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bull_08_03_Ozean

Credit Suisse bulletin, 2008/03

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Seit 1895 das Magazin der Credit Suisse Nummer 3 Aug./Sept. 20<strong>08</strong><br />

<strong>Ozean</strong><br />

Lebensräume Wohnen auf dem Grund des Meeres<br />

Unerforscht Neuste Technik bringt Licht ins Dunkel<br />

KMU-Umfrage Wissensfaktor wird immer wichtiger<br />

Globale Inflation Hoher Ölpreis zeigt Wirkung<br />

National Gallery Credit Suisse wird neuer Partner<br />

Kofi Annan Einstiger UN-Generalsekretär im Gespräch<br />

Bulletin plus Klassische Musik


NOTFALL MYANMAR<br />

Nach dem Zyklon Nargis sind Hunderttausende obdachlos,<br />

ohne Nahrung und ohne Trinkwasser. Die Not der<br />

Menschen ist unermesslich!<br />

Unsere Teams vor Ort leisten den betroffenen Menschen<br />

erste Hilfe, aber diese Hilfe reicht bei weitem nicht aus.<br />

Mehr als 250 MSF-Mitarbeiter leisten direkte Hilfe vor Ort.<br />

Mit einer Spende können Sie diese Teams unterstützen.<br />

Danke!<br />

PK 12-100-2<br />

www.msf.ch/spende<br />

Tel. <strong>08</strong>48 88 80 80


Editorial <strong>03</strong><br />

Die Fische habens gut. Schliesslich wird die Oberfläche des Planeten Erde<br />

zu 71 Prozent von <strong>Ozean</strong>en bedeckt. Und diese verlieren sich noch in kilometertiefen<br />

Schluchten und Gräben, umsäumt von gigantischen Unterwassergebirgen<br />

und endlosen Weiten. Dort unten in den Tiefen der Meere muss die Freiheit<br />

wahrlich grenzenlos sein.<br />

Wie eng muss den Fischen dagegen die kleine Welt der Erdbewohner<br />

er scheinen, die sich weniger als einen Drittel der Oberfläche teilen. Kommt<br />

dazu, dass die Menschen ihren Wohnraum, niedergepresst von der Schwerkraft,<br />

nur zweidimensional nutzen können. Wollen sie einmal wie die Vögel oder<br />

Fische in die dritte Dimension hinauf- oder hinabsteigen, müssen sie sich<br />

in blecherne Kisten mit Flügeln oder aber in monströse Seegurken aus Stahl<br />

zwängen. Schmunzeln werden die Fische wohl auch über die unbeholfenen<br />

Muschel schalen, mit denen sich die Erdbewohner von einer Insel zur nächsten<br />

bewegen und sich dabei an der Meeresoberfläche schutzlos Wind und<br />

Wetter aussetzen.<br />

Gleichwohl sehen sich die Menschen nur zu gerne als die Herrscher der sieben<br />

Weltmeere. Ganz nebenbei ist die in diesem Zusammenhang gängige Zahl<br />

Sieben eher willkürlich gewählt. Die Geografen unterscheiden heute lediglich<br />

drei <strong>Ozean</strong>e: den Indischen, den Pazifischen und den Atlantischen <strong>Ozean</strong>.<br />

Doch wurden früher je nach Sichtweise und Machtverhältnissen noch weitere<br />

Nebenmeere dazugezählt, wie zum Beispiel das Karibische, das Gelbe und<br />

das Schwarze Meer, die Ost- oder Nordsee oder das Mittelmeer.<br />

Gold Winner<br />

Doch zurück zu den vermeintlichen Herrschern der Meere: Laut dem ame rikanischen<br />

Meeresforscher Stephen Hammond sind heute kaum mehr<br />

als zehn Prozent der <strong>Ozean</strong>e erforscht! Oder noch wahnwitziger ausgedrückt:<br />

Wir wissen praktisch nahtlos Bescheid über die Topografie und die Beschaffenheit<br />

der Mondober fl äche, schicken Sonden und Satelliten zum Mars, aber<br />

was in den Tiefen der <strong>Ozean</strong>e vor unserer Haustür schlummert, darüber wissen<br />

wir praktisch nichts.<br />

Foto: Cédric Widmer<br />

Gold Winner<br />

1. Rang<br />

In einer Zeit, in der die natürlichen Rohstoffe, aber auch der Lebensraum der<br />

Menschen immer knapper werden, wächst unwei gerlich das Interesse an<br />

den weissen Flecken unserer Weltmeere. Allerdings darf es bei den Meeren<br />

zu keinem so unkontrollierten Raubbau kommen wie auf dem Festland.<br />

Der Klimawandel führt uns eindringlich vor Augen, wie verletzlich unser Blauer<br />

Planet ist. Die <strong>Ozean</strong>e sind wichtig fürs Überleben – nicht nur der Fische.<br />

Daniel Huber, Chefredaktor Bulletin


Solway Firth, Cumbria, England, 28. März 2006, 12.00 Uhr


Inhalt<br />

05<br />

18<br />

27 _ Business<br />

28 _ Alois Bischofberger Ein letzter Rück- und<br />

Ausblick des abtretenden Chefökonomen<br />

30 _ Vermögensverwaltung Die Credit Suisse<br />

verstärkt ihr Engagement in Indien<br />

31 _ Nachfolgeseminar Strategien für CEOs von<br />

Familienunternehmen aus Lateinamerika<br />

32 _ Ship Finance Führende Position dank<br />

65 Jahren Erfahrung<br />

33 _ Accessibility Barrieren beim Zugang zu<br />

Bankgeschäften abbauen<br />

34 _ Riva Zukunftweisende Partnerschaft mit dem<br />

italienischen Hersteller von Luxusyachten<br />

35 _ Invest Aktuelle Analysen und Trends<br />

Schwerpunkt <strong>Ozean</strong> Im Nördlichen Eismeer geht ein<br />

Meeresforscher kopfüber den Geheimnissen der <strong>Ozean</strong>e<br />

auf den Grund. Lediglich zehn Prozent der <strong>Ozean</strong>e,<br />

die 72 Prozent der Erdoberfl äche bedecken, sind erforscht.<br />

06 _ <strong>Ozean</strong>e bremsen Erddrehung Wenn der Tag dank<br />

dem Mond und den Gezeiten immer länger wird.<br />

<strong>08</strong> _ Weg vom Festland Auf der Suche nach neuen Lebensräumen<br />

drängt sich immer mehr der Meeresgrund auf.<br />

14 _ Zurück in die Zukunft Die Seefahrt sucht nach neuen<br />

Antriebsformen und greift auf Wind und Sonne zurück.<br />

18 _ Geheimnisse gründen tief Modernste Technik bringt<br />

Licht in das unerforschte Leben der <strong>Ozean</strong>e.<br />

22 _ Ehrgeiziges Hafenprojekt «Tanger Med» soll Marokko<br />

zum Dubai des Mittelmeerraums machen.<br />

43 _ Wirtschaft<br />

44 _ KMU-Umfrage Wissen wird immer mehr<br />

zum entscheidenden Rohstoff<br />

48 _ Island Schafft das Land den Sprung vom<br />

Emerging Market zum Industrieland?<br />

52 _ Globale Inflation Hohe Öl- und Lebensmittelpreise<br />

treiben die Infl ation in die Höhe<br />

54 _ Digitale Deflation Der meistgefragte<br />

Rohstoff Information verbilligt sich<br />

51 _ Bulletin plus «Klassische Musik»<br />

57 _ Sponsoring<br />

58 _ National Gallery Credit Suisse wird neuer<br />

Partner des ehrwürdigen Museums<br />

60 _ Kunstsommer Schweiz Hodler, Balthus,<br />

Segantini laden zum Besuch<br />

61 _ Fussball Ein Dankeschön an Jakob Kuhn<br />

62 _ Mission Südafrika Ottmar Hitzfeld soll die<br />

Schweizer Fussballer an die WM 2010 führen<br />

63 _ Gesellschaft<br />

64 _ «bike to work» Der Umwelt und der<br />

Gesundheit zuliebe mit dem Rad zur Arbeit<br />

65 _ Love Ride Muskelkranke Kinder profi tieren<br />

vom grössten Schweizer Biker-Treffen<br />

66 _ World Science Summit 20<strong>08</strong> Credit Suisse<br />

unterstützt Weltwissenschaftsgipfel<br />

68 _ Children’s Storefront Kindern in Harlem<br />

zu einer besseren Ausbildung verhelfen<br />

Coverfoto: www.oceanexplorer.noaa.gov<br />

Der «Forest Stewardship Council» (FSC) setzt mit<br />

10 Prinzipien und Kriterien den Standard für eine<br />

umwelt- und sozialverträgliche Waldbewirtschaftung.<br />

Schweizer Papier (Z-Offset, mit 30% FSC-Anteil), aus<br />

europäischem Zellstoff, hergestellt von der ISO-14001-<br />

zertifi zierten Ziegler Papier AG, Grellingen.<br />

70 _ Leader Kofi Annan Der ehemalige<br />

UNO-Generalsekretär im Gespräch<br />

Service<br />

62 _ Impressum<br />

43 _ Wissenswert<br />

56 _ Nachlese<br />

74 _ @propos und Online-Link<br />

Ihr Link zu unserem Know-how: www.credit-suisse.com/infocus


Solway Firth, Cumbria, England, 27. März 2006, 5.20 Uhr<br />

Wie Ebbe<br />

und Flut<br />

den Lauf<br />

der Zeit<br />

verändern


<strong>Ozean</strong> Gezeiten<br />

07<br />

Fotos Seite 4 und 6: Michael Marten (www.michaelmarten.com)<br />

«Mein Tag müsste mindestens 30 Stunden haben, damit ich alles<br />

erledigen kann.» Irgendwann in ferner Zukunft könnte der häufig<br />

geäusserte Wunsch Wirklichkeit werden – allerdings erst nach sehr,<br />

sehr langer Zeit. Daran arbeiten Tag für Tag die riesigen <strong>Ozean</strong>e<br />

der Erde und der Mond.<br />

Bekanntlich sind 71 Prozent der Erdoberfläche mit <strong>Ozean</strong>en bedeckt.<br />

Die grossen Wasservorkommen sorgen unter anderem dafür,<br />

dass das Leben in der uns bekannten Form existieren kann. Doch<br />

so merkwürdig es klingen mag, die Weltmeere beeinflussen auch<br />

die irdische Tageslänge. Allerdings brauchen sie dazu die Hilfe des<br />

Mondes. Dieser umkreist die Erde auf einer leicht elliptischen Bahn<br />

und hat heute eine mittlere Entfernung von 384 000 Kilometern.<br />

Dem Mond werden von den Menschen viele Einflüsse zugeschrieben.<br />

Häufig wohl viel mehr, als er tatsächlich ausübt. Ein vom Mond<br />

verursachtes Phänomen ist allerdings ganz offensichtlich und jeden<br />

Tag zweimal zu beobachten – die Gezeiten. Zweimal am Tag steigen<br />

die <strong>Ozean</strong>e an, um danach wieder auf ein tieferes Niveau zu fallen.<br />

Ebbe und Flut zeigen sich als Folge der Umkreisung des Mondes<br />

auf der ganzen Welt als immerwährender Rhythmus.<br />

Die Gezeitenkräfte bewirken sogar, dass auch der feste Erdkörper<br />

durch die Gravitationswirkung von Mond und Sonne eine<br />

Defor mation erfährt, die in Äquatornähe etwa einen halben Meter<br />

erreichen kann.<br />

Mond und <strong>Ozean</strong>e bremsen die Erddrehung<br />

Das regelmässige Spiel von Ebbe und Flut führt dazu, dass durch<br />

die Reibung der Meere auf dem Erdboden die Erddrehung langsam,<br />

aber sicher gebremst wird. Für die Verlangsamung der Erdrotation<br />

sind jedoch nicht nur die Wasserozeane verantwortlich. Auch die<br />

«inneren <strong>Ozean</strong>e», bestehend aus Magma, verursachen Reibungseffekte,<br />

die zur Bremsung der Erddrehung beitragen.<br />

Glücklicherweise ist der Verlust der Geschwindigkeit der Erdrotation<br />

sehr gering. Zurzeit nimmt die Tageslänge auf der Erde in<br />

Ein Tag hat 24 Stunden. Was auf den<br />

ersten Blick sehr banal erscheint,<br />

war nicht immer so und wird auch nicht<br />

so bleiben. Denn der Mond bremst<br />

mit Hilfe der <strong>Ozean</strong>e die Erddrehung,<br />

womit der Tag langsam, aber sicher<br />

länger wird.<br />

Text: Andreas Walker<br />

jedem Jahrhundert um etwa zwei Millisekunden zu. Auf ein Menschenleben<br />

bezogen ist so eine Zeitspanne so gut wie nichts. Denkt<br />

man allerdings in astronomischen Massstäben, sieht die Sache<br />

anders aus. Tatsächlich hat diese geringe Zunahme bereits einen<br />

Einfluss auf unseren Kalender. Denn so klein diese Abweichung<br />

auch sein mag, sie führt dennoch dazu, dass diese Zeitverzögerung<br />

regel mässig korrigiert werden muss. Aus diesem Grunde wurde<br />

letztmals am Ende des Jahres 1998 eine Schaltsekunde eingeschoben.<br />

Über sehr lange Zeiträume betrachtet, macht sich diese<br />

Zeitverzögerung noch deutlich mehr bemerkbar.<br />

Korallen speichern die Tageslänge<br />

Untersucht man Korallen aus der Gegenwart, weisen diese im jährlichen<br />

Skelettzuwachs über 360 Anwachslinien auf – was einer<br />

Anwachslinie pro Tag entspricht. Forscher untersuchten die Wachstumsringe<br />

von fossilen Korallen und fanden heraus, dass vor 400<br />

Millionen Jahren ein Erdentag nur 22 Stunden dauerte und das<br />

Jahr mehr als 400 Tage hatte.<br />

Dreht man die Uhr noch weiter zurück, auf rund 900 Millionen<br />

Jahre vor unserer Zeitrechnung, kommt man auf eine Tageslänge<br />

von nur etwa 18 Stunden. Das damalige Jahr hatte rund 490 Tage.<br />

Seither hat sich die Rotationsgeschwindigkeit der Erdkugel durch<br />

die Gezeitenreibung auf die heutigen 365,26 Umdrehungen pro<br />

Jahr verringert und damit zu unserem gewohnten und selbstverständlichen<br />

24-Stunden-Tag geführt.<br />

Früher glaubte man, dass die Nautilusschalen einen perfekten<br />

Mondkalender aufzeichnen, indem sie bei jedem Mondumlauf einen<br />

Anwachsring produzieren. Die beiden Forscher Peter Kahn und<br />

Stephen Pompea machten mit einem Artikel Ende der Siebzigerjahre<br />

Furore. Sie zeigten anhand der Nautilusschalen auf, dass sich<br />

die Erde früher schneller drehte und der Mond unseren Planeten<br />

in viel geringerem Abstand umkreiste. Aus ihren Untersuchungen<br />

folgerten sie, dass sich der Mond seit Urzeiten etwa einen Meter<br />

pro Jahr von der Erde entfernt hat. Neueste Messungen zeigen<br />

jedoch, dass diese Zahl viel zu hoch geschätzt war.<br />

Mondrotation gebremst<br />

Die Gezeitenreibung hat die Drehung des Mondes um seine Achse<br />

bereits so weit gebremst, dass er uns heute immer dieselbe Seite<br />

zuwendet. Ausser den Apollo-Astronauten hat noch nie ein Mensch<br />

direkt die Rückseite des Mondes gesehen. Die Gezeitenkräfte<br />

zwischen Erde und Mond bewirken ausserdem im System Erde-<br />

Mond, dass sich unser Trabant pro Jahr etwa um 3,8 Zentimeter<br />

von der Erde entfernt.<br />

In 15 Milliarden Jahren würde eine einzige Erddrehung rund 48<br />

heutige Tage lang dauern. Ebenso bräuchte der Mond für eine Erdumdrehung<br />

48 Tage. In dieser sehr fernen Zukunft würden sich<br />

Erde und Mond immer die gleiche Seite zukehren.<br />

Allerdings wird dies kein Mensch mehr erleben. Nach heutiger<br />

Kenntnis wird sich unsere Sonne in etwa fünf Milliarden Jahren zu<br />

einem roten Riesenstern aufblähen, der etwa 100-mal heller ist als<br />

die heutige Sonne und der sich bis zur Merkurbahn ausdehnen wird.<br />

Auf unserer Erde wird dann ein «Backofenklima» herrschen, in dem<br />

die <strong>Ozean</strong>e verdampfen und die Erdoberfläche glühend heiss wird,<br />

sodass alles Leben ausgelöscht wird. Danach kollabiert unsere<br />

Sonne zu einem weissen Zwerg. Wenn die Sonne dieses Stadium<br />

erreicht hat, besitzt sie noch etwa die halbe Masse der heutigen<br />

Sonne, ist jedoch nur noch etwa so gross wie unsere Erde. <<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>08</strong> <strong>Ozean</strong> Wohnraum<br />

Leben in<br />

den Tiefen<br />

der Meere<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Wohnraum<br />

09<br />

Der Druck unter Wasser zerbröselt<br />

Kartoffelchips, und wer spricht,<br />

klingt wie Mickymaus. Trotzdem hat der<br />

Mensch nie aufgehört, davon zu<br />

träumen, auf dem Grund der Meere<br />

Kolonien zu errichten.<br />

Text: Ute Eberle<br />

Foto: Pierre Mion, National Geographic Image Collection<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


10<br />

<strong>Ozean</strong> Wohnraum<br />

Ob Lloyd Godson wohl in die Annalen der Unterwasserbesiedlung<br />

eingehen wird? Als der Mann, der den entscheidenden Schritt<br />

schaffte – der Neil Armstrong der <strong>Ozean</strong>eroberung sozu sagen?<br />

