15.07.21 Simbacher Anzeiger
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15. Juli 2021<br />
<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />
Nr. 14/2021<br />
Altes Brauchtum in den Sommermonaten Juli und August<br />
Von Christina Schmid<br />
Simbach. „Obwohl es St. Ulrich<br />
mit seinem Fisch in der Hand mit<br />
dem Wasser zu tun hat, so sollte<br />
es an seinem Namenstag am<br />
4. Juli nicht regnen“, hielt die<br />
Oberlehrerin Berta C. Usselmann<br />
in ihrem Beitrag „Bauernbrauch<br />
durchs Jahr“ im <strong>Simbacher</strong> Heimatheft<br />
(9. Jahrgang, Ausgabe<br />
1961) von Karl Schaefler aus Kirchberg<br />
fest. Weiter beschreibt sie<br />
die bäuerliche Arbeit im Juli: „Um<br />
vier Uhr früh ging es schon in<br />
buntem Zug aufs Feld. Schön<br />
nach der dienstlichen Rangordnung<br />
wurde mit der Sense das<br />
Kornfeld als erstes abgemäht.<br />
Der Oberknecht war immer vorne<br />
dran. Brotzeit und Wassertragen<br />
besorgten mit großem Eifer die<br />
Kinder. In Niederbayern richteten<br />
sich an vielen Orten die Sommerferien<br />
nach der örtlichen Ernte.<br />
Kartoffelferien im Herbst<br />
Es ist noch gar nicht allzu lange<br />
her, dass die Sommerferien<br />
verkürzt waren, damit es im<br />
Herbst noch „Kartoffelferien“<br />
gab“, schrieb die Oberlehrerin vor<br />
60 Jahren. Weiter erfährt man in<br />
ihrem Bericht, dass der ländliche<br />
Erntetag in jener Zeit, wo man<br />
noch mit Sense und Sichel arbeitete,<br />
seine 16 und sogar über<br />
17 Stunden hatte. Der Oberknecht<br />
gab ein gutes Tempo an und die<br />
anderen hatten zu tun, um mitzukommen.<br />
„Zur Brotzeit setzte<br />
man sich am Feldrain nieder und<br />
tat sich gütlich an Brot und<br />
Schöps, an Radi und Kartoffelkäse<br />
usw. Das Brot wurde meist<br />
in den Schöps getunkt. Das<br />
Schleifen der Sensen oblag den<br />
männlichen Erntehelfern. Der<br />
Oberknecht wetzte die „Sans“ für<br />
die Oberdirn, der Mitterknecht<br />
für die Mitterdirn und so herab<br />
bis zum Arntknecht und der Arntdirn.<br />
Die betreffenden „Weiberleut“<br />
hatten sich mit ihren Wetzern<br />
gut zu stellen. Wenn sie miteinander<br />
haderten, dann kriegte<br />
ihre Sense nicht viel Schneid und<br />
sie hatten sich doppelt zu schinden“,<br />
so Usselmann.<br />
Sie geht auch auf die kleinen<br />
Wasserträger ein, die den ganzen<br />
Tag in der Prügelhitze genug Arbeit<br />
mit dem Wasserschleppen<br />
hatten. Bei den großen Bauern<br />
wurde das kostbare Nass mit<br />
Heu aufladen war Schwerstarbeit<br />
Aus dem Fotoalbum der Familie Spielbauer, Antersdorf, um 1955. Rechts<br />
der „Waldhauser Schos“ (heute 87 Jahre alt)<br />
einem Handwagerl aufs Feld gefahren,<br />
mittags ging’s zum Essen<br />
auf den Hof und nachmittags<br />
gab’s eine Brotzeit. Abends fiel<br />
man nach dem Abendbrot todmüde<br />
auf seinen Strohsack. Heute<br />
wird mit großen Maschinen geerntet,<br />
Knechte und Mägde gibt<br />
es nicht mehr.<br />
Ein Ährenbüschel als Opfergabe<br />
Umso interessanter ist es,<br />
einen Rückblick in die bäuerliche<br />
Arbeit von damals zu richten, als<br />
es noch keine modernen Erntemaschinen<br />
gab. Auch viele Gebräuche<br />
sind mit der Veränderung<br />
und dem technischen Fortschritt<br />
in der Landwirtschaft verschwunden.<br />
Nicht mehr üblich ist,<br />
dass nach dem Kornschnitt ein<br />
Ährenbüschel stehen gelassen<br />
wird. Das letzte Ährenbüschel<br />
