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statement - HfMDK Frankfurt

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<strong>Frankfurt</strong> in Takt<br />

Magazin der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Schwerpunktthema<br />

GELD und KUNST<br />

11. 12. Jahrgang, Nr. 2 1 Wintersemester Sommersemester 2011/2012 2012<br />

www.hfmdk-frankfurt.de


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<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Inhalt<br />

2 Editorial<br />

4 Kunst, Geld und der Wert der Kreativität<br />

Von Olaf Zimmermann<br />

6 Orpheus’ neue Wege: Tabus brechen und Initiativen bündeln<br />

Von Stephan Mösch und Albrecht Thiemann<br />

8 Unterbesetzt und hoch motiviert<br />

Interview mit den drei Dekaninnen Catherine Vickers,<br />

Henriette Meyer-Ravenstein und Marion Tiedtke<br />

14 Bei Anruf Kunst<br />

Die Künstlerbörse der <strong>HfMDK</strong><br />

16 Überzeugen und Begeistern<br />

Interview mit den Fundraiserinnen Beate Eichenberg und<br />

Heinke Poulsen<br />

20 Fünf Jahre Gesellschaft der Freunde und Förderer der <strong>HfMDK</strong><br />

20 Fördern macht Freude<br />

Statements von Freunden und Förderern der <strong>HfMDK</strong><br />

22 Aus Liebe zum Tanz – Der Förderverein ZuKT e. V.<br />

Von Claudia Sauter<br />

23 Spitzenförderung<br />

Wie Studierende finanzielle Unterstützung bekommen<br />

24 Kunst- und Nachwuchsförderung auf hohem Niveau<br />

Interview mit Michael Münch (Deutsche Bank Stiftung)<br />

26 Zahlen<br />

Statistisches aus der 19. Sozialerhebung des<br />

Deutschen Studentenwerks<br />

27 Erfüllung statt Geld<br />

Über die Studienmotivation angehender Musiker<br />

28 Der Rohdiamant aus der Nebenfachprüfung<br />

Interview mit dem Sänger Johannes Martin Kränzle<br />

30 Rettungsschirm mit Gegenleistung<br />

Wie die Hochschule ihren Studierenden in Notfällen finanziell<br />

zur Seite steht<br />

32 Der eigenen Zukunft auf der Spur<br />

„Career Development“ hilft Studierenden bei ihrer<br />

Existenzgründung<br />

34 Ceterum censeo<br />

Nachdenkliches zur finanziellen zur finanziellen Wertschätzung<br />

musikalischer und musikpädagogischer Arbeit<br />

Von Carola Schlüter<br />

35 Die <strong>Frankfurt</strong>er Resolution<br />

Für bessere Arbeits- und Tarifbedingungen für Lehrbeauftragte<br />

36 Klage nicht – kämpfe!<br />

Politische Reaktionen auf die <strong>Frankfurt</strong>er Resolution<br />

40 Gelebter Mut zur Wahrhaftigkeit<br />

Sophia Jaffé ist neue Professorin für Violinspiel<br />

42 Annäherungen an das, was Musik ist<br />

Ernst August Klötzke ist neuer Professor für Musiktheorie<br />

44 Ausbildung kann nie alles abdecken<br />

Ingo Diehl ist neuer Professor für Zeitgenössische<br />

Tanzpädagogik<br />

45 Publikationen unserer Lehrenden<br />

47 Erfolge unserer Studierenden<br />

48 Impressum<br />

Statements Studierender<br />

7 Paul Leonard Schäffer<br />

12 Delphine Roche<br />

13 Alma Toaspern<br />

13 Christopher Herrmann<br />

15 Gergö Nagy<br />

27 Kathrin Berg<br />

31 Nina Koch<br />

38 Andreas Voss<br />

46 Jonathan Granzow<br />

46 Tatjana von Sybel<br />

Fragen an Alumni und Lehrende<br />

33 Christoph Klüh<br />

34 Despina Apostolou<br />

37 Paula Rosolen<br />

37 Helmut Oesterreich<br />

39 Claude Frochaux<br />

39 Fabian Sennholz<br />

45 Hedayet Djeddikar


2<br />

Editorial<br />

Das liebe Geld<br />

„Kunst und Geld“ ist ein altes, aber immer aktuelles Thema. Auch<br />

an der <strong>HfMDK</strong> bestimmt das Geld die Ausbildung mehr, als uns<br />

lieb ist. Die Qualität unserer Arbeit, wie sie sich im Lehrangebot und<br />

seinen Rahmenbedingungen manifestiert, ist entscheidend davon<br />

anhängig, welche Mittel wir dafür zur Verfügung haben.<br />

Wir haben in diesem Heft den Rahmen weit gespannt: wir doku-<br />

mentieren die finanzielle Situation unserer Studierenden, die<br />

Bezahlung der Hochschullehrenden kommt zur Sprache. Wir haben<br />

unsere Studierenden gefragt, welche finanziellen Hoffnungen<br />

sie mit ihrer Berufswahl verbinden, und unsere Alumni, was sie in<br />

der Berufswirklichkeit erwartet.<br />

Das Heft dokumentiert, dass die <strong>HfMDK</strong> unterfinanziert ist. Was<br />

das für die Praxis der Hochschularbeit bedeutet, können Sie dem<br />

Interview mit den drei Dekaninnen entnehmen. Die strukturelle<br />

Seite unserer Unterfinanzierung zeigt sich an den Ausführungen<br />

unserer Lehrbeauftragten-Sprecherin: lediglich 40 Prozent des<br />

Unterrichts an unserer Hochschule erteilen festangestellte Lehren-<br />

de, 60 Prozent der Lehre erbringen unsere Lehrbeauftragten. Damit<br />

liegt die <strong>HfMDK</strong> im bundesweiten Vergleich an vorletzter Stelle von<br />

24 Musikhochschulen – und das als einzige Hochschule für Musik,<br />

Theater und Tanz in Hessen. Auch wenn wir fachlich hervorragende<br />

und äußerst engagierte Lehrbeauftragte am Hause haben: dieses<br />

Missverhältnis wirkt sich natürlich auch auf die Qualität der Aus-<br />

bildung aus. Außerdem haben wir damit einen brisanten Konflikt im<br />

Kern der Institution, nämlich innerhalb der Lehre: festangestellte<br />

bzw. beamtete Lehrende auf der einen Seite, „Freiberufler“ auf der<br />

anderen. Inzwischen haben sich die Lehrbeauftragten der deut-<br />

schen Musikhochschulen bundesweit organisiert und eine „Frank-<br />

furter Resolution“ verabschiedet, die in diesem Heft abgedruckt<br />

wird. Auch wenn die <strong>HfMDK</strong> zu den Hochschulen in der BRD<br />

gehört, die ihre Lehrbeauftragten am besten bezahlt; auch wenn<br />

viele der Forderungen der Resolution an der <strong>HfMDK</strong> bereits<br />

umgesetzt sind bzw. aus rechtlichen Gründen nicht erfüllt werden<br />

GELD und KUNST <strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

können: das Problem ist da, und wir nehmen als Hochschulleitung<br />

die Unzufriedenheit unter Teilen der Lehrbeauftragten ernst. Die<br />

Ursache des Problems können wir jedoch nicht aus eigener Kraft<br />

lösen. Es ist die seit vielen Jahren zu geringe Basisfinanzierung der<br />

Hochschule. So wurden im Lauf der Jahre immer mehr Lehrbeauf-<br />

tragte verpflichtet, weil für die Schaffung hauptamtlicher Profes-<br />

suren keine Mittel mehr vorhanden waren. Aus diesem Missverhält-<br />

nis resultieren Einbußen an der Ausbildungsqualität, kräftezehrende<br />

innere Konflikte und eine überlastete Selbstverwaltung, da diese<br />

auf den Schultern von viel zu wenig festangestelltem Personal<br />

lastet. Die einzig sinnvolle Lösung ist die Umkehr dieses Prozesses:<br />

der Abbau von Lehraufträgen und ein gleichzeitiger Aufbau von<br />

festen Stellen. Dafür benötigt die Hochschule eine deutliche Steige-<br />

rung ihrer Grundfinanzierung.<br />

Um die schwierige Finanzsituation des Landes vor dem Hinter-<br />

grund der Schuldenbremse wissen wir. In so einer Situation ist es<br />

nicht einfach, mehr zu verlangen. Auf der anderen Seite kann<br />

die Hessische Landesregierung bis 2020 nicht alle Zukunftsprojekte<br />

streichen. Sie wird Prioritäten setzen müssen. Und so muss die<br />

Hochschule in Zukunft verstärkt für ihre Arbeit werben, den<br />

gesellschaftlichen Nutzen verdeutlichen, der durch sie erbracht<br />

wird, ihre Legitimation beweisen. Das kann die <strong>HfMDK</strong> vor<br />

allem durch die gute und international anerkannte Arbeit, die hier<br />

geleistet wird. In vielen Studiengängen gehört die <strong>HfMDK</strong> zu<br />

den führenden deutschen Hochschulen für Musik und Darstellende<br />

Kunst. Es gibt starke Instrumentalklassen und erfolgreiche Abtei-<br />

lungen. Wir sehen das an den vielen Studierenden, die aus aller<br />

Welt nach <strong>Frankfurt</strong> kommen, um hier Fächer zu studieren, in<br />

denen anerkannt exzellent ausgebildet wird. Und um ein aktuelles<br />

Beispiel aus der Darstellenden Kunst zu geben: bei gerade einmal<br />

45 freien Stellen in ganz Deutschland haben alle acht Absolventen<br />

der Schauspielabteilung mit einem Festengagement in der Tasche<br />

die Hochschule verlassen. Sie hatten sich erfolgreich gegen<br />

die 200 Mitbewerber der anderen deutschen Schauspielschulen<br />

durchgesetzt. Hessen kann also stolz sein auf seine einzige<br />

Hochschule für Musik, Theater und Tanz.


Auch unter der Bürgerschaft genießt die <strong>HfMDK</strong> große Akzeptanz:<br />

mit Primacanta hat die <strong>HfMDK</strong> ein Projekt in der Rhein-Main Region<br />

initiiert, das bundesweit Referenzcharakter hat. Die Eltern, deren<br />

Kinder eine Primacanta-Grundschule besuchen, können bestätigen,<br />

auf welch fruchtbaren Boden unsere Arbeit fällt. Und ohne dieses<br />

Projekt gäbe es in diesem Jahr auch kein Deutsches Chorfest<br />

in <strong>Frankfurt</strong>. Uns freut auch die breite Zustimmung für den geplan-<br />

ten Umzug der Hochschule nach Bockenheim. Die Planungswerk-<br />

stätten für den Kulturcampus <strong>Frankfurt</strong> haben gezeigt, dass<br />

die Bürgerinnen und Bürger die Hochschule in ihrer Nähe haben<br />

wollen, weil sie um den Wert ihrer Arbeit wissen. Auch das<br />

müssen wir den politisch Verantwortlichen in der Landesregierung<br />

vermitteln.<br />

Weit über 90 Prozent der Mittel der <strong>HfMDK</strong> kommen aus dem<br />

Landeshaushalt, und eine substanzielle Verbesserung ihrer<br />

Grundfinanzierung muss vom Land ausgehen. Darauf dürfen wir<br />

uns jedoch nicht verlassen. Wir wissen, dass wir jenseits der<br />

Finanzierung durch die öffentliche Hand zusätzliche Wege zur<br />

Mittelbeschaffung beschreiten müssen. Dabei haben wir zwei<br />

Möglichkeiten: wir können unsere Eigeneinnahmen erhöhen oder<br />

versuchen, in verstärktem Maße Drittmittel einzuwerben. Die<br />

Erhöhung der Eigeneinnahmen ist im Augenblick nur begrenzt<br />

möglich. Es ist nicht Kernaufgabe der Hochschule, Konzerte zu<br />

veranstalten, Künstler zu vermitteln oder Konzertsäle zu vermieten.<br />

Hier käme es sofort zu Interessenskollisionen zwischen den<br />

Anforderungen eines Studienbetriebs und seiner „gewerblichen“<br />

Verwertung.<br />

Deshalb setzen wir auf das Fundraising als weiteren Bestandteil<br />

der Hochschulfinanzierung. Und unsere Erfolge rechtfertigen<br />

dies: im Jahr 2011 haben wir zusätzliche Drittmittel in Höhe von<br />

800.000 Euro eingeworben, also mehr als fünf Prozent unseres<br />

Gesamtetats. Möglich war das durch die professionelle Arbeit<br />

unserer Fundraisingabteilung. Zwar wollen unsere Förderer nicht die<br />

Grundausstattung der Hochschule finanzieren und den Staat<br />

damit aus seiner Pflicht entlassen. Wir können jedoch durch das<br />

Fundraising unser Unterrichtsangebot auf zukunftsweisende<br />

Art ergänzen. So haben wir erstmals Drittmittel für eine Stiftungs-<br />

professur eingeworben. Außerdem werden zentrale Projekte der<br />

Lehre, besonders durch die Gesellschaft der Freunde und Förderer,<br />

unterstützt: die Orchesterbegleitung von Konzertexamen, Gastpro-<br />

fessuren im Schauspiel und in der Gesangsabteilung, der Kauf<br />

von Instrumenten und die Verpflichtung von Gastdirigenten für das<br />

Hochschulorchester. Damit sind wir auf einem guten Weg – und<br />

wieder einmal Vorreiter im Kreis der deutschen Musikhochschulen.<br />

Noch sind das „Tropfen auf den heißen Stein“, aber wir halten es<br />

für machbar, dass in einigen Jahren das Fundraising einen stabilen<br />

Beitrag zur Finanzierung der Hochschule leistet. So gewinnen wir<br />

immer mehr Bewegungsfreiheit und Kraft. Wir werden getragen von<br />

einem breiten und aktiven Kreis von Unterstützern, der unsere<br />

Arbeit würdigt und mit großer Freude fördert. Und das verstärkt<br />

unsere Position spürbar auch im politischen Raum.<br />

Die Zielrichtung für unseren Umgang mit dem Thema „Geld“ ist<br />

also für die nächsten Jahre klar: wir wollen die Politik davon<br />

überzeugen, dass eine Investition in die <strong>HfMDK</strong> eine Investition in<br />

die Zukunft ist. Gleichzeitig werben wir verstärkt bei den Bürge-<br />

rinnen und Bürgern dafür, unsere Hochschule zu unterstützen.<br />

Denn Hessen braucht eine starke Hochschule für Musik, Theater<br />

und Tanz.<br />

Thomas Rietschel<br />

Präsident der <strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

3


4 GELD und KUNST <strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Kunst, Geld und der Wert der Kreativität<br />

Von Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates<br />

Kunst und Geld, das ist ein spannendes Verhältnis ja nach Standort<br />

des Betrachters, des Betrachtungswinkels. Zunächst einmal: Kunst<br />

kostet Geld. Kunst ist nicht zum Nulltarif zu haben. Künstler haben<br />

wie andere Teilnehmer des Wirtschaftslebens auch das Recht auf<br />

eine angemessene Vergütung ihrer Leistungen. Niemand kann für<br />

umsonst arbeiten. Jeder muss seinen Kühlschrank füllen und seine<br />

Miete bezahlen, von den sogenannten Produktionsmitteln wie<br />

Noten, Instrumenten, Texten, Kostümen und so weiter ganz zu<br />

schweigen. Insofern ist es richtig und wichtig, dass Künstler für<br />

eine angemessene Vergütung eintreten und Einspruch erheben,<br />

wenn erwartet wird, Künstler müssten ihre Leistung speziell im<br />

Internet kostenlos zur Verfügung stellen.<br />

Darum ist eine der großen Herausforderungen in den kommenden<br />

Jahren mit Blick auf das Verhältnis von Kunst und Geld angesichts<br />

der Digitalisierung, Vergütungsmodelle zu entwickeln, die Künstlern<br />

eine adäquate Vergütung für ihre Leistungen im Netz erlauben.<br />

Die bestehenden Modelle sind hierfür erst der Anfang und längst<br />

noch nicht ausgereizt. Erst am Anfang stehen auch Debatten über<br />

eine Kulturflatrate oder eine Kulturwertmark, auch wenn sie in<br />

einigen Kreisen bereits als Lösungsmodell diskutiert werden. Weder<br />

wurde bislang ausgeführt, wie hoch eine solche Vergütung sein soll,<br />

wer sie einziehen noch wie sie verteilt werden soll. Die bisher nur<br />

skizzierten Modelle lassen einen großen bürokratischen Aufwand<br />

und nur einen kleinen Ertrag vermuten. Dennoch, ich bin fest davon<br />

überzeugt, dass sich die Debatte über neue Vergütungsmodelle<br />

im Netz lohnt – auch wenn es bislang noch nicht die großen für alle<br />

künstlerischen Bereiche geltenden Lösungsansätze gibt. Der<br />

Kulturbereich tut gut daran, den Dialog zu suchen. Die sogenannte<br />

Netzgemeinde sollte ebenso anerkennen, dass die vermeintliche<br />

Kostenfreiheit im Netz nur eine vermeintliche ist. Der Nutzer im<br />

Internet zahlt immer, sei es mit seinem Geld oder mit seinen Daten.<br />

Aufgrund der herausragenden Bedeutung der Fragestellungen rund<br />

um die Auswirkungen der Digitalisierung im Kulturbereich hat der<br />

Deutsche Kulturrat in diesem Jahr seinen Aktionstag „Kultur gut<br />

stärken“ am 21.05.2012 unter das Motto „Wert der Kreativität“<br />

gestellt. Im gesamten Bundesgebiet finden Veranstaltungen und<br />

Diskussionen statt, bei denen das Thema „Wert der Kreativität“ im<br />

Zentrum steht.<br />

„Wert der Kreativität“ bedeutet künstlerische Arbeit wertzuschätzen,<br />

hinsichtlich der materiellen Dimension, darum müssen Vergütungs-<br />

lösungen für Nutzungen im Netz gefunden werden wie auch mit<br />

Blick auf die Wertschätzung künstlerischer Arbeit, die eben kein<br />

Steinbruch für jedermann sind, sondern eine eigenständige Leistung<br />

darstellen, die Wertschätzung erfahren muss. Gerade letzterer<br />

Aspekt scheint in meinen Augen vielfach unterbeleuchtet zu sein.<br />

Selbstverständlich muss die Debatte um das Urheberrecht der<br />

wirtschaftlichen Dimension dieses Rechts einen wichtigen Stellen-<br />

wert geben. Das Urheberpersönlichkeitsrecht, d. h. die Verbindung<br />

von Werk und Künstler darf aber nicht unterschätzt werden. Sie ist<br />

letztlich auch der Schlüssel, um für Vergütungen einzutreten. Wenn<br />

jeder alles aus einem künstlerischen Werk frei benutzen und daraus<br />

etwas zusammenbasteln kann, stellt sich die Frage, wer überhaupt<br />

noch eine Vergütung wofür bekommen soll. Kunst und Geld ist also,<br />

allein was diesen Bereich angeht, weder trivial noch einfach zu<br />

lösen. Das gilt in gleichem Maße für das Verhältnis von Kunst und<br />

Geld in der analogen Welt. Wenn es etwa um die Finanzierung von<br />

öffentlichen Kultureinrichtungen, um innovative Projekte wie auch<br />

die Sicherung und Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur in<br />

Deutschland geht. Der demografische Wandel, der eine veränderte<br />

Bevölkerungszusammensetzung zur Folge hat, die nur unzureichend<br />

in den drei Schlagworten weniger, älter, bunter abgebildet ist,<br />

verlangt von den kulturpolitisch Verantwortlichen jetzt Ideen für die<br />

kulturelle Infrastruktur in den Jahren, wenn nicht Jahrzehnten zu<br />

entwickeln. Hierfür gibt es in den verschiedenen Ländern und auf<br />

kommunaler Ebene Ansätze, wie dieser herausforderungsvolle<br />

Prozess gemeistert werden kann. Auch hier scheint mir der Dialog<br />

der in Politik und Verwaltung Verantwortlichen mit der organisierten<br />

Zivilgesellschaft und den Betroffenen der richtige Weg zu sein.<br />

Letztlich geht es bei beiden Themen, der Digitalisierung und dem<br />

demografischen Wandel, im Kern um die gesellschaftspolitische<br />

Frage, welchen Wert Kunst, Kultur und Kreativität in der Zukunft<br />

haben sollen, materiell und ideell.


Förderung von Claudio Monteverdis Barockoper „L´Orfeo“<br />

Zehn Starterstipendien für hochbegabte Studienanfänger pro Semester<br />

Mentales Coaching für Studierende aller Fachbereiche<br />

Förderung der Kinderoper Brundibar<br />

Neubestuhlung des Großen Saals der <strong>HfMDK</strong><br />

Matching der DAAD-Stipendien für ausländische Studierende<br />

Meisterkurs Gesang mit Helen Donath<br />

Dokumentation der 3. Biennale Tanzausbildung 2012<br />

Förderung der Johann Strauss-Operette „Die Fledermaus“<br />

„How it is Made“ Workshop Tanzpädagogik mit Julyen Hamilton<br />

Internationales Sommerlabor 2008<br />

Exkursion der <strong>HfMDK</strong>-Bigband nach Wisconsin und NYC<br />

2007–2012<br />

Fünf Jahre Gesellschaft<br />

der Freunde und Förderer der<br />

Hochschule für Musik und<br />

Darstellende Kunst <strong>Frankfurt</strong><br />

am Main e.V.<br />

Gesangsworkshop mit Kammersänger Kurt Moll<br />

Stipendien für Teilnahme an Barcelona International Dance Exchange 2010<br />

„Maritime Rites“ von Alvin Curran<br />

„wie sie, wenn sie“, Abschlussinszenierung von Lina Lindheimer, MaCuP<br />

Reisekostenübernahme für Wettbewerbsteilnahmen<br />

Meisterkurs Barockgesang mit Kai Wessel<br />

Austauschprojekt der Gesangsabteilung mit Musikhochschule Budapest<br />

Zürichreise der Schauspielstudierenden im 6. Semester<br />

Software „Observer“ für Lehramtsstudierende<br />

Unterstützung des zeitgenössischen Musiktheaters „Mond.Finsternis.Asphalt“<br />

Gesangsworkshop mit Johannes Martin Kränzle<br />

Studentisches Forschungsprojekt von Jan Tage Kühling, Regie<br />

Kooperationsprojekt der Lehramtsstudierenden mit Schülerchören<br />

Aufführung von Mathias Spahlingers „farben der frühe“<br />

Symposium „Die Gitarre im Unterricht“<br />

Vocal Jazz and Pop Night der Lehramtsstudierenden<br />

Regiearbeit „solo Elektra“ von Laura Linnenbaum<br />

Exzellenzpreis der <strong>HfMDK</strong> für die beste wissenschaftliche Hausarbeit<br />

Teilnahme am Motion Bank Workshop Nr.2 Dance & Architecture Extended<br />

Anmietung und Transport eines Hammerklaviers<br />

Gastprofessur Lied von Helmut Deutsch<br />

Publikation „Theater der Zukunft“, MA Theater- und Orchestermanagement<br />

STROM. Aufführung <strong>Frankfurt</strong> LAB, Tarik Goetzke, Theaterregie<br />

Opernproduktion „Orfeo ed Euridice“ von Christoph Willibald Gluck<br />

Und viele erfüllte Wünsche.<br />

Wir danken Ihnen<br />

herzlich für<br />

Ihre großartige<br />

Unterstützung!<br />

Gastprofessuren für die Ausbildungsbereiche Schauspiel und Regie<br />

Mentales Training für die Posaunen- und Trompetenklassen<br />

Bassposaune, Fagott, Kontrafagott, Kontrabass, Piccolo-Cello,<br />

Es- und D-Klarinetten<br />

Orchestrierung der Konzertexamina<br />

Gastdirigate von Lothar Zagrosek, Krzysztof Penderecki<br />

und Sebastian Weigle<br />

Förderung der Händeloper „Rinaldo“<br />

Hörspielproduktion „Der Reigen”<br />

Regiearbeit „Ophelias Teich“<br />

Arbeitsphase mit Franck Ollu<br />

Kontakt<br />

Beate Eichenberg<br />

Telefon 069 154 007 137<br />

info@hfmdk-freunde.de<br />

www.hfmdk-freunde.de<br />

Spendenkonto Nr. 80 65 070<br />

bei der Deutschen Bank <strong>Frankfurt</strong><br />

Bankleitzahl 500 700 24<br />

5


6 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Orpheus’ neue Wege:<br />

Tabus brechen und Initiativen bündeln<br />

<strong>HfMDK</strong>-Gesangsabteilung erhielt den mit 150.000 Euro dotierten „Hessischen Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre“<br />

Die freudige Nachricht aus dem Ministerium für Wissenschaft und<br />

Kunst platzte im letzten Dezember unerwartet in den Vorweihnachtstrubel<br />

der <strong>HfMDK</strong>: Mit ihrem Lehrkonzept „Orpheus auf<br />

neuen Wegen – Gesangsausbildung im Team“ konnte die Gesangsabteilung<br />

der Hochschule die Jury des „Hessischen Hochschulpreises<br />

für Exzellenz in der Lehre“ vollends überzeugen. Der von der<br />

damaligen Ausbildungsdirektorin Prof. Hedwig Fassbender stellvertretend<br />

für die gesamte Abteilung geschriebene Antrag und die<br />

Präsentation des Ausbildungsbereichs beim Besuch der Jury<br />

setzten sich gegen 88 Mitbewerber durch. Am 9. Dezember dann<br />

überreichte Eva Kühne-Hörmann, die Hessische Ministerin für<br />

Wissenschaft und Kunst, der Hochschule für Musik und Darstellende<br />

Kunst <strong>Frankfurt</strong> am Main (<strong>HfMDK</strong>) den 1. Projektpreis, der mit<br />

einem Preisgeld von 150.000 Euro verbunden ist, auf Schloss<br />

Biebrich. Der Preis wird vom Land Hessen und der Hertie-Stiftung<br />

vergeben. Zum große Presseecho anlässlich dieses Erfolges<br />

zählte auch das Editorial der Januar-Ausgabe des internationalen<br />

Opernmagazins „Opernwelt“. Da die Autoren Stephan Mösch<br />

und Albrecht Thiemann das Orpheus-Projekt darin mit Kennerblick<br />

treffend erklären, ist es nachfolgend hier abgedruckt:<br />

Preise zu melden ist normalerweise eine Sache für den Info-Teil der<br />

„Opernwelt“-Hefte. Doch in diesem Fall müssen wir eine Ausnahme<br />

machen: Die Gesangsabteilung der Hochschule für Musik und<br />

Darstellende Kunst in <strong>Frankfurt</strong> ist mit dem „Hessischen Hochschulpreis<br />

für exzellente Lehre“ ausgezeichnet worden. Sie erhält damit<br />

den höchstdotierten deutschen Hochschulpreis (150 000 Euro); ihr<br />

Antrag setzte sich gegen 88 Mitbewerber durch. So weit die<br />

Meldung. Was ist daran so besonders? Ganz einfach: In <strong>Frankfurt</strong><br />

wurde über alle Selbstvermarktung und den Exzellenz-Wettbewerb<br />

der Hochschulen hinaus mit ein paar Tabus gebrochen. Gesang zu<br />

unterrichten war und ist seit jeher eine intime Angelegenheit: Nie<br />

ist der Mensch so nackt, wie wenn er singt, sagt man. Wenn er zu<br />

singen lernt, ist er nackter als nackt. Außerdem bedeutet<br />

eine Stimme zu bilden: einen Menschen zu bilden. Die Verantwortung<br />

der Lehrer ist also groß, das Verhältnis zum Schüler ein<br />

persönliches. Es spielt sich im Einzelunterricht ab. Dagegen spricht<br />

nichts außer einer Gefahr: Der Schutzraum schließt sich oft<br />

hermetisch nach außen ab. Lehrer und Schüler verlieren den<br />

Anschluss an die Praxis, stellen utopische Langzeitpläne für die<br />

Ausbildung auf, arbeiten an der Realität vorbei. Bei den ersten<br />

Vorsingen zerstieben dann viele Hoffnungen. Je weniger die<br />

Gesangslehrer sich selbst mit dem Musikmarkt konfrontieren, desto<br />

erratischer wird ihre Haltung. Es gibt Stars unter ihnen, deren<br />

Zulauf etwas Sektenhaftes an sich hat. Die <strong>Frankfurt</strong>er Gesangsabteilung<br />

unter Leitung von Hedwig Fassbender hat die Umstellung<br />

auf Bachelor- und Masterstudiengänge genutzt, um damit aufzuräu-<br />

men. Sie setzt auf Team-Teaching und offenen Unterricht. Das<br />

bedeutet zum Beispiel, dass die Dozenten sich gegenseitig beim<br />

Unterrichten zuhören, dass Studierende den Rat anderer Lehrer<br />

einholen können, ohne damit ein Sakrileg zu begehen, dass sich die<br />

Lehrer über ihre Schäfchen austauschen. Es ist ja für Außenstehende<br />

kaum zu glauben, was meist immer noch an deutschen<br />

Hochschulen praktiziert wird: Was der eine Gesangslehrer als<br />

Rezept zum Erfolg verkauft, ist für den Kollegen zwei Zimmer weiter<br />

pures Stimmgift. Der Dozent für Liedgestaltung will auf etwas ganz<br />

anderes hinaus als der Hauptfachlehrer; das, was im Unterricht für<br />

Atem und Bewegung geübt wird, betrifft andere Dinge, als der<br />

Regiedozent verlangt...Es geht also vor allem darum, monomanischem<br />

Konkurrenzdenken einen Riegel vorzuschieben.<br />

Eine erfolgreiche oder eine problematische Stimme wäre dann nicht<br />

mehr nur (und automatisch) Produkt eines bestimmten Lehrers. Im<br />

<strong>Frankfurt</strong>er Konzeptpapier ist daher von „gelebter gegenseitiger<br />