Wenn ja, dann werden die Menschen, die in 100 oder 150 Jahren<br />

über Godson lesen und dabei vielleicht in ihrem Unterwasserwohnzimmer<br />

sitzen, hinter grossen Acrylfenstern, die den Blick<br />

freigeben auf Korallengärten; auf Tunnel, welche die Bungalows<br />

der Nachbarn verbinden; auf Mini-U-Boote, die für ausgedehnte<br />

Trips vor den Häusern vertäut sind; dann also werden es sich jene<br />

Menschen vermutlich nicht verkneifen können zu lächeln. Sie<br />

werden feixen über Godsons postautogelb bemaltes, fensterloses<br />

Unterwasserhabitat aus Stahl, das so sehr an einen über dimen sionierten<br />

Werkzeugkasten erinnert. Darüber, dass es nicht im Meer<br />

sass, sondern auf dem Grund eines überfluteten Steinbruchs. Über<br />

die 100 Prozent Luftfeuchtigkeit, die darin herrschten, und über<br />

die Enge. Nur zweieinhalb Meter breit, drei Meter lang und zwei<br />

Meter hoch war das Refugium, in dem der 29-Jährige im April vergangenen<br />

Jahres zwölf Tage unter Wasser lebte. Eine Camping liege,<br />

ein stationäres Fahrrad, ein Chemieklo, ein paar an die Wand geklebte<br />

Bilder – viel mehr passte nicht hinein.<br />

Es fällt ja jetzt schon schwer, nicht über Godson zu schmunzeln.<br />

Schon weil der Meeresbiologe aus Australien in den Videodepeschen,<br />

mit denen er sich fast täglich bei der Aussenwelt meldete, so ansteckend<br />

gut gelaunt wirkt. Wenn er etwa vom Bett aus angelt,<br />

indem er die Rute über die offene Einstiegsluke am Boden seines<br />

Habitats hält – und doch nichts fürs Abendessen fängt. Wenn er<br />

im Schummerlicht auf den zwei Minitrommeln herumscheppert, die<br />

er von seiner Freundin bekommen hat. Oder wenn er leicht konsterniert<br />

feststellt, dass Moskitos seine Unterwasserbehausung<br />

infiltriert haben.<br />

Algenkolonien für die Sauerstoffproduktion<br />

Diese Zeitvertreibe mögen banal wirken. Dennoch hat der Meeresbiologe<br />

in den Augen mancher Grossartiges erreicht. Nicht, dass<br />

er es länger unter Wasser ausgehalten hätte als je ein Mensch vor<br />

ihm. Diese Ehre gebührt – noch – einem Mann namens Rick Presley,<br />

der 1992 ganze 69 Tage im nassen Element ausharrte. Doch Godson<br />

war der Erste, der gezielt versuchte, sich von der Infrastruktur<br />

des Landes unabhängig zu machen. Er produzierte zumindest einen<br />

Teil seines Sauerstoffs selbst, indem er sein Habitat mit einer Algenkolonie<br />

ausstattete. Täglich strampelte er mehrere Stunden auf<br />

dem Ergometer, um die Pumpe anzutreiben, die Wasser durch die<br />

Sauerstoff produzierenden Pflanzen spülte – und erzeugte so auch<br />

gleich den Strom, um seinen Laptop zu speisen. Die Algen absorbierten<br />

zudem das Kohlendioxid, das Godson ausatmete, und sie<br />

eigneten sich sogar zum Konsumieren. «Das Besiedeln des Meeresgrunds<br />

gehört zu den letzten Dingen, die noch unerreicht sind»,<br />

sagte Godson nach seiner Rückkehr an Land. «Wenn wir es intelligent<br />

angehen, könnte das Bauen von Unterwasserkolonien eine<br />

der grössten Errungenschaften des 21. Jahrhunderts werden.»<br />

Einer, den Godsons Erfahrungen ungemein interessierten, war<br />

Dennis Chamberland, ein Bio-Ingenieur und langjähriger Mitar beiter<br />

der US-Raumfahrtbehörde NASA. Denn der Amerikaner möchte<br />

im Frühjahr kommenden Jahres selbst unter Wasser ziehen.<br />

80 Tage will der erfahrene Taucher dann gemeinsam mit seiner Frau<br />

Claudia und einem weiteren Begleiter in einem privat finanzierten<br />

Habitat vor der Küste Floridas verbringen. Und das ist nur zum<br />

Aufwärmen gedacht. Läuft alles nach Plan, wird Chamberland<br />

bereits 2012 eine permanente Kolonie auf dem Boden des Meeres<br />

gründen. Interessenten können sich auf seiner Website bereits um<br />

einen Platz bewerben. «Ich spreche von einer Unterwasserstadt,<br />

einem Wohnort für ganze Familien», wirbt der Amerikaner.<br />

Leben im Meer – warum eigentlich nicht ? Rein rational ist das<br />

äusserst sinnvoll. Schliesslich bedeckt Wasser gut zwei Drittel der<br />

Oberfläche unseres Planeten. Land dagegen ist mit nur 15 Milliarden<br />

Hektar vergleichsweise rar und an manchen Orten – wie<br />

Macao – drängeln sich bereits fast 10 000 Menschen pro Quadratkilometer<br />

trockenen Bodens.<br />

Erste Langzeitversuche in den Sechzigerjahren<br />

Technologisch ist das Überleben unter Wasser ebenfalls kein Problem,<br />

wie wir seit dem 7. September 1962 wissen. Damals wurde<br />

der Belgier Robert Stenuit zum ersten «Aquanauten» der Geschichte.<br />

26 Stunden sass er in einer vier Meter langen Aluminiumröhre, die<br />

60 Meter tief im Mittelmeer baumelte. Fast zeitgleich zogen die<br />

Franzosen Albert Falco und Claude Wesly in die See. Unter dem<br />

Kommando des legendären Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau<br />

verbrachten sie im September 1962 eine ganze Woche in einem<br />

Habitat namens «Conshelf I», einem fünf Meter langen und zweieinhalb<br />

Meter hohen Stahlzylinder, der jenseits von Marseille zehn<br />

Meter tief auf dem Meeresgrund verankert wurde. Schläuche vom<br />

Land versorgten die Aquanauten mit Luft, Infrarotstrahler wärmten<br />

sie, Schaumgummi an den Wänden hielt ihre Behausung trocken<br />

und ein Plattenspieler bot ihnen Unterhaltung. Kuriertaucher brachten<br />

Essen und zweimal pro Tag schwamm ein Arzt in die unterseeische<br />

Wohntonne, um sicherzustellen, dass Falco und Wesly den<br />

dauerhaft erhöhten Druck gut vertrugen.<br />

Damit war der Auftakt gemacht und es folgte eine Phase intensiven<br />

Experimentierens mit dem Wohnen im Meer. 65 Habitate errichtete<br />

die Welt in den folgenden zwei Jahrzehnten. Manche lagen<br />

mit fünf Metern Tiefgang kaum unter der Wellengrenze, andere –<br />

wie das «Sealab III» der US-Marine – mit 300 Metern in einer Zone<br />

tintiger Dunkelheit. Selbst Länder, die gar nicht über eine Küste<br />

verfügen – wie die Tschechoslowakei –, beteiligten sich am Run auf<br />

die neue Lebensform. Zu den bizarrsten Konstruktionen, die in<br />

jenen Tagen auf dem <strong>Ozean</strong>boden errichtet wurden, gehörte ein<br />

Gummizelt, das US-Forscher 1964 in 130 Metern Tiefe nahe der<br />

Bahamas aufschlugen. (Die beiden Aquanauten, die darin übernachteten,<br />

wurden mehrfach aus dem Schlaf gerissen, als ein<br />

mächtiger Zackenbarsch bei seiner Jagd auf Sardinen gegen die<br />

Gummiblase rumste.)<br />

Andere Habitate beeindruckten durch ihre bemerkenswert luxuriöse<br />

Ausstattung. «Die Behausungen verfügen über fast jeden<br />

gewohnten Komfort wie Klimaanlagen, nagelneue Küchen, Kühlschränke,<br />

Telefone und Betriebsfernsehen», schrieb das US-Magazin<br />

«Time» 1963 über «Conshelf II», einen Nachfolger von Falcos<br />

und Weslys Unterwasserrefugium. «Sollten sich die Bewohner drinnen<br />

langweilen, legen sie ihren Tauchapparat an und treten durch<br />

die ‹Haustür›: ein Loch im Boden. Draussen können sie nach Belieben<br />

umherstreifen und schmackhaftes Meeresgetier sammeln,<br />

um es dann in ihren Traumküchen zuzubereiten.» Insgesamt verbrachten<br />

in jenen Tagen über 800 Aquanauten Zeit unter Wasser.<br />

Die ausdauerndsten lebten durchgehend zwei Monate in der Tiefe.<br />

Es war die Ära, in der der Forschungsdrang der Menschheit<br />

ohne hin hohe Wellen schlug. Der Kalte Krieg trieb die Gross mächte<br />

an, das noch Unbekannte zu erobern. Und neben dem All war ><br />

Fotos: Carolina Sarasiti, www.biosub.com.au | Handout, Getty Images | OAR/National Undersea Research Program (NURP), U.S. Navy | Créations Jacques Rougerie<br />

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<strong>Ozean</strong> Wohnraum<br />

11<br />

1 2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Vordere Doppelseite Das 1963 unter der Leitung von Jacques-Yves Cousteau verwirklichte Unterwasserrefugium «Conshelf II» lag im Roten<br />

Meer. Über 800 Aquanauten lebten bis zu zwei Monate dort. 1 Der 29-jährige Meeresbiologe Lloyd Godson verbrachte in der zweieinhalb<br />

mal drei Meter grossen Stahlkiste 12 Tage unter Wasser. 2 Bahnbrechend an Lloyd Godsons Versuch war die Tatsache, dass er<br />

zumindest einen Teil seines Sauerstoffs mit Hilfe von Algenkolonien selber herstellte. 3 Das «Sealab III» der US-Marine lag vor der Küste<br />

Kaliforniens in einer Tiefe von 300 Metern. 4 Die Vision «Village sous-marin» wurde 1973 im Auftrag der US-Raumfahrt agentur NASA und<br />

der US-<strong>Ozean</strong>ografiebehörde NOAA entwickelt. Die Station sollte Langzeitforschungsaufenthalte in 40 Metern Tiefe ermöglichen.<br />

5 Das 1977 gebaute «Galathée» war ein teilweise mobiles, frei schwebendes Unterwasserhabitat für den Einsatz in küstennahen Zonen.<br />

Die 56 Kubikmeter grosse Station kann bis zu sieben Bewohner beherbergen.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


12<br />

<strong>Ozean</strong> Wohnraum<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4 5<br />

1 Vor der Küste Neuenglands soll dereinst in 180 Metern Tiefe die 370 Quadratmeter grosse Tiefseestation Ocean Base One gebaut<br />

werden, die bis zu 60 Bewohnern Platz bieten soll. 2 Der Weg zur Ocean Base One führt über ein Manta-Unterseeboot, das an<br />

einer speziellen Dockingstation anlegt. 3 und 4 Das «Poseidon Undersea Resort» (Bild 3: Zimmer von aussen) soll auf dem Fidschi-<br />

Archipel vor Mystery Island 2009 Wirklichkeit werden (www.poseidonresorts.com). In rund 20 Metern Tiefe sollen 24 Wohneinheiten<br />

5-Stern-Luxus bieten. Dazu gibts unter anderem auch ein Gourmet-Restaurant sowie eine Bibliothek. 5 Die Vision «City in the<br />

Ocean» wurde vom französischen Architekten Jacques Rougerie entworfen und soll dereinst vor der Küste von Abu Dhabi nicht nur<br />

320 Meter in den Himmel ragen, sondern auch viel Lebensraum unter Wasser bieten.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Wohnraum<br />

13<br />

Fotos: JMS Naval Archtiects & Salvage Engineers | Poseidon Undersea Resorts | Créations Jacques Rougerie<br />

das vor allem der «innere Kosmos» (wie man die Welt unter Wasser<br />

damals nannte). Visionäre schwärmten von Meeressiedlungen,<br />

deren Bewohner allenfalls gelegentlich an Land kommen würden.<br />

Sie würden ihre Tage damit verbringen, unterseeische Mineralien<br />

abzubauen, nach Öl zu bohren oder Förderplattformen zu warten.<br />

Es wurde selbst darüber nachgedacht, Kernkraftwerke auf dem<br />

Meeres grund zu errichten. «Schon morgen», prophezeite der Aquanaut<br />

pionier Stenuit, «wird ein Siedler seinen Grund und Boden<br />

durch die Bullaugen seiner Unterwasser-Ranch überblicken.»<br />

Doch zunächst kam es nicht dazu. Ein paar Aquanauten starben<br />

bei Tauchunfällen und das Erschrecken darüber war so gross,<br />

dass einige Projekte eingestellt wurden. Auch begann sich abzuzeichnen,<br />

dass die Ölindustrie – ein früher Sponsor von Unterwasserhabitaten<br />

– Dinge wie Bohrungen billiger von Robotern und ROVs<br />

(Remotely Operated Vehicles) ausführen lassen konnte. Und das<br />

er wachende Umweltbewusstsein bremste die einstige Begeisterung<br />

für den Plan, die Meere hemmungslos auszubeuten. Selbst die<br />

spek takulären Mondlandungen wirkten sich aus Sicht der Aquanauten<br />

nachteilig aus, denn sie monopolisierten die Aufmerksamkeit –<br />

die breite Öffentlichkeit vergass die Idee, die <strong>Ozean</strong>e zu besiedeln.<br />

Mehr Menschen leben im All als unter Wasser<br />

Heute leben dank der Internationalen Raumstation mehr Menschen<br />

im All als unter Wasser. Sieht man von einigen militärischen<br />

U-Booten ab, die nomadenhaft in der Tiefsee patrouillieren, besucht<br />

der Mensch die unermessliche Weite der Meere noch immer nur zu<br />

Stippvisiten. Bis zu sechs Gäste etwa können sich nächteweise in<br />

der «Jules’ Undersea Lodge» einmieten, einem ausgemusterten<br />

Unterwasserhabitat aus den Siebzigerjahren, das gut sechs Meter<br />

tief in einer Mangrovenlagune in Key Largo, Florida, liegt. Ganz in<br />

der Nähe ist die «Aquarius» aufgebockt, die einzige Überlebende<br />

der einstigen Flotte unterseeischer Forschungshabitate. Meeresbiologen<br />

quartieren sich für gewöhnlich zehn Tage in ihr ein, um<br />

die umliegenden Korallen zu studieren. Privatsphäre dürfen sie<br />

dabei freilich nicht verlangen. Gerade einmal 14 Meter lang und<br />

drei Meter breit ist die eher spartanisch eingerichtete «Aquarius»<br />

für sechs Bewohner ausgelegt.<br />

Doch noch immer gibt es Menschen, die den Traum von einer<br />

per manenten Präsenz unter den Wellen nicht aufgegeben haben –<br />

und die überzeugt sind, dass die Zeit reif für einen neuen Anlauf<br />

ist. Dennis Chamberland ist denn auch nicht der Einzige, der ernsthaft<br />

an entsprechenden Projekten arbeitet. So ist etwa ein Meeresbiologe<br />

der Universität von Connecticut derzeit dabei, Geld für<br />

gleich zwei hochmoderne Unterwasser habitate aufzutreiben. In<br />

bereits zwei bis vier Jahren hofft Richard Cooper, Gründer der<br />

gemeinnützigen Ocean Technology Found ation, in einem noch nicht<br />

näher benannten tropischen Gewässer mit dem Bau einer zweistöckigen<br />

Meeresbehausung zu beginnen. Anders als fast alle bisherigen<br />

Unterwasserprojekte soll die Station, die für 18 und 40<br />

Meter Tiefe geplant ist, auch für Laien zugänglich sein – etwa für<br />

Freizeittaucher, die mehr Zeit im Nass verbringen wollen.<br />

Langfristig jedoch möchte Cooper ein noch weit ehrgeizigeres<br />

Projekt angehen: eine mit 370 Quadratmetern baumarktgrosse<br />

Tiefseestation vor der Küste Neuenglands. Der niedrigste Punkt<br />

der Ocean Base One läge 180 Meter unter der Oberfläche. Zwei<br />

Kabinen würden darin bis zu 60 Bewohnern Platz bieten. Dabei<br />

würde der Luftdruck des einen Abteils künstlich auf dem Level der<br />

Oberfläche gehalten, um schnelle Ausflüge ans Land zu ermöglichen.<br />

In einer zweiten Kabine würde dagegen der Druck der Umgebung<br />

herrschen: 19 Bar. Dies soll den Bewohnern erlauben,<br />

ausgedehnte Ausflüge unter Wasser zu unternehmen, ohne sich<br />

um die «Bends» sorgen zu müssen. So bezeichnen Taucher jenes<br />

schmerzhafte und potenziell tödliche physische Phänomen, bei dem<br />

der erhöhte Druck unter Wasser Gase im Blut komprimiert, die zu<br />

sprudeln beginnen, wenn der Betroffene zu schnell auftaucht. Erst<br />

gegen Ende ihres Aufenthalts müssten diese Aquanauten schrittweise<br />

an die Verhältnisse des Landes akklimatisiert werden –<br />

ein Prozess, der fast sieben Tage beanspruchen dürfte. Zwischen<br />

50 und 70 Millionen Dollar werde es kosten, Ocean Base One zu<br />

bauen, schätzt Cooper.<br />

5-Stern-Luxussuiten mit Blick auf Korallenriffe<br />

Damit wird sein Projekt vermutlich deutlich billiger ausfallen als das<br />

«Poseidon Undersea Resort», ein Unterwasserhotel, das derzeit<br />

für die Südsee entwickelt wird. Denn das soll 5-Sterne-Luxus auf<br />

dem Grund des <strong>Ozean</strong>s bieten. Geplant sind transparente Aufzüge,<br />

welche die Besucher zwölf Meter tief ins Wasser fahren, von<br />

wo sie trockenen Fusses eine von 24 Suiten betreten, die entlang<br />

eines Korallenriffs aufgereiht werden sollen. Grossflächige Acrylfenster<br />

(auch die Decke wird teils durchsichtig sein) werden es den<br />

Gästen erlauben, selbst vom Bett oder vom zimmereigenen Whirlpool<br />

aus zu beobachten, wie sich ringsherum die Fische im himmelblauen<br />

Wasser tummeln. Ebenfalls unter den Wellen liegen<br />

werden wohl ein Restaurant, ein Konferenzsaal, eine Hochzeitskapelle<br />

und ein Wellnesszentrum. Nach mehreren Rückschlägen<br />

soll das Luxus etablissement nun 2009 nahe einer privaten Insel im<br />

Fidschi-Archipel eröffnet werden. Reservieren darf man bereits<br />

ab 15. September dieses Jahres – vorausgesetzt, man verfügt über<br />

die 15 000 Dollar, die der Aufenthalt im Unterwasserhotel, inklusive<br />

Flug zur Privat insel, Gerüchten zufolge kosten wird.<br />

Noch grandioser soll das «Hydropolis Undersea Resort» ausfallen,<br />

das für die exklusive Jumeirah-Küste vor Dubai entworfen<br />

wurde. Vorgesehen sind durchsichtige Tunnel, durch die Besucher<br />

von der landgelegenen Rezeption zu den Zimmern laufen, die 20<br />

Meter tief im Persischen Golf gebaut werden sollen. Das zehn<br />

Hektar grosse Hotel (dessen Bau ebenfalls bereits Verzögerungen<br />

erlebte) soll unter anderem 220 Räume, ein Kino, eine Klinik<br />

für Schönheitsoperationen und einen unterseeischen Ballsaal enthalten,<br />

heisst es. Auch für den Persischen Golf geplant ist die<br />

«City in the Ocean», ein bereits optisch futuristisch anmutendes<br />

Projekt, das der französische Architekt Jacques Rougerie im Auftrag<br />

von Abu Dhabi erdacht hat. Wie Neptuns Zacken ragen in der<br />

Modellzeichnung drei 320 Meter hohe Wohntürme über die kreisrunde<br />

Siedlung hinaus, die komplett im Wasser errichtet werden<br />

und auch unterseeische Einheiten enthalten soll.<br />

Selbst wenn sich viele dieser visionären Projekte noch im frühen<br />

Planungsstadium befinden – für jene, die sich nach einem Leben<br />

unter den Wellen sehnen, scheinen die Aussichten besser als<br />

seit Jahrzehnten. «Bald werden Familien unter Wasser wohnen und<br />

arbeiten. Kinder werden dort zur Schule gehen und eine neue Generation<br />

wird dort geboren werden – die ersten Bürger einer <strong>Ozean</strong>zivilisation,<br />

deren wichtigste Aufgabe es sein wird, auf die Weltmeere<br />

aufzupassen und sie zu beschützen», schwärmt Meereskolonialist<br />

in spe Chamberland voller Zuversicht. «Das ist keine<br />

Illusion oder Träumerei, sondern ein Plan, der Schritt für Schritt<br />

verwirklicht werden kann.» <<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


