statement - HfMDK Frankfurt
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12 GELD und KUNST<br />
<strong>Frankfurt</strong> in Takt 12/1<br />
S T A T E M E N T<br />
Delphine Roche studiert im<br />
dritten Semester Traversflöte<br />
bei Prof. Karl Kaiser im<br />
Ausbildungsbereich Historische<br />
Interpretationspraxis<br />
und war von 2010 bis 2011<br />
Stipendiatin der Internationalen<br />
Ensemble Modern Akademie<br />
(IEMA). Sie ist<br />
Mitbegründerin von „l‘Autre<br />
mOnde“, dem Ensemble<br />
für alte und neue Musik,<br />
Flötistin im „Trio Lamartine“<br />
und Flötenlehrerin an der<br />
städtischen Musikschule Lahr.<br />
Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />
Ihrem Studium?<br />
Als Französin, die im Ausland<br />
Musik studiert, gibt es praktisch<br />
kein Stipendium (generell gibt<br />
es null finanzielle Unterstützung<br />
vom französischen Staat für<br />
die französischen Studenten,<br />
die Kunst studieren). Von daher<br />
musste ich gleich zu Beginn<br />
meines Studiums arbeiten. Mein<br />
erstes Stipendium habe ich<br />
erst nach meinem Freiburger<br />
Abschlussdiplom von der IEMA<br />
bekommen. Ich habe mein<br />
ganzes Studium mehr oder<br />
weniger gearbeitet – je nach<br />
finanziellem Bedarf. Ich habe<br />
mit 16 angefangen, Querflöte<br />
und Solfège privat zu<br />
unterrichten. Mit 20 habe ich<br />
in und bei Paris am Conservatoire<br />
unterrichtet (Querflöte,<br />
Solfège, aber auch Kammermusik,<br />
Kammerorchster, Analyse,<br />
Musikalische Früherziehung).<br />
Ich weigerte mich, andere Jobs<br />
anzunehmen, weil das Unterrichten<br />
mir auch so viel pädagogische<br />
und instrumentale<br />
Erfahrung brachte. Jedoch fiel<br />
es mir aus zeitlichen Gründen<br />
schwer, mich so meinem Üben<br />
für mein Studium und Probespielen<br />
oder Wettbewerben<br />
zu widmen, wie ich es mir<br />
gewünscht hätte.<br />
Wann und wie ist das Bewusstsein<br />
gewachsen, finanziell von<br />
dem leben zu müssen, was Sie<br />
künstlerisch oder pädagogisch<br />
tun?<br />
Als ich mir vornahm, nach<br />
Deutschland zu ziehen, um mich<br />
nach meinem Pariser Studium<br />
fortzubilden, fiel es mir schwer,<br />
meine Schüler ab- und damit<br />
eine gewisse finanzielle<br />
Sicherheit aufzugeben. Meine<br />
Eltern konnten mich nicht<br />
angemessen finanziell unterstützen.<br />
Ich war daher anfangs<br />
sehr besorgt und gestresst,<br />
wie ich es schaffen würde, die<br />
Miete, mein Studium usw.<br />
zahlen zu können. Ich habe<br />
gleich am Anfang meines<br />
deutschen Studiums Schüler<br />
gesucht, um festes Geld zu<br />
verdienen. Peu à peu habe ich<br />
auch nebenbei in verschiedenen<br />
Freiburger und schweizerischen<br />
Ensembles Orchester gespielt.<br />
Als ich nach Deutschland kam,<br />
lag es mir überdies am Herzen,<br />
meine eigenen Ensembles<br />
mit engagierten Künstlern zu<br />
gründen und mich in unseren<br />
möglichst unkonventionellen<br />
Projekten zu engagieren.<br />
Welche Kompromisse sind Sie<br />
bereit einzugehen, um sich<br />
existenziell abzusichern? Welche<br />
wären für Sie undenkbar?<br />
Meine Kompromisse sind, auf<br />
einen gewissen Lebensstil zu<br />
verzichten, um mich mehr in<br />
meine Weiterbildung beziehungsweise<br />
mein Barockstudium<br />
bei Prof. Karl Kaiser und<br />
in die Projekte meiner Ensembles<br />
vertiefen zu können. Da ich<br />
mich sehr auf Neue und<br />
Barockmusik konzentriere,<br />
brauche ich mehrere Instrumente.<br />
Auf den Kauf von<br />
Instrumenten oder Material<br />
(Noten, Bücher...) zu verzichten,<br />
fiele mir schwer. Wichtig ist<br />
mir auch die Flexibilität und<br />
Freiheit zu reisen: zu Proben,<br />
Konzerten, Ausstellungen und<br />
Aufführungen, eben um neue<br />
Kultur zu entdecken, aber auch<br />
meine Familie zu besuchen.