doktorinwien 03/2021
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NEWS INTERN<br />
<strong>doktorinwien</strong>: Im Medizinstudium<br />
werden die Studierenden nicht auf eine<br />
Ordinationsgründung vorbereitet. Wo<br />
haben Sie sich dafür das nötige Wissen<br />
geholt?<br />
Assadi: Mein Wissen über den Ordinationsalltag<br />
habe ich vor allem aus<br />
meiner langjährigen Vertretungszeit,<br />
zusätzlich habe ich mir laufend Tipps<br />
von Kolleginnen und Kollegen geholt.<br />
Aber auch die Beratung durch das Service<br />
‚Go2Ordi‘ der Kurie niedergelassene<br />
Ärzte hat mir sehr geholfen. Da ist<br />
mir schnell klar geworden, dass ich als<br />
Ärztin nicht nur Medizinerin, sondern<br />
auch Betriebswirtin sein muss. Es wäre<br />
ganz wichtig, dass es bereits während<br />
des Medizinstudiums entsprechende<br />
Informationsangebote gäbe – etwa<br />
Seminare zu wirtschaftlichen und<br />
rechtlichen Aspekten des selbstständigen<br />
Unternehmertums. Das bereits<br />
bestehende Angebot der Lehrpraxis ist<br />
in jedem Fall allen Studierenden, die<br />
später eine Ordination führen wollen,<br />
unbedingt zu empfehlen.<br />
<strong>doktorinwien</strong>: Warum haben Sie sich<br />
für die Allgemeinmedizin entschieden<br />
und wollten eine eigene Kassenpraxis<br />
führen?<br />
Assadi: Während der Ausbildung<br />
haben mich viele Fächer interessiert.<br />
Die Liebe zur Allgemeinmedizin habe<br />
ich erst entdeckt, als ich bei meinem<br />
Hausarzt als Vertretungsärztin tätig<br />
werden durfte. Es hat mir gezeigt, wie<br />
breit gefächert die Tätigkeit in der Allgemeinmedizin<br />
ist. Ab diesem Zeitpunkt<br />
war für mich klar, dass auch ich<br />
diesen Weg einschlagen möchte. Ich<br />
habe mich auf die Vertretungsliste der<br />
Ärztekammer setzen lassen und so oft<br />
wie nur möglich bei Kolleginnen und<br />
Kollegen neben meiner Tätigkeit im<br />
Wilhelminenspital vertreten. Da habe<br />
ich viele Ordinationen kennengelernt<br />
und gesehen, dass die medizinische<br />
Tätigkeit zwar immer ähnlich ist,<br />
die administrativen und organisatorischen<br />
Abläufe aber sehr unterschiedlich<br />
gestaltet werden. Das hat mir sehr<br />
geholfen, ich konnte viel dazulernen<br />
und von überall ein bisschen etwas für<br />
meinen eigenen Ordinationsstart ‚mitnehmen‘.<br />
<strong>doktorinwien</strong>: Welche Ratschläge geben<br />
Sie jungen Ärztinnen und Ärzten, die<br />
eine eigene Ordination gründen wollen?<br />
„Während<br />
der Ausbildung<br />
haben<br />
mich viele<br />
Fächer interessiert.<br />
Die<br />
Liebe zur<br />
Allgemeinmedizin<br />
habe ich erst<br />
entdeckt,<br />
als ich bei<br />
meinem<br />
Hausarzt<br />
als Vertretungsärztin<br />
tätig werden<br />
durfte.“<br />
Go2Ordi – Bilanz eines einzigartigen Projekts<br />
Trotz Corona-Krise haben im letzten Jahr in Wien mit Unterstützung<br />
des Gründerservice Go2Ordi über 40 Ärztinnen und Ärzte den Sprung<br />
in die Selbstständigkeit gewagt oder stehen kurz davor.<br />
Mit Go2Ordi bietet die Ärztekammer für Wien seit über einem Jahr ein kostenloses<br />
maßgeschneidertes Beratungsservice für ihre Mitglieder, mit dem diese<br />
bestmöglich auf die Selbstständigkeit vorbereitet werden. Dieses in Österreich<br />
einzigartige Projekt zur Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten kann für<br />
das Jahr 2020 eine durchaus beachtliche Bilanz legen. Über 100 persönliche<br />
Erstberatungsgespräche zur Ordinationsgründung und noch einmal so viele<br />