14<br />

<strong>Ozean</strong> Schifffahrt<br />

Volle Fahrt<br />

zurück<br />

in die<br />

Zukunft<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Schifffahrt<br />

15<br />

Foto: Amory Ross<br />

Peter Schenzle trägt die Zukunft auf seiner Gürtelschnalle: die<br />

«Maruta Jaya». Der Segelfrachter wurde bereits in den Achtzigerjahren<br />

von einem deutsch-indonesischen Forschungsteam für den<br />

Warentransport zwischen den indonesischen Inseln entwickelt. Das<br />

Segelwerk, auch «Rigg» genannt, des Dreimastschoners stammte<br />

vom Schiffsbauingenieur Schenzle, der damals für die Hamburgische<br />

Schiffsbauversuchsanstalt (HSVA) arbeitete.<br />

Mit 1050 Quadratmetern hat das so genannte Indosail-Rigg<br />

eine gewaltige Segelfläche, die dem 63 Meter langen Frachter<br />

starke Vortriebskräfte garantiert. Zudem ist das Schiff mit einem<br />

140 - PS-Diesel-Elektro-Antrieb ausgerüstet. Die Segel werden<br />

elektrisch gerefft und eingestellt. Entsprechend braucht es auch<br />

keine grosse und kostspielige Crew wie auf den alten Windjammern.<br />

Doch im Vergleich zu einem Motorschiff dieser Grössenordnung<br />

verbraucht die «Maruta Jaya» rund 70 Prozent weniger Treibstoff.<br />

Der Greenpeace-Schoner «Rainbow Warrior II» wurde ebenfalls mit<br />

einem Indosail-Rigg ausgestattet. Seit 1989 hat das Schiff bei<br />

ver schiedenen Testfahrten bis zu 40 Prozent Treibstoff eingespart.<br />

Schenzles Entwicklung ist also ein Erfolg. Und doch wurde sie von<br />

der kommerziellen Schifffahrt noch nicht aufgenommen, auch wenn<br />

grosse Werften wie die Kieler Lindenau diverse Indosail-Projekte<br />

vom Tanker bis zum Kreuzfahrtschiff in ihren Schubladen liegen<br />

haben sollen.<br />

90 Prozent der Waren auf dem Seeweg<br />

Nun zwingen steigende Schwerölpreise und strenge Umwelt- und<br />

Klimaschutzauflagen die konservativen Reedereien, immer mehr<br />

über alternative Antriebe wie den kostenlosen Wind nachzuden ken,<br />

um Treibstoff zu sparen und damit umweltschonender und nachhaltiger<br />

zu operieren. Immerhin werden 90 Prozent aller Warengüter<br />

weltweit mit Schiffen transportiert. Die Seefahrt bläst aber<br />

auch rund fünf Prozent der weltweiten CO 2 -Emissionen in die<br />

Atmos phäre sowie Schwefel- und Stickoxide, und sie verursacht<br />

Die ölgetriebene Schifffahrt ist für rund<br />

fünf Prozent der weltweiten CO 2 -Emissionen<br />

verantwortlich und damit eine<br />

enorme Umweltbelastung. Nun sucht<br />

sie verstärkt nach alternativen Antrieben<br />

und findet dabei zwei alte Bekannte:<br />

den Wind und die Sonne.<br />

Umweltzerstörungen durch Havarien, Luftverschmutzung in Hafenstädten<br />

und so weiter. Mit der rasant steigenden Welthandelsflotte<br />

steigen auch die Probleme. Erst kürzlich, am «Europäischen Tag<br />

der Meere», diskutierte das Europaparlament darüber, Emissionszertifikate<br />

und hohe Steuern und Gebühren für schwere Frachter<br />

einzuführen, um den Schadstoffausstoss endlich zu verringern.<br />

«Gerade in der Schifffahrt», erklärt Schenzle, «gibt es ein hohes<br />

Potenzial, Nachhaltigkeit umzusetzen. Seetransport ist zehn Mal<br />

so effizient wie die Eisenbahn oder die Strasse. Und sogar hundert<br />

Mal so effizient wie die Luftfahrt. Allerdings sind die komplette<br />

Seefahrt und die dazugehörige Logistik, die Hafenanlagen, die<br />

Umschlags- und Ladetechnik – das gesamte Denken – seit über<br />

100 Jahren auf den billigen Ölpreis ausgerichtet. Deswegen passieren<br />

Veränderungen nur sehr langsam und schleppend und in<br />

sehr kleinen Schritten.»<br />

Seitdem Dampf- und Motorschiffe die Windschiffe Ende des<br />

19. Jahrhunderts von den <strong>Ozean</strong>en in Bücher und Museen verdrängten,<br />

seien sie – so heisst ein weitläufiges Vorurteil – vor allem<br />

etwas für verspielte Romantiker. Tatsächlich interessieren sich aber<br />

auch kluge Visionäre für die scheinbar altmodischen Windschiffe.<br />

Bereits 1967 legte der Hamburger Ingenieur Wilhelm Prölss Pläne<br />

für einen modernen Segelfrachter mit einem revolutionären Rigg<br />

vor – dem Dynarigg, einem Konstrukt aus riesigen, drehbaren<br />

Masten ohne Tauwerk, das es einem 150 Meter langen Schiff ermöglichen<br />

sollte, bis zu 50 Grad gegen den Wind zu segeln. Die<br />

Segel konnten zwischen den Rahen per Knopfdruck eingefahren<br />

und ausgerollt werden und bildeten vom Mastboden bis zur Spitze<br />

eine durchgehende Fläche. Das Schiff sollte die Atlantiküberquerung<br />

nach Prölss’ Berechnungen mit einer Geschwindigkeit von bis<br />

zu 20 Knoten schaffen. Prölss glaubte, dass solche Schiffe spätes<br />

tens im 21. Jahrhundert wieder über die <strong>Ozean</strong>e fahren würden.<br />

Und das zu einer Zeit, als Nachhaltigkeit, Ölpreis und Umweltschutz<br />

noch kein Thema waren. Prölss starb 1974. Sein Schiff hat er nie<br />

fahren sehen. Zwar bekundeten Reeder seit der ersten Ölkrise 1973<br />

immer wieder Interesse am Dynarigg, doch immer nur so lange,<br />

bis der Ölpreis wieder auf ein erträgliches Mass gesunken war.<br />

So mussten fast vier Jahrzehnte vergehen, bis Prölss’ Idee<br />

realisiert wurde. 2006 lief die «Maltese Falcon» vom Stapel, eine<br />

Superyacht, die mit einem vom niederländischen Konstrukteur<br />

Gerard Dijkstra weiterentwickelten Dynarigg ausgerüstet wurde.<br />

Die Yacht mit drei jeweils 58 Meter hohen Masten und einer Segelfläche<br />

von 2396 Quadratmetern finanzierte der US-Milliardär<br />

Tom Perkins. «Der hat mir erzählt, dass er schon lange davon träumte,<br />

dieses Rigg zu bauen», erzählt Schenzle, «weil er der Meinung<br />

war, dass diese Idee zu gut ist, um nicht verwirklicht zu werden.»<br />

Auf seiner Jungfernfahrt über den Atlantik schaffte der «Falke»<br />

eine Spitzengeschwindigkeit von rund 24 Knoten (rund 43 km/h).<br />

Text: Ingo Petz<br />

Windschiffe als Touristenattraktion<br />

Bei touristischen Kreuzfahrten im oberen Preissegment haben<br />

neuartige Windschiffe durchaus das Potenzial, sich eine Marktnische<br />

zu erobern. Dies beweisen die Erfolge der beiden Windjammer<br />

«Sea Cloud» und «Sea Cloud II» sowie der «WindCruiser». Dass<br />

aber moderne Frachter, die allein mit Hilfe der Windkraft fahren,<br />

die Motorschiffe im grossen Massstab verdrängen könnten, halten<br />

Experten für unwahrscheinlich. «Reine Segelschiffe könnten vielleicht<br />

gewisse Nischen besetzen», so Schenzle. «Aber realisti schere<br />

Lösungen sind im Moment kombinierte Antriebe, also Wind- ><br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


16<br />

<strong>Ozean</strong> Schifffahrt<br />

Umweltsünder Schifffahrt Lange galt die Schifffahrt<br />

als besonders umweltfreundlich. Dabei<br />

sind die rund 40 000 Frachter, Kreuzfahrtschiffe,<br />

Fischtrawler und Fähren in einem ähnlichen<br />

Masse wie der Flugverkehr für rund fünf Prozent<br />

der weltweiten CO 2 -Emissionen verantwortlich.<br />

Durch das starke Wachstum der Welthandelsflotte,<br />

haben Experten ausgerechnet, werden die Emissionen<br />

bis zum Jahr 2020 schätzungsweise um<br />

75 Prozent steigen. In jüngster Zeit häufen sich die<br />

Forderungen, die Schifffahrt umweltpolitisch an<br />

die Kandare zu nehmen. Die Experten des Weltklimarates<br />

(IPCC) beispielsweise empfahlen in einem<br />

Bericht von 2007 ausdrücklich, Tanker und Frachter<br />

mit Zusatzsegeln aufzurüsten – als eine Massnahme,<br />

um den Treibstoffverbrauch und damit den<br />

CO 2 -Ausstoss einzudämmen.<br />

schiffe mit Motoren oder Motorschiffe mit einer Windunterstützung.»<br />

Denn die Entwicklungskosten für revolutionäre Schiffe wie beispielsweise<br />

für den vom Dänen Knud E. Hansen konzipierten 215 Meter<br />

langen Segelfrachter «Windship 1» sind immens. Und die Risikobereitschaft<br />

der Reeder hat enge Grenzen, nämlich die der Wirtschaftlichkeit<br />

und Rentabilität. Zudem ist die Verladetechnik nicht<br />

für grosse Schiffe mit mehreren Masten entwickelt worden. Deswegen,<br />

meint Schenzle, seien kurzfristige Lösungen interessanter<br />

und attraktiver, wie sie beispielsweise von der Firma SkySails<br />

angeboten werden. Das Hamburger Unternehmen produziert Flugdrachen,<br />

die Tanker und Frachter mit der Kraft des Windes über die<br />

Meere ziehen. Stefan Wrage, Gründer von SkySails, geht davon<br />

aus, dass Reeder mit seinem Zusatzantrieb bis zu 35 Prozent Treibstoff<br />

einsparen können. Bei einem kleinen, 87 Meter langen Frachter<br />

wären das immerhin rund 280 000 Euro pro Jahr. Bis 2015 will<br />

Wrage 1500 Drachen verkaufen.<br />

Im März dieses Jahres beendete die MS Beluga SkySails, der<br />

erste Grossfrachter, der von einem 160 Quadratmeter grossen<br />

Drachen gezogen wird, seine Jungfernfahrt. Der Erfolg der Hamburger<br />

zeigt, dass alternative Antriebskonzepte auch von Reedereien<br />

nicht mehr nur als romantische Spinnerei abgetan, sondern<br />

mittlerweile sehr ernst genommen werden. «Solche kleinen Neuerungen<br />

sind wichtig», urteilt Heinz Otto vom Bundesverband Wind-<br />

Energie (BWE) in Hamburg. «Aber sie können nur der Einstieg in<br />

die nachhaltige Schiffsbetriebstechnik sein. Denn die Windnutzung<br />

hat ein noch viel grösseres Potenzial, um Energie einzusparen und<br />

damit Emissionen zu verringern.» Otto wirbt seit über 30 Jahren<br />

bei Politikern und Reedereien für windbetriebene Schiffe. Eine<br />

Arbeit, die er als «sehr mühsamen Kampf» bezeichnet. «Die Reeder<br />

sind Gefangene ihres weltweiten Konkurrenzdrucks», erklärt er,<br />

«sie haben einfach keine Zeit investiert, um eine Zukunft nach dem<br />

Öl zu durchdenken.»<br />

Schon in den Achtzigerjahren hatten japanische Reeder Tanker<br />

und Frachter wie den «Usuki Pioneer» oder den «Shin Aitoku<br />

Marumit» mit starren Segelkonstruktionen versehen, die bei der<br />

Hafeneinfahrt zusammengeklappt werden konnten. Allerdings<br />

setzten sich diese Neuerungen trotz ihres Erfolges nicht durch,<br />

da die Wartungs- und Reparaturkosten unerwartet hoch waren<br />

und der niedrige Ölpreis niemanden zum langfristigen Sparen und<br />

Umdenken zwang.<br />

Ein anderer Zusatzantrieb, der gerade seine Wiederentdeckung<br />

erlebt, ist der Flettner-Rotor. Er wurde bereits in den Zwanzigerjahren<br />

in Norddeutschland entwickelt. Auch diesem Antrieb wird<br />

eine grosse Zukunft vorausgesagt. Der Rotor besteht aus einem<br />

senkrecht stehenden, rotierenden Zylinder, der zwar nicht besonders<br />

schön aussieht, aber durch den so genannten Magnus-Effekt<br />

eine sehr effektive Schubkraft erzeugt. Bei gleicher Angriffsfläche<br />

kann er die zehnfache Triebkraft eines normalen Segels entwickeln.<br />

Bläst der Wind gegen den rotierenden Zylinder, wird er auf der<br />

vorderen Zylinderseite mitgerissen und strömt dort schneller. Auf<br />

der rückwärtigen Zylinderseite wird er abgebremst und strömt langsamer.<br />

Die daraus resultierenden Sog- und Staudruckkräfte erzeugen<br />

die Vorwärtsbewegung. Zurzeit wird ein 130 Meter langer<br />

Frachter mit vier Flettner-Rotoren in einer Kieler Werft gebaut.<br />

«Der Vorteil gegenüber einem Segel ist ein deutlich geringerer Platzbedarf<br />

bei höherem Schub», sagt Jacob-Heye Waldecker, Schiffbau-Projektingenieur<br />

bei Lindenau. Der französische Meeresforscher<br />

Jacques-Yves Cousteau hatte in den Achtzigern das Forschungsschiff<br />

«Alcyone» bauen lassen, das ebenfalls mit Hilfe<br />

aktiver Strömungsbeeinflussung fuhr. Allerdings wird die «Alcyone»<br />

nicht über Rotoren betrieben, sondern über ein so genanntes<br />

Turbosail, das bis zu 30 Prozent der Vortriebsleistung generiert.<br />

Auch die reine Sonnenenergie könnte der Schifffahrt den Weg<br />

in eine umweltfreundlichere Zukunft weisen. Bereits seit den<br />

Achtzigern wurde in verschiedenen Projekten mit Solarantrieben,<br />

Solarfolien für Segel oder den Tragflächen von Flugzeugen nachempfundenen<br />

Solarflügeln experimentiert. 2007 gelang dem<br />

Schweizer Katamaran «Sun21» die erste Atlantiküberquerung –<br />

nur mit Hilfe der Sonnenenergie. Allerdings schafft das kleine, 14<br />

Meter lange Boot lediglich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von<br />

fünf bis sechs Knoten. Als Antrieb für grosse Handelsschiffe wird<br />

die Solaren ergie aufgrund ihrer begrenzten Leistungsfähigkeit und<br />

ihres grossen Flächenbedarfs somit wohl unbrauchbar bleiben.<br />

Aber denkbar ist, dass reine Solarboote wie beispielsweise kleine<br />

Fähren oder Ausflugsboote zur Erkundung von küstennahen Naturschutzgebieten<br />

oder Seen die Motorschiffe verdrängen, vor allem<br />

in sonnenreichen Regionen. Zudem ist natürlich ein Hybridantrieb<br />

mit Solarenergie denkbar, so wie ihn der australische «Solarailor»<br />

nutzt. Das Boot bietet Platz für 600 Personen und spart mit seinem<br />

Solarantrieb rund 40 Prozent Treibstoff.<br />

Intelligente Kombination aller alternativen Antriebe<br />

Eine sehr futuristische Vision hat die schwedische Reederei Wallenius<br />

Wilhelmsen entwickelt. Auf der Expo 2005 in Japan stellte<br />

sie die «Orcelle» vor, einen Trimaran-Frachter, der Platz für 10 000<br />

Autos bietet und der nur mit regenerativer Energie betrieben wird –<br />

und zwar mit Wind, Seegang, Solarenergie und zwischengespeichertem<br />

Wasserstoff. Auch Schenzle hält solche abenteuerlustigen<br />

Projekte künftig für notwendig. «Die intelligente Kombination von<br />

Windkraft und Solarenergie als Antriebe der Zukunft ist ja nur<br />

der erste Schritt», sagt er. «Wenn wir wirklich einmal ernsthaft die<br />

Chance zum vollends emissionsfreien Seetransport nutzen wollen,<br />

dann muss sich vieles ändern. Nicht nur in der technischen Hardware,<br />

sondern auch vom Energiemanagement der Erzeuger und<br />

Verbraucher an Bord bis zur flexiblen Organisation saison- und<br />

wetterabhängiger Reisezeiten und Hafenabfertigungen im Rahmen<br />

der Transportkette.» Mit anderen Worten: Die Schifffahrt der Zukunft<br />

steht erst an ihrem Anfang. <<br />

Fotos: Amory Ross | SkySails | Alexis Rosenfeld, Science Photo Library | Dylan Cross<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Schifffahrt<br />

17<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Einstiegsseite und 1 «Maltese Falcon»: Die 88 Meter lange Superyacht wurde im Auftrag des US-Milliardärs Tom Perkins gebaut. Sie verfügt<br />

über ein spezielles Segelwerk (Dynarigg), bei dem die drei Grosssegel fest an drehbaren Masten befestigt sind. 2 Erstflug des Sky-<br />

Sails-Zugdrachenantriebs auf der MS Beluga SkySails. 3 Die im Auftrag von Jacques-Yves Cousteau konstruierte «Alcyone» verfügt über<br />

zwei abgewandelte Flettner-Rotoren. Bei diesen so genannten Turbosails wird ebenfalls der Magnus-Effekt des Windes an Zylindern<br />

ausgenutzt, doch kommt es im Innern zu keiner Rotation. 4 Der in der Schweiz gebaute Katamaran «Sun21» überquerte als erstes Motorboot<br />

ausschliesslich mit Hilfe von Sonnenenergie den Atlantik und fuhr am 8. Mai 2007 im Hafen von New York ein.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


18 <strong>Ozean</strong> Entdecker<br />

Geheimnisse<br />

des<br />

<strong>Ozean</strong>s<br />

gründen<br />

tief<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Entdecker<br />

19<br />

Foto: Peter Batson, DeepSeaPhotography.com<br />

Die Bedeutung der <strong>Ozean</strong>e für das Leben auf dem Planeten Erde<br />

ist unbestritten. Sie sind nicht nur für den Welthandel und das<br />

Wohlergehen der Konjunktur entscheidend, sondern auch ein wesentlicher<br />

Bestandteil des Lebenser haltungssystems Erde. Die<br />

<strong>Ozean</strong>e spielen eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung des<br />

Sauerstoff-Kohlenstoff-Gleichgewichts in der Atmosphäre und in<br />

der Regulierung des Erdklimas. Das sind die Fakten, die bisher<br />

erwiesen sind. Aber in den Weiten der Weltmeere wimmelt es noch<br />

von unentdeckten Lebewesen und Ressourcen, die für die Menschheit<br />

von unermesslichem Wert sein können. «Um herauszufinden,<br />

was dort draussen darauf wartet, entdeckt zu werden, müssen wir<br />

noch viel mehr in die Forschung investieren», sagt Steve Hammond,<br />

Direktor des Office of Ocean Exploration (OOE) der amerikanischen<br />

Wetter- und <strong>Ozean</strong>ografiebehörde NOAA (National Oceanic and<br />

Atmospheric Administration).<br />

Technologische Fortschritte haben die Meereswissenschaften<br />

grundlegend verändert und ermöglichen es, in immer grössere Tiefen<br />

vorzudringen. Trotzdem sind rund 90 Prozent der <strong>Ozean</strong>e noch<br />

unerforscht. «Es wurde schon oft gesagt und trifft tatsächlich zu:<br />

Wir wissen mehr über die Oberfläche von Mond und Mars als über<br />

die Topografie unseres eigenen Planeten. Und obwohl es sicher<br />

wichtig ist, andere Planeten zu erkunden, ist es mindestens ebenso<br />

wichtig, dass wir unseren eigenen erforschen und verstehen»,<br />

betont Hammond, der seit über 40 Jahren als <strong>Ozean</strong>ograf arbeitet.<br />

Die Meeresforschung ist in vielerlei Hinsicht mit der Weltraum- und<br />

Planetenforschung vergleichbar. Beide liefern neue Erkenntnisse<br />

über den Ursprung und das Innenleben unseres Planeten. Und wie<br />

im Weltraum ist auch die bemannte Erforschung des unwirtlichen<br />

Meeresbodens kostspielig, schwierig und bisweilen gefährlich. Um<br />

den Gefahren und Komplikationen des erhöhten Drucks in der Tiefe<br />

zu begegnen, besteht ein Trend zur unbemannten Erforschung<br />

mittels teurer, aber leistungsfähiger ferngesteuerter Fahrzeuge<br />

(ROV) und, seit kurzem, autonomer Unterwasserfahrzeuge (AUV).<br />

Der französische Meeresforscher Jacques-<br />

Yves Cousteau war mit seinen weltweit<br />

aus gestrahlten Dokumentarfilmen<br />

für die <strong>Ozean</strong>e, was Neil Armstrong<br />

für den Mond – er führte den Menschen<br />

ein bislang unbekanntes Universum<br />

vor Augen. Trotz seines viel beachteten<br />

Lebenswerks und der Arbeiten<br />

unzähliger anderer Forscher weiss<br />

die Menschheit heute noch immer<br />

mehr über die Oberfläche des Mondes<br />

als die der <strong>Ozean</strong>e.<br />

Text: Michèle Bodmer<br />

Diese neuen Technologien machen es möglich, mehr von dieser<br />

unermesslichen Umgebung zu erforschen.<br />

Während der zweiten Amtszeit von Bill Clinton wurde eine präsidiale<br />

Kommission zur Erforschung der Meere gebildet mit dem<br />

Auftrag, die Entwicklung eines Meeresforschungsprogramms ins<br />

Auge zu fassen, das die Erkundung unbekannter und wenig bekannter<br />

Meeresgebiete sowie wissenschaftliche Fortschritte ermöglichen<br />

sollte. Die Ergebnisse der Kommission, veröffentlicht in einem<br />

Bericht mit dem Titel «Discovering Earth’s Final Frontier: A US<br />

Strategy for Ocean Exploration», zeigten, dass die <strong>Ozean</strong>e eine<br />

