statement - HfMDK Frankfurt
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S T A T E M E N T<br />
Kathrin Berg, Studiengang<br />
Schauspiel, 3. Ausbildungsjahr<br />
Welche Rolle spielt(e) Geld in<br />
Ihrem Studium?<br />
Leider habe ich mir während<br />
meines bisherigen Studiums<br />
sehr oft Gedanken über das<br />
Geld machen müssen. Ich<br />
empfand dieses Thema schon<br />
immer als sehr belastend. Ich<br />
bekomme kein BaföG, weil ich<br />
vor dem Schauspielstudium<br />
schon eine Ausbildung<br />
absolviert und einige Semester<br />
studiert habe; deshalb unterstützt<br />
mich nun meine Familie.<br />
Das ist nicht sehr angenehm, da<br />
ich gerade in und nach der<br />
Ausbildung gut allein zurecht<br />
kam. Um meine Mutter<br />
wenigstens etwas zu entlasten,<br />
arbeite ich 15 Stunden im<br />
Monat als „Hiwi“ in der<br />
Hochschule und habe Wohngeld<br />
beantragt. Das ständige<br />
Telefonieren mit den entsprechenden<br />
Sachbearbeitern und<br />
die unzähligen Anträge sind<br />
auch einfach nur anstrengend<br />
und nervig. Im Dezember habe<br />
ich ein privates Stipendium<br />
erhalten, worüber ich wahnsinnig<br />
froh bin. Ich merke, dass es<br />
mir seitdem wesentlich besser<br />
geht. Ich muss nicht jeden<br />
Tag ausrechnen, wieviel Geld ich<br />
noch für Essen ausgeben darf,<br />
sondern geh einfach einkaufen.<br />
Das ist toll!<br />
Wann und wie ist das Bewusstsein<br />
gewachsen, finanziell von<br />
dem leben zu müssen, was Sie<br />
künstlerisch oder pädagogisch<br />
tun?<br />
Wenn damit gemeint ist, „wann<br />
habe ich gemerkt, dass ich<br />
mein Geld als Schauspielerin<br />
verdienen muss?“: Ich glaube,<br />
das muss ich nicht. Ich will<br />
es natürlich! Aber zu denken,<br />
dass es sein muss – das engt<br />
mich ein und macht mir Angst.<br />
Und das bringt mich nicht<br />
weiter. Außerdem habe ich in<br />
den letzten Jahren mit so vielen<br />
verschiedenen Jobs Geld<br />
verdient und verfüge über eine<br />
abgeschlossene Ausbildung.<br />
Welche Kompromisse sind Sie<br />
bereit einzugehen, um sich<br />
existenziell abzusichern? Welche<br />
wären für Sie undenkbar?<br />
Existenziell ist ein ziemlich<br />
großes Wort. Wenn ich die<br />
Wahl habe zwischen großen<br />
Idealen, die auf der Straße<br />
sitzen, und der Möglichkeit, die<br />
Miete mit einem Werbespot<br />
bezahlen zu können, würde ich<br />
wahrscheinlich Letzteres<br />
wählen, das heißt ich glaube,<br />
ich bin sehr kompromissbereit.<br />
Allerdings habe ich auch vor<br />
kurzem einen Job abgelehnt,<br />
weil das absolut nichts für mich<br />
war. Da ging es darum,<br />
Kartoffelchips für eine Fernsehsendung<br />
zu testen, und das<br />
wollte ich wirklich nicht, auch<br />
wenn es dafür Geld gegeben<br />
hätte. Ich werde immer versuchen,<br />
hinter dem stehen zu<br />
können, was ich tue, aber ich<br />
habe aufgehört, den Beruf<br />
zu idealisieren und zu glauben,<br />
dass ich von einer großen<br />
Bühne zur nächsten tanzen<br />
werde. Irgendwie finde ich das<br />
auch beruhigend.<br />
Erfüllung statt Geld<br />
Eine Studie hat ergeben, dass spätere Verdienst-<br />
möglichkeiten für Musiker keine entscheidende Studienmotivation<br />
sind<br />
Verdienstmöglichkeiten im Musikerberuf scheinen eine eher<br />
untergeordnete Rolle in der Motivation für ein Musikstudium zu<br />
spielen. Das jedenfalls belegt eine Studie von Heiner Gembris und<br />
Daina Langner, in der die Ergebnisse einer Befragung von 659 Ab-<br />
Absolventen von deutschen Musikhochschulen aus dem Jahr<br />
2003 ausgewertet wurden. „Von der Musikhochschule auf den<br />
Arbeitsmarkt“ lautet deren Veröffentlichung, aus der hier nachfolgend<br />
zitiert wird:<br />
„Bemerkenswert ist, dass alle Musiker die „musikalischen Entfaltungsmöglichkeiten“<br />
in der Wichtigkeit für ihre Studienmotivation<br />
an erste Stelle gesetzt hatten. Diese hatten sich aus der Sicht aller<br />
Musikergruppen auch am meisten „erfüllt“, d. h. in allen Gruppen<br />
für über 60 Prozent der Absvolenten.<br />
Wenn man sich die Mittelwerte auf der Skala der Wichtigkeit der<br />
Studienmotivation anschaut, fällt weiter auf, dass „musikalische<br />
Entfaltungsmöglichkeiten“ Mittelwerte zwischen 1.3 und1.5<br />
Skalenpunkten (auf einer Skala von 1 = sehr wichtig bis 5 = völlig<br />
unwichtig, Anmerkung der Redaktion) und eine geringe Streuung<br />
haben (also relativ einheitlich wichtig bis sehr wichtig sind),<br />
während alle anderen Motivationsaspekte immer (z. B. „Verdienstmöglichkeiten“)<br />
oder meistens („hohes Ansehen“) jenseits der<br />
Skalenmitte mehr oder weniger im Bereich des eher Unwichtigen<br />
liegen. (...) Eine Erklärung kann sein, dass Musiker intrinsisch<br />
motivierte Idealisten sind, denen die Musik und musikalische<br />
Entfaltungsmöglichkeiten über alles gehen, während z. B. materielle<br />
Aspekte in ihrer Bedeutung klar zurückgestellt werden. Inwieweit<br />
das wirklich so ist und in inwieweit z. B. Effekte der sozialen<br />
Erwünschtheit eine Rolle spielen, lässt sich nicht eindeutig<br />
feststellen.“<br />
Quelle: Gembris, Heiner/Langner, Daina: „Von der Musikhochschule<br />
auf den Arbeitsmarkt“,Wißner-Verlag Augsburg 2005<br />
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