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MÜNCHEN<br />
03.<strong>2021</strong> І MÄRZ APRIL І HEFT 172<br />
FERNWEH<br />
Wir zeigen dir<br />
im Reise-Special,<br />
wo es schön ist<br />
COMEBACK<br />
Rag'n'Bone<br />
MÜNCHEN IM LOCKDOWN<br />
Wie queere Senioren<br />
die Krise meistern<br />
Man<br />
im exklusiven Gespräch<br />
03<br />
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1,90€<br />
INTERVIEWS: BONNIE TYLER, DAVID ZIMMERSCHIED, BIRDY, LONDON GRAMMAR,<br />
MADISON BEER, TRACY DASH, DANIEL GUTMANN
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INTRO 3<br />
Inhalt<br />
SZENE<br />
epaper.männer.media<br />
Alle Magazine online!<br />
4 München<br />
10 Fitness<br />
12 Stadtgespräch<br />
18 Kultur<br />
22 Mode<br />
24 Gesellschaft<br />
32 Stadtplan<br />
LEBEN<br />
34 Reise<br />
Gesundheit<br />
Film<br />
Musik<br />
Kunst<br />
Buch<br />
Servus,<br />
von Herzen wünschen wir uns, dass dies<br />
die letzte Lockdown-Ausgabe ist, die<br />
unser Team für euch produziert. Nach fast<br />
einem Jahr ständiger Einschränkungen wird<br />
es Zeit für unbeschwerte Begegnungen<br />
an den Orten unserer Community. Bitte<br />
denkt daran, wenn ihr ausgeht, dass diese<br />
Cafés, Bars, Restaurants und Geschäfte<br />
eure Unterstützung brauchen, um die<br />
schwierige Phase hinter sich zu lassen. Wir<br />
können es kaum erwarten, euch wieder<br />
über neue Kunst- und Kulturangebote<br />
Kostenlos<br />
zu informieren, und werden natürlich<br />
auf unseren Social-Media-Kanälen auch<br />
regelmäßig über den neusten Stand von<br />
Klubs und Cruising-Locations berichten.<br />
Auf in den Frühling!<br />
Deine LEO und männer* Redaktion<br />
Viel Spaß beim Lesen und Entdecken!<br />
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10. Deutsch- Öster reichischer<br />
AIDS-Kongress<br />
25.–27.03.<strong>2021</strong><br />
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4 MÜNCHEN<br />
NEUE MÜAH-VORSTANDSFRAU<br />
Lydia ist wieder da!<br />
Aus der Kommunalpolitik hatte sie sich<br />
2018 zurückgezogen, doch zumindest<br />
in der Vereinspolitik ist sie jetzt für die<br />
Community wieder aktiv: Lydia Dietrich,<br />
ehemalige Fraktionsvorsitzende der<br />
Münchner Grünen, engagiert sich seit<br />
diesem Jahr im Vorstand der Münchner<br />
Aids-Hilfe (MüAH).<br />
Das ist freilich kein Zufall: „Ich habe eine<br />
starke Bindung zu diesem Verein, denn<br />
er ist ein zentraler Ort im Gesundheitswesen<br />
der Landeshauptstadt, aber auch<br />
in der LGBTIQ*-Community“, so die<br />
60-Jährige, die als Geschäftsführerin<br />
der Frauenhilfe München tätig ist. Lydia<br />
war in ihrer 16-jährigen Stadtratszeit<br />
nicht nur gesundheitspolitisch aktiv,<br />
sondern kämpfte mit Nachdruck für<br />
Frauenrechte und setzte sich besonders<br />
für die queere Community ein. Mit dem<br />
ehemaligen MüAH-Geschäftsführer<br />
Thomas Niederbühl (Rosa Liste) bildete<br />
sie im Stadtrat über viele Jahre ein<br />
schlagkräftiges Doppel, das zahlreiche<br />
Projekte für die Rechte der LGBTIQ*-<br />
Szene durchsetzte. Ein perfekter<br />
Match also für die Münchner Aids-Hilfe.<br />
Das sieht auch Lydia Dietrich so: „Die<br />
Geschichte der MüAH hat mich schon<br />
immer emotional mitgenommen. Dabei<br />
ist die Institution nie in der Vergangenheit<br />
stehen geblieben, sondern hat sich<br />
fortwährend weiterentwickelt und auch<br />
über das Thema HIV/Aids hinaus nicht<br />
an Bedeutung verloren.“ Der Vorstand ist<br />
zusammen mit der Mitgliederversammlung<br />
das wichtigste Organ der MüAH.<br />
Genau an dieser Stelle möchte sie dafür<br />
sorgen, dass der Verein ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil des sozialen Münchens<br />
bleibt. „Das ist eine wirklich tolle Chance,<br />
mein Kämpferinnenherz endlich wieder<br />
für die Community schlagen zu lassen“,<br />
freut sich Lydia Dietrich. *bm<br />
FOTO: PRIVAT<br />
FOTO: CSD MÜNCHEN<br />
CSD-MOTTO GEFUNDEN<br />
PROUD. HUMAN.<br />
QUEER.<br />
Der Münchner CSD wird in diesem Jahr vom 3. bis 11. Juli stattfinden.<br />
Seit Kurzem steht auch das Motto fest: „Proud. Human. Queer.“ ging<br />
als Sieger aus dem öffentlichen Online-Voting hervor, bei dem knapp 1.500<br />
Stimmen abgegeben wurden.<br />
Etwa ein Drittel aller Stimmen<br />
entfielen auf diesen Vorschlag, der<br />
sich unter anderem gegen Slogans<br />
wie „Unite Diversity“ oder „Join Our<br />
Trans*Mission“ durchsetzte. „Wir<br />
sind alle Menschen, egal ob lesbisch,<br />
schwul, bi, trans*, inter*, egal, wie alt<br />
wir sind, welche Hautfarbe wir haben,<br />
von welchem kulturellen Hintergrund<br />
wir kommen, wie unser körperliches<br />
Vermögen ist. Und wir verdienen<br />
Respekt!“, hieß es dazu im Begleittext<br />
des anonymen Autors, der den<br />
Vorschlag unterbreitet hatte. Die<br />
Botschaft ist klar: Der Grundgedanke<br />
der Pride-Bewegung – Solidarität,<br />
gegenseitige Unterstützung – soll<br />
auch im zweiten Corona-Jahr im<br />
Zentrum des CSD stehen. Das<br />
überzeugte wohl auch die Mehrheit<br />
der Online-Voter. Öffentliche Kritik<br />
kam vom Verein Viva TS und dessen<br />
Gruppe Beyond Colour, die beide<br />
mangelnde Sichtbarkeit für trans*<br />
Menschen sowie People of Colour<br />
beklagten. „In unseren Augen ist<br />
das Motto zu unpolitisch und von<br />
keinem Fortschrittsgedanken<br />
getragen“, ist in einem offenen Brief<br />
des Viva-Vorstands zu lesen. „Es ist<br />
an der Zeit, dass ‚die Community‘<br />
über den Tellerrand schaut und sich<br />
für diejenigen einsetzt, die selber<br />
nicht die Privilegien und den Einfluss<br />
haben, alleine für ihre Belange<br />
einzustehen.“<br />
Die CSD GmbH hält aber weiterhin<br />
an ihrer Linie, nicht zuletzt am<br />
Mehrheitsbeschluss fest. „Unter dem<br />
Motto Proud. Human. Queer. laden<br />
wir nun alle ein, zusammenzukommen<br />
und die Themen anzugehen,<br />
die uns in diesen schwierigen Zeiten<br />
beschäftigen“, so CSD-Sprecherin<br />
Julia Bomsdorf. Der CSD soll pandemiebedingt<br />
wieder als Mischform aus<br />
analogen und digitalen Elementen<br />
daherkommen, wobei man die<br />
Live-Elemente verstärken möchte.<br />
Die dezentralen Demospots des<br />
letzten Jahres sind gesetzt, zurzeit<br />
wird auch über eine Fahrraddemo<br />
oder Aktionen auf Münchner Bühnen<br />
des Projekts „Sommer in der Stadt“<br />
diskutiert. Die PrideWeek, die dem<br />
eigentlichen CSD-Wochenende<br />
vorangeht, soll ausgeweitet und um<br />
zahlreiche Veranstaltungen erweitert<br />
werden.<br />
Alle Infos und Updates sowie Möglichkeiten<br />
des Engagements findet<br />
ihr auf der Website des CSD. *bm<br />
www.csdmuenchen.de
GAYGAMES 2026<br />
München ist im<br />
Finale!<br />
München ist noch im Rennen um die<br />
Ausrichtung der Gay Games 2026, des<br />
weltweit größten queeren Sport- und<br />
Kulturfestivals. Anfang Februar gab die<br />
Federation of Gay Games (FGG) die<br />
drei Städte bekannt, die den Endspurt<br />
bis November <strong>2021</strong> bestreiten: Neben<br />
München sind Valencia (Spanien) und<br />
Guadalajara (Mexiko) unter den Top 3. Die<br />
Konkurrenten aus Auckland, Brisbane,<br />
Taipeh, San Diego und Toronto schieden<br />
hingegen aus. „Wir waren überwältigt<br />
von dieser Nachricht“, so Beppo Brehm<br />
aus dem Vorstand des Gay Games 2026<br />
Munich e. V. „Viel Zeit zum Feiern haben<br />
wir jedoch nicht, denn jetzt muss es mit<br />
viel Energie in die entscheidende Phase<br />
unserer Bewerbung gehen.“ München<br />
stach bisher mit seiner inhaltlichen<br />
Qualität und einem großen Pool an<br />
Unterstützern hervor. Dazu zählen unter<br />
anderem neben der Landeshauptstadt<br />
und dem Olympiapark München der TUM-<br />
Campus im Olympiapark, die Firmen BMW<br />
und Siemens, außerdem Ex-Profifußballer<br />
und Manager Thomas Hitzlsperger sowie<br />
der FC Bayern München. Hinzu kommen<br />
zahlreiche Vereine und Personen aus der<br />
Münchner Community.<br />
Die zurückliegenden Monate waren für<br />
das Münchner Orga-Team geprägt von<br />
Meetings, Abstimmungen und Networking,<br />
nicht zuletzt der Erstellung des<br />
100-seitigen Bewerbungsbuchs und eines<br />
zwölfminütigen Präsentationsfilms. Nun<br />
muss bis zum 30. <strong>April</strong> ein erweitertes Bid<br />
MÜNCHEN 5<br />
Book produziert werden. Dem folgen mehrere<br />
Interviewrunden bei der FGG, bevor<br />
Anfang November die finale Präsentation<br />
und Abstimmung in Hongkong stattfindet.<br />
„Wir sind uns sicher: München darf sich<br />
berechtigte Hoffnungen machen!“, so<br />
Beppo Brem. *bm<br />
Alle Infos zur Münchner Bewerbung:<br />
www.gaygames2026munich.org<br />
FOTO: GAYGAMES26<br />
Mia hoidn zam!<br />
Dietmar Holzapfel<br />
und Josef Sattler,<br />
Deutsche Eiche.
6 MÜNCHEN<br />
CORONA<br />
UND SENIOREN<br />
FOTO: PETRA BORAK / PIXELIO.DE / CC0<br />
„So langsam fühle ich<br />
mich schon verloren“<br />
Neuperlach, Samstagnachmittag,<br />
15 Uhr. Ich bin im vierten<br />
Stock einer kleinen Wohnung<br />
in einem dieser typischen,<br />
monströsen Wohnblöcke aus den 1970er-<br />
Jahren. Die Einrichtung schlicht, die Wände<br />
grau, helles Holz, schwere Vorhänge,<br />
eine ballonförmige Deckenleuchte aus<br />
Papier, an der Wand gerahmte Poster impressionistischer<br />
Kunst. Fast schon wieder<br />
modern, wäre da nicht die Sammlung von<br />
Porzellanpapageien im Wandschrank und<br />
das Meer alter Kissen auf dem Sofa. Auf<br />
dem Glastisch eine French Press, gefüllt<br />
mit Kaffee, und Schokokrapfen, verziert<br />
mit lachenden Pappfiguren – es ist<br />
schließlich Faschingszeit. „Hier habe ich<br />
alle vier Wochen meinen schwulen Kaffeeklatsch<br />
veranstaltet, aber seit fast einem<br />
Jahr ist keiner mehr vorbeigekommen.“<br />
Der das erzählt ist Karl, 71, ein freundlicher<br />
älterer Herr und „guat beianand“,<br />
wie der Bayer sagt. „Ich will gar nicht das<br />
klassische Bild des einsamen Rentners<br />
mit Häkeldeckchen und Kanarienvogel<br />
bedienen, aber so langsam fühle ich mich<br />
schon verloren.“<br />
Ich bin sein erster Gast seit Langem.<br />
Der Freundeskreis, alles schwule<br />
Männer jenseits der 65, hat sich in<br />
Zeiten von Corona zurückgezogen. „Eine<br />
immobile Risikogruppe“, scherzt Karl.<br />
Nach Neuperlach seien sie ohnehin<br />
nie gern gekommen, man habe sich<br />
meist in der Stadt getroffen. Dort, wo<br />
die Wege kürzer, die Umgebung bunter,<br />
die Männer interessanter waren. Seine<br />
Verbindungsader in dieses Leben war<br />
die U-Bahn-Linie 5. „Ich bin meist bis<br />
zum Stachus gefahren und hab dann<br />
einen Spaziergang Richtung Glockenbachviertel<br />
gemacht.“ Doch seitdem die<br />
Kaufhäuser am Stachus keine Kunden<br />
mehr einlassen und die Cafés im Glockenbachviertel<br />
geschlossen sind, fährt<br />
er nur noch selten in die Stadt. „Vielleicht<br />
ganz gut so, U-Bahn-Fahren soll ja<br />
riskant sein zurzeit.“ In seinem Mietshaus<br />
kennt er kaum einen Nachbarn, „meist<br />
junge Familien aus anderen Ländern, die<br />
mit einem schwulen, alten Mann nicht<br />
viel anfangen können.“ Karl wohnte nur<br />
hier, sein Leben jedoch spielte sich hier<br />
nie ab – bis das Virus kam. Natürlich hat<br />
er ein Telefon und das klingelt auch ab<br />
und zu. Und natürlich hat er Internet, das<br />
ihn informiert und unterhält, aber soziale<br />
Kontakte macht er lieber persönlich.<br />
Außerdem: „Online-Dating mit 71? Das ist<br />
doch Quatsch!“ Karl macht die Pandemie<br />
nicht depressiv, er ist nicht niedergeschlagen<br />
und kann sich durchaus mit sich<br />
selbst beschäftigen. Aber diese Zeit nagt<br />
an ihm, das spürt man deutlich.<br />
„Lesben können<br />
besser mit der<br />
Krise umgehen“<br />
„Wir haben schon den Eindruck, dass<br />
gerade die Älteren aus der Community<br />
besonders unter der Corona-Situation<br />
leiden“, berichtet Anna Geiger. Sie<br />
ist Mitarbeiterin bei rosaAlter, der<br />
Beratungsstelle für LGBTIQ*-Senioren,<br />
die unter dem Dach der Münchner<br />
Aids-Hilfe angesiedelt ist. Menschen wie
Waltherstraße<br />
Karl rufen hier an, manchmal auch,<br />
wenn sie keine „echte“ Not haben.<br />
Doch in dem kleinen Büro, das sich<br />
die Sozialpädagogin mit ihren beiden<br />
Kollegen teilt, ist immer jemand, der<br />
ihre Lage versteht, der ihnen zuhört<br />
und meist praktische Informationen<br />
und Hilfen bereithält. „Unsere<br />
Klientel kommt in der Krise mit den<br />
gleichen Problemen wie vorher“, so<br />
Anna Geiger. Vor allem geht es um<br />
Hilfe bei Anträgen oder Formularen,<br />
Beratung im Umgang mit Behörden<br />
oder kniffligen Themen des Alltags.<br />
„Doch ihre Probleme erscheinen<br />
jetzt intensiver und gravierender,<br />
weil sie sie allein bewältigen müssen,<br />
seit die Kontakte eingeschränkt<br />
sind.“ Seit dem Lockdown haben<br />
sich die Anfragen bei rosaAlter<br />
deutlich erhöht. „Und Corona ist in<br />
jedem Gespräch ein Thema“, so die<br />
Sozialpädagogin. Kein Wunder, denn<br />
gerade bei älteren Menschen fänden<br />
soziale Kontakte im realen Leben statt.<br />
Schon eine kleine Plauderei mit der Verkäuferin<br />
vermittele da ein gutes Gefühl.<br />
Immerhin: Mit „richtig schweren Fällen“<br />
wie Suizidgedanken hatte sie es noch<br />
nicht zu tun. „Unsere Klientel hat viel<br />
mitgemacht: schwere Diskriminierung,<br />
die Aids-Krise, manche sogar noch<br />
den Krieg“, erzählt sie. „Daher nehmen<br />
viele von ihnen die Corona-Situation<br />
gelassener in der Überzeugung, dass es<br />
ihnen vergleichsweise noch immer ganz<br />
gut gehe.“ Interessant: Lesben scheinen<br />
innerhalb der LGBTIQ*-Community am<br />
Besten in der Lage zu sein, die Krise zu<br />
meistern. „Lesbische Frauen sind oft gut<br />
FOTO: INGA / PIXELIO.DE / CC0<br />
MÜNCHEN 7<br />
untereinander vernetzt und unterstützen<br />
sich gegenseitig“, so Anna<br />
Geiger. „Es geht ihnen nicht besser,<br />
aber sie können mit der Situation<br />
besser umgehen.“ Schwule Männer<br />
hingegen hätten ihre Ersatzfamilien<br />
oft in der Community gegründet und<br />
litten gerade jetzt unter der Nicht-<br />
Existenz ihrer sozialen Orte. Auch<br />
trans* oder inter Personen träfe die<br />
Krise oft besonders hart: Allzu häufig<br />
hätten sich Kinder und Familien von<br />
ihnen abgewendet, in der Community<br />
erführen sie oft zu wenig Unterstützung.<br />
Doch sie ist überzeugt, dass<br />
LGBTIQ*-Seniorinnen und -Senioren<br />
die Krise meistern können, wenn die<br />
Gesellschaft ihnen Achtsamkeit und<br />
Aufmerksamkeit entgegenbringt –<br />
und sie selbst optimistisch bleiben.<br />
Einen Rat, den Karl beherzigt: „Ich<br />
reiße mich zusammen und werde die<br />
Zeit schon überstehen.“ Er kann der<br />
Krise sogar mit Humor begegnen: „Ich<br />
lese jetzt viel, und erst dadurch habe ich<br />
bemerkt, dass meine Lesebrille dringend<br />
neu eingestellt werden muss. Zum Glück<br />
haben wenigstens die Optiker offen – am<br />
Montag habe ich also etwas vor!“ *bm<br />
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8<br />
MÜNCHEN<br />
THREE CITIES<br />
CHALLENGE<br />
Sportlich durch<br />
den Lockdown<br />
Der Winter macht den Lockdown nicht leichter. Doch Bewegung<br />
hilft und Gemeinschaft erst recht! Daher haben die Communities<br />
aus München, Kiew und Edinburgh die „Three City Challenge“ ins<br />
Leben gerufen, an dem sich LGBTIQ* und alle, die mit ihnen sympathisieren,<br />
beteiligen können.<br />
FOTO: MUNICHKYIVQUEER<br />
Ein sportlicher Wettkampf, der jede Menge Spaß und vor<br />
allem das lang vermisste Gemeinschaftsgefühl bringen soll.<br />
„Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen dafür nicht<br />
einmal super sportlich sein“, so Samantha Seymour vom<br />
Projekt Munich Kyiv Queer, die diese sportliche Challenge mit<br />
ihrem Kollegen George Austin-Cliff organisiert. „Wir heißen<br />
jede Sportart, jedes Niveau, jede Motivation willkommen!“<br />
Das Prozedere ist einfach: Die Interessierten melden sich auf<br />
der Webseite an und posten in geschlossenen Gruppen bei<br />
Facebook und Instagram ihre sportlichen Aktivitäten. Wie<br />
hart jemand trainiert und wie oft man davon berichtet, bleibt<br />
allen selbst überlassen. Allerdings gilt: Wer einen Preis gewinnen<br />
will für all die Mühen (als Belohnung gibt es Leckereien<br />
aus einem der beteiligten Länder), muss mindestens acht<br />
Mal etwas auf den sozialen Kanälen posten. „Ein bisschen<br />
Herausforderung darf schon sein!“, so Seymour.<br />
OUTREACH FÜR DIE GAY GAMES 2026<br />
Die Aktion hat übrigens einen weiteren Hintergrund: Die<br />
Stadt München hat sich für die Gay Games 2026 beworben.<br />
Sollte München den Zuschlag bekommen, würden man<br />
hier gerne Sportlerinnen und Sportler aus der Ukraine,<br />
insbesondere aus der Partnerstadt Kiew, begrüßen. Mit dem<br />
geplanten Outreach-Programm würden die Veranstalter<br />
Gäste, die sich die Teilnahmegebühren nicht leisten können,<br />
gezielt fördern. Die Three City Challenge schafft dafür eine<br />
Grundlage. Teilnehmen könnt ihr bis 30. <strong>April</strong>, Anmeldung<br />
und Infos unter munichkyivqueer.org. *bm<br />
NEUE WIRTIN IM OCHSENGARTEN<br />
„Ich bin eine gute Schwulenmutti“<br />
An der Tür prangt seit Jahrzehnten ein „Men<br />
only“-Schild. Hinter dieser Tür jedoch hat<br />
eine Frau das Ruder in der Hand – und das<br />
nicht zum ersten Mal. Mitte Januar übernahm<br />
Elke Seifert die schwule Traditionskneipe<br />
„Ochsengarten“.<br />
Nach Gusti Wirsing, die das Lokal 1967 als<br />
Leder- und Fetischkneipe gegründet hat<br />
und zehn Jahre lang führte, ist sie die zweite<br />
Frau an der Spitze der „Bullenherde“. Elke ist<br />
gebürtige Mannheimerin und ein weiblicher<br />
Tausendsassa, war sie in ihrem Leben doch<br />
schon als Bankkauffrau, Fitnesstrainerin,<br />
Bahnangestellte und Massagetherapeutin<br />
tätig. Dass sie jetzt Wirtin ist, hat sie ihrem<br />
Nachbarn zu verdanken. Der heißt Friedl<br />
Steinhauser und ist eine Legende in der<br />
schwulen Kneipenszene. Nach der „Teddy<br />
Bar“ hatte er bis in den Herbst 2020 den<br />
Ochsengarten geführt. „Ich wollte schon<br />
lange eine Bar haben“, erzählt Elke, „und<br />
beim Kaffee hatte mir Friedl mal gesagt,<br />
dass er sein Wirteleben aufgeben möchte.“<br />
Eine Chance, die sich die 53-Jährige nicht<br />
entgehen ließ. „Mir gefällt der Laden, das<br />
Viertel und sein Konzept“, so Elke, die mit<br />
einem Mann verheiratet ist und sich als<br />
bisexuell bezeichnet. „Und: Ich bin eine<br />
gute Schwulenmutti“, meint sie lachend.<br />
Sie stehe jedenfalls voll und ganz hinter der<br />
Tradition des Lokals. Deshalb soll sich dort<br />
auch nichts verändern. Zwar machen zurzeit<br />
noch zahlreiche Handwerker-Utensilien den<br />
Weg durch die Bar zu einem Hindernislauf,<br />
doch Elke beruhigt: „Hier wird nur geputzt!“<br />
So viel Liebe zu den alten Traditionen gefiel<br />
offenbar dem Vermieter von der Spaten-<br />
Franziskaner-Brauerei, die den „Ochsen“ in<br />
seiner bekannten Form erhalten möchte.<br />
Vom angestammten Personal will sich Elke<br />
nicht trennen. Die Barkeeper Andreas und<br />
André sind weiterhin dabei, außerdem wird<br />
sie selbst hinterm Tresen stehen. Jetzt stellt<br />
sich nur noch die Frage, wann wieder Leben<br />
in die Müllerstraße 47 einzieht. „Ich rechne<br />
nicht mit einer Wiedereröffnung vor Ostern“,<br />
meint Elke. Auch wenn es also noch etwas<br />
dauert, gibt es schon jetzt eine gute Nachricht:<br />
Münchens ältestes Schwulenlokal ist<br />
nach dem Lockdown wieder am Start! *bm<br />
Ochsengarten, Müllerstr. 47,<br />
täglich 20 – 3 Uhr, www.ochsengarten.de<br />
FOTO: BERND MÜLLER
MÜNCHEN<br />
9<br />
FOTO: DANIEL VON LOEPER<br />
MÜNCHNER AIDS-HILFE HAT NEUEN GESCHÄFTSFÜHRER<br />
Einsatz für LGBTI* und Vielfalt<br />
Die Münchner Aids-Hilfe (MüAH)<br />
hat seit Januar <strong>2021</strong> einen neuen<br />
Geschäftsführer: Dr. Tobias Oliveira<br />
Weismantel ist Journalist, PR-Berater und<br />
promovierter Theologe.<br />
Nach Studium und Lehre an der Uni<br />
Regensburg war er zunächst als Pressesprecher<br />
der Hochschule Augsburg und<br />
zuletzt acht Jahre als Geschäftsführer<br />
des Deutschen Katecheten Vereins (dkv)<br />
in München tätig. Vor Kurzem hat der<br />
44-Jährige dieses Amt nun bei der Münchner<br />
Aids-Hilfe übernommen. Für den Verein<br />
ist der Führungswechsel mehr als eine<br />
Personalie, er markiert eine Zeitenwende.<br />
Schließlich war der Name Münchner<br />
Aids-Hilfe fast seit ihrer Gründung mit dem<br />
Namen des Rosa-Liste-Stadtrats Thomas<br />
Niederbühl verbunden, der die Geschicke<br />
des Vereins rund dreißig Jahre lang prägte.<br />
Niederbühl schied Ende letzten Jahres aus<br />
persönlichen Gründen aus, um sich künftig<br />
ganz der politischen Arbeit zu widmen.<br />
Den theologischen Hintergrund haben<br />
beide gemeinsam. „Der Wechsel von einem<br />
katholischen Fachverband zur Münchner<br />
Aids-Hilfe ist für mich eine spannende<br />
Herausforderung“, so Oliveira Weismantel.<br />
Die nimmt er auch mit Blick auf seine<br />
Lebensgeschichte gern an. Der zweifache<br />
Vater lebte in einer heterosexuellen Ehe,<br />
bevor er sich vor etwa fünf Jahren outete.<br />
Mittlerweile ist der 44-Jährige ein zweites<br />
Mal verheiratet, diesmal mit einem Mann,<br />
genauer: einem Brasilianer, was auch sein<br />
Doppelname verrät. Nicht zuletzt aus<br />
diesen biografischen Gründen ist ihm der<br />
Job bei der MüAH eine Herzensangelegenheit.<br />
„Mittlerweile ist das Thema LGBTI*<br />
bedeutender Bestandteil meines Lebens<br />
und ich freue mich, das, wofür ich lebe und<br />
stehe, jetzt auch zu meinem Arbeitsfeld zu<br />
machen.“ In der Tat ist die MüAH mit ihren<br />
zahlreichen Angeboten für die Community<br />
oder auch als Mitveranstalter des CSD eine<br />
der wichtigsten Institutionen der queeren<br />
Szene. „Die MüAH ist ein Big Player in der<br />
Münchner Sozialgesellschaft und ich freue<br />
mich sehr darauf, ihn gemeinsam mit dem<br />
Vorstand in eine gute und nachhaltige<br />
Zukunft zu führen“, so Oliveira Weismantel.<br />
Wir wünschen gutes Gelingen! *bm<br />
LGBTIQ*-GEWALT IN BAYERN<br />
101 Fälle zu viel<br />
Lange hat es gedauert, bis in Bayern<br />
eine Anlaufstelle geschaffen wurde für<br />
queere Menschen, die Opfer von Diskriminierung<br />
und Gewalt geworden sind.<br />
Seit über einem Jahr gibt es diese Fachstelle,<br />
die im Münchner Sub e. V. unter<br />
dem Namen Strong! angesiedelt ist.<br />
Neben der bayernweiten Chat- und<br />
Telefonberatung hat sie es sich zur<br />
Aufgabe gemacht, Zahlen zu erheben, um<br />
LGBTIQ*-feindliche Vorfälle zu dokumentieren.<br />
Die Polizei in Bayern führt darüber<br />
keine eigene Statistik oder erfasst sie<br />
ohne besondere Kennzeichnung. In dem<br />
kürzlich veröffentlichten Jahresbericht<br />
2020 meldete Strong! 101 Fälle, doppelt<br />
so viele wie im Vorjahr. „Die Dunkelziffer ist<br />
aber erheblich höher“, warnt Michael Plaß,<br />
der zusammen mit seiner Kollegin Bettina<br />
Glöggler die Fachstelle führt. Die häufigsten<br />
Gewaltformen seien Beleidigungen<br />
und Lächerlichmachen, gefolgt von tätlichen<br />
Angriffen. Viele Opfer berichteten<br />
von Auswirkungen auf<br />
ihre Lebensqualität<br />
und litten neben den<br />
körperlichen Folgen auch<br />
unter Depressionen, Angstzuständen,<br />
Panikattacken oder<br />
sozialer Isolation. „Nicht wenige LGBTIQ*<br />
nehmen sich auch heutzutage noch das<br />
Leben!“, so Michael Plaß. Viel zu oft werde<br />
diese Gewalt einfach hingenommen.<br />
Daher lauten die wichtigsten Botschaften<br />
von Strong!: Meldet jede Form von Gewalt,<br />
und wer Hilfe und Unterstützung benötigt,<br />
soll sich, gern auch anonym, an diese<br />
Fachstelle wenden. Nur so kann man<br />
sich künftig ein realistischeres Bild über<br />
Gewalt und Diskriminierung von LGBTIQ*<br />
in Bayern machen. *bm<br />
Strong! LGBTIQ* Fachstelle gegen<br />
Diskriminierung und Gewalt,<br />
Tel. 089 856346405,<br />
Mail: michael.plass@subonline.org oder<br />
bettina.glöggler@subonline.org<br />
Michael Plaß<br />
GRAFIK:SUB/FRANK ZUBER<br />
Bettina Glöggler<br />
FOTOS: MARK KAMIN
10 FITNESS<br />
INTERVIEW<br />
FOTOS: ANNA-LENA EHLERS<br />
Peter macht dich fit<br />
für den Frühling<br />
Mit Peter Goebel arbeiten wir in der Redaktion schon seit Jahren zusammen. Allerdings ging es dabei immer<br />
um Musik, denn Peter ist in der PR-Branche für die Großen wie Kim Wilde und Kylie unterwegs. Dass er seit<br />
vielen Jahren auch als Personal Trainer für Fitness sorgt, nahmen wir zum Anlass, ihn auszufragen. *ck<br />
Für Sportmuffel wie mich klingen<br />
„Kettlebells, TRX Schlingentrainer,<br />
Foamroller ...“ etwas nach Folter ...<br />
Es sind definitiv keine Folterinstrumente<br />
(lacht), sondern unterstützen uns<br />
hervorragend beim Sporteln! Natürlich kann<br />
man auch ohne diese Tools viel erreichen,<br />
aber bei reinen Körpergewichtsübungen<br />
fehlt nach einer gewissen Zeit der<br />
entsprechende Reiz, um den Muskel<br />
weiter zu fordern. Daher setze ich gerne<br />
Tools wie Kettlebells, Medizinbälle oder<br />
Widerstandsbänder ein; je nachdem was<br />
der Kunde erreichen möchte. Und keine<br />
Sorge, es macht richtig viel Spaß damit zu<br />
trainieren. Mein Lieblingstool ist der TRX<br />
Schlingentrainer; mit diesem Gerät kann<br />
man prima den ganzen Körper trainieren<br />
und bearbeitet damit auch die tieferliegenden<br />
Muskeln, die oft vernachlässigt werden.<br />
Zudem muss die Coremuskulatur (Körpermitte)<br />
die ganze Zeit kräftig mitarbeiten.<br />
Brauch ich denn einen Personal<br />
Trainer dafür?<br />
Sicher kannst du viel in Eigenregie machen,<br />
wenn du dich auskennst.<br />
Allerdings hilft dir ein Personal Trainer<br />
insbesondere dadurch, dass er einen individuell<br />
auf deine Ziele abgestimmten Plan<br />
für dich erarbeitet, dich laufend motiviert<br />
und auch den Plan immer wieder an deine<br />
aktuelle Situation anpasst.<br />
Außerdem trainieren viele leider nicht<br />
richtig und schaden sich dabei, indem sie<br />
Übungen falsch ausführen. Eine richtige<br />
Bewegungsausführung ist super wichtig.<br />
Man merkt oft selbst gar nicht was für<br />
Fehlhaltungen man sich „antrainiert“ hat.<br />
Du bist auf funktionales Training<br />
spezialisiert. Was meint der Begriff?<br />
Beim Functional Training geht es nicht<br />
nur darum wie der Körper aussehen soll,<br />
sondern mehr um das Körpergefühl und<br />
was der Körper alles kann. Zum Functional<br />
Training gehören viele Elemente; sei es<br />
Kraft oder mehr Mobilität oder Agilität.<br />
Die Übungen unterstützen uns im Alltag<br />
– sei es eine Kiste richtig vom Boden<br />
aufzuheben oder etwas über Kopf ins<br />
Regal zu stellen. Sprich Functional Training<br />
kann jedem bei seinen alltäglichen Bewegungen<br />
helfen; vom Bürohengst bis zum<br />
Feuerwehrmann hilft es im Grunde dabei,<br />
dass der Körper seinen Job erfüllen kann.<br />
Du wirst nicht nur fit, sondern es verfolgt<br />
somit auch noch seinen Zweck. Und wenn<br />
sich nebenbei auch noch deine Figur<br />
verbessert, ist das ja auch ein schöner<br />
Nebeneffekt.<br />
Demnächst wird sich der erste<br />
Lockdown jähren und bei sehr vielen<br />
Leser*innen und bei mir sind die<br />
Jahresringe an Hüfte, Po und Bauch<br />
für 2020 dann doch etwas üppiger<br />
als normal ausgefallen. Wie bist Du<br />
selbst in dieser Zeit fit geblieben?<br />
Ja das höre ich von vielen meiner Kunden.<br />
Ich selbst habe zum Glück zu Hause<br />
viele Trainingsgeräte, mit denen ich im<br />
Lockdown trainiere. Aber auch Wasserflaschen,<br />
Bücher oder Kisten kann man ja als<br />
Gewichte nutzen Zudem besitze ich ein<br />
Rudergerät, mit dem man sehr gut arbeiten<br />
kann. Und Joggen um die Alster geht<br />
immer (nein schlechtes Wetter ist keine<br />
Ausrede!). Und glücklicherweise habe ich<br />
einen Sportplatz direkt vor meiner Haustür,<br />
den ich prima nutzen kann zum Training.
