, in Italien, in der<br />

Schweiz, in Polen, in Dänemark, in Tschechien,<br />

dann auch in Deutschland. Die ersten Infektionen<br />

wurden offiziell angeblich im März 2020<br />

in Sachsen und Thüringen gemeldet. Wirklich?<br />

Man muss wohl daran erinnern, dass die erste<br />

Infektion schon am 27. Januar aus dem Landkreis<br />

Starnberg gemeldet worden war und<br />

auch daran, dass der in Deutschland neu<br />

eingerichtete Krisenstab erstmals am 28. Februar<br />

2020 zusammenfand. Als am 10. März<br />

das Virus auch in Sachsen-Anhalt festgestellt<br />

worden war, war endlich ganz Deutschland<br />

betroffen. Acht Tage später sprach die Bundeskanzlerin<br />

von einer „Herausforderung von<br />

historischem Ausmaß“ und am 25. März verfügte<br />

der Bundestag seine eigene Entmachtung,<br />

indem er die „Epidemische Lage von<br />

nationaler Tragweite“ beschloss, eine Entscheidung,<br />

die er am 18. November nochmals<br />

verlängerte. Der Panik-Modus lief an.<br />

„Too late, too little…“<br />

Die danach getroffenen Maßnahmen waren<br />

zu spät, sie waren unzureichend und sie waren,<br />

wie wir heute wissen, nicht durchdacht.<br />

Gewiss, die Risikoentscheidungen waren im<br />

Frühjahr 2020 durch die damals bestehenden<br />

begrenzten Erkenntnisse über das SARS-CoV-<br />

2-Virus zwar beschränkt, aber die Gefährdungen<br />

und die dagegen erforderlichen Maßnahmen<br />

waren ja auch nicht unvorhersehbar<br />

gewesen. Schließlich gab es genügend Erkenntnisse,<br />

z.B. aus der Schweinegrippe<br />

(2009), aus dem „Bericht zur Risikoanalyse<br />

im Bevölkerungsschutz 2012“ (ab S.55 ff wird<br />

ein ähnliches, hypothetisches, sogar drastischeres<br />

Szenario beschrieben), der Influenza<br />

2017/18 (der 25.100 Menschen zum Opfer<br />

fielen) und zuletzt, ganz aktuell, aus der Simulations-Übung<br />

„Event201“ (Oktober 2019).<br />

Diese war vom John Hopkins Center für Gesundheitssicherheit,<br />

dem Weltwirtschaftsforum<br />

und der Bill & Melinda Gates Stiftung (die<br />

alle aufs engste miteinander verbunden sind,<br />

vor allem finanziell) veranstaltet worden und<br />

elitär mit Top-Bankern, Hotel- und Logistikunternehmern<br />

und PR-Experten besetzt, nicht<br />

aber z.B. mit Ärzten, Psychologen oder Soziologen.<br />

Ziel der Übung war zu testen, wie die<br />

Staaten auf die Herausforderungen eines<br />

neuartigen, zoonotisch übertragenen Coronavirus<br />

(„nCoV“) reagieren würden, das<br />

innerhalb von 18 Monaten zum Tod von 64<br />

Millionen Menschen führen würde. Übungsannahme<br />

war, dass das Virus zunächst Handel<br />

und Reisemöglichkeiten lähmen würde, um<br />

dann die Weltwirtschaft zum Absturz bringen.<br />

Die Schlussfrage im Panel lautete tatsächlich,<br />

ob die globale Gemeinschaft bereit sei, die<br />

harten Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich<br />

seien, um die nächste Pandemie zu stoppen<br />

– fast schon hellseherisch, nicht wahr?<br />

Korrelation impliziert nicht automatisch Kausalität...<br />

aber die Risikoentscheidungen waren<br />

im Frühjahr 2020 vor dem Hintergrund der Erfahrungen<br />

und Erkenntnisse aus den früheren


Epidemien zu fällen. Dennoch wurden in<br />

dieser Phase zu keinem Zeitpunkt (und auch<br />

später nicht) überprüft, ob die ergriffenen<br />

Gegenmaßnahmen noch in einem vernünftigen<br />

Verhältnis zu den Ursachen stehen, ob<br />

die zweifelsfrei vorhersehbaren Kollateralschäden<br />

nicht höher als der Nutzen sind. Dabei<br />

zirkulierte schon länger in der Abteilung<br />

Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz<br />

des Bundesinnenministeriums, Referat „Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen (KRITIS)“, ein Evaluationsbericht<br />

