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BIBER 03_21 Ansicht

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Tanya gründete OXUS, das erste persische Fernsehen für geflüchtete

Menschen aus Afghanistan in Österreich.

Hattest du Angst?

Ja, viel. Denn mein Leben warf zu viele

Fragen auf: Warum ich allein bin, was

ich für eine Familie haben muss, die mir

erlaubt, als Flüchtling allein zu kommen...

Deswegen habe ich die ersten fünf

Jahre Abstand zu meiner Community

genommen – bis ich 2015 zu biber in die

Akademie kam.

Wo hast du vor der biber-Journalismus-

Akademie gearbeitet?

Am Flughafen.

Wie war das für dich? Immerhin warst

du in deinem Leben davor ein Star mit

Chauffeur.

Psychisch war ich damals nicht gut

beieinander. Ich war in Afghanistan

„Jemand“. Ich war eine sehr bekannte

Frau, die aus einer bekannten Familie

kommt und auf einmal bin ich hier ein

Flüchtling, eine Afghanin, eine Muslima.

Das war sehr schwierig für mich. Und

auch wenn meine Arbeit am Flughafen

okay war, es war nicht meine Branche.

Also habe ich den Wiedereinstieg in

meinen Beruf gewagt – und bei der

Fairversity-Messe bin ich auf die biber-

Akademie gestoßen.

Du hast auch begonnen, dich in deiner

Community zu engagieren. Warum?

In den fünf Jahren Abstand von meiner

Community war ich meistens in der

österreichischen Gesellschaft unterwegs.

Da habe ich gemerkt: Alle haben mich

respektiert, bis sie sie erfahren haben,

dass ich aus Afghanistan komme. Dann

sind sie auf Distanz gegangen. Damals

habe ich mich gefragt, warum die Leute

so denken. Durch biber habe ich mehr

erfahren und auch mehr Nachrichten

gehört. Ich habe plötzlich realisiert,

welch negatives Image die Afghanen

in Österreich haben. Also habe ich

begonnen, etwas zu machen, um die

Integration der afghanischen Leute zu

beschleunigen und das negative Image

zu bekämpfen.

Was machst du genau bei deinem Medienprojekt

OXUS?

Ich mache die positiven Beispiele sichtbar.

In der afghanischen Community

Wenn du keine Familie,

keinen Bruder hier

hast, bist du dann noch

eine gute Frau?

haben wir genügend Jugendliche, die

etwas geschafft haben. Sie haben eine

Ausbildung, eine Arbeit… 30-40 Prozent

arbeiten in sehr guten Bereichen und

bringen gute Leistungen. Aber niemand

berichtet darüber. Nur wenn einer etwas

Schlimmes gemacht hat, dann explodiert

das wie eine Bombe und betrifft alle

Afghanen. Das ist schade. Deswegen

habe ich OXUS gegründet, das erste

persische Fernsehen für geflüchtete

Menschen aus Afghanistan in Österreich.

Einmal um zu informieren, was in Österreich

im Bereich Asyl, Integration und

Co passiert. Das zweite Ziel: Wir wollen

afghanische Jugendliche und Frauen

motivieren.

Wobei motivieren?

Afghanische Frauen sind in einer nichtoffenen

Gesellschaft aufgewachsen. Sie

wurden in Afghanistan stets unterdrückt.

Ob im Bildungsbereich, in der Arbeit und

in der Gesellschaft – Frauen werden diskriminiert.

Wenn sie nun hierherkommen,

dann wollen sie meist schnell heiraten.

Die Heirat steht im Mittelpunkt für

afghanische Frauen. Das ist Tradition. Sie

haben Angst, zu alt zu werden und dass

sie dann keiner mehr will. Deswegen ist

es auch für Familien sehr wichtig, dass

sie ihre Töchter schnell verheiraten.

Auch in Österreich?

Ja, auch für die meisten afghanischen

Frauen in Österreich. Karriere ist keine

wichtige Sache. Deswegen machen wir

bei OXUS Portraits und Reportagen über

starke Frauen, die zum Beispiel trotz oder

mit Mann und Kindern Karriere gemacht

haben und sich in der Community engagieren.

Wir erreichen damit wirklich gute

Aufrufzahlen: Zuletzt hat eine Reportage

eine halbe Million Aufrufe und 1.800

Shares gehabt. Und auch für Wirbel in

der Community gesorgt.

Worum ging es da?

Es war eine Reportage über eine Frau,

die in Wieneine erfolgreiche Unternehmerin

ist. Aber das Problem für

unsere Community war, dass sie einen

arabischen Mann geheiratet hat. Denn

Heiraten mit anderen Kulturen sind ein

Tabu für afghanische Frauen. Obwohl

ihr Ehemann Muslim war. Es ging um

seine Nationalität, er stammt aus dem

Irak. So wie für Österreicher Menschen

aus Afghanistan keine gute „Bewertung“

genießen, so ist das auch bei uns in

Afghanistan mit Ländern wie dem Irak.

Sehen die Frauen das auch so – oder

würden sie gerne einen Nicht-Muslim

oder Nicht-Afghanen heiraten?

Ich glaube, die afghanischen Frauen sind

offener als die Männer. Für eine gebildete

afghanische Frau ist es kein Problem

einen Mann aus einem anderen Land,

einer anderen Religion oder Kultur zu

heiraten. Aber trotzdem ist es schwer.

Weil sie damit ein anderes Bild in der

Gemeinschaft bekommen wird – ein

negatives.

In deinen zahlreichen Projekten gehst du

auch die Problematik der Analphabetin-

© OXUS TV

34 / EMPOWERMENT SPECIAL /

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