FITNESS<br />
11<br />
Peters Top 5 Tipps<br />
für einen fitten Nach-Lockdown-Frühling<br />
1.<br />
RAUS AN DIE LUFT<br />
Grade im Winter und im Frühling<br />
ist es für unser Immunsystem prima,<br />
wenn wir draußen an der frischen Luft<br />
trainieren. Wenn man erstmal losgelaufen<br />
ist, ist es doch auch gar nicht mehr<br />
schlimm, da es einem schnell warm wird.<br />
Am besten schon die Laufklamotten<br />
abends rauslegen, so dass man morgens<br />
gar nicht an ihnen vorbei kann. Wenn du<br />
Joggen nicht magst, dann suche dir eine<br />
andere Aktivität, die du an der frischen<br />
Luft ausüben kannst. Oder mache einen<br />
ausgiebigen Spaziergang; das bringt schon<br />
mehr als viele denken. Am besten mit dem<br />
besten Freund verabreden und gemeinsam<br />
gehen, dann kann man gleich Neuigkeiten<br />
austauschen oder gemeinsame Pläne<br />
schmieden.<br />
2.<br />
KALT DUSCHEN<br />
Eine kalte Dusche am Morgen<br />
weckt die Lebensgeister, erfrischt und<br />
stärkt auch unser Immunsystem. Erstmal<br />
langsam rantasten; fang mit warmem Wasser<br />
an und langsam immer kälter duschen.<br />
Fang bei den Füßen an und dann weiter<br />
nach oben. Steigere mit der Zeit die Dauer<br />
des Kaltduschens, bis du eine Minute oder<br />
länger durchhältst. Gerne kannst du auch<br />
Wechselduschen, sprich wechsle öfter<br />
zwischen heißem und kaltem Wasser hin<br />
und her. Du bist danach so richtig schön<br />
wach und voller Tatendrang. Nach dem<br />
Laufen draußen empfehle ich aber eher<br />
eine heiße Dusche oder ein heißes Bad zur<br />
Belohnung.<br />
3.<br />
ZIELE SETZEN<br />
Setze dir ein Ziel, das du dieses<br />
Jahr erreichen möchtest. Was liegt dir<br />
wirklich am Herzen, für was brennst du?<br />
Bei der Umsetzung empfehle ich dir die<br />
bewährte WOOP Methode, die steht für<br />
Wish (Wunsch), Outcome (Ergebnis),<br />
Obstacle (Hindernis) und Plan (Plan). Hierbei<br />
geht es darum sich der Hindernisse,<br />
die uns am meisten vom Erfüllen unseres<br />
Wunsches abhalten, zu Nutze zu machen,<br />
indem man sich zunächst die Hindernisse<br />
vorstellt und sich dann überlegt, wie man<br />
diese effektiv überwinden kann, wenn sie<br />
auftauchen. Das Prinzip wirkt in vielen<br />
Bereichen. Ob beim Wunsch Gewicht zu<br />
reduzieren oder Stress abzubauen, egal<br />
was für einen Wunsch du hast, probiere die<br />
Methode mal aus. (woopmylife.org)<br />
4.<br />
ESSGEWOHNHEITEN SCHRITT<br />
FÜR SCHRITT ÄNDERN<br />
Schreib mal eine Woche detailliert auf,<br />
was du alles in der Zeit gegessen und<br />
getrunken hast. Schau dir einmal an, wann<br />
du was gegessen hast. Warst du wirklich<br />
hungrig oder hast du aus irgendeinem<br />
Frust heraus z.B. Süßigkeiten gegessen<br />
oder aus Langweile genascht? Werde dir<br />
bewusster, was hinter deinem Essverhalten<br />
steckt. Nimm dir nicht vor, von heute auf<br />
morgen alle schlechten Essgewohnheiten<br />
auf einmal zu verändern, das funktioniert<br />
meist auf Dauer nicht. Nimm dir Zeit und<br />
versuche Schritt für Schritt Gewohnheiten<br />
zu ändern und dich gesünder zu ernähren.<br />
Sei es, dass du Softdrinks weglässt<br />
und gegen Wasser austauschst oder<br />
die Vollmilchschokolade gegen dunkle<br />
Schokolade (ab 70 % Kakaogehalt). Von<br />
reinen Verboten halte ich wenig, dadurch<br />
wird deine Lust auf die Lebensmittel erst<br />
recht angeheizt.<br />
5.<br />
SEI DANKBAR FÜR DAS<br />
ERREICHTE<br />
Zum Schluss noch ein Tipp. Wie oft<br />
vergleichen wir uns mit anderen Menschen,<br />
die vermeintlich besser ausschauen, mehr<br />
Muskeln haben, mehr Erfolg oder Glück im<br />
Leben haben. Lass es einfach mal sein, dich<br />
ständig mit Anderen zu vergleichen, sondern<br />
arbeite kontinuierlich daran, zur besten<br />
Version deiner selbst zu werden. Kümmere<br />
dich um deinen Körper und deinen Geist; sei<br />
dankbar dafür was du schon erreicht hast<br />
und gehe deinen Weg weiter, um täglich<br />
besser zu werden in deiner Entwicklung.<br />
Du wirst merken, dass es sehr befreiend<br />
ist, wenn du dich von dem Vergleichen mit<br />
Anderen lossagst und wirst dadurch viel<br />
entspannter durchs Leben gehen.<br />
www.getfit-stayfit.de
12 STADTGESPRÄCH<br />
FOTO: ELEA BANK / UNSPLASH.COM / CC0<br />
KOLUMNE VON<br />
FELIX MÜLLER<br />
Münchner Verkehrs-Chaos<br />
In seiner kommunalpolitischen Kolumne<br />
schreibt AZ-Lokalchef Felix Müller diese<br />
Woche über einen Riesenkrach in der<br />
Rathauskoalition, eine parkplatzfreie Maximilianstraße<br />
und Bier, das am Gärtnerplatz<br />
wieder erlaubt ist.<br />
Eine Verkehrswende haben Grüne und<br />
Rote versprochen. Klingt ambitioniert, ist<br />
es auch. Könnte in Zeiten wegbrechender<br />
Gewerbesteuereinnahmen aber am<br />
fehlenden Geld scheitern. Und: am<br />
Krach innerhalb der Fraktion. Denn<br />
dort läuft gerade beim Thema Verkehr<br />
vieles überhaupt nicht rund. Beispiel<br />
Tunnelbauten. Den Grünen ist der Neubau<br />
von Autoröhren schon lange ein Graus. Der<br />
Koalitionsvertrag ist auch recht eindeutig:<br />
Tunnel soll es nicht mehr geben. Der SPD<br />
aber ist es wurscht. Zur Not werde man<br />
einen Tunnel an der Schleißheimer Straße,<br />
den BMW fordert, auch ohne die Grünen<br />
beschließen, hat SPD-Fraktionschefin<br />
Anne Hübner in der AZ angekündigt.<br />
Wumms! „Wir als SPD machen keine<br />
ideologische Verkehrspolitik“, sagte sie.<br />
„Das, was notwendig ist, um den Industriestandort<br />
zu sichern, werden wir auch tun.“<br />
Zuvor hatte sich der Verkehrs-Krach schon<br />
an Tempo 30 entzündet. Das fordern die<br />
Grünen für die ganze Stadt (mit einzelnen<br />
Ausnahmen, etwa auf dem Ring). Die<br />
SPD schäumte, von „blindem<br />
Autohass“ war die Rede. Ein<br />
Ende der Debatte: nicht<br />
absehbar.<br />
Manchmal aber ist man<br />
sich auch einig, sogar in<br />
der Verkehrspolitik. So<br />
sollen auf der Luxus-<br />
Meile Maximilianstraße<br />
alle Parkplätze wegfallen<br />
– und das werden sie<br />
wohl auch, Grüne und Rote<br />
verfügen gemeinsam schließlich<br />
über eine bombensichere Stadtratsmehrheit.<br />
Die CSU ätzt. „Einkaufsgäste an der<br />
Maximilianstraße reisen doch nicht mit<br />
der Tram an!“, sagte CSU-Fraktionschef<br />
Manuel Pretzl.<br />
Und so sieht der konkrete Plan aus:<br />
Als Erstes soll die Stadt erarbeiten,<br />
wie bis 2022 der Abschnitt zwischen<br />
Residenzstraße und Marstallstraße von<br />
Verkehr befreit werden kann. Dann sollen<br />
alle öffentlichen Stellplätze entfallen.<br />
Außerdem wollen Grüne und SPD einen<br />
Architektenwettbewerb für eine<br />
Neugestaltung der Maximilianstraße und<br />
des Max-Joseph-Platzes ausloben.<br />
Der, also der Platz vor der Oper, ist<br />
so ziemlich das Gegenteil des<br />
Gärtnerplatzes, an dem sich<br />
so viel städtisches Leben<br />
abspielt. In normalen<br />
Zeiten. Während Corona<br />
ist alles etwas anders.<br />
Immerhin: Ein Helles im<br />
Stehen ist wieder erlaubt.<br />
Die Stadt ist mit einem<br />
stadtweiten Alkoholverbot<br />
– wieder mal – gescheitert.<br />
Gerichtlich wurden solche<br />
Verbote bayernweit aufgehoben.<br />
Nachdem KVR-Chef Thomas Böhle (SPD)<br />
das zunächst ignorieren wollte, musste er<br />
nun doch nachbessern und einzelne Orte<br />
definieren. Und da ist der Gärtnerplatz,<br />
etwas überraschend, nicht mehr dabei<br />
– die Stadt verbietet Alkohol analog zur<br />
Maskenpflicht in der Fußgängerzone und<br />
unmittelbar anschließenden Bereichen wie<br />
dem Stachus-Untergeschoss und dem<br />
Viktualienmarkt. Im Glockenbach aber ist<br />
trotz Pandemie das Weg-Bier tags vorerst<br />
wieder erlaubt. Ein kleines Schrittchen in<br />
Richtung Normalität. Immerhin.<br />
FOTO: PRIVAT
13<br />
Wir machen uns stark!<br />
Für Lesben, Schwule, Bi, Trans * und Inter *<br />
Als Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTI*<br />
ist es unser Ziel, die LGBTI*-Community in München<br />
zu stärken und Benachteiligungen abzubauen.<br />
Wir machen uns stark. Für LGBTI*.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
muenchen.de/lgbti<br />
Wir helfen und<br />
informieren gerne.<br />
OFFEN - FREUNDLICH - SYMPATHISCH<br />
ÖFFNUNGSZEITEN<br />
Montag - Freitag: 08:00 - 18:30<br />
Samstag: 9:00 - 13:00<br />
Ist die Welle noch so steil,<br />
a bisserl was geht allerweil.<br />
www.az-muenchen.de/abo<br />
Isartorplatz 6 | 80331 München<br />
Telefon: (089) 21 99 29 - 0<br />
Telefax: (089) 21 99 29 - 19<br />
E-mail: isator.apo@t-online.de<br />
www.isartor-apotheke.de
14 STADTGESPRÄCH<br />
INTERVIEW<br />
GLORIA<br />
GLAMOUR:<br />
„Den ausgrenzenden<br />
Rassismus ...“<br />
FOTO: KLAUS GRUBER PHOTOGRAPHY<br />
Wir sprachen mit der Dragqueen<br />
über Rassismus damals<br />
und heute.<br />
Wie hast du in deinem Leben schon<br />
Rassismus erlebt?<br />
Ich bin sehr gut behütet in einem Dorf<br />
bei Bonn aufgewachsen, umgeben von<br />
Akademikern, da gab es eher eine Form<br />
des positiven Rassismus; Es galt als toll,<br />
Menschen mit anderen Hintergründen im<br />
Freundeskreis zu haben. Den ausgrenzenden<br />
Rassismus habe ich erst später erlebt,<br />
als ich eine Wohnung gesucht habe.<br />
Wie das?<br />
Der Makler öffnete die Türe, sah mich und<br />
sagte: Die Wohnung ist vergeben. Ich habe<br />
das erst gar nicht auf mich bezogen, doch<br />
Freunde machten mich darauf aufmerksam,<br />
dass, wenn die Wohnung vergeben<br />
gewesen wäre, man mich erst gar nicht<br />
eingeladen hätte. Mein Nachname ist sehr<br />
deutsch, womöglich hat der Makler einen<br />
anderen Menschen erwartet.<br />
Sehr deutscher Nachname, hm, das<br />
klingt ja, als ob du auch den Gedanken<br />
deutsch = weiß hast.<br />
Hm, ganz frei bin auch ich nicht davon.<br />
Man erwartet bei Schmidt, Maier, Müller<br />
tatsächlich einen Weißen.<br />
Als Gloria Glamour sagst du gerne,<br />
dass du eine Diva mit schwarzem<br />
Humor bist. Ein absichtliches<br />
Wortspiel?<br />
Ich meine das Schwarzhumorige eines<br />
Kabarettisten. Das Wortspiel ist aber<br />
in der Tat entstanden, weil ich die<br />
heutige Form der Political Correctness<br />
erschütternd finde. Ich finde sie mitunter<br />
ausgrenzender als früher. PoC, Person<br />
of Color: Da wird mir als VERMEINTLICH<br />
Betroffener gesagt, wie ich mich zu<br />
nennen habe. „Farbiger“ ist nun politisch<br />
inkorrekt, es werden immer neue Termini<br />
erschaffen, die die Leute verunsichern,<br />
das wirkt mitunter ausgrenzend, weil<br />
die Leute gar nicht wissen, wie man ins<br />
Gespräch kommen kann, ohne einen<br />
Fehler zu machen. Im Waldschlösschen<br />
hatte ich einen Workshop gegeben:<br />
„Schwarz, schwul und auch noch Drag?!“,<br />
da kam ein „überprivilegierter“ Cis-Mann<br />
rein – er betonte das immerzu –, der mich<br />
darauf ansprach, dass ich mich ja hier sehr<br />
unwohl fühlen müsse unter all den „Hellhäutigen“.<br />
Die Wörter „überprivilegierter“<br />
und „Hellhäutigen“ haben mich furchtbar<br />
aufgeregt. Und ob es okay sei, dass er<br />
Tunnel-Piercings im Ohr hat ... Wegen<br />
kultureller Aneignung. Da habe ich gesagt:<br />
Solche Gedanken hatten wir schon vor<br />
achtzig Jahren! Unter dem Deckmäntelchen<br />
der Political Correctness hat er mich<br />
rassistisch ausgegrenzt.<br />
Was würdest du dir denn wünschen?<br />
Dass man Hautfarben gar nicht mehr thematisiert.<br />
Die Gloria ist ein Mensch, Ende.<br />
Man sagt ja auch nicht die Schuhgröße<br />
eines Menschen dazu ... Aber ich bin selber<br />
nicht frei von Vorurteilen: Ich saß in einer<br />
Eckkneipe mit einem jungen Mann mit<br />
extremem Berliner Dialekt, aufgewachsen<br />
war er in der DDR. Ich frug ihn, wie er heißt,<br />
er hatte meine Hautfarbe. Er sagte, er heiße<br />
wie Glenn Miller, nur mit ü. Ich sagte dann:<br />
„Glünn ist aber ein komischer Vorname.“ Ich<br />
konnte mir also selbst nicht vorstellen, dass<br />
jemand Müller heißt mit dieser Hautfarbe.<br />
Streitthemen künstlerische Freiheit,<br />
besonders Satire.<br />
Kunst darf polarisieren, sollte aber nicht zu<br />
weit gehen. Trash-TV lebt von Menschen,<br />
die polarisieren, es gibt aber Grenzen. Bitter<br />
in Erinnerung ist mir, dass Désirée Nick<br />
Barbara Becker rassistisch angegriffen hat<br />
und jetzt den Moralapostel spielt. Sie hatte<br />
Barbara Becker unterstellt, sich heller zu<br />
machen. Das geht zu weit! Vor 15 Jahren<br />
war die Situation wohl noch anders, es<br />
machte sich keiner Gedanken drüber. Oder<br />
auch in dem Film „Kevin allein zu Haus“, in<br />
dem das N-Wort gesagt wird als Gag.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
gloriaglamour.com, www.facebook.com/<br />
GloriaGlamourEntertainment
v<br />
KONTROVERS<br />
Macht ein Migrationshintergrund<br />
homophob?<br />
Eine repräsentative Umfrage zu Einstellungen, Glaube und<br />
Wertorientierungen von Deutschen ohne Migrationshintergrund,<br />
Spätaussiedlern und Migranten aus Polen, Russland<br />
und der Türkei hat die CDU-nahe Konrad-Adenauer-<br />
Stiftung veröffentlicht. Die Ergebnisse lassen die Server<br />
der unsozialen Medien glühen.<br />
EHE FÜR ALLE VON JEDEM ZWEITEN ABGELEHNT<br />
Eine deutliche Trennlinie zwischen Deutschen mit<br />
und ohne Migrationshintergrund bildet die Einstellung<br />
zu gleichgeschlechtlichen Ehen, die nur eine geringe<br />
Minderheit der Deutschen ohne Migrationshintergrund<br />
ablehnen. Unter Russischstämmigen sowie Spätaussiedlerinnen<br />
und Spätaussiedlern werden gleichgeschlechtliche<br />
Ehen schon von nahezu jedem und jeder Zweiten<br />
abgelehnt. Unter Türkischstämmigen findet sich sogar<br />
eine Mehrheit von 60 Prozent, die gleichgeschlechtliche<br />
Ehen ablehnt.<br />
Studienmacher*innen schreiben, dass „Religiosität<br />
tendenziell und vor allem bei Deutschen ohne Migrationshintergrund<br />
eher konservative und soziale Werte<br />
verstärkt, während hedonistische und materialistische<br />
Werte entweder nicht beeinflusst oder in manchen Gruppen<br />
verringert werden.“ Die Bestätigung für alle unseren<br />
liebgewonnen Vorurteile also?<br />
wir<br />
sind<br />
Forum<br />
Empirische<br />
Sozialforschung<br />
da<br />
Was eint die<br />
Einwanderungsgesellschaft?<br />
Eine repräsentative Umfrage zu Einstellungen, Glaube<br />
und Wertorientierungen von Bürgerinnen und Bürgern<br />
mit und ohne Migrationshintergrund<br />
Sabine Pokorny, Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff<br />
www.kas.de<br />
VORSICHT, DENKFALLE!<br />
Religiosität ist mehr als der Islam, an den sicher selbst<br />
viele hinnerk Leser*innen jetzt reflexartig denken. Und<br />
wir wollen auch nicht verleugnen, dass extrem religiöse<br />
türkischstämmige Deutsche mit Migrationshintergrund<br />
mit 78 Prozent die Ehe zwischen Homosexuellen „nicht<br />
gut“ finden, aber: Von den Deutschen mit russischem<br />
Migrationshintergrund lehnen dies 100 Prozent ab.<br />
Vergleichbare Studien zum Beispiel von der Bertelsmannstiftung<br />
oder der äußerst umfangreiche und gründliche<br />
Berlin-Monitor kommen übrugens auch auf ähnliche<br />
Rohdaten, schaffen es aber besser als die Adenauer-<br />
Fachleute, diese in den historischen und vor allem den<br />
sozialen Kontext einzubinden. *ck<br />
LIvesTreAms<br />
von unserer Bühne<br />
in Ihr Wohnzimmer<br />
Alle Infos und Termine unter<br />
www.gaertnerplatztheater.de
16 STADTGESPRÄCH<br />
FOTO: SIMONE M. NEUMANN<br />
INTERVIEW<br />
Rechte unter dem Regenbogen?<br />
Die Goethe-Uni will das erforschen!<br />
„Homo-, bisexuell und<br />
rechtskonservativ: vereinbar<br />
oder widersprüchlich?“ So der<br />
Titel der Forschungsarbeit eines<br />
Master-Projektes im Institut für<br />
Ethnologie an der Goethe-Universität<br />
Frankfurt am Main, für das<br />
Interviewpartner*innen gesucht<br />
werden.<br />
Maryna Nathkir studiert dort Sozial- und<br />
Kulturanthropologie und sucht für das<br />
Projekt zum Beispiel AfD-Wähler*innen<br />
aus der LGBTIQ*-Community. Nicht nur<br />
die notwendige Debatte um Nina Queer,<br />
sondern – und das ist auch außerhalb<br />
des Trash-TV-Kosmos relevant – die Gays<br />
for Trump oder die Homosexuellen in der<br />
AfD bis hin zur lesbischen Oppositionsführerin<br />
im Bundestag, der Co-Vorsitzenden<br />
der AfD-Fraktion Alice Weidel, genauso wie<br />
mehrere Wahlumfragen unter Queers zeigen,<br />
dass die wissenschaftliche Forschung<br />
zu diesem Themenkomplex überfällig ist.<br />
Wir bitten um Aufmerksamkeit und haben<br />
mit Maryna Nathkir über ihre Motivation<br />
gesprochen.<br />
Warum interessierst du dich dafür,<br />
dass Queers rechtspopulistisch<br />
wählen?<br />
Wenn sich Menschen über mein<br />
Forschungsvorhaben erkundigen, runzeln<br />
sie öfters die Stirn und fragen dann, ob<br />
ich lesbisch bin oder zu einem rechten<br />
Gedankengut neige. Dann antworte ich,<br />
dass weder meine sexuelle Orientierung<br />
noch meine politischen Ansichten damit<br />
zu tun haben, es geht um reine wissenschaftliche<br />
Neugier. Es fing mit zufälligen<br />
Online-Artikeln über homosexuelle<br />
AfD-Politiker*innen an, in welchen die<br />
Widersprüchlichkeit stark hervorgehoben<br />
wurde. Dabei kommen nur wenige Menschen<br />
auf den Gedanken, dass auch ein<br />
gewisser Anteil von Schwulen und Lesben<br />
die AfD-Partei wählt und unterstützt. Das<br />
häufige Gefühl des Widerspruchs sowie<br />
die Frage nach politischen Beweggründen<br />
homosexueller AfD-Wähler*innen und<br />
–Unterstützer*innen haben mich letztendlich<br />
dazu bewegt, mich mit diesem Thema<br />
gründlich auseinanderzusetzen.<br />
Auf was müssen/dürfen sich<br />
Teilnehmer*innen einstellen?<br />
Ein Verhör, ein Interview, einen<br />
Fragebogen?<br />
Der Hauptteil meiner Forschung besteht<br />
aus qualitativen Methoden. Dabei<br />
stellen halbstrukturierte Interviews und<br />
offene Gespräche eine zentrale Rolle<br />
dar. Davon abgesehen beweist sich auch<br />
eine Online-Umfrage als eine geeignete<br />
Methode, um – mithilfe offener Fragen<br />
unter dem Schutz der Anonymität –<br />
näher zum Kern der Forschungsfrage zu<br />
kommen.<br />
Wie wird das Interview geführt?<br />
Es bestehen drei Möglichkeiten der<br />
Durchführung eines Interviews: online<br />
durch Chats, soziale Medien u. a., durch<br />
ein Telefonat oder in Präsenz. Ich richte<br />
mich meistens nach den Wünschen meiner<br />
Kontaktpersonen. Bei den letzteren<br />
zwei Optionen werden die Gespräche<br />
aufgenommen und anschließend<br />
transkribiert. Alle Informationen werden<br />
anonymisiert. Vor jedem Interview lege<br />
ich eine von mir unterschriebene Datenschutzerklärung<br />
vor.<br />
Ist es für dich schwierig, in den<br />
Interviews Distanz zu halten, also<br />
neutral zu bleiben?<br />
Als Wissenschaftlerin strebe ich danach,<br />
die Forschung möglichst neutral durchzuführen.<br />
