hinnerk April / Mai 2021
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Um welche Schutzmaßnahmen<br />
geht es?<br />
Unterkünfte müssen allen Geflüchteten<br />
signalisieren, dass lesbisch, schwul oder<br />
trans* zu sein in Deutschland akzeptiert wird.<br />
LSBTI-Geflüchtete müssen auch erfahren,<br />
an wen sie sich diskret innerhalb und<br />
außerhalb der Unterkunft mit ihren Fragen<br />
zur Unterbringung und zum Asylsystem<br />
wenden können. Wichtig ist natürlich auch,<br />
dass die Länder dann auch Möglichkeiten<br />
vorhalten, LSBTI-Geflüchtete gesondert<br />
unterzubringen – hierfür gibt es gute<br />
Beispiele vor allem in einigen Kommunen.<br />
Aber auch in den Sammelkünften können<br />
Mitarbeiter*innen einiges tun, um queere<br />
Bewohner*innen besser zu schützen. Hierzu<br />
muss das Personal – einschließlich der<br />
Security und der Sprachmittlungen – jedoch<br />
entsprechend geschult werden.<br />
Wie haben die Bundesländer abgeschnitten?<br />
Wo gibt es Vorbildliches,<br />
wo eher Suboptimales?<br />
In den vorliegenden Landesgewaltschutzkonzepten<br />
findet sich im Schnitt nicht<br />
einmal ein Drittel der LSBTI-spezifischen<br />
Schutzmaßnahmen wieder, die bundesweit<br />
eigentlich als Mindeststandards für die<br />
Unterbringung identifiziert wurden. Mit 55<br />
% der Schutzmaßnahmen hat das Land<br />
Bremen besonders gut abgeschnitten, während<br />
Sachsen mit nur 5 % das Schlusslicht<br />
der Studie bildet. Gleichzeitig möchte ich<br />
betonen: In unserer Studie geht es erst<br />
einmal nur um die Konzepte. Die Hoffnung<br />
ist hier natürlich, dass diese überarbeitet<br />
werden, sodass sich dann auch die Praxis<br />
verbessert.<br />
An wen richtet sich eure Kritik: An den<br />
Bund oder die Länder? Es gab ja in den<br />
Jahren nach 2015 doch einige bemerkenswerte<br />
Projekte unter anderem<br />
zwischen dem LSVD und dem<br />
Bundesamt für Migration<br />
und Flüchtlinge (BAMF).<br />
Hat das gar nichts<br />
gebracht?<br />
Die Unterbringung<br />
und somit auch der<br />
Gewaltschutz sind<br />
Ländersache. Für die<br />
Identifizierung vulnerabler<br />
Geflüchteter – somit<br />
auch von LSBTI-Personen<br />
– ist jedoch neben den Ländern<br />
auch das BAMF zuständig. Das<br />
LSVD-Projekt schult das Bundesamt darin,<br />
wie seine Asylverfahrensberater*innen den<br />
besonderen Bedarfen queerer Geflüchteter<br />
begegnen können. Wichtig ist jedoch, dass<br />
GESELLSCHAFT 21<br />
die tatsächlich unabhängige Asylverfahrensberatung<br />
durch die Wohlfahrtsverbände<br />
nicht weiter von dieser Beratung durch das<br />
BAMF verdrängt wird.<br />
Wie würdet ihr die Frage aus der Überschrift<br />
beantworten? Schaffen wir das<br />
mit dem Schutz und der Integration<br />
queerer Geflüchteter?<br />
Um die Frage zu beantworten, müsste man<br />
zunächst noch einmal über die ganzen<br />
Probleme im Asylverfahren reden! Besonders<br />
schlimm finde ich, dass das BAMF immer<br />
wieder Asylanträge beispielsweise<br />
von schwulen Pakistanern oder<br />
Iranern ablehnt; entweder<br />
weil diese angeblich nicht<br />
hinreichend geoutet leben<br />
wollten oder aber, weil die<br />
Strafen in diesen Ländern<br />
– in Iran und Pakistan –<br />
zwar im Gesetz stünden,<br />
aber kaum zur Anwendung<br />
kämen. Im Grunde sagt das<br />
BAMF doch hiermit: Leb weiter<br />
im Schrank, hab niemals öffentlich<br />
eine Beziehung, gründe niemals<br />
eine Familie, tritt niemals für deine Recht ein,<br />
dann passiert dir ja auch nichts.<br />
FOTO: CARO KADATZ<br />
*Interview: Christian Knuth