des Oberregierungsrats Stephan<br />

Kohn, welches er dann am 08.05.2020 auch<br />

an einen breiteren Verteiler steuerte – aus<br />

dem es dann postwendend auch an die Medien<br />

gelangte, weshalb er ebenso postwendend<br />

suspendiert wurde. In diesem Papier<br />

diagnostizierte er treffend „schwerwiegende<br />

Defizite im Regelungsrahmen für Pandemien<br />

sowie Fehlleistungen im handwerklichen<br />

doing des Krisenmanagements” und postulierte<br />

vorausschauend:<br />

„Es gibt in einer Pandemie also immer mindestens<br />

zwei Gefahren, die das Krisenmanagement<br />

im Blick haben muss: gesundheitliche<br />

Schäden durch einen Krankheitserreger und<br />

Kollateralschäden durch Nebenwirkungen<br />

der Schutzmaßnahmen oder (als Spezialfall)<br />

einen Fehlalarm.“<br />

Bei den Folgeabschätzungen durch die<br />

Krisenstäbe fehlten nach Kohns Analyse wesentliche<br />

Teile, nämlich die wirtschaftlichen,<br />

psychosozialen und gesundheitlichen Konsequenzen<br />

des Lockdowns. Branchen wie<br />

Handel, Gastronomie, Tourismus, Event, Messe,<br />

Kunst und Kultur stehen vor dem Aus, das<br />

Bruttoinlandsprodukt wird absacken, rund 10<br />

Millionen Arbeitskräfte kommen in Kurzarbeit,<br />

ihnen droht in naher Zukunft die Arbeitslosigkeit,<br />

die Zahl der Konkurse wird dramatisch<br />

steigen, die Steuereinnahmen werden sinken,<br />

Staatsausgaben und Verschuldung werden<br />

in ungeahnte Höhensteigen, Sozialversicherungs-,<br />

Kranken- und Pflegesysteme werden<br />

erheblich belastet und Kreditausfälle werden<br />

drastisch steigen (insbesondere Hermesbürgschaften!)<br />

– wie weitsichtig!<br />

Diese Analyse des Referenten aus dem<br />

Innenministerium wäre eigentlich Aufgabe<br />

der Wirtschafts- und Finanzministerien,<br />

gar Chefsache gewesen. Die Medien<br />

warfen dem vorausschauenden<br />

Referenten damals vor, dass die Beweisführung<br />

„grundsätzlich problematisch“ sei, das<br />

er „zwar plausible“ Argumente vortrage,<br />

die aber „nicht belegt“ seien. Dabei sind alle<br />

seine Voraussagen eingetroffen, in fast allen<br />

Bereichen gab es erhebliche Einbrüche: am<br />

Diesen Artikel gibt es als<br />

auch als Podcast unter:<br />

https://bit.ly/3b7yT0F


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S84<br />

schlimmsten in der Kultur- und Kreativwirtschaft<br />

(-31%), gefolgt von der Tourismusindustrie<br />

(-27%) und der Automobilbranche (-25%).<br />

Die Liste kann problemlos fortgesetzt werden.<br />

Zehntausende Künstler und Kulturschaffende<br />

sind davon betroffen, aus Museen, Galerien,<br />

Schlösser, Theater, Kinos, Kleinkunstbühnen,<br />

Konzerthäuser, Musik- und Filmveranstaltungen,<br />

Kinos u.a. Einrichtungen; sie alle werden<br />

bald zu Hartz-IV-Empfängern.<br />

Man kann ja der Milchmädchen-Meinung<br />

sein, dass das alles nur Geld sei, das man halt<br />

nur drucken müsse, um der Wirtschaft über einen<br />

Engpass zu helfen. Aber die Problematik<br />

geht viel tiefer.<br />

Nil nocere ...<br />

Auch seine Voraussagen bezüglich der gesundheitlichen<br />

und psychosozialen Folgen<br />

des Lockdowns sind zutreffend. Schon früh<br />

erkannte er:<br />

„Der Kollateralschaden ist inzwischen höher<br />

ist als der erkennbare Nutzen … Alleine ein<br />

Vergleich von bisherigen Todesfällen durch<br />

den Virus mit Todesfällen durch die staatlich<br />

verfügten Schutzmaßnahmen (beides ohne<br />

sichere Datenbasis) belegen den Befund.“<br />

Zu diesem Schluss kam er, nachdem er mehrere<br />