Dazu gehören selbstverständlich<br />
auch Interviews. Die Meinung von jeder<br />
einzelnen Person wird gehört und berücksichtigt,<br />
ohne dabei die nötige Distanz zu<br />
verlieren.<br />
Teilnahmeinteressierte können sich<br />
unter maryna.natkhir@gmail.com bei<br />
Maryna melden
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FEBRUAR <strong>2021</strong><br />
AUSGABE 1<br />
LGBTIQ* UND<br />
GEWALT<br />
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HIV UND CORONA<br />
Was Positive jetzt<br />
wissen müssen<br />
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Missverständnisse,<br />
Fragen und Fakten<br />
SEX OHNE<br />
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Der Weg ist das Ziel<br />
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GESCHLECHTSANGLEICHENDE OPERATIONEN: München ist ein Mekka<br />
CHEMSEX: Sehr intensiv und sehr problematisch<br />
FLEISCHLOS GLÜCKLICH: Gute Gründe, um vegetarisch zu leben DEUTSCH · ENGLISH
18 KULTUR<br />
FOTO: LUKAS WATZKE<br />
FOTO: CHISTIAN POGO ZACH<br />
SÄNGER DANIEL GUTMANN<br />
SPORTLICHER BARITON<br />
Kaum in München angekommen,<br />
traf den Sänger schon<br />
der Corona-Lockdown. Dennoch hat<br />
sich Daniel Gutmann am Gärtnerplatztheater<br />
bereits einen Namen<br />
gemacht. Wie Kunst in Coronazeiten<br />
funktionieren kann und was<br />
den 29-Jährigen darüber hinaus<br />
ausmacht, erzählt er uns hier.<br />
Daniel, als Sportwissenschaftler bis<br />
du vermutlich der Fitteste unter den<br />
Sängern des Gärtnerplatztheaters …<br />
(lacht) Das würde ich so nicht behaupten.<br />
Aber Sport hat in der Tat immer eine große<br />
Rolle in meinem Leben gespielt. Er war quasi<br />
mein „Plan B“, sollte es mit der künstlerischen<br />
Karriere nicht hinhauen. Deshalb habe<br />
ich das Studium der Sportwissenschaften<br />
auch beendet.<br />
Nun scheint die künstlerische Karriere<br />
zu funktionieren. Bist du dennoch<br />
sportlich aktiv?<br />
Auf jeden Fall! Ich spiele Fußball, liebe die<br />
Leichtathletik und trainiere (wenn möglich)<br />
auch im Fitnessstudio. Ich finde, über das<br />
Körperliche hinaus formt Sport auch Persönlichkeit<br />
und Psyche. Man eignet sich Disziplin<br />
an, trainiert das Durchhaltevermögen und<br />
lernt, mit Niederlagen und Rückschlägen<br />
umzugehen. All das kann ich in meinem<br />
Beruf gut nutzen.<br />
Du warst Anfang Februar in der<br />
Wiederaufnahme der Oper „La<br />
Cenerentola“ zu sehen. Wie kann das<br />
sein in Lockdownzeiten?<br />
Wir haben das Glück, Livestreams senden<br />
zu dürfen. Es ist super, dass wir was machen<br />
und damit auch eine Botschaft rausschicken<br />
können. Ich merke an allen Ecken und Enden,<br />
dass den Leuten Live-Erlebnisse fehlen und<br />
dass sie dem viel Wertschätzung entgegenbringen.<br />
Das war vielen vor Corona vielleicht<br />
gar nicht so klar. Mit den Streams können wir<br />
das wenigstens ein bisschen ausgleichen.<br />
Taugt dir die Rolle des Dandini?<br />
Auf jeden Fall. Es ist ja quasi eine Doppelrolle<br />
als Diener und Herr. Vom Spiel her also<br />
abwechslungsreich und sängerisch sehr<br />
anspruchsvoll: Auf der Partitur sind so<br />
viele Noten, dass das Blatt mehr schwarz<br />
als weiß ist! Die Inszenierung von Brigitte<br />
Fassbaender ist klassisch modern, frisch<br />
und lebendig – das macht schon viel Spaß.<br />
Dennoch: Vor digitalen Kameras zu spielen<br />
mit nur wenigen Menschen im Saal, das ist<br />
schon seltsam. Man vermisst einfach die<br />
Energie des Publikums.<br />
Wie kam es zum Engagement im<br />
Staatstheater am Gärtnerplatz?<br />
Der Castingdirektor des Gärtnerplatztheaters<br />
hatte mich in einer Wiener Aufführung<br />
des „Don Giovanni“ gesehen und zum<br />
Vorsingen nach München eingeladen.<br />
Als Wiener kennt man dieses Theater<br />
übrigens gut, weil es nicht zuletzt dank<br />
seines Intendanten Josef E. Köpplinger, der<br />
ja an unterschiedlichen Häusern in Wien<br />
gearbeitet hat, starke Connections gibt und<br />
viele Künstlerinnen und Künstler von unserer<br />
Universität rekrutiert werden.<br />
Vermisst du Wien?<br />
Wien ist großartig – auch, weil ihre<br />
Einwohner von ganz eigenem Schlag<br />
sind. Ein Beispiel: 2019 wurde Wien zur<br />
„drittunfreundlichsten Stadt der Welt“<br />
gewählt – und die Wiener beschwerten sich,<br />
weil sie nicht zur Unfreundlichsten gewählt<br />
wurde. Man muss Wien verstehen, um Wien<br />
zu lieben…<br />
Und wie lebt sich’s in München?<br />
Ich finde die Stadt super, auch wenn ich<br />
noch nicht alles gesehen habe. Ich bin nach<br />
meinem Umzug hierher gleich mit drei<br />
Produktionen gestartet, habe anfangs nur<br />
gearbeitet und mich tagelang in meinem<br />
Proberaum zu Hause eingesperrt. Dann kam<br />
die Krise. Aber was ich von München gesehen<br />
habe, gerade auch im Viertel rund um<br />
das Theater, das taugt mir schon sehr. Ich<br />
freue mich, München nach dem Lockdown<br />
richtig kennenzulernen!<br />
Interview: Bernd Müller<br />
Bariton Daniel Gutmann (29)<br />
stammt aus dem niederösterreichischen<br />
Ort Herzogenburg, von wo<br />
er nach Wien zog, um Gesang und<br />
klassische Gitarre zu studieren. Dort<br />
machte er zusätzlich einen Abschluss<br />
in Sportwissenschaft. Gutmann ist<br />
außerdem Manager und Frontman<br />
der Country-Band „The Groovecake<br />
Factory“. Seit Herbst 2019 gehört er<br />
dem Ensemble des Staatstheaters<br />
am Gärtnerplatz an, wo er zuletzt im<br />
Februar in Rossinis „La Cenerentola“<br />
zu sehen war.<br />
www.danielgutmann.at
PODCAST „MPHIL MIT MALTE“<br />
Hinter die Kulissen<br />
hören<br />
Aus München kommt ein neuer Podcast für<br />
Klassikfans: Schauspieler und TV-Moderator<br />
Malte Arkona (unter anderem bekannt aus<br />
dem ARD „Tigerentenclub“) wirft darin einen<br />
Blick hinter die Kulissen der Münchner<br />
Philharmoniker und talkt sich durch den<br />
Orchestergraben.<br />
KULTUR<br />
19<br />
Das Ensemble ist mit seinen 120 Mitgliedern<br />
eines der Aushängeschilder der hiesigen<br />
Kulturlandschaft. Umso interessanter,<br />
einmal mehr über die Menschen und ihre<br />
Leidenschaften zu erfahren, als das ein<br />
Programmheft oder die Website hergeben<br />
können. Genau das bietet der Podcast „MPhil<br />
mit Malte“. Im Gespräch mit Malte<br />
Arkona schildern Musikerinnen und<br />
Musiker persönliche Eindrücke,<br />
diskutieren Werke oder Eigenarten<br />
von Instrumenten und berichten<br />
Anekdoten aus früheren Zeiten.<br />
Folge 1 ist unter dem Titel „Ein Streicher<br />
kommt selten allein“ bereits zu hören. *bm<br />
www.spielfeld-klassik.de/projekte/<br />
mphilmitmalte<br />
FOTO: MPHIL
20 KULTUR<br />
FOTO: JANISHA JONES<br />
PERFORMERIN<br />
TRACY DASH<br />
GLAMOURÖSE<br />
HERRENREITERIN<br />
Tagsüber arbeitet Vali als<br />
Pferdewirt, abends steht<br />
der 26-Jährige als Tracy Dash auf<br />
der Travestiebühne. Im Dezember<br />
gewann er den „Queen of the<br />
Night“-Contest im Harry Klein. Wir<br />
sprachen mit Vali alias Tracy über<br />
ein Leben zwischen Pferden, Pumps<br />
und Perücken.<br />
Meist sind Drags in der Kosmetikoder<br />
Modebranche tätig …<br />
Das stimmt, aber ich bin streng genommen<br />
Handwerker. Ich komme aus der<br />
Nähe von Wolfratshausen, bin gelernter<br />
Pferdewirt und arbeite auch in dieser<br />
Branche. Kein Wunder, denn mein Leben<br />
dreht sich um Pferde, seit ich drei Jahre<br />
alt war. In diese Tiere hatte ich mich schon<br />
ganz früh schockverliebt und später das<br />
große Glück, aus meiner Leidenschaft<br />
einen Beruf machen zu können.<br />
Mischung an<br />
aus bayerischer<br />
Bodenständigkeit<br />
und Münchner<br />
Eleganz<br />
Wie kamst du in die Drag-Szene?<br />
Ich war mit 18 im NY.Club und dessen<br />
Inhaber Ken fragte mich, ob ich nicht<br />
Lust hätte, als Candyboy bei einer<br />
Partyreihe Süßigkeiten auf Silbertabletts<br />
zu verteilen. Das war gar nicht als Drag-<br />
Performance gedacht, aber ich wollte<br />
unbedingt auf High Heels gehen, habe<br />
zu Hause laufen geübt und Schmink-<br />
Tutorials auf YouTube geschaut. Später<br />
haben mich meine Kolleginnen Winnie<br />
& Mutti zu einer Show nach Duisburg<br />
mitgenommen, so kam eins zum anderen.<br />
Was für ein Typ ist Tracy Dash?<br />
Tracy ist weniger Drag, bei ihr geht es in<br />
Richtung Travestiekünstlerin. Als solche<br />
ist sie nicht so groß, nicht so schrill und<br />
dichter dran an einer „echten“ Frau,<br />
auch wenn die Parodie natürlich immer<br />
spürbar bleibt. Ich steh auf Play-back,<br />
Conférencen, Livegesang und singe dabei<br />
auch gern bayerische Gstanzl. In der<br />
Summe strebe ich eine gute Mischung an
aus bayerischer Bodenständigkeit und<br />
Münchner Eleganz.<br />
Was steckt hinter deinem<br />
Künstlernamen?<br />
Eigentlich ist er ein Wortspiel. Anfangs<br />
sollten meine Figur und meine Performance<br />
bunt, unperfekt und trashig sein.<br />
Daher steckt das Wort „Trash“ in meinem<br />
Namen. Heute empfinde ich mich<br />
übrigens nicht mehr als sonderlich trashig<br />
– aber jetzt ist der Name bekannt,<br />
jetzt bleibt er.<br />
Wo verläuft die Grenze zwischen<br />
Vali und Tracy?<br />
Im realen Leben bin ich ja in einem<br />
geerdeten Beruf tätig und stehe ganz<br />
hinter den Traditionen meiner Heimat.<br />
Ich würde niemals ein Leben nur als<br />
Tracy führen wollen. Aber wenn es sich<br />
richtig anfühlt, wenn die Leidenschaft<br />
brennt, dann ist Tracy für fast (!) alle<br />
Schandtaten zu haben.<br />
Wo bist du bisher aufgetreten?<br />
Aufgetreten bin ich schon bei vielen<br />
Gelegenheiten in unterschiedlichen Konstellationen.<br />
Eigene Shows hatte ich mit<br />
meiner Partnerin Dean deVille im Rahmen<br />
einer Wiesnshow in der Eventlocation<br />
KnödelAlm und in der Champagnerbar<br />
Kubaschewski am Stachus.<br />
Was wünscht du dir für die Münchner<br />
Drag- und Travestie-Szene?<br />
Diese Performances gehören nicht auf<br />
eine provisorisch zusammengenagelte<br />
Palette, sondern auf eine echte Bühne.<br />
Daher wünsche ich mir vor allem eine<br />
Tracy, abgeschminkt. Als Vali kennen ihn<br />
Freunde und Arbeitskollegen<br />
gute Location für Newcomer und Profis,<br />
Drags und Travestiekünstler. Drag ist<br />
enorm stark geworden in den letzten<br />
Jahren, das ist toll. Aber ich bin sicher,<br />
dass auch Travestie eine Zukunft hat,<br />
wenn man sie zeitgemäß aufzieht.<br />
Und was erhoffst du dir vom<br />
Jahr <strong>2021</strong>?<br />
Zunächst einmal, dass ich weiter Fuß<br />
in der Szene fassen und auch auf<br />
größeren Bühnen auftreten kann. Und<br />
natürlich wäre es schön, wenn wir nach<br />
Corona wenigstens unsere Wiesnshow<br />
Ende September spielen könnten.<br />
Aber ich habe auch einen Traum: Eine<br />
Pferdenummer in einem echten Zirkus<br />
– dafür würde ich sofort meine Koffer<br />
packen!<br />
Meet Tracy Dash bei Instagram:<br />
tracy.da oder travestie.show@web.de<br />
Interview: Bernd Müller<br />
FOTOS: PRIVAT<br />
1)<br />
Alle 11 Minuten<br />
verliebt sich ein<br />
Single über<br />
Jetzt parshippen<br />
1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2016, Deutschland
22 MODE<br />
INTERVIEW<br />
FOTO: R. KATER<br />
KILIAN KERNER:<br />
„Ich verstehe den Egoismus nicht“<br />
<strong>2021</strong> hat der Berliner Modedesigner<br />
allen Grund zu feiern:<br />
Auf der Mercedes-Benz Fashion<br />
Week präsentierte Kilian Kerner<br />
seine 20. Modenschau in Berlin. Und<br />
die VOGUE übertrug live. Wir sprachen<br />
mit dem viel Beschäftigten.<br />
Wofür steht der Kollektionsname<br />
Traumwelt für dich?<br />
Isoliert und single zu sein, ist wirklich<br />
belastend während Corona. Ich brauchte<br />
einen Ort, an den ich flüchten konnte,<br />
meine Traumwelt. Die Kollektion ist „sehr<br />
hübsch“, sehr fließend, einfach schön<br />
anzusehen, es gibt aber natürlich auch<br />
Brüche. Es ist eine Realitätsflucht.<br />
Seit einem Jahr ist die Realität alles andere<br />
als eine Traumwelt. Wie hat dich die<br />
Pandemie als Geschäftsmann getroffen?<br />
Komplett. Es hat mit dem, was vor einem<br />
Jahr war, nichts mehr zu tun. 2020 fing<br />
eigentlich extrem erfolgreich an, es gab<br />
eine Kooperationsanfrage nach der nächsten.<br />
Innerhalb von zehn Tagen wurde dann<br />
alles abgesagt. Zuerst dachte ich noch: „Bis<br />
zum Sommer ist das vorbei“, und habe an<br />
meiner Kollektion weitergearbeitet. Alles<br />
wurde auf Online-Meetings umgestellt.<br />
Insgesamt war ich zehn Wochen alleine in<br />
meiner Wohnung und habe nur zwei Leute<br />
für jeweils eine Stunde getroffen. Irgendwann<br />
bin ich dann fast durchgedreht und<br />
bin für vier Wochen zu meiner Mutter<br />
gefahren. Ich wusste nicht, wie es weitergeht.<br />
Nach einem kurzen Berlinaufenthalt<br />
war ich dann erneut sechs Wochen bei<br />
meiner Mutter.<br />
Wie ging es weiter?<br />
Dann veränderte sich plötzlich alles, eine<br />
Anfrage führte ein großes Glück herbei.<br />
Ich bin Teil von zwei Fernsehprojekten und<br />
einer YouTube-Talkshow, die über<br />
mehrere Monate geht. 2022 soll<br />
auch eine Kollektion für TUI<br />
herauskommen. Ich kann wieder<br />
arbeiten, aber komplett<br />
anders. Ich habe ein neues<br />
Büro und fahre dahin nur<br />
mit dem Taxi. Ich darf<br />
nicht krank werden und<br />
lebe weiterhin extrem<br />
isoliert. Wenn ich<br />
krank werde, kippt<br />
alles.<br />
Wie ist es nun bei<br />
den Vorbereitungen<br />
zur kommenden<br />
Schau?<br />
Es wurde alles neu<br />
strukturiert, weil es jetzt<br />
so sein muss. Ich bin da<br />
sehr pedantisch. Es gibt z.<br />
B. kein Casting, Hunderte<br />
neue Vorschriften, wir werden<br />
regelmäßig getestet, wir<br />
arbeiten alle mit großem<br />
Abstand zueinander.<br />
Und privat?<br />
Einige Freundschaften wurden viel intensiver,<br />
auch wenn man sich nicht gesehen<br />
hat. Mit meinem langjährigen Stylisten Ingo<br />
etwa telefoniere ich jetzt fast täglich und<br />
immer sehr lange, das wurde sehr viel enger.<br />
Es gab auch Freundschaften, die durch die<br />
Pandemie in die Brüche gingen, weil ich<br />
merkte, wie egoistisch diese Leute eigentlich<br />
sind. Weiter Party machen, etwa auf<br />
der Spree, Leute treffen, die Regeln nicht<br />
beachten. Ich halte mich von Anfang an<br />
an alles, weil ich an andere denke und auch<br />
wieder arbeiten will. Manche benahmen<br />
sich wie egoistische Flachw*chser, das<br />
verstehe ich einfach nicht. Manch<br />
einer hat sich eine eigene Wahrheit<br />
zurechtgebogen. Diesen Aufstand<br />
um Weihnachten und Silvester<br />
habe ich auch nicht verstanden.<br />
Es ging um ein Weihnachten<br />
und ein Silvester. Ich verstehe<br />
den Egoismus nicht. Wieso<br />
muss man überhaupt<br />
dieses Zeug in die Luft<br />
jagen? Das habe ich noch<br />
nie verstanden. Einer hat<br />
sich den Kopf weggesprengt<br />
... Dann noch die<br />
Umweltverschmutzung.<br />
Kann man nicht für<br />
immer aufs Böllern<br />
verzichten? Weg mit dem<br />
Dreck!<br />
FOTO: GETTY IMAGES<br />
*Interview: Michael Rädel
SCHMUCK<br />
Geschmückt und schmuck<br />
MODE 23<br />
Wer sagt denn (leider immer noch), dass<br />
Männer, die sich mit edlen und glänzenden<br />
Gegenständen, nein, Accessoires<br />
verschönern, prollig, billig oder „zu schrill“<br />
wirken?<br />
Jede_r sollte sich so in der Welt bewegen,<br />
wie sie/er es mag. Express yourself!<br />
Die 2008 in London gegründete Marke<br />
Missoma von Marisa Hordern ist dabei ein<br />
ganz gutes und schmuckes Vehikel,<br />
bringt sie dir doch Gold<br />
Vermeil oder Sterlingsilber<br />
zum Aufpeppen deiner<br />
Optik.<br />
„Männer tragen unseren<br />
Schmuck schon seit<br />
Jahren, da unsere Designs so universell<br />
sind. Dadurch haben wir bereits ein sehr<br />
treues Publikum. In letzter Zeit haben wir<br />
einen starken Anstieg der Nachfrage nach<br />
Ketten und Armbändern festgestellt“, so<br />
Marisa Hordern. „Dies war der perfekte<br />
Zeitpunkt, unsere erste Capsule Edition<br />
für Männer herauszubringen, und es ist<br />
erst der Anfang der Missoma-Männerkollektionen“,<br />
freut sich die Gründerin und<br />
Kreativdirektorin von Missoma.<br />
Prominente Markenbotschafter<br />
sind gerade der Sänger und<br />
Pianist Isaac Waddington<br />
und der Schauspieler<br />
Yannick Konan, den man aus der hochgelobten<br />
Netflix-Serie „Agent“ kennen<br />
kann.<br />
Wer auf der Suche nach Geschenken<br />
ist, der kann jetzt hier zuschlagen. Oder<br />
sich selbst etwas von dem stylishen und<br />
unaufdringlichen Bling-Bling gönnen. *rä<br />
www.missoma.com
24 GESELLSCHAFT<br />
FOTO: KIREYONOK YULIYA / FREEPIK.COM / CC0<br />
PANDEMIE<br />
UND SEXARBEIT<br />
Symbolfoto aus dem Archiv – die abgebildete Person<br />
steht in keinem inhaltlichen Kontext zum Artikel<br />
„Kein wirklich guter Plan“<br />
Matthias** legt sein Smartphone<br />
auf den Tisch. Der ständige Blick<br />
darauf gehört für ihn seit einiger Zeit zur<br />
Routine. Doch der 27-Jährige ist weder<br />
Instagrammer noch Gamer. Matthias hat<br />
sich ein Zweithandy angeschafft, um mit<br />
seinen Kunden in Kontakt zu kommen,<br />
denn er arbeitet seit einiger Zeit als Callboy<br />
oder „Freizeit-Stricher“, wie er sich<br />
selbst manchmal nennt.<br />
Ein Traumberuf ist das für ihn nicht.<br />
Eigentlich kommt Matthias aus der Gastronomie,<br />
wo er aber coronabedingt seit<br />
Monaten in Kurzarbeit ist. Seinen Nebenjob<br />
in einem Klamottenladen musste er<br />
ganz aufgeben. So hatte er sich im Herbst<br />
2020 Gedanken darüber gemacht, wie<br />
er in Lockdown-Zeiten zusätzlich Geld<br />
verdienen könnte. Über Online-Portale<br />
kam er auf die Idee, sich selbst anzubieten.<br />
„Ich habe Spaß am Sex, sehe mich<br />
aber nicht als klassischen Escorttypen“,<br />
meint Matthias. In der Tat: Der gelernte<br />
Kellner ist kein Muskelpaket und taugt<br />
weder zum „Men’s Health“-Covermodel<br />
noch zum Pornostar. Aber Matthias<br />
ist eine sympathische Erscheinung,<br />
eher unauffällig, durchschnittlich groß<br />
mit schlanker Figur, eher der „Typ von<br />
nebenan“. „Ich wusste nicht mal, ob es<br />
jemanden gibt, der mich bucht, aber es<br />
läuft ganz ordentlich.“ Wie sich „ganz<br />
ordentlich“ in konkreten Zahlen darstellt,<br />
will er nicht verraten. Doch spricht er gern<br />
über sein erstes Mal im neuen Job: „Ich<br />
war echt nervös und habe den Termin<br />
im Geiste ein paar Mal abgesagt. Doch<br />
ich hab mir gesagt: ‚Wenn das mit dem<br />
Escortservice was werden soll, dann<br />
musst du da jetzt durch!‘“ Immerhin:<br />
Sein erster Kunde erwies sich als nett.<br />
„Wir hatten fast eine Flasche Wein intus,<br />
bevor es zur Sache ging“, lacht er. „Das<br />
hat vielleicht auch geholfen.“ Jedoch: „Ich<br />
