Medizin - Berliner Ärzteblatt
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Der 110. Deutsche Ärztetag<br />
Vom Freiberufler zum Freiheitskämpfer<br />
Der Deutsche Ärztetag 2007 zeigte, wir sind auf dem Weg von Freiberuflern zu Freiheitskämpfern.<br />
Die 250 Delegierten, als höchstes Gremium der Deutschen Ärzteschaft, trafen sich vom 15. bis 18. Mai<br />
in Münster. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt war auch dabei.<br />
Von Zurückhaltung war in der<br />
Eröffnungsrede zum diesjährigen<br />
Ärztetag keine Spur. Der Präsident<br />
der Bundesärztekammer und des<br />
Deutschen Ärztetages, Prof. Dr.<br />
Jörg-Dietrich Hoppe nannte alle<br />
Miseren beim Namen. Und so an<br />
erster Stelle das neugeschaffene<br />
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz.<br />
Er bezeichnete es als „Bankrotterklärung“<br />
und äußerte anklagend,<br />
„ich bezweifele, dass<br />
ein patientengerechtes Gesundheitswesen<br />
nach dem Gesetz der<br />
Marktwirtschaft funktioniert“.<br />
Er zitierte die Worte eines Krankenhausmanagers<br />
einer großen<br />
deutschen Klinikkette, die einen<br />
erschauern lassen: „Aus ökonomischer<br />
Sicht sind die Ärzte dort<br />
einzusetzen …, wo sie die größte<br />
Wertschöpfung erbringen ... Mit<br />
der neuen ärztlichen Arbeitsteilung<br />
geht die Krankenversorgung<br />
denselben Weg der Industrialisierung<br />
wie die Automobilindustrie<br />
vor hundert Jahren.“<br />
„Aber bevor das passiert, werden<br />
wir von Freiberuflern zu Freiheitskämpfern!“,<br />
ist Hoppes Einschätzung<br />
der Situation, der in<br />
den Ärzteprotesten des vergangenen<br />
Jahres eine neu aufgekommene,<br />
alle Arztgruppen übergreifende<br />
Solidarität sieht.<br />
Die Schwerpunkte des Ärztetages<br />
wurden auf die Organ- und<br />
Gewebetransplantation und die<br />
Kindergesundheit in Deutschland<br />
gelegt. 12 000 Patienten warten<br />
in Deutschland auf ein Organ,<br />
und jeden Tag versterben drei<br />
Menschen auf der Warteliste. Nur<br />
12 Prozent der Menschen hierzu-<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> (Rotes Blatt) 06/2007/120/157<br />
Foto: Bundesärztekammer<br />
Von links nach rechts: Dr. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe,<br />
Ulla Schmidt, Bundesgesundheitsministerin, und Prof. Dr. Jörg-Dietrich<br />
Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages<br />
lande haben einen Organspendeausweis.<br />
Die Kommerzialisierung<br />
der Organspende wurde jedoch<br />
von den Delegierten abgelehnt.<br />
„Transplantationen dürfen nur<br />
abhängig von medizinischen Kriterien<br />
erfolgen; die Vermögenssituation<br />
des Empfängers beispielsweise<br />
darf keinesfalls ein<br />
Kriterium sein“, heißt es im Beschluss<br />
des Ärzteparlamentes. Es<br />
wird vielmehr die Möglichkeit<br />
gesehen, jeden Führerscheinbewerber<br />
zu einer Entscheidung für<br />
oder gegen eine Organspende<br />
zu bewegen. Auch könnten die<br />
Krankenhäuser mit Intensivstation<br />
die Rolle der Mitteiler potentieller<br />
Organspender übernehmen.<br />
Kindergesundheit in Deutschland<br />
Etwa 20 Prozent der Kinder und<br />
Jugendlichen im Alter von 7 bis 17<br />
Jahren haben psychische Probleme,<br />
wie Störungen des Sozialverhaltens,<br />
Ängste, Depressionen und<br />
Wahrnehmungsstörungen. Der<br />
Kinder- und Jugendgesundheitssurvey<br />
des Robert-Koch-Institutes<br />
liefert erstmals für Deutschland<br />
eine systematische und repräsentative<br />
Berichterstattung. Dieser galt<br />
auf dem Ärztetag als eine Grundlage<br />
der Diskussionen. Das Ergebnis:<br />
Verbindliche ärztliche Vorsorgeuntersuchungen<br />
für Kinder<br />
werden gefordert. Familien mit Risiken<br />
für eine ungünstige gesundheitliche<br />
Entwicklung von Kindern<br />
sollten möglichst früh identifiziert<br />
und unterstützt werden. Abgelehnt<br />
werden aber Regelungen,<br />
die die betreuenden Ärzte zu einer<br />
Meldung durchgeführter Vorsorgen<br />
verpflichten. Auch sollten Jugendliche<br />
vor Alkoholmissbrauch<br />
geschützt werden. Denn etwa<br />
9 Prozent der 16- bis 17-Jährigen<br />
trinken übermäßig Alkohol, 4 Prozent<br />
sind bereits alkoholabhängig.<br />
Rund 5 Prozent aller Todesfälle im<br />
Alter von 15 bis 29 Jahren sind auf<br />
Alkoholkonsum zurückzuführen.<br />
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Politik NN