Wissenschaftler und Ärzte um Rat befragte,<br />

die auch seine überblicksartige Zusammenstellung<br />

gesundheitlichen Kollateralschäden<br />

(incl. Todesfälle) auf Plausibilität überprüften<br />

(und nach Veröffentlichung und der kritischen<br />

Überprüfung aus dem Bundesinnenministerium<br />

auch bei ihrer medizinwissenschaftlichen<br />

Meinung blieben!). Diese Analyse<br />

des Referenten aus dem Innenministerium<br />

wäre eigentlich Aufgabe des Gesundheitsministeriums<br />

gewesen, vor allem aber eine medizin-wissenschaftliche<br />

Begleitung der Anti-<br />

Corona-Maßnahmen. Die Bundesregierung<br />

hatte sich jedoch längst kopflos in den Lockdown-Modus<br />

gestürzt, koste es was es wolle<br />

– selbst Menschenleben! Das oberste medizinische<br />

Prinzip, vor allem nicht zu schaden<br />

(nil nocere), wurde damit auf den Kopf gestellt.<br />

Selbst nach dem zweiten Lockdown, dem so<br />

genannten „Wellenbrecher“, seiner ersten<br />

Verlängerung als harter Lockdown Ende 2020,<br />

seinen weiteren Verlängerungen im Januar<br />

und Februar <strong>2021</strong> und der vorhersehbaren<br />

weiteren Verlängerungen (mehrere politische<br />

QUEL<strong>LE</strong><br />

[1] Diese Daten wurden aufwendig erfragt/<br />

erhoben von Marlene Lufen, Moderatorin<br />

beim Frühstücksfernsehen. Sie macht damit<br />

ihre Arbeit als Journalistin richtig – und<br />

sie machtezugleich die Arbeit der Bundesregierung.<br />

Ihr sei hier dafür ausdrücklich<br />

gedankt!<br />

[2] D-Statis: 2018: 9.396, 76 % Männer, medianes<br />

Alter 57,9 Jahren, 50% Erhängen,<br />

Strangulieren und Ersticken. http://bit.<br />

ly/2ZkxOgn<br />

[3 ]Psychiater Prof. Dr. Wolfram Kawohl,<br />

Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

in Windisch (CH), 07.05.2020<br />

[4] Berliner Senatsverwaltung für Inneres<br />

und Sport auf Anfrage des Abgeordneten<br />

Marcel Luthe (Ex-FDP); COR-<br />

RECTIV relativiert zwar diese Zahlen,<br />

bezieht sich jedoch auf die parlamentarische<br />

Anfrage 18/19026 vom 25.05.2019.<br />

Auch darin sind die Rubriken „Psychiatrische<br />

Notfall, evtl. suizidgefährdet“ beeindruckend.<br />

CORRECTIV bestätigt aber, dass<br />

Mitte März 2020 die Häufigkeit des Einsatzcodes<br />

17D01J um 300 Prozent gestiegen<br />

seien. Dieser steht für Personen, die mit unterstellter<br />

Suizidabsicht aus mehr als zehn<br />

Metern Höhe springen wollen. Dieser Einsatzcode<br />

wurde im Februar 2020 dreimal<br />

vergeben, im März gar nicht und im April<br />

viermal. Es handelt sich also um sieben Einsätze<br />

im ersten Jahresdrittel 2020. Das sind<br />

so viele wie im Jahr 2019.<br />

[5] Dr. Ulf Dittmar, Virologe,<br />

Uniklinikum Essen<br />

[6] Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />

(KBV), Andreas Gassen auf<br />

https://bit.ly/3jSgQzr<br />

[7]Kinderarzt Dr. Thomas Buck,<br />

http://bit.ly/2OHwtye


Hinweise deuten auf den Spätsommer <strong>2021</strong><br />

hin, dem Termin der Bundestagswahl!), gibt<br />

es keine ersichtlichen Bemühungen, diese<br />

medizinischen und gesundheitlichen Kollateralschäden<br />

festzustellen, die erforderlichen<br />

Daten zu erheben und diese umfänglich wissenschaftlich<br />

zu analysieren, um die Erkenntnisse<br />

in die Entscheidungsmatrix einfließen zu<br />

lassen. Wie denn auch, wenn diese Regierung<br />

schon unfähig ist, innerhalb eines Jahres<br />

ein ordentliches, verlässliches, tagesaktuelles<br />

Meldesystem der tatsächlich Infizierten zu installieren,<br />