Achtung“ die Rede. Natürlich wurde beim soeben ausgezeichneten<br />

Projekt „Orpheus auf neuen Wegen“ das Rad nicht neu erfunden.<br />

Dass jeder Studienjahrgang einen eigenen Mentor hat, ist an<br />

amerikanischen Ausbildungsinstituten selbstverständlich. Dass<br />

Studierende das Vorsingen üben (mit Videokontrolle und vor Profis<br />

aus den Theatern), gehört an vielen Hochschulen hierzulande zum<br />

Standard – wie auch andere Ideen des <strong>Frankfurt</strong>er Projekts.<br />

Entscheidend ist jedoch die Bündelung solcher Initiativen – und<br />

natürlich die Energie, die dahintersteckt, wenn Offenheit dauerhaft<br />

zum Prinzip werden soll. Darin liegt das Neue. Und wenn der<br />

Eindruck beim letzten Vorsingen nicht täuscht, ist aus dem Konzept<br />

längst gelebte Lehre geworden. Die Offenheit, mit der die <strong>Frankfurt</strong>er<br />

Gesangsprofessoren die Meinung von Intendanten, Agenten,<br />

Operndirektoren und auch der „Opernwelt“ aufgenommen und<br />

diskutiert haben, war jedenfalls erstaunlich.<br />

Letztlich geht es ums Selbstverständnis. Gesangstudenten sind<br />

keineswegs für ihre Lehrer da (deren „Standing“ an der Hochschule,<br />

Altersabsicherung oder schlichte Selbstbefriedigung nach dem<br />

Ende der Karriere), sondern umgekehrt: Die Lehrer haben fürs<br />

Andocken an die Praxis zu sorgen. Sie können sich nicht ewig aufs<br />

noch schlummernde Potenzial ihrer Schüler hinausreden. Sie<br />

müssen die Arbeit an diesem Potenzial austarieren mit einem Markt,<br />

der immer schneller und unbarmherziger wird. Was ein junger<br />

Sänger da braucht, ist neben technischer und physischer vor allem<br />

emotionale Stabilität. Die bekommt man nicht dadurch, dass man<br />

sich semesterlang vom Gesangslehrer hätscheln lässt, sondern<br />

indem man sich durch das Gestrüpp von Ansichten und Anforderungen<br />

kämpft. Insofern könnte <strong>Frankfurt</strong> ein Beispiel geben.<br />

Stephan Mösch, Albrecht Thiemann


Oben: Gemeinsamer Blick in die Opernpartitur<br />

Lehrende und Studierende in Vorbereitung eines szenischen<br />

Abends der Gesangsabteilung.<br />

Unten: Opernszene mit den Gesangsstudierenden Björn<br />

Bürger und Esther Dierkes.<br />

S T A T E M E N T<br />

Paul Leonard Schäffer,<br />

studiert Komposition<br />

(12. Semester) und Orchesterleitung<br />

(3. Semester). Seit<br />

Anfang des Jahres leitet<br />

er projektweise die Staatsphilharmonie<br />

Rheinland-Pfalz im<br />

Rahmen von Kinderkonzerten.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Durch mein angefangenes<br />

Kirchenmusikstudium war ich<br />

schon zu Beginn meines<br />

Studiums in einer finanziell<br />

recht angenehmen Situation:<br />

Ich konnte eine kleine Stelle<br />

als Organist und Chorleiter<br />

annehmen und somit das<br />

Geldverdienen mit den Inhalten<br />

des Studiums verbinden und<br />

bei der Arbeit meine Fähigkeiten<br />

weiter ausbauen.<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell<br />

von dem leben zu müssen, was<br />

Sie künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Das Bewusstsein, Geld zu<br />

verdienen, ist bei mir schon<br />

relativ früh entstanden.<br />

Zunächst als reiner Kompositi-<br />

onsstudent schien mir vor dem<br />

finanziellen Hintergrund eine<br />

Stelle als Kirchenmusiker recht<br />

sinnvoll. Inzwischen denke<br />

ich anders. Ich bin froh, in<br />

einen Studiengang gewechselt<br />

zu haben, hinter dem ich<br />

voll stehe. Ich weiß nicht ob ich<br />

wirklich, zum Beispiel als<br />

Korrepetitor, an ein Theater<br />

gehen will. Als Freischaffender<br />

hätte ich mehr Möglichkeiten,<br />

das Komponieren nicht zu<br />

vernachlässigen. Wenn ich<br />

allerdings als Dirigent an einem<br />

Theater arbeiten will, führt der<br />

7<br />

Weg an der Festanstellung nicht<br />

vorbei, vorausgesetzt ich<br />

würde ein Probespiel schaffen.<br />

Vielleicht ist ein Mittelweg<br />

das richtige: Für einige Zeit ans<br />

Theater und dann schaue ich,<br />

ob ich als Freiberufler ebenfalls<br />

gut auskomme. Nach dem<br />

Studium allein vom Komponie-<br />

ren leben zu können, ist glaube<br />

ich traumtänzerisch.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Das ist eine schwierige Frage,<br />

die ich jetzt nicht so genau<br />

beantworten kann. Man sollte<br />

niemals nie sagen. Ich glaube,<br />

dass ich schlecht dazu geeignet<br />

bin, an einer Musikschule<br />

Kinder zu unterrichten. Ich habe<br />

großen Respekt vor Musik und<br />

Instrumentalpädagogen, weil<br />

ich selber nur schwer Zugang<br />

zu Kindern finde.


8<br />

Unterbesetzt und<br />

hoch motiviert<br />

Die drei Dekaninnen Catherine Vickers, Henriette<br />

Meyer-Ravenstein und Marion Tiedtke im Interview<br />

Dekanate sind Schaltstellen und Ideenschmieden in einem. Dort<br />

sitzen Koordinatoren, die das Notwendige mit dem Möglichen<br />

verbinden, um für Studierende ein ebenso breit gefächertes wie<br />

qualitativ hochwertiges Lernangebot zu garantieren. Als „Chefs“ der<br />

Fachbereiche sind die Dekaninnen für einen sechsstelligen eigenen<br />

Etat zuständig, den sie in Absprache mit den Geschäftsführern<br />

der Fachbereiche selbstverantwortlich verwalten. In ihm befinden<br />

sich die finanziellen Mittel, die für Studium und Lehre gebraucht<br />

werden. Dass knappe finanzielle Ressourcen und Ausstattung dabei<br />

die limitierenden Faktoren auf dem Weg zum erstrebten Optimum<br />

sind, ist in allen drei Fachbereichen der <strong>HfMDK</strong> das gleiche Phänomen<br />

– ebenso wie die Tatsache, dass dort Not erfinderisch macht<br />

und bei den Lehrenden eine erstaunliche Einsatzbereitschaft freisetzt.<br />

Die drei derzeitigen Dekaninnen Catherine Vickers (Professorin<br />

für Klavier, Fachbereich 1), Henriette Meyer-Ravenstein<br />

(Professorin für Gesang, Fachbereich 2) und Prof. Marion Tiedtke<br />

(Ausbildungsdirektorin Schauspiel, Fachbereich 3) formulieren im<br />

folgenden Interview Probleme und Chancen, die mit den gegebenen<br />

finanziellen Rahmenbedingungen einhergehen.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt Wie stellt sich die finanzielle Ausstattung der<br />

<strong>HfMDK</strong> aus Ihrer Sicht und für Ihren Fachbereich dar?<br />

Prof. Marion Tiedtke Wenn ich den Ausbildungsbereich Schauspiel<br />

exemplarisch für die Darstellenden Künste betrachte, komme ich zu<br />

dem Ergebnis, dass wir in <strong>Frankfurt</strong> gemeinsam mit der Hochschule<br />

für Musik und Theater Rostock das Schlusslicht bilden – zumindest,<br />

was die finanzielle und personelle Ausstattung betrifft. Für<br />

den Bereich Regie gilt im Prinzip das gleiche. Und dabei ist Rostock<br />

eine Partnerschule der Ernst-Busch-Hochschule für Darstellende<br />

Kunst in Berlin, bezieht also von dort Unterstützung, während wir<br />

hier in Hessen als einzige Hochschule für Musik, Theater und<br />

Tanz alles allein bestreiten müssen. Alle anderen Schauspielschulen<br />

verfügen über viel mehr festes Personal, können mehr Angebote<br />

machen, haben eine eigene Aufführungsbühne und können größere<br />

Inszenierungen angehen. Der sogenannte Mittelbau in der Lehre<br />

ist an anderen Orten viel stärker ausgeprägt als bei uns. Größere<br />

finanzielle Ressourcen bedeuten also ausgedehntere und qualitativ<br />

bessere Lehrangebote, und bewegliche Gelder sind darüberhinaus<br />

für Projekte und Workshops notwendig. Machen wir uns nichts vor:<br />

Die finanzielle Ausstattung hier in <strong>Frankfurt</strong> bewegt sich am Rande<br />

des Machbaren.<br />

Prof. Catherine Vickers Meine Antwort, auf den Fachbereich 1 bezogen,<br />

geht in die gleiche Richtung: An vorderster Stelle sehe<br />

ich bei uns das personelle Problem, das sich darin zeigt, dass wir<br />

mit unserem prozentualen Verhältnis von Professoren und Lehrbeauftragten<br />

in der Anzahl fester Stellen bundesweit an letzter<br />

Stelle rangieren. Dieses Missverhältnis hat sich in den letzten<br />

Oben: Motiv aus einem szenischen<br />

Abend der Schauspielabteilung.<br />

Links: Die drei Dekaninnen<br />

Henriette Meyer-Ravenstein,<br />

Catherine Vickers<br />

und Marion Tiedtke.


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />

Jahren weiter verschlechtert. Und das an einer Hochschule, die als<br />

einzige dieser Art in Hessen bemüht ist, ein breites Spektrum<br />

an Ausbildung abzudecken. Sich in diesem Spannungsverhältnis<br />

zu definieren, ist für die Hochschule ein wahrer Balanceakt.<br />

Tiedtke Dieser eher betrüblichen Tatsache steht auf der anderen<br />

Seite das bemerkenswerte Faktum gegenüber, dass beispiels-<br />

weise unser Ausbildungsbereich in der Regel eine 100prozentige<br />

Vermittlungsquote unserer Absolventen in Festengagements<br />

aufweisen kann. Jährlich bewerben sich im Schnitt 200 Schau-<br />

spielabsolventen von 17 deutschsprachigen Schauspielschulen<br />

auf 45 frei gewordene Stellen. Meist acht davon bekommen Frank-<br />

furter Absolventen, also der komplette Jahrgang.<br />

FiT Wie erklären Sie diese Diskrepanz?<br />

Tiedtke Wir haben in <strong>Frankfurt</strong> gelernt, aus der finanziellen Not<br />

eine Tugend zu machen, und zwar in Form der Hessischen Theater-<br />

akademie (HTA), die sich als verlässliches Netzwerk mit den<br />

Theatern und anderen Ausbildungsinstitutionen der Region bewährt<br />

hat. Wir sind schlichtweg gezwungen, berufsvorbereitend Koopera-<br />

tionspartner zu finden, die uns in der Ausbildung unterstützen.<br />

So lernen unsere Studierenden schon während der Ausbildung<br />

professionelle Theaterbetriebe kennen. Oft resultieren aus der<br />

frühen Zusammenarbeit spätere Festengagements. Zum anderen<br />

müssen die Studierenden bei uns angesichts einer schmalen<br />

Ausstattung eigenverantwortlich arbeiten, beispielsweise selbst<br />

für ihre Kostüme sorgen und sich um technische Bühnenfragen<br />

wie die Ausleuchtung kümmern. So erlernen sie wertvolle Kompe-<br />

tenzen, die sie auch für das freie Arbeiten jenseits öffentlicher<br />

Bühnen qualifizieren. Die Studierenden an der <strong>HfMDK</strong> können<br />

außerdem von der umfangreichen und weitgehenden Unterstützung<br />

durch die Gesellschaft der Freunde und Förderer profitieren. Sie<br />

unterstützt Projekte maßgeblich und ermöglicht uns, trotz knapper<br />

öffentlicher Gelder auf dem Ausbildungsmarkt mithalten zu können.<br />

Das reicht jedoch dauerhaft nicht, um im Profilierungswettbewerb<br />

der Kunsthochschulen mitzuhalten.<br />

FiT Wie soll und kann sich unsere Hochschule zukünftig<br />

positionieren?<br />

Vickers Genau das werden wir in einer neu beginnenden Leitbild-<br />

diskussion eruieren, die das Präsidium angestoßen hat. Darin gilt es<br />

zu klären, welches Spektrum an Studienangeboten sich die Hoch-<br />

schule leisten kann, ohne dabei den qualitativ hohen Standard zu<br />

vernachlässigen.<br />

Prof. Henriette Meyer-Ravenstein Nicht nur die Vielfalt an möglichen<br />

Studiengängen ist an der Hochschule bemerkenswert. Ich staune<br />

immer wieder, wie viele Aktivitäten gleichzeitig innerhalb der Schul-<br />

musikausbildung im Fachbereich 2 laufen. Wir reden von einer<br />

Fülle an Angeboten, angesichts derer unsere Studierenden oft<br />

nicht wissen, wie sie alle Angebote wahrnehmen können. Diese<br />

Fülle an Möglichkeiten ist ein Beweis für die hohe Motivation<br />

Musik unter Skeletten:<br />

Die Konzertreihe „Bestiarium“ –<br />

im Bild Studierende der<br />

Internationalen Ensemble<br />

Modern Akademie – ist eine<br />

von unzähligen Kooperationen,<br />

die die <strong>HfMDK</strong> mit anderen<br />

Instituten – hier mit dem<br />

Senckenberg Naturmuseum –<br />

pflegt.<br />

9


10 GELD und KUNST<br />

unserer Lehrenden, die immer wieder ermutigt. Bei alledem gibt<br />

es auch bei uns personelle Engpässe: Besonders extrem äußert sich<br />

die Lage darin, dass wir über nur jeweils eine Professur für Musik-<br />

wissenschaft und Musiktheorie verfügen, mit denen wir die<br />

Bedürfnisse der ganzen Hochschule bedienen müssen. Andere<br />

Hochschulen halten bis zu fünf Professuren allein für das Fach<br />

Musiktheorie vor. Durch die aktuelle Studienreform wird es nun<br />

noch heikler: Der Lehr- und Betreuungsaufwand wird sich durch die<br />

in der Entwicklung befindlichen Masterstudiengänge deutlich<br />

erhöhen, vor allem weil auch die künstlerischen Master-Studieren-<br />

den eine Abschlussarbeit schreiben müssen. Darauf sind unsere<br />

Kapazitäten wirklich nicht ausgelegt. Die Intensität und Kontinuität,<br />

die man für diese Arbeit braucht, kann von Lehrbeauftragten<br />

höchstens in Einzelfällen geleistet werden. Ähnlich unbefriedigend<br />

sieht es im Ausbildungsbereich Schulmusik für das Fach Gesang<br />

aus: Auf zwei Professorenstellen kommen bis zu 130 Semester-<br />

wochenstunden. Das ist ein deutliches Missverhältnis. Für Fächer<br />

wie Schulpraktisches Klavierspiel, Gesang und Klavier bräuchten<br />

wir „Mittelbau-Stellen“, um Engpässe zu entzerren. Für mich<br />

ist klar: Wir können an der <strong>HfMDK</strong> gar nicht so viele Schulmusiker<br />

ausbilden, wie es bei dem eklatanten Lehrermangel nötig wäre<br />

und wir es gern täten.<br />

Szene aus dem letzten<br />

ZuKT-Wintertanzprojekt. Foto:<br />

Valentin Fanel<br />

FiT Aber es gibt auch gute personelle Nachrichten aus dem<br />

Fachbereich, oder?<br />

Meyer-Ravenstein In der Tat, und das wissen wir auch zu schätzen:<br />

Professuren für Komposition, für Musikpädagogik mit Schwerpunkt<br />

Grundschullehramt und für Ensembleleitung werden gerade neu<br />

besetzt. Dies zeigt, mit welcher Dynamik der Fachbereich zurzeit<br />

unterwegs ist.<br />

FiT Was bedeutet das Prinzip der Budgetierung in den<br />

Fachbereichen?<br />

Tiedtke Seit zwei Jahren verfügen alle Ausbildungsbereiche über<br />

ein eigenes, festgelegtes Budget. Dieses Prinzip hat sich – auch<br />

dank des wachsamen Engagements unserer Geschäftsführer – gut<br />

bewährt. Dennoch kommt man sich in der Hochschule manchmal<br />

vor wie in einer Familie, in der es darum geht, wer das größte<br />

Eis bekommt. Als Dekanin sehe ich die einzige Chance darin, mit<br />

maximaler Transparenz im Fachbereich alles offenzulegen, was<br />

Finanzen betrifft.<br />

Meyer-Ravenstein Einen Verteilungskampf um finanzielle Mittel<br />

kenne ich aus dem Fachbereich 2 eigentlich nicht – unsere<br />

Ausbildungsdirektoren arbeiten da eng zusammen. Ich empfinde<br />

die Arbeit der Geschäftsführer als eine entscheidende Entlastung.<br />

Es ist gut und wichtig, dass es jemanden gibt, der den Budget-<br />

Überblick hat und verhindert, dass ich als Dekanin möglicherweise<br />

blauäugig in eine finanzielle Falle tappe.<br />

Vickers Obwohl wir im Fachbereich 1 vier Ausbildungsbereiche<br />

betreuen – Kirchenmusik, Historische Interpretationspraxis (HIP),<br />

Künstlerische Instrumentalausbildung (KIA) und Pädagogik –<br />

vermeiden wir eine strikte Trennung der Budgets, weil die Ausbil-<br />

dungsbereiche inhaltlich oft und eng miteinander verzahnt sind<br />

und kooperieren. Wenn wir beispielsweise im Sommersemester<br />

einen Meisterkurs für Cembalo und Hammerklavier anbieten,<br />

profitieren davon ebenso Pianisten wie HIP-Studierende. Dieses<br />

Ineinandergreifen möchten wir nicht verlieren. In der Runde<br />

der Ausbildungsdirektoren spüre ich immer wieder das kollektive


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />

Verantwortungsgefühl für die gesamte Hochschule – das hat<br />

vielleicht auch zur Folge, dass man Wünsche für den persönlichen<br />

Ausbildungsbereich zurückzustellen bereit ist. Bei aller Bescheiden-<br />

heit bin ich aber überzeugt: Die Feststellung „Es geht doch<br />

irgendwie“ ist ein gefährlicher Satz.<br />

FiT Welche finanziellen Spielräume stehen Ihnen zur Verfügung?<br />

Tiedtke Unsere Abteilung Zeitgenössischer und Klassischer Tanz<br />

hat sich – dank des Engagements ihres Ausbildungsdirektors<br />

Dieter Heitkamp – viele finanzielle Standbeine durch Vernetzungen<br />

und Kooperationen geschaffen, die ihres gleichen suchen und<br />

dazu geführt haben, das die <strong>Frankfurt</strong>er Tanzausbildung deutsch-<br />

landweit hervorragend aufgestellt ist.<br />

FiT Also sind Ausbildungsdirektoren auch Fundraiser und<br />

Netzwerker?<br />

Tiedtke In der Tat, und Dieter Heitkamp ist ein gutes Beispiel dafür.<br />

Als Dekanin kann ich feststellen, dass unser Fachbereich über<br />

fünf hoch motivierte Ausbildungsdirektoren verfügt, die allesamt<br />

am zeitlichen Limit arbeiten.<br />

Vickers Dank unserer hochschuleigenen Fundraiserinnen konnten<br />

wir in der Vergangenheit für die Hochschule und damit für<br />

die Ausbildung wichtige Instrumente neu beschaffen – hier gilt<br />

ein herzlicher Dank an die Gesellschaft der Freunde und Förderer.<br />

Großartig ist auch die Aussicht, dass die zukünftige Professur<br />

„Interpretationspraxis und Vermittlung neuer Musik“ als erste<br />

Stiftungsprofessur der <strong>HfMDK</strong> im nächsten Jahr besetzt wird.<br />

FiT Haben Sie sich als Dekanin für Ihre Amtszeit ein Ziel gesetzt,<br />

das mit neuen Investitionen verbunden ist?<br />

Meyer-Ravenstein Als Dekanin möchte ich langfristig darauf hin-<br />

wirken, die Studiengänge Grund- und Realschullehramt inhaltlich<br />

und strukturell auf neue Füße zu stellen. Beide Ausbildungs-<br />

zweige brauchen ein aktualisiertes eigenes Profil, das wirklich auf<br />

die Schulform zugeschnitten ist. Da besteht großer Nachbesse-<br />

rungsbedarf.<br />

Vickers Zum einen möchte ich als Dekanin eine perspektivreiche<br />

Planung für meinen Fachbereich für die nächsten zehn Jahre<br />

hinterlassen. Zum anderen kämpfe ich für eine verbesserte mediale<br />

Ausstattung der Hochschule, von der im Prinzip alle Studierenden<br />

profitieren würden: Gemeint sind Aufnahmetechnik und -studios,<br />

die groß genug und geeignet sind, nicht nur CDs, sondern auch<br />

DVDs, also Filmdokumentationen zu erstellen, die mittlerweile<br />

als Teil von Abschlussprüfungen, aber auch für Bewerbungen für<br />

Wettbewerbe oder Agenturen zu einer Selbstverständlichkeit<br />

geworden sind. Diesen veränderten Bedingungen muss auch die<br />

Hochschule Rechnung tragen, unter anderem auch in Form einer<br />

personellen Verstärkung für unseren Tonmeister Christoph Schulte,<br />

der wahnsinnig viel für uns tut. Bei der Planung des Hochschul-<br />

neubaus auf dem Kulturcampus sollte man diese Überlegungen<br />

einbeziehen. Zudem ist ohne die Einbindung der Medien in<br />

der Musik (Video und Elektronik) eine Erziehung in der zeitgenös-<br />

sischen Musik praktisch unmöglich.<br />

Tiedtke Ich setze mich in den mir verbleibenden zwei Jahren als<br />

Dekanin weiterhin dafür ein, dass wir für die Darstellenden Künste<br />

eine eigene Aufführungsbühne und ein eigenes Produktionsbüro<br />

bekommen, um die Ausbildungsbedingungen weiter zu professio-<br />

nalisieren. Meine Kollegen und ich denken dabei an einen „flie-<br />

genden Theaterbau“, also eine baulich schlichte Konstruktion am<br />

Bockenheimer Depot, die Platz für vier Proberäume und eine Bühne<br />

bietet. Diese Studiobühne könnte eine Art „Vorhut“ sein für<br />

das ungleich größere Projekt, das dort entstehen soll: ein Neubau<br />

der Hochschule als Teil des Kulturcampus <strong>Frankfurt</strong>. bjh<br />

Das Symposium<br />

„The Artist’s Body“ – hier ein<br />

Schnappschuss aus einem Workshop<br />

dieser Veranstaltung – gehört<br />

zu den fachbereichübergreifenden<br />

Angeboten der <strong>HfMDK</strong>.<br />

11


12 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

S T A T E M E N T<br />

Delphine Roche studiert im<br />

dritten Semester Traversflöte<br />

bei Prof. Karl Kaiser im<br />

Ausbildungsbereich Historische<br />

Interpretationspraxis<br />

und war von 2010 bis 2011<br />

Stipendiatin der Internationalen<br />

Ensemble Modern Akademie<br />

(IEMA). Sie ist<br />

Mitbegründerin von „l‘Autre<br />

mOnde“, dem Ensemble<br />

für alte und neue Musik,<br />

Flötistin im „Trio Lamartine“<br />

und Flötenlehrerin an der<br />

städtischen Musikschule Lahr.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Als Französin, die im Ausland<br />

Musik studiert, gibt es praktisch<br />

kein Stipendium (generell gibt<br />

es null finanzielle Unterstützung<br />

vom französischen Staat für<br />

die französischen Studenten,<br />

die Kunst studieren). Von daher<br />

musste ich gleich zu Beginn<br />

meines Studiums arbeiten. Mein<br />

erstes Stipendium habe ich<br />

erst nach meinem Freiburger<br />

Abschlussdiplom von der IEMA<br />

bekommen. Ich habe mein<br />

ganzes Studium mehr oder<br />

weniger gearbeitet – je nach<br />

finanziellem Bedarf. Ich habe<br />

mit 16 angefangen, Querflöte<br />

und Solfège privat zu<br />

unterrichten. Mit 20 habe ich<br />

in und bei Paris am Conservatoire<br />

unterrichtet (Querflöte,<br />

Solfège, aber auch Kammermusik,<br />

Kammerorchster, Analyse,<br />

Musikalische Früherziehung).<br />

Ich weigerte mich, andere Jobs<br />

anzunehmen, weil das Unterrichten<br />

mir auch so viel pädagogische<br />

und instrumentale<br />

Erfahrung brachte. Jedoch fiel<br />

es mir aus zeitlichen Gründen<br />

schwer, mich so meinem Üben<br />

für mein Studium und Probespielen<br />

oder Wettbewerben<br />

zu widmen, wie ich es mir<br />

gewünscht hätte.<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell von<br />

dem leben zu müssen, was Sie<br />

künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Als ich mir vornahm, nach<br />

Deutschland zu ziehen, um mich<br />

nach meinem Pariser Studium<br />

fortzubilden, fiel es mir schwer,<br />

meine Schüler ab- und damit<br />

eine gewisse finanzielle<br />

Sicherheit aufzugeben. Meine<br />

Eltern konnten mich nicht<br />

angemessen finanziell unterstützen.<br />

Ich war daher anfangs<br />

sehr besorgt und gestresst,<br />

wie ich es schaffen würde, die<br />

Miete, mein Studium usw.<br />

zahlen zu können. Ich habe<br />

gleich am Anfang meines<br />

deutschen Studiums Schüler<br />

gesucht, um festes Geld zu<br />

verdienen. Peu à peu habe ich<br />

auch nebenbei in verschiedenen<br />

Freiburger und schweizerischen<br />

Ensembles Orchester gespielt.<br />

Als ich nach Deutschland kam,<br />

lag es mir überdies am Herzen,<br />

meine eigenen Ensembles<br />

mit engagierten Künstlern zu<br />

gründen und mich in unseren<br />

möglichst unkonventionellen<br />

Projekten zu engagieren.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Meine Kompromisse sind, auf<br />

einen gewissen Lebensstil zu<br />

verzichten, um mich mehr in<br />

meine Weiterbildung beziehungsweise<br />

mein Barockstudium<br />

bei Prof. Karl Kaiser und<br />

in die Projekte meiner Ensembles<br />

vertiefen zu können. Da ich<br />

mich sehr auf Neue und<br />

Barockmusik konzentriere,<br />

brauche ich mehrere Instrumente.<br />

Auf den Kauf von<br />

Instrumenten oder Material<br />

(Noten, Bücher...) zu verzichten,<br />

fiele mir schwer. Wichtig ist<br />

mir auch die Flexibilität und<br />

Freiheit zu reisen: zu Proben,<br />

Konzerten, Ausstellungen und<br />

Aufführungen, eben um neue<br />

Kultur zu entdecken, aber auch<br />

meine Familie zu besuchen.