Grundlage des Lebens auf diesem Planeten darstellen und für die<br />

Wirtschaft, die öffentliche Gesundheit und die Umwelt von Bedeutung<br />

sind. Die Kommission schrieb ausserdem Geschichte, als sie<br />

eine nationale Strategie für die Erforschung der Weltmeere erarbeitete<br />

– weltweit die erste ihrer Art. Aufgrund dieser Strategie gründete<br />

die NOAA als zivile Meeresbehörde der USA 2001 das Office<br />

of Ocean Exploration (OOE). «Das Forschungsprojekt der NOAA<br />

dringt an Orte vor, wo noch nie zuvor ein Mensch war, und führt<br />

entsprechende Untersuchungen durch, um zu ermitteln, was an<br />

einer bestimmten Stelle des Meeres vor sich geht, und die dortigen<br />

Lebensformen zu erkunden», erklärt Hammond.<br />

Eine der Hauptaufgaben des OOE ist die Kartierung des Meeresbodens,<br />

um einen grundlegenden Rahmen und Kontext für die<br />

Erforschung zu liefern. Einige der bekanntesten Meeresbodenkarten<br />

wurden vor mehreren Jahrzehnten von der National Geographic<br />

Society und der US Navy veröffentlicht. Karten jüngeren Datums<br />

beruhen auf der Satellitenaltimetrie, und zusammen bieten diese<br />

Karten einen Einblick in die oftmals erstaunlich komplexe Topografie<br />

des Meeresbodens. Aber nach Ansicht von Experten sind sie zu<br />

wenig detailgenau. «Diese gut bekannten Karten könnten den Eindruck<br />

vermitteln, dass es nicht mehr viel zu entdecken gibt», meint<br />

Hammond, der zugleich betont, dass «die <strong>Ozean</strong>e bis heute nahezu<br />

unerforscht sind».<br />

Die Meere bleiben ein Geheimnis<br />

Nach Ansicht von Hammond, der zunächst als leitender Wissenschaftler<br />

und seit vier Jahren als Direktor beim OOE arbeitet, kennen<br />

wir bei einem Grossteil der <strong>Ozean</strong>e die Topografie des Meeresbodens<br />

nicht im Detail. Wir wissen auch nicht wirklich, wie das Meer<br />

funktioniert, das gilt insbesondere für die Tiefsee. «Auf jeder Mission<br />

werden bemerkenswerte Entdeckungen gemacht, von denen<br />

jede auf ihre Art bedeutend ist. In den <strong>Ozean</strong>en lebt eine unglaubliche<br />

Vielzahl von Arten, nicht nur Fische. Es gibt auch Wir bellose<br />

und Mikroorganismen, die das Potenzial für biomedizinische und<br />

andere technische Anwendungen bieten», so Hammond.<br />

Mit Hilfe von akustischer Überwachungstechnologie, Kartierungen,<br />

ROV und hochauflösenden Kameras ist es den Wissenschaftlern<br />

des OOE gelungen, Vulkane auf dem Meeresboden zu<br />

lokalisieren, Eruptionen zu filmen und wertvolle Wasserproben aus<br />

den Tiefen des nordöstlichen und westlichen Pazifiks zu sammeln.<br />

«Wir haben Mikroorganismen entdeckt, die in Wassertemperaturen<br />

von über 100 Grad Celsius leben und in einem giftigen Chemikaliengemisch,<br />

das aus Schloten aufsteigt, aufblühen», erklärt Hammond.<br />

Diese und andere seltsame Mikroorganismen, die nach tiefen Vulkanausbrüchen<br />

in gewaltigen Heisswasserfontänen entdeckt wurden,<br />

waren der Schlüssel zur Entdeckung riesiger, über die ganze Welt<br />

verteilter mikrobieller Ökosysteme, die in vulkanisch aktiven Zonen<br />

unter dem Meeresboden existieren. ><br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


20<br />

<strong>Ozean</strong> Entdecker<br />

1<br />

2 3<br />

1 Der Schwarze Anglerfisch ist ein zwergenhafter Tiefseeräuber. Die Männchen sind deutlich kleiner als die Weibchen und leben als<br />

ständige Parasiten am Weibchen, bis die Blutgefässe der beiden Tiere miteinander verwachsen. Das Männchen zerfällt allmählich und<br />

wird zur reinen Spermienquelle. 2 Drei Borstenwürmer leben im Hohlraum dieser Muschel, die während einer NOAA-Expedition von<br />

einem bemannten Tauchboot geborgen wurde. 3 Röhrenwürmer bedecken einen Sulfidschlot (Zooarium), der von NOAA-Wissenschaftlern<br />

in den Tiefen vor der Westküste Nordamerikas im Pazifischen Feuerring, einer Kette von aktiven Vulkanen, entdeckt wurde.<br />

Mikrobiologen, die Proben aus solchen Fontänen untersucht haben,<br />

vermuten, dass die Biomasse der Ökosysteme unter dem Meeresboden<br />

mit der Biomasse aller Lebensformen an Land konkurrieren<br />

könnte. «Viele dieser Mikroorganismen leben in einer an Schwermetallen<br />

reichen Chemikaliensuppe, die für jedes Landlebewesen<br />

toxisch wäre», erläutert Hammond. «Mikrobiologen sagen gerne, dass<br />

die Entdeckung dieser Organismen vergleichbar ist mit der Entdeckung<br />

von Leben auf einem anderen Planeten. Aber es kommt noch<br />

besser: Diese Mikroorganismen haben auch das Potenzial, wenn<br />

sie genetisch verändert werden, pharmazeutische Anwendungen<br />

zu ermöglichen oder Produktionsprozesse zu katalysieren. Oder sie<br />

könnten für die Säuberung der Umwelt eingesetzt werden.» Anders<br />

gesagt, Mikroorganismen aus der Tiefe könnten in verschmutzten<br />

Landstrichen zum Einsatz gelangen, um diese durch die selektive<br />

Entfernung toxischer Substanzen zu säubern.<br />

Die <strong>Ozean</strong>e drohen zu übersäuern<br />

Nach jüngsten Erkenntnissen der <strong>Ozean</strong>ografen des OOE gibt es<br />

auf dem Meeresboden hunderte von Vulkanen, die nicht nur einzigartige<br />

Ökosysteme beherbergen, sondern unter anderem auch<br />

das Treibhausgas Kohlendioxid (CO 2 ) ausstossen. Obwohl Unterwasservulkane<br />

bereits seit Jahrmillionen CO 2 ins Meer abgeben,<br />

beginnen Meeresforscher erst jetzt zu verstehen, welche Rolle<br />

diese neuen Quellen von ozeanischem CO 2 im globalen Kohlenstoffkreislauf<br />

der <strong>Ozean</strong>e spielen. Das Meer bindet ausserdem<br />

atmosphärisches CO 2 , und dieser Prozess erhöht den Säuregrad<br />

der <strong>Ozean</strong>e, da die Menschen erheblich zum Anstieg des CO 2 -Gehalts<br />

in der Erdatmosphäre beitragen. «Wenn man CO 2 ins Wasser<br />

gibt, entsteht Kohlensäure», erklärt Hammond. «Diese Versauerung<br />

hat das Potenzial, die Biologie des Meeres beträchtlich zu stören.<br />

Unterwasservulkane, die CO 2 ausstossen, tragen zur Versauerung<br />

des umliegenden Wassers bei und können deshalb als äusserst<br />

wertvolle natürliche Labors angesehen werden, die uns helfen zu<br />

verstehen, wie das Leben im Meer auf erhöhte Säure kon zen tra tionen<br />

reagiert und was zu erwarten ist, wenn sich der gegenwärtige<br />

Trend fortsetzt.» Gemäss Hammond hat der Planet in seiner geologischen<br />

Vergangenheit bereits mehrere Zyklen der Meeresversauerung<br />

durchlaufen. Deshalb fragen sich heute manche Leute,<br />

was denn die Aufregung soll. Der Unterschied besteht darin, dass,<br />

obwohl der Planet solchen Zyklen schon früher ausgesetzt war,<br />

heute auch von Menschen verursachtes CO 2 in die Erdatmosphäre<br />

gelangt. «Die Wahrheit ist, dass wir den natürlichen Zustand des<br />

Meeres messbar verändern», meint Hammond.<br />

Obwohl die Diskussionen darüber wohl noch Jahre dauern werden,<br />

was gegen diese alarmierende Tatsache zu tun ist, werden die<br />

Forscher des OOE ihren Teil dazu beitragen, Politiker, Wissenschaftler<br />

und die Öffentlichkeit mit Informationen zur Meeresökologie zu<br />

versorgen, die für weit reichende Entscheidungen wesentlich sind.<br />

Fotos: David Shale, DeepSeaPhotography.com | www.oceanexplorer.noaa.gov<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Entdecker<br />

21<br />

4 5<br />

6 7 8<br />

4 In 190 Metern Tiefe überlagern sich hydrothermale Spalten und Korallenriffgemeinschaften. 5 Die «Okeanos Explorer» wird demnächst<br />

vom Office of Ocean Exploration der NOAA in Dienst genommen. 6 An aktiven Rauchschloten kommt es zu Ausfällungen von Eisen-, Kupferund<br />

Zinksulfid aus 230 ºC heisser Flüssigkeit. 7 Das ferngesteuerte Unterwasserfahrzeug «Hercules» wird für biologische und geologische<br />

Untersuchungen in der Tiefsee eingesetzt. 8 Ein Eistaucher schaut durchs Einstiegsloch zurück an die Oberfläche. Der Taucher<br />

gehörte zu einem internationalen Team von Wissenschaftlern, welches das Kanadische Becken im arktischen <strong>Ozean</strong> erkundete.<br />

«Die Meeresforschung ist genau für diese Formen der politischen<br />

und gesellschaftlichen Diskussion relevant. Wir sind darauf angewiesen,<br />

dass die Forscher ihre Untersuchungen fortsetzen und<br />

ausdehnen, damit wir verstehen, wie sich das Meer verändert, und<br />

angemessen darauf reagieren können», erklärt Hammond.<br />

Ein Flaggschiff für die Meeresforschung<br />

Aus diesem Grund wird das Office of Ocean Exploration demnächst<br />

ein globales Forschungsschiff in Dienst nehmen, das ausschliesslich<br />

für die Meeresforschung unterwegs sein wird. Bisher hat das<br />

OOE die Wasserfahrzeuge der NOAA sowie amerikanische Hochschulschiffe<br />

eingesetzt, aber dieses Schiff namens «Okeanos<br />

Explorer» macht es möglich, das ganze Jahr über weltweite Forschungsexpeditionen<br />

zu unternehmen. Alles, was die Wissenschaftler<br />

entdeckten, werde dank einer innovativen Satellitenverbindung<br />

und High-Definition-Breitbandvideo online und in Echtzeit<br />

in Nachrichtenredaktionen, Hörsälen und Wohn zimmern zu sehen<br />

sein, erklärt Hammond. «Wir wollen, dass Zuschauer und Wissenschaftler<br />

auf der ganzen Welt dabei sind, wenn unsere <strong>Ozean</strong>ografen<br />

ihre Entdeckungen machen. Das hat es in dieser Art bisher<br />

noch nie gegeben. Wir sind überzeugt, dass die ‹Okeanos Explorer›<br />

so etwas wie Cousteaus ‹Calypso› werden wird – also ein<br />

berühmtes Meeresforschungsschiff, an das sich die Leute noch<br />

lange erinnern werden.» <<br />

Prinzipien der Meereskompetenz Bei der Meereskompetenz<br />

geht es um die Erkenntnis, dass das<br />

Meer für das Verständnis des Planeten Erde von<br />

zentraler Bedeutung ist. Um die Entwicklung der<br />

Meereskompetenz zu fördern, haben die NOAA und<br />

andere Organisationen sieben Prinzipien erarbeitet.<br />

1. Die Erde verfügt über einen grossen <strong>Ozean</strong><br />

mit einer Vielzahl von Eigenschaften.<br />

2. Das Meer und das Leben im Meer bestimmen<br />

die wesentlichen Charakteristika der Erde.<br />

3. Das Meer ist ein wichtiger Einflussfaktor<br />

für Wetter und Klima.<br />

4. Das Meer macht die Erde bewohnbar.<br />

5. Das Meer unterstützt eine grosse Vielfalt<br />

an Lebensformen und Ökosystemen.<br />

6. Das Meer und die Menschen sind untrennbar<br />

miteinander verbunden.<br />

7. Das Meer ist weitgehend unerforscht.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.coexploration.org/oceanliteracy<br />

www.oceanexplorer.noaa.gov<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


22 <strong>Ozean</strong> Tanger<br />

Am<br />

Schnittpunkt<br />

der<br />

Handelsströme<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Tanger<br />

23<br />

Die marokkanische Stadt Tanger will<br />

mit einem gewaltigen Hafenprojekt ein<br />

zweites Dubai an der Meerenge von<br />

Gibraltar werden. Bis 2015 soll «Tanger<br />

Med» mit öffentlichen und privaten<br />

Mitteln in der Höhe von drei Milliarden<br />

Euro zu einem der führenden Warenund<br />

Container-Umschlagplätze des<br />

Mittel meerraums ausgebaut werden.<br />

Text: Beat Stauffer<br />

Foto: Driss Manchoube<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


24<br />

<strong>Ozean</strong> Tanger<br />

Ksar es-Sghir war bis vor kurzem ein von der Welt abgeschiedener<br />

Ort am Ufer des Mittelmeers, gut 30 Kilometer östlich von Tanger.<br />

Ein marokkanisches Dorf wie tausend andere auch: Ein paar<br />

wenige kleine Läden, einfache Cafés und Restaurants entlang der<br />

Hauptstrasse, eine Moschee, bescheidene Wohnhäuser sowie ein<br />

paar Dutzend Neubauten in einem undefinierbaren Stil; hingeklotzt<br />

von Rückkehrern aus Europa. Im Café sitzt Mourad, ein kräftiger<br />

Mann Mitte dreissig. Kleidung und gegerbte Haut verraten seine<br />

bäuerliche Herkunft. Er trinkt einen Kaffee. Sein Blick schweift<br />

über die alten Gärten mit Olivenbäumen zur Mündung eines kleinen<br />

Flusses ins Meer. «In Ksar es-Sghir ist eine neue Zeit angebrochen»,<br />

sagt Mourad trocken. «Nichts ist mehr, wie es bisher<br />

war.» Was dies genau be deutet, lässt sich erst ausserhalb des<br />

Dorfes erahnen. Da werden mit einem Mal die gewaltigen Infrastrukturarbeiten<br />

sichtbar, die in Angriff genommen oder bereits<br />

vollendet worden sind. Im Minutentakt dröhnen denn auch schwere<br />

Sattelschlepper und riesige Bau maschinen durch die Hauptstrasse.<br />

Eine neue Autobahn und eine Eisenbahnlinie schwingen<br />

sich auf einer kühn angelegten Trasse über Brücken und Dämme<br />

durch die hügelige Landschaft. Keine fünf Kilometer ausserhalb<br />

des Dorfs steht man schliesslich vor den gewaltigen Anlagen<br />

des neuen Container- und Fährhafens, der hier in kürzester Zeit<br />

aus dem Boden gestampft worden ist.<br />

Gigantische Containerbrücken aus China<br />

Die einst von Surfern als Geheimtipp gehandelte, abgelegene Bucht<br />

mit ihrem schönen Sandstrand ist nicht wiederzuerkennen. Von<br />

einer weit ins Meer hinausragenden Mole geschützt, ist hier ein<br />

hochmoderner Tiefseehafen mit einem 800 Meter langen Pier,<br />

gigantischen Containerbrücken sowie riesigen Umlade- und Stapelflächen<br />

entstanden. Das gesamte Gelände hinter der eigentlichen<br />

Hafenanlage befindet sich noch im Rohbau. Wie überdimensionierte<br />

Insekten fahren grosse Baumaschinen mit ohrenbetäubendem<br />

Gekreisch durch das aufgewühlte Erdreich und modellieren das<br />

weiträumige Gelände. Schon bald werden hier Lagerhallen, Verwaltungsgebäude,<br />

Umschlagplätze und riesige Hangars entstehen.<br />

«Als im März dieses Jahres die ersten fünf gewaltigen Containerbrücken<br />

aus China per Schiff angeliefert und montiert wurden»,<br />

sagt Mourad, «ist es mir beinahe schwindlig geworden.» Irgendwie<br />

wagten weder Mourad noch seine Kollegen aus dem Dorf richtig<br />

dran zu glauben, dass die hochfahrenden Pläne tatsächlich umgesetzt<br />

würden. Doch vor gut einem Jahr, im Juli 2007, nahm der<br />

erste Terminal den Betrieb auf. Nun arbei tet Mourad, der noch vor<br />

kurzem von der Landwirtschaft und dem Schmuggel lebte, auf einer<br />

der zahlreichen Baustellen von «Tanger Med» – und erhofft sich,<br />

auch ein kleines Stück vom Fortschritt und Wohlstand abschneiden<br />

zu können, der sich hier auf drastische und unübersehbare Weise<br />

ankündigt.<br />

Das Projekt Tanger Méditerrannée – kurz Tanger Med genannt –<br />

ist das ehrgeizigste Projekt Marokkos. Es soll entscheidend dazu<br />

beitragen, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern.<br />

Und die sind alles andere als gering: Ein immer noch viel zu<br />

hohes Bevölkerungswachstum, Heerscharen von arbeitslosen oder<br />

zu prekären Bedingungen angestellten jungen Menschen; Hunderttausende<br />

schliesslich, die am Rand der grossen Städte knapp an<br />

der Armutsgrenze leben. Und überall der drängende Wunsch nach<br />

einem besseren Leben, wie es das so nahe und dennoch für die<br />

allermeisten unerreichbare Europa Tag für Tag via TV-Kanäle vorspiegelt.<br />

Eine tief greifende soziale Unrast ist die Folge, welche die<br />

Fundamente der Alaouitenmonarchie jederzeit erschüttern könnte.<br />

Und da ist eine erstarkte islamistische Be wegung, die der Frustration<br />

breiter Bevölkerungsschichten immer fordernder Ausdruck<br />

verleiht. Manche Beobachter meinen denn auch, dass nur noch ein<br />

gewaltiger Schritt nach vorn den Fortbestand des heutigen politischen<br />

Systems garantieren könne.<br />

So ist es kein Wunder, dass die treibende Kraft hinter Tanger<br />

Med der marokkanische König Mohamed VI. ist. In Rekordzeit hat<br />

er das anspruchsvolle Projekt, in das der marokkanische Staat<br />

bereits mehr als eine Milliarde Euro an Steuergeldern investiert hat,<br />

durchgepeitscht. Die absolutistischen Befugnisse des Monarchen,<br />

fehlende Einsprachemöglichkeiten sowie der geschickte Entscheid,<br />

die Umsetzung des Projekts einer eigens gegründeten Agentur<br />

namens Tangier Med Special Agency (TMSA) zu übertragen, haben<br />

diese rasche Umsetzung überhaupt erst ermöglicht. Angesichts der<br />

Schwerfälligkeit der marokkanischen Verwaltung muss dies als<br />

reife Leistung bezeichnet werden.<br />

Die Idee, die strategisch einzigartige Lage von Tanger wirtschaftlich<br />

zu nutzen, ist naheliegend. Denn der neue Tiefseehafen befindet<br />

sich nicht nur direkt an der Meerenge von Gibraltar, die Jahr<br />

für Jahr von mehr als 100 000 Schiffen durchquert wird, sondern<br />

auch am Kreuzungspunkt der Warenströme in west-östlicher und<br />

nord-südlicher Richtung. Dazu kommt, dass bis heute nur wenig<br />

Häfen existieren, in denen Containerschiffe der neusten Ge neration<br />

und Supertanker – sie weisen eine Länge von rund 400 Metern<br />

auf – anlegen können. Aufgrund des enorm gestiegenen Warenaustausches<br />

zwischen Europa, dem Maghreb, den USA und dem<br />

Fernen Osten besteht laut Experten ein dringender Bedarf an<br />

neuen Tiefseehäfen, in denen die Containerfracht auf andere,<br />

kleinere Schiffe oder auf die Strasse und die Schiene umgeladen<br />

werden kann. Genau dafür ist Tanger prädestiniert. So erscheinen<br />

die hochtrabenden Pläne, mit Tanger Med nach dem Vorbild von<br />

Dubai eine weltweit bedeutende Drehscheibe für den internationalen<br />

Güterverkehr ins Leben zu rufen, durchaus realistisch.<br />

Beteiligung der Genfer Reederei MSC<br />

Für die Realisierung des neuen Tiefseehafens hat die marokkanische<br />

Regierung die weltbesten Firmen mit Erfahrung in der Verwirklichung<br />

derartiger Grossprojekte engagiert. Zu ihnen gehören<br />

etwa der französische Baumulti Bouygues und die weltgrösste<br />

Reederei A. P. Møller-Maersk, aber auch die in Genf ansässige<br />

Mediterranean Shipping Company MSC, die je nach Berechnungsart<br />

Nummer zwei oder drei der Branche ist. Diese Firmen haben<br />

sich zu Konsortien zusammengetan, die im Auftrag der TMSA den<br />

neuen Tiefseehafen und die dazugehörige Infrastruktur errichten.<br />

Marokko ist es schliesslich auch gelungen, diese internationalen<br />

Firmen sowie die EU zur Mitfinanzierung des Projekts zu gewinnen;<br />

rund zwei Drittel der gesamten Baukosten von rund drei Milliarden<br />

Euro sollen auf diese Weise finanziert werden.<br />

Nur ein Jahr nach der offiziellen Einweihung des Hafens durch<br />

König Mohamed VI. soll noch in diesem Sommer ein zweiter Terminal<br />

dem Betrieb übergeben werden. Doch damit nicht genug;<br />

bereits sind die Ausschreibungen für eine zweite Ausbauetappe im<br />

Gang, die bis 2012 realisiert werden soll. Damit würde Tanger Med<br />

in absehbarer Zeit der bedeutendste Hafen Afrikas und einer der<br />

ganz grossen Frachthäfen im gesamten Mittelmeerraum sein. Doch<br />

Tanger will nicht nur eine der wichtigsten Drehscheiben für den ><br />

Foto: TMSA<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


<strong>Ozean</strong> Tanger<br />

25<br />

Tanger Med I<br />

Containerterminals 1 und 2;<br />

Kapazität 3 Millionen TEU<br />

Fahrzeugterminal;<br />

Kapazität 1 Million Fahrzeuge<br />

(eröffnet 2007)<br />

CT3<br />

CT4<br />

Tanger Med II<br />

Containerterminals 3 und 4;<br />

Kapazität 5 Millionen TEU<br />

(Eröffnung 2012)<br />

Fährhafen<br />

Kapazität 7 Millionen<br />

Passagiere,<br />

700 000 Lastwagen<br />

Lagerungsterminal<br />

Ölterminal<br />

STEP<br />

(Eröffnung 2009)<br />

CT1<br />

Logistikfreizone<br />

CT2<br />

0 m 500 m 1000 m<br />

Vordere Doppelseite Im Juli 2007 nahm der erste Terminal von Tanger Med I seinen Betrieb auf. Bis zu 400 Meter lange Containerschiffe<br />

können an der neu gebauten Pier anlegen. Bis 2015 soll die Kapazität des strategisch ideal gelegenen Hafens kontinuierlich auf<br />

