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Dissertation

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Entnazifizierungsprozesse. Die Göttinger Physiker bildeten gesamt gesehen keine homogene<br />

Gruppe, sondern man findet unter ihnen Anhänger unterschiedlicher wissenschaftlicher<br />

Traditionen; auch besaßen die einzelnen Forscher jeweils verschiedene politische<br />

Überzeugungen. 63<br />

Im letzten Kapitel wird die Geschichte des Instituts für angewandte Mechanik in den Mittel-<br />

punkt gestellt. Die Konzentration auf dieses Institut hat Vor- wie Nachteile: Mit der 1934 er-<br />

folgten Absetzung Ludwig Prandtls verliert man einen der wichtigsten Organisatoren der<br />

Luftfahrtforschung aus den Augen, was als nachteilig gelten kann. Jedoch gewinnt man durch<br />

diese Konzentration Einblick in einen universitären Forschungsbereich, der zu dem vielleicht<br />

folgenreichsten deutschen militärischen Projekt beigetragen hat: der deutschen Raketenent-<br />

wicklung, an die das Institut eng angebunden war; auch an anderen Rüstungsforschungen war<br />

es beteiligt. Trotz der militärischen Relevanz der Forschungen gibt es bisher keine<br />

historischen Arbeiten über dieses Institut, obgleich seine Geschichte noch aus einem weiteren<br />

Grund einer Bearbeitung würdig ist: Seine konfliktreiche Entnazifizierung bietet einen sehr<br />

guten Einblick in die Grenzen der Wiedergutmachung an Universitäten. In der Interpretation<br />

finden die Thesen zum kollegialen Netz wie auch die Modellannahmen über den<br />

hierarchischen Aufbau von Instituten mit seinen Abhängigkeiten Anwendung.<br />

In der Ermittlung des kollegialen Netzes wurde methodisch wie folgt vorgegangen. Es<br />

wurden aus den Quellen alle Hinweise, die auch nur auf eine oberflächliche kollegiale<br />

Verbindung schließen ließen, gesammelt und in ihrer Summe ausgewertet, nämlich:<br />

� private Briefwechsel (darin auch Aussagen über Dritte)<br />

� formale Beziehungen wie Assistent – Professor, oder Doktorand – Betreuer, oder ein<br />

Mitarbeiterverhältnis<br />

� gemeinsame Publikationen<br />

� gemeinsame Lehrveranstaltungen<br />

� gemeinsame Vorträge auf Tagungen<br />

� gemeinsamer Einsatz für verfolgte Kollegen<br />

� gemeinsame Urlaube<br />

� Einladungen zu privaten Festen<br />

� fachliche Zusammenarbeit<br />

� Überlassung von Institutseinrichtungen, Instrumenten, Präparaten, usw.<br />

� Vertretungen (z. B. in der Institutsleitung)<br />

� Danksagungen in Publikationen<br />

� Vorlegen von Arbeiten anderer bei der Akademie der Wissenschaften<br />

� Vorschlag zur Aufnahme in wissenschaftliche Gesellschaften<br />

� Gutachten<br />

� „Persilscheine“<br />

63 Auf die Heterogenität der Wissenschaftlergemeinschaft weist Galison [1998] hin.<br />

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