S T A T E M E N T<br />

Alma Toaspern studiert im<br />

6. Fachsemester Zeitgenössischen<br />

und Klassischen Tanz<br />

(ZuKT) an der <strong>HfMDK</strong>.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Es bedeutet für mich Unabhängigkeit<br />

vom Elternhaus. Häufig<br />

unterschätzt. Also habe ich<br />

mich ab dem ersten Studienjahr<br />

um Förderung bemüht, mich<br />

bei drei verschiedenen Begabtenförderungswerken<br />

beworben<br />

(bei der Stiftung der Deutschen<br />

Wirtschaft hatte ich auf jeden<br />

Fall einen Exotenbonus<br />

unter den Bewerbern) und mir<br />

letztendlich auf Vorschlag<br />

unseres Direktors ein Stipendium<br />

bei der Studienstiftung<br />

des Deutschen Volkes ertanzt.<br />

Nebenbei arbeite ich als<br />

HiWi, gebe Deutschunterricht<br />

für ausländische Studierende<br />

der Tanzabteilung, jobbe als<br />

Model, fahre auf Gastspiele mit<br />

älteren Stücken oder mugge ab<br />

und zu mit Musikern. Ich liiiebe<br />

Abwechslung!<br />

S T A T E M E N T<br />

Christopher Herrmann<br />

studierte an der <strong>HfMDK</strong> von<br />

2004 bis 2010 Violoncello<br />

bei Prof. Michael Sanderling<br />

und Sabine Krams. Gegenwärtig<br />

studiert er an der <strong>HfMDK</strong><br />

Cello im Studiengang<br />

Instrumental- und Gesangspädagogik.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Geld spielt ja immer eine Rolle,<br />

wenn man studieren will. Meine<br />

Jobs waren für einen Musiker<br />

nichts besonderes; ich werde<br />

am häufigsten als Jazzcellist für<br />

Hintergrundmusik gebucht,<br />

da kommt oft mehr rein als bei<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell von<br />

dem leben zu müssen, was Sie<br />

künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Als ich mit einem kräftezehrenden<br />

Stück einer Kölner<br />

Choreographin auf Gastspiel<br />

war und mir klar wurde, dass<br />

ich mir gerade mein einziges<br />

freies Wochenende seit Wochen<br />

damit um die Ohren schlage, in<br />

zugigen Off-Szene-Theatern vor<br />

manchmal nur 14 Zuschauern<br />

meine Energie zu verschleudern,<br />

um ein bisschen Geld zu<br />

verdienen, merkte ich, dass das<br />

nichts mehr mit reinem<br />

Geldverdienen zu tun hat. Das<br />

klärt sehr schnell, ob es das<br />

richtige Metier ist, um seinen<br />

Unterhalt zu finanzieren.<br />

Die kleinen Schwächeleien und<br />

„ich-kann-das-jetzt-nicht“<br />

-Momente lässt man dann<br />

plötzlich im Alltag weniger zu.<br />

vereinzelten klassischen<br />

Konzerten, die ich allerdings<br />

auch sehr gerne spiele. Auch<br />

Studio-Jobs habe ich hin<br />

und wieder. In letzter Konsequenz<br />

muss ich sagen, war<br />

es eigentlich eher so, dass mein<br />

Studium meine Auftritte<br />

behindert hat, da es mich nicht<br />

unbedingt ins Orchester zieht.<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell<br />

von dem leben zu müssen, was<br />

Sie künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

An diesen Moment habe ich<br />

keine Erinnerung mehr.<br />

Das Leben als freischaffender<br />

Mensch ist so inspirierend,<br />

wie man es eben zulässt. Mit<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Ach, Kompromisse sind doch<br />

was Schönes! Wenn ich jetzt<br />

schon sagen könnte, was für<br />

mich undenkbar ist, wären es ja<br />

keine Kompromisse mehr.<br />

Sicher würde ich keine völlig<br />

unlukrativen Angebote annehmen,<br />

die meine Arbeit abwerten.<br />

Aber wenn es keine<br />

finanzielle Win-win-Situation<br />

ist, dann wenigstens eine<br />

ideelle. Langfristig wahrscheinlich<br />

eh die gewinnversprechendere<br />

Methode.<br />

der Antwort nach der Schwierigkeit<br />

ist es genauso – eine<br />

Frage nach den eigenen Ansprüchen<br />

eben.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Denkbare Kompromisse:<br />

Orchestermusiker zu werden,<br />

eine Ausbildung zum Altenpfleger<br />

oder Kindergärtner zu<br />

machen. Musik zu spielen, die<br />

ich absolut nicht mag, ist für<br />

mich ein „NoGo“.<br />

13


Bei Anruf Kunst<br />

Die Künstlerbörse der <strong>HfMDK</strong> vermittelt Studierende und ihr Können für private und öffentliche Feier-Anlässe<br />

Es gibt sie immer noch, die Menschen, die glauben, dass Musikstudenten<br />

dankbar sind, wenn sie eine Auftrittschance bekommen, um<br />

Erfahrung sammeln zu können. Ohne Geld, versteht sich, auch nicht<br />

lang: dreimal fünf Minuten auf einer Hochzeitsfeier zum Beispiel.<br />

Machen sie doch gern, oder? Der Musiker darf auch gern zum<br />

anschließenden Essen bleiben ... Über diesen und manch anderen<br />

Irrtum klärt Daniela Kabs, die Leiterin der Künstlerbörse, den einen<br />

oder anderen Interessenten auf, wenn er sich zum ersten Mal bei<br />

der „Künstlerbörse“ der <strong>HfMDK</strong> meldet. Das Angebot der Hochschule,<br />

Studierende für künstlerische Auftritte bei privaten oder<br />

geschäftlichen Feieranlässen zu vermitteln, zieht immer weitere<br />

Kreise. Bis zu 200 Auftritte jährlich verschafft das Künstlerische<br />

Betriebsbüro der <strong>HfMDK</strong>, das Daniela Kabs leitet, den Studierenden<br />

Jahr für Jahr.<br />

Die Blechbläser verschlägt es im „Muggen“-Geschäft der Künstlerbörse<br />

oft zu den schrägsten Auftrittsorten – zum Beispiel in<br />

einen Flugsimulator oder auf eine Mülldeponie zu deren feierlicher<br />

Eröffnung. Wichtig ist, dass Instrument und Musik bieten können,<br />

was atmosphärisch verlangt wird. Hier die schmissigen Posauneneinwürfe<br />

auf dem Freigelände, dort die zarten Harfenklänge in<br />

intim-andächtiger Feierrunde. Durch mehrjährige Vermittlungserfahrung<br />

hat Daniela Kabs ein sicheres Gespür dafür bekommen,<br />

Oben: <strong>HfMDK</strong>-Absolventin Ann-Christin Rose als Solistin eines Konzertes<br />

mit dem Bad Vilbeler Kammerorchester.<br />

Unten: Daniela Kabs – hier im Gespräch mit Prof. Michael Schneider –<br />

leitet die Künstlerbörse der <strong>HfMDK</strong>.<br />

wie sie dem „Kunden“ helfen kann, genau den passenden Beitrag<br />

für seinen Anlass zu finden. „Ein Streichquartett kann zum<br />

festlichen Dinner im Hintergrund nicht Schostakowitsch und<br />

Tschaikowsky spielen, und auch ein Brahms-Klaviertrio ist schon<br />

schwere Kost“, weiß Daniela Kabs. Behutsam lenkt sie die<br />

Anfrage oft durch gezieltes Nachfragen in eine Richtung, die sie<br />

aus Erfahrung oft viel besser erahnen kann als der Interessent<br />

sie anfänglich beschreibt.<br />

Sonderwünsche kosten extra<br />

<strong>HfMDK</strong>-Studierende, die über die Künstlerbörse vermittelt werden<br />

wollen, müssen sich bei ihr melden und vormerken lassen – sei<br />

es als Solist, Kammermusikensemble oder Jazz-Combo. Voraussetzung<br />

für die Vermittlung ist ein gutes künstlerisches Niveau.<br />

Daniela Kabs: „Studierende, die unsere Künstlerbörse nutzen, um<br />

bezahlte Auftritte zu bekommen, wissen in der Regel sehr genau,<br />

was ihr Können wert ist. Und wir achten darauf, die Leistungen<br />

unserer Studierenden nicht zu billig anzubieten.“ Ausnahmen gibt<br />

es freilich – zum Beispiel als einst die 90-jährige Literaturliebhaberin<br />

für eine kleine Lesung einen Rezitator suchte und partout<br />

nicht mehr als 100 Euro zahlen konnte. Übrigens eine von wenigen<br />

Börsenvermittlungen für Schauspielstudenten, zumindest<br />

im Vergleich mit den Kommilitonen der musikalischen Fakultät.


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />

Immerhin: Als ein Techno Club Studierende für einen Event<br />

anheuerte, kamen Musiker in Rokoko-Kostümen und Schauspieler<br />

in Mönchs-Kutten auf die Bühne. „Solche Sonderwünsche kosten<br />

natürlich extra.“<br />

Erfahrungsgewinn auf mehreren Ebenen<br />

Die <strong>HfMDK</strong>-Künstlerbörse hat gleich mehrfachen Nutzen: Die<br />

Hochschule bringt ihre künstlerischen Ressourcen in die Gesell-<br />

schaft ein, während die Studierenden damit ihr Studium finanzie-<br />

ren. Doch nicht nur das: „Den pädagogischen Wert von Auftritten<br />

außerhalb der Hochschule, womöglich in exklusiven Kreisen,<br />

sollte man nicht unterschätzen“, weiß Daniela Kabs. Flexibilität<br />

der Künstler sei hier gefragt, die Wendigkeit, auf individuelle<br />

Wünsche der Auftraggeber einzugehen, die Bereitschaft, den<br />

eigenen musikalischen Anspruch hinter den Kundenwunsch nach<br />

einer rührseligen Salonnummer zurückzustellen. „Um überleben<br />

zu können, müssen die jungen Künstler lernen, Kompromisse<br />

zu machen“, bringt Daniela Kabs auf eine Formel. Auch das „get<br />

together“ nach dem Auftritt, wenn sich die Künstler unter die<br />

Feiernden mischen, um ihr Erscheinen kommunikativ abzurunden,<br />

kann für die Studierenden zu einer lehrreichen Herausforderung<br />

werden und ermöglicht ihnen, sich ein eigenes Netzwerk an<br />

Auftraggebern zu schaffen, das ihnen dann nach dem Studium<br />

den Weg in die Selbstständigkeit erleichtert.<br />

Edel-Mugge mit eigenem Chauffeur<br />

Während Daniela Kabs für die durchschnittliche „Hochzeits-Mugge“<br />

Auftraggeber und Ausführende durch wenige Anrufe zusammen-<br />

bringt und dann sich selbst überlässt, wird sie für hochkarätige<br />

Buchungen auch zur Inspizientin vor Ort. Unvergessen bleibt ihr die<br />

Filialeröffnung einer Bank in Mailand, zu der sie mit einem Streich-<br />

trio per Flugzeug anreiste, Übernachtung im Luxushotel und eigener<br />

Chauffeur inklusive. Oder das Jubiläum der DZ BANK im Großen<br />

Saal der der Alten Oper <strong>Frankfurt</strong>, das 60 Künstler der Hochschule<br />

künstlerisch gestalteten. Klar, dass solche Aufträge für die Künstler-<br />

börse zu einem logistischen Kraftakt werden.<br />

Nun gibt es sie aber doch, die Grenzen des guten Geschmacks, die<br />

sich die Künsterbörse in der Vermittlungsbereitschaft für mögliche<br />

und unmögliche Anlässe gesetzt hat: Bei ihr sind Sänger für Play-<br />

back-Auftritte nicht zu haben, und auch die zweifelhaft seriöse An-<br />

frage eines Nachtclubs lehnte die Künstlerbörse einmal dankend ab.<br />

Mangels Besetzung hätte Daniela Kabs vor<br />

wenigen Jahren die Anfrage für die musika-<br />

lische Umrahmung einer Beerdigung beinahe<br />

negativ bescheiden müssen – wäre sie in den<br />

Kreisen der Schulmusikstudierenden damals<br />

nicht doch noch fündig geworden. Und so<br />

lieferte sie, selbst über ihren Erfolg verwun-<br />

dert, prompt das Gewünschte: ein Trio<br />

mit Geige, Trompete und Trauer-Jodler. bjh<br />

Gergö Nagy, gebürtiger Ungar,<br />

studiert Bassposaune<br />

bei Prof. Hans Rückert im<br />

8. Semester.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Als ich nach Deutschland kam,<br />

konnten meine Eltern mich<br />

finanziell nicht viel unterstützen.<br />

Ich habe von Freunden<br />

(Studienkollegen) ziemlich früh<br />

Unterrichtsmöglichkeiten<br />

bekommen, außerdem habe ich<br />

auch Wohnungen geputzt, was<br />

nicht so gut bezahlt war. Aber<br />

ich glaube, wenn man arbeiten<br />

will, um ein Ziel zu erreichen,<br />

kann man immer etwas finden.<br />

Außerdem unterrichte ich<br />

immer noch, was viel Zeit<br />

kostet. Aber ich bin dankbar,<br />

dass ich fast ohne Unterstützung<br />

mein Leben finanzieren<br />

kann. Ich habe im Laufe der Zeit<br />

immer mehr Freunde und<br />

Bekannte kennengelert und<br />

damit auch mehr Möglichkeiten<br />

bekommen, mit anderen zu<br />

musizieren. Für mehrere Stipendien<br />

der Hochschule bin ich<br />

sehr dankbar. Die größte Unterstützung<br />

aber bekomme ich<br />

von meinem Posaunenlehrer<br />

Prof. Hans Rückert: und zwar<br />

nicht finanziell, sondern<br />

menschlich und beruflich. Wenn<br />

ich irgendwelche Probleme<br />

habe, versucht er er immer zu<br />

helfen.<br />

15<br />

S T A T E M E N T<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell von<br />

dem leben zu müssen, was Sie<br />

künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Bevor ich mein Studium in<br />

Deutschland begann, hatte ich<br />

ein Jahr lang in der Gastronomie<br />

als Barkeeper gearbeitet.<br />

Am Ende der Schulzeit wollte<br />

ich immer selbstständiger sein,<br />

möglichst alleine meine Ziele<br />

erreichen und von meinem<br />

eigenen Geld leben, womit ich<br />

hoffentlich meine Eltern stark<br />

entlastet habe. Das Leben hier<br />

in <strong>Frankfurt</strong> für mich als<br />

Freischaffender neben meinem<br />

Studium ist nicht immer<br />

einfach. Aber angesichts so<br />

vieler Möglichkeiten, die ich von<br />

der Hochschule, den Professoren<br />

und Freunden bekomme,<br />

kann ich gut leben. Man muss<br />

immer kämpfen, und ich glaube,<br />

dass nicht immer das Ziel das<br />

Wichtigste ist, sondern der<br />

Weg, der mich zum Ziel führt.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Für mich war der größte<br />

Kompromiss bis jetzt, dass ich<br />

meine Heimat, Familie und<br />

Freunde zurückgelassen habe.<br />

Wenn ich an meine Zukunft<br />

denke, ist mein Ziel, Orchestermusiker<br />

zu sein. Ein Kompromiss<br />

wäre für mich, hier in<br />

Deutschland als Freischaffender<br />

oder Lehrer zu bleiben. Somit<br />

hätte ich immer noch bessere<br />

Möglichkeiten, als wenn ich in<br />

meiner Heimat Ungarn leben<br />

würde. Ich bin sehr glücklich<br />

hier und hoffe, dass ich von der<br />

vielfältigen Hilfe, die ich hier<br />

erfahren habe, einiges zurückgeben<br />

kann.


16 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Überzeugen und Begeistern<br />

Seit sieben Jahren ist Fundraising an der <strong>HfMDK</strong> als wichtiges Standbein für mehr finanziellen Spielraum etabliert –<br />

die Gesellschaft der Freunde und Förderer ist eine wachsende Erfolgsgeschichte<br />

Die Zahlen sprechen für sich: Als Beate Eichenberg im Jahr 2005 an<br />

der <strong>HfMDK</strong> ihre Arbeit als Fundraiserin begann, beackerte sie in<br />

Hessens einziger Hochschule für Musik und Darstellende Kunst<br />

völliges Neuland. Schon zwei Jahre später hatte sie ihr Netzwerk an<br />

Kontakten zu Spendern und Gönnern so weit aufgebaut, dass sich<br />

die „Gesellschaft der Freunde und Förderer der <strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong><br />

am Main“ etablieren konnte, die seitdem stetig wächst. Brachten<br />

ihre Fundraising-Aktivitäten im Jahr 2006 zusätzliche Fördermittel<br />

in Höhe von rund 100.000 Euro ein, wuchs das Jahresvolumen<br />

bis 2010 auf rund 800.000 Euro an. Ein neuer Meilenstein ist nun<br />

mit der Aussicht erreicht, dass zum Sommersemester 2013 die erste<br />

<strong>HfMDK</strong>-Stiftungsprofessur aus Mitteln des Fundraising in Höhe von<br />

300.000 Euro zusätzlich zu den weiterhin vielfältigen Fördermaßnahmen<br />

vergeben wird. Seit 2011 verstärkt Heinke Poulsen als<br />

zweite Fundraiserin der <strong>HfMDK</strong> die beachtliche Entwicklung, die die<br />

finanziellen Spielräume der Hochschule vergrößert. Im folgenden<br />

Interview gewähren Beate Eichenberg und Heinke Poulsen Einblick<br />

in einen Arbeitsbereich, in dem Begeisterungsfähigkeit genauso<br />

zählt wie die Beharrlichkeit, behutsam wachsendes Vertrauen mit<br />

guten Ideen zu verbinden.


Beate Eichenberg ist Diplom-Kommunikationswirtin<br />

(UdK Berlin), Fundraising-Managerin (Fundraising Akademie<br />

GmbH), leitet seit 2005 die Stabsstelle Fundraising der<br />

<strong>HfMDK</strong> und ist Geschäftsführerin der Gesellschaft der Freunde<br />

und Förderer der Hochschule. Vor dem Wechsel nach<br />

<strong>Frankfurt</strong> war sie verantwortlich für Fundraising, Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit der Berliner Krebsgesellschaft e. V..<br />

Heinke Poulsen hat im Erststudium ein Orchesterdiplom mit<br />

Hauptfach Geige gemacht. Ihren Masterabschluss in Kulturma-<br />

nagement machte sie an der PH Ludwigsburg und bildete sich<br />

anschließend an der ZHAW Winterthur mit einem Diplom<br />

als Fundraising Manager weiter. Als Fundraiserin war sie zuletzt<br />

Geschäftsführerin der Stiftung Katharinenhöhe zugunsten<br />

krebskranker Kinder und Jugendlicher. Derzeit arbeitet sie als<br />

Fundraiserin der <strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong> am Main. Als Kulturmanagerin<br />

war sie u. a. als Programmdirektorin auf Schloss Elmau tätig.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt Frau Eichenberg, unter welchen Bedingungen<br />

haben Sie im Jahr 2005 Ihre Fundraising-Aktivitäten begonnen?<br />

Beate Eichenberg Es gab faktisch keine gewachsenen Strukturen,<br />

auf denen ich aufbauen konnte. Einige Professoren pflegten<br />

Kontakte zu privaten Förderern und dem einen oder anderen<br />

Unternehmen aus ihrem unmittelbaren Umfeld, um finanzielle<br />

Unterstützung in ihrem Arbeitsbereich zu erhalten. Von einer<br />

hochschuleigenen Systematik im Fundraising konnte jedoch keine<br />

Rede sein – der Begriff war an der <strong>HfMDK</strong> schlichtweg Neuland.<br />

FiT Keine besonders motivierenden Voraussetzungen, oder?<br />

Eichenberg Man kann das auch positiv sehen: Wenn du gleichsam<br />

bei Null anfängst, kann es nur aufwärts gehen. Und wir haben dann<br />

einfach losgelegt und eine Fundraising-Strategie und Jahrespla-<br />

Links: Szene aus „Mond.Finsternis.Asphalt“, dem Musik-Theaterprojekt,<br />

das die <strong>HfMDK</strong> im Bockenheimer Depot präsentierte. Die Gesellschaft<br />

der Freunde und Förderer unterstützte diese Arbeit.<br />

Rechts: Die Hochschule, in unmittelbarer Nachbarschaft zum <strong>Frankfurt</strong>er<br />

Bankenviertel gelegen, hat mittlerweile ein gut funktionierendes<br />

Netzwerk an Freunden und Förderern aufgebaut.<br />

nung erarbeitet, aber zu den ersten Schritten gehörte es auch,<br />

ein Corporate Design für die Hochschule zu entwickeln und in der<br />

öffentlichen Wahrnehmung präsenter zu werden. Da war es gut,<br />

dass wir mit Sylvia Dennerle eine hervorragende Kollegin für<br />

Öffentlichkeitsarbeit an der <strong>HfMDK</strong> haben, mit der wir Hand in<br />

Hand zusammen arbeiten. Die zeitgleich entstandene Imagebro-<br />

schüre konnten wir bei einem von der IHK <strong>Frankfurt</strong> initiierten<br />

Konzert im April 2006 erstmals präsentieren. Und als wichtige<br />

Arbeitsgrundlage habe ich eine Datenbank aufgebaut mit Kontakten<br />

kunstinteressierter Unternehmer und Privatleute, die als Unter-<br />

stützer in Frage kamen oder für die Öffentlichkeitsarbeit und das<br />

Netzwerken der Hochschule interessant sind.<br />

FiT Gab es finanzielle Vorgaben, die Sie innerhalb eines definierten<br />

Zeitraumes erreicht haben mussten?<br />

Eichenberg Nein – glücklicherweise hatte mich das Hochschulpräsi-<br />

dium unter keinerlei Erfolgsdruck gesetzt. Der damals neue<br />

Präsident Thomas Rietschel hatte sich selbst für das Fundraising an<br />

der <strong>HfMDK</strong> stark gemacht und gab mir Zeit, Kontakte stetig<br />

aufzubauen und Freundschaften vertrauensvoll zu entwickeln.<br />

Gerade ohne ständigen Erfolgsdruck entfaltet man ein sicheres<br />

Gespür dafür, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um einen<br />

potenziellen Spender für eine Förderung anzusprechen.<br />

FiT Wie kann Fundraising erfolgreich sein?<br />

Heinke Poulsen Fundraising ist Überzeugungsarbeit, und zwar mit<br />

Inhalten, für die sich jemand begeistern kann und sich einsetzen<br />

möchte. Fundraiser wollen nicht manipulieren, sondern Motivation<br />

entzünden, eine Identifikation mit einer Sache herstellen, die der<br />

Förderer aus eigener Überzeugung unterstützen möchte. Wichtig<br />

dabei ist, dass er die Ergebnisse seiner finanziellen Zuwendungen<br />

konkret erfährt – zum Beispiel in Form eines Konzertes oder einer<br />

Aufführung oder indem er mit verfolgen kann, wie gut sich sein<br />

Stipendiat weiter entwickelt. Ein Fundraiser muss den Menschen<br />

zuhören, ihre Neigungen kennenlernen und daraus Förderangebote<br />

entwickeln.<br />

17


18 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

FiT Worin liegen die Unterschiede zwischen Sponsoring und<br />

Fundraising?<br />

Poulsen Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob<br />

Sponsoring überhaupt zum Fundraising zählt. Klar ist, dass sich im<br />

Sponsoring neben dem Willen zur gesellschaftlichen Verantwortung<br />

das wirtschaftliche Interesse eines Unternehmens ausdrückt<br />

und Leistungen und Gegenleistungen im Sponsoring klar verhandelt<br />

werden. Für das Geld, das Spenderinnen und Spender für ein<br />

Förderprojekt zur Verfügung stellen, bekommen sie eher immateri-<br />

elle Gegenwerte wie Dank und Wertschätzung. Die Gegenlei-<br />

stungen, die wir bieten, sind ideeller Natur.<br />

Eichenberg Ich ergänze die Definition: Im Fundraising haben wir es<br />

mit Menschen und Institutionen zu tun, die ein originäres Interesse<br />

daran haben, mit ihrer Spende zu verändern, gute Entwicklungen zu<br />

bewirken und damit – auch auf die Gefahr hin, dass es pathetisch<br />

klingt – die Welt ein wenig besser zu machen.<br />

FiT Was ist das Begeisterungspotenzial, mit dem Sie an der<br />

Hochschule Fundraising betreiben?<br />

Eichenberg Unser Potenzial sind die Studierenden, das sind ganz<br />

faszinierende Persönlichkeiten. Es ist ungeheuer beeindruckend,<br />

mit wie viel Talent und Fleiß sie studieren und welche Kunst an der<br />

<strong>HfMDK</strong> zu erleben ist. Das zu unterstützen und daran teilzuhaben,<br />

birgt ganz viele Glücksmomente. Dazu ist die Hochschule eine<br />

Institution, die als Teil der Gesellschaft dem Gemeinwesen auch<br />

etwas zurückgibt. Denken Sie an Projekte wie das „Schulprojekt<br />

Response“, in dem Schülerinnen und Schüler in Hessen und<br />

Thüringen mit unseren Professoren und Studierenden über ein<br />

halbes Jahr lang neue Musik komponieren lernen. Oder sehen<br />

Sie nur, wie viele unserer Studierenden sich im Obdachlosenprojekt<br />

der <strong>Frankfurt</strong>er Katharinenkirche oder anderen Hilfsprojekten<br />

engagieren.<br />

Poulsen Anders formuliert: Wer Studierende und ihre Ausbildung<br />

fördert, investiert in die Zukunft. Genau diese Chance wollen wir<br />

unseren Förderern nahelegen.<br />

FiT Die Gesellschaft der Freunde und Förderer (GFF) der <strong>HfMDK</strong><br />

haben Sie im Jahr 2007 gegründet. Was war Ihnen dabei wichtig?<br />

Eichenberg Der Verein sollte eng an die Hochschule angebunden<br />

sein – mit dem Hochschulpräsidenten als geborenem Mitglied<br />

des Vorstands und einem Vizepräsidenten als Mitglied im Kuratori-<br />

um. Mit der Gesellschaft wollten wir einen Ort für alle die schaffen,<br />

die sich bürgerschaftlich für die Hochschule engagieren wollen.<br />

Sie gibt unserer Fundraising-Arbeit ein Gesicht und ist zugleich<br />

eine schöne Form, bürgerschaftlich und mit anderen gemeinsam zu<br />

fördern, was einem am Herzen liegt.<br />

FiT Und mit Dr. Clemens Börsig, dem Aufsichtsratsvorsitzenden<br />

der Deutschen Bank, ist es Ihnen auf Anhieb gelungen, einen<br />

prominenten Spitzenmanager als Vorsitzenden der Gesellschaft zu<br />

gewinnen?