nehme aber auch nicht jeden Mann, sonst<br />
kann ich keine ‚Leistung‘ bringen.“<br />
EIN NEGATIVES TESTERGEBNIS<br />
BERUHIGT<br />
Sexuelle Dienstleistungen in Zeiten von<br />
Pandemie und Kontaktbeschränkungen?<br />
Matthias ist sich der Problematik bewusst.<br />
Doch er weiß, dass Nachfrage auch<br />
in diesen Zeiten vorhanden ist. Den<br />
Menschen fehle Nähe, Hautkontakt,<br />
Sex – diese Lücke wolle er nutzen. „Corona<br />
hat mich in diese Situation gebracht,<br />
jetzt will ich davon profitieren!“ Ganz so<br />
trotzig oder gedankenlos, wie dieser Satz<br />
klingt, ist er nicht gemeint. Matthias lässt<br />
sich wöchentlich auf Corona testen und<br />
spricht seine Kunden auf das Thema an.<br />
„Alle wissen, dass das zurzeit kein wirklich<br />
guter Plan ist, aber viele lassen sich<br />
dennoch auf ein Treffen ein. Einigen zeige<br />
ich vorher auch mein letztes Testergebnis,<br />
das beruhigt.“ Um seine eigene Sicherheit<br />
macht er sich weniger Sorgen: „Ich bin<br />
optimistisch, als junger, gesunder Mann<br />
selbst im Fall einer Infektion mit dem<br />
Schreck davonzukommen.“<br />
Sehr einiger Zeit ist die Inzidenz in und um<br />
München deutlich gesunken. „Das ist eine<br />
Erleichterung und nimmt uns allen Druck“,<br />
meint Matthias. Wenn das normale Leben<br />
zurückkehrt, will sich Matthias aus den<br />
einschlägigen Foren wieder verabschieden:<br />
„Dann mach ich meinen alten Beruf und<br />
verkaufe lieber Shirts als meinen Körper!“<br />
*bm<br />
** Name von der Redaktion geändert
GESELLSCHAFT<br />
25<br />
SEX-SHOPPING<br />
Lust im Lockdown<br />
Die schwulen Sexshops der<br />
Stadt sind, wie andere Einzelhändler<br />
auch, in Corona-Zeiten<br />
noch immer geschlossen. Hinter<br />
den Schaufenstern ist aber immer was<br />
los, denn der Onlinehandel boomt, wovon<br />
auch Läden wie Diburnium, Bruno’s oder<br />
Spexter profitieren.<br />
„Meine Mitarbeiter sind leider in Kurzarbeit,<br />
ich bin aber jeden Tag da und bearbeite die<br />
Bestellungen, die per Mail reinkommen“,<br />
erzählt Elmar Bruder vom Bruno’s-Store in<br />
der Thalkirchner Straße. Schräg gegenüber<br />
bei Diburnium sind sogar alle Angestellten<br />
noch beschäftigt. „Wir waren schon<br />
immer stark über den Internet-Verkauf,<br />
das hilft uns jetzt natürlich weiter“, so<br />
Inhaber Siegfried Haderer. In Krisenzeiten<br />
sind vor allem Produkte gefragt, die dem<br />
Menschen guttun: Masturbatoren und<br />
Dildos stehen ganz oben auf der Liste,<br />
auch Reizstromartikel elektrisieren mehr<br />
Menschen als zuvor. Bruder registriert<br />
mehr Traffic auf seiner Seite, vor allem<br />
aber ein anderes Kaufverhalten: „Die<br />
Warenkörbe sind bunter gemischt, der<br />
Kunde nimmt sich viel Zeit, durch das<br />
Sortiment zu gehen, und ist nicht<br />
so gezielt unterwegs.“ Doch was,<br />
wenn das Produkt auf dem Bildschirm<br />
appetitlich wirkt, zu Hause<br />
aber nicht hält, was es verspricht?<br />
„Natürlich kann man umtauschen,<br />
aber einen getesteten Dildo nehme ich<br />
nicht zurück“, lacht Siegfried Haderer.<br />
Grundsätzlich gelten die Hygienerichtlinien<br />
und die AGB, nach denen gerade<br />
ein solcher Artikel nur in ungebrauchtem<br />
Zustand zurückgenommen wird. Wer sich<br />
bei einem Produkt unsicher sei, solle sich<br />
die Bilder und Beschreibungen genau<br />
ansehen und auch mal denselben Artikel<br />
beim Mitbewerber googeln, der halte<br />
vielleicht noch die ein oder andere Info<br />
mehr dazu parat. So seien Enttäuschungen<br />
vermeidbar. Letzter Tipp vom Profi:<br />
„Gerade Sextoys sind etwas für mich ganz<br />
persönlich und für meinen Körper, da sollte<br />
die Kaufentscheidung nicht allein über den<br />
Preis fallen“, warnt Elmar Bruder. „Achtet<br />
immer auf gutes Material und anständige<br />
Qualität, dann ist auch der Onlinekauf eine<br />
sichere und spaßige Sache!“ *bm<br />
FOTOS: BERND MÜLLER
26 GESELLSCHAFT<br />
Brauchen wir noch<br />
schwule Sexorte?<br />
Wir alle, unabhängig von Geschlecht und<br />
Orientierung, sind durch die Pandemie mit<br />
Fragen der Sexualität konfrontiert, die<br />
wir uns im Vor-Corona-Alltag nicht so oft,<br />
weniger intensiv oder gar nicht stellten.<br />
Unsere Sexualität – und hier beginnen<br />
die Differenzierungen in Sachen Identität<br />
und Orientierung, es geht im Nachfolgenden<br />
um die mann-männliche (MSM), die<br />
schwule oder bisexuelle Sexualität – ist<br />
seit den sich nun jährenden ersten Kontaktbeschränkungsmaßnahmen<br />
Teil des<br />
öffentlichen Diskurses geworden.<br />
Von Saunaverboten bis Razzien in<br />
Cruising-Bars und –Gebieten reicht<br />
die Bandbreite staatlicher Repression<br />
von Sex zwischen Männern*. Noch<br />
härter traf es die, die Sex und Zärtlichkeit<br />
als Wirtschaftsgut veräußern: die<br />
Sexarbeiter*innen. Auch in den sozialen<br />
Medien und im privaten Rahmen wurde<br />
Sexualität nach der trügerisch-optimistischen<br />
Euphorie der PrEP wieder moralisch<br />
gebrandmarkt.<br />
SEXUALITÄT<br />
Vielfach wurde die Regulierung der<br />
Sexualität im wahrnehmbaren Teil der<br />
homonormativen Mehrheitscommunity<br />
als sinnvolle Anti-Corona-Maßnahmen<br />
hingenommen und selbstverständlich<br />
in Teilen auch berechtigt, unterstützend<br />
verteidigt. Dennoch ist auffällig, wie<br />
schnell das hart erkämpfte Gut der freien<br />
Sexualität, mit seinen Konzepten von<br />
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erwähnenswert schienen, ja sogar von seinen<br />
eigenen Nutznießern in Frage gestellt<br />
wurde. Die Deutsche Aidshilfe (DAH) hat<br />
sich nach anfänglicher Orientierungsphase<br />
zu einem der stärksten Sprachrohre jener<br />
gemacht, die sich ganz leise resignierend<br />
oder laut weinend ihrer Sexualität und der<br />
dazugehörigen Räume beraubt sahen und<br />
sehen. Ende 2020 organsierte der Verband<br />
im Berliner SchwuZ daher auch eine ganz<br />
besondere Sonderversion seines traditionellen<br />
Wirtetreffens der LGBTIQ*Szene.<br />
Es kamen – unter Einhaltung strenger<br />
Corona-Vorschriften – Betreiber*innen<br />
und Inhaber*innen von Orten der<br />
homosexuellen (und teilweise queeren)<br />
Sexualität aus der ganzen Bundesrepublik<br />
zusammen, um darüber zu diskutieren,<br />
ob und wie ein Morgen danach aussehen<br />
könnte. Und man* holte sich Rat bzw.<br />
wissenschaftlichen Input bei und von<br />
dem deutschen Fachmann für mannmännliche<br />
Sexualität, Professor Dr. Martin<br />
Dannecker. Sein Vortrag war wie folgt<br />
überschrieben:<br />
„Der eine braucht es mehr, der andere<br />
braucht es weniger – wie viel Promiskuität<br />
braucht es für eine zufrieden<br />
Sexualität?“<br />
Was sagen Studien über „den promisken<br />
Schwulen“? Ist an dem Vorurteil des<br />
omnipotenten und ständig nach Sex<br />
suchenden Schwulen etwas dran? Allen<br />
Klischees liege ein wahrer Kern zugrunde,<br />
sonst würde die Lust an der Aufrechterhaltung<br />
der Klischees vergehen, sagt der<br />
Professor. Das Klischee des promiskuitiven<br />
Schwulen findet sich allerdings sogar in<br />
der Wissenschaft wieder, beispielhaft<br />
zitiert Dannecker aus einer Schweizer<br />
Arbeit im Fach Psychologie:<br />
„Homosexuelle sind bekannt für ihre<br />
Untreue, Homosexualität und Promiskuität<br />
sind fast schon Synonyme.<br />
Homosexuelle selbst lieben es, sich mit<br />
wechselnden Partner zu zeigen. Die<br />
Darkrooms und die Parkszenen sind<br />
ohne ständigen Objektwechsel nicht<br />
denkbar.“<br />
Süffisant und mit einem Anflug von<br />
Altherrenwitz, weißt Dannecker darauf<br />
hin, dass die Autorin des Textes keine<br />
empirische Datenbasis angibt und sich<br />
ihre Erfahrung demnach vielleicht aus<br />
ihrer klinischen Beobachtung, also<br />
der Behandlung schwuler Patienten<br />
nährt: „Das könnte ja eine besondere<br />
Perspektive sein.“ Allerdings könnten<br />
zunächst auch die empirischen Studien<br />
der Sexualwissenschaft über die möglicherweise<br />
konkreten psychischen Gründe<br />
für Partnerwechsel unter Schwulen<br />
nichts aussagen. Das gleiche gelte für<br />
die Beantwortung der Frage wie viel an<br />
Promiskuität notwendig ist, um individuell<br />
GESELLSCHAFT 27<br />
ausreichend für Befriedigung oder zumindest<br />
Beruhigung zu sein.<br />
WIE OFT MACHT SCHWULER<br />
MANN* ES?<br />
Über die Verbreitung von Promiskuität<br />
unter schwulen Männern gibt es nach<br />
Ansicht von Dannecker mehrere und in<br />
ihren Ergebnissen vergleichbare Studien.<br />
Seine mit Richard Lemke 2010 durchgeführte<br />
Onlinebefragung ergab:<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Fast 30 Prozent hatten in den sechs<br />
Monaten vor der Befragung nur einen<br />
oder keinen Sexualpartner<br />
41 Prozent gaben zwischen zwei bis<br />
fünf Sexualpartner an<br />
15 Prozent zwischen sechs und zehn<br />
Sexualpartner<br />
Der Anteil mit mehr als zehn verschiedenen<br />
Partnern, was etwa zwei pro Monat<br />
ergibt, lag bei 15 Prozent. Die überwiegende<br />
Mehrheit der schwulen Männer<br />
scheint, so Dannecker, also „weit entfernt<br />
von einem promisken Verhalten zu sein.“<br />
Diese ungefähre Verteilung habe sich in<br />
den vorhandenen Querschnittsstudien<br />
über die Jahre nicht signifikant geändert.<br />
Trotz mehr Möglichkeiten des Partnerwechsels<br />
durch Saunen und Darkroom-<br />
Bars. Im Gegenteil geht Dannecker sogar<br />
davon aus, dass die Befragungen wegen<br />
der über Datingseiten und Chatportale<br />
erreichten Teilnehmer, eher einen überhöhten<br />
Anteil aufweisen.<br />
Es könne aber auch sein, dass die<br />
digitalen Kontaktanbahnungen, das<br />
Austauschen von sexuellen Vorlieben<br />
und Beschreiben von Wünschen in Chats<br />
und Foren bereits eine Erfüllung des<br />
psychischen Wunsches nach Promiskuität
28 GESELLSCHAFT<br />
wahllos als selektiv und den sexuellen<br />
Vorlieben entsprechend organisiert.<br />
In einer 2013 durchgeführten Studie<br />
im Auftrag der DAH wurde die Nutzung<br />
queerer Infrastruktur untersucht. Das<br />
für Dannecker erstaunlichste Ergebnis<br />
hinsichtlich der Fragestellung, ob der<br />
schwule Mann per se promiskuitiv sei,<br />
war: 70 Prozent der Befragten haben in<br />
den zwölf Monaten vor Studienteilnahme<br />
weder einen Ort queerer Geselligkeit<br />
(Bars, Cafés) noch schwule Sexorte<br />
(Saunen, Parks) aufgesucht. Der Anteil<br />
derer, die eindeutig nur oder fast immer<br />
Sexorte aufsuchten und somit einer<br />
promisken Lebensführung nachgehen<br />
könnten, lag bei nur rund fünf bis sieben<br />
Prozent.<br />
bedeutet. Die Zahl der tatsächlichen, also<br />
realen Sexualkontakte, könnten dann<br />
zurückgegangen sein. Dies müsse weiter<br />
erforscht werden.<br />
ANYTHING GOES? AB 30 WIRD ES<br />
SPEZIELL!<br />
Seit 1987 wird in Deutschland im<br />
Abstand von rund drei Jahren eine große<br />
Befragung von MSM durchgeführt. Der<br />
schwule Soziologe und Aktivist Michael<br />
Bochow hatte sie bis 2013 geleitet,<br />
2012 machte vor allem eine Erkenntnis<br />
Professor Dannecker stutzig:<br />
Zwar steigt der Anteil der Männer, die<br />
mit mehr als zehn anderen Sex hatten,<br />
bis zum Alter von 30 Jahren an, bleibt<br />
dann aber relativ konstant. Dannecker<br />
mutmaßt – und hier beigebt er sich dann<br />
doch auf ähnlich dünnes Eis, wie die<br />
von ihm Eingangs zitierte Psychologin<br />
–, dass es mit zunehmendem Alter zur<br />
„Die reale Nähe zu jenen<br />
Bezirken der Szene, die<br />
durch promiskes Treiben<br />
gekennzeichnet sind,<br />
scheint jedenfalls sehr viel<br />
geringer zu sein, als es mir<br />
meine eigene Lebenserfahrung<br />
vorgaukelt.“<br />
Entwicklung von Mustern, also sexuellen<br />
Vorlieben kommt. Diese Muster seien<br />
so fest, dass sie selbst nach einer in der<br />
Verliebtheitsphase durchbrechenden<br />
Flexibilität häufig dominant bleiben und<br />
einer der möglichen Antriebe für den<br />
Wunsch nach Partnerwechsel sein könnten.<br />
Dieser wiederum würde aber weniger<br />
Dannecker wollte diese Zahlen kaum<br />
glauben. Er meinte, seine eigene Erfahrung<br />
spreche eine so deutlich andere<br />
Sprache, dass etwas an den Zahlen<br />
nicht stimmen könne. Nach eingängiger<br />
Selbstprüfung musste er sich mit einer<br />
Erkenntnis anfreunden, die vielen bekannt<br />
sein dürfte: Das Beziehungsnetzwerk<br />
wird stark durch die Fokussierung auf<br />
Vorlieben geprägt. Die digitalen Werkzeuge<br />
der Selektion verstärken diesen<br />
ganz natürlichen Vorgang so stark, dass<br />
die eigene Empfindung der Realität die<br />
tatsächliche überstrahlt.<br />
Zusammenfassend gibt es laut Dannecker<br />
also nur eine kleine Gruppe unter<br />
Schwulen, die über lange Zeit mit vielen<br />
wechselnden Partnern Sex hat und die<br />
diesbezügliche Angebote der Szene so<br />
nutzt, dass Promiskuität angenommen<br />
werden kann. Aber was heißt das<br />
eigentlich?<br />
Fortsetzung auf männer.media!<br />
INFO<br />
Martin Dannecker<br />
Der „Oswalt Kolle“ der schwulen Sexualität<br />
wird Martin Dannecker auch genannt.<br />
Der 1942 in Oberndorf am Neckar<br />
geborene außerplanmäßige Professor<br />
am Institut für Sexualwissenschaft in<br />
Frankfurt, verhalf dem Thema Homosexualität<br />
durch die Veröffentlichung<br />
der großen Studie „Der gewöhnliche<br />
Homosexuelle“ 1974 erstmals seit der<br />
Zerschlagung von Magnus Hirschfelds<br />
„Institut für Sexualwissenschaften“ durch<br />
die Nationalsozialisten wieder zu einem<br />
festen Platz in Wissenschaft und Lehre.<br />
Schon 1971 war als Co-Autor bei Rosa<br />
von Praunheims erstem Filmerfolg<br />
„Nicht der Homosexuelle ist pervers,<br />
sondern die Situation, in der er lebt“<br />
maßgeblich daran beteiligt, auch die<br />
öffentliche Wahrnehmung der Themen<br />
Homosexualität und Geschlechtsidenditäten<br />
maßgeblich zu verbessern.<br />
Besonders in Zeiten der AIDS-Kriese in<br />
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www.gasteig.de<br />
• GOP Varieté-Theater,<br />
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• Kultur im Schlachthof,<br />
Zenettistr. 9,<br />
www.im-schlachthof.de<br />
36. Kunsthalle München,<br />
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• Lenbachhaus -<br />
Städtische Galerie,<br />
Luisenstr. 33,<br />
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• Museum Brandhorst,<br />
Theresienstr. 35a<br />
37. Münchner Kammerspiele,<br />
Maximilianstr. 26-28,<br />
www.muenchnerkammerspiele.de<br />
• Münchner<br />
Philharmoniker,<br />
Rosenheimer Str. 5<br />
• Münchner Volkstheater,<br />
Brienner Str. 50,<br />
www.muenchnervolkstheater.de<br />
38. Staatstheater am<br />
Gärtnerplatz,<br />
Gärtnerplatz 3, (089) 202411,<br />
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• Tierpark Hellabrun,<br />
Tierparkstr. 20<br />
Gärtnerplatz<br />
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39. Caritas Ambulanter Hospiz<br />
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40. Diversity Jugendzentrum,<br />
Blumenstr. 11,<br />
www.diversity-muenchen.de<br />
19<br />
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17<br />
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16<br />
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41. Gay Outdoor Club<br />
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Gleichstellung von LGBTI*,<br />
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43. LeTRa,<br />
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44. Marikas Beratungsstelle für<br />
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45. Münchner Aids-Hilfe,<br />
Lindwurmstr. 71,<br />
www.aidshilfe-muenchen.de<br />
46. Münchner Regenbogen-<br />
Stiftung, Angertorstr. 7<br />
(Eingang Müllerstr.)<br />
47. Rechtsanwälte Schuster<br />
& Riedl, Eisenmannstr. 4<br />
(Fußgängerzone),<br />
(089) 23888930,<br />
www.ra-srk.de<br />
• Regenbogenfamilien,<br />
Fach- und Beratungsstelle,<br />
Saarstr. 5/II, (089) 46224606<br />
www.regenbogenfamilienmuenchen.de<br />
48. Sub e.V.,<br />
Müllerstr. 14,<br />
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49. Team München, Sportverein,<br />
Rumfordstr. 39<br />
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34 REISE<br />
SÜDTIROL<br />
Bergwellness<br />
FOTOS: GITSCHBERG.IT<br />
1.400 Meter über dem Alltag: Das Boutiquehotel Gitschberg<br />
ist mit seinen 38 Zimmern ein Haus mit Herz und<br />
Seele, mit Sinn fürs Schöne und Gute. Viel Licht, warme<br />
Farben und natürliche Materialien geben dem Einfachen<br />
mehr Raum und lassen die einmalige Panoramasicht über<br />
die Dolomiten besonders gut wirken.<br />
Tief verwurzelt mit der Südtiroler Natur und Tradition hat<br />
Familie Peintner auf dem Sonnenhochplateau von Meransen<br />
einen Freiraum zum Durchatmen geschaffen. Ökologisch<br />
nachhaltig und mit höchster Achtung vor den heimischen<br />
Ressourcen. Die Architektur erinnert an die urigen Heustadel<br />
der Almenregion Gitschberg-Jochtal. Im ganzen Haus duftet<br />
es herrlich nach Zirbe und Lärche. Besonders beeindruckend<br />
sind die „Gassla“ Spa Suiten mit privater Bergsauna und<br />
Wellnessloggia zum Wald hin. Aber auch der panoramareiche<br />
Fenilia Spa bietet Tiefenentspannung und Bergwellness der<br />
besonderen Art. Die Saunalandschaft schenkt sprudelnde<br />
Lebenskraft, während das Panoramabad die Sinne mit<br />
klarem Gebirgsquellwasser erfrischt. Die Behandlungen sind<br />
naturheilkundlich inspiriert und basieren auf den naturreinen<br />
Wirkstoffen der alpinen Bergwelt. Mit der Kraft und Energie<br />
der Natur, des Waldes und der Wiesenkräuter werden Körper,<br />
Geist und Seele gleichermaßen berührt. *dax<br />
www.gitschberg.it<br />
KREUZFAHRT<br />
Der Traum vom Meer<br />
Jeder träumt doch aktuell von Abenteuern,<br />
Wellness, Action, Shows, Romantik oder<br />
neue Leute kennenlernen, tollen Restaurants<br />
und einem Aufbruch zu neuen Ufern…<br />
Das Alles findet Ihr im Kreuzfahrtbereich.<br />
Bald können wir wieder auf Reisen<br />
gehen (wenn die Behörden endlich „grünes<br />
Licht“ geben) und wenn Eure Traumreise<br />
eine Seereise (Hochsee oder Fluss) sein soll,<br />
dann sind die Profis von ATLANTIK Seereisen<br />
– als absolute Schiffs-Lover – genau die<br />
richtige Adresse für Eure Reisewünsche.<br />
Extra ungezogen – äh… umgezogen und<br />
damit noch leichter erreichbar – jetzt in<br />
Schwabing: Siegesstr. 13, 80805 München<br />
Solange noch niemand zu Besuch kommen<br />
darf: telefonisch immer erreichbar Montag<br />
bis Freitag von 09.00 h bis 18.00 h unter<br />
089 – 622 337 90<br />
und bald auch wieder persönlich – das ganze<br />
Team freut sich auf Euch!<br />
Atlantik Seereisen GmbH,<br />
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DE-HIV-2020-09-0034 | Agenturfoto. Mit Model gestellt.