3,5 Millionen Container pro Jahr hochgefahren werden. Diese Seite Satellitenbild und Planungsskizze: Zusätzlich zum Containerhafen<br />

entsteht ein Fährhafen für sieben Millionen Passagiere und 700 000 Fahrzeuge im Jahr. Bereits begonnen wurde auch mit der Planung<br />

und Realisierung von Tanger Med II. Dieser zweite Containerhafen soll bis im Jahr 2012 fertiggestellt sein.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


26<br />

<strong>Ozean</strong> Tanger<br />

Mythos Tanger Nur wenige Städte zehren so stark<br />

von einem Mythos wie Tanger. Die Stadt an der<br />

Meerenge von Gibraltar und damit an der Stelle, wo<br />

sich die Wasser von Mittelmeer und Atlantik mischen,<br />

kann auf eine mehr als dreitausendjährige bewegte<br />

Geschichte zurückblicken. Es ist eine Geschichte,<br />

die von der ständigen Vermischung und Befruchtung<br />

aller Mittelmeerkulturen, von Handel und von militärischen<br />

Eroberungszügen geprägt ist. Den heutigen,<br />

eher abenteuerlichen Ruf verdankt Tanger<br />

in erster Linie seinem Sonderstatus als Stadt unter<br />

internatio naler Verwaltung zwischen 1923 und 1956.<br />

In dieser relativ kurzen Periode wurde Tanger zum<br />

Fluchtort für Orientsucher und Literaten, für Exzentriker,<br />

Milliar därinnen und Liebhaber hübscher<br />

Jungs und nicht zuletzt auch zum Horchposten für<br />

Spione in der Zeit des Kalten Kriegs.<br />

Bis 1956 war Tanger auch die wichtig ste Touristendestination<br />

Marokkos. Mit der Erlangung der ma rokkanischen<br />

Unabhängigkeit verlor die Stadt ihr<br />

in ternationales Statut und damit auch ihre einzigartige<br />

Ausstrahlung. Nun wurde Tanger zunehmend<br />

zum Zentrum für Schlepper und Schmuggler, zum<br />

Warteraum für Flüchtlinge, zum Umschlagplatz<br />

für du biose Geschäfte aller Art, als Stadt schliesslich,<br />

in der «Drogen barone» aus dem Rifgebirge das<br />

Sagen hatten. Der Amts antritt des heutigen Königs<br />

Mohamed VI. im Jahr 1999 stellt für Tanger eine<br />

Zäsur dar: Im Gegensatz zu seinem verstorbenen<br />

Vater Hassan fördert Mohamed VI. die Stadt nach<br />

Kräften und verbringt auch regel mässig Ferien in<br />

seinem Palast.<br />

internationalen Handel im Mittelmeerraum werden, sondern seine<br />

exzellente Lage auch als Produktionsstandort nutzen. Bereits seit<br />

zehn Jahren besteht in der Nähe des Flughafens eine Freihandelszone,<br />

die Tanger Free Zone, in der sich inzwischen etwa 150 Unternehmen<br />

angesiedelt haben. Weitere Logistik- und Industriefreizonen<br />

auf einer Fläche von insgesamt zehn Quadratkilometern<br />

entstehen nun in unmittelbarer Nähe des neuen Hafens. Dort können<br />

die aus der ganzen Welt angelieferten Güter – etwa Textilien,<br />

Auto mobil- und Flugzeugkomponenten – weiterverarbeitet werden.<br />

Bereits heute ist Tanger ein begehrter Standort für die Just-intime-Produktion;<br />

die Auslieferung der hergestellten Produkte an<br />

die grossen Verbraucherzentren in Europa ist von Tanger aus innert<br />

24 bis 48 Stunden möglich – ein gewaltiger Vorteil gegenüber den<br />

Produktionsstätten im Fernen Osten.<br />

All diese Standortvorteile haben auch den französischen Automobilkonzern<br />

Renault überzeugt. Zusammen mit seinem japanischen<br />

Schwesterunternehmen Nissan will er in der neu geschaffenen<br />

Industriezone von Tanger ein Werk errichten, in dem bereits ab dem<br />

Jahr 2010 Fahrzeuge für den gesamten Maghreb, aber auch für die<br />

Ausfuhr nach Europa montiert werden. Grosse Pläne bestehen auch<br />

im Tourismussektor: Entlang der noch weitgehend unerschlossenen<br />

Küste in der Umgebung von Tanger sollen tausende neuer Hotelbetten<br />

entstehen. Insgesamt – so erhoffen sich die marokkanischen<br />

Behörden – werden auf diese Weise in den nächsten zehn Jahren<br />

in der Region Tanger gegen 150 000 Arbeitsplätze geschaffen. All<br />

diese Projekte haben eine Aufbruchstimmung erzeugt und einen<br />

noch nie gesehenen Bauboom ausgelöst.<br />

«Ich spüre heute eine starke Hoffnung in der Stadt», sagt etwa<br />

der Schriftsteller und Kolumnist Lotfi Akalay. «Denn all die neuen<br />

Projekte bestehen nicht nur auf dem Papier, sondern sind sehr<br />

konkret erlebbar.» Tanger vollziehe zurzeit eine «tief greifende und<br />

positive Verwandlung». Das ist nicht selbstverständlich in einer<br />

Stadt, die während der letzten 50 Jahre stagnierte und in der vor<br />

nicht allzu langer Zeit lediglich Drogenbarone und Schlepperbosse<br />

als Investoren auftraten. Akalay gibt damit wohl die Meinung der<br />

überwiegenden Mehrheit der Tangerois wieder, die in den gigantischen<br />

Projekten eine einmalige Chance für ihre Stadt und die<br />

Region erblicken. Und Tanger putzt sich tatsächlich heraus. Überall<br />

werden baufällige Gebäude renoviert, werden Strassen, Plätze<br />

und andere Infrastrukturanlagen erneuert. Angesichts dieser Aufbruchstimmung<br />

haben kritische Stimmen einen schweren Stand.<br />

Nur vereinzelt wagen es Intellektuelle und Künstler, die rasante<br />

Entwicklung kritisch zu hinterfragen.<br />

Gefahr von sozialen Spannungen?<br />

Zu ihnen gehört der Wirtschaftsprofessor Najib Boulif, der die islamistische<br />

Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) als<br />

Abgeordneter im Parlament vertritt. Boulif ist nicht prinzipiell gegen<br />

das Projekt Tanger Med. Doch er kritisiert vor allem den Umstand,<br />

dass die sozialen Folgen des Megaprojekts vollkommen ausser Acht<br />

gelassen worden seien. «Bis zum Jahr 2012 wird in der Region von<br />

Ksar es-Sghir eine neue Stadt mit über 120 000 Einwohnern entstehen»,<br />

sagt Boulif. «Das wird das Leben der dortigen Bevölkerung<br />

vollkommen verändern und eine gewaltige Dynamik auslösen.» Viele<br />

der Bewohner würden von den Ereignissen richtiggehend überrumpelt,<br />

befürchtet der Professor. Eine solche Entwicklung sei schlecht<br />

und führe unweigerlich zu sozialen Spannungen.<br />

Bedenken äussert auch der aus Marokko stammende Ökonome<br />

Najib Harabi, der an der Fachhochschule Nordwestschweiz unterrichtet.<br />

Zwar erachtet Harabi die Wahl des Standorts Tanger aus<br />

strategischer Sicht als hervorragend. Doch die lokale Bevöl kerung<br />

sei viel zu wenig einbezogen worden, so Harabi; es sei ein typisches<br />

«Top-down»-Vorgehen, bei dem alle wichtigen Entscheide auf<br />

höchster Regierungsebene getroffen worden seien. Dennoch<br />

glaubt Harabi daran, dass Tanger Med gesamthaft für Marokko<br />

positive Auswirkungen haben wird. Der Politologe und Publizist<br />

Omar Brouksy zweifelt hingegen daran, dass das Riesenprojekt<br />

das Land wirklich voranbringen kann. Marokkos Probleme seien<br />

vielmehr struktureller Art, und deshalb könne auch ein Bauprojekt<br />

wie Tanger Med keine wirkliche Lösung bringen.<br />

Auch in Ksar es-Sghir wissen die Menschen, dass sich das Rad<br />

nicht mehr zurückdrehen lässt. «Alle wollen jetzt möglichst viel von<br />

Tanger Med profitieren», sagt Mourad. Sie verkaufen Land, bewerben<br />

sich um einen Arbeitsplatz oder hoffen vielleicht auf kleinere<br />

Aufträge von den Firmen, die sich schon bald im Industriegebiet<br />

ansiedeln werden. «Sollen wir etwa Rücksicht nehmen auf die Alten,<br />

die immer noch vom früheren beschaulichen Leben träumen?», ruft<br />

er ungehalten aus. Hundertmal lieber arbeite er im ultramodernen<br />

Hafen statt DVDs, Medikamente und spanischen Käse über den<br />

Zoll zu schmuggeln. Für Mourad und viele andere in Ksar es-Sghir<br />

spricht einiges dafür, dass mit Tanger Med eine neue, bessere Zeit<br />

angebrochen ist. <<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Business 27<br />

Business<br />

Informationen aus der Welt der Credit Suisse<br />

Übersicht 28_Alois Bischofberger_Seine letzte ökonomische Einschätzung 30_Indien_Vermögensverwaltung<br />

31_Nachfolgeseminar 32_Ship Finance_65 Jahre Erfahrung 33_Accessibility Day 34_Riva_Erfolgreiche Partnerschaft<br />

Fotos: Grandi Giardini | Credit Suisse<br />

Italien von seiner blühenden<br />

Seite Es ist reizvoll, ein Land<br />

auf den Spuren seiner Gärten<br />

und Parks zu entdecken, und umgekehrt<br />

können Touristen einem<br />

privaten Gartenbesitzer entscheidend<br />

bei der Finanzierung des<br />

teuren Unterhalts helfen. Um diese<br />

beiden Anliegen zu koordinieren,<br />

gründete Judith Wade 1997 den<br />

Zusammenschluss «I Grandi Giardini<br />

Italiani», dem mittlerweile 70<br />

der schönsten historischen Gärten<br />

Italiens in 13 Regionen angehören<br />

(im Bild das Centro Botanico Moutan<br />

in Vitorchiano). «Die Credit<br />

Suisse ist seit 2006 Partner der<br />

Grandi Giardini», erklärt Franco<br />

Müller, Head Market Area Italy.<br />

«Einerseits unterstützen wir gerne<br />

die Absicht, historische Gärten für<br />

die Nachwelt zu erhalten. Anderseits<br />

bieten uns die Gärten auch<br />

eine ideale Plattform für Konzerte<br />

oder andere Anlässe.» Der Einsatz<br />

von Grandi Giardini hat sich<br />

gelohnt: Bereits werden die Gärten<br />

von jährlich über fünf Millionen<br />

Personen besucht. tg<br />

www.grandigiardini.it<br />

Bank-now honoriert Umweltbewusstsein<br />

«Mit unserem<br />

neuen Angebot Lease-now Eco<br />

geben wir unseren Kunden die<br />

Möglichkeit, gleichzeitig die Umwelt<br />

und den eigenen Geldbeutel<br />

zu schonen», erklärt Erich Wild,<br />

CEO von Bank-now. Entscheidet<br />

sich ein Kunde für einen schadstoffarmen<br />

Personenwagen, profitiert<br />

er mit der Finanzierung durch<br />

Lease-now Eco von einem Vorzugszins,<br />

der rund ein Prozent<br />

unter dem marktüblichen Zinssatz<br />

liegt. Zudem gehen pro abgeschlossenem<br />

Lease-now Eco-Vertrag<br />

50 Franken als Spende an<br />

Klimaprojekte. Zurzeit entsprechen<br />

rund 500 Fahrzeugmodelle den<br />

Anforderungen von Lease-now Eco.<br />

Kriterium ist ein CO 2 -Ausstoss<br />

bis maximal 140 g/km, was dem<br />

EU-Ziel <strong>08</strong>/09 entspricht. Banknow<br />

ist seit Anfang 2007 als rechtlich<br />

eigenständige Tochter gesellschaft<br />

der Credit Suisse Group<br />

in den Bereichen Kredit- und<br />

Leasinggeschäfte tätig. Bank-now<br />

beschäftigt rund 270 Mitarbeitende,<br />

verteilt auf den Hauptsitz<br />

Horgen sowie 21 weitere Filialen<br />

in der Schweiz. schi<br />

www.bank-now.ch<br />

www.lease-now.ch/eco<br />

Auf dem Meer in Kiel und<br />

Monaco Die Unternehmer familie<br />

Muhrmann besitzt mit der neuen<br />

UCA eine Hochseeyacht der Extraklasse.<br />

Der 26 Meter lange Maxi-<br />

Racer ist die grösste je in Deutschland<br />

gebaute Hightech-Regattayacht<br />

aus Kohlefaser: ein Traum für<br />

jeden Segler, mit der UCA einmal<br />

die Nordsee befahren zu können.<br />

Dank einer Partnerschaft mit Klaus<br />

Muhrmann kann dies die Credit<br />

Suisse Deutschland viermal im Jahr<br />

jeweils rund einem Dutzend Kunden<br />

der Unternehmerberatung ermöglichen.<br />

Startpunkt des drei Tage<br />

dauernden Abenteuers ist der Kieler<br />

Yachtclub. Bei Windgeschwindigkeiten<br />

bis zu 36 Knoten stellt das<br />

Segeln mit der UCA eine Heraus-<br />

forderung dar, die man nie mehr<br />

vergisst. Bereits seit 15 Jahren ist<br />

die Credit Suisse Monaco Partner<br />

des Yacht Club de Monaco.<br />

Die Zusammenarbeit konzentriert<br />

sich in erster Linie auf die Segelregatta<br />

Credit Suisse Primo Cup<br />

sowie das traditionelle Yachtmen’s<br />

Dinner, dem normalerweise<br />

auch Fürst Albert beiwohnt. tg<br />

www.uca5000.de<br />

www.yacht-club-monaco.mc<br />

Minergie – ein Gebot der<br />

Stunde Liegenschaften sind<br />

die mit Abstand grössten Energiefresser<br />

der Schweiz. Sie verbrauchen<br />

über 50 Prozent der gesamten<br />

Energie und verursachen<br />

rund 45 Prozent des CO 2 -Ausstosses.<br />

Deshalb wurde vor zehn<br />

Jahren der zertifizierte Baustandard<br />

Minergie geschaffen. Würde<br />

dieser konsequent angewendet,<br />

könnte der Energieverbrauch im<br />

Gebäudebereich um 60 bis 70<br />

Prozent gesenkt werden – nota bene<br />

mit Komfortgewinn. Die Credit<br />

Suisse wendet bei ihren Neu- und<br />

Umbauten den Minergiestandard<br />

konsequent an und weist deshalb<br />

mehr minergiezertifi zierte Bürofl<br />

ächen auf als jedes andere<br />

Schweizer Unternehmen. Folgerichtig<br />

unterstützte die Credit<br />

Suisse im Juni die erste Internationale<br />

Minergie-Fach tagung als<br />

Patronatspartner. schi<br />

www.credit-suisse.com/wohnen<br />

Credit Suisse<br />

Unternehmertum<br />

künstlerisch<br />

umgesetzt<br />

Art & Entrepreneurship –<br />

mit der Möglichkeit,<br />

per Website an der Kunstauktion<br />

teilzunehmen.<br />

Die Credit Suisse, die ihre<br />

Gründung den Visionen des<br />

Unternehmers Alfred Escher<br />

verdankt, erachtet Unternehmerinnen<br />

und Unternehmer<br />

als treibende Kraft hinter<br />

unzähligen Innovationen in<br />

Wissenschaft, Wirtschaft und<br />

Kultur. Anfang 20<strong>08</strong> hat die<br />

Credit Suisse zusammen mit<br />

der Kuratorin Michelle Nicol<br />

die Wanderausstellung «Art &<br />

Entrepreneurship» realisiert.<br />

19 junge Künstler aus aller<br />

Welt haben dafür ihre Vorstellungen<br />

der fünf Unternehmereigenschaften<br />

«vision», «knowledge»,<br />

«network», «family»<br />

und «contributing to society»<br />

umgesetzt. Entstanden ist<br />

eine anregende Ausstellung,<br />

die im März in Dubai und<br />

Ende Juni in New York auf<br />

ausgesprochen grosses Interesse<br />

stiess. Nächstmals zu<br />

erleben sind die Kunstwerke<br />

vom 4. bis 6. September in<br />

Berlin, am 17./18. September<br />

in Moskau sowie vom 9. bis<br />

12. Oktober in Genf. Am 24.<br />

November fi ndet als Abschluss<br />

in London eine Auktion der<br />

Kunstwerke statt. Der Erlös<br />

geht je zur Hälfte an die<br />

Künstler und die gemeinnützige<br />

Organisation Room to<br />

Read. schi<br />

www.credit-suisse.com/<br />

artandentrepreneurship<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


28<br />

Credit Suisse Business<br />

Rückblick<br />

«Dieser massive Anstieg des Ölpreises<br />

überraschte uns alle»<br />

Ende Juni trat Alois Bischofberger, während 22 Jahren Chefökonom der<br />

Credit Suisse, in den Ruhestand. Im Interview mit dem Bulletin schaut er<br />

einerseits zurück auf seine 35 Jahre bei der Credit Suisse und<br />

anderseits gibt er ein letztes Mal eine ökonomische Einschätzung der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Monaten.<br />