Eichenberg Clemens Börsig hat auf Herz und Nieren geprüft, auf<br />

welchen Partner er sich einlassen würde und ob mit der Gesell-<br />

schaft der Freunde und Förderer eine Erfolgsstory beginnen kann.<br />

Dass er der Hochschule schließlich zusagte, der Gesellschaft<br />

der Freunde und Förderer vorstehen zu wollen, war eine glückliche<br />

Entscheidung für die <strong>HfMDK</strong> und ihre Weiterentwicklung.<br />

FiT Welche Förderaktivitäten konnte die GFF seitdem auf den Weg<br />

bringen?<br />

Eichenberg Das ist eine lange Liste: Sie reicht über die Anschaf-<br />

fungen von besonderen Instrumenten über die Finanzierung von<br />

Meisterkursen bis hin zur Förderung von Inszenierungen und der<br />

Vergabe von Stipendien an unsere Studierenden. In fünf Jahren,<br />

von 2007 bis 2011, haben die Freunde und Förderer über 953.000<br />

Euro, also fast eine Million Euro, für Hochschulprojekte bereit-<br />

gestellt.<br />

FiT Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung im Fundraising?<br />

Eichenberg Zufrieden wäre der falsche Begriff - wir freuen uns<br />

über den Status quo. Vor sieben Jahren habe ich begonnen, mit<br />

einer großen Anzahl von mir damals Unbekannten über kleine<br />

Summen zu reden: Heute sind es viele Freunde, die uns auch mit<br />

großen Summen unterstützen.<br />

FiT Frau Poulsen, welche Sicht hatten Sie auf die bestehenden<br />

Strukturen, als Sie im Jahr 2011 als zweite Fundraiserin hinzuka-<br />

men?<br />

Poulsen Aufgefallen sind mir der solide Aufbau der Strukturen und<br />

die richtige Reihenfolge der Entwicklungsschritte, mit denen<br />

Beate Eichenberg das Fundraising an der Hochschule etabliert hat.<br />

Diese Arbeit braucht Zeit, bis sie reife Früchte trägt; diese Zeit hat<br />

die Hochschule ihr gegeben, und die Ergebnisse sprechen für sich.<br />

FiT Wann ist die Grenze des Machbaren im Fundraising erreicht?<br />

Eichenberg: Der hauptsächlich limitierende Faktor, um mehr<br />

Fördermöglichkeiten anzubieten, sind begrenzte Personalressour-<br />

cen in den Fundraising-Abteilungen. Grundsätzlich jedoch bin<br />

ich davon überzeugt, dass wir noch mehr Förderer dafür begeistern<br />

können, in die Fortentwicklung der <strong>HfMDK</strong> zu investieren.<br />

FiT Kann funktionierendes Fundraising nicht auch zur Gefahr<br />

werden, dass Politiker öffentliche Mittel durch privates Engagement<br />

einsparen wollen?<br />

Oben: Dr. Clemens Börsig, Vorsitzender<br />

der Gesellschaft der Freunde und Förderer<br />

der <strong>HfMDK</strong>, und Hochschulpräsident<br />

Thomas Rietschel im Gespräch<br />

mit <strong>Frankfurt</strong>s Oberbürgermeisterin<br />

Dr. Petra Roth.<br />

Links unten: Auch die Inszenierung der<br />

„Fledermaus“ im Gallus Theater <strong>Frankfurt</strong><br />

gehörte zu den von der Gesellschaft<br />

der Freunde und Förderer unterstützten<br />

Projekten der Hochschule.<br />

Poulsen Eingeworbene Drittmittel beeinflussen nicht die Verant-<br />

wortlichkeit der öffentlichen Hand für die Grundfinanzierung<br />

unserer Hochschule. Im Fundraising geht es nicht um Kostenersatz,<br />

sondern um – wie schon erwähnt – die Ausweitung finanzieller<br />

Spielräume. Ich glaube sogar, dass gutes Fundraising die Politiker<br />

motiviert, mehr denn je in das zu investieren, was auch Förderern<br />

kostbar und wichtig ist.<br />

FiT Hat das Hochschul-Fundraising mit der Einrichtung einer<br />

Stiftungsprofessur nun den höchsten Level des Förderengagements<br />

erreicht?<br />

Eichenberg Noch lange nicht. Gerade denken wir über die Grün-<br />

dung einer eigenen Hochschulstiftung nach.Damit hängt zum<br />

Beispiel auch die große Aufgabe zusammen, Menschen dafür zu<br />

sensibilisieren, die Hochschule testamentarisch zu berücksichtigen.<br />

FiT Also die Hochschule als Erbin des persönlichen Vermögens<br />

einzusetzen?<br />

Eichenberg Genau. Hierzulande ist der Gedanke, über ein Testament<br />

schon zu Lebzeiten mit der Organisation, die man bedenken<br />

möchte, zu sprechen, noch immer ungewohnt. Und wir Fundraiser<br />

müssen hier viel Fingerspitzengefühl beweisen. Im angelsäch-<br />

sischen Raum zum Beispiel ist der Umgang mit Testamentspenden<br />

für gemeinnützige Projekte viel entspannter.<br />

FiT Sie arbeiten mittlerweile als Zweierteam ohne strenge Aufga-<br />

benteilung. Wie funktioniert das?<br />

Eichenberg Es funktioniert ohne Reibungsverluste, weil wir beide<br />

in den strategischen Überlegungen ähnlich ticken. Ich empfinde es<br />

als Bereicherung, mich mit einer erfahrenen Kollegin auszutau-<br />

schen und gemeinsam kreativ zu sein. Und das Arbeiten in einem<br />

gemeinsamen Raum garantiert kurze Wege der Absprache.<br />

FiT Wie kann Ihre Arbeit weiter erfolgreich sein?<br />

Eichenberg: Indem die Zusammenarbeit mit dem Hochschulpräsidi-<br />

um weiterhin so eng und effizient ist. Fundraising an einer Hoch-<br />

schule funktioniert nur, wenn sich – wie bei uns – der Präsident als<br />

erster Fundraiser des Hauses begreift. bjh<br />

19


20 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Fünf Jahre Gesellschaft<br />

der Freunde und Förderer<br />

der Hochschule für Musik<br />

und Darstellende Kunst<br />

<strong>Frankfurt</strong> am Main e.V.<br />

Fünf Jahre, 265 Mitglieder und Spenden in Höhe von fast einer<br />

Million Euro für die <strong>HfMDK</strong>. Das sind die Eckdaten der 2007<br />

gegründeten Gesellschaft der Freunde und Förderer (GFF) der Hoch-<br />

schule. Die Zahlen spiegeln das große Engagement der Förderer<br />

und ihre mannigfache Unterstützung für die Studierenden: Bis<br />

heute bekamen dreißig Stipendiaten ein Starterstipendium.<br />

Besondere Instrumente wie eine Bassposaune und ein Barockcello<br />

wurden gekauft und die Arbeitsphasen der Dirigenten Sebastian<br />

Weigle, Lothar Zagrosek und Krzysztof Penderecki mit dem<br />

Hochschulorchester angeschoben. Schauspieler und Regisseure<br />

– Udo Samel, Birgit Minichmayr, Stephan Kimmig und andere –<br />

arbeiteten mit den Studierenden. Und große Opernaufführungen,<br />

vom Orfeo beim Rheingau Musik Festival bis zu Mond.Finsternis.<br />

Asphalt im Bockenheimer Depot, wurden ebenso ermöglicht<br />

wie studentische Arbeiten angehender Regisseure, Tänzer oder<br />

Theatermanager. Jüngstes Projekt ist die Gastprofessur des<br />

Liedbegleiters Helmut Deutsch. Bei ihm studieren die fortgeschrit-<br />

tenen Gesangsstudierenden der <strong>HfMDK</strong>.<br />

Am 20. April feiert die GFF im Anschluss an die Mitgliederver-<br />

sammlung 2012 ihr fünfjähriges Bestehen und den Arbeitsbeginn<br />

von Helmut Deutsch mit einem Liederabend. Restkarten für<br />

Nichtmitglieder sind an der Abendkasse erhältlich.<br />

Alle Informationen zur Gesellschaft der Freunde und Förderer sind<br />

zu finden unter hfmdk-freunde.de. Dort steht auch der Jahresbe-<br />

richt als Download bereit.<br />

Die Nummer des Spendenkontos der GFF lautet: 806 50 70 bei der<br />

Deutschen Bank <strong>Frankfurt</strong>, BLZ 500 700 24.<br />

Fördern macht Freude<br />

Die con moto foundation unterstützt das Projekt „Response“, bei<br />

dem junge Schülerinnen und Schüler an zeitgenössische Musik<br />

herangeführt und zum eigenen kreativen Schaffen von Musik<br />

angeregt werden. Außerdem beteiligen wir uns an dem Programm<br />

„Starterstipendien“, um junge hochbegabte Musikstudentinnen<br />

und -studenten zu fördern, und die <strong>HfMDK</strong> in ihrem Bestreben nach<br />

Exzellenz zu bestärken, damit ein hohes Niveau im Musikleben<br />

aufrechterhalten bleibt.<br />

Mit unserer Stiftungstätigkeit fokussieren wir uns vor allem auf<br />

musikpädagogische Projekte, weil Musik ideal geeignet ist,<br />

die persönliche Entwicklung junger Menschen zu fördern, über alle<br />

Sprach- und Herkunftsgrenzen hinweg.<br />

Sabine Petersen-Spindler und Dr. Manfred Spindler<br />

Stifter/ Freunde und Förderer der <strong>HfMDK</strong><br />

Musik ist mir genauso wichtig wie Atmen!<br />

Darum ist mir die <strong>HfMDK</strong> ans Herz gewachsen. Und ich unterstütze<br />

gerne die Ausbildung junger Menschen, denn sie sind unsere<br />

Zukunft. Als Freund und Förderer nehme ich Teil an der Entwicklung<br />

von jungen Künstlern, und die Konzerte in der Hochschule sind<br />

fester Bestandteil meines Lebens. Mein besonderer Favorit ist der<br />

Barockmarathon – da muss ich immer dabei sein!<br />

Richard J. Byer<br />

Freund und Förderer der <strong>HfMDK</strong>


Aus Liebe zur Musik kam ich zu meinem Ehrenamt in der <strong>HfMDK</strong>:<br />

Ich bestreite gemeinsam mit anderen freiwilligen Helfern schon<br />

mehrere Jahre den Konzert-Abenddienst der Hochschule mit.<br />

Durch die häufige Anwesenheit im Hause sah ich mehr, hörte ich<br />

mehr, nahm ich Anteil und konnte mich einfühlen und Dinge<br />

nachvollziehen.<br />

So reifte mein Entschluss: Hier kannst du unterstützen und ich<br />

wurde zur Freundin der <strong>HfMDK</strong> und werde es bleiben.<br />

Fazit: Manchmal lohnen offensichtlich auch „kleine Umwege“.<br />

KarinMR Vogt<br />

Ehrenamtliche Mitarbeiterin/ Freundin und Förderin der <strong>HfMDK</strong><br />

Als Bildungsstiftung mit Sitz in <strong>Frankfurt</strong> am Main, die neben<br />

Kindern, Jugendlichen und Menschen mit schwierigen Startbedingungen<br />

auch junge Künstler fördert, ist die Crespo Foundation<br />

natürlicher Partner der Hochschule für Musik und Darstellende<br />

Kunst. Deswegen haben wir als Stiftung den Kontakt gesucht, im<br />

Laufe der gemeinsamen Projekte – von denen „Primacanta – Jedem<br />

Kind seine Stimme“ das größte, aber nicht das einzige erfolgreiche<br />

ist – wurde die Hochschule dann zu einem Lieblingspartner:<br />

Es sind die Menschen, ihr Ideenreichtum, ihre Umsetzungsstärke,<br />

ihre Offenheit, ihre Leidenschaft und ihr Engagement, die die<br />

Zusammenarbeit so sympathisch wie erfolgreich macht! Nur<br />

stellvertretend für viele andere, die in und mit dieser Hochschule<br />

etwas bewegen, neue Wege einschlagen, sich auf neue Herausforderungen<br />

einlassen und sich unverzichtbar machen in <strong>Frankfurt</strong>,<br />

seien Thomas Rietschel und Dieter Heitkamp genannt.<br />

Ulrike Crespo<br />

Stifterin/ Unterstützerin der <strong>HfMDK</strong><br />

Musik und Theater sind seit Jahrhunderten wesentlicher Bestandteil<br />

unserer Kultur. Der von manchen Kritikern zu Unrecht wegen<br />

seines Pathos belächelte Schlusschor in Beethovens Neunter,<br />

nunmehr schon 40 Jahre Europahymne, ist ein Symbol für die<br />

Gegensätze und Grenzen überwindende Kraft der Musik. Damit<br />

Musik und darstellende Kunst ihre Bedeutung für das gesellschaftliche<br />

Zusammenleben behalten, müssen bereits die Kinder (wieder)<br />

wie selbstverständlich damit in Berührung kommen. Unverzichtbar<br />

sind gut ausgebildete Musik- und Theaterpädagogen und ein<br />

exzellenter künstlerischer Nachwuchs. Ich erlebe seit vielen Jahren<br />

aus unmittelbarer Anschauung, mit welch großem Engagement<br />

die Studierenden der <strong>HfMDK</strong> auf das Ziel hinarbeiten, zu diesem<br />

exzellenten Nachwuchs zu gehören. Jeder kann sich bei den vielen<br />

Konzerten und anderen Veranstaltungen der <strong>HfMDK</strong> von dem hohen<br />

künstlerischen Niveau der Ausbildung überzeugen und von der<br />

Freude der Studierenden am Spielen, die sich meist schnell auf das<br />

Publikum überträgt. So ist es mir auch eine Freude, einen Beitrag<br />

zur Förderung des Nachwuchses an der <strong>HfMDK</strong> zu leisten.<br />

Dr. Klaus Sommerlad<br />

Freund und Förderer der <strong>HfMDK</strong><br />

Mittlerweile zum fünften Mal hat die DZ BANK das Jazzfest<br />

der <strong>HfMDK</strong> als Hauptsponsor unterstützt, und wir haben es wieder<br />

sehr gerne gemacht. Wir sind immer wieder begeistert, was die<br />

Hochschule mit ihrem Engagement und Herzblut auf die Beine<br />

stellt. Nationale und internationale Jazzgrößen, die <strong>HfMDK</strong>-Ensembles<br />

mit eigenen und klassischen Arrangements – ein wahrer<br />

Ohrenschmaus für alle Jazz-Fans.<br />

Anke Fischdick<br />

Event Management, DZ BANK AG<br />

21


22 TRADITION und INNOVATION<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Aus Liebe zum Tanz<br />

Die <strong>Frankfurt</strong>er Tanzabteilung kann sich auf kontinuierliche Unterstützung des Fördervereins ZuKT e. V. verlassen<br />

Von Claudia Sauter, Vorsitzende des Fördervereins ZuKT e. V.<br />

Der Förderverein ZuKT e. V. unterstützt den Ausbildungsbereich<br />

Zeitgenössischer und Klassischer Tanz. 2007 feierte er sein<br />

25-jähriges Bestehen. Seine Gründung entstand aus finanzieller<br />

Not der Tanzabteilung, die damals noch in beengten Räumen am<br />

<strong>Frankfurt</strong>er Zoo untergebracht war. Prof. Egbert Strolka, damaliger<br />

Leiter der Tanzabteilung, war auf der Suche nach größeren Räumen.<br />

Um die Finanzierung für die Anmietung der Räume im ehemaligen<br />

Gesundheitszentrum der Firma Braun zu sichern, wurde am 13. Juni<br />

1982 der „Verein zur Förderung der tänzerischen Berufsausbil-<br />

dung in Hessen e. V.“ gegründet. Der Name stand für die einzige<br />

Hochschule in Hessen, der <strong>HfMDK</strong>, an der Tänzer und Tänzer-<br />

innen ausgebildet wurden.<br />

Zum Gründungsteam gehörten Egbert Strolka, Russell Falen,<br />

Heidy Vogel, Birgit Lang, Christel Brosch, Maria Funk und Jürgen<br />

Strunden, der zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde. Zweck des<br />

Vereins war die Förderung begabter, sich in der Ausbildung<br />

befindlicher Tänzerinnen und Tänzer. Er half bei der Verbesserung<br />

der Einrichtungen, sorgte für Zuwendungen bei öffentlichen<br />

Auftritten und unterstützte bedürftige Studenten. Aufführungen<br />

der Studierenden auf <strong>Frankfurt</strong>er Bühnen, im Großen Foyer des<br />

Staatstheaters Darmstadt, im Wiesbadener Staatstheater und<br />

in Zwingerberg wurden vom Förderverein finanziell und emotional<br />

unterstützt. Ein Höhepunkt waren die Hessischen Kulturtage in<br />

Armenien, den die Studierenden als neu getaufte „Junge Ballett-<br />

kompanie Hessen“ erfolgreich mitgestalteten.<br />

Mit der Emeritierung von Prof. Egbert Strolka im Jahr 1998 stand<br />

auch das Fortbestehen des Vereins in Frage. Claudia Sauter, die<br />

selbst an der <strong>HfMDK</strong> Bühnentanzpädagogik studiert hatte und<br />

1991 dem Verein beigetreten war, übernahm 1998 den Vorsitz. Der<br />

Szene aus dem ZuKT-Wintertanzprojekt 2012. Foto: Valentin Fanel<br />

Zweck des Vereins ist der gleiche geblieben. Noch immer sind die<br />

Mittel der Hochschule begrenzt. Zwar werden inzwischen die<br />

Zuschüsse für Ausstattung und Gastchoreografen für „ZuKT“ aus<br />

anderen Töpfen möglich, aber für die Studierenden ist die Haus-<br />

haltssituation eher schlechter. Tänzer können nicht so leicht<br />

regelmäßige Jobs annehmen, um das Studium zu finanzieren.<br />

Sie sind nach einem harten Trainingstag dazu körperlich nicht mehr<br />

in der Lage.<br />

Deshalb hat der Förderverein seinen Schwerpunkt nun mehr auf<br />

die Unterstützung der Studenten gelegt. Zwei bis maximal vier<br />

Stipendien vergibt er jährlich. Die Stipendiaten erhalten zwischen<br />

100 und maximal 200 Euro pro Monat. Mit Patenschaften hat der<br />

Verein schon einige Studierende persönlich unterstützt und<br />

während ihres Studiums begleitet. Um die Wohnungssuche der<br />

Erstsemester zu erleichtern, hat der Förderverein seit 2005 eine<br />

Wohnung als WG für die Tanzstudenten angemietet. Der Erfolg<br />

dieser Einrichtung führte dazu, 2010 ein weiteres Angebot einer<br />

WG im selben Haus anzunehmen. Der Verein übernimmt dabei die<br />

Vermieterrolle. Mit Flyern und einer Homepage hat sich der<br />

Förderverein der Öffentlichkeit präsentiert, um für neue Mitglieder<br />

zu werben. Mit der Namensänderung will er die Zugehörigkeit zur<br />

<strong>HfMDK</strong> verdeutlichen.<br />

Der Förderverein finanziert sich über Vereinsbeiträge (60 Euro im<br />

Jahr) und Spenden. Dessen Mitglieder sind speziell dem Tanz<br />

verbunden. Sie schätzen den persönlichen Kontakt zur Tanzabtei-<br />

lung und den Tanzstudenten. Die schnelle, unkomplizierte und<br />

bedarfsorientierte Förderung ist ihnen wichtig. Die Förderer lieben<br />

den Tanz und fördern, damit kulturelles Leben auch morgen noch<br />

spannend ist.


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />

Spitzenförderung<br />

Wer hart trainiert, hat es in zwei Monaten verschlissen, das Paar<br />

Spitzenschuhe, das sich mit den harten Sohlen und den stabilisie-<br />

renden Platten zum Spitzentanz eignet. Und selbst Tänzer, die sich<br />

darauf bestens verstehen, ihrem „Arbeitswerkzeug“ mit Schellack-<br />

beträufelung, Kühlschrankaufenthalten und anschließender<br />

Fönbehandlung lebensverlängernde Maßnahmen angedeihen zu<br />

lassen, kommen irgendwann nicht umhin, satte 60 Euro für ein<br />

neues Paar Spitzenschuhe auf den Tisch zu legen. Es sei denn, der<br />

„Förderverein ZuKT“ greift den Tanzstudierenden wie so oft unter<br />

die Arme: Immer wieder fängt er außerordentliche Finanzbelas-<br />

tungen der Studierenden auf und unterstützt deren finanzielles<br />

Auskommen damit maßgeblich. Lisa Rykena beispielsweise reichte<br />

kürzlich beim ZuKT-Leitungsteam ihren Förderantrag für neue<br />

Spitzenschuhe ein und konnte sich wenig später über die Übernah-<br />

me der Anschaffungskosten durch den Förderverein freuen. Ihr<br />

vor Monaten vorangegangener Bruch des Fußes beim Training hatte<br />

ihr ohnehin schon genügend Scherereien neben der achtwöchigen<br />

Zwangspause beschert: Medikamente, Osteophathie- und Akupunk-<br />

turbehandlungen gingen und gehen ins Geld. In Absprache mit<br />

dem Leitungsteam der Tanzabteilung gewährte der Förderverein ihr<br />

finanzielle Hilfen. „Was das Verantwortungsgefühl gegenüber ihren<br />

Studierenden betrifft, ist die <strong>Frankfurt</strong>er Hochschule extrem weit<br />

entwickelt“, erläutert Lisa Rykena dankbar, wie auch die Profes-<br />

soren bemüht waren, sie in den Wochen der Genesung und des<br />

wieder beginnenden Trainings moralisch und praktisch zu unterstüt-<br />

zen. Mittlerweile hat sich Lisa Rykena vor dem Spiegel und in der<br />

Gruppe wieder „hochtrainiert“und steht – stärker denn je – endlich<br />

wieder auf der Bühne. Mit dem Ende ihrer Genesungspause sind<br />

auch ihre Wochenenden wieder regelmäßig verplant – unter<br />

anderem mit dem Unterrichten von Früherziehungs-Tanzkindern.<br />

„Es ist generell schwierig, unter der Woche Geld zu verdienen, da<br />

ist man sehr eingespannt – es bleibt eben ein Drahtseilakt“,<br />

schildert sie die Unmöglichkeit, nach harten und langen Trainings-<br />

einheiten noch Zeit und Kraft für einen Nebenjob nach Feierabend<br />

zu finden. Eine zeitliche Planungssicherheit gebe es in der Tanz-<br />

ausbildung ohnehin nicht, erklärt sie: In <strong>Frankfurt</strong> entsteht der<br />

Stundenplan der ZuKT-Studierenden Woche für Woche neu. An-<br />

gesichts dessen sind die Wochenenden umso mehr mit Aktivitäten<br />

in Form von Nebenjobs verplant. Bei den athletisch durchtrainierten<br />

Tänzern basieren viele Einnahmemöglichkeiten auf Model- und<br />

Komparsenengagements; auch als Darsteller für Werbefilme und<br />

Trailer werden Tänzer oft gebucht. Und als ZuKT-Studierende darf<br />

Lisa Rykena – wie ihre Kommilitonen auch – einer Hinsicht beruhigt<br />

sein: Die Hochschule und der Förderverein ZuKT lassen sie akuten<br />

finanziellen Engpässen mit Sicherheit nicht hängen. bjh<br />

Förderer der Hochschule spendierten der Tanzstudierenden<br />

Lisa Rykena neue Spitzenschuhe.<br />

23


24 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Kunst- und Nachwuchsförderung<br />

auf höchstem Niveau<br />

Dank des Engagements der Deutsche Bank Stiftung konnte die <strong>HfMDK</strong> zwei Opern und<br />

Wandelkonzerte im Rahmen des Rheingau Musik Festivals präsentieren – eine weitere<br />

Zusammenarbeit ist geplant<br />

Als die Hochschule im vergangenen Sommer beim renommierten<br />

Rheingau Musik Festival in Kloster Eberbach mit Stradellas<br />

„San Giovanni Battista“ eine eigene Opern-Inszenierung auf die<br />

Bühne der Basilika brachte, konnte sie sich mit der Deutsche<br />

Bank Stiftung zum zweiten Mal auf einen engagierten Förderer und<br />

Initiator verlassen. Die hatte bereits im Jahr 2007 die Produktion<br />

von Monteverdis „L’Orfeo“ am gleichen Ort möglich gemacht.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt fragte bei Michael Münch, dem stellvertretenden<br />

Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Bank Stiftung, nach, warum<br />

ihm das Engagement für die <strong>HfMDK</strong> wichtig ist und weiter bleiben<br />

wird.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt Herr Münch, was hat die Deutsche Bank Stiftung<br />

dazu bewogen, zwei große Opernprojekte der <strong>HfMDK</strong> zu unterstützen<br />

bzw. überhaupt erst zu ermöglichen?<br />

Michael Münch Aus dem Selbstverständnis unserer Stiftung, sich<br />

für die Gesellschaft zu engagieren, haben wir uns für eine Förderung<br />

der <strong>HfMDK</strong> entschieden, weil sich dort Nachwuchs- und<br />

Musikförderung auf das Beste miteinander verbinden lassen. Wenn<br />

die <strong>Frankfurt</strong>er stolz sind auf ihre Hochschule, dann müssen sie<br />

auch ein Interesse daran haben, dass qualifiziertem künstlerischen<br />

Nachwuchs eine adäquate Ausbildungsmöglichkeit geboten wird.<br />

Die <strong>HfMDK</strong> steht außerdem für Exzellenz und Internationalität.<br />

Dass nicht alle in <strong>Frankfurt</strong> ausgebildeten Künstler in der Region<br />

bleiben, liegt auf der Hand. Aber sie sollen und werden sich gern an<br />

ihre Studienzeit in <strong>Frankfurt</strong> erinnern. Daran haben wir mit unserem<br />

Engagement einen Anteil, auf den wir stolz sind.<br />

FiT Im Jahr 2007 ist die Deutsche Bank Stiftung erstmals eine<br />

Konzertpartnerschaft mit der <strong>HfMDK</strong> eingegangen, nämlich mit der<br />

Finanzierung der Produktion der Barockoper „L’Orfeo“ von Monteverdi<br />

mit Open air-Aufführungen vor der Kulisse des Klosters<br />

Eberbach. Welche Erinnerung haben Sie daran?<br />

Münch Unsere Stiftung hat den Anspruch, mehr als eine reine<br />

Konzertförderung anzubieten; sie wollte etwas Einzigartiges<br />

ermöglichen, das zugleich Nachwuchsförderung auf hohem Niveau<br />

bedeutete. Die Hochschule zeigte sich dankbar, dass wir ihr auf<br />

dem Rheingau Musik Festival eine Plattform vermittelt haben, sich<br />

den Anforderungen eines Festivalbetriebs zu stellen. Die musikalisch-szenischen<br />

Aufführungen waren grandios. Im vergangenen<br />

Jahr wagten wir einen neuen Anlauf mit der Inszenierung von<br />

Stradellas „San Giovanni Battista“ und vorangehenden Wandelkonzerten<br />

in den atmosphärisch einmaligen Räumlichkeiten des Klosters<br />

Eberbach. Mit dieser erneuten Kooperation sind die Hochschule<br />

und wir ein weiteres Mal unserem hohen Anspruch an qualifizierte<br />

musikalische Nachwuchsförderung gerecht geworden. Diese beiden<br />

guten Erfahrungen haben uns dazu bewogen, im Jahr 2013 zum<br />

dritten Mal mit der <strong>HfMDK</strong> gemeinsam eine Produktion im Rahmen<br />

des Rheingau Musik Festivals anzubieten.<br />

FiT Welches Feedback haben Sie von den Kundenbetreuern und<br />

Kunden der Deutschen Bank erhalten, die die Aufführungen der<br />

Hochschule in Kloster Eberbach besucht haben?<br />

Münch Eine Reihe von Kundenbetreuern hat mir vermittelt, dass sie<br />

es bemerkenswert fanden, dass die Stiftung sich zu einem<br />

solchen Schritt entschlossen hat. Das positive Echo bei den Kunden


ührte auch daher, dass die beiden Opernproduktionen für sie<br />

etwas Unerwartetes waren – eben nicht beliebig austauschbar,<br />

sondern etwas ganz Spezielles und damit Reizvolles. Es ist<br />

der Anspruch unserer Stiftung, solche Angebote zu ermöglichen,<br />

die vom „main stream“ eines Festivalprogramms abweichen.<br />

FiT Mit der Produktion von Stradellas „San Giovanni Battista“<br />

und den blutigen Szenen von dessen Tötung wurde auch „schwer<br />

verdauliche“ Kost angeboten.<br />

Münch Kunst und Musik müssen nicht immer einfach sein.<br />

Wir waren von der künstlerischen Kompetenz des Regieteams<br />

überzeugt und haben der Arbeit der Künstler vertraut.<br />

FiT Wie bleibt Ihnen die zweite Hochschulproduktion mit den<br />

Wandelkonzerten und der Aufführung in der Basilika in Erinnerung?<br />

Münch Mir ist aufgefallen, wie offen sich das Orchester über den<br />

herzlichen Schlussapplaus gefreut hat – das habe ich zuvor selten<br />

so erlebt. Den jungen Künstlern war ihre freudige Erleichterung<br />

anzumerken darüber, dass der Funke ihrer intensiven Darbietung<br />

auf das Publikum übergesprungen ist. Mich hat außerdem erstaunt,<br />

mit wie wenigen Mitteln der Ausstattung man so viel auf der<br />

Bühne bewirken kann. Der Regisseur Nils Cooper hatte geniale<br />

Ideen eingebracht, die dennoch keine Kompromisse waren. Nach<br />

den Wandelkonzerten sind einige unserer rund 600 geladenen<br />

Gäste mit den Künstlern ins Gespräch gekommen – man sollte für<br />

zukünftige Kooperationen über bewusst angebotene Gesprächs-<br />

möglichkeiten nachdenken.<br />

Oben: Michael Münch<br />

ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender<br />

der Deutsche Bank Stiftung und schätzt<br />

das künstlerische Potenzial der Hochschule.<br />

Foto: Martin Joppen<br />

Unten: Szenen aus „San Giovanni Battista“ in der<br />

Basilika von Kloster Eberbach.<br />

Die Deutsche Bank Stiftung hatte die Inszenierung<br />

der <strong>HfMDK</strong> im Rahmen des renommierten Rheingau<br />

Musik Festivals ermöglicht.<br />

FiT Welchen Stellenwert messen Sie Künstlern und Kunst in der<br />

Gesellschaft bei?<br />

Münch Kultur ist der Kitt, der die Gesellschaft im Inneren zusam-<br />

menhält – ohne sie würde der Mensch verarmen. Und ich finde es<br />

– gerade auch als Vertreter einer Stiftung der Finanzbranche –<br />

wichtig, dass es mit den verschiedenen Formen der Kunst eine<br />

nonverbale Sprache gibt, über die sich die Menschen abseits aller<br />

Euro- und Griechenland-Themen gemeinsam verständigen können.<br />

Vor elf Jahren hat die Deutsche Bank Stiftung die „Akademie<br />

Musiktheater heute“ gegründet, mit der sie den Führungsnach-<br />

wuchs der Oper fördert und sich damit für die Zukunft dieses<br />

Genres engagiert. Wenn ich sehe, wie musikverrückt unsere<br />

Stipendiaten sind und mit welch geringen äußeren Ansprüchen<br />

sie manchmal auskommen, kann ich nur sagen: Sie leben durch<br />

und durch für die Kultur.<br />

FiT Wie sollte sich die <strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong> am Main aus Ihrer Sicht in<br />

der Gesellschaft positionieren?<br />

Münch Ich kann ihr nur empfehlen, ihr schon bestehendes<br />

Netzwerk an Kontakten und Kooperationen mit anderen Instituti-<br />

onen weiter zu pflegen und in dieses zu intensivieren und sich<br />

keinesfalls auf ein Nischendasein zurückzuziehen. Daher kann<br />

ich auch die Planungen für den Kulturcampus und einem dortigen<br />

Neubau der Hochschule nur begrüßen: Er wird zu einer sehr<br />

fruchtbaren Plattform des Austauschs werden. bjh<br />

25


26<br />

GELD und KUNST<br />

Zahlen<br />

Zahlen aus der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, durchgeführt im Sommersemester 2009.<br />