REISE<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/VLADORLOV<br />
COMMUNITY<br />
Schwuler Reisen<br />
Bereits seit zwanzig Jahren ist<br />
die LGBTIQ*-Bettenbörse Enjoy<br />
Bed and Breakfast (ebab) in der<br />
Community aktiv und hat sich<br />
als beliebte Alternative zu Hotels<br />
bzw. Vermittlungsplattformen von<br />
Privatunterkünften etabliert. Dank<br />
des umfangreichen Netzwerks<br />
konnten über die Jahre zahlreiche<br />
Besucher an Gastgeber in über<br />
siebzig Ländern vermittelt werden.<br />
Das Angebot von ebab ist insbesondere<br />
für jüngere Menschen<br />
interessant. Bei Preisen ab bereits<br />
25 Euro pro Nacht stellt ebab eine<br />
seriöse und sichere Alternative<br />
zum Couchsurfing dar. So kann die<br />
junge LGBTIQ*-Generation Städte<br />
und Länder entdecken, neue<br />
Freunde finden und Abenteuer<br />
erleben, ohne dabei das Budget<br />
zu sprengen. Aktuelle Infos zu<br />
Buchungs- und Stornobedingungen<br />
finden sich auf der Website.<br />
www.enjoybnb.eu<br />
KEY WEST<br />
Neuer LGBTIQ*-Guide<br />
Sommer, Sonne, schwule Szene<br />
– die Florida Keys mit Key West<br />
gelten als einer der bekanntesten<br />
LGBTIQ*-Urlaubsorte der<br />
USA. Mit einem neuen Guide<br />
macht die Inselkette im Süden<br />
Floridas Lust auf einen Nach-<br />
Corona-Besuch. Vier Jahre<br />
Twitter-Tiraden, Missachtung<br />
demokratischer Normen und<br />
Beschneidung von LGBTIQ*-<br />
Rechten waren genug. Mit<br />
der Wahl von Joe Biden zum<br />
46. Präsidenten der Vereinigten<br />
Staaten von Amerika halten<br />
der Stolz auf Diversität und<br />
der Respekt voreinander<br />
wieder Einzug in die US-Politik.<br />
Der von der Corona-Krise<br />
gebeutelten Tourismusindustrie<br />
kann das nur guttun. LGBTIQ*-<br />
Urlaubshochburgen wie die<br />
Florida Keys stehen jedenfalls<br />
schon in den Startlöchern,<br />
um Besucher aus aller Welt<br />
zu begrüßen. Ein neuer Guide,<br />
FOTO: MONROE COUNTY TOURISM DEVELOPMENT COUNCIL<br />
den es auf der deutschen<br />
Website des Tourismusbüros<br />
der Florida Keys & Key West als<br />
Download gibt, macht Lust auf<br />
einen Besuch der tropischen<br />
Inselkette, informiert über die<br />
verschiedenen Regionen der<br />
Florida Keys und gibt zahlreiche<br />
Tipps für Natur-, Kultur- und<br />
Szeneerlebnisse. Key West hält<br />
vom erstklassigen Restaurant<br />
über Livemusik und Szenebars<br />
bis hin zum weißen Sandstrand<br />
für jeden etwas bereit. Die<br />
Resorts für Schwule und<br />
Lesben wie etwa das Island<br />
House sind legendär. Dragshows,<br />
schwule Bootstouren,<br />
nächtliche Partys, Strände,<br />
FKK-Resorts und die einzigartige<br />
LGBTIQ*-Trolley-Tour<br />
machen Key West zu einem der<br />
schönsten Urlaubsziele für die<br />
Community. *dax<br />
www.fla-keys.de<br />
Rainbow Sommercamp<br />
Trotz der aktuellen Corona-Situation und mit Hoffnung<br />
auf eine Besserung ab Frühjahr haben die Veranstalter<br />
des „Rainbow Camping Weekend“ ihren Termin geplant.<br />
Vom 4. bis 6. Juni soll das vierte LGBTIQ*-Sommercamp<br />
auf dem FKK-Campingplatz am Rätzsee stattfinden. Im<br />
letzten Jahr waren rund achtzig Camper und Camperinnen<br />
aus ganz Deutschland dabei, in diesem Jahr rechnen<br />
die Organisatoren und Campingplatz-Inhaber Fabian<br />
und Martin mit noch mehr Teilnehmenden. Unter dem<br />
Motto „Von der Community für die Community“ verbindet<br />
der Event Mensch und Natur: Die Leidenschaft fürs<br />
Camping, gemeinsame Erlebnisse und die Natur stehen<br />
im Vordergrund des Wochenendes. Der FKK-Campingplatz<br />
am Rätzsee liegt idyllisch in der Mecklenburgischen<br />
Seenplatte und ist von Hamburg in gut zwei Stunden<br />
und von Berlin in weniger als zwei Stunden erreichbar.<br />
Es gibt Stellplätze fürs Zelt, den Bulli, das Wohnmobil<br />
oder den Caravan sowie vier vollausgestattete Miet-<br />
Wohnwagen und eine Ferienwohnung. Die Region lädt<br />
ein zu ausgedehnten Wanderungen und Paddeltouren in<br />
unberührter Natur. Der See selbst ist motorbootfrei und<br />
ideal zum Schwimmen oder Stand-up-Paddeln, eine<br />
Sauna am See lässt zum Relaxen ein – beste Voraussetzungen<br />
also für ein entspanntes und erlebnisreiches<br />
Wochenende. *dax<br />
www.raetzsee.de/rainbow<br />
DEUTSCHLAND<br />
FOTO: NORBERT SANDER
REISE<br />
FOTO: TOBIAS JØRGENSEN<br />
KOPENHAGEN<br />
Die Welt feiert<br />
FOTO: DAX<br />
Dänemarks Hauptstadt bereitet sich auf<br />
den größten LGBTIQ*-Event des Jahres<br />
vor. Komme, was wolle – so versprechen<br />
es zumindest die Veranstalter. In welcher<br />
Form und mit welchen Beschränkungen,<br />
wird sich in den Wochen vor dem<br />
Sommer zeigen.<br />
Royale Unterstützung<br />
Im Idealfall sollen bis zu 750.000 Besucher<br />
zwischen dem 12. und 22. August nach<br />
Kopenhagen und in die auf der schwedischen<br />
Seite des Öresund gelegene Stadt<br />
Malmö kommen, um dort unter dem Titel<br />
„Copenhagen <strong>2021</strong>“ sowohl den WorldPride<br />
als auch die EuroGames zu feiern. Neben<br />
den Schwerpunkten Sport, Feiern und<br />
Kultur wird es zusätzlich eine hochkarätig<br />
besetzte Menschenrechtskonferenz zum<br />
Thema LGBTIQ* geben. Dank des Einsatzes<br />
der dänischen Kronprinzessin Mary als<br />
Schirmherrin ist bereits schon jetzt internationale<br />
Aufmerksamkeit garantiert. Der<br />
Platz vor Kopenhagens Rathaus wird dabei<br />
als zentrale Anlaufstelle fungieren. Neben<br />
einem Pride Village steht hier auch die<br />
große Bühne für diverse Liveacts, und auch<br />
die Eröffnungs- und Abschluss-Zeremonie<br />
werden auf dem Rathausplatz stattfinden.<br />
Malmö bietet ebenfalls ein vielfältiges<br />
Angebot, etwa mit einer Eurovision Night<br />
und einem Pride Park.<br />
Spielplatz der Kreativszene<br />
Wer nebenbei noch Zeit findet oder gleich<br />
ein anderes Reisedatum wählt, sollte<br />
einen Abstecher zu Kopenhagens neuster<br />
Trend-Location machen. Etwa zwanzig<br />
Minuten mit dem Stadtbus braucht es,<br />
bis man den auf einer Halbinsel gelegenen<br />
Stadtteil Refshaleøen erreicht. Alternativ<br />
gibt es auch öffentliche Fähren, die vom<br />
Hafen aus verkehren. Der Bezirk gilt aktuell<br />
als Kopenhagens Spielplatz der Kreativszene.<br />
Hier, in einer 7.000 Quadratmeter<br />
großen Industriehalle, befindet sich das<br />
Kunstmuseum Copenhagen Contemporary,<br />
das vor allem raumgreifende Installationen,<br />
Videokunst und großformatige Werke in<br />
Wechselausstellungen zeigt. Nebenan ist<br />
das Areal des Reffen Street Food Market<br />
bei schönem Wetter einen Besuch wert.<br />
Dort reihen sich zahlreiche Imbissstände<br />
aneinander, die Spezialitäten aus aller Welt<br />
anbieten – von der vegetarischen Falafel<br />
über mexikanische Tacos und japanische<br />
Sushi bis zu frisch gegrilltem Fisch. Dazu<br />
gibt es einen tollen Blick auf die Stadt, den<br />
man am besten von einem der im aufgeschütteten<br />
Sand stehenden Liegestühle<br />
aus genießt. Wird es einem zu heiß, kann<br />
man sich nur wenige Meter vom Markt<br />
Baden bei Urban Rigger<br />
FOTO: DAX<br />
entfernt mit einem Sprung ins kühle Nass<br />
Abhilfe verschaffen. Gleich beim Studenten-<br />
Wohnprojekt Urban Rigger, das Schiffscontainer<br />
in stylishe Apartments verwandelt<br />
hat, gibt es dank einer Badeplattform und<br />
abgegrenzten Bahnen die Gelegenheit, in<br />
einem ehemaligen Hafenbecken seine Runden<br />
zu drehen. Sowieso ist das Schwimmen<br />
in Kopenhagens Kanälen und Wasserstraßen<br />
Trend – teils in kostenpflichtigen Bädern<br />
wie dem Hafenbad Islands Brygge, teils an<br />
Stegen und Ufern, die frei zugänglich sind.<br />
Generell ist das Baden in den Stadtgewässern<br />
an allen Stellen erlaubt – dazu gehört<br />
sogar das Nacktbaden, solange man sich im<br />
Wasser aufhält.<br />
Nackte Tatsachen<br />
Jeder Menge nackter Tatsachen begegnet<br />
man auch in Kopenhagens renommierter<br />
Ny Carlsberg Glyptotek, die Skulpturen von<br />
der Antike bis zur Moderne zeigt und in<br />
direkter Nachbarschaft zum Tivoli liegt. Der<br />
dank seiner Innenstadtlage einzigartige Vergnügungspark<br />
gehört zu den ältesten der<br />
Welt und bietet seinen Besuchern eine ganz<br />
spezielle Atmosphäre. Zum einen kommen<br />
hier die Fans rasanter Fahrgeschäfte voll<br />
auf ihre Kosten, zum anderen kann man<br />
im Park eine Reihe verschiedener Konzerte<br />
oder gutes Essen genießen. Natürlich wird<br />
auch der Tivoli während der Copenhagen-<br />
<strong>2021</strong>-Feierlichkeiten eine Rolle spielen:<br />
Neben einem Empfang der internationalen<br />
Pride Organisation InterPride ist auch ein<br />
Konzert für die LGBTIQ*-Community<br />
geplant. *dax<br />
www.copenhagen<strong>2021</strong>.com<br />
www.visitcopenhagen.com
REISE<br />
Inka-Ruine Machu Picchu<br />
PERU<br />
FOTO: LLAMATRIP.COM<br />
Im Land des Regenbogens<br />
Ob auf den Spuren der Inkas, in den<br />
Szeneklubs von Lima oder während<br />
eines Spaziergangs durch die koloniale<br />
Altstadt von Cusco – im Andenstaat<br />
Peru gibt es jede Menge zu entdecken.<br />
Regenbogenflaggen, wohin man schaut.<br />
Wer sich in Peru in die einstige Inka-<br />
Hauptstadt Cusco begibt, wundert sich im<br />
ersten Moment über das überall sichtbare<br />
Symbol der LGBTIQ*-Bewegung. Erst bei<br />
genauerem Hinsehen fällt auf, dass sich<br />
die vor vielen öffentlichen Gebäuden und<br />
an Häusern wie Geschäften wehende<br />
Fahne durch einen zusätzlichen, hellblauen<br />
Streifen von der „Gay Pride“-Version<br />
unterscheidet. 1978 machte<br />
Cusco diese Version zur offiziellen<br />
Stadtflagge, die die kulturelle Vielfalt<br />
und den Stolz der indigenen<br />
Bevölkerung symbolisiert und sich<br />
auf das einstige Inkareich beruft.<br />
Eine erstmalige Verwendung<br />
fand die Flagge wohl Ende des<br />
18. Jahrhunderts während eines<br />
Aufstandes peruanischer Andenbewohner<br />
gegen die spanische<br />
Kolonialmacht.<br />
Barock in den Anden<br />
Die europäischen Eroberer unter Francisco<br />
Pizarro nahmen Cusco 1533 ein, ließen die<br />
Stadt aber weitgehend unberührt. Erst ein<br />
kurz darauf folgender Aufstand sowie ein<br />
großes Erdbeben im Jahr 1650 zerstörten<br />
einen Großteil der Gebäude, nicht aber die<br />
alten Grundmauern der einstigen Tempel<br />
und Paläste aus der Inkazeit. Auf diesen<br />
errichteten die spanischen Kolonialherren<br />
prächtige Kirchen und Klöster wie die<br />
barocke Kathedrale oder das Kloster<br />
Santo Domingo, in dessen Inneren sich<br />
das Inka-Sonnenheiligtum Coricancha<br />
befindet. Wer sich auf einen Spaziergang<br />
durch die zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />
Altstadt von Cusco<br />
gehörende Altstadt begibt, sollte sich Zeit<br />
nehmen. Der Grundriss der Stadt hat sich<br />
seit der Inkazeit kaum verändert, neben<br />
den imposanten Kolonialbauten stößt man<br />
an vielen Ecken auf die aus großen Steinblöcken<br />
fugenlos gebauten Mauern – etwa<br />
in der „Gasse der sieben Schlangen“ oder<br />
an der Calle Hatunrumiyoc, an der man auf<br />
Mauerreste des Palastes des Herrschers<br />
Inca Roca stößt. Zudem sollte man seinem<br />
Körper genügen Zeit geben, sich an die<br />
über 3.400 Höhenmeter zu gewöhnen, auf<br />
denen sich Cusco befindet. Kopfschmerzen<br />
und Atembeschwerden sind bei<br />
Touristen keine Seltenheit. Vor allem das<br />
Trinken von aus Koka-Blättern gebrautem<br />
Tee soll gegen das Aufkommen von<br />
Beschwerden helfen, Apotheken vor<br />
Ort bieten zudem entsprechende<br />
Pillen zur Vorbeugung gegen Symptome<br />
der Höhenkrankheit an. Etwas<br />
oberhalb von Cusco befinden sich<br />
zudem die beeindruckenden Ruinen<br />
der Inka-Stätte Sacsayhuamán mit<br />
ihren gewaltigen Mauern und einem<br />
Kultplatz, auf dem jeweils am 24.<br />
Juni auch heute noch das Sonnenfest<br />
Inti Raymi gefeiert wird.
REISE<br />
Dragshow im La Cueva<br />
Schokoladenverkäufer in Lima<br />
FOTOS: DAX<br />
Inka-Regenbogenflagge<br />
Valle Sagrado<br />
Mystisches Machu Picchu<br />
Cusco dient Perutouristen zudem als<br />
Ausgangspunkt für eine Reise zu der wohl<br />
bekanntesten Inkastätte des Landes. Die<br />
sagenumwobene Ruinenstadt Machu<br />
Picchu erreicht man ab Cusco entweder<br />
mit dem Zug oder zu Fuß im Rahmen einer<br />
geführten, viertägigen Wanderung über<br />
den Inka-Pfad, den täglich maximal 500<br />
Personen begehen können. „Eine weniger<br />
überlaufene Route ist der Salkantay<br />
Trek, eine siebentägige Wanderung mit<br />
Übernachtungen in Lodges, auf der<br />
man 15 unterschiedliche Ökosysteme<br />
kennenlernt.“ Der schwule Peruaner Marco<br />
Arellano kennt sich aus. 2011 gründete er<br />
den ersten LGBTIQ*-Reiseveranstalter des<br />
Landes. Unter dem Namen LlamaTrip organisiert<br />
er verschiedene Touren durch Peru<br />
und Südamerika, etwa in den Regenwald,<br />
die Anden und die Hauptstadt Lima. Dabei<br />
arbeitet er mit Luxusmarken wie Belmond<br />
oder Inkaterra ebenso zusammen wie mit<br />
preiswerteren Budgetunterkünften. Für<br />
Machu Picchu empfiehlt der 43-jährige<br />
Reiseprofi einen Aufenthalt von zwei<br />
Tagen. Einen, um die mystische Ruinenanlage<br />
mit einem Führer zu besichtigen, und<br />
einen zweiten, um das weitläufige Areal<br />
auf eigene Faust zu erkunden oder einen<br />
der benachbarten Berge wie den Huayna<br />
Picchu zu besteigen.<br />
Auf dem Rückweg nach Cusco sollte<br />
man zudem einen Stopp im Tal des<br />
Urubamba-Flusses einplanen. Das Valle<br />
Sagrado („Heiliges Tal“) diente einst als<br />
Kornkammer der Inka. Auch hier finden<br />
sich beeindruckende Ruinen – etwa die<br />
der Festungen Ollantaytambo und<br />
Pisac oder die Terrassen von<br />
Moray und Chinchero. „Das<br />
etwas tiefer gelegene Valle<br />
Sagrado ist auch eine<br />
gute Alternative, um sich<br />
vor einem Besuch von<br />
Cusco zu akklimatisieren<br />
und erst nach dem<br />
Besuch von Machu<br />
Picchu die Kolonialstadt ins<br />
Programm zu nehmen“, so der<br />
Tipp von Marco.<br />
Lima bei Tag und Nacht<br />
Im Gegensatz zur Andenregion hat man<br />
in Lima kein Problem mit Kopfschmerzen<br />
aufgrund von Höhe. Die bekommt man<br />
dafür, wenn man in einer der zahlreichen<br />
Szeneklubs zu lange feiert. Wie in<br />
Lateinamerika üblich, beginnt das Nachtleben<br />
erst weit nach Mitternacht. Einen<br />
ersten Drink kann man beispielsweise im<br />
LGBTIQ*-freundlichen Bazar nehmen, eine<br />
trendige Bar, die in Limas Stadtteil Miraflores<br />
liegt. Hier wohnen zahlreiche Schwule<br />
und Lesben, und auch viele Hotels sind<br />
in der Gegend zu finden, die direkt an die<br />
Museo Larco<br />
Pazifikküste grenzt. Marcos Lieblingsklub<br />
befindet sich im Stadtteil San Borja. Im<br />
La Cueva treffen sich am Wochenende<br />
Schwule und Lesben jenseits der 30, die<br />
hier mit Dragshows und Go-go-Tänzern bis<br />
in den frühen Morgen abfeiern.<br />
Zu viel Zeit im Bett sollte man in<br />
Lima allerdings nicht verbringen,<br />
denn auch tagsüber gibt<br />
es in Perus Hauptstadt jede<br />
Menge zu erleben. Neben<br />
der imposanten Kathedrale<br />
inmitten der Altstadt<br />
und dem benachbarten<br />
Präsidentenpalast lohnt<br />
ein Besuch des aus dem 17.<br />
Jahrhundert stammenden Franziskanerklosters,<br />
in dessen Katakomben<br />
die aufgeschichteten Gebeine tausender<br />
Verstorbener ausgestellt sind. Kunstwerke<br />
aus der Prä-Inka-Zeit findet man im Museo<br />
Larco, einem Privatmuseum, das neben<br />
Keramiken und Goldschmuck vor allem<br />
mit homosexuellen Darstellungen auf<br />
Trinkgefäßen überrascht und beweist, dass<br />
Sex unter Männern im alten Peru offenbar<br />
kein Problem war. Die Politik im modernen<br />
Peru tut sich da offensichtlich schwerer –<br />
bis heute gibt es hier weder die Ehe für alle<br />
noch die Möglichkeit einer eingetragenen<br />
Lebenspartnerschaft. *dax<br />
www.llamatrip.com
REISE<br />
KROATIEN<br />
Auf See mit Prince Charming<br />
FOTOS: DAX, TARAS KORNEV<br />
Nein, mit dem gleichnamigen TV-Format hat die im letzten Jahr<br />
gegründete Prince Charming Gay Cruise nichts zu tun, auch wenn<br />
bei der Premiere im Sommer 2020 ein ehemaliger Teilnehmer<br />
der schwulen Kuppel-Show mit an Bord war. Das Konzept der<br />
Kreuzfahrt entlang der Dalmatinischen Küste ist aber dennoch<br />
äußerst charmant. Mit einem kleinen Boutiqueschiff für maximal<br />
38 Passagiere führt die Route zwischen Split und Dubrovnik zu<br />
traumhaften Buchten, einsamen Stränden und romantischen<br />
Städtchen wie dem auf der gleichnamigen Insel gelegenen<br />
Korčula. Ein Besuch des für seine Wälder und Seen bekannten<br />
Nationalparks Mljet steht ebenso auf dem Programm wie ein<br />
Stopp am wohl schönsten Strand Kroatiens, dem Goldenen Horn<br />
auf der Insel Brač. Die Insel Hvar dagegen lockt mit trendigen<br />
Beach Clubs und dem bekanntesten schwulen Strand Kroatiens<br />
auf der vorgelagerten Insel Jerolim. Natürlich kommen Spaß<br />
und Unterhaltung auf der einwöchigen Tour nicht zu<br />
kurz. Neben täglichen Badestopps und Ausflügen stehen<br />
gemeinsame Abendessen, Dragshows, Yogastunden und<br />
Partys auf dem Programm. Insgesamt drei Termine gibt es<br />
im Juli zur Auswahl, vom 17. bis 24. Juli sogar als „Double<br />
Week“ mit zwei Schiffen gleichzeitig. Die Schiffe selbst<br />
verfügen über moderne Kabinen, einen Whirlpool<br />
sowie Sonnendecks mit FKK-Bereich. Im Preis<br />
ab 1.490 Euro inbegriffen sind Halbpension, zwei<br />
Abendessen und das Unterhaltungsprogramm an Bord.<br />
Für alle Reisen gelten aufgrund der aktuellen Situation<br />
großzügige Stornoregelungen, sollte sich Kroatien zu diesem<br />
Zeitpunkt noch in einem Lockdown befinden oder für das Land<br />
eine RKI-Reisewarnung mit Quarantänepflicht gelten. *dax<br />
www.princecharming.eu<br />
SCHWEIZ<br />
Rund ums<br />
Matterhorn<br />
Das autofreie Bergdorf Zermatt zählt<br />
sicher zu den bekanntesten Urlaubsorten<br />
in der Schweiz. Vor allem als noble<br />
Wintersportregion bekannt, locken ab<br />
Frühjahr auch etliche Wander- und<br />
Mountainbike-Wege zahlreiche Naturliebhaber<br />
und Alpinisten in das nur mit der<br />
Bahn zu erreichende Bergdorf. Der knapp<br />
4.500 Meter hohe Gipfel des Matterhorns<br />
bildet dabei stets eine spektakuläre<br />
Kulisse. Wanderungen ab der Bergstation<br />
Schwarzer See führen etwa hinauf zur<br />
Hörnlihütte, dem „Base Camp“ für die<br />
Matterhornbesteigung. Eine ganz andere<br />
Perspektive bietet sich von dem in über<br />
3.000 Meter gelegenen Gornergrat, den<br />
man in knapp vierzig Minuten von Zermatt<br />
aus mit einer Zahnradbahn erreicht. Neben<br />
dem Matterhorn fasziniert auf einem<br />
360-Grad-Loop ein Panorama aus 29<br />
Viertausendern, darunter das Monte-Rosa-<br />
Massiv sowie die Dufourspitze, der mit<br />
4.634 Metern höchste Berg der Schweiz.<br />
FOTO: PASCAL GERTSCHEN<br />
Nicht weniger atemberaubend ist die<br />
Fahrt hinauf zum Matterhorn Glacier<br />
Paradise. Mit 3.883 Metern ist sie die<br />
höchstgelegene Bergstation Europas,<br />
umgeben von einer überwältigender<br />
Kulisse aus 38 Viertausendern und 14<br />
Gletschern. Ein weiteres Highlight ist der<br />
15 Meter unter der Oberfläche gelegene<br />
Gletscherpalast im Eisfeld zwischen dem<br />
Klein Matterhorn und dem Breithorn,<br />
in dem sich kunstvolle Eisskulpturen<br />
befinden. Ein sicher einmaliges Erlebnis<br />
ist die Umrundung des Matterhorns in<br />
einem Helikopter: Mit Air Zermatt geht es<br />
vom Dorf aus mit 170 km/h hinauf in die<br />
Berg- und Gletscherwelt der Walliser Alpen<br />
mit Blick auf den Theodulgetscher, den<br />
Gornergrat, das Monte-Rosa-Massiv sowie<br />
den Mont Blanc. *dax<br />
www.zermatt.ch<br />
www.myswitzerland.com
REISE<br />
ÖSTERREICH<br />
FOTOS: EDERTOM.COM<br />
Hip am Hochkönig<br />
Hüttenwirte Tom (l.) und Mario<br />
Die Region um den knapp 3.000 Meter<br />
hohen Hochkönig im Salzburger Land<br />
gehört sicher zu einem der schönsten<br />
Wander- und Skigebiete Österreichs.<br />
Dank eines hippen Boutiquehotels und<br />
der wohl einzigen von einem schwulen<br />
Paar geführten Almhütte Österreichs<br />
ist das Dorf Maria Alm eine echte Alternative<br />
zum traditionell eher urigen<br />
Urlaub in den Bergen.<br />
Schafgarbe, Baldrian und Mädesüß – wer<br />
mit Mario über blühende Almwiesen<br />
wandert, kommt der Natur der Alpen ganz<br />
nah. Als „Kräuterbua“ bietet der 34-jährige<br />
Österreicher Kräuterwanderungen auf<br />
dem Natrun an. Der Berg erhebt sich gut<br />
1.200 Meter über dem im Salzburger Land<br />
gelegenen Dorf Maria Alm und lässt sich<br />
entweder zu Fuß oder mit einer Gondelbahn<br />
erreichen. „Die Berge und die Natur<br />
sind ein idealer Stressausgleich“, so Mario.<br />
Der gelernte Friseurmeister war neun Jahre<br />
lang mit einem eigenen Salon selbstständig,<br />
bevor er der Liebe wegen seinen Job aufgab<br />
und auf den Natrun zog. Seine Verbundenheit<br />
mit der Natur sowie das Interesse an<br />
Kräutern und deren Wirkung machte er zu<br />
seinem neuen Beruf. Mit einer Ausbildung<br />
für Traditionelle Europäische Heilkunde im<br />
Rücken gibt er sein Wissen an interessierte<br />
Urlauber weiter. Eine Kräuterwanderung mit<br />
Mario dauert etwa zwei bis drei Stunden,<br />
während der er viel erklärt, Pflanzen<br />
sammelt und im Anschluss verarbeitet.<br />
„Für jedes Wehwehchen ist ein Kraut<br />
gewachsen“, weiß Mario und ist froh, dieses<br />
Wissen auch vermitteln zu können. Was er<br />
auf den Almwiesen nicht findet, aber für<br />
seine Tinkturen, Salben und Tees braucht,<br />
zieht er in seinem eigenen Kräutergarten<br />
gleich neben der Tom Almhütte groß.<br />
Heimatverbunden<br />
Die 2018 eröffnete Hütte ist der eigentliche<br />
Grund, warum es Mario nach Maria Alm<br />
verschlagen hat, denn Marios Verlobter<br />
Tom wurde in dem gut 2.000 Einwohner<br />
zählenden Dorf geboren. Wer mit Tom<br />
ins Gespräch kommt, merkt schnell, dass<br />
man es hier nicht mit einem typischen<br />
Hüttenwirt zu tun hat. Der 35-Jährige,<br />
dessen Namen die Hütte trägt, stammt<br />
aus einer in Maria Alm etablierten<br />
Hoteliersfamilie und kam während seiner<br />
Ausbildung zum Hotelfachmann und in der<br />
Zeit danach viel herum. „Dennoch bin ich<br />
ein sehr heimat- und familienverbundener<br />
Mensch geblieben, und als sich mir die<br />
Chance bot, in meinem Heimatdorf auch<br />
unternehmerisch Fuß zu fassen, hab ich die<br />
Gelegenheit genutzt.“ Der kreative Kopf hat<br />
die Entscheidung nicht bereut. „Mir war klar,<br />
dass, wenn ich in Maria Alm bleibe, ich so<br />
leben will, wie ich bin.“ Seit seinem Comingout<br />
mit 19 gehe das Dorf entspannt mit<br />
seinem Schwulsein um.<br />
Hundehütte<br />
Wer die Tom Almhütte sieht, dem wird<br />
schnell klar, dass die Hütte nicht dem<br />
alpenidyllischen Klischee einer Skihütte<br />
entspricht. Schon vor dem Eingang<br />
werden die Gäste von einer überlebensgroßen<br />
Holzfigur eines Mopses begrüßt.<br />
Choupette heißt das bei Tom und Mario<br />
lebende Tier, das zugleich als Maskottchen<br />
der Hütte fungiert. Die Hütte selbst<br />
verbindet modernes Design wie das riesige<br />
Glasdach, das sich bei schönem Wetter<br />
zur Seite fahren lässt, mit natürlichen<br />
Elementen wie Holz und Stein. Die<br />
Küche setzt auf frische regionale Speisen<br />
und Produkte. „Die Kühe auf der Wiese<br />
unterhalb der Hütte sehen quasi schon, wo<br />
sie einmal enden“, scherzt Tom.<br />