Bulletin: Können Sie sich noch an Ihren<br />

ersten Arbeitstag vor 35 Jahren bei der<br />

damaligen SKA erinnern?<br />

Alois Bischofberger: Ja, sehr gut. Ich hatte<br />

damals meinen Arbeitsplatz an der Selnaustrasse<br />

in der Nähe des Paradeplatzes. Dort<br />

hat mich mein Chef am ersten Tag den verschiedenen<br />

Kolleginnen und Kollegen im<br />

Haus vorgestellt, unter anderem auch den<br />

Redaktoren des Bulletin. Wie Sie sehen, war<br />

ich mit dem Bulletin vom ersten Tag an eng<br />

verbunden.<br />

Aber einen Computer gabs damals<br />

noch nicht an Ihrem Arbeitsplatz.<br />

Nein, das war damals noch sehr mechanisch<br />

und handgestrickt.<br />

Wie präsentierte sich das wirtschaftliche<br />

Marktumfeld?<br />

Damals, also Anfang 1973, war eine sehr<br />

spannende Zeit. Das war noch vor der ersten<br />

grossen Erdölkrise. Diese Zeit war geprägt<br />

vom Übergang zu fl exiblen Wechselkursen.<br />

Das Floating der Währungen führte insbesondere<br />

zu einer massiven Aufwertung des<br />

Schweizer Frankens gegenüber dem US-<br />

Dollar. Durch die Erstarkung des Frankens<br />

sank der Kurs des Dollars innerhalb von<br />

wenigen Jahren von zirka 4.30 Franken auf<br />

etwas mehr als 2 Franken.<br />

Die Wirtschaft ist geprägt von Zyklen.<br />

Wie viele Berg- und Talfahrten<br />

haben Sie während Ihrer Zeit bei der<br />

Credit Suisse verfolgt?<br />

Es müssen deren vier gewesen sein.<br />

Gibt es einzelne Zyklen, die in Ihrer<br />

Erinnerung speziell herausragen?<br />

Noch gut kann ich mich an die Krise Mitte der<br />

Siebzigerjahre erinnern. 1975 und 1976 erlebten<br />

wir in der Schweiz eine tiefe Rezession,<br />

bei der das Bruttoinlandsprodukt in nur<br />

zwei Jahren um zehn Prozent sank. Dann<br />

folgte in den späten Siebzigerjahren der<br />

zweite Ölpreisschock, verbunden mit einem<br />

massiven Anstieg der Infl ationsraten. Paul<br />

Volcker, der 1979 neu eingesetzte Chairman<br />

des Federal Reserve Board, musste die Infl<br />

ation mit einer markant restriktiven Geldpolitik<br />

bekämpfen und war damit zum Glück<br />

letztendlich erfolgreich. Aber damals stiegen<br />

die kurzfristigen Zinsen in den USA auf<br />

20 Prozent. In der Schweiz lagen sie bei<br />

12 Prozent, was natürlich zu einer deutlichen<br />

Abschwächung der Wirtschaft führte.<br />

Haben sich die Zeitspannen oder<br />

auch die Ausprägungen der Zyklen in den<br />

vergangenen Jahrzehnten verändert ?<br />

Ja, die Ausschläge waren in den Siebzigerund<br />

auch noch in den frühen Achtzigerjahren<br />

ausgeprägter. Das hat sich in den vergangenen<br />

Jahren sowohl nach unten wie nach<br />

oben etwas eingeebnet. Dafür gibt es für<br />

mich zwei Gründe: zum einen den Rückgang<br />

der Infl ationsraten seit den frühen Achtzigerjahren,<br />

zum anderen die Globalisierung. In<br />

der heutigen, globalisierten Welt profi tieren<br />

wir davon, dass die Entwicklungen in den<br />

verschiedenen Volkswirtschaften und Re gionen<br />

nicht völlig synchron verlaufen. So wird<br />

zum Beispiel heute der Abschwung in den<br />

USA durch eine gute Konjunktur in den aufstrebenden<br />

Schwellenländern zum Teil aufgefangen.<br />

Sie sprachen vorher von einer eher<br />

mechanischen Arbeitsweise in den Anfängen<br />

Ihrer beruflichen Karriere. Heute sorgen<br />

moderne Kommunikationssysteme für eine<br />

regelrechte Datenflut. Wie hat sich die<br />

Arbeit eines Bankökonomen verändert?<br />

Die Informationsfl ut und insbesondere auch<br />

die Geschwindigkeit, mit der sich Informationen<br />

verbreiten, sind heute tatsächlich gewaltig.<br />

Die neuen technischen Hilfsmittel haben<br />

unsere Arbeit stark verändert, aber nicht unbedingt<br />

vereinfacht. Wir müssen aus dieser<br />

immensen Fülle von Informationen die richtigen<br />

und wichtigen Daten herauspicken, um<br />

aus diesen schliesslich einigermassen zutreffende<br />

Schlussfolgerungen zu ziehen.<br />

Was war rückblickend Ihre grösste<br />

Fehleinschätzung?<br />

Keine sticht besonders krass hervor. Es kam<br />

aber natürlich immer wieder vor, dass meine<br />

Erwartungen nicht erfüllt wurden.<br />

Können Sie dafür ein konkretes Beispiel<br />

nennen?<br />

Sehr überraschend kam für mich der massive<br />

Anstieg des Erdölpreises, wie wir ihn momentan<br />

erleben.<br />

Sehr spannend muss für Sie sicher<br />

auch das Jahr 1989 mit dem Fall der<br />

Berliner Mauer gewesen sein. Wie absehbar<br />

war der Zusammenbruch des Ostblocks<br />

für Sie als Ökonom?<br />

Dass dieser Zusammenbruch nicht zuletzt<br />

aus ökonomischen Gründen irgendwann<br />

kommen musste, zeichnete sich bereits in<br />

den Achtzigerjahren ab. Und natürlich gab<br />

es auch schon vorher Zweifel an der Beständigkeit<br />

des kommunistischen Systems. Doch<br />

in den Achtzigerjahren häuften sich die Anzeichen,<br />

dass vor allem die Sowjetunion mit<br />

ihren enormen Rüstungsausgaben immer<br />

mehr an ihre wirtschaftlichen Grenzen kam<br />

oder sie sogar schon überschritten hatte.<br />

Dann wurde auch immer mehr der schwache<br />

Zustand der verschiedenen Ostblock-Wirtschaften<br />

bekannt. Aber dass es 1989 schliesslich<br />

so schnell gehen würde, das überraschte<br />

mich dann doch.<br />

Stehen wir heute wieder an einem<br />

globalen Wendepunkt der wirtschaftlichen<br />

Machtverhältnisse?<br />

Ja, ich denke schon. Wir sind heute im Bereich<br />

der Energie und der industriellen und<br />

landwirtschaftlichen Rohstoffe mit einem<br />

markanten Preisauftrieb konfrontiert. Es zeigt<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Business 29<br />

Foto: Stefan Walter<br />

«Die Schweiz ist eines jener Länder, die Nutzen aus dem Anstieg der Rohstoff- und Rohölpreise<br />

ziehen können», sagt Alois Bischofberger, während 22 Jahren Chefökonom der Credit Suisse.<br />

Zur Person<br />

Der heute 64-jährige Alois Bischofberger trat 1973 in die Credit Suisse<br />

ein und wurde 1986 Chefökonom der Bank. 1997 wurde er zusätzlich zum<br />

volkswirtschaftlichen Berater der Geschäftsleitung und 2004 zum Chefökonomen<br />

der Credit Suisse Group berufen. Alois Bischofberger war bis<br />

2006 während 15 Jahren Schatzmeister der Stiftung für wissenschaftliche<br />

Forschung an der Universität Zürich. Zudem war er Mitglied verschiedener<br />

Fachorganisationen, darunter die International Conference of Commercial<br />

Bank Economists, der Council of Economists des Conference Board und<br />

die Société Universitaire Européenne de Recherches Financières.<br />

Alois Bischofberger ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.<br />

sich immer mehr, dass diese Preissteigerungen<br />

nun doch auf die Konsumentenpreise<br />

übergreifen. Zudem dürften die Rohstoffnotierungen<br />

im langfristigen Vergleich überdurchschnittlich<br />

hoch bleiben. Dieser Strukturwandel<br />

führt global gesehen zu einer<br />

Neuverteilung des Wohlstands und der Einkommen.<br />

Davon profitieren werden insbesondere<br />

die Rohstoff produzierenden Volkswirtschaften.<br />

Sie werden dadurch Kapital<br />

akkumulieren können, das sie wiederum Unternehmen<br />

in westlichen Ländern zur Verfügung<br />

stellen werden. Die Bedeutung vieler<br />

Schwellenländer wird also eindeutig steigen.<br />

Auch wird die Aufgabe der Zentralbanken<br />

schwieriger, weil der Infl ationsdruck auf der<br />

einen Seite tendenziell steigt und das Wachstum<br />

auf der anderen tendenziell sinkt. Entsprechend<br />

steht die Geldpolitik vor der<br />

Heraus forderung, den Teuerungsauftrieb zu<br />

bekämpfen, ohne die sowieso schwächere<br />

Konjunktur abzuwürgen.<br />

Wie gut ist die Schweiz gegen diese<br />

Umwälzungen gewappnet?<br />

Die Schweiz ist eines jener Länder, die Nutzen<br />

aus dem Anstieg der Rohstoff- und Rohölpreise<br />

ziehen kann, weil ihre Industrien<br />

Produkte im Bereich der Energieersparnis respektive<br />

der effi zienteren Nutzung von Energie<br />

anbieten. Diese Güter und Dienst leistungen<br />

werden sich einer erhöhten Nachfrage<br />

erfreuen. Als Folge der steigenden Preise<br />

wächst zudem der Wohlstand in den Rohstoff<br />

produzierenden Ländern. Es entsteht eine<br />

Mittelschicht, die am Kauf von Konsumgütern<br />

interessiert ist. Auch in diesem Bereich steht<br />

die Schweiz gut da, gerade im Luxussegment.<br />

Nehmen wir unsere Uhrenindustrie, der es<br />

heute nicht zuletzt dank des Aufschwungs in<br />

den Schwellenländern sehr gut geht.<br />

Wird der Schweizer Finanzplatz und<br />

damit auch die Schweizer Finanzbranche in<br />

den nächsten zehn Jahren an Bedeutung<br />

verlieren oder gewinnen?<br />

Die Konkurrenz wird auf jeden Fall intensiver.<br />

Neue Finanzplätze wie zum Beispiel Singapur<br />

werden mit Sicherheit eine wichtigere Rolle<br />

spielen. Umso wichtiger ist es, dass der Finanzplatz<br />

Schweiz seine Wettbewerbsfähigkeit<br />

beibehält und sich verstärkt in diesem<br />

immer intensiveren globalen Wettbewerb behauptet.<br />

Ich denke, dass die Rahmenbedingungen<br />

nach wie vor günstig sind, weil die<br />

Schweiz ein guter Standort für Finanzdienstleistungen<br />

ist, nicht zuletzt aufgrund ihrer<br />

jahrzehntelangen Erfahrung und ihres guten<br />

Rufs in diesem Geschäft.<br />

Daniel Huber<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


30<br />

Credit Suisse Business<br />

Indien – ein Markt von zunehmender Bedeutung<br />

Die Credit Suisse verstärkt<br />

ihr Engagement in Indien<br />

Die Credit Suisse weitet ihre Geschäftstätigkeit in Indien<br />

aus. Wie sie am 22. Mai in Mumbai bekanntgab, will sie<br />

innerhalb der nächsten drei Jahre zu den drei wichtigsten<br />

Vermögensverwaltern gehören.<br />

Einsatz für Indien: Mickey Doshi (links) und Puneet Matta.<br />

Am 12. Mai 2000 überschritt die Bevölke rung<br />

Indiens die Milliardengrenze. Kein anderes<br />

Land wächst derzeit schneller. Indien beeindruckt<br />

aber keineswegs nur mit seinem demografi<br />

schen, sondern auch mit seinem wirtschaftlichen<br />

Wachstum. Und daran dürfte<br />

sich auch in Zukunft nichts ändern. An der<br />

von der Credit Suisse in Hongkong organisierten<br />

Asian Investment Conference verlieh<br />

jedenfalls der indische Finanzminister Shri<br />

Palaniappan Chidambaram seiner Zuversicht<br />

Ausdruck, dass sein Land für die nächsten<br />

fünf bis zehn Jahre ein Wachstum von jährlich<br />

neun Prozent erreichen werde.<br />

Indien bald die Nummer drei der Weltwirtschaft<br />

«Indien hat das Potenzial, sich bis<br />

2050 zur drittgrössten Wirtschaftsmacht der<br />

Welt nach China und den USA zu ent wickeln,<br />

mit grossem Abstand vor Japan, Brasilien<br />

und Russland», betont auch Mickey Doshi,<br />

Länderverantwortlicher der Credit Suisse<br />

Indien. Diese anhaltende überdurchschnittliche<br />

Dynamik verdankt Indien nicht zuletzt<br />

der Tatsache, dass es eines der Länder mit<br />

der jüngsten Bevölkerung ist. «In den nächsten<br />

20 Jahren nimmt die arbeitsfähige Bevölkerung<br />

Indiens von knapp 700 Millionen auf<br />

über 950 Millionen Menschen zu. Indien ist<br />

gewillt und imstande, die dazu nötigen<br />

Arbeitsplätze zu schaffen.» Prozentual noch<br />

stärker, nämlich um 30 Prozent jährlich,<br />

schnellt die Zahl vermögen der Privatpersonen<br />

empor. Bis ins Jahr 2012 wird gemäss<br />

Analysen die Zahl der Haushalte mit Finanzanlagen<br />

von über einer Million US-Dollar auf<br />

300 000 ansteigen – und dementsprechend<br />

das zu verwaltende Vermögen die 1000-Milliarden-Marke<br />

überschreiten. Eine nationale<br />

Besonderheit ist, dass die Inder ihr Geld<br />

grösstenteils im Lande selbst anlegen.<br />

Integrierte Lösungen anbieten Die Credit<br />

Suisse gestaltet diesen Prozess aktiv mit.<br />

Nachdem sie Anfang 20<strong>08</strong> vom Securities<br />

and Exchanges Board of India (SEBI) eine<br />

Portfolio-Manager-Lizenz für Indien erwarb,<br />

hat sie nun am 22. Mai das Vermögensverwaltungsgeschäft<br />

in Indien offi ziell eröffnet.<br />

Als dessen Leiter gab Puneet Matta, der seit<br />

18 Jahren im indischen Bankensektor tätig ist,<br />

ambitiöse Ziele bekannt: «Wir starten mit<br />

rund 20 Mitarbeitenden, doch schon bald<br />

sollen es 40 sein. Nach Mumbai werden wir<br />

auch in Neu-Delhi und Bangalore Büros eröffnen.<br />

In drei Jahren wollen wir zu den drei<br />

wichtigsten Vermögensverwaltern in Indien<br />

gehören.»<br />

Wie wird das möglich sein? «Unsere grosse<br />

Stärke ist die Strategie der integrier ten<br />

Bank», so Matta weiter. «Wir profitieren davon,<br />

dass wir im Investment Banking bereits<br />

seit über zehn Jahren erfolgreich in Indien<br />

tätig sind und dass ausgesprochen viele<br />

Kunden integrierte Lösungen benötigen. Es<br />

herrscht eine grosse Nachfrage nach Produkten,<br />

die auch die Beratung bei Kapitalbeschaffung,<br />

Börsengängen und bei der<br />

Nachfolgeplanung einschliesst. Dabei bringen<br />

wir unser weltweites Netzwerk und<br />

Know-how ein.»<br />

Drei Viertel der vermögenden Inder sind<br />

Jungunternehmer, die nun nach dem ersten<br />

Jahrzehnt der Expansion mehr und mehr an<br />

finanzielle Sicherheit und Vorsorge denken.<br />

«Bis anhin betrieben viele Firmeninhaber keine<br />

strikte Trennung zwischen Unternehmenskapital<br />

und Privatvermögen», führt Mickey<br />

Doshi aus. «Die Unternehmensgewinne fl ossen<br />

direkt in die nächsten Wachstumspläne.<br />

Je mehr das Vermögen allerdings wuchs,<br />

desto mehr stieg bei den Unternehmern das<br />

Bedürfnis nach Beratung, wie sie die Ver mögensanteile<br />

entfl echten, ihre privaten Assets<br />

sichern und für die nächste Generation langfristig<br />

anlegen können.»<br />

Inder auch im Ausland beraten Im Ausland<br />

leben vergleichsweise wenige Inder –<br />

rund 25 Millionen. Auch sie richten sich<br />

geschäftlich und privat sehr stark auf ihre<br />

Heimat aus. «Allein im Jahr 2007 sind 27 Milliarden<br />

Dollar von im Ausland lebenden<br />

Indern in Indien investiert worden», erklärt<br />

Raj Sehgal, Market Leader für Indien in<br />

Dubai. Die Credit Suisse hat zur Betreuung<br />

der im Ausland lebenden Inder spezialisierte<br />

Teams in Dubai, London, Singapur und Zürich<br />

aufgebaut.<br />

Andreas Schiendorfer<br />

Foto: Credit Suisse<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Business 31<br />

Credit Suisse Investment & Family Business Program in Zürich<br />

Eine gut vorbereitete Nachfolge<br />

trägt massgebend zum Erfolg bei<br />

Familienunternehmen machen in Lateinamerika 98 Prozent aller<br />

Firmen aus. Davon bleibt jedoch kaum ein Drittel in Familienhänden.<br />

Mit dem Investment & Family Business Program geht die Credit Suisse<br />

auf das Bedürfnis der Kunden nach ausgereiften und individuellen<br />

Strategien für eine Nachfolgeregelung ein.<br />

In Amerika und Lateinamerika generieren<br />

Familienunternehmen bis zu drei Viertel des<br />

gesamten Bruttoinlandsprodukts – und zählen<br />

deshalb zu den wichtigsten Grundpfeilern<br />

der Wirtschaft. Allerdings überleben zwei<br />

Drittel dieser Unternehmen die ersten fünf<br />

Jahre ihres Bestehens nicht, und nur zwölf<br />

Prozent können ihre Firma bis in die dritte<br />

Generation retten. Diesen Tatsachen trug<br />

die Credit Suisse auch heuer Rechnung und<br />

lud bereits zum zweiten Mal zum Investment<br />

& Family Business Program ins Zentrum<br />

Bocken in Horgen bei Zürich ein. Dort<br />

traf sich Mitte Mai dieses Jahres eine Gruppe<br />

von 24 lateinamerikanischen aktuellen<br />

und zukünftigen CEOs von Familienunternehmen<br />

zu einem Seminar zum Thema Nachfolge.<br />

Dieses Angebot kommt dem Bedürfnis<br />

der Kunden nach ausgereiften und individuell<br />

auf das eigene Unternehmen ausgerichteten<br />

Finanzstrategien entgegen. Indem die Credit<br />

Suisse den Teilnehmern andere Perspektiven<br />

aufzeigt und den Zugang zu Wissen und<br />

Information vermittelt, will sie Unternehmer<br />

unterstützen, die ein finanziell gesundes und<br />

strategisch durchdachtes Business aufbauen<br />

möchten. So erhielten die Teil neh mer die<br />

Gelegenheit, sich über aktuelle Trends und<br />

Prognosen des Finanzmarktes zu informieren<br />

und dank verschiedener Redner einen Einblick<br />

in die Strategie der Credit Suisse zu<br />

gewinnen. Der Fokus jedoch lag auf dem<br />

zweitägigen Seminar, in dem sich die CEOs<br />

intensiv mit den Herausforderungen einer<br />

erfolgreichen Strategie, Führung und Nachfolgeregelung<br />

ihrer Firma auseinandersetzen<br />

konnten. Dieses fand unter der Leitung eines<br />

füh renden Experten im Bereich Management<br />

von Familienunternehmen statt, Professor<br />

Er nesto J. Poza von der Thunderbird School<br />

of Global Management. Für ihn stellt das<br />

Thema Nachfolge ein entscheidendes Element<br />

für ein erfolgreiches Familien business<br />

dar. Und hier sieht er ein grosses Potenzial,<br />

weshalb sein Ziel des Seminars in erster<br />

Linie eine Veränderung des Bewusstseins<br />

ist: «Ich will meinen Teilnehmern vermitteln,<br />

dass die Herausforderung entscheidend und<br />

riesig ist, wenn es um die Nach folgeregelung<br />

und Kontinuität eines Familienunternehmens<br />

geht. Viele Unternehmer glauben, dass, nur<br />

weil die Familienmitglieder gut miteinander<br />

auskommen, auch der Betrieb automatisch<br />

gut geführt sei und man sich auch geschäftlich<br />

verstehe. Das ist ein grosser Irrtum. Das<br />

allein reicht nicht für eine erfolgreiche Führung.»<br />

Weitere wichtige Aspekte seien das<br />

Denken hin zu nachhaltigen, individuellen<br />

Stra tegien, eine offene Kommunikationskultur<br />

und das Bewusstsein der Einzigartigkeit<br />

einer Firma. Mit diesem Inhalt vermochte<br />

Professor Poza schliesslich auch viele Teilnehmer<br />

des Seminars zu begeistern.<br />

Mit dem Rahmenprogramm schliesslich<br />

wurde der Kreis wieder geschlossen: Die<br />

Teilnehmer waren zu einem Rundgang durch<br />

die Fabrik von BMW Sauber Formel 1 eingeladen<br />

– auch diese ein ehemaliges Familienunternehmen<br />

– wo sie anschliessend durch<br />

den Chef Dr. Mario Theissen einen Einblick<br />

in die momentane Entwicklung und Situation<br />

der Firma erhielten.<br />

Regula Gerber<br />

Fotos: Rainer Wolfsberger | Credit Suisse<br />

Professor Ernesto J. Poza: «Wenn Wissen und Geist einer Firma<br />

über Generationen hinweg weitervermittelt werden, ist das für ein<br />

Familienunternehmen von unschätzbar grossem Wert.»<br />

Wolfgang Rother im Gespräch mit Dr. Mario Theissen (rechts),<br />

der trotz des momentan strengen Rennkalenders die Zeit fand,<br />

den Teilnehmern Rede und Antwort zu stehen.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