Die Ergebnisse basieren auf den Angaben von 16.370 Befragten und sind repräsentativ für die Studierenden<br />

an deutschen Hochschulen<br />

812 Euro beträgt der Durchschnittsbetrag der monatlichen Einnahmen bei Studierenden. | Einem Fünftel der Studierenden stehen<br />

weniger als 600 Euro monatlich zur Verfügung, 17% mehr als 1.000 Euro. | 87% der Studierenden werden von ihren<br />

Eltern finanziell mit im Durchschnitt 445 Euro monatlich unterstützt. | 65 % der Studierenden tragen zur Finanzierung ihres<br />

Lebensunterhalts mit eigenem Verdienst in durchschnittlicher Höhe von monatlich 323 Euro bei. | 3 % der Studierenden steht<br />

ein Stipendium zur Verfügung. | 5 % der Studierenden haben einen Kredit zur (teilweisen) Finanzierung des Lebensunterhaltes<br />

aufgenommen. | 26 % der monatlichen Einnahmen werden aus eigenem Verdienst bestritten. | 63 % der Studierenden gehen<br />

davon aus, dass die Finanzierung des Lebensunterhalts während ihres Studiums sichergestellt ist. | 23 % der Studierenden und<br />

der so genannten Bildungsinländer/innen erhalten im Sommersemester 2009 Förderung nach dem BAföG. Der durchschnittliche Förde-<br />

rungsbetrag liegt bei 413 Euro. | 35 % der monatlichen Ausgaben gehen für die Wohnungsmiete weg. Sie beträgt durchschnitt-<br />

lich 281 Euro. Für Ernährung geben Studierende im Schnitt 159 Euro monatlich aus, für Kleidung 51 Euro, 33 Euro für<br />

Fachmittel, 59 Euro für die Gesundheit (Krankenversicherung, Arztkosten, Medikamente), 35 Euro für Kommunikation (Telefon und<br />

Internet), 63 Euro für Freizeit, Kultur und Sport. | 23 % der Studierenden können ihre Ausgaben nicht vollständig durch die<br />

Ausgaben decken und geben im Schnitt 55 Euro mehr aus, als sie einnehmen. | In der Rangfolge der Hochschulstädte nach<br />

der Höhe der monatlichen Ausgaben für Miete und Nebenkosten liegt <strong>Frankfurt</strong> am Main mit 328 Euro auf dem sechsten Platz. An<br />

erster Stelle liegt München mit 348 Euro, an 54. Stelle Chemnitz mit 210 Euro. | Bezogen auf alle Befragten, die sich in einem<br />

Erststudium befinden, arbeiten Studierende in 2009 im Schnitt 8 Stunden in der Woche, um Geld zu verdienen. | Der Gesamtaufwand<br />

für Studium und Erwerbstätigkeit beträgt für Studierende im Erststudium durchschnittlich 44 Stunden in der Woche, allerdings<br />

mit einer enormen Streuung: 13 % der Befragten kommen sogar auf eine wöchentliche Gesamtbelastung von mehr als 60 Stunden.<br />

Damit ist der zeitliche Gesamtaufwand im Vergleich mit 2006 um 3 Stunden wöchentlich gestiegen.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1


S T A T E M E N T<br />

Kathrin Berg, Studiengang<br />

Schauspiel, 3. Ausbildungsjahr<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Leider habe ich mir während<br />

meines bisherigen Studiums<br />

sehr oft Gedanken über das<br />

Geld machen müssen. Ich<br />

empfand dieses Thema schon<br />

immer als sehr belastend. Ich<br />

bekomme kein BaföG, weil ich<br />

vor dem Schauspielstudium<br />

schon eine Ausbildung<br />

absolviert und einige Semester<br />

studiert habe; deshalb unterstützt<br />

mich nun meine Familie.<br />

Das ist nicht sehr angenehm, da<br />

ich gerade in und nach der<br />

Ausbildung gut allein zurecht<br />

kam. Um meine Mutter<br />

wenigstens etwas zu entlasten,<br />

arbeite ich 15 Stunden im<br />

Monat als „Hiwi“ in der<br />

Hochschule und habe Wohngeld<br />

beantragt. Das ständige<br />

Telefonieren mit den entsprechenden<br />

Sachbearbeitern und<br />

die unzähligen Anträge sind<br />

auch einfach nur anstrengend<br />

und nervig. Im Dezember habe<br />

ich ein privates Stipendium<br />

erhalten, worüber ich wahnsinnig<br />

froh bin. Ich merke, dass es<br />

mir seitdem wesentlich besser<br />

geht. Ich muss nicht jeden<br />

Tag ausrechnen, wieviel Geld ich<br />

noch für Essen ausgeben darf,<br />

sondern geh einfach einkaufen.<br />

Das ist toll!<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell von<br />

dem leben zu müssen, was Sie<br />

künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Wenn damit gemeint ist, „wann<br />

habe ich gemerkt, dass ich<br />

mein Geld als Schauspielerin<br />

verdienen muss?“: Ich glaube,<br />

das muss ich nicht. Ich will<br />

es natürlich! Aber zu denken,<br />

dass es sein muss – das engt<br />

mich ein und macht mir Angst.<br />

Und das bringt mich nicht<br />

weiter. Außerdem habe ich in<br />

den letzten Jahren mit so vielen<br />

verschiedenen Jobs Geld<br />

verdient und verfüge über eine<br />

abgeschlossene Ausbildung.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Existenziell ist ein ziemlich<br />

großes Wort. Wenn ich die<br />

Wahl habe zwischen großen<br />

Idealen, die auf der Straße<br />

sitzen, und der Möglichkeit, die<br />

Miete mit einem Werbespot<br />

bezahlen zu können, würde ich<br />

wahrscheinlich Letzteres<br />

wählen, das heißt ich glaube,<br />

ich bin sehr kompromissbereit.<br />

Allerdings habe ich auch vor<br />

kurzem einen Job abgelehnt,<br />

weil das absolut nichts für mich<br />

war. Da ging es darum,<br />

Kartoffelchips für eine Fernsehsendung<br />

zu testen, und das<br />

wollte ich wirklich nicht, auch<br />

wenn es dafür Geld gegeben<br />

hätte. Ich werde immer versuchen,<br />

hinter dem stehen zu<br />

können, was ich tue, aber ich<br />

habe aufgehört, den Beruf<br />

zu idealisieren und zu glauben,<br />

dass ich von einer großen<br />

Bühne zur nächsten tanzen<br />

werde. Irgendwie finde ich das<br />

auch beruhigend.<br />

Erfüllung statt Geld<br />

Eine Studie hat ergeben, dass spätere Verdienst-<br />

möglichkeiten für Musiker keine entscheidende Studienmotivation<br />

sind<br />

Verdienstmöglichkeiten im Musikerberuf scheinen eine eher<br />

untergeordnete Rolle in der Motivation für ein Musikstudium zu<br />

spielen. Das jedenfalls belegt eine Studie von Heiner Gembris und<br />

Daina Langner, in der die Ergebnisse einer Befragung von 659 Ab-<br />

Absolventen von deutschen Musikhochschulen aus dem Jahr<br />

2003 ausgewertet wurden. „Von der Musikhochschule auf den<br />

Arbeitsmarkt“ lautet deren Veröffentlichung, aus der hier nachfolgend<br />

zitiert wird:<br />

„Bemerkenswert ist, dass alle Musiker die „musikalischen Entfaltungsmöglichkeiten“<br />

in der Wichtigkeit für ihre Studienmotivation<br />

an erste Stelle gesetzt hatten. Diese hatten sich aus der Sicht aller<br />

Musikergruppen auch am meisten „erfüllt“, d. h. in allen Gruppen<br />

für über 60 Prozent der Absvolenten.<br />

Wenn man sich die Mittelwerte auf der Skala der Wichtigkeit der<br />

Studienmotivation anschaut, fällt weiter auf, dass „musikalische<br />

Entfaltungsmöglichkeiten“ Mittelwerte zwischen 1.3 und1.5<br />

Skalenpunkten (auf einer Skala von 1 = sehr wichtig bis 5 = völlig<br />

unwichtig, Anmerkung der Redaktion) und eine geringe Streuung<br />

haben (also relativ einheitlich wichtig bis sehr wichtig sind),<br />

während alle anderen Motivationsaspekte immer (z. B. „Verdienstmöglichkeiten“)<br />

oder meistens („hohes Ansehen“) jenseits der<br />

Skalenmitte mehr oder weniger im Bereich des eher Unwichtigen<br />

liegen. (...) Eine Erklärung kann sein, dass Musiker intrinsisch<br />

motivierte Idealisten sind, denen die Musik und musikalische<br />

Entfaltungsmöglichkeiten über alles gehen, während z. B. materielle<br />

Aspekte in ihrer Bedeutung klar zurückgestellt werden. Inwieweit<br />

das wirklich so ist und in inwieweit z. B. Effekte der sozialen<br />

Erwünschtheit eine Rolle spielen, lässt sich nicht eindeutig<br />

feststellen.“<br />

Quelle: Gembris, Heiner/Langner, Daina: „Von der Musikhochschule<br />

auf den Arbeitsmarkt“,Wißner-Verlag Augsburg 2005<br />

27


28<br />

Der Rohdiamant aus<br />

der Nebenfachprüfung<br />

Johannes Martin Kränzle, von der „Opernwelt“ zum<br />

„Sänger des Jahres 2011“ gekürt, erinnert sich den<br />

Beginn seiner Musikalischen Laufbahn als Studierender<br />

der <strong>HfMDK</strong> – mit einem Meisterkurs kehrte er für einige<br />

Tage an die <strong>HfMDK</strong> zurück<br />

Als Johannes Martin Kränzle an der <strong>HfMDK</strong> durch die Aufnahmeprüfung<br />

für ein Schulmusik-Studium rasselte, konnte er nicht ahnen,<br />

dass er genau dort 30 Jahre später als „Sänger des Jahres“ einen<br />

Meisterkurs für Studierende geben würde. Wie gut nur, dass Martin<br />

Gründler, damals erster Gesangsprofessor am Platz, in der Nebenfachprüfung<br />

auf den Bariton-Rohdiamanten aufmerksam wurde und<br />

Kränzle ein halbes Jahr später zu sich in die Gesangsklasse holte.<br />

Wenig später folgte Johannes Martin Kränzles erste Gesangs-<br />

„Mugge“: Mozarts Krönungsmesse in Kelkheim für 200 DM Gage.<br />

Heute ist der Bariton festes Ensemblemitglied der <strong>Frankfurt</strong>er Oper<br />

und international gefragter Gastsänger – aktuell unter anderem<br />

an der Mailänder Scala. Im folgenden Interview erinnert sich der<br />

<strong>HfMDK</strong>-Alumnus Johannes Martin Kränzle an seine finanziell<br />

bescheidenen ersten Berufsjahre und verrät, was ihn anstelle hoher<br />

Gagen wirklich lockt.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt Die Geschichte von ihrer vergeigten Aufnahmeprüfung<br />

für Schulmusik in <strong>Frankfurt</strong> ist also keine Legende. Wollten<br />

Sie nicht von Anfang an Sänger werden?<br />

Johannes Martin Kränzle Nein. Ich wollte zunächst Schulmusik<br />

studieren, um eine musikalisch breite Ausbildung zu bekommen.<br />

Leider scheiterte das an meinen bescheidenen pianistischen<br />

Fähigkeiten, die ich unter anderem mit „Bartok für Kinder“ unter<br />

Beweis stellen wollte – leider vergeblich. Eher zufällig saß aber<br />

mein späterer Gesangsprofessor Martin Gründler in der Nebenfach-<br />

Aufnahmeprüfung in Gesang, der ich mich auch stellen musste.<br />

Er sprach mich nach der Prüfung auf dem Gang an und interessierte<br />

sich für meine Stimme. Als aus dem Schulmusikstudium nichts<br />

wurde, schrieb er mir einen Brief und lud mich in seine Gesangsklasse<br />

ein. In meinem Fall wäre er sicher, dass ich Sänger werden<br />

würde.<br />

FiT Also kehrten sie als Gesangsstudent an die <strong>HfMDK</strong> zurück und<br />

wurden Gründler-Schüler.<br />

Kränzle So ist es. Außerdem wollte ich in diesem Rahmen auch<br />

Violinunterricht bekommen, was mir die Hochschule aber verwehrte.<br />

Also nahm ich inoffiziell Unterricht in Hubert Buchbergers<br />

Kammermusikklasse und spielte unter Jiri Starek im Hochschulorchester<br />

mit. Als ich unter dem damaligen <strong>HfMDK</strong>-Dirigierprofessor<br />

Helmuth Rilling in Mendelssohns „Elias“ in den Geigen saß,<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 11/2<br />

„mutierte“ ich für eine Gesangsnummer – das Oktett „Denn er<br />

hat seinen Engeln befohlen“ – zum Gesangssolisten und fügte mich<br />

danach wieder in die Streicherreihen ein.<br />

FiT Wie haben Sie damals ihr Studium finanziert?<br />

Kränzle Als Geiger im „American Playhouse“, einem Musical-Theater<br />

der damals noch in <strong>Frankfurt</strong> stationierten US-Soldaten.<br />

Einige hundert Musical-Aufführungen dürfte ich mitgemacht haben.<br />

Immerhin gab es für mich als Konzertmeister 40 Mark Gage pro<br />

Aufführung – damals eine sichere Einnahmequelle, um das Studium<br />

zu finanzieren.<br />

FiT Was brachte Ihnen Ihr erstes Festengagement ein?<br />

Kränzle Als ich an der Dortmunder Oper als Solist engagiert wurde,<br />

bekam ich einen typisch schmalen Anfängervertrag. Das reichte<br />

zum Leben ohne jeglichen Luxus, war aber bedeutend weniger<br />

als das Gehalt, das die Sänger des Opernchores bekamen;<br />

ihre Verträge waren eben tariflich geregelt. Diese Tatsache fand<br />

ich schon grotesk.<br />

FiT Ihre damalige Gage ist ja sicherlich nicht mehr zu vergleichen<br />

mit dem, was Sie gegenwärtig an finanziellen Angeboten bekommen.<br />

Kränzle Witzigerweise ist es mir aber heutzutage viel wichtiger, was<br />

und mit wem ich singe und weniger, was ich dabei verdiene.<br />

Diese Frage stellt sich für mich erst an vierter oder fünfter Stelle.<br />

In einer schönen Kirche oder mit einem mir lieben Kollegen in<br />

einem weniger prominenten Rahmen zu singen, ist mir wichtiger<br />

als ein topbezahltes Engagement in einem für mich anonymen<br />

Rahmen. Generell vermute ich, dass die pekuniäre Frage bei den<br />

europäischen Künstlern insgesamt weniger im Vordergrund steht<br />

als bei Künstlern anderer Kontinente. Vielleicht schlagen sich da<br />

noch Anteile unserer humanistischen Tradition nieder.<br />

FiT Wie konnten Sie ihren Marktwert weiter steigern?<br />

Kränzle Seinen eigenen Marktwert kann man kaum aktiv oder<br />

geplant beeinflussen – ist zumindest meine Erfahrung. Eine<br />

Wertsteigerung geschieht also nicht willentlich, sondern oft auch


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />

Oben: Johannes Martin Kränzle<br />

als „Alberich“ mit den drei Rheintöchtern<br />

in der bayerischen Staatsoper.<br />

Foto: W. Hösl<br />

Unten: Johannes Martin Kränzle<br />

beim Meisterkurs mit der <strong>HfMDK</strong>-Gesangsklasse.<br />

zufällig. Mir war und ist es auch nie wichtig gewesen, meinen<br />

Wert zu steigern – mir ging es stets eher darum, mit tollen Leuten<br />

zusammenarbeiten zu können.<br />

FiT Was hat Ihnen dabei geholfen?<br />

Kränzle Einerseits sicherlich die Teilnahme an Wettbewerben.<br />

Durch sie habe ich mein Netzwerk an Kontakten weiter ausbauen<br />

können. So steigerte sich auch die Anzahl an Gastengagements.<br />

Zum anderen ist es wichtig, bei einer guten Agentur unter Vertrag<br />

zu sein. In meinem fünften Berufsjahr kam ich in Hannover ins<br />

Festengagement und dort ins sogenannte erste Fach, also in die<br />

Hauptrollen. Etwa ab diesem Zeitpunkt musste ich mir nicht mehr<br />

vor jedem Kinobesuch die Frage stellen, ob ich ihn mir gerade<br />

leisten kann oder nicht.<br />

FiT Wie gut bezahlt sind Gastengagements?<br />

Kränzle Mit der Gastiertätigkeit kann man überdimensional gut<br />

verdienen. Der Vergleich ist schon skurril: Möglicherweise ist dabei<br />

die Gage für einen Abend genauso hoch wie das Monatsgehalt<br />

eines gleichwertigen Festengagements.<br />

FiT Woran liegt das?<br />

Kränzle Vielleicht hat es mit dem Eventcharakter zu tun und damit,<br />

dass auch Sponsoren involviert sind. Wenn Engagements kurzfristig<br />

kommen, man also als Ersatz für einen erkrankten Kollegen ein-<br />

springen soll, wird man allerdings auch für den psychischen Stress,<br />

den man auf sich nimmt, mitbezahlt. Kürzlich musste ich in der<br />

Münchner Rheingold-Premiere als „Alberich“ einspringen. Als<br />

Vorbereitung auf die Inszenierung blieb mir neben einem Briefing<br />

des Regisseurs nur die Generalprobe. Solche Herausforderungen<br />

nehme ich aber gern an – ich bin eben so ein „Einspringertyp“.<br />

FiT Und wenn man selbst ein Engagement wegen einer Erkältung<br />

absagen muss?<br />

Kränzle Dann gibt es natürlich keinen Cent für den Ausfall. Und es<br />

gibt auch andere Gründe als nur die eigene Krankheit, warum eine<br />

Vorstellung ausfallen kann. Als ich an der Mailänder Scala ein<br />

Engagement hatte, fiel beispielsweise die gesamte Premiere einem<br />

Streik zum Opfer, der als Protest gegen Berlusconi gedacht war.<br />

Danach war es nur einer ausgesprochenen Kulanz der Verantwort-<br />

lichen zu verdanken, dass wir die Gage dennoch ausgezahlt<br />

bekamen.<br />

FiT Von der Fachzeitschrift „Opernwelt“ zum „Sänger des Jahres“<br />

ausgezeichnet, muss Ihnen doch nun finanziell nicht mehr bange<br />

sein.<br />

Kränzle Gerade in diesem Geschäft ist es gefährlich, sich auf<br />

Lorbeeren auszuruhen. Es reicht nicht, dass ich vielleicht gestern<br />

29<br />

toll gesungen habe: Ich muss es heute wieder tun, um zu bestehen.<br />

Vielleicht steigert eine Auszeichnung wie die genannte die Autori-<br />

tät, die einem zugesprochen wird. Doch an so manchem Kollegen<br />

der Sängerwelt sehe ich auch, wie schnell es wieder abwärts<br />

gehen kann. Die Sängerbranche ist auch so etwas wie ein Mode-<br />

Karussell, durch das man schnell wieder an den Rand der Szene<br />

katapultiert werden kann.<br />

FiT Macht Ihnen das manchmal Angst?<br />

Kränzle Persönliche Gelassenheit ist einer meiner größten Trümpfe,<br />

für die ich dankbar bin. Sie hat sich in nun 25-jähriger Berufs-<br />

erfahrung entwickelt und bringt mit sich, dass ich alles nicht mehr<br />

so existenzialistisch sehe und mir mehr Freiheiten nehmen kann.<br />

FiT Was bedeutet für Sie Freiheit in finanzieller Hinsicht?<br />

Kränzle Die Freiheit, oft reisen zu können ohne finanzielles Limit.<br />

Noten und Instrumente besitzen zu können, ist mir auch wichtig.<br />

Auf meine umfangreiche CD-Sammlung könnte ich eher verzichten.<br />

FiT Im Dezember sind Sie an ihren alten Studienort zurückgekehrt,<br />

um einen Meisterkurs zu geben. Welche Eindrücke bleiben haften?<br />

Kränzle Ich fand es toll, dass alle zwölf Gesangsstudierenden, die<br />

ich unterrichten durfte, versucht haben, sich auf mich und meine<br />

Ideen einzulassen. Von ihrer Offenheit war ich angenehm über-<br />

rascht. Sie haben etwas von meiner Überzeugung verstanden,<br />

dass ein Sänger nicht nur ein Instrument ist, sondern vor allem ein<br />

Erzähler. Und genau darin liegt auch der Schlüssel: Wer einen<br />

Gedanken in dem Moment wirklich formuliert, in dem er ihn singt,<br />

ist ein interessanter und damit außergewöhnlicher Sänger. bjh


30 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Rettungsschirm mit Gegenleistung<br />

Studierende nutzen ihr Netzwerk an Kontakten, um sich gegenseitig zu helfen – die Hochschule springt ein,<br />

wo akute Not am Mann ist<br />

Wer an der <strong>HfMDK</strong> studiert, kann sich einer Sache sicher sein:<br />

An akut unlösbaren finanziellen Problemen wird sein Studium sicher<br />

nicht scheitern. Wer deswegen den Weg in die Abteilung<br />

Studium und Lehre oder ins International Office der Hochschule<br />

geht, findet dort hilfreiche Ansprechpartner, die bei Bedarf<br />

„Rettungsschirme“ aufspannen und helfen, finanzielle Engpässe<br />

zu entschärfen.<br />

<strong>Frankfurt</strong> ist unter Studierenden als teures Pflaster bekannt. Mehr<br />

denn je spielt dabei die Frage des bezahlbaren Wohnraums eine<br />

Rolle. Dennoch musste die <strong>HfMDK</strong> bislang keinen Studierenden<br />

nach Hause schicken, weil sein Studium aus akuter finanzieller<br />

Not gescheitert wäre. Dies ist jedenfalls die Erfahrung von Manfred<br />

Gerhardt, der als Leiter der Abteilung Studium und Lehre an der<br />

<strong>HfMDK</strong> seit 22 Jahren ein Ohr für die Fragen und Probleme der<br />

<strong>HfMDK</strong>-Studierenden hat. Dafür ist seiner Überzeugung nach auch<br />

das gut funktionierende Netzwerk an Kontakten unter den Studierenden<br />

verantwortlich, mit dessen Hilfe Studierende existenzielle<br />

Engpässe verschiedenster Art vor allem selbständig untereinander<br />

entzerren – sei es, indem sie der Wohnungsnot mit spontanen<br />

WGVergrößerungen begegnen oder indem sie dem klammen<br />

Kommilitonen eine gut bezahlte „Mugge“ überlassen. In dieser<br />

Hinsicht habe die Überschaubarkeit der Hochschule echte Vorteile<br />

für ihre Studierenden.<br />

Während es Musiker vor allem mit „Muggen“ schaffen, ihr Studium<br />

zu finanzieren, haben es die angehenden Tänzer und Schauspieler<br />

ungleich schwerer: Einerseits sind ihre Auftrittsmöglichkeiten<br />

auf dem freien Markt spärlicher gesät. Andererseits lassen die<br />

dichten Stundenpläne nicht viel Spielraum, um neben dem Studium<br />

Geld zu verdienen. „Viele wollen ja arbeiten, bekommen es aber<br />

zeitlich mit dem Studium nicht unter einen Hut“, erfährt Manfred<br />

Gerhardt in den Beratungsgesprächen öfter. Da kann es vorkommen,<br />

dass ein Studierender eine akute Finanzspritze aus dem<br />

„Nottopf“ der Hochschule in Anspruch nehmen muss. Dieser<br />

Nottopf speist sich aus verschiedenen Quellen, unter anderem aus<br />

Vermächtnissen, die zweckbestimmt zugunsten der Studierenden<br />

der <strong>HfMDK</strong> verfasst wurden.<br />

Im Gegenzug revanchieren sich die Betroffenen gern – zum<br />

Beispiel, indem sie in der Berufsberatung der Hochschule Schülern<br />

über ihre eigenen Studienerfahrungen berichten. Neben der<br />

Schwierigkeit, sich neben dem Studium ausreichend selbst zu<br />

finanzieren, sind es meist unvorhergesehene Ereignisse, bei denen<br />

die Hochschule finanziell einspringen muss: Es kann die<br />

Scheidung der Eltern, eine plötzliche Erkrankung oder ein notwendiger<br />

Instrumentenkauf sein, der Studierende vor die Frage stellt,<br />

wie sie im nächsten Monat ihre Miete bestreiten sollen. Neben<br />

solch eher schicksalhaften Ereignissen sind es aber auch falsche<br />

Vorstellungen, die ausländische Studierende zu einem Studium<br />

nach Deutschland locken. Mehr Aufklärung wünscht sich Albrecht<br />

Eitz darüber, dass das Leben in Deutschland – speziell in <strong>Frankfurt</strong><br />

– teuer ist. „Die Situation auf dem Stipendienmarkt ist für Musiker<br />

in Deutschland vergleichsweise bescheiden“, gibt er mit einem<br />

Blick auf die USA außerdem zu bedenken. Dort finde man – anders<br />

als in Deutschland – eine enge Verzahnung von Studium, Stipendien<br />

und den Möglichkeiten, innerhalb des Studiums Geld zu<br />

verdienen.