Todesfälle über den Daumen beurteilt<br />

und PCR-Tests verwendet, die weder<br />

zertifiziert noch geeignet sind.<br />

ORR Kohn meldete alleine für März und April<br />

2020, dass 90 % aller eigentlich notwendiger<br />

Operationen verschoben oder gar abgesagt<br />

wurden. Dies betraf auch rund 2 Millionen<br />

Krebspatienten. Grund war die vom Bundesgesundheitsministerium<br />

am 16. März angeordnete<br />

Räumung der Kliniken zur Freihaltung<br />

von Behandlungsplätzen, zunächst um 50%,<br />

am 20. Mai reduziert auf 30%, was immer<br />

noch zu viel war, wie die Leerstände bewiesen).<br />

Den OP-Rückstau alleine von März/<br />

April aufzuarbeiten, dürfte etwa 11 Monate<br />

dauern –und auch nur dann, wenn wöchentlich<br />

illusorische 20% mehr Eingriffe stattfinden<br />

könnten! Experten rechneten deshalb früh<br />

damit, dass in Deutschland zwischen 5.000<br />

und 125.000 Menschen wegen OP-Absagen<br />

oder -Verschiebungen verstarben oder noch<br />

versterben werden – und das auf der Basis nur<br />

des ersten Lockdowns. Wo bleibt die Jahresanalyse<br />

der Bundesregierung?<br />

Die Weltgesundheitsorganisation fand im<br />

Frühjahr 2020 bei einer Umfrage in 155 Ländern<br />

heraus, dass durch Lockdown und andere<br />

Anti-Corona-Maßnahmen die erforderlichen<br />

Behandlungsmaßnahmen bei den<br />

folgenden Krankheiten stark eingeschränkt<br />

waren: Bluthochdruck (-50%), Herz-Kreislauferkrankungen<br />

(-31%), Krebsleiden (-42%) und<br />

Diabetes (-49%).Wo bleibt die entsprechende<br />

Jahresanalyse der Bundesregierung? Die Zahl<br />

der unterbliebenen Krebs-Vor- und -Nachsorge-Maßnahmen<br />

geht in die Hunderttausende.<br />

Notaufnahmen und Arztpraxen verzeichneten<br />

einen Rückgang dieser Patienten von<br />

25%,sogar bis zu 50% bei leichten Symptomen<br />

eines Schlaganfalles. Die Zahl kausaler Sterbefälle<br />

müsste längst dringend wissenschaftlich<br />

erforscht werden. Schon vor Corona waren in<br />

Deutschland über 600.000 Kinder (6,5%) häuslicher<br />

Gewalt ausgesetzt, 2,6 Millionen Kinder<br />

lebten mit suchtkranken Eltern. Durch Schulund<br />

Kitaschließungen, Homeoffice, Freistellungen,<br />

Kurzarbeit und Entlassungen fielen<br />

die Schutzräume vieler Kinder und viele Elemente<br />

der sozialen Kontrolle dem Lockdown<br />

und den anderen Anti-Corona-Maßnahmen<br />

zum Opfer. Die Folge: Deutliche Zunahme<br />

der Gewalt gegen Frauen und Kinder, die<br />

ihren Peinigern zuhause jetzt noch mehr ausgeliefert<br />

sind. 2020 riefen 461.000 Kinder die<br />

„Nummer gegen Kummer“ an (0800-1110333,<br />

leider nur besetzt von Mo-Sa, und von 1400-<br />

2000 Uhr), die online-Beratungen schnellten<br />

um 31% nach oben, das sind fast 10.500 Beratungsersuchen<br />

mehr, als in den Vorjahren.<br />

In der Gewaltambulanz der Berliner Charité<br />

stieg die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt<br />

an Kindern im 1. Halbjahr 2020 um 23%.<br />

Rund 67% aller jungen Menschen im Alter<br />

von 18 – 24 Jahren ist psychisch belastet,<br />

die Anzahl der Fälle von Magersucht nimmt<br />

zwischen 10% und 20% zu, schon davor litten<br />

800.000 Menschen an dieser Krankheit,<br />

6%bis zu 10% starben sogar daran.<br />

[1]Wo bleiben die entsprechenden Jahresanalysen<br />

der Bundesregierung für 2020?<br />

Vor 2020 wurden pro Quartal 2,5 Millionen gesetzlich<br />

Versicherte bei Fachärzten für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie & Nervenheilkunde<br />

