LE-1-2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S56<br />
<strong>2021</strong> – European Year of Rail<br />
Das Europäische Jahr der Schiene ist ausgerufen. Gemeint ist wahrscheinlich der<br />
gesamte Bahnverkehr auf der Schiene.<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
durch den schwimmenden Christo-Steg kulturelle<br />
Berühmtheit erlangte, fuhr ein Trajekt sogar<br />
bis 1999. Vereinzelt schwimmen Waggons<br />
noch immer über das Wasser – eher auf Meerwasserstraßen<br />
allerdings und weniger auf Binnengewässern.<br />
Der Begriff „Hafenbahnhof“<br />
ist inzwischen aber aus dem allgemeinen<br />
Eisenbahnvokabular verschwunden und die<br />
Binnenschifffahrt ist für die Bahnbetreiber maximal<br />
noch unliebsamer Mitbewerber.<br />
PETER BAUMGARTNER<br />
HERAUSGEBER<br />
BINNENSCHIFF-JOURNAL<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Schade eigentlich, denn ginge es<br />
nur darum, die öffentliche Aufmerksamkeit<br />
auf die Schiene zu lenken,<br />
könnte die Binnenschifffahrt wenigstens<br />
einen kleinen Beitrag zum Gedenkjahr<br />
beisteuern. Wenig bekannt ist nämlich, dass<br />
Binnenschiffer ein besonderes Naheverhältnis<br />
zur Bahn haben und nicht wenige Kapitäne<br />
spielen gerne mit der Modelleisenbahn.<br />
Schienen sind auch quasi die Geburtshelfer<br />
eines jeden Schiffes, wenn es die Werft verlässt<br />
und erstmals vom Stapel läuft. Schiffe,<br />
die auf Schienen fahren, haben auch eine<br />
lange Tradition bei der Überwindung topographischer<br />
Hindernisse. Vereinzelt gibt<br />
es sie heute noch. Größte Aufmerksamkeit<br />
erregte ein „Schiffseisenbahn“-Projekt 1881<br />
das zum Ziel hatte, Schiffe auf Schienen<br />
über den Isthmus von Tehuantepec zu transportieren<br />
und so eine Verbindung zwischen<br />
Pazifik und Golf von Mexiko zu schaffen.<br />
Eine lange Geschichte haben auch Schiffe<br />
mit Schienen, auf denen Waggons über das<br />
Wasser fahren können. Vor über 150 Jahren<br />
gab es zwischen Eisenbahn und Binnenschifffahrt<br />
sogar so etwas, was man heutzutage<br />
strategische Kooperation nennen würde. Zwischen<br />
Friedrichshafen und Romanshorn wurde<br />
die erfolgreiche Trajektschifffahrt erst 1976<br />
eingestellt. Auf dem Iseosee in Italien, der<br />
Dabei hätte die Bahn allen Grund, einen Teil<br />
des Ehrenjahres mit der Binnenschifffahrt zu<br />
teilen, denn die aktuelle Popularität verdankt<br />
die Bahn nicht ihrer Leistung, sondern der<br />
sinnbefreiten Verkehrspolitik. Der Masterplan<br />
Binnenschifffahrt sieht zum Beispiel vor, dass<br />
die Wasserstraße verstärkt für Schwergut- und<br />
Großraumtransporte genutzt werden soll. Das<br />
hindert die Bahn aber nicht daran, parallel<br />
zur Wasserstraße zum Beispiel Windenergieanlagen<br />
zu transportieren. Und voller Stolz berichtet<br />
die Bahn, dass sie in eineinhalb Monaten<br />
schon 1680 Tonnen transportieren konnte<br />
– so viel wie ein einziges Schiff auf derselben<br />
Strecke an einem Tag transportiert. Vielleicht<br />
schaut die Verkehrspolitik da deshalb tatenlos<br />
zu, damit sie immer wieder mit freien Kapazitäten<br />
auf der Wasserstraße werben und<br />
gleichzeitig über Transportzuwachs auf der<br />
Schiene schwadronieren kann.<br />
Seit 2020 ist Sigrid Nikutta bei der DB Cargo<br />
Vorstandsvorsitzende. Ihr Motto für den Job<br />
„Wir fahren alles“ schreit förmlich nach einem<br />
Regulativ, weil offensichtlich der Gesamtüberblick<br />
fehlt, den man auf der obersten Managementebene<br />
erwarten darf. Abgesehen<br />
vom Flugzeug kann man davon ausgehen,<br />
dass die Bahn unter den Landverkehrsträgern<br />
der Mercedes ist. Rechnet man die Subventionen<br />
für die Bahn hinzu, dann sowieso. Würden<br />
Sie mit so einer Limousine Zementsäcke<br />
führen? Nein, denn mit Vernunft gesegnet<br />
sollte man jeden Verkehrsträger das machen<br />
lassen, was er am besten kann.