Um alle Fördermöglichkeiten auszuloten, die die Hochschule ihren<br />

Studierenden direkt oder mittelbar bieten kann, stehen Albrecht Eitz<br />

und Manfred Gerhardt in engem Austausch mit den Hochschul-<br />

Fundraiserinnen Beate Eichenberg und Heinke Poulsen. So werden<br />

Studierende in passende Stipendienprogramme von <strong>Frankfurt</strong>er<br />

oder überregional wirkenden Stiftungen vermittelt. Dazu baut die<br />

Hochschule selbst ein Stipendiensystem auf: Seit fünf Jahren<br />

unterstützt die Gesellschaft der Freunde und Förderer (GFF) begabte<br />

Studienanfänger mit einem einjährigen Starterstipendium und<br />

mildert so die hohen Lebenshaltungskosten in <strong>Frankfurt</strong>. Auslän-<br />

S T A T E M E N T<br />

Nina Koch schloss im letzten<br />

Jahr ihr Studium International<br />

Leisure Management mit dem<br />

Bachelor ab und studiert<br />

derzeit Theater- und Orchestermanagement<br />

(MA) im<br />

zweiten Fachsemester an der<br />

<strong>HfMDK</strong>. Nebenher ist sie beim<br />

Freien Schauspiel Ensemble<br />

im Titania tätig, ab April 2012<br />

HiWi in der <strong>HfMDK</strong>-Öffentlichkeitsarbeit<br />

bei Dr. Sylvia<br />

Dennerle.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Ein relativ regelmäßiges<br />

Einkommen ist für mich seit<br />

Studienbeginn unverzichtbar.<br />

Ich bekomme zwar BAFöG-Unterstützung,<br />

aber das allein<br />

hat nie ganz ausgereicht. Aus<br />

diesem Grund arbeite ich<br />

neben dem Studium. Während<br />

der ersten sieben Semester<br />

habe ich hauptsächlich in der<br />

Gastronomie gearbeitet. Man<br />

kann in diesem Bereich,<br />

gerade durch das Trinkgeld und<br />

Sonderschichten, ziemlich<br />

gut verdienen und ist oft flexibel<br />

mit den Arbeitszeiten. Es hat<br />

mir immer viel Spaß gemacht,<br />

aber mit der Zeit wollte ich<br />

einen Nebenjob, der mehr mit<br />

meinem Beruf bzw. meiner<br />

Ausbildung zu tun hat. Zum<br />

einen kann ich dabei Praxiserfahrungen<br />

sammeln, zum<br />

anderen arbeite ich nun nicht<br />

mehr bis spät nachts.<br />

dische Studierende erhalten Beihilfen aus einem Matching Funds-<br />

Programm der GFF mit dem Deutschen Akademischen Austausch<br />

Dienst (DAAD). Anlässlich des des 50. Gründungstages der<br />

Tanzabteilung spendeten viele Förderer für die Tänzerinnen und<br />

Tänzer der Hochschule. Und einzelne Studierende erhalten, oft über<br />

mehrere Jahre, Stipendien von engagierten Privatleuten. Gerade<br />

mithilfe der Freunde und Förderer der <strong>HfMDK</strong> wird so vielen<br />

Studierenden schnell und unbürokratisch zur Seite gesprungen. bjh<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell<br />

von dem leben zu müssen, was<br />

Sie künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Ich habe schon während meiner<br />

Schulzeit ein wenig gejobbt.<br />

Das war ganz gut, weil ich so<br />

gelernt habe, mir mein eigenes<br />

Geld einzuteilen. Richtig<br />

bewusst, dass ich irgendwann<br />

einmal von meiner Arbeit<br />

leben muss, ist es mir dann vor<br />

zwei Jahren während meines<br />

Praxissemesters geworden.<br />

Plötzlich arbeitete ich voll,<br />

verdiente relativ wenig und<br />

hatte keine Zeit mehr, auf<br />

irgendeine andere Art und<br />

Weise Geld dazu zu verdienen.<br />

Ich bin mir jedoch sicher,<br />

dass ich von meinen späteren<br />

Einkünften ganz gut leben<br />

kann. Es ist mir vor allem<br />

wichtig, dass ich Freude an<br />

meiner Arbeit habe und jeden<br />

Tag gerne dort hingehe. Ich<br />

muss das vertreten können, was<br />

ich mache. Deshalb habe ich<br />

mich bei meiner Berufswahl<br />

nicht einschüchtern lassen und<br />

tue das auch heute nicht. Im<br />

Gegenteil: Es wird einfacher zu<br />

argumentieren.<br />

31<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Das ist schwer zu sagen, wenn<br />

man nicht in der Situation<br />

steckt. Ich weiß, dass ich nicht<br />

meine acht Stunden am Tag<br />

in einem kleinen, stickigen Büro<br />

vor dem Computer absitzen<br />

und mich beispielsweise<br />

ausschließlich mit Buchungen<br />

oder Rechtsfragen beschäftigen<br />

möchte. Wenn es jedoch für<br />

einen gewissen Zeitraum<br />

notwendig ist, das zu tun, dann<br />

ist es halt so. Generell ist es<br />

ja nicht schlecht, wenn man<br />

sich auf diesen Gebieten<br />

auskennt. Dennoch ziehe ich es<br />

vor, mich mit abwechslungsreichen<br />

Aufgaben zu beschäftigen,<br />

mit unterschiedlichen<br />

Menschen zu arbeiten und mich<br />

auch kreativ einbringen zu<br />

können.


32 GELD und KUNST<br />

Der eigenen Zukunft auf der Spur<br />

Das Seminar „Career Development“ ermutigt Studierende<br />

und Absolventen zu solider Planung der eigenen finanziellen Existenz<br />

„Career Development“ hat sich an der <strong>HfMDK</strong> für Studierende zu<br />

einem stark genutzten Angebot entwickelt, um sich mit strategischen<br />

Überlegungen als Absolvent auf das Berufsleben nach dem<br />

Studium vorzubereiten – und dabei manche Illusion einem realistischen<br />

Blick auf die existenziellen Notwendigkeiten eines Künstlers<br />

auf dem Arbeitsmarkt zu opfern. Vor allem die Themenblöcke<br />

„Musik & Recht“ sowie „Musik & Geld“ offenbaren den Berufsanfängern,<br />

dass das finanzielle Dasein „von der Hand in den Mund“<br />

spätestens mit dem Examen ein Ende haben sollte.<br />

Wenn Kathrin Hauser-Schmolck und Axel Roggatz im Seminarraum<br />

die Kreide schwingen, um alle monatlichen Ausgaben eines<br />

solide wirtschaftenden freischaffenden Künstlers zu bilanzieren,<br />

dürfte so manch einem Studierenden schwindelig werden. Miete<br />

und Lebensmittel – klar kommt da einiges zusammen. Doch<br />

der ungeschönte Blick auf das zum Leben Notwendige ist damit<br />

noch längst nicht erschöpft: Beiträge für Krankenkasse, Rentenund<br />

Sozialversicherung, Abzüge durch Steuern, auf lange Sicht<br />

gerechnete Investitionen für Instrumente, Noten, Ballettschuhe,<br />

Konzertkleidung, eigene Homepage, Visitenkarten. Die Liste<br />

der möglichen Ausgaben scheint endlos. Und die Frage „wie kriege<br />

ich das hin?“ stellt sich den Seminarteilnehmern in diesem<br />

Augenblick so deutlich wie noch nie.<br />

„Indem wir den Studierenden vor Augen führen, was ein existenziell<br />

durchdachtes und langfristig funktionierendes Wirtschaften alles<br />

mit sich bringt, wollen wir niemandem Angst machen, sondern<br />

früh genug in den Köpfen der Absolventen entscheidende Weichen<br />

stellen“, erklärt Kathrin Hauser-Schmolck, die gemeinsam mit<br />

Dr. Axel Roggatz „Career Development“ im Auftrag der <strong>HfMDK</strong><br />

für deren Studierende unentgeltlich anbietet. „Wir wollen unsere<br />

Seminarteilnehmer in Workshops und Einzelberatungen dazu<br />

ermutigen, den Schritt vom studentischen Dasein hin zu einer<br />

soliden Existenz mit langfristigen Perspektiven konsequent und<br />

realistisch zu wagen“, erläutert Dr. Axel Roggatz den Sinn<br />

ihrer Arbeit. „Dazu gehört auch, dass sich die Studierenden schon<br />

heute eine Vorstellung davon machen, wie und als was sie in<br />

fünf Jahren leben möchten.“ Dabei gehe es nicht darum, einen<br />

minutiös zu verfolgenden Fünf-Jahres-Plan aufzustellen, sondern<br />

eine realistische Perspektive zu entwickeln, die der Angst vor<br />

existenzielle Ungewissheit eine Entschlossenheit zum soliden<br />

Planen entgegensetzt, um Raum für das künstlerische Arbeiten zu<br />

schaffen. Das Seminar möchte aber nicht nur Wissen um Notwendigkeiten,<br />

sondern auch um nutzbare Chancen fördern, die der<br />

Markt zu bieten hat: Welche Stipendien und Förderungen sind<br />

denkbar, welche Investitionen können steuersenkend geltend<br />

gemacht werden, welche Verhandlungsspielräume für Gagen und<br />

Honorare sind vorhanden, und nicht zuletzt: Welchen wirtschaftlichen<br />

Wert stellt meine Qualifikation dar, die ich mir im Studium<br />

erworben habe? „Career Development“ als Seminar an der <strong>HfMDK</strong><br />

ist also weit mehr als eine Informations- und Beratungsplattform:<br />

Mit der zusätzlichen Möglichkeit zu individuellen Gesprächen<br />

wachsen dort Überzeugungen, festigen sich Identitäten und reifen<br />

Entschlüsse, zu dem zu werden, was Persönlichkeit und künstlerische<br />

Neigung wahrhaft ermöglichen. bjh<br />

Nächste Termine:<br />

Workshop Musik & Geld | Musik & Recht<br />

20. April, 9.45 bis 13.45 Uhr<br />

Individualberatung nach Vereinbarung<br />

20. April, 21. April, 1. Juni, 2. Juni<br />

Im Studienjahr 2012/13 wird das Angebot fortgesetzt.<br />

Nähere Information in der Abteilung Studium und Lehre<br />

der <strong>HfMDK</strong> oder bei Kathrin Hauser-Schmolck unter<br />

khs@kulturundprojekte.com.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1


Fragen an<br />

Christoph Klüh<br />

Christoph Klüh ist Oberstudienrat für Musik und ev. Religion<br />

an der Liebigschule <strong>Frankfurt</strong>. Er studierte bis 1999 Schulmusik<br />

an der <strong>HfMDK</strong> und bekleidete dort zeitweise einen Lehrauftrag<br />

für schulpraktische Studien.<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Berufsstandes beeinflusst?<br />

Die finanzielle Motivation hat meine Berufswahl sekundär beeinflusst.<br />

Ich wollte ein sicheres Gehalt haben, mit dem man ruhig<br />

schlafen und eine Familie ernähren kann. Meinen Berufsstand<br />

habe ich in dem Sinne nicht „gewählt“, denn Lehrer an Gymnasien<br />

sind nun mal verbeamtet. Das ist eine Sicherheit, die in der<br />

heutigen Zeit einerseits zwar schon extrem beruhigend ist. Allerdings<br />

habe ich auch noch ein „zweites Standbein“ als Freiberufler,<br />

und ohne das könnte ich es mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Mit einer Lebzeitverbeamtung in der Tasche schläft es sich extrem<br />

ruhig. Wer etwas anderes behauptet, lügt. Wenn ich mal eine<br />

Woche krank bin, dann bin ich es eben und kann mir den „Luxus“<br />

leisten, nicht mit 39 Grad Fieber spielen zu müssen, weil ich sonst<br />

meine laufenden Kosten nicht decken könnte. Wenn ich nicht<br />

etwas ganz Dummes tue, kann niemand ohne weiteres meine Stelle<br />

„abbauen“.<br />

Diese enorme Sicherheit bezahlt man an anderer Stelle. Sicherheit<br />

und recht gute Bezahlung sind die eine Seite, inhaltliche Befriedigung<br />

und persönliche Weiterentwicklung die andere. Vor allem<br />

letztere findet, sofern man „nur“ seinen Job macht und keinen<br />

Horizont außerhalb dessen sucht, vor allem als Musiker, kaum statt!<br />

Passt man nicht gut auf, entsteht schnell eine erschreckende<br />

„Betriebsblindheit“ und ein lethargisches Sich-Arrangieren mit den<br />

Gegebenheiten. Man neigt dazu, bequem zu werden. Aufstiegschancen<br />

und Entwicklungsperspektiven sind kaum gegeben. Auch<br />

räumliche Mobilität, also im Grunde alles das, was heute allerorts<br />

geradezu gefordert wird, ist hier nur sehr eingeschränkt gegeben.<br />

33<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Ja, das könnte ich mir absolut vorstellen. Ich habe von Anfang an<br />

parallel zu meiner Festbeschäftigung musikalisch auch als Freiberufler<br />

gearbeitet. Dies ist mir extrem wichtig, und ich werde in<br />

Zukunft auch versuchen, dies weiter auszubauen. Eine Kombination<br />

von beidem, zum Beispiel auf der Grundlage einer reduzierten<br />

Stelle, könnte ich mir deshalb ideal vorstellen. Voraussetzung wäre<br />

für mich allerdings, dass sich das finanziell halbwegs rechnet.<br />

Der allgemeine öffentliche Stellenwert von Musik hat sich in den<br />

letzten Jahren drastisch verändert. Wir müssen wieder weg von der<br />

„Geiz ist geil, alles für lau mitnehmen, Flatrate“-Mentalität.<br />

Musikhaus<br />

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bis 11.30 Uhr


34<br />

Ceterum censeo…<br />

Von Carola Schlüter, Lehrbeauftragte Gesang, Sprecherin der<br />

<strong>HfMDK</strong>-Lehrbeauftragten und Sprecherin der Bundeskonferenz der<br />

Lehrbeauftragten an Musikhochschulen<br />

Gibt es einen größeren Luxus als den, einen Beruf auszuüben,<br />

den man liebt? Selbstverwirklichung, Leidenschaft, Bestätigung,<br />

Rampenlicht, Gestaltungsfreiheit, Unabhängigkeit, Kreativität…<br />

Unweigerlich bilden sich schon früh gewisse hilfreiche Charakterei-<br />

genschaften heraus: Disziplin, Kritikvermögen, Selbstkontrolle,<br />

Geduld, Frustrationstoleranz. Wer das überlebt, hat gewonnen.<br />

Die Persönlichkeit jedenfalls. Manche schaffen es, hoch oder ganz<br />

hoch hinaus zu kommen. Manche aber nicht. So viele hervorra-<br />

gende Musiker braucht man nicht. Unschätzbar diese Freiheit,<br />

die sich daraus ergibt: nur spielen/singen, was einen interessiert.<br />

Sich spezialisieren, frei sein in der Wahl der Stile, Richtungen,<br />

Epochen, Partner. Muss man für dieses einzigartige Glück noch<br />

bezahlt werden?<br />

Besuchen wir ein Jazzkonzert: kleiner Keller, lockere Stimmung,<br />

lachende Musiker. Andere zahlen für solche Selbsterfahrungsses-<br />

sions. Und die Musiker bekommen ja unseren Eintritt. Als Gage.<br />

Elisabeth hat zusammen mit ihrer Flötistin einen Auftritt im<br />

Luxushotel, drei Stunden Programm, Pop-Standards, auch eigene<br />

Stücke sind dabei. Sie begleitet sich selbst auf dem Klavier.<br />

Zusammen erhalten sie 180 Euro. Kein Witz.<br />

Unsere Hochzeit soll feierlich sein, vielleicht mit Musik? 100 Menus<br />

und einmal Musik. Kann auch nicht mehr kosten als das Menu.<br />

Neue Musik, das Ensemble führt eine eigene Konzertreihe durch.<br />

Die bereichert das kulturelle Leben der Region, bietet die Gelegen-<br />

heit, unbekannte Stücke zu hören. Das Ensemble sorgt selbst<br />

(„Ehrenamt“) für Finanzierung, Management, künstlerisches Profil.<br />

Konzert-Honorar 350 Euro pro Person. Fahrtkosten inklusive.<br />

Lebensstandard? Zum Beispiel im Alter? Die Freude an der Musik<br />

wiegt alles auf. Die bleibt ja, auch wenn man sich sonst nichts<br />

leisten kann.<br />

Ich lerne ein Instrument, macht Spaß, ist mein Hobby. Mein Lehrer<br />

ist nett, ich habe ihn schon mal im Konzert gehört, cool! Keine<br />

Ahnung, ob er an der Musikschule fest angestellt ist, er hat immer<br />

gute Laune. Ich habe gehört, dass in Hessen extrem viele<br />

Musikschullehrer keine feste Stelle haben. Das kann bei meinem<br />

nicht sein, der kann echt was!<br />

Was nichts kostet, ist nichts.<br />

An der Musikhochschule studierte er bei Sigune Henrich. –<br />

Nein, nicht Prof. Henrich. Sie ist Lehrbeauftragte. – Ja, man kennt<br />

sie. Trotzdem. Wie, so ein Unterschied in der Bezahlung? Für die<br />

gleiche Arbeit? – Krass…<br />

ceterum censeo – Qualität ist anständig zu bezahlen!<br />

Fragen an<br />

Despina Apostolou<br />

Despina Apostolou ist freischaffende Pianistin, Klavierlehrerin<br />

und Absolventin des Studienganges Instrumentalund<br />

Gesangspädagogik an der <strong>HfMDK</strong> im Jahr 2006. Vorher<br />

absolvierte sie ein Studium der Künstlerischen Ausbildung<br />

im Fach Klavier mit Bachelor- und Masterabschlüssen an der<br />

Staatlichen Musik Akademie in Sofia (Bulgarien).<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Berufsstandes beeinflusst?<br />

In meiner Situation hat die finanzielle Sicherheit überhaupt keine<br />

Rolle gespielt. Ich dachte, ich kriege es irgendwie hin.<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Im Laufe der Zeit hab ich festgestellt, dass der Stand der Freischaffenden<br />

für mich ideal ist, weil er Wachsamkeit und immer wieder<br />

neue Umstellungskraft verlangt und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

sowie eine Mischung aus sehr interessanten Projekten bietet.<br />

Mit viel Arbeit und Geduld bietet sich so die Chance, sich selber<br />

jene Projekte auszusuchen und zu gestalten, die einem am<br />

meisten zusagen. Eine Gefahr habe ich in den Phasen des beruflichen<br />

Ausbaus und der beruflichen Vorbereitung direkt nach<br />

dem Studium gesehen: Einerseits arbeitet man noch stark an sich<br />

selbst, andererseits öffnet sich parallel dazu die Welt, und<br />

man kann nicht genau erkennen, wohin alles führt. Gefährlich ist<br />

es, darüber die eigene Vision zu verlieren.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Eine feste Anstellung würde für mich nur dann in Frage kommen,<br />

wenn sie mir zeitlich Freiheiten für meine Projekte erlauben würde.


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

„<strong>Frankfurt</strong>er Resolution“<br />

Im Januar 2011 fand an der <strong>HfMDK</strong> die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen statt. Dabei<br />

entstand die „<strong>Frankfurt</strong>er Resolution“ die bessere Arbeits- und Tarifbedingungen für Lehrbauftragte fordert und die<br />

nachfolgend abgedruckt ist<br />

Präambel<br />

Lehraufträge an deutschen<br />

Musikhochschulen sollten<br />

ursprünglich der Ergänzung des<br />

Lehrangebots dienen. Die<br />

Realität sieht jedoch anders<br />

aus: Weit über die Hälfte des<br />

Unterrichts wird – bereits seit<br />

Jahren – von Lehrbeauftragten<br />

erteilt, so dass nur noch<br />

von einer Sicherstellung des<br />

Lehrangebots durch Lehrauf-<br />

träge gesprochen werden kann.<br />

Diese nebenamtlichen Hoch-<br />

schullehrer verdienen nur einen<br />

Bruchteil ihrer fest angestellten<br />

Kollegen und sind arbeitsrecht-<br />

lich in keiner Weise abgesichert.<br />

Zahlreiche Gespräche mit<br />

verantwortlichen Politikern und<br />

den Hochschulleitungen über<br />

Veränderungen der unhaltbaren<br />

Situation der Lehrbeauftragten<br />

haben zu keinem befriedi-<br />

genden Ergebnis geführt.<br />

Um den dringend notwendigen<br />

bundesweiten Diskussions-<br />

prozess in Gang zu setzen,<br />

haben die Lehrbeauftragtenver-<br />

treter aller deutschen Musik-<br />

hochschulen auf ihrer ersten<br />

Bundeskonferenz die „Frankfur-<br />

ter Resolution“ verabschiedet.<br />

1. Die Fakten<br />

Lehrbeauftragte<br />

• leisten in der Regel die<br />

gleiche Arbeit wie fest<br />

angestellte Lehrende<br />

• tragen die gleiche Verantwortung<br />

für ihre Studierenden<br />

• stellen einen großen, oft<br />

entscheidenden Anteil des<br />

Unterrichtsangebots sicher<br />

(bis über 60 Prozent der Lehre)<br />

• erhalten ca. ein Drittel des<br />

Stundensatzes ihrer fest<br />

angestellten Kollegen<br />

• erhalten keine Tarifsteigerungen<br />

wie im öffentlichen<br />

Dienst üblich. Ihre Honorare<br />

liegen an den meisten<br />

Hochschulen auf dem Niveau<br />

der 70er/80er Jahre.<br />

Lehraufträge<br />

• können zu jedem Semester<br />

fristlos und ohne Angabe von<br />

Gründen beendet werden.<br />

Lehrbeauftragte<br />

• erhalten keine Honorarfortzahlung<br />

im Krankheitsfall<br />

• sind weder am Arbeitsplatz<br />

noch auf dem Weg dorthin<br />

unfallversichert<br />

• genießen keinen Mutterschutz<br />

• müssen an manchen Hochschulen<br />

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung<br />

zahlen,<br />

ohne jemals deren Leistungen<br />

in Anspruch nehmen zu<br />

können<br />

• erhalten weder Weihnachtsnoch<br />

Urlaubsgeld<br />

• haben keine Planungssicherheit<br />

in Hinsicht auf die Höhe<br />

ihres Deputats<br />

• sind in einigen Bundesländern<br />

nicht angemessen (mit<br />

Stimmrecht) in den Hochschulgremien<br />

vertreten<br />

• sind in vielen Bundesländern<br />

nur Angehörige, nicht<br />

Mitglieder der Hochschule und<br />

haben damit weniger Rechte.<br />

Die Struktur der Lehraufträge<br />

• gefährdet die Qualität und<br />

Kontinuität der Lehre an den<br />

Musikhochschulen<br />

• verschuldet den Rückzug hoch<br />

qualifizierter Musiker und<br />

Wissenschaftler aus der Lehre.<br />

GELD und KUNST<br />

2. Die Forderungen<br />

Lehrbeauftragte fordern<br />

• feste Anstellungsverträge für<br />

alle, die den Kernbereich der<br />

Lehre abdecken, vergleichbare<br />

Aufgaben wie hauptamtliche<br />

Dozenten wahrnehmen, seit<br />

Jahren an der Hochschule<br />

unterrichten und eine hohe<br />

Lehrverpflichtung haben<br />

• vergleichbare Honorarsätze<br />

für Lehraufträge, die weiterhin<br />

zur flexiblen Handhabung des<br />

Lehrangebots erforderlich<br />

sind.<br />

Lehrbeauftragte fordern eine<br />

• sofortige deutliche Erhöhung<br />

der Bezüge als Ausgleich für<br />

die fehlenden Tariferhöhungen<br />

der letzten Jahrzehnte<br />

• Anpassung an die Tarifsteigerungen<br />

des öffentlichen<br />

Dienstes<br />

• gesetzlich verankerte Vertretung<br />

in den Hochschulgremien<br />

• Anerkennung der Lehrbeauftragten<br />

als Mitglieder der<br />

Hochschule.<br />

• vorrangige Berücksichtigung<br />

von Lehrbeauftragten bei der<br />

Besetzung von Mittelbaustellen.<br />

Wir Lehrbeauftragte fordern<br />

von den Verantwortlichen<br />

in der Politik, die notwendigen<br />

finanziellen Mittel für die<br />

Musikhochschulen zur Verfügung<br />

zu stellen. Wir appellieren<br />

an die Hochschulleitungen,<br />

unsere Forderungen nicht nur<br />

zu unterstützen, sondern<br />

gemeinsam mit uns gegenüber<br />

der Politik geltend zu machen.<br />

3. Die Sprecher/innen<br />

Die Bundeskonferenz der<br />

Lehrbeauftragten an Musikhochschulen<br />

(BKLM) hat<br />

folgende Sprecher/innen<br />

gewählt:<br />

Prof. Karola Theill (aktuell)<br />

HfM Hanns Eisler Berlin<br />

und HMT Rostock<br />

Evelyn Wentz (bis November<br />

2011)<br />

<strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Prof. Friedemann Immer<br />

HfMT Köln<br />

Vertreter/innen:<br />

Ulrike Höfer<br />

HfM Freiburg/Breisgau<br />

Carola Schlüter<br />

<strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Sebastian Plate<br />

HfMT Köln<br />

Eckhart Hermann<br />

HfMT München<br />

Edith Salmen<br />

HMT Rostock<br />

Sprecher@bklm.org<br />

www.bklm.org<br />

35<br />

Bei der Durchsetzung der<br />

genannten Ziele arbeiten die<br />

Lehrbeauftragten mit folgenden<br />

Organisationen und<br />

Gewerkschaften zusammen:<br />

Deutscher Musikrat,<br />

Deutscher Tonkünstlerverband<br />

(DTKV), Deutsche Orchestervereinigung<br />

(DOV),<br />

Gewerkschaft Erziehung und<br />

Wissenschaft (GEW)


36 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Klage nicht – kämpfe!<br />

Was tut sich um die <strong>Frankfurt</strong>er Resolution?<br />

<strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Es laufen Gespräche zwischen Lehrbeauftragten-Vertreterinnen und<br />

Landtagsabgeordneten aller Parteien. Alle Gesprächspartner sehen<br />

einen Handlungsbedarf (die einmalige Erhöhung der Lehrbeauftragten-Honorare<br />

um 3 Prozent innerhalb von 30 Jahren bedarf<br />

keines weiteren Kommentars) und nehmen „Hausaufgaben“ mit.<br />

Kassel<br />

Eine Absenkung (!) der Lehrbeauftragten-Honorare konnte mit<br />

Hilfe der <strong>Frankfurt</strong>er Resolution verhindert werden. Hierfür werden<br />

QSL-Mittel zur Verfügung gestellt.<br />

Sachsen<br />

Das Ministerium/Referat Kunsthochschulen hat für die Verhandlungen<br />

zum nächsten sächsischen Doppelhaushalt 2013/14<br />

einen höheren Bedarf für den Topf „Lehrbeauftragte“ angemeldet.<br />

Dresden<br />

Lehrbeauftragte, die seit zwei Jahren mindestens fünf Semesterwochenstunden<br />

unterrichten, können per Antrag an den Fakultätsrat<br />

Mitglieder der Hochschule werden.<br />

Berlin, Hochschule für Musik „Hanns Eisler“<br />

Für die Kollegen des Fachbereichs „Theorie“ wurde die Bezahlung<br />

der Beaufsichtigungszeiten bei Klausuren/Prüfungen durchgesetzt.<br />

Berlin, Universität der Künste<br />

Zusage der Universitätsleitung über eine Erhöhung der Entgelte ab<br />

SS 2012 in der untersten Stufe um 5 Prozent und in der mittleren<br />

um 4 Prozent (die höchste Stufe bleibt zunächst unverändert). Eine<br />

Erhöhung der Prüfungsgelder sowie die Zahlung von Entgelten für<br />

die Mitarbeit in akademischen Gremien werden derzeit ebenso geprüft<br />

wie die Vergabe von Lehraufträgen über zwei Semester sowie<br />

Maßnahmen, die die Wertschätzung für die Arbeit der Lehrbeauftragten<br />

zum Ausdruck bringen.<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Es gibt eine ministerielle Zusage über eine deutliche Erhöhung<br />

der Vergütungen und jährliche statt wie bisher halbjährliche<br />

Lehraufträge. Durch die anstehenden Neuwahlen der Landesregie-<br />

rung verzögert sich jedoch die endgültige Entscheidung<br />

Baden-Württemberg<br />

Man ist im Gespräch mit allen Fraktionen; der Wissenschaftsaus-<br />

schuss des Landtages behandelt das Thema. Anhörungen wurden<br />

in Aussicht gestellt.<br />

Bayern<br />

Es wird versucht, die Institute zu einem gemeinsamen Vorgehen zu<br />

bewegen, der Kontakt der drei Hochschulen untereinander ist<br />

angebahnt, ebenso ein Treffen zwischen Lehrbeauftragten-Vertre-<br />

tern und Kanzlern und dem Vorsitzenden des Hochschulaus-<br />

schusses im Bayerischen Landtag.<br />

Nürnberg<br />

Honorar-Fortzahlung im Krankheitsfall bis zu zwei Wochen!<br />

Lehrbeauftragte, die z. B. seit längerem an der Hochschule unter-<br />

richten, können mit der Hochschulleitung in Verhandlungen über<br />

den Vergütungssatz treten (eine Art „Lohnerhöhung“). Die Korrektur<br />

von wissenschaftlichen Arbeiten wird mit 120 Euro, als Zweitgut-<br />

achter mit 60 Euro vergütet und damit quasi verdoppelt.<br />

Bund<br />

Die Regierungskoalition im Ausschuss für Kultur und Medien des<br />

Deutschen Bundestages lehnt den Antrag von Bündnis 90/Die<br />

Grünen „Prekäre Situation von Lehrbeauftragten an Musikhoch-<br />

schulen sowie Hochschulen für Musik und Theater beenden“ ab.<br />

Die Grünen fordern „ein KMK-Expertengremium, das sich unter<br />

Beteiligung aller relevanten Akteure den Problemen stellt und die<br />

Forderungen in die Praxis umsetzt“.<br />

Carola Schlüter/bklm<br />

ausführliche Informationen unter www.bklm.org<br />

Die Vergütung von Lehraufträgen – im Bild der<br />

<strong>HfMDK</strong>-Lehrbeauftragte Gerald Ssebudde beim<br />

Infotag für Schulmusik-Studierende – gehört zu<br />

den wichtigen Themen der „<strong>Frankfurt</strong>er Resolution“.