(DGPPN) behandelt; jährlich begehenzwischen<br />

9.000 und10.000 Menschen Suizid[2],<br />

jeder fünfte stehe im Zusammenhang mit<br />

der Arbeitslosigkeit.[3]. Diese Zahlen werden<br />

angesichts der steigenden Massenarbeitslosigkeit,<br />

wachsender Existenzängste in Verbindung<br />

mit „Kontaktsperren“ und „Rückzugsgeboten“<br />

(vulgo: Ausgangsbeschränkung<br />

oder -sperre) 2020 gestiegen sein, jedoch ist<br />

die aktuelle Jahreszahl der Suizide noch nicht<br />

veröffentlicht. Aber es gibt deutliche Indizien<br />

dafür: Bis November 2020 soll die Berliner Feuerwehr<br />

294 Mal unter dem Einsatzcode „Beinahe<br />

Strangulierung/erhängen“ ausgerückt<br />

sein, 2019 seien es ganze drei Einsätze, 2018<br />

sieben gewesen[4]. Wo bleibt die entsprechende<br />

Jahresanalyse der Bundesregierung?<br />

Die Anti-Corona-Maßnahmen führen wissenschaftlich<br />

inzwischen unbestreitbar zur


LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S86<br />

sozialen Isolation und damit zu erheblichen<br />

Depressionen, Deprivationen, Suchtmittelmissbrauch<br />

und Schlaf- oder lebensgefährlichen<br />

Essstörungen. 74% aller Depressiven<br />

fühlen sich durch die Lockdowns und den anderen<br />

Anti-Corona-Maßnahmen „extrem belastet“.<br />

Da diese Maßnahmen immer wieder<br />

verlängert wurden und werden, sind verheerende<br />

Langzeitwirkungen zu erwarten, die<br />

wissenschaftlich studiert und analysiert werden<br />

müssten. In 50 % aller Haushalte leben<br />

Menschen alleine. Gewiss, da sind auch viele<br />

Heranwachsende und Erwachsene mittleren<br />

Alters darunter – doch zunehmend viele Senioren<br />

wohnen allein, Menschen, die sichtlich,<br />

aber leise unter dem Anti-Corona-Missmanagement<br />

leiden. Sie haben keine Stimme,<br />

die vereinzelten Fürsprecher verhallen in der<br />

medialen Wüste. Sehr alte Menschen mit beginnender<br />

Demenz brauchen aber besonders<br />

intensive soziale Kontakte: Seniorensport,<br />

Besichtigungsfahrten, Kaffeekränzchen, Spielenachmittage<br />

oder Besuche von nahen Angehörigen,<br />

dies alles wird ihnen vom Staat<br />

untersagt, schlimmer: sie werden staatlicherseits<br />

isoliert und damit traumatisiert.<br />

Dringend erforderlich wäre tatsächlich eine<br />

Differenzierung der Übersterblichkeit in Bezug<br />

auf Suizide, Kollateraltote und unzureichend<br />

behandelte andere Erkrankungen (Infarkte,<br />