Gipfelstürmer<br />
„Mit der Eröffnung des Boutiquehotels<br />
Sepp unten im Dorf und unserer Hütte hat<br />
sich das Publikum in Maria Alm spürbar<br />
verändert“, so Tom. „Die Gäste sind jünger<br />
und hipper geworden.“ Dabei ist die<br />
Region rund um den Hochkönig ohnehin<br />
ein attraktives Urlaubsziel für Wanderer,<br />
Mountainbiker und Wintersportler. Von<br />
leichten Wanderungen bis zu anspruchsvollen<br />
Hochgebirgstouren gibt es für jedes<br />
Fitnesslevel die passende Möglichkeit, das<br />
grandiose Bergpanorama des Steinernen<br />
Meeres zu genießen. *dax<br />
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FOTO: LUKAS WERLICH<br />
Alle warten darauf, endlich wieder verreisen zu können und auch wenn vieles anders ist als vor<br />
der Pandemie lohnt es sich, die Koffer zu packen und über die Alpen Richtung Süden zu fahren.<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO/SIGNATURE COLLECTION/SERTS<br />
FOTO: ENIT/TERME EUGANEE<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO/ESSENTIALS COLLECTION/XANTANA<br />
Italien lockt schon ab Ostern mit mildem<br />
Klima und hat sich gut auf die Saison <strong>2021</strong><br />
vorbereitet: Abstands – und Hygieneregeln<br />
in öffentlichen Einrichtungen, in Hotels und<br />
Restaurants sorgen genauso wie eine hohe<br />
Impfrate für sicheres Urlauben. Auch wenn es<br />
aktuell noch keine Prides und Events geben<br />
wird, das Angebot für abwechslungsreiche<br />
Urlaubstage ist groß und vielversprechend:<br />
kleine und große Kunststädte bieten nicht nur<br />
beeindruckende Kultur, sondern auch viel Flair<br />
für entspannte Stadtbummel durch verkehrsberuhigte<br />
historische Zentren. Ob Shopping<br />
in angesagten Boutiquen oder auf bunten<br />
Märkten, müßige Stunden im Café oder beim<br />
Sehen-und-Gesehen-Werden auf dem Corso,<br />
der Italian Way of Life macht Spaß und ist im<br />
besten Sinne ansteckend. Städte wie Rom und<br />
Mailand haben eine lebendige LGBTQ*-Szene,<br />
aber auch Küstenorte wie Torre del Lago in<br />
der Toskana oder Gallipoli in Apulien sind<br />
beliebte Ziele der Community. Hier kann<br />
man neben Beachlife auch gut feiern, soweit<br />
es die Lage erlaubt. Des Weiteren lohnen<br />
zahlreiche malerische Orte an der Küste oder<br />
im Hinterland entdeckt zu werden: hier erlebt<br />
man das ursprüngliche Italien und man kann<br />
die authentische Küche am besten genießen.<br />
Ein besonderes Erlebnis sind im Sommer die<br />
Open-Air-Konzerte, von klassisch bis Rock,<br />
die oft an herrlichen Settings stattfinden und<br />
eine ganz besondere Atmosphäre besitzen.<br />
Oldtimer-Fans sollten einmal bei der Mille<br />
Miglia oder der Targa Florio dabei gewesen<br />
sein, entweder mit dem eigenen Wagen oder<br />
als Zuschauer entlang der Strecke. Wer mehr<br />
Adventure sucht, kann sich in den Bergen<br />
der Alpen oder des Apennins beim Climbing,<br />
Rafting oder Skifahren verausgaben. Auch<br />
entlang der rund 8.000 Kilometer langen Küste<br />
bieten sich vielseitige Gelegenheiten vom<br />
Segeln, Surfen bis zum Tauchen. Spezialisierte<br />
Anbieter organisieren zudem Bootsausflüge zu<br />
vorgelagerten Inseln, wie z.B.den Tremiti-Inseln<br />
vor Apulien oder mit Stopps an entlegenen<br />
Buchten wie in Sardinien. Wer sich gerne mit<br />
Wellnessanwendungen verwöhnen lässt, findet<br />
von Nord- bis Süditalien ein breites Angebot an<br />
Einrichtungen wie Wellness-Hotels, Thermalanlagen<br />
mit heißen Quellen und mediterranen<br />
Gärten oder Bäder in Natursteinbecken und<br />
im Vulkanschlamm wie auf der Insel Vulcano.<br />
Liebhaber von Kunst, Design und Kultur sind<br />
in Italien seit jeher am richtigen Platz: mit 55<br />
UNESCO-Welterbestätten führt das Land die<br />
Liste an und das immense Kulturerbe – von<br />
den antiken Zeugnissen der Römer und<br />
Etrusker, über die Araber und Normannen<br />
bis zu den Werken der Renaissance - lässt<br />
auch Kunstmuffel staunen. Wer es lieber<br />
modern und zeitgenössisch mag, findet in<br />
den Sammlungen wie im MART- oder im<br />
MACRO-Museum Werke von italienischen und<br />
internationalen Künstlern und in lebendigen<br />
Vierteln wie Brera in Mailand oder San<br />
Lorenzo in Rom gibt es<br />
Gallerien und Streetart.<br />
www.enit.de<br />
www.italia.it
GESUNDHEIT<br />
SCHLAU ZU HIV<br />
FOTO: CAMILO JIMENEZ / UNSPLASH / CC0<br />
THERAPIEVERSAGEN –<br />
der Herzinfarkt in der HIV-Behandlung<br />
Ziel jeder medikamentösen<br />
HIV-Therapie ist die dauerhafte<br />
Unterdrückung der Virusvermehrung im<br />
Körper. Da sich das Virus aber im Zeitverlauf<br />
verändert und Mutationen entstehen,<br />
kann es sein, dass Arzneimittel gegen das<br />
HI-Virus ihre Wirksamkeit verlieren. Das Virus<br />
hat dann Resistenzen ausgebildet und<br />
kann sich – weil unempfindlich gegen die<br />
laufende Therapie – wieder vermehren. Wie<br />
Resistenzen entstehen, wie hoch unter modernen<br />
Regimen das Risiko eines Therapieversagens<br />
ist und warum es so wichtig ist,<br />
Resistenzbildungen zu vermeiden, erklärt<br />
Professor Dr. Jürgen Rockstroh, Leiter der<br />
Ambulanz für Infektiologie & Immunologie<br />
am UK Bonn.<br />
Beginnt man heute mit einer<br />
HIV-Therapie, wird das HI-Virus vor<br />
der Auswahl des Therapieregimes<br />
auf Resistenzen untersucht. Dabei<br />
hat die Person doch noch gar keine<br />
Arzneimittel gegen die Infektion<br />
genommen. Warum wird das<br />
gemacht?<br />
Es wird nach den Leitlinien für die HIV-<br />
Therapie ein genotypischer Resistenztest<br />
durchgeführt, um festzustellen, ob eine<br />
Ansteckung mit HIV-Varianten vorliegt, die<br />
möglicherweise Medikamentenresistenzen<br />
beherbergen. Statistisch sind diese<br />
Untersuchungen kosteneffektiv, wenn bei<br />
ca. fünf Prozent der Patienten Resistenzen<br />
auftreten. Tatsächlich werden solche<br />
Mutationen bei ca. neun bis zehn Prozent<br />
gefunden. Es gibt allerdings zu diesen<br />
Resistenztests auch kritische Stimmen,<br />
weil die Ersttherapie heute im Wesentlichen<br />
auf Integrasehemmern aufbaut und<br />
zu diesen so gut wie keine resistenten<br />
Mutationen gefunden werden. Dennoch<br />
ist es aber prinzipiell gut zu wissen, welche<br />
Mutationen vorliegen, um zum Beispiel bei<br />
einem Therapiewechsel vorbereitet zu sein.<br />
Unter erfolgreicher antiretroviraler Therapie<br />
ist es heutzutage sehr schwer, genug Viren<br />
für eine genotypische Resistenztestung im<br />
Blut zu finden.<br />
Wie häufig treten heute Resistenzen<br />
auf, was sind die<br />
Gründe dafür und gibt<br />
es Unterschiede bei<br />
den verschiedenen<br />
Wirkstoffen?<br />
Wenn es im Verlauf<br />
der Therapie bei den<br />
Routinechecks zu<br />
einem Anstieg der<br />
Virenlast käme, würde<br />
ebenfalls ein genotypischer<br />
Resistenztest<br />
gemacht, um festzustellen,<br />
ob eventuell eine Mutation stattgefunden<br />
hat, die die Wirksamkeit eines Wirkstoffs<br />
der Therapie vermindert. Das passiert heute<br />
aber sehr viel seltener als früher. Dennoch:<br />
Wie eben erwähnt sind bei ca. zehn<br />
Prozent der Patienten therapierelevante<br />
Mutationen festzustellen. Das bedeutet<br />
aber nicht, dass jede Mutation dazu führt,<br />
dass keine wirksame Kombinationstherapie<br />
zusammengestellt werden kann. Die schon<br />
angesprochenen Integrasehemmer besitzen<br />
heute so eine hohe genetische Barriere,<br />
dass es selbst bei einem Therapieversagen<br />
äußerst selten, sogar fast nie zu einer Mutation<br />
kommt. Die modernen Therapien sind<br />
so potent, dass wir insgesamt einen starken<br />
Rückgang der Resistenzen verzeichnen.<br />
Worauf ist zu achten, wenn man als<br />
Mensch mit HIV das Risiko für eine<br />
Resistenzentwicklung so gering wie<br />
möglich halten will, und was können<br />
Behandler tun, wenn es doch zum<br />
Therapieversagen kommt?<br />
Der wirksamste Schutz gegen Resistenzentwicklungen<br />
ist eine wirksame<br />
Therapie. Sie verhindert ja die<br />
Vermehrung des HI-Virus und<br />
Mutationen treten eben<br />
bei der Vermehrung von<br />
Viren auf. Unsere heutigen<br />
Therapien sind so robust,<br />
dass sie eigentlich ein<br />
Leben lang wirksam bleiben<br />
– wenn sie regelmäßig<br />
eingenommen werden. Es gibt<br />
aber auch Patienten, die Varianten<br />
des Virus haben, die gegen sehr viele<br />
der geläufigsten Wirkstoffe resistent sind.<br />
Zum Beispiel Langzeitpositive, die mit<br />
den ersten Monotherapien behandelt<br />
wurden. Aber auch da gab es 2020/<strong>2021</strong><br />
einen Durchbruch, weil neue Wirkstoffe<br />
zugelassen werden, gegen die es noch<br />
keinerlei Resistenzen geben kann. Also<br />
kann jetzt auch bei den sehr wenigen<br />
Fällen des breiten virologischen Versagens<br />
(Mehrklassenresistenz) eine wirksame<br />
Kombination zusammengestellt werden.<br />
*Interview: Christian Knuth<br />
FOTO: UK BONN
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Seit 20 Jahren in der Community bekannt unter ebab
FILM<br />
INTERVIEW<br />
ANA ORTIZ:<br />
„Love,<br />
Victor“<br />
Mit schwulen Jungs kennt Ana Ortiz sich aus. In<br />
„Alles Betty“ (im Original: „Ugly Betty“) war sie vor<br />
15 Jahren nicht nur die Schwester der Titelheldin, sondern<br />
auch die leidenschaftlich liebende Mutter des unverkennbar<br />
queeren Grundschülers Justin. Nun zeigt die 50-jährige<br />
New Yorkerin in „Love, Victor“ als gläubige Katholikin, dass<br />
die Mutterliebe manchmal auch ein bisschen Zeit braucht,<br />
wenn der Sohn (gespielt von Michael Cimino) sich outet. Ab<br />
dem 23. Februar ist die erste Staffel des Serien-Ablegers<br />
der erfolgreichen Highschool-Komödie „Love, Simon“<br />
in Deutschland bei Disney+ STAR zu sehen (genauso<br />
übrigens wie alle Staffeln „Alles Betty“). Die Dreharbeiten<br />
zur zweiten laufen bereits. Wir sprachen mit Ortiz dazu im<br />
Videotelefonat.<br />
Ana, nach „Alles Betty“ spielen Sie in „Love,<br />
Victor“ nun schon zum zweiten Mal die Mutter<br />
eines queeren Kindes. Damit übernehmen Sie in<br />
gewisser Weise auch eine Art Vorbildfunktion,<br />
nicht wahr?<br />
Die Mütter dieser beiden wunderbaren schwulen Söhne<br />
zu spielen gehört zu den größten Freuden meines Lebens.<br />
Gerade auch, weil diese beiden Frauen ja verschiedene<br />
Seiten des Spektrums zeigen und sehr unterschiedlich<br />
mit der Identität ihrer Jungs umgehen. Hilda erlaubte<br />
niemanden, Justin auch nur schräg anzusehen. Sie<br />
verteidigte ihn und sein Recht, er selbst zu sein, mit<br />
Leib und Seele. Isabel in „Love, Victor“ ist längst nicht so<br />
akzeptierend. Sie glaubt anfangs wirklich, ihr Sohn könnte<br />
in die Hölle kommen. Sie liebt ihn aus ganzem Herzen, hat<br />
aber fürchterliche Angst, was das Leben für ihn bereithält.<br />
Bekommen Sie viele Reaktionen von Müttern, die<br />
sich in diesen Figuren wiedererkennen?<br />
Oh ja, natürlich. Gerade auf Hilda sprechen mich die<br />
Leute immer noch an. Jeder liebte Hilda. Aber ich habe<br />
auch schon von Müttern gehört, die sich mit Isabel<br />
identifizierten und mir mein Beileid zum schwulen Sohn<br />
ausgesprochen haben. Die fanden, dass Isabel ihren<br />
katholischen Werten treu bleiben und Victor in Gottes<br />
Schoß zurückholen soll. Die werden enttäuscht sein,<br />
dass das natürlich nicht die Richtung ist, die unsere Serie<br />
einschlägt. Denn die zweite Staffel „Love, Victor“ wird<br />
noch deutlich schwuler, um es mal so auszudrücken, und<br />
Isabels Liebe zu ihrem Sohn zum Glück nicht kleiner.<br />
Und ich hoffe natürlich, dass auch diese Entwicklung die<br />
eine oder andere Mutter inspirieren und ihre Einstellung<br />
verändern kann.
FILM<br />
In dieser Hinsicht ist eine Serie<br />
wie „Love, Victor“ auch im Jahr<br />
<strong>2021</strong> mehr als bloß eine nette<br />
Highschool-Geschichte?<br />
Auf jeden Fall. Denn auch wenn es wie ein<br />
Klischee klingt: Repräsentation ist wichtig.<br />
Sich selbst bzw. Menschen, die sind wie<br />
man selbst, auf dem Bildschirm zu sehen,<br />
ist unglaublich wichtig. Und „Love, Victor“<br />
ist da tatsächlich ziemlich einzigartig, weil<br />
es gleich in zweifacher Hinsicht Lebenserfahrungen<br />
zeigt, die man sonst nicht alle<br />
Tage in Serien zu sehen bekommt. Junge<br />
Menschen, die herausfinden, wer sie sind<br />
und was sie wollen, ist das eine. Für die ist<br />
es, wenn ich nach den Reaktionen vieler<br />
queerer Kids auf die Serie gehe, enorm<br />
hilfreich, jemanden zu sehen, der das<br />
gleiche durchmacht und auch nicht weiß,<br />
wie er mit seinen Eltern darüber sprechen<br />
soll. Aber zum anderen ist auch der Alltag<br />
einer puerto-ricanischen Familie im Fernsehen<br />
wirklich eine Seltenheit. Ich freue<br />
mich wirklich sehr, dass unsere Serie auf<br />
Diversität, Inklusion und Repräsentation in<br />
mehr als nur einer Hinsicht setzt.<br />
Hat sich in dieser Hinsicht viel getan<br />
in den mehr als 20 Jahren.<br />
Oh ja, einiges. Die Vielfalt an Geschichten<br />
und Gesichtern ist heute eine ganz andere<br />
als damals, das kann man null vergleichen.<br />
Aber wir können uns auf diesen Fortschritten<br />
nicht ausruhen, denn es ist nicht so,<br />
dass es ausreichende und umfassende<br />
Repräsentation in alle Richtungen gäbe.<br />
Und das sage ich als Latinx-Schauspielerin<br />
nicht nur mit Blick auf Diversität in Sachen<br />
Hautfarbe und Herkunft.<br />
Sondern?<br />
Auch diesbezüglich ist natürlich nach<br />
wie vor Luft nach oben. „Love, Victor“ ist<br />
beispielsweise, wie gesagt, eine von nicht<br />
einmal einer Handvoll Serien, deren zentrale<br />
Figuren Latinx sind. Aber zum Beispiel<br />
ist unsere Branche und das, wovon wir in<br />
Serien erzählen, auch immer noch ziemlich<br />
altersdiskriminierend. Geschichten mit<br />
Frauen über fünfzig Jahren im Zentrum sind<br />
beispielsweise auch eine Seltenheit. Auch in<br />
Sachen sozialer Herkunft wird diskriminiert:<br />
Wir lieben Shows über gut situierte bis<br />
reiche Familien, aber die Arbeiterklasse wird<br />
eher selten gezeigt. An allen diesen Fronten<br />
können und müssen wir noch arbeiten.<br />
Eine letzte Frage noch zu Brian Tanen,<br />
dem schwulen Drehbuchautor und Produzenten,<br />
der einer der Showrunner bei<br />
„Love, Victor“ ist. Sie beide verbindet<br />
eine enge Beziehung, richtig?<br />
Oh ja, nach „Alles Betty“ und „Devious<br />
Maids“ ist „Love, Victor“ schon unsere dritte<br />
gemeinsame Serie. Ich liebe diesen Mann<br />
und würde mit ihm durchs Feuer gehen.<br />
Wenn er an einem Writers’ Room beteiligt<br />
ist, weiß man als Schauspieler*in, dass<br />
man in guten Händen ist. Bei „Love, Victor“<br />
gilt das mehr denn je, denn da werden wir<br />
von den Autor*innen enorm eingebunden.<br />
Das ist ein sehr bunt gemischter Haufen<br />
von Menschen, mit sehr verschiedenen<br />
Erfahrungshorizonten und Hintergründen,<br />
und wir können jederzeit Fragen stellen und<br />
Ideen einbringen. Im Zweifelsfall schicke ich<br />
auch mal nachts eine Textnachricht, wenn<br />
mir etwas auf dem Herzen liegt. Und Brian<br />
ist auch nie empfindlich, wenn man mal bei<br />
einem Dialog sagt: „Sorry, irgendwie klingt<br />
das so nicht authentisch.“ Im Gegenteil<br />
freuen er und die anderen sich immer über<br />
Input, schließlich wollen alle die Geschichte<br />
so wahrhaftig wie möglich erzählen.<br />
*Interview: Patrick Heidmann<br />
Mehr Features dieser Art auf<br />
instagram.com/blumediengruppe
FILM<br />
Ist es denn einfacher, mit Unternehmen<br />
wie Sky zu arbeiten?<br />
„Das Boot“ wird in über achtzig Länder<br />
verkauft, von englischen Autor*innen<br />
geschrieben, ist international besetzt. Da<br />
wird auf jeden Fall größer gedacht. Und<br />
etwas mehr Geld zu haben, macht das<br />
Arbeiten auf jeden Fall einfacher.<br />
Wie hat sich denn das Arbeiten durch<br />
die Pandemie verändert?<br />
Bei „Ein Schwarzwaldkrimi“ wurden wir<br />
durchgetestet, das war im Sommer 2020.<br />
Für mich als Schauspieler hat sich da wenig<br />
verändert, außer, dass man eben getestet<br />
wurde. „Das Boot“ wird in Prag gedreht,<br />
da musste ich dann immer 5 Tage vorher<br />
anreisen, im Hotelzimmer in Quarantäne<br />
sitzen und dann erst zum Set ... Aber<br />
in Relation zu dem, was andere gerade<br />
durchmachen, ist das ein Luxusproblem.<br />
Für die Produktionen ist es eben scheiße,<br />
weil es so viel teurer ist. Am Anfang fand<br />
ich es sogar toll, weil ich so viel mehr Zeit<br />
hatte, mich auf die Rollen vorzubereiten.<br />
DAVID<br />
ZIMMERSCHIED:<br />
„Ich bin sehr gut und gerne alleine“<br />
In „Ein Schwarzwaldkrimi“ spielst du<br />
einen Nerd. Wie nah ist diese Rolle an<br />
dir dran?<br />
Es gibt natürlich Elemente, die mir geläufig<br />
sind. In einer fremden Umgebung fühle ich<br />
mich manchmal nicht wohl, so wie sich dieser<br />
Archivar wahrscheinlich mit Menschen<br />
nie so richtig wohlfühlt. Er sitzt da in seinem<br />
Archiv und wirkt etwas soziopathisch. Die<br />
Parallele ist vielleicht, dass er gerne und gut<br />
alleine sein kann.<br />
War die Brille denn deine Idee?<br />
Das war eine Idee vom Regisseur, glaube<br />
ich. (lacht) Über die kann man natürlich diskutieren,<br />
ich habe sie bei der Vorbereitung<br />
zur Rolle zwei Monate lang auch zu Hause<br />
umgehabt, um mich daran zu gewöhnen.<br />
INTERVIEW<br />
Gerade sah man ihn im erfolgreichen ZDF-Zweiteiler „Waldgericht – Ein<br />
Schwarzwaldkrimi“, kennen wirst du ihn aber auch aus „Elser – Er hätte die<br />
Welt verändert“ und durch die Sky-Serie „Das Boot“ an der Seite von Clemens<br />
Schick. Für uns hatte der Schauspieler etwas Zeit.<br />
Ich denke, sie macht Sinn, denn ohne sie<br />
wäre es womöglich nur der David, der eben<br />
in einem Archiv sitzt ... Es ist natürlich ein<br />
Klischee, aber wenn man Klischees aufgrund<br />
einer inneren Haltung benutzt, nicht<br />
um ihrer selbst willen, dann ist das okay.<br />
Was macht für dich einen guten Film,<br />
eine gute Serie aus?<br />
Da landet man in Deutschland immer<br />
beim Wort Mut. Ich glaube, es werden viele<br />
unmutige Entscheidungen getroffen von<br />
Leuten, die ihren Posten nicht verlieren<br />
wollen und die immer wieder über das<br />
unsägliche Wort Einschaltquoten reden.<br />
Der Zuschauer wird unterschätzt. Oft<br />
entscheiden Bürokraten Dinge, wo man<br />
kreativ sein sollte.<br />
Bayern hat recht strikte Corona-<br />
Beschränkungen, beeinflusst das<br />
deinen Alltag sehr?<br />
Ich war tatsächlich schon vor der Pandemie<br />
ab 20 Uhr eher selten aus. Ich habe das<br />
Glück, dass ich genug Geld habe, mir meine<br />
Wohnung und Essen leisten zu können,<br />
auch mit dem Alleinsein komme ich sehr<br />
gut aus. Weihnachten und Silvester habe<br />
ich komplett ausfallen lassen und auch<br />
nicht meine Eltern in Niederbayern besucht.<br />
Was auch daran liegt, dass ich ab Februar an<br />
einem Kinofilm drehe und auf der sicheren<br />
Seite sein will. Ich bin sehr gut und gerne<br />
alleine, für mich ist es kein Problem.<br />
Wie stehst du zum Thema Impfung?<br />
Ich habe großen Respekt vor Corona,<br />
weil alles weiterhin so undurchsichtig ist,<br />
seien es die Infektionswege oder auch<br />
die Folgeschäden. Aber ich vertraue der<br />
Wissenschaft und ich werde mich impfen<br />
lassen, wenn es verlangt wird. Ich habe<br />
aber nicht so richtig Vertrauen in die<br />
Pharmaindustrie.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
ÜBER DAVID ZIMMERSCHIED<br />
Für „Der Pass“ gab es 2020 den Grimme-<br />
Preis, für „Unsere Mütter, unsere Väter“<br />
2014 die Goldene Kamera. Er ist dank „Das<br />
Boot“, „Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“<br />
und Serien wie „München Mord“ sowie<br />
„SOKO Leipzig“ einer der erfolgreichsten<br />
Kino- und Theaterschauspieler Deutschlands.<br />
Geboren wurde David Zimmerschied<br />
am 15. November 1983 in Bayern, er lebt in<br />
München.<br />
www.instagram.com/zimmerschied_official
immer aktuell<br />
informiert<br />
www.männer.media
FILM<br />
DVD<br />
VENTO SECO<br />
FOTO: WWW.GMFILMS.DE<br />
Ein erotischer Sturm der Liebe: „VENTO<br />
SECO“ aus dem Hause GMfilms.<br />
Erzählt wird in dem Spielfilm, der 2020 seine<br />
Uraufführung auf der Berlinale feiern konnte,<br />
von den (Irr-)Wegen eines Männerpaares.<br />
Sandro und Ricardo führen eine eigentlich<br />
rein sexuelle Beziehung in der tiefsten<br />
Provinz Brasiliens. Wirklich nur sexuell, so<br />
denken die beiden von der Machokultur<br />
geprägten Kerle zumindest. Denn als der<br />
scheinbar einem Tom-of-Finland-Bild entsprungene<br />
Maicon auftaucht und eine Affäre<br />
mit Ricardo beginnt, merkt Sandro, dass da<br />
doch mehr im Spiel ist als nur Lust. Tatsächlich<br />
Liebe? Seine aufkommende Eifersucht<br />
zeigt ihm, dass er Ricardo für mehr haben<br />
will als bloß für Sex. Regisseur Daniel Nolasco<br />
gelingt es meisterhaft, den Zuschauer über<br />
100 Minuten lang zu unterhalten, nicht nur<br />
mit bloßer Erotik. Die Emotionen schwappen<br />
so schnell über, wie die Körperhaare der<br />
Schauspieler sich beim Sex und Arbeiten in<br />
der Hitze wiegen. Gelungen! *rä<br />
www.gmfilms.de<br />
VOD / DVD<br />
Loyalität und sexuelle<br />
Unterordnung<br />
Kein Streifen für Freunde leichter Unterhaltung, aber ein gar nicht so<br />
unrealistischer Blick auf schwules Leben und derbe Machokultur in<br />
Südamerika.<br />
FOTOS: SALZGEBER<br />
Die Gefängnisse Chiles gelten als<br />
lebensgefährlich, dreckig, brutal<br />
und verstörend. Ausgerechnet,<br />
nein, genau hier lässt Regisseur<br />
Sebastián Muñoz eine schwule<br />
Beziehung aufkeimen.<br />
Erzählt wird in seinem Film „Der<br />
Prinz“ die tragische Geschichte<br />
vom 20-jährigen Jaime, der<br />
seinen – in aller Heimlichkeit von<br />
ihm begehrten – besten Freund<br />
ersticht. Jaime landet im Gefängnis<br />
und trifft dort auf Potro, den Boss<br />
der Gruppenzelle, in der Jaime<br />
seine Strafe absitzen muss. Potro,<br />
genannt der Hengst, erwählt Jaime<br />
zu seinem Prinzen und beschützt<br />
ihn, erwartet aber im Gegenzug<br />
sexuelle Unterordnung und<br />
Loyalität von seinem Schützling.<br />
Jaime, auf der Suche nach Wärme<br />
und Zärtlichkeit, geht auf Potros<br />
unmissverständliches „Werben“ ein.<br />
Doch ein Gefängnis ist alles andere<br />
als eine sichere Welt für schwule<br />
Beziehungen.<br />
Ein packender und brutaler schwuler<br />
Film, der bei den Filmfestspielen<br />
in Venedig mit dem „Queeren<br />
Löwen“ ausgezeichnet wurde und<br />
nun dank Salzgeber als Video on<br />
Demand und DVD zu sehen ist. *rä<br />
www.salzgeber.de
MACH, WAS WIRKLICH ZÄHLT.<br />
FRIEDEN<br />
ERWARTEN<br />
ODER FRIEDEN<br />
STÄRKEN?<br />
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MUSIK<br />
COMEBACK<br />
RAG'N'BONE MAN:<br />
Kaum Raum für Selbstmitleid<br />
Wer an Rag 'n' Bone Man denkt, der hat sofort<br />
„Human“ im Ohr. Diesen phänomenalen Monsterhit<br />
aus dem Herbst 2016, mit dem der Engländer –<br />
wie auch mit dem Debütalbum gleichen Namens<br />
– auf der ganzen Welt unbeschreiblich<br />
abräumte und zu einem Weltstar wurde.<br />
Wenn auch zu einem, der dem Rummel<br />
skeptisch gegenübersteht. „Ich bin<br />
ein normaler Typ, der gerne singt<br />
und ein ruhiges Leben hatte“, sagt<br />
er. „Ich liebe die Bühne, aber es<br />
gibt selbstbewusstere Künstler<br />
als mich.“ Nach einigen<br />
Jahren der privaten Zurückgezogenheit<br />
heißt es jetzt<br />
allerdings: Willkommen<br />
zurück im Rampenlicht.
