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April 2021 - coolibri

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KULTUR<br />

Rocken<br />

gegen Pandemiemüdigkeit<br />

Fotos: JAKOB STUDNAR<br />

Der eine beruhigt seine Nerven in derNatur,der andere fordertsich beimRadrennen aufdem Heimtrainer:<br />

Am SchlosstheaterMoers gibt es beides, dort spieltsichdas Ensemble in „21 Lovesongs“ dengesamtenCorona-Frustvon<br />

der Seele. Wütend,verzweifelt, verträumt, erotisiert oder resigniert–in dergestreamtenLive-Aufführung<br />

geht es auf dem Gefühlsbarometer rauf undrunter. Ariane Schön gibt Einblicke.<br />

Als Ventil fürSorgen, Ängste undEinschränkungender vergangenenMonate,man<br />

merkt denSchauspieler:innen an:Esmussteeinfachraus! BirgitAngelehat<br />

eindurchsichtigesZeltinden Theaterraumgebaut. Vereinzelt<br />

undjeweils vomanderen abgeschirmt,sitzt jederDarsteller in seiner<br />

individuelldekoriertenParzelle.<br />

RomanMuchakniet aufeinem Stapel<br />

Brockhaus-Ausgabenund versuchtsich<br />

dieWeltmithilfe desDudenszuerklären<br />

(„Es bleibt nichts als Lesen“)und wieist<br />

dieDefinition fürden Tod?<br />

PatrickDollashackt in eine Schreibmaschine,<br />

derSoundtrackder Tasten fließt<br />

in dieMusik ein, sein Wahn treibt ihnin<br />

denSelbstmorddurch Erschießen. Unterbrochenvon<br />

kurzen Texten undAphorismenrundumFreiheit,<br />

Sehnsuchtund<br />

Zuversicht brilliert jederder Schauspieler:innen<br />

mitseinenpersönlichen gesanglichen<br />

Stärken.<br />

Ob nunein gefährlich röhrender Matthias Heße („Shut Up“von Savages)<br />

oder ElisaReining miteiner emotionalenDeutung von„Home istwhere it<br />

hurts“,die Titelsindinhaltlich stimmigausgewählt. Alte deutschsprachige<br />

Mut-mach-Songswie „Frieden im Land“imOriginal vonKonstantinWecker<br />

oder „Der Turm stürzt ein“ (Ton Steine Scherben)klingensonderbar prophetisch.<br />

Gesanglich am stärkstenist EmilyKlinge,die aufKonzertniveau<br />

agiert.Aberdiesalles wäre nichts,ohnedie beiden Multi-InstrumentalistenJan<br />

undJensLammert, dieneben denTastenauch mitGrooves,Gitarrensowie<br />

Beatboxing alle Genreszwischen Metall undJazz souverän zum<br />

Klingenbringen. Und dann istdanoch<br />

dieBildregie:Die Schauspieler filmen<br />

sich selbst miteiner Handkamera,geben<br />

intime Einblickeinihr Innerstes,immer<br />

in Sichtkontakt mitdem Betrachter.MartinGemsheimerist<br />

zusätzlich miteiner<br />

Beobachterkamera unterwegs.<br />

AlleBildernebeneinandermontiert, wirkt<br />

dieInszenierungwie eindurchkomponierter90-minütigerVideoclip.Überraschenderweise<br />

gelingtesUlrich Greb<br />

(Regie)die Dynamik undIntensitätdes<br />

Abends mühelos bisindas heimische<br />

Wohnzimmer zu transportieren.Bis zum<br />

(liveleider fehlenden) Endapplaus eine<br />

in sich stimmige Online-Aufführung,die dann vielleicht in Zukunftauch<br />

mitPublikum als hybridesFormat begeistern wird. Gernemehrdavon.<br />

Termineim<strong>April</strong><br />

unter schlosstheater-moers.de<br />

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