Folgeberatungen wurden im Jahr 2020 bei den Expertinnen und Experten von<br />
Go2Ordi in Anspruch genommen. Aus diesen Beratungen gingen letztendlich 43<br />
Ordinationsgründungen hervor beziehungsweise stehen kurz vor der Eröffnung.<br />
Hinzu kommen Beratungen für schon bestehende Ordinationen sowie etliche<br />
Erstinformationsveranstaltungen zur Ordinationsgründung.<br />
„Unsere Beratungen decken das gesamte Spektrum einer Ordinationsgründung<br />
ab“, betont Matthias Schmied vom Go2Ordi-Beratungsteam. Finanzierung,<br />
rechtliche Rahmenbedingungen, Rechtsformen der Niederlassung, bürokratische<br />
Herausforderungen, Hygienerichtlinien, Datenschutz, Immobiliensuche, Marketing<br />
oder der Weg zum Kassenvertragsarzt sind einige der häufigsten Beratungsthemen.<br />
Schmied: „Wir gehen aber auch mit in die künftige Praxis und beraten<br />
direkt vor Ort bei der Planung des Ordinationsumbaus oder der Umsetzung der<br />
Richtlinien zur Barrierefreiheit.“<br />
Zusätzlich zum persönlichen Beratungsservice hat die Ärztekammer für Wien<br />
einen Leitfaden zur Ordinationsgründung herausgegeben. Das Buch „Go2Ordi<br />
- Das Buch zur erfolgreichen Gründung Ihrer Ordination (ISBN: 978-3-99052-<br />
196-0)“ gibt es im Buchhandel und kann auch beim Gründerservice direkt und<br />
kostenlos für Mitglieder der Ärztekammer für Wien bestellt werden.<br />
Service: Ihr Kontakt zu Go2Ordi – Das Gründerservice der Ärztekammer für Wien<br />
Matthias Schmied, BA, MPH, MBA, Tel. 51501/ 1204 DW,<br />
E-Mail: schmied@aekwien.at,<br />
Melody Buchegger-Golabi, BA, MA, Tel. 51501/ 12<strong>03</strong> DW,<br />
E-Mail: buchegger-golabi@aekwien.at<br />
Web: www.aekwien.at/go2ordi<br />
Assadi: Die Entscheidung muss gut<br />
überlegt sein und bedarf einer intensiven<br />
Vorbereitung. Sie müssen sich die Frage<br />
stellen, ob sie sich die alleinige Verantwortung<br />
über einen eigenen Betrieb<br />
– und das ist letztendlich eine Ordination<br />
– mit mehreren Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern zutrauen, oder lieber<br />
in einem Team arbeiten, in dem sie sich<br />
nur auf medizinische Entscheidungen<br />
konzentrieren können. Ganz wichtig ist<br />
natürlich die genaue Planung der Finanzierung<br />
mit der eigenen Bank und einer<br />
Steuerberaterin oder einem Steuerberater.<br />
Und dann ist die gute Vernetzung<br />
mit niedergelassenen Kolleginnen und<br />
Kollegen anderer Fachrichtungen sowie<br />
mit den Apotheken rund um die Ordination<br />
essenziell, damit man sich gegenseitig<br />
neue Patientinnen und Patienten<br />
empfehlen und zuweisen kann.<br />
<strong>doktorinwien</strong>: Eine abschließende<br />
private Frage: Haben Sie überhaupt<br />
noch Freizeit?<br />
Assadi: Nein, im Moment gar nicht.<br />
Ich habe immer gerne Sport betrieben,<br />
das ist jetzt komplett weggebrochen.<br />
Ich bin an manchen Tagen schon froh,<br />
wenn ich einmal untertags in Ruhe<br />
zum Essen komme. Aber ich weiß<br />
auch, dass das jetzt den Herausforderungen<br />
des Anfangs geschuldet ist und<br />
habe es keine Sekunde bereut. Ich bin<br />
sogar ein wenig stolz auf mich, weil<br />
ich das alles so schnell und gut auf die<br />
Beine gestellt habe. Ich höre von Patientinnen<br />
und Patienten immer wieder<br />
positives Feedback und ich habe auch<br />
schon Blumen geschenkt bekommen.<br />
Das sind Kleinigkeiten, die mir bestätigen,<br />
dass ich den richtigen Schritt<br />
gesetzt habe. <br />
<strong>03</strong>_<strong>2021</strong> doktor in wien 11