LE-1-2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S32<br />
Mercosur-Abkommen mit starkem<br />
Gegenwind<br />
Neben Umweltschützern und europäischen Landwirtschaftsverbänden stellt<br />
sich nach Österreich und den Benelux-Staaten jetzt auch Frankreich gegen das<br />
Mercosur-Abkommen. Mehr Wettbewerb im Landwirtschaftsbereich ist nicht erwünscht.<br />
REDAKTION: URSULA SCHMELING<br />
URSULA SCHMELING<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Nach 20 Jahren Verhandlungen<br />
hatten sich die EU und die Mercosur-Staaten<br />
Brasilien, Argentinien,<br />
Uruguay und Paraguay 2019 auf<br />
ein umfassendes Assoziierungsabkommen<br />
verständigt. Bevor der Vertrag in Kraft treten<br />
kann, muss er jedoch von allen EU-Mitgliedstaaten<br />
ratifiziert werden. Die Parlamente<br />
Österreichs, der Niederlande sowie der französischsprachigen<br />
Region Belgiens haben<br />
den Text in seiner jetzigen Form bereits abgelehnt.<br />
Auch die deutsche Regierung, die<br />
den Abschluss des Abkommens jahrelang<br />
forciert hatte, zeigt sich skeptisch. Nun verlangt<br />
Frankreich Garantien zur Einhaltung von<br />
Umweltstandards. Politische Absichtserklärungen<br />
seien nicht ausreichend. Frankreich will<br />
ein Abkommen verhindern, das mehr Fleischund<br />
Agrarexporte aus Lateinamerika in die<br />
EU ermöglicht und zu mehr Abholzung und<br />
Waldbränden im Amazonasgebiet führt.<br />
Worum geht’s?<br />
Das Mercosur-Abkommen ist analog den<br />
neuen EU-Abkommen mit Kanada und Japan<br />
breit und umfassend angelegt. Es deckt<br />
nicht nur tarifäre Fragen (Zoll, Exportsubventionen),<br />
sondern auch den Handel mit<br />
Dienstleistungen und andere handelsrelevante<br />
Aspekte wie Investitionen, Gründung<br />
von Niederlassungen, Zugang zu öffentlichen<br />
Ausschreibungen, Arbeitnehmerrechte und<br />
Wettbewerbsfragen ab. Ein wichtiger Teil ist<br />
der Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken,<br />
insbesondere unterschiedliche technischer<br />
Normen und Vorschriften. Derzeit erheben<br />
die Länder des Mercosur relativ hohe Zollabgaben,<br />
die für Kraftfahrzeuge, Textilien, Bekleidung,<br />
Schuhe, Spirituosen und Softdrinks<br />
bei bis zu 35 % liegen, für Wein bei 27%, für<br />
Kraftfahrzeugteile, Chemikalien und Kekse<br />
bei bis zu 18 %, für Maschinen bei 14 - 20 %<br />
und für Arzneimittel bei bis zu 14 %. Mit dem<br />
Abkommen sollen Zölle auf 91 % der EU-Exporte<br />
nach und nach reduziert oder ganz<br />
beseitigt werden. Die EU-Einfuhrzölle auf 92 %<br />
der Mercosur-Waren sollen ebenfalls gesenkt<br />
oder abgeschafft werden.<br />
Zahlreiche Schutzklauseln<br />
Das Abkommen ist mit verschiedenen Schutzklauseln<br />
ausgestattet. Beispielsweise sollte es<br />
aufgrund der Zollsenkungen zu einem unerwarteten,<br />
erheblichen Anstieg der Einfuhren<br />
kommen, der die inländische Industrie schwer<br />
zu schädigen droht, ist die Einführung vorübergehender<br />
Schutzmaßnahmen erlaubt.<br />
Für Importe in die EU sollen weiterhin die bestehenden,<br />
hohen Standards der Lebensmittelsicherheit,<br />
Tier- und Pflanzengesundheit<br />
gelten. Im Abkommen wird ausdrücklich<br />
das „Vorsorgeprinzip“ beibehalten, wonach<br />
Behörden das Recht haben, zum Schutz<br />
menschlichen, tierischen oder pflanzlichen<br />
Lebens oder der Umwelt zu handeln, wenn<br />
nach ihrer Einschätzung ein Risiko besteht.<br />
Dies gilt selbst dann, wenn keine eindeutigen<br />
einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
vorliegen. Corona lässt grüssen.<br />
Das Abkommen enthält detaillierte Bestimmungen<br />
in Bezug auf Urheberrechte, Marken,<br />
gewerbliche Muster, geografische Angaben<br />
und Pflanzensorten. Der Abschnitt über die<br />
Rechte des geistigen Eigentums regelt auch<br />
den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die<br />
EU und die Länder des Mercosur verpflichten<br />
sich außerdem das Pariser Klimaschutzübereinkommen,<br />
das Übereinkommen über den<br />
internationalen Handel mit gefährdeten Arten<br />
freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) sowie