LE-1-2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S30<br />
Internationaler E-Commerce:<br />
Stolperfalle Brexit<br />
Ob Sprachassistenten auf dem Smartphone, Routenvorschläge in der Navigations-App<br />
oder Kaufempfehlungen im Online Shop: Künstliche Intelligenz ist längst<br />
omnipräsent in allen Lebensbereichen. Algorithmen wissen auf die Minute genau,<br />
wann wir mit dem Auto in Wien ankommen – und zwar noch bevor wir in<br />
München losgefahren sind. Sie lotsen uns täglich an Staus vorbei und sagen uns,<br />
wann wir eine Pause machen sollten. Gastbeitrag: Richard Asquith<br />
RICHARD ASQUITH<br />
VP GLOBAL<br />
INDIRECT TAX<br />
AVALARA<br />
Während im Jahr 2020 viele<br />
stationäre Händler mit den<br />
negativen Auswirkungen der<br />
Pandemie und den Lockdown-Maßnahmen<br />
zu kämpfen hatten, erlebt<br />
der E-Commerce in Deutschland weiterhin<br />
einen Aufschwung: Der Online-Handel<br />
verzeichnete einen Gesamtumsatz von 80<br />
bis 88 Millionen und für die kommenden Jahren<br />
rechnet das IFH Köln (Institut für Handelsforschung)<br />
im Rahmen des Branchenreport<br />
Onlinehandel mit weiteren Zuwachsraten.<br />
Bis zum Jahr 2024 könnte der Gesamtumsatz<br />
dabei auf bis zu 142 Milliarden Euro ansteigen.<br />
In Deutschland verkaufen schon heute 60<br />
Prozent der Onlinehändler ihre Waren ins<br />
Ausland und sind so für mehr Konsumenten<br />
attraktiv. Jedoch ist dabei einiges zu<br />
beachten, denn Handelsbeschränkungen<br />
und sich ständig wandelnde Vorschriften,<br />
stellen die Händler vor Herausforderungen.<br />
Der Brexit stellt dabei eine zusätzliche, neue<br />
bürokratische Hürde dar.<br />
Die Herausforderungen des grenzüberschreitenden<br />
Handels<br />
Seit dem 1. Januar <strong>2021</strong> müssen Online-<br />
Verkäufer auch beim Import und Export von<br />
Waren aus Großbritannien wieder mit Zöllen<br />
rechnen. Trotz des Handels- und Kooperationsabkommens<br />
[3] zwischen der EU und<br />
dem Vereinigten Königreich muss zukünftig<br />
doppelt verzollt werden – und zwar wenn die<br />
Waren weder in Großbritannien noch der EU<br />
produziert wurden. Da viele Verkäufer ihre<br />
Waren aus China oder anderen Ländern<br />
importieren, werden diese nach den sogen-<br />
annten Ursprungsregeln des Zolls als nicht<br />
aus dem Vereinigten Königreich beziehungsweise<br />
der EU stammend gezählt. Dies hat<br />
zur Folge, dass sie beim weiteren Handel zwischen<br />
Großbritannien und EU weiterhin den<br />
EU- oder UK-Zöllen unterliegen.<br />
Zwar wird es eine Erleichterung für Waren<br />
geben, die unter die britischen und EU-Zollschwellen<br />
von 135 Pfund beziehungsweise 150<br />
Euro fallen, jedoch ist diese für die meisten<br />
Händler nicht relevant. Denn Verkäufer, die<br />
auf großen Marktplätzen wie Amazon oder<br />
eBay agieren, sind nun dazu verpflichtet, ihre<br />
gesamten Bestände im Voraus im Vereinigten<br />
Königreich oder der EU zu verzollen, bevor sie<br />
überhaupt verkauft wurden.<br />
Auswirkungen des Brexits auf den Handel<br />
Jedoch kommt es bereits zu ersten Schwierigkeiten.<br />
Denn die genauen Anforderungen<br />
an Zollerklärungen, Mehrwertsteuerverpflichtungen<br />
und die Nachweisforderung<br />
über den Nulltarif führt dazu, dass Sendungen<br />
in deutschen Häfen blockiert werden.<br />
Umgekehrt stoßen auch britische Verkäufer<br />
auf Probleme beim Versand nach Deutschland.<br />
Zum Beispiel weigern sich teilweise<br />
deutsche Kunden, die von britischen Anbietern<br />
vorgelegten EU-EORI-Nummern zu akzeptieren,<br />
obwohl diese eine Grundvoraussetzung<br />
für die neuen Handelsanforderungen<br />
des Vereinigten Königreichs sind.<br />
Dies ist ein schwerwiegendes Problem; die<br />
Händler stehen unter Druck, die Kundenerwartungen<br />
zu erfüllen und – wie üblich - schnell<br />
sowie problemlos die Waren zu liefern. Überraschende<br />
Zoll- und Einfuhrgebühren können