Fragen an<br />

Paula Rosolen<br />

Paula Rosolen hat bis 2007 an der <strong>HfMDK</strong> Zeitgenössischen<br />

und Klassischen Tanz studiert sowie im Jahr 2010 den Masterabschluss<br />

im Studiengang Choreographie & Performance<br />

gemacht. Jetzt ist sie überwiegend freischaffend tätig.<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Ihres Berufsstandes beeinflusst?<br />

Ich habe während meines gesamten Studiums immer gearbeitet,<br />

immer in unterschiedlichen Jobs, meistens jedoch als Lehrerin oder<br />

Assistentin. Nach meinem Studium begann ich die Suche nach<br />

Arbeitsmöglichkeiten, die mir das teurere Leben nach „Nicht<br />

mehr-Studentin“ ermöglichten. Auf meiner Suche stieß ich auf<br />

mehrere Jobs einschließlich Tanz und Choreographie. Der Gedanke,<br />

über eine Audition eine Möglichkeit für eine Arbeitsstelle zu<br />

bekommen, überzeugte mich ganz und gar nicht. Auf der Suche<br />

nach Möglichkeiten zu tun, was ich wirklich wollte und was mein<br />

Vorhaben unterstützte, begann ich, mich als ein „Freelancer“ zu<br />

definieren. Es brauchte ein ganzes Jahr, bis ich die Arbeitserlaubnis<br />

hatte, als ein solcher zu arbeiten. Einerseits wurde ich gebeten<br />

darzustellen, wie viele Jobs und Berufserfahrung ich hatte,<br />

andererseits wurde mir zunächst nicht erlaubt zu arbeiten. Das war<br />

ein Widerspruch in sich, wo es zugleich mehrere Grauzonen gibt.<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Um dies zu erklären, betrachte ich einfach die Situation der letzten<br />

Wochen: Vom 29. Februar bis zum 3. März war ich mit der Premiere<br />

meines neuen Stückes „Libretto“ beim K3_Tanzplan Hamburg<br />

beschäftigt; am 9. März begannen meine Proben für „Die Geschichte<br />

vom Soldaten“ an der <strong>Frankfurt</strong>er Oper mit drei Aufführungen im<br />

März. Zugleich hatte ich am 11. März Wiederaufnahme meines<br />

Stückes „Die Farce der Suche“ – ein Solo von und über Renate<br />

Schottelius, und zwar im Rahmen der 3. Biennale Tanzausbildung.<br />

Nach diesem bewegten Monat muss ich schauen, was zu tun ist,<br />

was klappen könnte oder auch nicht, ich könnte nach Argentinien<br />

reisen oder auch nicht – ich werde sehen. Kurzum: Der eine Monat<br />

kann arbeitsmäßig völlig überfrachtet sein, der nächste frei<br />

gestaltbar. Es ist abwechslungsreich, aber es erfordert auch eine<br />

Menge Geduld und Arbeit, um Dinge gangbar zu machen. Disziplinierte<br />

Selbstorganisation erfordert dieses Arbeiten sowieso.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Ja, könnte ich mir, und zwar unter den Bedingungen, dass ich ein<br />

Gehalt bekomme, das es rechtfertigt, nicht flexibel, sondern<br />

gebunden zu sein und damit Dinge nicht tun zu können, die<br />

vielleicht netter, schlechter, besser, interessanter, uninteressanter,<br />

auf jeden Fall aber anders sind. Gerade im Moment balanciere ich<br />

beide Seiten aus, weil ich zurzeit in einem Zwischenstatus von<br />

„Freelancer“ und „festangestellter Gast“ arbeite.<br />

Helmut Oesterreich ist Lehrbeauftragter für Gitarre an der<br />

<strong>HfMDK</strong>.<br />

37<br />

Fragen an<br />

Helmut Oesterreich<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Ihres Berufsstandes beeinflusst?<br />

Überhaupt nicht. Ich wollte von Anfang an in erster Linie Gitarrenlehrer<br />

werden und war der Ansicht, dass eine finanzielle Existenzgrundlage<br />

auf bescheidener Basis damit durchaus zu bewerkstelligen<br />

sei. Im Studium selbst dann war meine Motivation eher die<br />

auf meinem Instrument, der klassischen Gitarre, möglichst weit<br />

zu kommen. Unterrichtstätigkeit bereits während des Studiums<br />

ermöglichte mir in finanzieller Hinsicht ein relativ entspanntes<br />

Studentenleben. Allerdings vermute ich, dass das heute schwieriger<br />

ist als zu meiner Zeit vor etwa 30 Jahren.<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Reize und Chancen des Musiker- und Instrumentallehrerberufes<br />

liegen für mich in den zahlreichen möglichen Betätigungsfeldern.<br />

Unterrichten auf unterschiedlichstem Niveau in der Musikschule,<br />

mit fortgeschrittenen Schülern, mit Gruppen, mit Erwachsenen und<br />

Studenten verlangen ein hohes Maß an Flexibilität und kreativem<br />

Handlungspotenzial. Hinzu kommen, wenn man davon absieht,<br />

ein internationaler Bühnenstar sein zu wollen, viele Möglichkeiten<br />

der künstlerisch-musikalischen Betätigung, Kammermusik, Solokonzerte,<br />

Anfragen, in Orchestern als Gastmusiker mitzuwirken,<br />

Leitung von Ensembles (für Gitarristen durchaus sehr interessant),<br />

Tonaufnahmen, Publikationen. Sicher erfordert das ein ständig<br />

anhaltendes Engagement. Risiko besonders im Instrumentallehrerberuf<br />

ist es, wenn man in Routine erstarrt. Das beginnt bereits,<br />

wenn man die Erwartung hat, feste „familienfreundliche“ Arbeitszeiten<br />

zu haben. Damit wird meiner Erfahrung nach ein Grundstein<br />

für Frust, Unzufriedenheit und Burnout gelegt. Paradoxerweise<br />

scheint man dem gerade dadurch zu entkommen, indem man aktiv<br />

und flexibel bleibt. Allerdings sind die Verdienstmöglichkeiten für<br />

Berufsanfänger, die dem traditionellen Gedanken nachhängen, von<br />

ihrem Einkommen eine Familie ernähren zu können, nicht gegeben.<br />

Für die Existenzsicherung einer Familie mit Auto, Wohnungsmiete,<br />

Lebenserhaltungskosten etc. ist es sicher erforderlich, dass beide<br />

Partner erwerbstätig sind – es sei denn, einer von beiden arbeitet in<br />

einem anderen Beruf mit hohem Einkommen.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Das entfällt für meine Person, da ich sowohl eine Festanstellung<br />

(zwei halbe Stellen an verschiedenen Instituten) habe als auch<br />

freischaffend bin (Lehrauftrag an der <strong>HfMDK</strong>, Wochenendaktivitäten<br />

als Ensembledirigent und Kammermusiker). Ich genieße diesen<br />

„gemischten“ Status, denn – wie oben erwähnt – ermöglicht mir<br />

das ein sehr abwechslungsreiches Berufsleben, in dem ich<br />

ein sehr hohes Maß an Freiheiten der Arbeitszeiteinteilung und der<br />

inhaltlichen Gestaltung meiner Arbeit in Eigenverantwortung<br />

besitze.


Foto: Delphine Roche<br />

38 GELD und KUNST<br />

S T A T E M E N T<br />

Andreas Voss ist Cellist, war<br />

2007/2008 Studierender<br />

der Internationalen Ensemble<br />

Modern Akademie (IEMA).<br />

Zurzeit studiert er Historische<br />

Interpretationpraxis (HIP)<br />

an der <strong>HfMDK</strong> und arbeitet<br />

freiberuflich.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Ich hatte immer das Gefühl,<br />

dass wir als Musiker privilegiert<br />

sind, weil wir sehr früh mit dem,<br />

was wir studieren, Geld verdienen<br />

können. Ich bin immer<br />

irgendwie über die Runden<br />

gekommen. Glück war dabei<br />

eine gewisse Anspruchslosig-<br />

keit. Mir haben auch meine<br />

Eltern geholfen und das evan-<br />

gelische Studienwerk Villigst.<br />

Wann und wie ist das Bewusst-<br />

sein gewachsen, finanziell von<br />

dem leben zu müssen, was Sie<br />

künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Wenn der Studentenbonus<br />

wegfällt (z. B. bei der Krankenkasse)<br />

gibt es plötzlich den<br />

Moment, wo die Fixkosten<br />

steigen: Künstlersozialkasse,<br />

Steuern, Versicherungen etc.<br />

– das ist schwieriger als im<br />

Studium. Das Selbständig-Sein<br />

empfinde ich hauptsächlich<br />

als inspirierend. Viel Abwechslung,<br />

spannende Menschen<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

und Orte. Negativ: Unsicherheit<br />

auf der Einnahmenseite und<br />

eine gewisse Rastlosigkeit.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Generell steigt die Flexibilität<br />

mit der finanziellen Notwendigkeit.<br />

Und ich bin nicht besonders<br />

zimperlich (kalte Kirchen,<br />

Hintergrundmusik, Open Air...).<br />

Immer wichtiger wird mir, zu<br />

lernen, auch aus privaten<br />

Gründen etwas abzusagen,<br />

um nicht aus Angst um den<br />

finanziellen Engpass das restliche<br />

Leben auszutrocknen.<br />

Grundversorgung


Fragen an<br />

Claude Frochaux<br />

Claude Frochaux hat Violoncello mit Diplom und Konzertexamen<br />

an der <strong>HfMDK</strong> abgeschlossen und arbeitet jetzt als freischaffender<br />

Musiker. Mit seinem Klaviertrio „Trio Monte“ hat<br />

er an der Folkwang Hochschule Kammermusik studiert und<br />

belegt derzeit mit ihm an der „Reina Sofia Madrid“ ein weiteres<br />

Master-Studium.<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Berufsstandes beeinflusst?<br />

Mir war immer klar, dass ich finanziell irgendwie über die Runden<br />

kommen würde, auch ohne festes Einkommen. Neben meiner<br />

Arbeit mit dem „Trio Monte“ widme ich mich gern spannenden und<br />

ungewöhnlichen Projekten. Ich liebe die Kammermusik und mag die<br />

Idee, für verschiedenste Sachen offen zu sein. Ich arbeite auch als<br />

Aushilfe für Orchester wie die „Bamberger Sinfoniker“; die Tür für<br />

eine feste Stelle in einem Orchester habe ich für mich noch nicht<br />

für immer verschlossen. Auf der Suche nach alternativen Wegen<br />

bin ich darauf angewiesen, immer die Augen aufzuhalten, weil ich<br />

nicht erwarten kann, dass etwas vom Himmel fällt – diese Haltung<br />

reizt mich. Außerdem kommen so mehr neue Kontakte zustande.<br />

Fragen an<br />

Fabian Sennholz<br />

Fabian Sennholz ist Lehrbeauftragter für Improvisierte Liedbegleitung,<br />

Arrangieren und Ensemblearbeit an der <strong>HfMDK</strong>, Pianist<br />

bei Tim Bendzko und anderweitig freischaffend tätig.<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Ihres Berufsstandes beeinflusst?<br />

Die Frage nach finanzieller Sicherheit hat die Wahl meines<br />

Berufsstandes eigentlich nur insofern beeinflusst, dass ich diesen<br />

Berufsstand nur deshalb wählen konnte, weil ich neben dem<br />

Lehrauftrag an der <strong>HfMDK</strong> als Selbständiger noch etliche andere<br />

Einkünfte habe. Andernfalls könnte ich mich nicht finanzieren.<br />

Ich könnte mir nicht vorstellen, freischaffend tätig zu sein und dabei<br />

meine Familie und mich nicht ernähren zu können.<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Ich bin mir darüber im Klaren, dass ein gebrochener Arm bedeutet,<br />

unter Umständen eine Zeit lang kein Geld zu verdienen. Es gibt<br />

auch Monate, in denen man weniger verdient, als es gut ist.<br />

Dauerhaft muss man sich der Gefahr stellen, dass der persönliche<br />

Enthusiasmus am freischaffenden Dasein schwächer wird und<br />

mit zunehmendem Alter die Energien dafür weniger werden. Auch<br />

das Privatleben könnte unter der ständigen Geschäftigkeit leiden.<br />

Aber die Chancen überwiegen für mich: In diesem Jahr erfülle<br />

ich mir beispielsweise den Traum, ein eigenes Kammermusik-Festival<br />

auf Sylt gemeinsam mit meinem Trio auf die Beine zu stellen.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Wenn ich eine Orchesterstelle hätte, wäre ich wahrscheinlich<br />

nicht unglücklich und würde einige Vorteile genießen. Allerdings<br />

würde ich die Freiheit vermissen, viel reisen zu können und zu<br />

experimentieren. Die Frage, ob freischaffend oder fest engagiert, ist<br />

für mich übrigens keine Frage der Qualität – sie ist für mich eher<br />

Ausdruck gänzlich unterschiedlicher Lebenseinstellungen.<br />

39<br />

Der Reiz und die Chancen liegen ganz klar darin, dass man sich<br />

selbst aussuchen kann, welche Jobs man annimmt und welche<br />

nicht. Dadurch entsteht natürlich an sich eine sehr große künstlerische<br />

Freiheit. Allerdings kann diese dann auch ganz schnell durch<br />

finanzielle Nöte stark beschränkt werden, wenn man aus Geldnot<br />

doch Jobs annehmen muss, die einem weniger liegen. Meine<br />

Erfahrung ist jedoch bisher eine durchweg positive – ich habe ein<br />

sehr gutes Auskommen durch viele verschiedene und abwechslungsreiche<br />

Jobs, die ich alle bewusst (und zwar nicht vorrangig<br />

aus finanziellen Gründen) gewählt habe.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Ich könnte mir mittelfristig gesehen durchaus eine Festanstellung<br />

vorstellen – allerdings nur unter der Bedingung, dass mir innerhalb<br />

des Beschäftigungsverhältnisses viele Freiräume bleiben und ich<br />

auch noch die (generelle und auch zeitliche) Möglichkeit habe, mich<br />

außerhalb dieser Festanstellung künstlerisch zu betätigen.


40 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Gelebter Mut zur Wahrhaftigkeit<br />

Sophia Jaffé ist neue Professorin für Geigespiel an der <strong>HfMDK</strong><br />

Wenn Sophia Jaffé heute in ihre Noten von Tschaikowskys<br />

Violinkonzert schaut, ist die Erinnerung an Kindertage sofort wieder<br />

präsent: Kleine Spitzenschuhe hatte sie als Zehnjährige zwischen<br />

die Notensysteme gemalt, und auch ihr dort stehender Übe-Plan,<br />

der fünf Stunden tägliches Geigespiel vorsah, erinnert an ein Heranwachsen,<br />

in dem Geigespiel so selbstverständlich war wie das<br />

tägliche Aufstehen – außer an Weihnachten, Ostern und ihrem<br />

Geburtstag.<br />

„Jugend musiziert“-Gewinnerin mit 7, Bruchs Violinkonzert mit<br />

9, den ersten Solo-Auftritt mit Mozarts D-Dur-Konzert und dem<br />

Steglitzer Kammerorchester mit 12: Klar für die gebürtige Berlinerin,<br />

dass ein Studium an der „Hanns-Eisler“ wichtiger war, als Zeit<br />

in ein Abitur zu investieren, das sie vielleicht gebraucht hätte,<br />

um Kommissarin zu werden („Das hatte ich mal überlegt“), nicht<br />

aber, um ihre Hochbegabung für eine Solistenkarriere auszubauen.<br />

Wettbewerbserfolge (u. a. Concours de Génève 2004, Concours<br />

Reine Elisabeth Brüssel und Preis des Deutschen Musikwettbewerbs<br />

2005) flankierten ihren Weg auf das Solistenpodium mit<br />

renommierten Orchestern. Seitdem ist sie international als Solistin<br />

gefragt und konzertiert mit Dirigenten wie Dennis Russell Davies,<br />

Marek Janowski und Lothar Zagrosek. Als sie 2008 erstmals mit<br />

dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin in der Berliner Philharmonie<br />

auftrat, war es für sie streng genommen eine „Rückkehr“:<br />

Genau 20 Jahre vorher hatte sie nämlich als Siebenjährige in einem<br />

„Kükenkonzert“ mit Gerd Albrecht am Klavier, das vom RIAS Berlin<br />

aufgezeichnet wurde, in der Philharmonie debütiert.<br />

Sophia Jaffé – hier im Unterricht mit<br />

Flora Vogel – ist neue Geigenprofessorin<br />

an der <strong>HfMDK</strong>. Sie möchte ihren Studierenden<br />

Mut machen, ihre eigene musikalische<br />

und persönliche „Substanz“ zu entdecken und<br />

in ihre Musik zu legen.


Mit 23 wurde sie Assistentin ihres Geigenprofessors Stephan<br />

Picard. Und nun, nach 30 Jahren Berliner Luft, der Ortswechsel<br />

nach <strong>Frankfurt</strong>, hinein in einen neuen Lebensabschnitt, nicht nur<br />

geographisch, auch beruflich: Sophia Jaffé hat zum Winterseme-<br />

ster 2011/2012 ihre erste Professur für Violine an der <strong>HfMDK</strong><br />

angetreten. Mit ihrem Stellenvorgänger Walter Forchert teilt sie sich<br />

den langgezogenen Unterrichtsraum über dem Großen Saal, der<br />

nach Jahrzehnten wohnzimmerartig ausgestatteter Gemütlichkeit<br />

nun nüchtern und leer ist: „Je neutraler der Arbeitsraum, desto<br />

besser kann sich dort der Geist entfalten“, sagt Sophia Jaffé und<br />

lacht dabei herzhaft. Dabei ist sie selbst alles andere als nüchtern.<br />

Ihre äußerlich bruchlose Karriereentwicklung – aus dem Wohnzim-<br />

mer der elterlichen Hauskonzerte rauf auf die internationalen<br />

Bühnen – hat sie nämlich nicht davon abgehalten, ihren „eigenen<br />

Weg zur Musik“ zu finden. Klar gab es Phasen in ihrer Jugend, als<br />

sie selbst ein wenig die Bremse anzog, um im Aktionismus einer<br />

kollektiven Wunderkind-Begeisterung zu sich selbst zu finden, sich<br />

gegenüber ihren musikalisch einflussreichen Eltern – ihre ersten<br />

Lehrer – eigenständig zu positionieren, das eigene Tun so in Frage<br />

zu stellen, um sich dabei selbst besser kennenzulernen. „Es ist gut,<br />

phasenweise zu zweifeln“, hat sie an sich selbst erfahren. „Wenn<br />

man immer von allem überzeugt ist, ist man vielleicht nicht offen<br />

für Neues.“ Äußere Bestätigung kann für sie nicht aufwiegen, was<br />

sie als Schatz nur in sich selbst entfalten kann: „ein möglichst<br />

ehrliches Gefühl der Liebe zur Musik“. Vielleicht ist dies eine<br />

Erklärung dafür, warum sie in Virtuosenpartien wie den Violinkon-<br />

zerten von Vieuxtemps und Wieniawski nicht so sehr das findet,<br />

was ihr wichtig ist. Als Star hofiert zu werden, ist nicht ihr Ding<br />

– „das kann einen eher von der eigenen Wahrheitssuche abbringen,<br />

und man beginnt, sich sehr viel vorzumachen.“ So zu sein und zu<br />

werden, wie man wirklich ist, das ist ihr Weg, ihr Ehrgeiz und auch<br />

ihre pädagogische Ambition als Professorin: „Reichhaltiger kann ich<br />

doch gar nicht sein, als das zu leben, was ich bin.“ Den Mut, die<br />

eigene Substanz zu spüren, möchte sie auch bei ihren Studierenden<br />

entfachen. Welch ein Glücksfall also, dass sie es liebt, mit anderen<br />

Menschen über Musik zu sprechen. Nicht ganz selbstlos eben, denn<br />

„in der Position des Erklärenden festigt sich auch das Eigene“, ist<br />

sie sicher. Doch ein Begriff fehlt noch, um Sophia Jaffés Arbeits-<br />

prinzip hinreichend zu beschreiben: die Intensität. Für die Professo-<br />

rin ist sie unbedingte Voraussetzung, um musikalisch und mensch-<br />

lich zu authentischen Ergebnissen zu gelangen. Dazu zählt für sie<br />

auch, den Studierenden ein solides instrumentales Handwerk<br />

beizubringen, das ihnen einen freien Umgang im stilistischen und<br />

strukturellen Durchdringen eines Werkes ermöglicht. Dabei ist ihr<br />

eine gesunde Balance zwischen innerer Haltung und Körperbe-<br />

STAATLICHE HOCHSCHULE FÜR MUSIK<br />

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wusstsein wichtig: „Auch der Körper ist für mich ein Instrument –<br />

oder zumindest eine Vorstufe dessen. Und es wäre schade, wenn er<br />

den Zugang blockieren würde, um ungehindert aus der ganzen<br />

Freude zu schöpfen, die der Beruf mit sich bringt.“ Kammermusik<br />

ist aus Sophia Jaffés Selbstverständnis ein unverzichtbarer<br />

Bestandteil des beruflichen Lebens und der Ausbildung: „Die<br />

Prinzipien, ständig aufeinander zu reagieren, zu dialogisieren und<br />

sich zu widersprechen, finden sich in sämtlicher Musik wieder und<br />

drücken sich gerade in der Kammermusik in vollendeter Form aus.“<br />

Nach ihrem ersten Semester in <strong>Frankfurt</strong> ist Sophia Jaffé selbst<br />

verwundert, dass sie sich – nun als Professorin – so interessiert mit<br />

hochschulpolitischen Fragen beschäftigt. Das Vertrauen, das die<br />

Hochschule in sie setzt, möchte sie erfüllen – „in Form einer<br />

ernsthaften Präsenz“. Zu dieser Präsenz gehört für sie auch, sich<br />

nach 40 Wohnungsbesichtigungen in <strong>Frankfurt</strong> für einen Ort zu<br />

entscheiden, wo sie auf jeden Fall die nächsten drei Jahre zu Hause<br />

sein wird. Hoffentlich auch als Ruhepunkt für eine Künstlerin, die<br />

nach wie vor in alle Welt ausschwärmt, um auf der Bühne zu<br />

zeigen, dass Kunst mehr ist als Können – für Sophia Jaffé auch der<br />

gelebte Mut zur Wahrhaftigkeit. bjh<br />

Sophia Jaffé bestreitet ihr Antrittskonzert an der <strong>HfMDK</strong> am 1. Juni<br />

mit Alban Bergs Violinkonzert und dem Hochschulorchester im<br />

Großen Saal der Hochschule (siehe auch Veranstaltungsvorschau).<br />

41


42<br />

In der Kunst gibt es<br />

letztlich kein<br />

„richtig“ oder „falsch“,<br />

sondern nur Grade<br />

von Angemessenheit<br />

Clemens Kühn<br />

Annäherungen an das, was Musik ist<br />

Ernst August Klötzke ist neuer Professor für Musiktheorie<br />

Von Prof. Ernst August Klötzke<br />

Besonders die Musiktheorie, zu deren Aufgaben es gehört,<br />

Unfassbares zu benennen, lebt in dem Spielraum der von Clemens<br />

Kühn zitierten „Grade von Angemessenheit“. Lediglich am Punkt<br />

dessen, wie Musik gemacht ist, mag es eine mögliche Annäherung<br />

an richtig oder falsch geben; sobald wir jedoch diese vermeintlich<br />

sicheren Gefilde in Richtung des Eigentlichen verlassen – im Sinne<br />

von: „was Musik ist“ – bewegen wir uns auf anderen Ebenen.<br />

Vielleicht habe ich schon als Kind diese Idee – ohne damals von ihr<br />

zu wissen – verfolgt, wenn ich am Klavier die zu übenden Stücke<br />

lieber in einem freien Sinne meinen eigenen Bedürfnissen unterord-<br />

nete, als stur dem abgebildeten Notentext zu folgen. Und vielleicht<br />

– man verklärt ja gerne Gewesenes – war meine Klavierlehrerin ja<br />

doch besser als ich dachte, denn sie vermittelte mir schon früh eine<br />

elementare Musiklehre, die mir rudimentär einen anderen Zugriff<br />

auf Musik als den rein Haptischen ermöglichte.<br />

Nach dem Abitur hatte ich das Glück, bei Persönlichkeiten lernen zu<br />

dürfen, die mein Denken und meine Methoden noch immer prägen.<br />

Es war dies zum einen Hans Heinrich Eggebrecht, dessen letzte<br />

Seminare und Vorlesungen an der Universität Freiburg im Breisgau<br />

ich gleichsam verschlungen habe, und – sicherlich noch gewich-<br />

tiger – mein Kompositionsprofessor an der Folkwang Hochschule in<br />

Essen, Nicolaus A. Huber. Er war es, der mir ein umfassendes<br />

Handwerk der musikalischen Analyse, des Instrumentierens und<br />

Komponierens mit viel Strenge und einer unbedingten Hingabe<br />

vermittelte und dessen Forderungen immer über das rein Musika-<br />

lische hinausgingen. Einer der Kerngedanken, die ich von seinem<br />

Unterricht mitgenommen habe, ist die unmittelbare Verknüpf-<br />

ung der reflektierenden und in den jeweiligen historischen Kontext<br />

eingebundenen Analyse und des Schreibens von Musik.<br />

Nach dem Studium landete ich am Hessischen Staatstheater in<br />

Wiesbaden und wurde dort mit der Leitung der Sparte für Neue<br />

Musik, der „musik-theater-werkstatt“ betraut. Darüber hinaus<br />

wurde ich der Komponist des Hauses und leitete die Schauspielmu-<br />

sik. Für ein Theater zu komponieren heißt in erster Linie, ein<br />

stilistisch breit gefächertes Handwerk abrufbar zu haben. Wenn<br />

ein Regisseur oder ein Choreograf Musik braucht, dann muss diese<br />

möglichst schnell geschrieben werden, um innerhalb der Proben<br />

damit arbeiten zu können.<br />

Diese Zeit war für mich so etwas wie die Praxis der Musiktheorie,<br />

deren inhaltlichen Diskurs ich neben dem Theater als Lehrender<br />

an der <strong>HfMDK</strong>, der Fachhochschule Mainz und der Goethe-Univer-<br />

sität <strong>Frankfurt</strong> führen konnte.<br />

An der <strong>HfMDK</strong> unterrichte ich seit 2001. Wenn ich zurückblicke,<br />

dann bin ich mit den Veränderungen, die das Fach Musiktheorie in<br />

den vergangenen Jahren durchgemacht hat, sehr zufrieden. Die<br />

Zusammenarbeit innerhalb des Fachbereichs 2 und auch mit den


<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1 GELD und KUNST<br />

Fachbereichen 1 und 3 ist hervorragend, der Austausch mit den<br />

Kollegen sehr bereichernd und der respektvolle und konstruktive<br />

Umgang miteinander vorbildlich. Ein solches Fundament ist stark<br />

genug, um die immer notwendigen Erneuerungen des Denkens,<br />

Empfindens, Wahrnehmens und Lehrens ganz im Sinne derer, die<br />

uns anvertraut sind, zu tragen.<br />

Diese Arbeitsumstände, die ich als glücklich bezeichnen möchte,<br />

haben ihr privates Pendant in meiner Frau und unseren beiden<br />

Töchtern, die in jedem Fall schöner singen können als ich!<br />

Nun gilt es, das Fach Musiktheorie weiter zu stärken, uns zu<br />

vernetzen und den Diskurs zwischen Wissenschaft, Theorie,<br />

Pädagogik und Praxis voranzutreiben. Mein Herz hängt dabei an<br />

der historischen Musiktheorie, also der Arbeit mit jeweils zeitge-<br />

nössischen Quellen. In diesen spiegelt sich das vorangestellte<br />

Zitat oft viel stärker wider als in den meisten Lehrbüchern.<br />

Die Kompetenzen, die ich weitergeben will, beziehen immer die<br />

personality<br />

ROCKT<br />

session music frankfurt<br />

dort wo die echten kerle wohnen<br />

Hanauer Landstraße 338 · 60314 <strong>Frankfurt</strong><br />

zu erwartenden Arbeitsanforderungen meiner Studenten ein.<br />

Der permanente inhaltliche Austausch mit den Kollegen Prof. Hervé<br />

Laclau, der das verwandte Fach Hörschulung betreut, und dem<br />

Kompositionsprofessor Gerhard Müller-Hornbach bietet den<br />

Lernenden die Chance, über ihre instrumentalen und gesanglichen<br />

Fähigkeiten hinaus den Weg in die Richtung einer Annäherung<br />

an das, „was Musik ist“, eigenständig weiter zu verfolgen.<br />

Ein Lebensmotto habe ich auch. Ich erbte es so zu sagen vor einigen<br />

Jahren von meiner ehemaligen Chefin am Staatstheater Wiesbaden,<br />

der Sängerin und Grande Dame der Neuen Musik, Carla Henius,<br />

die es wiederum von Luigi Nono bekommen hatte: „Fange nie an,<br />

aufzuhören, höre nie auf, anzufangen“.<br />

Mit diesem Gedanken stürze ich mich also voller Energie in die Arbeit<br />

an der <strong>HfMDK</strong>, freue mich auf die Studierenden, die Kollegen, die<br />

gemeinsamen Projekte und darauf, nicht nur zu lehren, sondern auch<br />

immer wieder von meinen Studenten zu lernen.<br />

43<br />

Oliver Lohmann, Session Music <strong>Frankfurt</strong>


44 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Ausbildung kann nie alles abdecken<br />

