23.12.2012 Aufrufe

Dissertation

Dissertation

Dissertation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Wie Diagramm 2 zeigt, gab es 1933 in der experimentellen und theoretischen Physik einen<br />

radikalen Austausch des Lehrpersonals. 75 Auf der Ordinarienebene blieb nur Pohl der<br />

Göttinger Physik erhalten. Er übernahm anfangs auch vertretungsweise die Leitung der<br />

beiden verwaisten Institute und sicherte somit ein Mindestmaß an Kontinuität. Dabei gewann<br />

er auch an lokaler Entscheidungsbefugnis, welche er unter anderem dazu ausnutzte, sich<br />

gegen den weiteren Verbleib der „arischen“ Oberassistentin am II. Physikalischen Institut,<br />

Hertha Sponer, auszusprechen. Der Kurator notierte im Dezember 1933: „Pohl ist dagegen,<br />

daß Frauen in die akademische Laufbahn eintreten, und glaubt daher, den jetzigen Zeitpunkt<br />

benutzen zu müssen.“ 76 Sponer verließ noch 1933 Deutschland.<br />

1.1.1 Die Allmacht Pohls<br />

Pohl besaß nicht nur in Göttingen großen Einfluss auf die Personalentscheidungen, sondern in<br />

der gesamten deutschen akademischen Welt der Physiker. Gegen Ende seines Lebens waren<br />

von den über 60 bei ihm promovierten Physikern 11 in Deutschland Ordinarien, weitere 6<br />

erhielten Professuren im Ausland. 77 Der Pohl-Schüler Heinz Pick formulierte es im Rückblick<br />

überspitzt: Es gab den Pohl‘schen Verein, der einen gewissen Bereich in Deutschland mit<br />

Nachwuchs versorgte, und es gab den Münchner Verein, der den anderen Teil übernahm. Das<br />

war den Physikern damals „ganz klar“. 78 In Pohls Institut war die aktuelle Politik kein<br />

Diskussionsthema; auch in den Umbruchszeiten 1933 und 1945 nicht. Die in seinem Institut<br />

forschende Gastwissenschaftlerin aus Wien, Marietta Blau, schrieb im Februar 1933: „Von<br />

den politischen Verhältnissen merkt man hier gar nichts, da im Institut prinzipiell nicht über<br />

Politik gesprochen werden darf.“ 79 Pohl war auch bekannt für seinen betont autoritären Stil in<br />

der Institutsleitung, der aber gegen Ende seiner Professorenzeit milder wurde. Sein Auftreten<br />

war nicht frei von Eitelkeit. Beispielsweise konnte in der Nachkriegszeit das physikalische<br />

Kolloquium, das durch die daran teilnehmenden Größen des Faches eine große<br />

Anziehungskraft hatte, nicht in Pohls großem Hörsaal stattfinden, da dieser für seine nächste<br />

Vorlesung vorbereitet werden musste. So fand das Kolloquium in Kopfermanns kleinem<br />

Hörsaal statt, wo es manchmal schwer war, noch einen Platz als Zuhörer zu finden. Wenn<br />

jedoch Pohls eigene Schüler vortrugen, stellte er seinen Hörsaal zur Verfügung. Von seinen<br />

75 Dieser wird eingehend behandelt von Rosenow [1987/98]. Dort werden auch die Emigrationswege der<br />

einzelnen Vertriebenen beschrieben.<br />

76 Notiz des Kurators vom 18. Dezember 1933, zitiert nach Rosenow [1987/98] S. 561f.<br />

77 Minnigerode [1976] S. 142.<br />

78 Interview mit Pick, 2. Oktober 1981. NBL.<br />

34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!