Eine Sache möchte Rory Graham, wie<br />
der Rag 'n' Bone Man bürgerlich heißt,<br />
gleich klarstellen: „Für mich ist ‚Life by<br />
Misadventure‘ nicht wirklich ein Trennungsalbum.<br />
Ich habe mich sehr darum<br />
bemüht, den Anteil an Herzschmerz in<br />
Grenzen zu halten. Okay, vielleicht gibt<br />
es den einen oder anderen Song, an dem<br />
der Liebeskummer so ein wenig emporkriecht,<br />
aber insgesamt sind die Stücke<br />
nicht sehr weinerlich.“ Was auch damit<br />
zusammenhängt, dass der Rag 'n' Bone<br />
Man den überwiegenden Anteil der neuen<br />
Lieder schon geschrieben hatte, als sich<br />
der Liebesmist in seinem Leben Bahn<br />
brach. „Die meisten Songs sind entstanden,<br />
als es mir richtig, richtig gut ging. Ich<br />
war angekommen im Leben, Vater geworden,<br />
frisch verheiratet. Alles war gut.“ Rory<br />
und seine langjährige Partnerin begrüßten<br />
im September 2017 ihren Sohnemann<br />
Reuben, sie zogen in ein stattliches<br />
Anwesen in seiner Heimatstadt Brighton,<br />
heirateten im Mai 2019 – und trennten<br />
sich am Ende desselben Jahres. „Ich<br />
fühlte mich verdammt traurig und allein“,<br />
so der Sänger mit der beeindruckenden<br />
Statur und der noch beeindruckenderen<br />
Stimme. „Zu allem Überfluss ging es dann<br />
auch noch mit der Pandemie los. Ich war<br />
und bin der festen Überzeugung, dass<br />
die Welt gerade nichts weniger dringend<br />
braucht als weitere deprimierende Lieder<br />
über eine kaputtgegangene Liebe. Ich<br />
finde, die Menschen müssen gerade nicht<br />
noch weiter runtergezogen, sondern aufgerichtet<br />
werden.“ Freilich badet der im<br />
Januar 36 Jahre alt gewordene Graham<br />
im Album auch schon mal im Selbstmitleid,<br />
im intensiv-traurigen „Talking to<br />
Myself“ zum Beispiel. Einmal mussten<br />
diese Gefühle einfach raus. „Oh yeah, was<br />
für ein selbstsüchtiger Song. Was für ein<br />
‚Ich-armer-Kerl‘-Song. Wenn ich den jetzt<br />
höre, denke ich ‚Was für ein pathetisches<br />
Geheule‘. Aber der Song ist gut. Und<br />
er ist wahr. Ein Schnappschuss meines<br />
Lebens.“ Er habe kein selbstmitleidiges,<br />
sondern ein geradezu schmerzhaft ehrliches<br />
Album machen wollen, sagt Rory.<br />
Sehr freundlich und aufgeräumt guckt<br />
Rory Graham beim Gespräch in die<br />
Computerkamera. Es ist<br />
Montagvormittag,<br />
Sohn Reuben hat er gerade im Kindergarten<br />
abgeliefert („Er geht da drei<br />
Mal die Woche hin. Es ist gut für ihn,<br />
eine Struktur zu haben“). Jetzt noch<br />
ein paar Zoom-Interviews und „danach<br />
werde ich zu einem kleinen Spaziergang<br />
antreten.“ Das Leben hat sich wieder<br />
beruhigt in Brighton. Nach einer ersten<br />
fehlgeschlagenen Romanze, die Rory im<br />
Lied „Fall in Love Again“ thematisiert,<br />
ist er seit mehreren Monaten wieder<br />
liiert, und zwar mit einer Mitarbeiterin<br />
jenes Cafés um die Ecke, in dem er<br />
morgens gerne seinen Latte trinkt. Die<br />
Erleichterung und Freude, dass „Life by<br />
Misadventure“ endlich das Licht der Welt<br />
erblickt, steht dem Sänger, der einst in<br />
der Kneipenszene von Brighton seine<br />
ersten scheuen und zaghaften, vom<br />
jovial-kommunikativen Vater sowie ein<br />
paar Pints Lager forcierten, gesanglichen<br />
Gehversuche machte,<br />
ins Gesicht geschrieben.<br />
Intensiv genug daran<br />
gearbeitet hat er.<br />
Aufgenommen<br />
hat Rory das<br />
Album<br />
MUSIK<br />
in Nashville, im Studio des Top-<br />
Produzenten Mike Elizondo (Eminem,<br />
Alanis Morissette). Dabei zeichnete<br />
sich mehr und mehr ab, „dass wir die<br />
Kurve in Richtung eines Gitarrenalbums<br />
nehmen“. Der auf dem Debüt „Human“<br />
noch prägende Blues-Anteil fällt jetzt<br />
deutlich geringer aus. Dafür gesellen sich<br />
Funk, ein wenig Gospel („Somewhere<br />
Along the Way“) und eine gute Ladung<br />
Pop (wie im hinreißenden Piano-Song<br />
„Anywhere Away from Here“) stilistisch<br />
hinzu. „Mit den extrem großartigen Musikern<br />
in Nashville haben wir das Album<br />
schließlich komplett live eingespielt“,<br />
erzählt der Rag'n'Bone Man stolz. „Ich<br />
wollte, dass es so roh und so ehrlich,<br />
notfalls auch so unbequem ist wie nur<br />
möglich.“ Roter Faden der Songs, so Rory,<br />
seien seine „Sorgen und Zukunftsängste,<br />
insbesondere jetzt als Vater“. Dass „Life<br />
by Misadventure“ trotzdem insgesamt<br />
fröhlicher und heiterer klingt als das<br />
„Human“-Album, hat sogar schon<br />
Grahams Mum festgestellt. „Sie hat mich<br />
gelobt und gesagt, dass sie beim neuen<br />
Album weniger geweint hat als beim<br />
ersten.“<br />
*Steffen Rüth<br />
FOTOS: COLUMBIA RECORDS/SONY MUSIC
MUSIK<br />
FOTO: EARMUSIC/TINA KORHONEN<br />
COMEBACK<br />
BONNIE TYLER:<br />
Definitiv Bonnie<br />
Die Waliserin mit der rauchigen<br />
Mordsröhre, die jetzt ihr starkes<br />
neues Album „The Best Is Yet to Come“<br />
veröffentlicht, hat auch kurz vor ihrem<br />
70. Geburtstag so rein gar nichts von ihrer<br />
Lebensfreude eingebüßt. Im Gegenteil.<br />
Dass sie nicht auf TikTok tanzen oder sich<br />
auf Instagram im Bikini räkeln musste, um<br />
ihre Popkarriere in den späten Siebzigern<br />
anzuschieben, bereut Bonnie Tyler<br />
nicht im Geringsten. „Wäre ich heute 19<br />
und nicht 69, dann würde ich das Spiel<br />
wahrscheinlich mitspielen, aber ich bin<br />
froh, dass es bei mir damals noch auf die<br />
althergebrachte Art funktionierte.“ Tyler,<br />
die aus einer Kleinstadt in Wales stammt<br />
und nach der Schule zunächst Make-up<br />
und Klamotten verkaufte, bewarb sich<br />
ganz klassisch und erfolgreich auf eine<br />
Zeitungsannonce, in der eine junge Frau<br />
als Harmoniesängerin gesucht wurde. An<br />
sechs Abenden pro Woche sang sie, „oft<br />
in Klubs für hart arbeitende Männer in<br />
den Bingo-Pausen oder neben der Dartscheibe“,<br />
so ziemlich alles – von Blues über<br />
Rock bis zu Tanzmusik. Lange blieb ihre<br />
Stimme nicht im „Verborgenen“, mit „Lost<br />
in France“ gelang Bonnie in den späten<br />
Siebzigern ihr erster Hit, der vor allem in<br />
Deutschland zündete („Auf deutschen<br />
Bühnen habe ich den letzten Rest meiner<br />
Schüchternheit eingebüßt“). Was folgte,<br />
war eine Weltkarriere mit unvergessenen<br />
Hits wie „Total Eclipse of the Heart“ oder<br />
„Holding Out for a Hero“. Bonnie Tyler war<br />
im Grunde nie weg, dennoch erlebt die<br />
kesse Britin in den letzten Jahren eine Art<br />
Renaissance. Das Album „Between the<br />
Earth and the Stars“ überzeugte 2019<br />
unter anderem mit Duett-Partnern wie<br />
Rod Stewart und Cliff Richard, auf ihrem<br />
neuen Werk „The Best Is Yet to Come“<br />
begeistert Bonnies kraftvolle Stimme ganz<br />
im Alleingang. „Als ich den Titelsong hörte“,<br />
so Tyler, „wusste ich sofort: ‚Das bin ich‘.<br />
Überhaupt ist dieses gesamte Album total<br />
und definitiv Bonnie. Ich habe es ganz kurz<br />
vor Corona mit dem Produzenten David<br />
Mackay aufgenommen. Der gute alte David.<br />
Wir hatten schon 1978 ‚It’s a Heartache‘<br />
zusammen gemacht. Und ich dachte die<br />
ganze Zeit so: ‚Wahnsinn, ich fühle mich<br />
wieder wie damals, wie mit 26‘. So frisch<br />
und voller Enthusiasmus.“<br />
Bonnies Lebenslust ist in den neuen Songs<br />
nicht zu überhören und auch ihre Texte<br />
kommen mitunter jugendlich ungestüm,<br />
geradezu frivol daher. „Nicht wahr? Es geht<br />
ganz schön zur Sache, in ‚Call Me Thunder‘<br />
zum Beispiel. Ich hatte erst Bedenken,<br />
ob die Nummer für eine fast 70-Jährige<br />
nicht etwas zu wild und explizit sei. Mein<br />
Produzent David meinte nur: ‚Quatsch, du<br />
kannst das machen‘. Also singe ich über<br />
das, was mein Mann und ich einst so am<br />
Strand getrieben haben … und vielleicht<br />
immer noch treiben (lacht). Wir sind noch<br />
sehr lebendig, Darling.“ Das glaubt man<br />
gern, zumal das Paar – Bonnie Tyler und<br />
der Immobilienentwickler Robert Sullivan<br />
sind seit 1973 verheiratet – immer noch<br />
gerne Neues ausprobiert. „Im goldenen<br />
Alter von 69 Jahren hat mein Mann mir<br />
im vergangenen Sommer tatsächlich das<br />
Schwimmen beigebracht“, prustet Bonnie.<br />
Die beiden halten sich seit <strong>März</strong> 2020 ohne<br />
Unterbrechung in ihrer Villa an der Algarve<br />
auf, gehen viel spazieren oder kochen<br />
gemeinsam, was man halt so macht in<br />
Pandemiezeiten. „Aber irgendwann kam<br />
der Punkt, an dem ich entschied: Ich will<br />
das jetzt endlich lernen.“ Ins tiefe Wasser<br />
traue sie sich noch nicht, gibt Bonnie zu,<br />
und auch ins Meer wage sie sich nur so<br />
weit vor, solange sie noch stehen kann:<br />
„Es ist noch Luft nach oben. Ich habe jetzt<br />
richtig Blut geleckt.“ *Steffen Rüth
MUSIK<br />
POP<br />
100 % Sia<br />
Was für ein Cover! Sängerin<br />
Sia veröffentlichte gerade ihr<br />
achtes Studioalbum „Music<br />
– Songs from and Inspired<br />
by the Motion Picture“. Die<br />
Albumankündigung der<br />
neunfach Grammy-nominierten Multiplatin-Künstlerin wird<br />
begleitet von der neuen Single „Hey Boy“, die Sia gemeinsam<br />
mit Jesse Shatkin und KAMILLE schrieb und von Jesse<br />
Shatkin produzieren ließ. Das Album umfasst insgesamt 14<br />
Songs, die sowohl speziell für ihren kommenden Film als<br />
auch inspiriert von dem Projekt geschrieben wurden.<br />
CALIFORNIAN<br />
SOIL<br />
SOUL<br />
Celeste „Not Your Muse“<br />
Sie ist DIE Newcomerin<br />
und ein Liebling der Kritiker,<br />
Celeste. UK-Soul der<br />
allerhöchsten Güteklasse!<br />
Unsere Anspieltipps auf<br />
dem grandiosen Album<br />
„Not Your Muse“ sind „Ideal<br />
Woman“ und „Some Goodbyes<br />
Come with Hellos“. *rä<br />
DAS NEUE ALBUM | AB 9. APRIL <strong>2021</strong><br />
ALS CD, VINYL ODER DELUXE-SET<br />
IM HARDCOVER-BOOK<br />
POP<br />
Wieder da: Zara Larsson<br />
„Poster Girl“ lautet der<br />
Name des neuen Albums<br />
der stimmstarken Schwedin,<br />
die auch schon unser Cover<br />
zierte und zusammen mit<br />
der queeren Band Clean<br />
Bandit einen Welthit landete:<br />
„Symphony“. Jetzt meldet<br />
sie sich endlich zurück<br />
und begeistert mit großer<br />
Stimme und eingängigen Melodien. Ein grooviger Beweis,<br />
dass Schweden Popmusik im Blut haben. Unser Anspieltipp<br />
ist „Talk About Love“. *rä<br />
London_Grammar_AZ_83x128_blu_magazin.indd 1 03.02.21 15:27<br />
exquisite gay matchmaking<br />
TIPP<br />
SG Lewis und Nile Rodgers<br />
Der Künstler hinter Klassikern<br />
wie „Good Times“, „Like<br />
a Virgin“ und „Get Lucky“,<br />
Nile Rodgers, räumt gerade<br />
mit einem eigenen Klassiker<br />
als Remix in den Charts ab<br />
(„Everybody Dance“ mit<br />
Cedric Gervais x Franklin),<br />
hatte aber auch Lust auf<br />
NEUES. Also tat er sich<br />
mit Newcomer SG LEWIS zusammen. „One More“ ist eine<br />
gelungene Zusammenarbeit mit dem Ausnahmetalent,<br />
dessen Album „times“ gerade erschienen ist. Das Werk, auf<br />
dem auch Robyn zu hören ist, wurde mit einem Streaming-<br />
Event präsentiert. *rä<br />
Er sucht Ihn mit Niveau<br />
Deutschlandweite persönliche Partnervermittlung<br />
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MUSIK<br />
NACHGEFRAGT<br />
BIRDY: BITTERSÜSS<br />
Die Engländerin mit den<br />
schönen Piano-Popsongs wie<br />
„People Help The People“ ist nach<br />
fünf Jahren und einer kleinen Lebensund<br />
Liebeskrise zurück – mit dem<br />
an Melancholie wie Melodie reichen<br />
vierten Album „Young Heart“.<br />
Jasmine Lucilla Elizabeth Jennifer van den<br />
Bogaerde, kurz Birdy, bibbert. Am Vortag<br />
erst ist die Pop-Singer/Songwriterin von<br />
einem ausgedehnten Aufenthalt in ihrem<br />
Elternhaus im südenglischen New Forest<br />
bei Southampton in ihre Wohnung im<br />
Stadtteil Notting Hill zurückgekehrt, und<br />
schon gibt es Ärger: In London flockt<br />
ausnahmsweise ein wenig Schnee und in<br />
Birdys Butze ist die Heizung ausgefallen:<br />
„Eigentlich sollte der Techniker schon vor<br />
einer Stunde gekommen sein. Ich muss<br />
wohl noch mal dort anrufen“, echauffiert<br />
sich die 24-Jährige, angesichts der<br />
Umstände durchaus noch recht mild.<br />
„Dann gehe ich so lange einkaufen, denn<br />
der Kühlschrank funktioniert zwar, ist aber<br />
leer.“ Birdy hat die Pandemie weitgehend<br />
bei der Familie ausgesessen, mitten in der<br />
Natur und nicht weit entfernt vom Meer.<br />
Das neue Album „Young Heart“ ist schon<br />
seit geraumer Zeit fertig und so widmete<br />
sich die Künstlerin zuletzt vorwiegend der<br />
Malerei und dem Müßiggang. Die Kontemplation<br />
hat sich die überwiegend am Piano<br />
komponierende Künstlerin auch verdient:<br />
Im zarten Alter von 14 Jahren gelang Birdy<br />
mit einer sehr hübschen Version von Bon<br />
Ivers „Skinny Love“ der internationale<br />
Erfolgsdurchbruch – „und in all den Jahren<br />
danach hatte ich kaum je eine wirkliche<br />
Pause vom Musikgeschäft“. Auch gab<br />
es da vor einigen Jahren diese nicht so<br />
schöne Trennung,<br />
die Birdy nicht nur<br />
ziemlich mitgenommen,<br />
sondern ihr auch<br />
den Stoff für „Young<br />
Heart“ geliefert hat:<br />
„Wenn ich in sehr<br />
starken emotionalen<br />
Turbulenzen stecke,<br />
dann kann ich<br />
mich nicht sofort<br />
hinsetzen und darüber<br />
schreiben. Ich brauche<br />
immer einen gewissen<br />
Abstand, um alles zu verarbeiten und<br />
mich dann ans Piano zu setzen und die<br />
Schleusen zu öffnen.“<br />
Das Ende der bisher größten Liebe ihres<br />
noch jungen Lebens verarbeitete Birdy in<br />
aller Intensität. In der aktuellen, melodisch<br />
mitreißenden Single „Surrender“ versucht<br />
sie zu verstehen, was schiefgelaufen ist,<br />
und im Titelsong, Birdys Lieblingsstück<br />
der Platte, räumt sie ein, ihren Ex-Freund<br />
trotzdem noch zu lieben. „Der Song ist<br />
sehr bittersüß. Eigentlich ist das ganze<br />
Album sehr bittersüß. Man kann den<br />
anderen bewusst zurücklassen und ihn<br />
dennoch furchtbar vermissen. Nicht jeder<br />
Konflikt lässt sich einfach so auflösen.“<br />
Zum Schreiben der neuen Lieder, die im<br />
Vergleich zu den Songs ihres letzten, recht<br />
knallig und plakativ-poppigen Albums<br />
„Beautiful Lies“ deutlich zurückhaltender,<br />
roher und intimer klingen (und in ihrer<br />
melancholischen<br />
Verletzlichkeit ein wenig<br />
an die zwei jüngsten<br />
Taylor-Swift-Alben<br />
erinnern), begab sich<br />
Birdy mehrmals nach<br />
Los Angeles. In ihrem<br />
Quartier – einem alten<br />
Haus in der etwas abgelegenen,<br />
aber doch nur<br />
zwanzig Autominuten<br />
vom Meer entfernten<br />
Hippie-Enklave Topanga<br />
Canyon – hörte Birdy<br />
sehr viel Joni Mitchell, was auf „Young<br />
Heart“ einen ebenso unüberhörbaren wie<br />
angenehmen Einfluss ausgeübt hat.<br />
Dass mit „Loneliness“ und „Deepest<br />
Lonely“ auf dem neuen Album gleich zwei<br />
Songs über die Einsamkeit zu finden sind,<br />
könnte Anlass zur Sorge um dieses junge<br />
Herz geben, muss es aber nicht: „Das sind<br />
eher Liebeslieder an die Einsamkeit. Ich bin<br />
gerne allein und genieße es, in fremden,<br />
exotischen Städten umher zu driften<br />
und manchmal ein bisschen verloren zu<br />
gehen.“ *Steffen Rüth
HOUSE/DISCO<br />
Horse Meat Disco & Dua Lipa<br />
Vor einigen Wochen erschien<br />
„Future Nostalgia / Club<br />
Future Nostalgia“ von Dua<br />
Lipa. Darauf findet sich auch<br />
ein Remix der queeren Disco-<br />
Größen von „Horse Meat<br />
Disco“ und natürlich der Hit<br />
mit Madonna.<br />
Lohnt es sich denn? Ja! Denn<br />
die 2CD-Version des Albums<br />
„Future Nostalgia / Club Future<br />
Nostalgia“ / das Vinyl-Remix-<br />
Album „Club Future Nostalgia“<br />
bringt dir alle aktuellen Hits<br />
(„Hallucinate“ ...) der Sängerin<br />
und zudem ausgefallene und<br />
genreübergreifende Remixe<br />
angesagter DJs und Producer.<br />
Unsere Anspieltipps sind<br />
„Love Again (Horse Meat Disco<br />
Remix)“, „Boys Will Be Boys<br />
(Zach Witness Remix“, „Levitating<br />
(The Blessed Madonna<br />
Remix) [feat. Madonna & Missy<br />
Elliott]“ sowie „Physical (Mark<br />
Ronson Remix) [feat. Gwen<br />
Stefani]“. Ein klasse DJ-Mix,<br />
der dein Zuhause zum Studio<br />
54 macht. Hui!<br />
ÜBER HORSE MEAT DISCO<br />
Seit 2009 bereicherte die<br />
Disco- und High-Energy-Party<br />
Horse Meat Disco das Partyleben<br />
Berlins. Ursprünglich<br />
gestartet ist die queere Party<br />
mit dem Fokus auf Klubmusik<br />
der 1970er- und 1980er-<br />
Jahre (also eher kein ABBA,<br />
dafür Patrick Cowley) im Jahr<br />
2003 in London. Während der<br />
noch andauernden Corona-<br />
Pandemie erschien unlängst<br />
auch eine eigene Platte („Love<br />
And Dancing“) der queeren<br />
Bartjungs. *rä<br />
AB DEM 26. FEBRUAR<br />
ERHÄLTLICH ALS CD JEWELCASE UND DIGITAL<br />
MUSIK<br />
CHILL-OUT<br />
„Let’s get happy and let’s be gay“<br />
Endlich kann man mal den Refrain<br />
dieser Eurovision-Song-Contest-<br />
Perle aus dem Jahr 2003 verbraten.<br />
Und so platt er auch ist, dieser Pop-<br />
Schlager von Lou und Ralph Siegel<br />
trägt eine kleine Weisheit in sich.<br />
Sei glücklich.<br />
Immerzu darüber nachzudenken, dass man auf Kurzarbeit<br />
ist, dass die Kosten steigen, dass Freunde um ihre Existenzen<br />
bangen, dass man seine Liebsten nicht sehen kann, das<br />
macht Angst. Und Angst lähmt. Stattdessen sollte man es<br />
zulassen, sich bewusst dazu motivieren, das Schöne im kleinen<br />
Normalen zu sehen. Das kleine Glück im Alltag eben. Das kann<br />
ein Spaziergang im Park sein (Enten dabei bitte nicht füttern,<br />
Brot ist nicht gut für sie und die angelockten Ratten fressen die<br />
Reste am Ufer und vermehren sich ...), ein gutes Buch, Yoga, ein<br />
Treffen unter freiem Himmel mit einem lieben Menschen oder<br />
auch eine Pizza mit dem/der Liebsten.<br />
Und Musik. Ganz egal ob Pop, Dancefloor, Rock oder auch Chillout,<br />
Hauptsache du schaltest mal ab vom Stress. Wer entspannt<br />
ist, hat weniger Angst, sieht die Perspektiven im Dickicht der<br />
Anforderungen und Erwartungen, entdeckt das versteckte<br />
Gute im Dschungel der Corona-Pandemie-Regeln. Der Musiker<br />
Liam Thomas veröffentlichte unlängst sein aktuelles Stück<br />
„Goodbye“ beim Schwarzwälder Label SINE MUSIC. Ein sehr, sehr<br />
gechilltes Musikstück mit entspannten Pianoklängen und einem<br />
unaufdringlichen Dance-Beat. Weniger hämmernd als damals bei<br />
Robert Miles, aber nicht weniger antreibend. Und ein bisschen<br />
Antrieb in der Corona-Angststarre tut doch gut, oder? *rä<br />
www.sine-music.com
MUSIK<br />
FOTO: ALEX WAESPI<br />
NACHGEFRAGT<br />
LONDON GRAMMAR:<br />
„Ich lege nicht allein den künstlerischen Kurs fest“<br />
Die Sängerin Hannah Reid ist<br />
erfreulich unprätentiös. Für das<br />
Video-Interview hat sie sich<br />
nicht großartig gestylt. Sie sitzt<br />
ganz lässig in Jeans und Sweatshirt bei<br />
sich zu Hause in London und redet völlig<br />
unaufgeregt über das neue Album ihrer<br />
Band London Grammar, das „Californian<br />
Soil“ heißt.<br />
Alle Songs seien bereits vor der Pandemie<br />
entstanden, erklärt sie. Somit greifen sie<br />
keine Themen wie Isolation in Zeiten von<br />
Corona auf, sondern rücken Feminismus<br />
in den Mittelpunkt. Das kommt nicht von<br />
ungefähr – Hannah Reid will als Frau im<br />
Musikgeschäft endlich ernst genommen<br />
werden. Deswegen hat sie sich zur<br />
Bandleaderin erklärt. Wie haben der Gitarrist<br />
Dan Rothmann und der Keyboarder Dominic<br />
„Dot“ Major darauf reagiert? „Sie verstanden<br />
sofort, worum es mir geht“, sagt die Britin.<br />
„Ich möchte mehr Respekt von außen<br />
bekommen.“ Das habe an den internen<br />
Strukturen allerdings nichts geändert: „Ich<br />
lege nicht allein den künstlerischen Kurs<br />
fest. Als Gruppe setzen wir nach wie vor auf<br />
Demokratie.“<br />
Das zeigt sich zum Beispiel an dem Stück<br />
„Talking“, das ursprünglich für die letzte<br />
Platte „Truth Is a Beautiful Thing“ vorgesehen<br />
war. Es machte damals nicht das<br />
Rennen, weil es zu wenig Single-Potenzial<br />
hatte. Damit konnte sich Hannah Reid aber<br />
nicht abfinden. Sie kramte die Demoversion<br />
wieder hervor und entschied einvernehmlich<br />
mit ihren beiden Mitstreitern, diese Nummer<br />
zu vollenden. „Den Klavierpart hat Dot<br />
tatsächlich binnen weniger Sekunden<br />
komponiert“, schwärmt<br />
Hannah Reid. „Er ist wirklich<br />
ein unglaublicher Pianist.“<br />
Das Ergebnis kann sich<br />
durchaus hören lassen:<br />
„Talking“ verzaubert als<br />
hinreißende Ballade. „Als<br />
ich den Text schrieb“, führt<br />
Hannah Reid aus, „war ich<br />
irgendwie paranoid. Ich<br />
brauchte nach zahlreichen<br />
Auftritten jemanden, der mich erdete.“<br />
So entstand ein Liebeslied, in dem die<br />
31-Jährige ihre Bedürfnisse auf den Punkt<br />
bringt. Bei ihr kommt Feminismus eben eher<br />
auf Samtpfoten daher. Mal offenbart sie<br />
ihre Sehnsüchte, mal sagt sie emotionalem<br />
Missbrauch in einer Beziehung den Kampf<br />
an, der Titelsong „Californian Soil“ wiederum<br />
handelt davon, die Kontrolle über das eigene<br />
Leben zu gewinnen. Wenn sich Hannah<br />
Reids glasklarer Gesang bei diesem Lied<br />
über sphärischen Trip-Hop legt, klingt das<br />
traumhaft schön.<br />
So pendeln London Grammar immer wieder<br />
zwischen handgemachter Musik und elektronischen<br />
Passagen. Bei „Missing“ vereinigen<br />
sich pluckernde Beats mit Streichern.<br />
Inhaltlich tanzt diese Nummer jedoch ein<br />
bisschen aus der Reihe. Sie erzählt davon,<br />
wie sich einige Musiker*innen im Sumpf aus<br />
Drogen und Alkohol verlieren. „Als ich mir<br />
Dokumentationen über Amy Winehouse,<br />
Whitney Houston oder Avicii<br />
ansah, habe ich geweint“,<br />
offenbart Hannah Reid. „Ihre<br />
Schicksale sind absolute<br />
Tragödien.“ Sie selbst<br />
scheint zum Glück nicht<br />
Gefahr zu laufen, aus der<br />
Spur zu geraten: „Während<br />
einer Tournee würde ich<br />
mich niemals betrinken.<br />
Ich hätte Angst davor, dass<br />
ich verkatert gar nicht meine volle Leistung<br />
abrufen könnte.“<br />
Apropos touren: Vermisst Hannah Reid<br />
im Moment das Unterwegssein? Jein –<br />
einerseits hat sie sich daheim ziemlich gut<br />
eingerichtet, andererseits fehlen ihr die Fans:<br />
„Ich sehne mich danach, mich emotional<br />
mit Menschen zu verbinden, denen unsere<br />
Musik wichtig ist.“ Dabei leidet sie vor<br />
einem Konzert stets unter furchtbarem<br />
Lampenfieber: „Ich habe zumindest die<br />
leise Hoffnung, dass es mir vor zukünftigen<br />
Gigs etwas besser gehen wird. Einfach weil<br />
ich mit unserem neuen Album so glücklich<br />
bin, dass das mein Selbstvertrauen stärkt.“<br />
*Dagmar Leischow
NACHGEFRAGT<br />
MUSIK<br />
CHRISTOPHER Lund Nissen –<br />
„die Welt zu einem besseren Ort machen“<br />
Es dürfte schwerfallen,<br />
Christopher Lund Nissen,<br />
der sich als Sänger einfach Christopher<br />
nennt, nicht zu mögen.<br />
Souverän eröffnet er beim Video-<br />
Interview das Gespräch, während<br />
er sein Auto einparkt. Der Däne<br />
ist wegen seines Umzugs gerade<br />
ziemlich im Stress, zudem erwartet<br />
seine Frau, das Model Cecilie<br />
Haugaard, in wenigen Wochen ihr<br />
erstes gemeinsames Kind.<br />
Doch der 29-Jährige verliert trotzdem<br />
nicht die Fassung, das ist wohl seiner<br />
skandinavischen Gelassenheit geschuldet.<br />
Hochkonzentriert redet er über sein<br />
neues Album „My Blood“, dessen Namen<br />
er mit Bedacht gewählt hat. Nach den<br />
beiden Vorgänger-Alben „Closer“ und<br />
„Under the Surface“ machte es für ihn<br />
einfach Sinn, seine Fans noch näher an<br />
sich heranzulassen: „Meine Stücke sind<br />
jetzt persönlicher als jemals zuvor.“ Den<br />
Titelsong hat er zum Beispiel seinem<br />
Bruder gewidmet, um ihm zu zeigen, dass<br />
Wasser dicker ist als Blut: „Was auch passiert,<br />
ich werde immer für meinen Bruder<br />
da sein“, verspricht Christopher. „Für ihn<br />
