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rik August / September 2021

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MUSIK<br />

COMEBACK<br />

LAURA MVULA:<br />

KOPF HOCH, TANZEN<br />

Nach einem Karriere-Tiefschlag begeistert<br />

die englische Singer/ Songwriterin<br />

mit einem fulminant 80s-poppigen<br />

Comeback-Album.<br />

„Pink Noise“ ist jetzt keine Begriffserfindung<br />

von Laura Mvula selbst, sondern eine<br />

physikalische Erscheinung, die es tatsächlich<br />

gibt. Beim rosa Rauschen, so heißt es auf<br />

Deutsch, dominieren die tiefen Frequenzen,<br />

das menschliche Ohr nimmt alle Töne<br />

etwa gleich laut war. Nun ist Mvula keine<br />

Physikerin, vielmehr fand sie den Terminus<br />

als solchen einfach hinreißend. „Dieses<br />

pinke Rauschen klingt ungefähr so wie ein<br />

intensiver Regenguss“, sagt die Sängerin und<br />

Songschreiberin. „Jede Hörerin und jeder<br />

Hörer wird sich unter ‚Pink Noise‘ irgendwas<br />

anderes vorstellen können, der Begriff macht<br />

einfach was mit dir.“<br />

Für Laura selbst ist die Assoziation: 1980er-<br />

Pop. Volle Möhre. Sie selbst ist Jahrgang<br />

1986, geboren in Birmingham als Tochter<br />

einer von der Karibik-Insel Saint Kitts stammenden<br />

Professorin für Völkerkunde und<br />

eines Beauftragten für den Jugendrechtsschutz<br />

aus Jamaika. Aufgewachsen in einem<br />

kulturell-bildungsbürgerlich stimulierenden<br />

Umfeld („Als Kind habe ich schon Piano<br />

und Violine gespielt, und das sogar wirklich<br />

gerne“) hat Mvula das Jahrzehnt naturgemäß<br />

nur bedingt in Echtzeit kennengelernt. „Aber<br />

sobald ich mit dem prallen Pop der Dekade<br />

in Berührung kam, habe ich ihn geliebt.“ Man<br />

hört die Prägung ihrem dritten Album auf<br />

grandiose Weise an. Der Up-tempo-Song<br />

„Church Girl“, in dem Laura ihre Jugend als<br />

scheue, aber auch ehrgeizige Dirigentin des<br />

Kirchenchors und Mitglied in der A-Capella-<br />

Gruppe „Black Voices“ rekapituliert und<br />

dabei ganz nonchalant auch mit der zeitweiligen<br />

Selbstverliebtheit abrechnet („Who do<br />

you think you are/ some kind of superstar?“),<br />

vermittelt ein ähnlich erbauendes Gefühl<br />

wie einst die großen Hits von Janet Jackson<br />

à la „Escapade“ oder „Rhythm Nation“. „Got<br />

Me“, im Video zum Song turnt Laura Mvula<br />

in wechselnden Neon-Outfits durch eine<br />

Waschanlage, hat was von Billy Oceans<br />

„When the Going Gets Tough“, „Magical“<br />

hat den Schwung einer alten Earth, Wind<br />

& Fire-Nummer, „Safe Passage“ einen<br />

ähnlichen Beat wie „In The Air Tonight“ von<br />

Phil Collins, und wo wir schon bei Genesis<br />

sind: Das soft-melancholische Duett mit<br />

Simon Neil von Biffy Clyro, „What Matters“,<br />

lässt Erinnerungen an „Don’t Give Up“ von<br />

Kate Bush und Peter Gabriel aufleben – ein<br />

Klassiker, der so alt ist wie Laura selbst.<br />

Über all den Songs schweben jede Menge<br />

analoger Synthesizer sowie die tolle Stimme<br />

der Künstlerin. „Ich habe nach<br />

einem Sound gesucht, mit dem<br />

ich mich richtig wohlfühle<br />

und zu dem ich tanzen<br />

will. Mein eigener Bewegungsdrang<br />

war ein<br />

ganz entscheidender<br />

Aspekt bei diesem<br />

Album.“<br />

Laura Mvula, um im Bild zu bleiben, steckte<br />

nämlich zwischenzeitlich ganz schön fest.<br />

Zwar begeisterte sie mit ihren ersten beiden,<br />

stilistisch noch näher an Soul und Jazz<br />

angelehnten Alben „Sing To The Moon“<br />

(2013) und „The Dreaming Room“ (2016)<br />

ein durchaus großes und diverses Publikum<br />

und verzückte die Musikkritik weltweit.<br />

Beide Alben waren für den „Mercury Music<br />

Price“ nominiert und für „The Dreaming<br />

Room“ erhielt sie den prestigeträchtigen<br />

„Ivor Novello Award“. Doch ihrem damaligen<br />

Label war das offenbar nicht genug. Mvula<br />

wurde gefeuert und mittels einer schnöden<br />

E-Mail vom Rauswurf in Kenntnis gesetzt.<br />

Es dauerte, ehe sich die 35-Jährige, ohnehin<br />

mit einer fragilen Psyche und dem Hang<br />

zu Panikattacken ausgestattet,<br />

von der schweren Ego-<br />

Erschütterung berappelte.<br />

Doch nun scheint Laura<br />

Mvula nicht nur heller als<br />

je zuvor, sondern auch:<br />

Pretty in Pink.<br />

*Steffen Rüth

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