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Man kann sich nie sicher

sein, dass es einem nicht

selbst passiert.

“ Mirjana, 17

rung hier geborener Kinder gestartet, die dazugehörige Petition

wurde bereits mehr als 35.000 Mal unterzeichnet. Die Menschenrechtsorganisation

fordert, dass die Staatsbürgerschaft

mit der Geburt automatisch verliehen wird, wenn zumindest ein

Elternteil schon 6 Jahre in Österreich lebt – ähnlich wie es etwa

in Deutschland der Fall ist. Zudem fordert die Petition, dass in

Österreich geborene Kinder, deren Elternteil kürzer hier lebt,

im Alter von 6 Jahren eine bedingungslose und kostenfreie

Staatsbürgerschaft erhalten. Dadurch sollen auch Fälle von

abgeschobenen Minderjährigen verhindert werden. „Es geht

darum, dass Kinder, die hier zur Welt kommen, als Österreicher

und Österreicherinnen die gleichen Rechte, die gleiche Anerkennung

und den gleichen Schutz durch den Staat haben“,

sagt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.

DER EWIGE KAMPF

Die Abschiebungen in Wien schockierten vor allem Jugendliche,

die sich mit den Betroffenen identifizieren können. Als

Mirjana von den Schicksalen der Kinder in der Zeitung las,

hatte sie trotz ihrer Aufenthaltsgenehmigung Angst, dass ihr

dasselbe drohen könnte. „Man kann sich nie sicher sein, dass

es einem nicht selbst passiert.“ Mirjana,

deren Eltern aus Serbien stammen,

ist in Wien geboren. Wie die

17-Jährige kommen jedes Jahr etwa

14.000 Menschen in Österreich zur

Welt, die keine österreichische Staatsbürgerschaft

erhalten und dadurch

weniger Rechte haben, so Pollak von

SOS-Mitmensch: „Das Thema wird

Viele junge Menschen passen

ihr Verhalten an die fehlende

Staatsbürgerschaft oder den

Migrationshintergrund an.

von Jahr zu Jahr dringlicher.“ Auch Aylin, Mirjanas Mitschülerin,

spürt plötzlich ein neues Gefühl der Angst, seit sie von den

Abschiebungen weiß. Ihre Eltern kommen ursprünglich aus der

Türkei und Versuche, die österreichische Staatsbürgerschaft

zu beantragen, scheiterten. Auch ihre Familie hat eine Aufenthaltsgenehmigung,

obwohl sie schon lange in Wien lebt. „Ich

werde oft von Verwandten gefragt, wieso ich die Staatsbürgerschaft

nicht habe, und ich kann es nicht ordentlich erklären“,

erzählt Aylin. „In solchen Momenten fühle ich mich, als

wäre ich nicht ein Teil von diesem Land. Es ist zwar nur Papier,

aber trotzdem.“ Aylin lebt seit 17 Jahren in Wien, sie ist hier

geboren und aufgewachsen. Als sie neben der Schule im Einzelhandel

tätig werden wollte, musste sie eine Arbeitserlaubnis

nachweisen.

Es ist nur Papier, aber es beeinflusst das gesamte Leben.

Nicht nur bürokratische Angelegenheiten sind komplizierter,

auch das Wohlbefinden und der soziale Umgang der Kinder

wird beeinträchtigt. Viele junge Menschen passen ihr Verhalten

an die fehlende Staatsbürgerschaft an. Manchmal hat

Mirjana den Eindruck, dass sie sich nicht schlecht benehmen

darf. Seit sie klein ist, hat sie das Gefühl, dass sie sich von

ihrer besten Seite zeigen muss. „Ich

darf nichts falsch machen, weil ich

Migrationshintergrund habe. Sonst

denkt man vielleicht schlecht von

mir oder hat Vorurteile.“ Auch Kani

fühlt sich in bestimmten Situationen

unter Druck gesetzt. „Wenn jemand

in der Schule mit mir diskutiert und

mich provozieren will, halte ich mich

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