war eine Opfergabe des germanischen<br />
Bauern für den Gott Wodan.<br />
Man kann sich vorstellen,<br />
welch schwere Arbeit von Hand<br />
das Auf- und Abladen der Ernte<br />
war. „Vor dem Abladen besprengte<br />
der Haus vater jeden Getreidestock<br />
im Stadl mit Weihwasser,<br />
damit die goldene Frucht vor<br />
Blitzschlag gefeit sei.<br />
Trotz der vielen und harten Arbeit<br />
ging es bei der „Arnt“ auch<br />
lus tig zu. Waren das Kornfeld abgemäht<br />
und die letzten Garben<br />
gebunden, dann wurde es zünftig.<br />
War die Ernte eingefahren,<br />
so gab es ein gutes Arntbier,<br />
Schmalzgebäck, Bratl oder<br />
Schweinswürstl und die Feier<br />
dauerte bei fröhlicher Stimmung<br />
oftmals bis spät in die Nacht. War<br />
der Acker mit dem Doppelrechen<br />
nachgestreift, dann konnten sich<br />
die Ährenleser darüber machen,<br />
dies waren meist Kinder und arme<br />
Leute. Gedroschen wurde mit<br />
Dreschflegel und zu den verschiedenen<br />
Takten gab es Reime und<br />
Lieder wie „Jetzt gibt’s bald<br />
Küachln gnua und an Most a dazua“.<br />
Es wurde den ganzen Herbst<br />
hindurch gedroschen, zum Abschluss<br />
gab es die „Drischleg“ mit<br />
verschiedenen Spielen.<br />
Eine Erleichterung beim Dreschen<br />
gab es dann mit dem Einsatz<br />
vom „Göppel“, wobei für die<br />
schweißtreibende Arbeit Ochsen<br />
eingesetzt wurden. Welch Aufregung<br />
war es, wenn die Dreschmaschine<br />
mit der Dampflokomobile<br />
auf den Bauernhof kam. Laut<br />
Usselmann hielt im Jahre 1875 die<br />
erste Dampfmaschine zur Ernte<br />
in Ering am Inn Einzug.<br />
Alte Bauernregeln<br />
„Schon das Einholen der Maschine<br />
war ein Vergnügen für die<br />
Kinder und die Dorfjugend. Die<br />
Maschinenleute wurden bestens<br />
bewirtet. Im Heft „Bauernjahr im<br />
Niederbayerischen“, herausgegeben<br />
1914 von M. Waltinger, ist<br />
zum Sommermonat Juli zu lesen:<br />
„2. Juli, Maria Heimsuchung“:<br />
„Wenn der Mariaheimsuchungstag<br />
schön ist, dann gibt es schöne<br />
Ernte“. Folgende Bauernregeln<br />
sind erhalten: 13. Juli: Margareta:<br />
Die erste Birn’ bringt Margaret,<br />
drauf überall die Ernt’ angeht.<br />
Regnet’s auf St. Margaret, dann<br />
die Nuss sehr schlecht gerät.<br />
22. Juli: Maria Magdalena: Magdalena<br />
weint gern, drum sagt der<br />
Bauer: „Regnet’s am Maria Magdalenentag,<br />
dann folgt gewiss<br />
mehr Regen nach“. 25. Juli: „Jakob“:<br />
„Ist es schön am Jakobitag,<br />
reiche Frucht man hoffen mag“.<br />
Schon sind wir im August und<br />
hier sticht der Feiertag Maria<br />
Himmelfahrt heraus. „Der Tag<br />
15. August heißt auch Kräuterfrauentag,<br />
weil an ihm allgemein<br />
Kräuter- oder Gewürzbüscherl<br />
und Wetterkränze geweiht werden.<br />
Die Weihe von Kräutern, Blumen<br />
und Getreideähren geschieht<br />
in Anlehnung an die Legende<br />
vom Blumenwunder am<br />
Grabe Mariens. Die Apostel<br />
sollten nämlich am dritten Tage<br />
nach der Beisetzung Mariens das<br />
Grab leer gefunden und anstelle<br />
des Leichnams duftende Blumen<br />
und Kräuter in den zurückgelassenen<br />
Tüchern gefunden haben.<br />
Die geweihten Kräuter sollen<br />
Haus, Hof, Au und Feld vor den bösen<br />
Geistern, namentlich aber vor<br />
Wetterschaden beschirmen“, so<br />
Waltinger. Die Bauernregel dazu:<br />
„Himmelfahrt im Sonnenschein,<br />
wird der Wein gesegnet sein“.<br />
Foto: depositphotos.de<br />
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