Tumore, vernachlässigte Pflegebedürftige,<br />

etc.) in Korrelation zu Covid-19-Erkrankungen/-Toten.<br />

Sonst laufen wir weiter einer zum<br />

Scheitern verurteilten Strategie hinterher. Daran<br />

muss sich unmittelbar anschließen eine<br />

Untersuchung der Thematik „mit oder an<br />

Impfung gestorben“ – unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Pflegheime, ein eigenes<br />

Thema. Dass insbesondere kleine Kinder erwiesenermaßen<br />

keine Treiber der Pandemie<br />

sind[5], aber dafür umso stärker unter dem<br />

Anti-Corona-Missmanagement leiden, ist bekannt;<br />

dennoch bleiben die Kitas und Grundschulen<br />

geschlossen. Ein vernünftiges Schulmanagement<br />

war nicht gewährleistet, das<br />

Jahr 2020 wurde diesbezüglich regelrecht<br />

verschlafen, die Digitalisierung ist insgesamt<br />

katastrophal, und ein gutes Schulmanagement<br />

ist <strong>2021</strong> auch nicht zu erkennen. Insbesondere<br />

die Lockdowns überfordern nicht<br />

nur die Eltern, sondern besonders die Kinder.<br />

Ihnen fehlen die Schule, die Freunde, die<br />

Hobbys, den Eltern fehlt das Geld, um die<br />

veränderte Bildungssituation bewältigen zu<br />

können. Ihnen wird vor allem nicht schnell genug<br />

geholfen. Too late, too little– auch hier.<br />

Die Folgen sind im psychosozialen Bereich<br />

zu beobachten, aber auch im Lern- und<br />

Reifeprozess der Kinder, die sich zum Teil sogar<br />

zurückentwickeln. Kliniken und Kinderärzte<br />

alarmieren, beobachten eine deutliche<br />

Zunahme von Leistungsstörungen,<br />

Nahrungs- und Bewegungsmangel, Sprachentwicklungsstörungen,<br />

psychische Probleme,<br />

pathologischem Medienverhalten, Depressionen,<br />

Essstörungen; generell: von einer<br />

massiven Zunahme von Kindern, die verhaltensauffällig<br />

sind[6]. Dies gilt insbesondere<br />

bei sozialschwachen Familien. Bis zu 20% der<br />

Kinder könnten einfach von ihrer weiteren<br />

Entwicklung abgehängt werden[7], ihre Bildungschancen<br />

werden vom Staat vernichtet,<br />

eine weggeworfene Generation. Da auch<br />

hier negative Langzeitwirkungen zu erwarten<br />

sind, muss die Gesamtthematik wissenschaftlich<br />

umfassend begleitend studiert und analysiert<br />

werden.<br />

ORR Kohn hatte das meiste rechtzeitig erkannt<br />

und vor der drohenden Entwicklung<br />

gewarnt. Erkennt auch die Bundeskanzlerin<br />

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