Journal 1-21
Journal – Ausgabe 1-2021
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Geistliches Wort<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Seit einigen Monaten lebt sie „bei ihren Jungen“, der<br />
Familie ihres Sohnes. Zuhause ging es nicht mehr allein.<br />
Nach einem ganzen Leben Selbstständigkeit und Andere-<br />
Versorgen muss sie nun selbst Hilfe in Anspruch nehmen.<br />
Das ist nicht leicht. Sie ist gut umsorgt und versorgt, doch<br />
ihre Erinnerung verblasst zunehmend. Fragen quälen sie:<br />
„Wo bin ich hier? Wie heiße ich? Warum bin ich hier?“<br />
Die meisten von uns, liebe Leserinnen und Leser, könnten<br />
diese Fragen in der Regel mühelos beantworten. Und doch<br />
beziehen sie sich in einem tieferen Sinn auf unser eigenes<br />
Leben:<br />
„Woher komme ich?“<br />
„Wer bin ich?“<br />
„Was soll ich?“<br />
Im Johannesevangelium sagt Jesus zu seinen Jüngerinnen<br />
und Jüngern: „Jesus Christus spricht: In der Welt habt<br />
ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“<br />
(Johannes 16,33). Es ist ein Abschiedswort, mit<br />
dem Jesus trösten will. Jesus redet davon, was die Welt hell<br />
macht und was im Dunkel den Weg weist.<br />
„Woher komme ich? Wer bin ich? Was soll ich?“<br />
Jesus sagt, woher er kommt und wohin er geht – zu Gott,<br />
seinem Vater. Und er sagt auch uns, wer wir sind: Kinder<br />
Gottes nämlich, Töchter und Söhne, ein Teil der Schöpfung;<br />
gerufen zu einem Leben in Gottes Gegenwart; berufen,<br />
weiter zu schauen, zu denken, zu fühlen, als nur die<br />
vorfindliche Welt es uns vorgibt.<br />
Für mich ist dieser Vers besonders in Zeiten, die bedrängen,<br />
beängstigen und verunsichern ein Zuspruch. Jesus sagt<br />
diese Worte als Trostwort zu denen, die ihm nahestehen.<br />
Er will die Augen öffnen für einen viel größeren Zusammenhang,<br />
weit darüber hinaus über das, was wir überblicken<br />
können.<br />
Gerade in diesen Coronazeiten spüre ich aus solchen Worten<br />
Zuversicht erwachsen. Das Gefühl der Beklemmung, der<br />
Sorge ist nicht weg. Aber es ist eine Schneise durch die<br />
Angst geschlagen!<br />
Die alte Dame im Haus ihres Sohnes und seiner Familie<br />
kann das Woher und Wohin nicht mehr erfassen. Aber ein<br />
gutes Wort, ein Lied, ein Gebet, Begleitung durch die Enkel<br />
bei einer kurzen Runde im Garten ... sind für sie wie die<br />
Antwort auf ihre Fragen. „Jemand kümmert sich um mich.<br />
Ich bin gut aufgehoben.“<br />
Genauso ist auch das Trostwort Jesu ein Zeichen dafür,<br />
dass Gott sich uns zuwendet und uns hilft und Wege weist.<br />
Mit guten Wünschen,<br />
Ihre<br />
Wiltrud Schröder-Ender, Pfarrerin<br />
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