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Dissertation

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innerhalb der Universität und, wie es scheint, sogar zwischen den ’dagebliebenen‘<br />

Physikordinarien Reich und Pohl. 118<br />

Die Fakultät wurde erneut zur Einreichung einer Vorschlagsliste aufgefordert und erfüllte dies<br />

im Februar 1935 mit folgender Dreierliste: 1) Kulenkampff (München), 2) Geiger (Tübingen),<br />

3) Gerthsen (Gießen). Pohl zeigte sich keine Spur anpassungsbereit, und auch die<br />

Rückendeckung Reichs, die der Rektor reklamierte, erscheint durch diese Berufungsliste<br />

zweifelhaft. Die Argumente pro Kulenkampff sind in dieser Situation auf eine Abgrenzung<br />

gegen Joos und Kossel hin zu interpretieren. Zuerst wurden fast selbstverständlich seine<br />

wissenschaftlichen Leistungen und die Fähigkeit, andere Mitarbeiter anzuleiten, gewürdigt.<br />

Dank seiner Tätigkeit an der TH München – er war dort seit 1932 außerordentlicher Professor<br />

– habe er Verständnis für die Notwendigkeit, in der Ausbildung der Studenten die technischen<br />

Belange zu berücksichtigen. Dies könnte als Abgrenzung gegen Joos gelesen werden, der seit<br />

1924 Professor für theoretische Physik an der Universität Jena war, weniger gegen Kossel,<br />

der selbst seit 1932 an einer TH als Ordinarius lehrte. Eine etwas überraschende<br />

Argumentation betraf das Alter Kulenkampffs. Da er 11 Jahre jünger als Pohl war, würde mit<br />

seiner Berufung das gleichzeitige „Altwerden der Dozenten eines Faches“ verhindert werden.<br />

Dies war möglicherweise gegen Kossel gerichtet, der nur vier Jahre von Pohl getrennt war.<br />

Joos allerdings war mit Kulenkampff fast gleichaltrig. Die Nennung Geigers an zweiter Stelle<br />

war schon ihrer Formulierung nach nicht als ernstzunehmende Berufungsvariante gedacht und<br />

hatte eher Pro-forma-Charakter. Geiger habe einen großen wissenschaftlichen Namen und sei<br />

ein führender Forscher auf dem Gebiet der Radioaktivität und der Höhenstrahlung, allerdings<br />

sei er zwei Jahre älter als Pohl und hänge „sehr an seinem Tübinger Wirkungskreis“. Das hier<br />

vermittelte Bild vom schwer zu gewinnenden Geiger täuscht etwas, denn kurze Zeit später<br />

wurde er als Nachfolger von Gustav Hertz an die TH Berlin berufen. 119 Geigers ’halbherzige‘<br />

Nennung sollte vermutlich den drittgenannten Gerthsen in seiner Bedeutung stärken. Dieser<br />

war Geigers Assistent in Tübingen gewesen und habe mit seiner Erforschung der<br />

Kanalstrahlen vielseitige Anerkennung gefunden. Er war wie Joos Jahrgang 1894 und hatte<br />

sich wie dieser ebenfalls in der theoretischen Physik betätigt, als er über mehrere Semester in<br />

Tübingen die Vorlesung für theoretische Physik vertretungsweise übernommen hatte. Mit<br />

Gerthsen sollte offensichtlich eine Alternative zu Joos genannt werden. Zur allgemeinen<br />

118 Rektor an Ministerium, 19. Dezember 1934. UAG, Rek. 3206b.<br />

119 Zu Geigers Berufung nach Berlin siehe Cassidy [1979] bes. S. 379; zu seinen wissenschaftlichen Leistungen<br />

Haxel [1982].<br />

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