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Dissertation

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Kaiser-Wilhelm-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg geworden. Obwohl<br />

Heidelberg mit Philipp Lenard am Physikinstitut ein politisch aufgeladener Ort war und<br />

Bothe die 1932 angetretene Nachfolge Lenards 1934 an den Lenard Schüler August Becker<br />

abgab, sagte Bothe Göttingen im November 1934 ab. 103 Daraufhin schlug die Göttinger<br />

Fakultät entgegen ihrer ersten Ankündigung den vorher zweitgereihten Kulenkampff aus<br />

München vor. Hervorgehoben wurden seine Arbeiten zur Röntgen-Optik und zur<br />

Höhenstrahlung, außerdem sei „Kulenkampff auf atomphysikalischen Gebiet mit an erster<br />

Stelle marschiert.“ 104<br />

Zwei weitere wesentliche Kriterien wurden vom Dekan hervorgehoben, die Kulenkampff<br />

erfüllen würde: Der zu berufende Physiker müsse unbedingt eine andere Arbeitsrichtung als<br />

Pohl haben und außerdem mit Pohl „die Gewähr guter persönlicher Zusammenarbeit“ bieten.<br />

Es kam der Fakultät also nicht nur auf wissenschaftliche, sondern auch auf persönliche<br />

Qualifikationen der Bewerber an. Der von der Fakultät zuerst drittgenannte Scherrer hätte<br />

beide Forderungen vermutlich ebenfalls erfüllt, jedoch bekam er für sein Züricher Institut<br />

einen Erweiterungsbau bewilligt und stand damit Göttingen nicht mehr zur Verfügung. Es<br />

blieb also nur Kulenkampff übrig.<br />

Eine weitere Qualifikation, die zwar nicht von der Fakultät, dafür aber vom Ministerium vom<br />

Bewerber eingefordert wurde, betraf dessen politische Haltung. Die Fakultät machte in ihren<br />

Berufungsvorschlägen kein Hehl daraus, dass sie von einer rein politischen Berufung wenig<br />

hielt. Falls das Ministerium nämlich einen in der Partei aktiven „Herrn“ berufen wolle, so<br />

solle trotzdem Kulenkampff das Ordinariat bekommen und nur die Oberassistentenstelle dem<br />

Parteitreuen übertragen werden. 105 Dass hier von einem „Herrn“ statt von einem Fachvertreter<br />

gesprochen wurde, ist auch ein Hinweis auf die distanzierte Haltung der Fakultät gegenüber<br />

einer solchen Besetzung.<br />

Der favorisierte Kulenkampff erfuhr von der NS-Dozentenschaft eine klare Abfuhr aus<br />

politischen Gründen. Kulenkampff sei untragbar. Er galt selbst Ende 1934 noch als eine<br />

„demokratisch eingestellte Natur“. Hinzu kam noch, dass er in München als engster<br />

Mitarbeiter Zennecks in ein ’ungünstiges‘ Netz eingebunden war, denn „das ganze Institut<br />

Zenneck scheint sich auch heute noch einer geschlossenen Ablehnung dem<br />

102 Dekan Reich an Rektor Neumann, 1. November 1934. UAG, Rek. 3206b.<br />

103 Breger [1985/86] S. 43; Beyerchen [1980] S. 141. Laut Brix & Putlitz [1986] S. 67 machte man Bothe nach<br />

1933 das Leben an der Universität unerträglich.<br />

104 Schreiben Dekan Reich an Ministerium, 10. November 1934. Zwei Tage davor hatte Bothe abgesagt. UAG,<br />

Rek. 3206b.<br />

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