32<br />

Credit Suisse Business<br />

Schiffsfinanzierungen sind ein wichtiges Geschäft<br />

Der Welthandel findet fast<br />

ausschliesslich zur See statt<br />

Die Finanzierung von Frachtschiffen ist für Banken wie<br />

die Credit Suisse ein wichtiges Geschäft. Die Auftragsbücher<br />

der Schiffswerften sind weltweit gut gefüllt.<br />

Die Flotten wachsen momentan im zweistelligen Prozentbereich<br />

. Und auch in den kommen den Jahren wird eine<br />

grosse Nachfrage nach Seetransportkapazitäten erwartet.<br />

Die Credit Suisse verfügt über 65 Jahre Erfahrung in Ship Finance.<br />

Fast 95 Prozent des Welthandels werden<br />

über See abgewickelt. Drei Viertel der<br />

Schiffsneubauten werden über normale<br />

Bankkredite fi nanziert. 2006 bestellten Reeder<br />

Schiffsneubauten im Rekordwert von<br />

231,5 Milliarden Dollar, wie der Schiffsmakler<br />

Clarkson PLC berichtet. «Nach Jahren, in<br />

denen die Er trags lage enttäuschend war, erfreut<br />

sich der Seetransport seit fünf Jahren<br />

eines richtig gehenden Booms. Das wiederum<br />

erfreut unsere Kundschaft», bestätigt John<br />

Häfelfi nger, stellvertretender Leiter Ship Finance<br />

der Credit Suisse. «Obwohl das Kreditvolumen<br />

beträchtlich angestiegen ist, bleibt<br />

die Bank bei den Parametern sehr konservativ,<br />

was von der erstklassi gen Kundschaft<br />

so erwartet und geschätzt wird», so Häfelfinger<br />

weiter. Doch was macht die in Basel<br />

ansässige Einheit Ship Finance der Credit<br />

Suisse genau?<br />

Schiffsfinanzierungen bereits seit 1943<br />

Die Credit Suisse eröffnete ihre erste Schiffsfi<br />

nan zierungsgesellschaft 1943 unter dem<br />

Namen Schweizerische Schiffshypothekenbank.<br />

Heute trägt sie den Namen Credit<br />

Suisse Ship Finance, und sie gehört, was das<br />

Kre dit volumen angeht, zu den zehn grössten<br />

Schiffsfinanzierungsgesellschaften. Rund<br />

600 Schiffe werden fi nanziert, der grösste<br />

Teil der Kredite geht nach Griechenland,<br />

Italien, Deutschland, Hongkong, Grossbritannien<br />

und Russland. Zu den Kunden der<br />

Credit Suisse gehören einige der weltweit<br />

bekann testen Reedereien. Die Mehrzahl befi<br />

ndet sich noch immer im Besitz von vermögenden<br />

Privatleuten. «Aufgrund der weltumspannenden<br />

Organisation der Credit<br />

Suisse können diese Kunden einen grossen<br />

Nutzen aus der langjährigen Erfahrung der<br />

Bank in Private Banking, Investment Banking<br />

und Asset Management ziehen», betont<br />

Häfelfinger. «Wir setzen unsere Kunden mit<br />

den anderen Divisionen der Bank in Verbindung,<br />

wann immer sie für unsere Produkte<br />

oder Dienstleistungen Interesse zeigen.»<br />

Schwerpunkt kommerzielle Frachtschiffe<br />

Um die Risiken zu verringern und sich nicht<br />

in Nischenmärkten zu verlieren, vergibt die<br />

Credit Suisse ausschliesslich Kredite für<br />

kommerzielle Hochseeschiffe wie Containerschiffe,<br />

Öl- und Produkttanker, Massengutfrachter,<br />

Chemikalien- und Gastransporter.<br />

Diese Strategie hat sich gelohnt, denn seit<br />

mehr als 20 Jahren hat die Schiffsfi nanzierung<br />

der Credit Suisse keinen einzigen Kredit<br />

abschreiben müssen. Ein Frachtschiff<br />

kostet je nach Grösse und Alter zwischen 20<br />

und 180 Millionen Dollar. Die Credit Suisse<br />

bietet Schiffseignern Kredite für Schiffsneubauten<br />

vor und nach Fertigstellung, die<br />

üblicherweise 60 bis 70 Prozent des jeweiligen<br />

Marktwertes abdecken. Diese Kredite<br />

sind immer abgesichert. Die Verzinsung erfolgt<br />

in der Regel nach LIBOR (London Interbank<br />

Offered Rate). Dazu kommt noch eine<br />

Prämie, deren Höhe von der Bonität des Kreditnehmers<br />

abhängt. Die Rückzahlungen<br />

erfolgen meist vierteljährlich. Die Kredite<br />

müssen getilgt sein, bevor das Schiff 20<br />

Jahre alt ist.<br />

Nachfrage nach neuen Containerschiffen<br />

Schätzungen zufolge werden etwa 90 Prozent<br />

aller weltweit produzierten Fertigwaren<br />

in Seecontainern transportiert. Gegenwärtig<br />

stehen Schif fe mit einer Gesamttonnage von<br />

etwa 6,4 Millionen TEU in den Auftragsbüchern<br />

der Werften, wobei 1 TEU einer 20-<br />

Fuss-Con tainereinheit entspricht. Wenn man<br />

weiss, dass die grösste Containerschiffsreederei<br />

der Welt, die dänische A. P. Moller-<br />

Maersk , über eine Gesamttonnage von etwa<br />

1,9 Millionen TEU verfügt, kann man sich eine<br />

Vorstellung von der Grösse des Auftragsvolumens<br />

machen. Heute werden in der<br />

Regel grössere Containerschiffe mit mehr<br />

als 4000 TEU nach gefragt. Clarkson PLC<br />

schätzt, dass dieses Jahr die Containerschifffl<br />

otte um rund 1,2 Millionen TEU wachsen<br />

wird. 2009 dürften sogar 1,8 Millio nen<br />

TEU hinzukommen.<br />

«Alle diese Schiffe brauchen eine solide<br />

Finanzierung. Somit bieten sich für unseren<br />

Bereich vielfältige Geschäfts möglichkeiten»,<br />

ist sich Meike Mättig, Leiterin Execution and<br />

Support von Ship Finance der Credit Suisse,<br />

sicher.<br />

Dorothée Enskog<br />

Fotos: «ORION» BULKERS GmbH & Co. KG | Credit Suisse<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


«Accessibility Day» bei der Credit Suisse<br />

200 sprechende Bancomaten und neu<br />

auch Kontoauszüge in Blindenschrift<br />

Im Rahmen der «informatica<strong>08</strong>» fand im Uetlihof der Credit Suisse der<br />

«Accessibility Day» statt, der zeigte, welche Chancen Informationstechnologien<br />

für Menschen mit Behinderungen bieten. Die Credit Suisse<br />

nimmt in diesem Bereich eine Pionierrolle in der Schweiz ein.<br />

FÜR MICH.<br />

Die Klafs Sauna- und<br />

Wellness-Welt.<br />

«Accessibility» steht für den Abbau von<br />

Barrieren für Menschen mit Behinderungen.<br />

Mit viel Humor schilderte der seit<br />

seiner Geburt gehbehinderte Fernsehmoderator<br />

Alex Oberholzer, dass in seiner<br />

Studienzeit die grösste Herausforde r ung<br />

nicht das Stu dium, sondern die vielen Stufen<br />

zur Biblio thek waren.<br />

Der «Accessibility Day» der Credit Suisse<br />

hatte wirklich keine Barrieren.<br />

Die Stolpersteine der Informatik Noch<br />

sind längst nicht alle Barrieren im Alltag<br />

beseitigt. Doch haben gerade die grossen<br />

Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

vielen Menschen<br />

mit Behinderungen zu etwas mehr Unabhängigkeit<br />

und Selbstständigkeit verholfen.<br />

Allerdings baut die moderne IT<br />

nicht nur Hindernisse ab, sondern schafft<br />

gleichzeitig wieder neue. «Umso wichtiger<br />

ist es deshalb, die Möglichkeiten der Informations-<br />

und Kommunikationstechnologie<br />

konsequent an den Bedürfnissen<br />

aller Benutzer auszurichten», betonte<br />

Claude Honegger, CIO Switzerland der<br />

Credit Suisse.<br />

Das Internet ist ein wichtiges Instrument<br />

für die Entwicklung zu mehr Eigenständigkeit<br />

der Betroffenen. «Dank des Internets<br />

ist es blinden Menschen erstmals<br />

möglich, bestimmte Geschäfte selbstständig<br />

zu tätigen, die bislang die Assistenz einer<br />

sehen den Person erforderten», erklärt<br />

Markus Riesch, Leiter Forschung und Entwicklung<br />

der Stiftung «Zugang für alle».<br />

René Jaun erblindete vor zehn Jahren<br />

vollständig. Heute bewertet er für die Stiftung<br />

«Zugang für alle» die Barriere freiheit<br />

von Internetseiten. Er erläuterte auf der<br />

«Accessibility»-Tagung die typischen Programmierungsfehler<br />

bei nicht barrierefreien<br />

Seiten: Blinde User erkennen durch<br />

eine spezielle Software den Inhalt der Internetseiten.<br />

Hierbei ist entscheidend, dass<br />

die Links zu weiteren Seiten mit adäquaten<br />

Text beschreibungen unterlegt sind.<br />

Barrierefreies Online-Banking Die<br />

Credit Suisse legt grossen Wert auf die<br />

barrierefreie Programmierung ihrer Internetseiten.<br />

Bislang sind das Direct Net, der<br />

Privatkunden-Bereich und das elektro nische<br />

Magazin «In Focus» barrierefrei und<br />

von der Stiftung «Zugang für alle» zertifiziert.<br />

«Alle Prozesse in der IT wollen wir<br />

zukünftig so gestalten, dass Accessibility<br />

bei der Programmierung berücksichtigt<br />

wird», versichert Alireza Darvishy, Projektleiter<br />

der «Accessibility»-Tagung. So sollen<br />

neue Internetseiten so flexibel sein,<br />

dass sich Schriftfarbe, Schriftgrösse und<br />

Hintergrund leicht verändern lassen.<br />

Credit Suisse auf Pionierpfaden Bis<br />

Jahresende werden in der Schweiz 200<br />

Bancomaten umgebaut, deren Funktionen<br />

über Kopfhörer abgehört werden können.<br />

Ausserdem steht der Service in Deutsch,<br />

Englisch, Französisch und Italienisch zur<br />

Verfügung. «Das sind die ersten viersprachig<br />

kommunizierenden Bancomaten der<br />

Welt», schätzt Darvishy. Gleich zeitig wurde<br />

die Höhe der Bancomaten so abgesenkt,<br />

dass Kunden mit Rollstühlen alle<br />

Tasten erreichen. Ab August ist der Kontoauszug<br />

in Blinden schrift oder extragrosser<br />

Schriftgrösse verfügbar.<br />

Anja Papp<br />

Sauna/Sanarium<br />

Dampfbad/ Dusche<br />

SANOSPA/Whirlpool<br />

Weitere Informationen erhalten Sie in<br />

unserem kostenlosen 170seitigen Übersichtskatalog.<br />

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Oberneuhofstrasse 11<br />

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Telefon 041 760 22 42<br />

Fax 041 760 25 35<br />

baar@klafs.ch, www.klafs.ch<br />

Weitere Geschäftsstellen in: Bern, Ried-Brig VS,<br />

Chur GR, Clarens VD, Dietlikon ZH, Roggwil TG.


34<br />

Credit Suisse Business<br />

Eine Partnerschaft im Zeichen von Tradition und Innovation<br />

Riva: Wenn Brand und<br />

Lifestyle sich verbinden<br />

Die Meere bieten der Credit Suisse die Grundlage für wichtige Geschäfte<br />

(Artikel «Ship Finance» auf Seite 32). Darüber hinaus finden zu Wasser<br />

einzigartige Veranstaltungen mit Gästen, Kunden und Mitarbeitenden statt.<br />

Besonders attraktiv und exklusiv sind in Partnerschaft mit Riva organisierte<br />

Anlässe wie die Riva Trophy oder der Besuch in der Schiffswerft am Iseosee.<br />

Es gibt nicht viele Unternehmen, die älter<br />

sind als die 1856 gegründete Credit Suisse<br />

und einen vergleichbar wertvollen Brand besitzen.<br />

Riva gehört zweifellos dazu. Gegründet<br />

wurde die Cantieri Riva in Sarnico am<br />

Iseosee bereits im Jahr 1842 durch Pietro<br />

Riva. Ab den 1920er-Jahren spezialisierte<br />

sich Serafi no Riva in der dritten Generation<br />

auf Rennboote, während sich sein heute 86-<br />

jähriger Sohn Carlo ab 1949 mehr und mehr<br />

auf die luxuriöse Ausstattung seiner Boote<br />

konzentrierte und so den «Mythos Riva» begründete.<br />

Seit 2000 gehört die Riva-Gruppe<br />

mit Produktionsstandorten in Sarnico, La<br />

Spezia und Ancona zum Ferretti-Konzern.<br />

Die Riva-Luxusyachten kosten im Minimum<br />

1,3 Millionen Euro, doch sind die Auftragsbücher<br />

weit voraus gefüllt. Das Erfolgsrezept?<br />

«Unser Motto heisst ‹Tradition und<br />

Innovation›», erklärt Ferruccio Rossi, Verwaltungsratsdelegierter<br />

von Riva. «Tradition in<br />

unserer Arbeitsweise und Philosophie, verbunden<br />

mit Innovation, weil wir stets vorwärtsschauen<br />

müssen.» Neues Design, neue<br />

Technologie, neue Projekte: Jedes Boot hat<br />

eine andere Farbe, ein eigenes Holz, eine<br />

andere Verkleidung, sodass jedes zum Einzelstück<br />

wird.<br />

«Tradition und Innovation sind natürlich<br />

verbindende Elemente zwischen unseren<br />

Unternehmen», ergänzt Franco Müller, Head<br />

Market Area Italy. «Und es kommt die Passion<br />

hinzu: die Leidenschaft, mit der wir unsere<br />

Arbeit verrichten, vor allem aber auch<br />

die starke emotionale Bindung, die wir bei<br />

Kunden und Mitarbeitenden für die Riva-<br />

Boote feststellen.»<br />

Bei Riva verbinden sich Qualität, Eleganz<br />

und guter Geschmack. Deshalb intensivierte<br />

die Credit Suisse im letzten Jahr<br />

20<strong>08</strong> führte die Riva Trophy nach Miami und Palma de Mallorca. Im August folgt ein gemeinsamer<br />

Anlass in Porto Cervo auf Sardinien, und im September wird die Schiffswerft in Sarnico besucht.<br />

die lose Zusammenarbeit. «Mit der Credit<br />

Suisse haben wir eine tolle Partnerschaft<br />

im Bereich Kommunikation und Events», bestätigt<br />

Ferruccio Rossi. «Das hat 2007 mit<br />

der gemeinsamen Organisation von Anlässen<br />

in Portofino, Saint-Tropez und Cala di<br />

Volpe in Sardinien begonnen. Unsere Reederfamilie<br />

organisiert die Riva Trophy, und<br />

es werden Wettbewerbe im Wasser und an<br />

Land mit Galadinners organisiert. So verbringen<br />

wir jeweils drei einzigartige Tage<br />

miteinander.»<br />

Andreas Schiendorfer<br />

Fotos: Riva<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Invest 35<br />

Credit Suisse Invest<br />

Analysen und Prognosen<br />

Übersicht 36_Ausblick Global 38_Ausblick Schweiz 40_Prognosen 42_Investment Focus<br />

Highlights Juli 20<strong>08</strong><br />

Inhalt<br />

Die Schwellenländer dürften auch in den kommenden Jahren<br />

den grössten Beitrag zum Weltwirtschaftswachstum leisten.<br />

Stark steigende Rohstoffpreise und möglicherweise deutlich<br />

restriktive Zentralbanken stellen jedoch Risiken dar.<br />

Internationale Notenbanken werden restriktiver, da die<br />

Inflation noch immer am Steigen ist. In den USA steht<br />

jedoch unter anderem die prekäre Lage an den Finanzmärkten<br />

raschen Zinserhöhungen im Wege.<br />

Ausblick Global<br />

Schwellenländer dominierende<br />

Kraft in der Weltwirtschaft<br />

Ausblick Schweiz<br />

Leichte Abschwächung,<br />

weiterhin robuster Konsum<br />

Investment Focus<br />

Water<br />

Als Ressource unterschätzt wie keine Andere<br />

Aktienmarkt Aufgrund hoher Lebensmittel- und Ölteuerung<br />

bei einer gleichzeitigen Neigung der Zentralbanken zu Zinserhöhungen<br />

bleibt das Umfeld für Aktien schwierig. Wir bevorzugen<br />

defensive Titel aus den Sektoren Pharma, IT und<br />

Telekom.<br />

Rohstoffpreise haben eine beeindruckende Performance<br />

abgeliefert. Aufgrund von steigenden Zinsen verlieren<br />

Rohstoffe jedoch derzeit an Attraktivität und wir raten Anlegern<br />

daher zu Vorsicht und Diversifikation.<br />

Der Schweizer Franken ist gegenüber dem Euro unterbewertet.<br />

Daran dürfte sich jedoch kurzfristig wenig ändern,<br />

da die gestiegene Volatilität an den Währungsmärkten<br />

durch den stärkeren Zinsvorteil des Euro ausgeglichen wird.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


36<br />

Credit Suisse Invest<br />

Ausblick Global<br />

Die Weltwirtschaft ist im ersten Halbjahr stärker gewachsen als erwartet. Die Schwellenländer tragen den<br />

Löwenanteil zum globalen Wirtschaftswachstum bei, und daran sollte sich in den kommenden Jahren wenig ändern.<br />

Steigende Rohstoffpreise und Zinserhöhungen von vielen Zentralbanken dürften jedoch die Dynamik etwas<br />

bremsen. Wir sind daher vorsichtig, was Aktien anbelangt, und auch die übermässigen Renditen von Rohstoffen<br />

dürften zumindest kurzfristig der Vergangenheit angehören.<br />

Konjunktur<br />

Leichte Abschwächung nach<br />

starkem Jahresbeginn<br />

Die Weltwirtschaft ist in der ersten Jahreshälfte insgesamt stärker<br />

gewachsen als von vielen erwartet. In den USA zeigte sich zwar eine<br />

deutliche Abschwächung, jedoch blieb das Wachstum positiv. Für<br />

die USA lässt sich eine deutliche Veränderung in der Zusammensetzung<br />

der Nachfrage feststellen. Während die Binnenwirtschaft, vor<br />

allem der private Konsum (aufgrund hoher Energiepreise, strafferer<br />

Kreditbedingungen und einer Verschlechterung am Arbeitsmarkt)<br />

schwach ist, profi tieren die Exporteure von der robusten globalen<br />

Nachfrage. Die aufstrebenden Volkswirtschaften haben im letzten<br />

Jahr entscheidend zum globalen Wachstum beigetragen (siehe Chart).<br />

Während vor allem hohe Infl ation und möglicherweise notwendige<br />

restriktive Massnahmen der lokalen (Geld-)politik Risiken darstellen,<br />

dürften diese Länder ihre globale Führungsrolle behalten. th<br />

Aufgrund des geringeren Ausmasses der Kreditkrise, neuen<br />

Handelsverflechtungen und starker Binnennachfrage dürften<br />

aufstrebende Volkswirtschaften robust bleiben.<br />

Quelle: IMF, BIZ, Credit Suisse<br />

YoY%, 2007<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

–1<br />

Reales BIP<br />

Realer Konsum<br />

USA EMU andere Industriestaaten<br />

Entwicklungsländer Global<br />

Reale Investitionen<br />

Zinsen und Obligationen<br />

Notenbanken weiterhin auf Straffungskurs<br />

Der globale Infl ations- und Zinstrend zeigt weiter nach oben. Die Infl<br />

ation für den Euroraum ist mit rund 4%, doppelt so hoch als das<br />

Infl ationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB), und in mehreren<br />

