23.12.2012 Aufrufe

statement - HfMDK Frankfurt

statement - HfMDK Frankfurt

statement - HfMDK Frankfurt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

28<br />

Der Rohdiamant aus<br />

der Nebenfachprüfung<br />

Johannes Martin Kränzle, von der „Opernwelt“ zum<br />

„Sänger des Jahres 2011“ gekürt, erinnert sich den<br />

Beginn seiner Musikalischen Laufbahn als Studierender<br />

der <strong>HfMDK</strong> – mit einem Meisterkurs kehrte er für einige<br />

Tage an die <strong>HfMDK</strong> zurück<br />

Als Johannes Martin Kränzle an der <strong>HfMDK</strong> durch die Aufnahmeprüfung<br />

für ein Schulmusik-Studium rasselte, konnte er nicht ahnen,<br />

dass er genau dort 30 Jahre später als „Sänger des Jahres“ einen<br />

Meisterkurs für Studierende geben würde. Wie gut nur, dass Martin<br />

Gründler, damals erster Gesangsprofessor am Platz, in der Nebenfachprüfung<br />

auf den Bariton-Rohdiamanten aufmerksam wurde und<br />

Kränzle ein halbes Jahr später zu sich in die Gesangsklasse holte.<br />

Wenig später folgte Johannes Martin Kränzles erste Gesangs-<br />

„Mugge“: Mozarts Krönungsmesse in Kelkheim für 200 DM Gage.<br />

Heute ist der Bariton festes Ensemblemitglied der <strong>Frankfurt</strong>er Oper<br />

und international gefragter Gastsänger – aktuell unter anderem<br />

an der Mailänder Scala. Im folgenden Interview erinnert sich der<br />

<strong>HfMDK</strong>-Alumnus Johannes Martin Kränzle an seine finanziell<br />

bescheidenen ersten Berufsjahre und verrät, was ihn anstelle hoher<br />

Gagen wirklich lockt.<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt Die Geschichte von ihrer vergeigten Aufnahmeprüfung<br />

für Schulmusik in <strong>Frankfurt</strong> ist also keine Legende. Wollten<br />

Sie nicht von Anfang an Sänger werden?<br />

Johannes Martin Kränzle Nein. Ich wollte zunächst Schulmusik<br />

studieren, um eine musikalisch breite Ausbildung zu bekommen.<br />

Leider scheiterte das an meinen bescheidenen pianistischen<br />

Fähigkeiten, die ich unter anderem mit „Bartok für Kinder“ unter<br />

Beweis stellen wollte – leider vergeblich. Eher zufällig saß aber<br />

mein späterer Gesangsprofessor Martin Gründler in der Nebenfach-<br />

Aufnahmeprüfung in Gesang, der ich mich auch stellen musste.<br />

Er sprach mich nach der Prüfung auf dem Gang an und interessierte<br />

sich für meine Stimme. Als aus dem Schulmusikstudium nichts<br />

wurde, schrieb er mir einen Brief und lud mich in seine Gesangsklasse<br />

ein. In meinem Fall wäre er sicher, dass ich Sänger werden<br />

würde.<br />

FiT Also kehrten sie als Gesangsstudent an die <strong>HfMDK</strong> zurück und<br />

wurden Gründler-Schüler.<br />

Kränzle So ist es. Außerdem wollte ich in diesem Rahmen auch<br />

Violinunterricht bekommen, was mir die Hochschule aber verwehrte.<br />

Also nahm ich inoffiziell Unterricht in Hubert Buchbergers<br />

Kammermusikklasse und spielte unter Jiri Starek im Hochschulorchester<br />

mit. Als ich unter dem damaligen <strong>HfMDK</strong>-Dirigierprofessor<br />

Helmuth Rilling in Mendelssohns „Elias“ in den Geigen saß,<br />

<strong>Frankfurt</strong> in Takt 11/2<br />

„mutierte“ ich für eine Gesangsnummer – das Oktett „Denn er<br />

hat seinen Engeln befohlen“ – zum Gesangssolisten und fügte mich<br />

danach wieder in die Streicherreihen ein.<br />

FiT Wie haben Sie damals ihr Studium finanziert?<br />

Kränzle Als Geiger im „American Playhouse“, einem Musical-Theater<br />

der damals noch in <strong>Frankfurt</strong> stationierten US-Soldaten.<br />

Einige hundert Musical-Aufführungen dürfte ich mitgemacht haben.<br />

Immerhin gab es für mich als Konzertmeister 40 Mark Gage pro<br />

Aufführung – damals eine sichere Einnahmequelle, um das Studium<br />

zu finanzieren.<br />

FiT Was brachte Ihnen Ihr erstes Festengagement ein?<br />

Kränzle Als ich an der Dortmunder Oper als Solist engagiert wurde,<br />

bekam ich einen typisch schmalen Anfängervertrag. Das reichte<br />

zum Leben ohne jeglichen Luxus, war aber bedeutend weniger<br />

als das Gehalt, das die Sänger des Opernchores bekamen;<br />

ihre Verträge waren eben tariflich geregelt. Diese Tatsache fand<br />

ich schon grotesk.<br />

FiT Ihre damalige Gage ist ja sicherlich nicht mehr zu vergleichen<br />

mit dem, was Sie gegenwärtig an finanziellen Angeboten bekommen.<br />

Kränzle Witzigerweise ist es mir aber heutzutage viel wichtiger, was<br />

und mit wem ich singe und weniger, was ich dabei verdiene.<br />

Diese Frage stellt sich für mich erst an vierter oder fünfter Stelle.<br />

In einer schönen Kirche oder mit einem mir lieben Kollegen in<br />

einem weniger prominenten Rahmen zu singen, ist mir wichtiger<br />

als ein topbezahltes Engagement in einem für mich anonymen<br />

Rahmen. Generell vermute ich, dass die pekuniäre Frage bei den<br />

europäischen Künstlern insgesamt weniger im Vordergrund steht<br />

als bei Künstlern anderer Kontinente. Vielleicht schlagen sich da<br />

noch Anteile unserer humanistischen Tradition nieder.<br />

FiT Wie konnten Sie ihren Marktwert weiter steigern?<br />

Kränzle Seinen eigenen Marktwert kann man kaum aktiv oder<br />

geplant beeinflussen – ist zumindest meine Erfahrung. Eine<br />

Wertsteigerung geschieht also nicht willentlich, sondern oft auch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!