bin ich überall lediglich einen Telefonanruf<br />
entfernt.“<br />
Solche Aussagen verpackt Christopher<br />
in extrem eingängigen Pop mit elektronischen<br />
Akzenten. Die Medien haben ihm<br />
längst den Stempel „dänischer Justin<br />
Biber“ aufgedrückt, ebenso suggeriert<br />
seine äußere Erscheinung – blond,<br />
schlank, gutaussehend – eine Verwandtschaft<br />
mit dem US-Teenie-Star. Wie<br />
Biber hat auch Christopher überwiegend<br />
weibliche Fans, zumindest in Dänemark:<br />
„In meiner Heimat kommen zu 80 Prozent<br />
Mädchen zu meinen Auftritten.“ In<br />
Peking dagegen vergöttert ihn die Gay-<br />
Community: „Als ich dort ein Konzert gab,<br />
war die Hälfte des Publikums männlich.<br />
Meine chinesische Promoterin erklärte<br />
mir daraufhin, ich sei bei Schwulen halt<br />
beliebt.“ Solche Momente genießt der<br />
gebürtige Kopenhagener, klar. Trotzdem<br />
hat er nie den Bezug zur Realität verloren.<br />
Er beobachtet kritisch, was um ihn herum<br />
passiert. Mit der Ballade „Aiming“, die<br />
er teilweise im Falsett singt, plädiert er<br />
dafür, sich höhere Ziele zu stecken. Es<br />
nervt ihn, wenn sich die Menschen vom<br />
scheinbar perfekten Leben anderer auf<br />
Instagram blenden lassen. „Es stimmt<br />
nicht, dass das Gras auf der anderen Seite<br />
immer grüner ist“, ereifert er sich. „Gras<br />
grünt dort, wo man es wässert.“ Was er<br />
damit meint: „Jeder sollte sich selbst im<br />
Spiegel anschauen und sich fragen, wie er<br />
die Welt zu einem besseren Ort machen<br />
kann.“ Als Botschafter für die World Child<br />
Cancer Foundation geht Christopher mit<br />
gutem Beispiel voran. Mit dem Roten<br />
Kreuz reiste er nach Syrien, um sich ein<br />
Bild von der Situation vor Ort zu machen.<br />
„Abgesehen davon versuche ich, ein guter<br />
Sohn, Freund und Ehemann zu sein. Ich<br />
will positive Energie ausstrahlen.“ Auch<br />
der Klimawandel liegt ihm sehr am Herzen:<br />
„Bereits in der neunten Klasse habe<br />
ich eine längere Hausarbeit über die<br />
globale Erwärmung geschrieben.“<br />
Doch der<br />
Klimaschutz<br />
sollte nicht sein einziges Steckenpferd<br />
bleiben. Als Christopfer zwölf war,<br />
schenkte ihm seine Großmutter eine<br />
Gitarre. Wie ein Besessener spielte er von<br />
da an das Instrument bei sich zu Hause<br />
in einem Kopenhagener Vorort, wo er sich<br />
vor Kurzem ein eigenes Haus gekauft hat.<br />
Den Talentwettbewerb in seiner Schule<br />
gewann er gleich dreimal in Folge. Mit 15<br />
begann er, eigene Songs zu schreiben. Mit<br />
17 bekam er seinen ersten Plattenvertrag:<br />
„Das war für mich ein Paradigmenwechsel.<br />
Zum ersten Mal glaubte ich ernsthaft<br />
daran, mit meiner großen Leidenschaft<br />
Musik wirklich Geld verdienen zu können.“<br />
*Dagmar Leischow
MUSIK<br />
TIPP<br />
FOTOS: JULIAN BURGUENO<br />
MADISON BEER:<br />
Autoaggression und Kunst<br />
Die sozialen Medien sind für<br />
Madison Beer wohl gleichermaßen<br />
Fluch und Segen. Einerseits<br />
entdeckte Justin Bieber ihre Version<br />
von Etta James‘ „At Last“ bei You-<br />
Tube und teilte sie auf Twitter. Das<br />
bracht der Amerikanerin nicht nur<br />
ungeheure Aufmerksamkeit, mit<br />
Biebers Hilfe ergatterte sie gleich<br />
ihren ersten Plattenvertrag.<br />
Andererseits wird die Sängerin bei<br />
Instagram oder TikTok – das Videoportal<br />
hat sie inzwischen von ihrem Mobiltelefon<br />
gelöscht, aus Selbstschutz – immer<br />
wieder gemobbt. Sie sei zu schön, heißt<br />
es zum Beispiel. Da habe sie wohl ein<br />
bisschen nachgeholfen... Dabei sollte<br />
man die volle Aufmerksamkeit lieber<br />
auf ihre Musik richten, die 22-Jährige ist<br />
nämlich ausgesprochen talentiert. Den<br />
Beweis dafür liefert ihr Debütalbum.<br />
Nicht ohne Grund nannte sie es „Life<br />
Support“: Die kreative Arbeit am Album<br />
war quasi der Rettungsanker, als Madison<br />
Beer durch eine ziemlich dunkle Zeit ging.<br />
Ihre Beziehung zerbrach, bei ihr wurde<br />
eine Borderline-Persönlichkeitsstörung<br />
inklusive Stimmungsschwankungen und<br />
Autoaggressionen diagnostiziert, zeitweilig<br />
hatte sie sogar Selbstmordgedanken, wie<br />
sie in einem Interview mit dem Magazin<br />
„The Face“ offenbarte.<br />
Um dieses Tief zu überwinden, entschied<br />
sich die auf Long Island geborene<br />
Musikerin, die heute in Los Angeles lebt,<br />
für eine Psychoanalyse. Dreimal pro<br />
Woche ging sie zur Therapie und setzte<br />
sich mit ihren tiefsten Empfindungen<br />
auseinander, das half ihr, sich selbst besser<br />
zu verstehen. Davon profitierte sie nicht<br />
nur als Mensch, sondern auch<br />
als Künstlerin. Madison Beer<br />
begann, gnadenlos ehrliche<br />
Lieder zu schreiben. In<br />
der melancholischen<br />
Ballade „Selfish“<br />
bereut sie, sich auf<br />
ihren egoistischen Ex<br />
eingelassen zu haben.<br />
„I bet you thought you<br />
gave me real love“, singt<br />
sie. „But we spent it all in<br />
nightclubs.“ Im sphärischen<br />
„Stained Glass“ offenbart sie ihre<br />
Dünnhäutigkeit, der Satz „My skin is<br />
made of glass“ spricht Bände. „Effortless“<br />
pirscht sich ebenfalls auf Samtpfoten an.<br />
In diesem Titel zieht Madison Beer die<br />
Option in Betracht, den fiesen Schmerz<br />
mit Tabletten zu betäuben. Wen diese<br />
Stücke nicht berühren, der muss aus Stein<br />
gemeißelt sein.<br />
Offenheit ist das Charakteristikum, das<br />
Madison Beer so unverwechselbar macht.<br />
Sie setzt sich mit ihrem (Welt-)Schmerz<br />
von der Konkurrenz im Mainstream-<br />
Pop ab, hat aber ganz offensichtlich<br />
auch nichts gegen ein bisschen Spaß<br />
einzuwenden. „Baby“ – eine Harfe liefert<br />
das Intro, kein Witz! – lockt mit groovigen<br />
R'n'B-Beats auf den Dancefloor. „I look too<br />
good to be in this bedroom without someone<br />
to touch me like you do“, flötet die<br />
Sängerin, die in diesem Song ausnahmsweise<br />
die laszive Verführerin gibt.<br />
Sie fühlt sich attraktiv und<br />
selbstbewusst, das hört<br />
man.<br />
Das basslastige<br />
„Follow the White<br />
Rabbit“ wirkt<br />
dagegen dunkel<br />
und beängstigend,<br />
fast schon<br />
gespenstisch. So<br />
nimmt Madison Beer<br />
ihre Hörerschaft mit<br />
auf eine Achterbahnfahrt<br />
der Gefühle. Düsternis statt<br />
Party. Längst hat sie weit mehr zu<br />
bieten als ihr 13-jähriges Alter Ego, das<br />
Coversongs bei YouTube einstellte. Wer<br />
weltweit mehr als drei Milliarden Streams<br />
verzeichnen kann – ein Drittel davon für<br />
die EP „As She Pleases“ (2018) –, der<br />
ist auf dem Weg nach ganz oben. 2019<br />
übernahm Madison Beer die komplette<br />
Kontrolle über ihr kreatives Umfeld.<br />
Sie schreibt und produziert ihre Lieder<br />
selbst. Mit diesem Konzept dürfte diese<br />
unglaublich talentierte Künstlerin künftig<br />
für Furore sorgen. *Dagmar Leischow
COMEBACK<br />
Amanda Lear „More“<br />
Amanda Lear kündigt für den<br />
Frühling ein neues Album an:<br />
„More“. Es ist das erste Studioalbum der<br />
queeren Sängerin seit „Let Me Entertain<br />
You“ 2016.<br />
In ihrer seit Jahrzehnten andauernden<br />
Karriere hat Amanda Lear musikalisch<br />
schon so ziemlich alles ausprobiert:<br />
Disco, Eurodance, Balladen, Pop-Rock<br />
und auch House. Und nicht nur in der<br />
Musikwelt war die ewige Schönheit<br />
vielseitig interessiert.<br />
Amandas Karriere startete in den<br />
1960ern als Model (sie lief während<br />
ihrer aktiven Zeit unter anderem für Karl<br />
Lagerfeld und Jean Paul Gaultier), etwa<br />
in der selben Zeit traf Amanda Lear auf<br />
den Maler Salvador Dalí und wurde seine<br />
Muse. Bis heute malt sie hoch gehandelte<br />
Werke. Ihren großen Durchbruch<br />
hatte Amanda dann als Sängerin von Hits<br />
wie „Queen of China-Town“ (Platz 2 in<br />
Deutschland), „Tomorrow“ (Platz 1 in ihrer<br />
Wahlheimat Italien), „Love Your Body“<br />
(Top 30 Belgien) und natürlich „Follow<br />
Me“ (ein europaweiter Top-10-Hit). Seit<br />
den 1980ern konzentrierte sie sich vor<br />
allem auf ihre TV-Karriere, veröffentlichte<br />
aber sporadisch Musik, die auch immer<br />
irgendwo auf der Welt chartete. Wir<br />
sind gespannt, wie das neue Album<br />
klingen wird, vorab zu hören gab es bei<br />
Redaktionsschluss noch nichts. *rä<br />
www.amandalear.com<br />
ROCK<br />
Die Könige sind zurück<br />
Lange mussten wir auf ein neues Album der<br />
Kings of <strong>Leo</strong>n warten, im <strong>März</strong> ist es soweit:<br />
„When You See Yourself“ erblickt das Licht der<br />
Welt. Einmal mehr beweist das Quartett dabei,<br />
dass es sich weder scheut, Genres zu mischen,<br />
noch große Melodien mit harten Texten zu paaren.<br />
Unsere Anspieltipps sind „100,000 People“<br />
und „The Bandit“. *rä<br />
POP<br />
„Anders als geplant“ von<br />
Marcella Rockefeller<br />
Deutschlands musikalischste Dragqueen,<br />
veröffentlicht im <strong>März</strong> ihr erstes<br />
Album „Anders als geplant“.<br />
Für Marcella waren Peter Plate und Ulf<br />
Sommers Kompositionen (Rosenstolz)<br />
der Soundtrack ihrer Jugend und für<br />
Peter Plate war Marcellas Stimme und<br />
ihre zutiefst menschliche Haltung so<br />
bewegend, dass aus einem geplanten<br />
Abenteuer für ein Lied nun ein ganzes<br />
Album entstand.<br />
Aufgenommen zwischen wiederkehrendem<br />
Lockdown in Köln, Hannover<br />
und Berlin, eingespielt von fantastischen<br />
Musikern voller Spielfreude, entstand<br />
ein Klang zwischen Rio Reiser,<br />
Carole King und dem Augenzwinkern<br />
einer Lady Gaga. Marcella singt nicht<br />
nur – sie bettelt, fleht, seufzt, schreit<br />
und immer geht es um alles.
KUNST<br />
NACHGEFRAGT<br />
Marcus Günthers „Muster“<br />
Im Frühling stellt der Düsseldorfer<br />
Künstler seine Linolschnitte in der<br />
Ausstellung „Muster“ aus. Wie der Name<br />
der Ausstellung schon verrät, setzt sich<br />
der 1967 Geborene darin mit „der Begrifflichkeit<br />
des Musters im weitesten Sinne“<br />
auseinander. Wir fragten nach.<br />
Was schätzt du am Linolschnitt?<br />
Ich schätze die expressive Intensität, die<br />
durch unterschiedliche Bearbeitungsmethoden<br />
in der Linolplatte entstehen kann.<br />
Durch die scharf kontrastierenden Flächen<br />
kann ich mithilfe des Linolschnitts einen<br />
comichaften gesteigerten scheinbaren<br />
Realismus schaffen, der meine Bild-<br />
Behauptung unterstreicht, und das macht<br />
den Linolschnitt für mich als Ausdrucksform<br />
attraktiv.<br />
Ist er dir gerade als Ausdrucksform<br />
sogar lieber als die Malerei?<br />
Der Linolschnitt ist nur einer meiner<br />
künstlerischen Formulierungen; es ist eben<br />
nur eine andere, aber beide Ausdrucksformen<br />
beeinflussen sich immer auch<br />
gegenseitig.<br />
Du machst auch mitunter recht<br />
explizite Kunst, geht das immer<br />
problemlos?<br />
Das geht nicht immer problemlos, aber<br />
meine Aufgabe als Künstler ist es eben,<br />
den Betrachter mit meinen Darstellungen<br />
zu konfrontieren, Fragen aufzuwerfen und<br />
zum Nachdenken anzuregen.<br />
Wie betrifft dich als Künstler die<br />
Pandemie gerade?<br />
Außer einer geplatzten Ausstellung infolge<br />
des Lockdowns und den damit weggebrochenen<br />
Verkaufseinnahmen betrifft mich<br />
diese Pandemie nicht – ich arbeite weiter<br />
wie bisher. Ich mache mir aber ernsthafte<br />
Sorgen um die Vielfalt von Kunst und Kultur.<br />
Mitzuerleben, wie ein systemrelevanter<br />
Bereich von der Politik vernachlässigt wird,<br />
ist in unserer sogenannten Kulturnation<br />
beschämend.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
5. – 20.3., Marcus Günther „Muster“,<br />
Atelier MG, Prinz-Georgen-Str. 40,<br />
Düsseldorf
BILDBAND<br />
WOLFGANG TILLMANS –<br />
30 Jahre in einem Band<br />
„Das erste Buch entstand aus einer<br />
wissenden Unschuld heraus. Ich betrachtete<br />
das Leben um mich herum mit der<br />
Leidenschaft, unabhängig zu sein.“<br />
Die Zeit der Jahrtausendwende ist uns<br />
immer noch sehr präsent, etwa durch<br />
weiterhin im Radio laufende, inzwischen<br />
zu Evergreens gewordene Elektro-Pop-<br />
Nummern, durch beständig populäre<br />
Serien wie „Sex and the City“ oder damals<br />
extremst populäre Stars wie Britney<br />
Spears. Und in der TV-Landschaft gehört<br />
nun das fest dazu, was damals Neuland<br />
war: Trash-TV mit leidlich bekannten<br />
Menschen. Eine spannende Zeit, die auch<br />
von der Kunstwelt begleitet wurde. Bei<br />
Wolfgang Tillmans war es die Kamera, die<br />
ihm half, diese Phase als Kunst festzuhalten,<br />
aber auch zu inszenieren, denn nicht<br />
immer, wenn ein Bild aussieht wie ein<br />
Schnappschuss, ist es einer.<br />
Beim TASCHEN Verlag erschien anlässlich<br />
des 40. Geburtstags des Verlags gerade<br />
der Band „Wolfgang Tillmans. four<br />
books – 40th Anniversary Edition“, der<br />
seine bisherigen Bücher im ursprünglichen<br />
Layout, aber ergänzt zusammenfasst.<br />
„Mein Anspruch ist es, Bücher zu<br />
machen, die von den unterschiedlichsten<br />
Menschen in verschiedenen Ländern<br />
mit ihren eigenen Augen gelesen und<br />
aufgenommen werden und die es ihnen<br />
ermöglichen, Bezüge zu ihrem eigenen<br />
Leben herzustellen. Diese Bezüge finden<br />
sich vielleicht nicht in jedem einzelnen<br />
Bild, aber wenn ein Betrachter nachvollziehen<br />
kann, wie etwas riecht, oder eine<br />
Vorstellung davon bekommt, wie sich<br />
etwas anfühlt, dann bin ich glücklich. Das<br />
ist es, was letztlich Kunst ausmacht: unter<br />
den Menschen ein Gefühl von Solidarität<br />
zu erzeugen“, so der Künstler in einem<br />
schriftlichen Interview mit dem Verlag.<br />
Warum eine Art Remix seiner Bücher?<br />
„An manchen Stellen habe ich Bilder<br />
von damals eingefügt, und manchmal<br />
konfrontiere ich ein neues Foto mit einem<br />
20 Jahre alten, wie das Porträt von Neneh<br />
Cherry aus dem Jahr 2018, deren Musik<br />
ich wiederum 1993 viel gehört habe. Auch<br />
die letzten Jahre bis 2020 sind vertreten,<br />
sodass das Buch auch einen klaren Bezug<br />
zur Gegenwart aufweist“, erklärt Tillmans.<br />
Eine fotografische Zeitreise von den<br />
1990ern bis in die Corona-Twenties.<br />
Porträts von Freunden und Stars,<br />
Alltagssituationen und Momente, die jetzt<br />
vor allem mit ihrem Retro-Touch berühren,<br />
einfach wunderbar. *rä<br />
„Wolfgang Tillmans. four books –<br />
40th Anniversary Edition“,<br />
www.taschen.com
BUCH<br />
RATGEBER<br />
Freude trotz Sorgen<br />
und Homeoffice<br />
Die queeren Safe Spaces, die Klubs, die Bars, die Fitnessstudios<br />
sind geschlossen, das Community-Leben ist runtergefahren,<br />
jetzt zählen private Kontakte, Freundschaften und auch die Familie,<br />
um nicht den Lebensmut zu verlieren.<br />
FOTO: M. RÄDEL<br />
Auch die Arbeitswelt<br />
hat sich verändert: Statt<br />
früherer relativer Sicherheit<br />
geht nun die Angst um, den<br />
Job zu verlieren. Und auch<br />
wer eine sichere Arbeit hat,<br />
muss im Homeoffice oder in der<br />
Quarantäne auf lieb gewonnene<br />
Bekannt- und Freundschaften im<br />
Büroalltag verzichten. Man tippt und<br />
telefoniert zu Hause vor sich hin, statt<br />
zwischendurch mal einen kleinen Schwatz<br />
mit dem Kollegen als Hirnentspannung<br />
genießen zu können. Zumindest kann<br />
man dann aber hoffen, dass es bald wieder<br />
ein „neues Normal“ geben wird, dass man<br />
wieder zusammen arbeiten und auch Spaß<br />
und Austausch haben kann. Live, nicht nur<br />
digital oder mit Abstand.<br />
Was aber, wenn der Vorruhestand in greifbare<br />
Nähe gerückt ist? Oder wenn man<br />
das Arbeitsleben beendet hat? Wer keine<br />
Haustiere hat, die neben all den kommenden<br />
Arztbesuchen für einen geregelten<br />
Tagesablauf sorgen, der hat vor allem<br />
eines: Zeit. Viel Zeit. Keine Verpflichtungen,<br />
aber auch weniger bis keine Kontakte.<br />
Und immer ausschlafen ist auch keine<br />
Lösung! Genau dieser Thematik nahm sich<br />
Prof. Axel Beyer, Jahrgang 1950, in seinem<br />
neuen Buch „Immer ausschlafen ist auch<br />
keine Lösung“ an. Es sei ein „herzlich<br />
gelassener Ratgeber über das Leben im<br />
Ruhestand“, so der veröffentlichende<br />
Verlag. Der Autor verrät augenzwinkernd:<br />
„Seien Sie heiter, haben Sie Freude. Und<br />
lassen Sie sich nicht ärgern, sondern ärgern<br />
Sie zurück.“ In 28 Betrachtungen bereitet<br />
uns der Autor auf den unausweichlichen<br />
letzten Lebensabschnitt vor. Mit einer<br />
Prise Witz, viel Wissen und viel Erfahrung.<br />
„Der Kindergarten bereitet uns auf die<br />
Schule vor, die Schule auf die Ausbildung,<br />
die Ausbildung auf den Beruf. Und wer<br />
bereitet uns auf die dritte Lebenshälfte<br />
vor, auf den Ruhestand?“<br />
Axel Beyer begann als Schauspieler und<br />
Regisseur, 1983 wechselte er zum Fernsehen<br />
und blieb diesem Medium in leitenden<br />
Positionen beim SFB, dem WDR und dem<br />
ZDF bis 2009 treu. Als Programmdirektor<br />
der Endemol Deutschland Holding<br />
und als Chefproducer bei Kirch Media<br />
Entertainment prägte er auch den privaten<br />
Fernsehsektor. Der Buchautor ist Leiter<br />
der Media School Köln an der Hochschule<br />
Fresenius. Sein Buch „Immer ausschlafen<br />
ist auch keine Lösung – Aufheiterungen<br />
für die dritte Lebenshälfte von A bis Z“ von<br />
Prof. Axel Beyer ist über 130 Seiten stark<br />
und beim Verlag tredition erschienen. *rä<br />
BILDBAND<br />
Das Buch zum Tom<br />
Der bekannte Fotograf Henning von Berg<br />
ist einer der Männer, die an dem neuen<br />
Buch über DEN „Leder-Fetisch-Zeichner“<br />
überhaupt beteiligt sind.<br />
Das Buch „Made in Germany – Tom of<br />
Finland“ konzentriert sich auf die besondere<br />
Beziehung von Tom of Finlands beispielloser<br />
Karriere in einer damals noch extrem<br />
homophoben Welt und Deutschland.<br />
Zudem ist es eine Art Richtigstellung, wie<br />
Henning von Berg verrät: „Frühere Bücher<br />
hatten einfach immer falsche Informationen<br />
aus früheren Veröffentlichungen kopiert<br />
und eingefügt. Aber falsche Behauptungen<br />
und falsche Schlussfolgerungen werden<br />
durch wiederholte Wiederholungen nicht<br />
wahrer“, so der Künstler. „Für diesen<br />
brandneuen Band forschten die Kuratoren<br />
Juerg Judin und Pay Matthis Karstens und<br />
ihr hoch motiviertes Team in verschiedenen<br />
Städten. In Privatsammlungen fanden sie<br />
verschiedene Kunstwerke, von denen angenommen<br />
wurde, dass sie verloren gingen.<br />
Bisher unbekannte Fakten über Toms frühe<br />
Werke und seine allererste Ausstellung im<br />
Revolt Shop wurden korrigiert. Gerüchte und<br />
Wahrheiten über das, was 1976 in Hamburg<br />
geschah, können nun endlich plausibel<br />
erklärt werden.“ Ein wichtiges Buch, ein<br />
erotisches Kunstbuch und zudem ein ganz<br />
wunderbares Geschenk. *rä<br />
Das Buch „Tom of Finland – Made in<br />
Germany“ ist 200 Seiten stark und<br />
25 x 30 x 26 cm groß.<br />
www.galeriejudin.com
DATES. FRIENDS. LOVE.<br />
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BUCH<br />
BILDBAND<br />
Glieder, Schwänze, Dödel. Kunst!<br />
Rund 100 erigierte Glieder sind in dem außergewöhnlichen<br />
Bildband „Human Behind the<br />
Penis“ äußerst kunstvoll und nicht pornografisch<br />
versammelt.<br />
Jonas Norén nährte sich dem „besten Stück“<br />
des Mannes mit Raffinesse und ohne falsche<br />
Scham, herausgekommen ist ein Buch, für das<br />
man sich nicht schämen muss. „Indem das<br />
Buch eine Vielfalt von Penissen zusammen mit<br />
ihrer eigenen, sehr persönlichen Geschichte<br />
zeigt, schafft es ein sehr intimes Gefühl und<br />
trägt dazu bei, das Selbstwertgefühl bei denen<br />
zu stärken, die sich in Bezug auf ihre eigenen<br />
Penisse unsicher fühlen“, verrät der Künstler<br />
über den Band. „Human Behind the Penis“ sei<br />
„ein wunderschönes und verschwenderisches<br />
Fotobuch, das als Vorbild für diejenigen<br />
dienen soll, die in Körperkunstfotografien<br />
im Allgemeinen nicht dargestellt werden“.<br />
Denn außerhalb der Welt der Vollerotik ist der<br />
steife Schwanz selten zu sehen. Meist soft,<br />
im Schatten oder verdeckt – das männliche<br />
Geschlechtsteil ist nicht gerade im Fokus der<br />
Kunstwelt, ganz anders als die weibliche Brust,<br />
ganz anders, als es etwa in der Antike üblich<br />
war. „Mit dem Buch wollte ich viele verschiedene<br />
Arten von erigierten Penissen zeigen, die<br />
alle auf ihre Weise schön sind“, so Jonas Norén.<br />
Es geht aber nicht nur um das Glied!<br />
Der Schwede arbeitete seit 2015 an dem<br />
Buch, reiste nach Spanien, Dänemark,<br />
Deutschland und auch in die USA. Sein Buch<br />
erzählt Geschichten von Männern, die auch<br />
Schweres erlebt haben. Sie bleiben aber<br />
anonym. Fast. *rä<br />
www.humanbehindthepenis.com<br />
ROMAN<br />
Paolo, der Empath<br />
Ein packendes und auch sexuell aufgeladenes<br />
Buch, das sich nur an Erwachsene<br />
richtet. Science-Fiction-Krimi mit starker<br />
Erotik, die durch Worte, nicht durch Bilder<br />
erzeugt wird.<br />
„Meine Geschichten enthalten Elemente aus<br />
(Hard) Science Fiction, Krimi, Thriller, Wissenschaft<br />
und klassischem Liebesroman“, so<br />
Mike Gorden über seine Kunst und sein Buch<br />
„EMPATH“. Erzählt wird von Paolo Costa (19),<br />
der einst von Martin aus einer psychiatrischen<br />
Klinik befreit wurde und seitdem für seinen<br />
Befreier als Escort arbeitet. Was Paolo besonders<br />
macht, ist seine Fähigkeit, die Gefühle<br />
anderer zu spüren, ohne mit ihnen zu sprechen.<br />
Und von Kommissar Torsten Jäger, der<br />
nach Vermissten sucht und auf Paolo stößt.<br />
„Die Geschehnisse in dieser Geschichte sind<br />
fiktiv; die handelnden Personen sind frei<br />
erfunden. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen<br />
Geschehnissen oder Personen wäre rein<br />
zufällig. Die Geheimgruppen ‚Moíra‘ und das<br />
‚Konsortium‘ existieren ebenfalls nicht, auch<br />
wenn da einige Verschwörungstheoretiker<br />
insbesondere beim Konsortium anderer<br />
Meinung sein mögen“, so der Bremer Autor.<br />
„Meine Protagonisten Mark und Stefan,<br />
Andreas, Torsten und vor allem Paolo habe<br />
ich so liebgewonnen, dass ich mir wünsche,<br />
sie würden wirklich existieren und ich könnte<br />
gelegentlich etwas Zeit mit ihnen verbringen.<br />
Mit den Jungs um die Häuser ziehen oder mit<br />
Paolo ... nein, das führt jetzt zu weit.“ *rä<br />
www.mikegorden.de<br />
Bei Amazon kaufen:<br />
Bei HML kaufen:<br />
ROMAN<br />
Schwudenten, Coming-out und Big Jim<br />
FOTO: LAURA WESTERMANN PHOTOGRAPHY<br />
Der neue Roman von Rainer Vollath hat das<br />
Zeug dazu, den Leser gut zu unterhalten und<br />
bestens durch den Frühling zu bringen.<br />
Wenn der Alltag zu belastend wird, dann hilft<br />
Lesen. Und besonders Romane, die so ungewöhnlich<br />
und queer sind wie dieser aktuelle<br />
des Autors aus Bayern. In der autobiografischen<br />
(!) Coming-of-Age-Geschichte „Erinnerung an<br />
eine Unsichtbare“ erzählt der auch malende<br />
Autor von Matthias, der sein Coming-out auf<br />
dem Land hat, später in München und auch in<br />
Paris lebt. An seiner Seite: die magersüchtige<br />
Sandrine, die ihm wichtig ist, die er aber, im<br />
Gegensatz zu der Puppe Big Jim, unsexy findet.<br />
Er ist ja auch schwul – und zudem steckt<br />
Matthias durchweg in verkorksten Beziehungen<br />
und politischen Debatten, immerhin<br />
ist er in der schwulen Hochschulgruppe „Die<br />
Schwudenten“.<br />
Das 400 Seiten starke Taschenbuch<br />
„Erinnerung an eine Unsichtbare“ ist eine<br />
queere Zeitreise von den 1970ern bis zur<br />
Jahrtausendwende. Besonders interessant wird<br />
es, wenn man den autobiografischen Aspekt im<br />
Hinterkopf hat. Ein schönes Geschenk! *rä
GILBERT & GEORGE<br />
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TEAM 7 Hamburg, www.team7-hamburg.de<br />
TEAM 7 Düsseldorf, www.team7-duesseldorf.de<br />
TEAM 7 Münster, www.team7-muenster.com