Ingo Diehl ist neuer Professor für Zeitgenössische Tanzpädagogik<br />

Mit dem Beginn des Sommersemesters hat Ingo Diehl die Professur<br />

für Zeitgenössische Tanzpädagogik angetreten und damit die<br />

Leitung des Masterstudiengangs Zeitgenössische Tanzpädagogik/<br />

MAztp übernommen. Diehl bringt langjährige Erfahrungen als Tänzer<br />

und Trainingsleiter in den Studiengang mit: Er war u. a. beim<br />

Tanzforum Köln, Tanztheater Bremen, Island Ballett in Reykjavik und<br />

bei verschiedenen Festivals tätig. Als Projektleiter des Bereichs<br />

Ausbildung war er von 2005 bis 2010 für alle Bildungsfragen und<br />

die Gesamtkonzeption der Ausbildungsprojekte bei Tanzplan<br />

Deutschland verantwortlich. Im Interview mit <strong>Frankfurt</strong> in Takt<br />

spricht er über die neue Ausrichtung des Studienganges und dessen<br />

Verortung in der lebendigen <strong>Frankfurt</strong>er Tanzszene.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt Herr Diehl, soeben hat in <strong>Frankfurt</strong> mit großem<br />

Erfolg die 3. Biennale Tanzausbildung stattgefunden. Stimmt es,<br />

dass Sie der Initiator der Biennale sind?<br />

Prof. Ingo Diehl Das könnte man so sagen, ja. Aber eigentlich war es<br />

ein großer gemeinschaftlicher Prozess. Ich hatte als Projektleiter<br />

des Bereichs Ausbildung von „Tanzplan Deutschland“ die Möglichkeit<br />

und Mittel, die Ausbildungsinstitutionen für Tanz an einen Tisch<br />

zu laden. In diesen Gesprächen entwickelten wir die Idee, eine<br />

Biennale ins Leben zu rufen. Auf der Biennale treffen Institutionen<br />

mit Lehrenden, Studierenden und Fachexperten zusammen, um eine<br />

Woche miteinander intensiv zu arbeiten. In einer kreativen Atmosphäre<br />

entstehen neue Impulse für die Tanzausbildung. 2008 wurde<br />

diese Idee mit der 1. Biennale Tanzausbildung umgesetzt. Es<br />

freut mich riesig, dass die diesjährige Veranstaltung in <strong>Frankfurt</strong><br />

stattfinden konnte. Das war ein bisschen wie „Nach Hause-<br />

Kommen“.<br />

FiT Freuen Sie sich auf ihren Arbeitsbeginn in <strong>Frankfurt</strong>?<br />

Diehl Ich könnte mir für meine Arbeit im Moment keinen spannenderen<br />

Ort vorstellen. Die <strong>Frankfurt</strong>er Tanzszene ist sehr<br />

umtriebig und anspruchsvoll: The Forsythe Company, Motion Bank,<br />

Tanzlabor 21, Mousonturm, ID <strong>Frankfurt</strong> oder Stiftungen, die sich<br />

für die Sparte engagieren. So eine Bandbreite ist wirklich außergewöhnlich.<br />

Das wirkt sich auf den Studiengang aus. Auch in der<br />

Hochschule selbst gibt es eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten<br />

zu den anderen Fachbereichen. Hinzu kommt dann noch die<br />

städtische Kulturszene, die ebenfalls breit aufgestellt ist – und das<br />

auf hohem Niveau. Darüber hinaus freue ich mich auf die Zusammenarbeit<br />

mit Dieter Heitkamp, dem Ausbildungsdirektor für<br />

Zeitgenössischen und Klassischen Tanz (ZuKT) an der <strong>HfMDK</strong>. Denn<br />

es braucht starke Partner, um etwas Neues anzustoßen, und die<br />

Arbeit für den Studiengang gibt mir dafür einen guten Rahmen.<br />

FiT Welche Veränderungen wollen Sie im Studiengang anstoßen?<br />

Diehl Besonders wichtig ist mir, dass die Studierenden eine<br />

individuelle Begleitung bekommen, um sie für verschiedenste<br />

Vermittlungsbereiche im Tanz auszubilden. Es ist kein einfaches<br />

Unterfangen, Studierende auf so unterschiedliche Arbeitsfelder wie<br />

Trainingsleiter im professionellen Bereich, Dozent an Hochschulen<br />

oder für Bereiche wie Tanz in Schulen oder in Kindertagesstätten<br />

wie auch die Entwicklung von Weiterbildungsangeboten für<br />

Erzieherinnen vorzubereiten. Ausbildung kann nie alles abdecken.<br />

Wir haben das bisherige Curriculum überarbeitet, damit die<br />

Studierenden auch auf aktuelle Strömungen reagieren können, die<br />

gerade in der Tanzszene erkennbar sind. Neu ist zum Beispiel ein<br />

Modul mit dem Schwerpunkt „Transfer“: Hier sollen verschiedene<br />

Disziplinen miteinander verknüpft werden, um daraus neue<br />

Unterrichtsformate zu entwickeln. Die insgesamt zehn Module sind<br />

klar definiert und überschaubar – dazu gehören Hospitationen,<br />

eigenes Training, Theorie, Methodik und Didaktik sowie Projektarbeit.<br />

Ich kann nur durch ein breites Angebot an Praxis und gleichzeitiger<br />

theoretischer Reflexion dafür sorgen, dass die Studierenden<br />

in der Lage sind, das erlernte Wissen mit ihren persönlichen<br />

Erfahrungen und Vorstellungen in Einklang zu bringen.<br />

FiT Was bedeutet Ihr Ansatz für das Verhältnis von Praxis und<br />

Theorie im Masterprogramm?<br />

Diehl Die Studierenden werden nicht nur ihre eigenen Vermittlungsprojekte<br />

durchführen, sondern Forschungsansätze aus dem Tanz heraus<br />

entwickeln. Es reicht heutzutage als Tänzer nicht aus, ein guter<br />

Praktiker zu sein, wenn ich nicht weiß, woraus diese Praxis<br />

gewachsen ist. Während der Arbeit an meinem Forschungsprojekt<br />

„Tanztechniken 2010 – Tanzplan Deutschland“ habe ich die<br />

Erfahrung gemacht, dass es sehr schwierig ist, Wissen aus der<br />

Tanzpraxis nutzbar und zugänglich zu machen. Dabei braucht das<br />

Tanzfeld dieses Wissen dringend. Nur mit diesem Wissen kann ein<br />

bewusster Umgang mit Tanz entstehen – und vermittelt werden. In<br />

diesem Sinne dient das Masterprogramm nicht nur den Studierenden<br />

selbst.


Publikationen unserer Lehrenden<br />

„Theatermanagement – Eine Einführung“<br />

von Thomas Schmidt, Professor für Theater- und<br />

Orchestermanagement an der <strong>HfMDK</strong><br />

Das Buch „Theatermanagement – Eine Einführung“ schließt eine<br />

langjährige Lücke in der Theater- und Kulturmanagementliteratur.<br />

Es soll eine Einführung für all jene sein, die sich mit dem Theater<br />

als Betrieb, der künstlerische und organisatorische Prozesse<br />

miteinander verknüpft, auseinandersetzen wollen: für Einsteiger,<br />

Fortgeschrittene, Neugierige, Künstler, Studenten, Dozenten. Der<br />

Grundgedanke des Buches geht davon aus, dass wir nur einen<br />

Bruchteil dessen auf der Theaterbühne sehen, was im Theater<br />

tatsächlich passiert. Es beschreibt die Rahmenbedingungen, unter<br />

denen Theater entsteht, die wesentlichen Prozesse, die Instrumente<br />

des Managements, aktuelle Krisensituationen und Lösungsansätze.<br />

Ein ganzes Kapitel widmet sich Zukunftszenarien einer Theaterlandschaft,<br />

in der sich öffentliche Theater und Orchester, die kreative<br />

und sich immer weiter entwickelnde freie Szene und die Festivals<br />

strukturell neu ordnen und für die neue Finanzierungs- und<br />

Produktionsmodelle entwickelt werden müssen. Am Ende steht die<br />

große Frage: Wie können wir die einmalige Theaterlandschaft<br />

erhalten und zukunftsfähig machen, welche Reformen sind dafür<br />

notwendig? Schließlich muss sich auch die Ausbildung in den<br />

Berufsfeldern, die sich auf das Theater beziehen, mit diesen Fragen<br />

beschäftigen. Das Buch wird abgerundet durch drei Exkurse zur<br />

Theaterlandschaft in den USA, in Belgien und den Niederlanden,<br />

die sich alle auf unterschiedliche Weise vom deutschen Theatersystem<br />

unterscheiden. Ein Glossar mit den 100 wichtigsten Begriffen<br />

soll es den Lesern leichter machen, die das Buch als Nachschlagewerk<br />

verwenden wollen.<br />

„Theatermanagement – Eine Einführung”, erschienen im<br />

Springer Verlag<br />

Sonatas 1–10 (2005–2008) für Klavier von Claus Kühnl,<br />

Lehrbeauftragter für Musiktheorie an der <strong>HfMDK</strong><br />

Soeben sind von Claus Kühnl die Sonatas 1–10 (2005–2008) für<br />

Klavier beim Hofmeister Musikverlag, Leipzig, erschienen<br />

(FH 3372). Die ansprechend gestaltete Ausgabe im Bach-Format<br />

umfasst 111 Seiten sowie ein ausführliches Vorwort in Deutsch<br />

und Englisch. Auch die Vortragsangaben sind zweisprachig<br />

gehalten. Die Stücke werden nur auf der Tastatur gespielt und sind<br />

teils mittelschwer, schwer bis sehr schwer spielbar; sie eignen sich<br />

durchaus als „Zugstücke“ für Pianisten und solche, die es werden<br />

wollen. Der Band kostet 29,50 Euro. Die „Sonatas“ schlagen einen<br />

Bogen zurück zu den Anfängen der europäischen Mehrstimmigkeit<br />

und in die Zeiten davor. Mit den Stücken wollte der Komponist den<br />

PianistInnen neue Gelegenheit zu gesanglicher Tongebung bieten:<br />

erinnern, ohne in das Alte zurück zu fallen. Erneuern, ohne die<br />

Anfänge preiszugeben. Den Zauber dieses Anfangs den in Bezug<br />

auf die Tonintervalle beschränkten Möglichkeiten eines Grand<br />

Pianos einpflanzen.<br />

Sonata 1 wurde 2010 mit dem ersten Preis des Concorso<br />

Internazionale di Composizione Musicale der Stadt Reggio Calabria<br />

ausgezeichnet.<br />

Fragen an<br />

Hedayet Djeddikar<br />

Hedayet Djeddikar ist an der <strong>HfMDK</strong> Lehrbeauftragter als<br />

Korrepetitor für Gesang und Bratsche und fester Dozent für<br />

Liedgestaltung und Korrepetition an der Universität für Musik<br />

und Darstellende Kunst Graz. Er ist <strong>HfMDK</strong>-Absolvent in den<br />

Fächern Liedgestaltung und Klavierkammermusik.<br />

Wie sehr hat die finanzielle Motivation die Wahl Ihres Berufs und<br />

Ihres Berufsstandes beeinflusst?<br />

Gar nicht.<br />

45<br />

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Reize, Chancen, aber auch Gefahren<br />

in der Art Ihrer beruflichen Existenz?<br />

Das wesentlich Reizvolle an meinem Berufsleben ist sicher, dass<br />

ich es als inhaltlich erfüllend empfinde. Dazu kommt, dass ich<br />

interessante Menschen kennenlerne und viel reisen kann. Als<br />

Chance erlebe ich es, einen vergleichsweise großen Teil meiner Zeit<br />

selbst planen und gestalten zu können. Das stellt natürlich<br />

gleichzeitig auch eine Gefahr dar.<br />

Könnten Sie sich aus heutiger Sicht einen anderen Status vorstellen,<br />

wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?<br />

Mit der momentanen Mischung aus konzertieren und unterrichten<br />

bin ich sehr zufrieden.


46 GELD und KUNST<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

S T A T E M E N T<br />

Jonathan Granzow, studiert<br />

im 2. Semester den Masterstudiengang<br />

Komposition,<br />

zuvor Schulmusik und<br />

Deutsch (L3).<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Ich bin sehr dankbar, dass mir<br />

meine Eltern die existenzielle<br />

Sicherung für den ersten<br />

Studiengang abgenommen<br />

haben, sodass ich mich<br />

während der Semester ganz<br />

auf das Studium konzentrieren<br />

konnte. In der vorlesungsfreien<br />

Zeit habe ich dann im Ausland<br />

gejobbt, um für Instrumentenkäufe<br />

zu sparen. Seit dem<br />

Aufbaustudiengang hält mir<br />

das MainCampus academicus-<br />

Stipendium der Stiftung<br />

Polytechnische Gesellschaft<br />

<strong>Frankfurt</strong> am Main den<br />

Rücken frei.<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell<br />

von dem leben zu müssen, was<br />

Sie künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Spätestens ab dem Hauptstudium<br />

war mir wichtig, dass ich<br />

mein Geld mit Tätigkeiten<br />

verdiene, die ich an der Hochschule<br />

lerne. Ich bin überzeugt<br />

davon, dass die vielseitige<br />

Ausbildung des Schulmusikers<br />

auch diverse Einnahmemöglichkeiten<br />

für den Freiberufler<br />

eröffnet. Unsere Hochschule ist<br />

ein treues Netzwerk in einer<br />

neugierigen und aktiven Region.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Als Freiberufler strebe ich an,<br />

mir die Projekte aussuchen zu<br />

können, für die ich mich<br />

begeistern will. Kompromisse<br />

finden dabei immer statt. Das<br />

Komponieren braucht aber<br />

auch Freiräume, die ich auch im<br />

Lehrberuf nicht aufgeben<br />

würde.<br />

S T A T E M E N T<br />

Tatjana von Sybel studiert<br />

Harfe an der <strong>HfMDK</strong> und hat<br />

ein Starterstipendium, das<br />

con moto foundation-scholarship,<br />

der Gesellschaft der<br />

Freunde und Förderer der<br />

<strong>HfMDK</strong> <strong>Frankfurt</strong> am Main e. V.<br />

erhalten.<br />

Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />

Ihrem Studium?<br />

Ich habe das Glück, von dem<br />

Starterstipendium ein Jahr<br />

lang gefördert und von meinen<br />

Eltern finanziell unterstützt<br />

zu werden. Trotzdem habe ich<br />

mich um einen Nebenjob gekümmert,<br />

damit meine Existenzsicherung<br />

auch nach Auslaufen<br />

des Stipendiums gesichert ist.<br />

Wann und wie ist das Bewusstsein<br />

gewachsen, finanziell<br />

von dem leben zu müssen, was<br />

Sie künstlerisch oder pädagogisch<br />

tun?<br />

Mir war schon früh bewusst,<br />

dass es mit einem künstlerischen<br />

Beruf nicht leicht wird,<br />

seinen Lebensunterhalt zu verdienen.<br />

Dennoch bin ich<br />

motiviert, mich im Studium<br />

weiter anzustrengen, um<br />

meinen Traum zu verwirklichen.<br />

Eine Festanstellung gibt<br />

ein geregeltes Einkommen, als<br />

Freiberuflicher hat man<br />

natürlich mehr künstlerische<br />

Freiheit.<br />

Welche Kompromisse sind Sie<br />

bereit einzugehen, um sich<br />

existenziell abzusichern? Welche<br />

wären für Sie undenkbar?<br />

Sollte ich eine für mich<br />

attraktive Stelle bekommen,<br />

wäre ich bereit, weit von meiner<br />

Familie und meinen Freunden<br />

wegzuziehen. Undenkbar<br />

wäre für mich, unseriöse Geschäfte<br />

einzugehen, um an<br />

Geld zu kommen.


BEWERBUNG<br />

VOM<br />

15. JANUAR<br />

BIS<br />

31. MAI 2012<br />

Vladimir Babeshko, Viola (Klasse Ingrid Heyer und Prof. Jörg<br />

Heyer), hat im März 2011 mit der Geigerin Anne-Sophie Mutter als<br />

Stipendiat der Anne-Sophie-Mutter-Stiftung eine Kammermusik-<br />

Tournee durch Deutschland, die Schweiz und Österreich unternom-<br />

men. Im Juli 2011 nahm er mit ihr und dem gleichen Progamm<br />

(unter anderem Mendelssohn-Oktett) am Verbier-Festival teil.<br />

Im September hatte er in Köln die Reihe der Radeberger-Konzerte<br />

mit der Pianistin Ksenia Bashmet eröffnet. Das Konzert wurde im<br />

Deutschlandfunk übertragen.<br />

Kateryna Kasper, Sopran (Klasse Prof. Hedwig Fassbender),<br />

schaffte es im Queen-Sonia-Wettbewerb in Oslo unter die sechs<br />

Finalisten und wurde mit dem Preis für die beste Interpretation<br />

eines norwegischen Liedes ausgezeichnet. An der Oper <strong>Frankfurt</strong><br />

übernahm sie in der Neuproduktion des „Siegfried“ die Partie<br />

des Waldvogels. Außerdem ist sie ab der kommenden Spielzeit<br />

Mitglied des Opernstudios der <strong>Frankfurt</strong>er Oper.<br />

Maren Favela, Sopran (Klasse Prof. Hedwig Fassbender, Diplom<br />

2011), ist seit September 2011 am Opernstudio <strong>Frankfurt</strong><br />

engagiert.<br />

Akademie Musiktheater<br />

heute<br />

Stipendium 2012– 2014<br />

für junge Bühnenbildner,<br />

Dirigenten, Dramaturgen,<br />

Komponisten, Kultur -<br />

manager und Regisseure<br />

www.deutsche-bank-stiftung.de<br />

Erfolge unserer Studierenden und Absolventen<br />

Sebastian Kohlhepp, Tenor (Klasse Prof. Hedwig Fassbender),<br />

erhielt einen Vertrag als lyrischer Tenor am Badischen Staatstheater<br />

Karlsruhe ab Juni 2011.<br />

Anne-Luisa Kramb, Violine (Jungstudierende in der Klasse<br />

Prof. Susanne Stoodt und mit 11 Jahren die jüngste Jungstudentin<br />

an der <strong>HfMDK</strong>), gewann im „Internationalen Hindemith-Wettbe-<br />

werb“ Berlin den 2. Preis ihrer Altersgruppe.<br />

Rho-Mei Yu, Schlagzeug (Klasse Prof. Rainer Römer), gewann<br />

mit dem Trio ONYX (gemeinsam mit Eva Boesch und Marie Schmit,<br />

Violoncello) den 1. Platz beim Boris Pergamenschikow Preis 2011<br />

für Kammermusik in Berlin an der HfM Hanns Eisler. Die drei<br />

Musikerinnen waren Stipendiaten des Masterstudiengangs „Zeit-<br />

genössische Musik“ der Internationalen Ensemble Modern<br />

Akademie 2010/2011.<br />

Tabea Debus, Blockflöte (Klasse Prof. Michael Schneider),<br />

war Preisträgerin des Internationalen Holzbläserwettbewerbes<br />

„hülsta woodwinde“.<br />

Andreas Hotz, <strong>HfMDK</strong>-Absolvent in den Studiengängen Klavier,<br />

Orgel und Orchesterdirigieren, wird mit der Saison 2012/13<br />

die Nachfolge von Hermann Bäumer als Generalmusikdirektor am<br />

Theater Osnabrück antreten.<br />

47<br />

Foto: © Deutsche Bank Stiftung / Philipp Ottendörfer


48<br />

Erfolge unserer Studierenden und Absolventen<br />

Simon van Hoecke, Trompete (ehem. Klasse Prof. Klaus<br />

Schuhwerk), hat das Probespiel für die Solotrompete im Orchestre<br />

National de France gewonnen.<br />

Katrina Szederkenyi, Harfe (Klasse Prof. Françoise Friedrich),<br />

gewann beim Internationalen Harfenwettbewerb St. Petersburg<br />

den 3. Preis.<br />

Christoph Nonnweiler, Gitarre (Klasse Prof. Christopher Brandt),<br />

erspielte sich den 1. Preis beim Internationalen Heinrich-Albert-<br />

Gitarrenwettbewerb in Gauting.<br />

Bleuenn Le Friec, Harfe (Klasse Prof. Françoise Friedrich), hat das<br />

Probespiel um die Stelle der Solo-Harfenistin bei der Neubrandenburger<br />

Philharmonie gewonnen.<br />

Daniel Gatz, Klarinette (Klasse Anton Hollich), hat die Stelle als<br />

Solo-Klarinettist an der Komischen Oper in Berlin bekommen.<br />

Simone Sitterle, Klarinette (Klasse Anton Hollich), hat im<br />

Sinfonieorchester Wuppertal für die laufende Spielzeit einen<br />

Zeitvertrag als Solo-Klarinettistin erhalten.<br />

Björn Bürger, Bariton (Klasse Prof. Hedwig Fassbender), gehört<br />

ab der Spielzeit 2013/14 zum festen Ensemble der <strong>Frankfurt</strong>er<br />

Oper.<br />

Diane Cora Förster (Lehramt Musik an Grundschulen) und<br />

Carolin Henning (Lehramt Musik für Haupt- und Realschule) haben<br />

vom Amt für Lehrerbildung Hessen für ihre Prüfungsleistungen<br />

im ersten Staatsexamen den Hessischen Förderpreis 2010/2011<br />

erhalten.<br />

Theresa Fritsche, Klarinette (Klasse Jochen Tschabrun), hat<br />

einen Zeitvertrag als Soloklarinettistin bei den Mannheimer<br />

Philharmonikern erhalten.<br />

Anne Frank, Sopran (Alumna der Klasse Prof. Heidrun Kordes),<br />

ist am Opernstudio Zürich engagiert.<br />

Impressum<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt – Magazin der Hochschule für Musik<br />

und Darstellende Kunst <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Eschersheimer Landstraße 29–39, 60322 <strong>Frankfurt</strong> am Main,<br />

www.hfmdk-frankfurt.de<br />

Herausgeber Thomas Rietschel, Präsident der <strong>HfMDK</strong><br />

Idee und Konzept Dr. Sylvia Dennerle<br />

sylvia.dennerle@hfmdk-frankfurt.de; Telefon 069/154 007 170<br />

Redaktion Björn Hadem (bjh) bhadem@arcor.de<br />

Autoren Beate Eichenberg, Björn Hadem (bjh), Stephan Mösch,<br />

Thomas Rietschel, Claudia Sauter, Carola Schlüter, Albrecht<br />

Thiemann, Olaf Zimmermann<br />

Fotos Valentin Fanel (2), Björn Hadem (37), W. Hösl (1),<br />

Martin Joppen (1), Delphine Roche<br />

Layout Opak Werbeagentur GmbH,<br />

Münchener Str. 45, 60329 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

Anzeigen Björn Hadem (es gilt die Preisliste 2011)<br />

Erscheinungsweise jeweils zu Beginn des Semesters<br />

Druck VARIO PLUS Druck GmbH,<br />

Flinschstr. 61, 60388 <strong>Frankfurt</strong> am Main<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />

Amadeu Tasca, Bariton (Klasse Prof. Hedwig Fassbender)<br />

erhielt ein Fest-Engagement am Theater Heidelberg.<br />

Ani Yorentz Sargsyan, Sopran (Klasse Prof. Thomas Heyer), erhielt<br />

das Alfred-Toepfer-Stipendium und ist ab der kommenden Spielzeit<br />

fest am Staatstheater Kassel engagiert.<br />

Sarah Schmidt und Ramon John, Tanz, haben Verträge<br />

bei der Donlon Dance Company des Staatstheater Saarbrücken<br />

erhalten.<br />

Anna Romanova, Tanz, erhielt einen Vertrag am Theater Kiel.<br />

Marie Sophie Budek, Tanz, hat einen Eleven-Vertrag am Theater<br />

Augsburg.<br />

Robin Rohrmann, Tanz, hat einen Vertrag bei der Tanzkompagnie<br />

Marco Santi am Theater St.Gallen.<br />

Sandra Klimek, Tanz, hat einen Vertrag bei der Tanzkompagnie<br />

Marco Santi am Theater St.Gallen.<br />

Der komplette aktuelle Abschlussjahrgang Schauspiel hat bereits<br />

Festverträge an Theatern bekommen:<br />

Nils Kreutinger ist am Staatstheater Wiesbaden festes Ensemblemitglied.<br />

Ronja Losert spielt die nächsten zwei Jahre am Stadttheater<br />

Darmstadt.<br />

Annalena Müller geht an das Stadttheater Kaierslautern.<br />

Florian Mania ist schon am Stadttheater Heidelberg engagiert.<br />

Robert Oschmann geht an das Stadttheater Wilhelmshaven.<br />

Jonas Schlagovsky ist am Staatstheater Saarbrücken engagiert.<br />

Lisa Weidenmüller wird als festes Ensemblemitglied in St- Pöllten/<br />

Wien zu sehen sein.<br />

Janina Zschernig spielt zukünftig im Stadttheater Erlangen.<br />

Drittmittelkonto Account for Private funds<br />

Konto 200 138 090, BLZ 500 502 01, Fraspa 1822<br />

Überweisungen aus dem Ausland International Payments<br />

IBAN: DE71 5005 0201 0200 1380 90; SWIFT-BIC: HELADEF1822


Perfektion hat seit über einem<br />

Jahrhundert bei uns Tradition<br />

Vor über 100 Jahren wurden in einer Werkstatt in Hamamatsu mit einer kleinen<br />

engagierten Mannschaft von Handwerkern die ersten Klaviere und Flügel gebaut.<br />

Dies war der Geburtsort der heutigen Yamaha Premium-Palette: des erstklassigen<br />

und namhaften CFIII-Konzertflügels sowie der S6- und S4-Premium-Flügel, die heute<br />

von führenden Pianisten weltweit für die besten Instrumente gehalten werden.<br />

Die über Generationen hinweg erworbenen Fertigkeiten, mit Bedacht ausgewählte<br />

Herstellungsverfahren und Materialien, sensible Hinwendung zu jedem Detail und<br />

unübertroffene Innovationen sind die Basis für die heutigen Instrumente. Dabei<br />

haben die Yamaha-Klavierbauer stets eine Vision vor Augen: Das Erreichen höchster<br />

Perfektion mit einem breitgefächerten, klaren Klang, der leicht und deutlich im Raum<br />

schwebt und zu den glücklichsten Momenten eines Spiel- und Musikgenusses führt.<br />

Sehen Sie bitte weitere Informationen unter www.premiumpianos.com


ZUSAMMEN GEHT MEHR.<br />

Ein erfolgreiches Team braucht wie jedes Orchester mehr als nur hervorragende Solisten:<br />

Teamgeist. Bei uns in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe gibt jeder sein Bestes, damit im<br />

Zusammenspiel aller das Beste entsteht: Erfolg. Für uns, unsere Partnerbanken vor Ort und<br />

ganz besonders für unsere Kunden. www.dzbank.de

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