Schwellenländern hat die Infl ation inzwischen zweistellige Werte erreicht<br />

(vgl. Abbildung). Die EZB zeigt sich fest entschlossen, die<br />

Infl ation zu bekämpfen, und hat im Juli die Leitzinsen angehoben. Das<br />

Finanzsystem weist nach wie vor Stresssymptome auf. So sehen sich<br />

beispielsweise einige der grössten US-Finanzinstitute mit extrem<br />

hohen Finanzierungskosten konfrontiert. Dies stellt ein Hindernis für<br />

die Fed und andere Zentralbanken dar, die aufgrund dieser Umstände<br />

die Zinsen eher tiefer halten könnten, als wenn sie sich nur auf<br />

die Infl ation und die Realwirtschaft konzentrieren würden. th<br />

Die Inflation ist weltweit angestiegen. Besonders deutlich<br />

zeigt sich dieser Trend in den aufstrebenden<br />

Volkswirtschaften. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

YoY%<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

01.00<br />

01.01 01.02 01.<strong>03</strong> 01.04 01.05 01.06 01.07 01.<strong>08</strong><br />

BRIC CPI<br />

G3 CPI<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Invest 37<br />

Aktienmarkt<br />

Inflationsängste lasten schwer auf Aktien<br />

Die globalen Aktienmärkte befi nden sich nach wie vor in einer schwierigen<br />

Situation, hauptsächlich aufgrund der unvermindert stark ansteigenden<br />

Öl- und Lebensmittelpreise. Zentralbanken sehen sich weltweit<br />

gezwungen, dem steigenden Infl ationsdruck mit Zinserhöhungen<br />

entgegenzutreten, was sich wiederum negativ auf die Aktienmärkte<br />

auswirkt. Der anstehenden Berichtssaison in den USA dürfte unserer<br />

Ansicht nach entscheidende Bedeutung zukommen. Allgemein wird<br />

mit einem Gewinnrückgang von 8% gegenüber dem Vorjahr gerechnet,<br />

wobei insbesondere Finanzdienstleister und zyklische Konsumgüterhersteller<br />

schlecht abschneiden dürften. Wir empfehlen Investoren<br />

in diesem schwierigen Umfeld, sich auf defensive globale<br />

Sektoren wie Pharma, IT und Telekom zu konzentrieren, die noch<br />

immer ein positives Gewinnwachstum aufweisen. db<br />

Mit einem erwarteten KGV 20<strong>08</strong> von 12.2 für den MSCI World<br />

sind Aktien attraktiv bewertet. Quelle: Credit Suisse, Reuters<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

01.90 01.92 01.94 01.96 01.98 01.00 01.02 01.04 01.06 01.<strong>08</strong><br />

MSCI World Index KGV nächste 12 Monate<br />

Durchschnitt (+/– 1 Standardabweichung)<br />

Währungen<br />

USD auf Käufe ausländischer<br />

Zentralbanken angewiesen<br />

Der US-Dollar dürfte unserer Meinung nach auf drei Monate weiter<br />

unter Druck bleiben. Dollarnegative Faktoren sind ein tiefes Zinsniveau,<br />

schwaches Wachstum des privaten Konsums, die Abschwächung<br />

auf dem Immobilienmarkt sowie ein hohes Leistungsbilanzdefi<br />

zit, um nur einige zu nennen. Es ist zwar richtig, dass der US-Dollar<br />

inzwischen gegenüber den europäischen Währungen deutlich unterbewertet<br />

ist. Doch für eine nachhaltige Dollarerstarkung müssten<br />

vor allem ausländische private Investoren die US-Wertschriftenmärkte<br />

als attraktiv erachten. Dies scheint zumindest im ersten Quartal<br />

noch nicht der Fall gewesen zu sein, haben doch ausländische Notenbanken<br />

praktisch 100% des US-Leistungsbilanzdefi zits fi nanziert.<br />

Während wir auf zwölf Monate eine leichte Dollarerholung erwarten,<br />

sollten Anleger auf drei Monate gegenüber dem Greenback weiterhin<br />

vorsichtig bleiben. mh<br />

Das US-Handelsbilanzdefizit ist zwar jüngst gesunken,<br />

aufgrund des tiefen Zinsniveaus in den USA sind es<br />

aber vor allem ausländische Zentralbanken, die das Defizit<br />

finanzieren – im 1. Quartal zu 100%. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

%<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

–20<br />

–40<br />

<strong>03</strong>.00<br />

<strong>03</strong>.01 <strong>03</strong>.02 <strong>03</strong>.<strong>03</strong> <strong>03</strong>.04 <strong>03</strong>.05 <strong>03</strong>.06 <strong>03</strong>.07 <strong>03</strong>.<strong>08</strong><br />

Anteil des US Leistungsbilanzdefizits, welches durch ausländischen<br />

offiziellen Sektor finanziert wird<br />

Rohstoffe<br />

Rohstoffe – Die Unsicherheit steigt<br />

Der Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen hat sich auch im Juni<br />

fortgesetzt. Abhängig vom Index haben Rohstoffe mittlerweile eine<br />

YTD-Performance von 25%–45% erreicht. Zwar denken wir, dass<br />

der langfristige Trend auch weiterhin nach oben zeigt, dennoch raten<br />

wir Investoren zu mehr Vorsicht bei direkten Rohstoffi nvestments.<br />

Das Umfeld für Rohstoffe wird derzeit schwieriger. Das weltweite<br />

Wirtschaftswachstum schwächt sich ab, und aufgrund hoher Infl ationsraten<br />

haben Zentralbanken weltweit damit begonnen, die Zinsen<br />

zu erhöhen. Da Rohstoffe keine Zinsen oder Dividenden abwerfen,<br />

machen höhere Zinsen eine Anlage in Rohstoffe weniger attraktiv.<br />

Zudem gibt es politische Initiativen, um den Rohstoffpreisanstieg zu<br />

begrenzen. Als Folge davon sollten Rohstoffi nvestoren in den nächsten<br />

Monaten mehr Volatilität und eine tiefere Rendite erwarten. tm<br />

Rohstoffe mit beeindruckender Performance seit<br />

Jahresbeginn Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

Index, January 20<strong>08</strong> = 100<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

01.<strong>08</strong> 02.<strong>08</strong> <strong>03</strong>.<strong>08</strong> 04.<strong>08</strong> 05.<strong>08</strong><br />

06.<strong>08</strong><br />

07.<strong>08</strong><br />

Dow Jones AIG Commodity Index CRB Index<br />

S&P GSCI Commodity Index Rogers International Commodity Index<br />

UBS Constant Maturity Commodity Index<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


38<br />

Credit Suisse Invest<br />

Ausblick Schweiz<br />

Die Indikatoren für die Schweizer Wirtschaft zeigen erste Anzeichen von Schwäche, wenngleich gerade das Exportwachstum<br />

deutlich von den Schwellenländern unterstützt wird. Auch der private Konsum dürfte robust bleiben, da<br />

die Beschäftigungs- und Lohnentwicklung Impulse liefern. Sollte es zu deutlichen Lohnsteigerungen kommen, besteht<br />

weiterhin das Risiko einer Zinserhöhung seitens der SNB. Wir halten den Schweizer Aktienmarkt für attraktiv,<br />

da viele Unternehmen über Preissetzungsmacht verfügen, werden jedoch vorsichtiger. Der Schweizer Franken dürfte<br />

schwach bleiben, da die Zinsdifferenz gegenüber dem Euro gestiegen ist.<br />

Konjunktur<br />

Privatkonsum gewinnt an<br />

konjunktureller Bedeutung<br />

Der Privatkonsum tritt aktuell als konjunkturelles Standbein stärker<br />

hervor. Die privaten Konsumausgaben dürften 20<strong>08</strong> das Vorjahresniveau<br />

um 1.9% übersteigen. Im kommenden Jahr ist mit einer weiterhin<br />

robusten, jedoch weniger schwungvollen Konsumkonjunktur zu<br />

rechnen (+1.6%). Feste Umsatzaktivität und hohe Kundenfrequenz<br />

im Detailhandel sind Zeugen der Konsumdynamik. Positive Impulse<br />

kommen insbesondere von der Arbeitsmarktentwicklung. Die Beschäftigung<br />

steigt spürbar an. Zudem bleiben die Frühindikatoren<br />

der Arbeitsnachfrage mehrheitlich freundlich. Die Arbeitslosenrate<br />

sinkt auch 20<strong>08</strong> weiter. In der Spitze ist ein Rückgang bis auf 2.3%<br />

bzw. bis auf 2.6% im Jahresmittel 20<strong>08</strong> wahrscheinlich. Auch setzt<br />

die Lohn- und Gehaltsentwicklung konsumanregende Impulse. Die<br />

Lohntüte dürfte 20<strong>08</strong> so stark gefüllt werden wie seit sieben Jahren<br />

nicht mehr. Das freundliche Konsumbild wird indes durch die aktuelle<br />

Eintrübung der Konsumentenstimmung etwas relativiert. mn<br />

Early Birds der Arbeitsnachfrage weiter auf Nordkurs<br />

Quelle: BFS, Jobpilot<br />

Index<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Q1 1998 Q1 2000 Q1 2002 Q1 2004 Q1 2006<br />

Q1 20<strong>08</strong><br />

Index der offenen Stellen (BfS) Jobpilot-Index Publicitas Index<br />

Indikator der Beschäftigungsaussichten (BfS)<br />

Index<br />

1.10<br />

1.<strong>08</strong><br />

1.06<br />

1.04<br />

1.02<br />

1.00<br />

0.98<br />

0.96<br />

Top-Thema<br />

Die Euro <strong>08</strong> – ein Konjunkturturbo?<br />

Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist zu konstatieren, dass bei<br />

einem Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) von knapp CHF 480<br />

Mrd. der Effekt des sportlichen Grossanlasses Euro <strong>08</strong> zu klein ist,<br />

um ihn von anderen makroökonomischen Vorgängen zu unterscheiden.<br />

Die positiven gesamtwirtschaftlichen Effekte dürften insgesamt<br />

kaum nennenswert ausfallen und einen geringen Beitrag zum BIP in<br />

der Höhe von maximal 0.1% – 0.2% im Sommerhalbjahr beisteuern.<br />

Insgesamt dürften sich die positiven wirtschaftlichen Effekte auf<br />

einzelne Branchen (v.a. Hotellerie, Restauration, Detailhandel) konzentrieren.<br />

Zudem regte die Euro <strong>08</strong> die Produktion öffentlicher<br />

Güter an, im Einzelnen: Image, Erlebnisnutzen, kollektive Begeisterung.<br />

Dies hebt den individuellen Wohlstand der Schweizer Bevölkerung,<br />

und das zu einem Zeitpunkt, in dem konjunkturelle Unsicherheit<br />

die Konsum- und Investitionsstimmung der privaten Haushalte<br />

belastet. mn<br />

Freundlicher Geschäftsgang im Detailhandel<br />

Quelle: KOF<br />

Index<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

–10<br />

–20<br />

–30<br />

–40<br />

–50<br />

04.94<br />

04.96 04.98 04.00 04.02 04.04 04.06 04.<strong>08</strong><br />

Geschäftsgang Detailhandel<br />

Geschäftsgang Detailhandel<br />

(glatte Komponente)<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Invest 39<br />

Zinsen und Obligationen<br />

Weiterhin unverändertes Zinsziel der SNB<br />

Die SNB beliess den Leitzins im Juni unverändert. Zwar geht sie davon<br />

aus, dass die Infl ation 20<strong>08</strong> deutlich höher ausfallen wird als<br />

ursprünglich erwartet, doch die Abschwächung der Weltwirtschaft<br />

dürfte mittelfristig zu einer Entlastung führen. Allerdings zeigen sich<br />

nun erste Anzeichen von Überhitzung am Arbeitsmarkt. Die Lohnstückkosten<br />

steigen stark an, und dies beinhaltet das Risiko einer<br />

dauerhaft höheren Infl ation. SNB-Direktor Thomas Jordan betonte,<br />

dass die SNB mit einer Zinserhöhung reagieren müsse, falls die<br />

Gewerkschaften einen vollen Ausgleich der Teuerung durchsetzen<br />

könnten. Eine Zinserhöhung im September erscheint somit denkbar.<br />

Der Geldmarkt preist derzeit sogar drei Zinserhöhungen ein, was<br />

unserer Ansicht nach jedoch überzogen ist. Daher besteht leichtes<br />

Abwärtspotenzial bei den Anleihenrenditen. mt<br />

Ein starker Anstieg der Lohnstückkosten birgt Risiken für<br />

die Preisstabilität. Eine Zinserhöhung der SNB im September<br />

bleibt daher eine Option. Quellen: Datastream, Credit Suisse<br />

YoY %-change<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

–2<br />

–4<br />

–6<br />

–8<br />

YoY %-change<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

06.98 06.00 06.02 06.04 06.06<br />

06.<strong>08</strong><br />

Lohnstückkosten<br />

Kerninflation (3M Durchschnitt)<br />

Aktienmarkt<br />

Defensive Sektoren bevorzugen<br />

Im Vergleich zu den übrigen europäischen Aktienmärkten sind wir<br />

langfristig gegenüber Schweizer Aktien weiterhin positiv eingestellt.<br />

Hiesige Blue Chips sind attraktiv bewertet, profi tieren von einer unvermindert<br />

starken Nachfrage aus den Schwellenländern und einem<br />

tiefen Schweizer Franken. Zudem verfügen zahlreiche Schweizer<br />

Unternehmen dank ihrem guten Image und dem hohen Qualitätsstandard<br />

ihrer Produkte über eine starke Preissetzungsmacht. Dies<br />

erlaubt es ihnen, steigende Rohstoffkosten über Preiserhöhungen<br />

an ihre Kunden weiterzugeben. Gegenüber den nach wie vor herrschenden<br />

Unsicherheiten an den globalen Aktienmärkten sind jedoch<br />

auch Schweizer Aktien nicht immun, weshalb wir vorwiegend<br />

Engagements in defensiven Sektoren wie z. B. Pharma und Telekom<br />

empfehlen. db<br />

Der Swiss Leader Index, der die 30 liquidesten<br />

Schweizer Aktien abbildet, verlor seit Jahresbeginn 21%<br />

(per 14.07.20<strong>08</strong>). Quelle: Credit Suisse, Bloomberg<br />

SLI Index performance seit Jahresanfang<br />

1300<br />

1250<br />

1200<br />

1150<br />

1100<br />

1050<br />

1000<br />

17.1.<strong>08</strong> 14.2.<strong>08</strong> 13.3.<strong>08</strong> 10.4.<strong>08</strong> 8.5.<strong>08</strong> 5.6.<strong>08</strong><br />

3.7.<strong>08</strong><br />

Währungen<br />

Franken im Spannungsfeld<br />

von Zinsen und Volatilität<br />

Derzeit handelt der Schweizer Franken (CHF) zum Euro (EUR) weiterhin<br />

auf historisch hohen Niveaus. Langfristige Modelle wie z. B.<br />

die Kaufkraftparität zeigen, dass der EUR deutlich überbewertet ist.<br />

Kurzfristig stellen jedoch die Zinsdifferenz sowie die Volatilität die<br />

Haupteinfl ussgrössen dar. Diese beiden Einfl ussgrössen wirken derzeit<br />

in entgegengesetzte Richtungen. Der Zinsnachteil des CHF zum<br />

EUR ist weiterhin sehr hoch, was den EUR unterstützt. Diese Zinsdifferenz<br />

dürfte sich erst auf zwölf Monate leicht einengen, weshalb<br />

wir längerfristig eine Erstarkung des Frankens erwarten. Die höhere<br />

Volatilität ist positiv für den CHF. Unter Berücksichtigung der<br />

Volatilität ist die Attraktivität des CHF als Finanzierungswährung für<br />

Carry Trades deshalb markant tiefer als noch 2007. Dies spricht unserer<br />

Meinung nach für ein Kursniveau um die EUR/CHF 1.60 im<br />

Drei monatshorizont. mh<br />

Wenn man den Zinsvorteil des EUR in das Verhältnis zur<br />

Volatilität (risikobereinigte Zinsdifferenz) setzt,<br />

ist der EUR weit weniger attraktiv als noch im 2007<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

EUR/CHF in %<br />

1.68<br />

1.66<br />

1.64<br />

1.62<br />

1.60<br />

1.58<br />

1.56<br />

1.54<br />

01.07 05.07 09.07<br />

EUR/CHF Wechselkurs<br />

11.07<br />

Carry (EUR 3-Monats-Libor dividiert durch<br />

implizite Volatilität EUR/CHF 3 Monate)<br />

0.60<br />

0.55<br />

0.50<br />

0.45<br />

0.40<br />

0.35<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


40<br />

Credit Suisse Invest<br />

Überblick Prognosen 15. Juli 20<strong>08</strong><br />

Aktien und Rohstoffe: Ausgewählte Indices<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

Auswahl Kurs YTD Ausblick 12M Ziele<br />

3M<br />

S&P 500 1’228.30 –16.3% 1’350<br />

SMI 6’573.15 –22.5% 8’400<br />

FTSE-100 5’233.50 –18.9% 6’000<br />

Euro Stoxx 50 3’167.39 –28.0% 3’500<br />

Nikkei 225 12’754.56 –16.7% 15’000<br />

Reales BIP-Wachstum in %<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

2007 20<strong>08</strong>E 2009E<br />

CH 3.2 1.9 1.6<br />

EWU 2.7 1.7 1.3<br />

USA 2.9 1.2 1.6<br />

GB 2.8 1.8 1.5<br />

Japan 2.2 1.3 2.0<br />

Gold 978.95 19.9% 1’000<br />

Öl 145.42 41.9% 125<br />

Dow Jones AIG<br />

Commodity Index<br />

457.896 11.63% 465<br />

Devisen (Wechselkurse)<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

15. 7. 20 0 8 3M 12M<br />

USD/CHF 1.01 0.99 – 1.<strong>03</strong><br />

EUR/CHF 1.61 1.54 – 1.58<br />

JPY/CHF 0.96 0.99 – 1.<strong>03</strong><br />

EUR/USD 1.59 1.52 – 1.56<br />

USD/JPY 105 98 – 102<br />

EUR/JPY 167 152 – 156<br />

EUR/GBP 0.79 0.82 – 0.84<br />

GBP/USD 2.01 1.85 – 1.89<br />

EUR/SEK 9.48 8.95 – 9.15<br />

EUR/NOK 8.<strong>03</strong> 7.40 – 7.60<br />

AUD/USD 0.98 0.88 – 0.92<br />

NZD/USD 0.77 0.68 – 0.72<br />

USD/CAD 1.00 0.98 – 1.02<br />

Schweizer Wirtschaft ( Veränderung gegenüber Vorjahr in %)<br />

Quelle: Credit Suisse<br />

Inflation in %<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

2007 20<strong>08</strong>E 2009E<br />

CH 1.1 2.2 1.4<br />

EWU 2.2 3.7 2.5<br />

USA 3.2 4.5 3.0<br />

GB 2.3 3.2 2.4<br />

Japan 0.3 2.0 1.6<br />

Kurzfristzinsen 3M-Libor<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

15. 7. 20 0 8 3M 12M<br />

CHF 2.80 2.9 – 3.1<br />

EUR 4.96 4.6 – 4.8<br />

USD 2.79 3.1– 3.3<br />

GBP 5.82 4.8 – 5.0<br />

JPY 0.92 0.7 – 0.9<br />

Rendite 10-j. Staatsanleihen<br />

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

15. 7. 20 0 8 3 M 12M<br />

CHF 3.09 2.9 – 3.1<br />

EUR 4.39 4.6 – 4.8<br />

USD 3.82 3.1 – 3.3<br />

GBP 4.86 4.8 – 5.0<br />

JPY 1.56 1.7 – 1.9<br />

2007 20<strong>08</strong>E 2009E<br />

Bruttoinlandprodukt (real) 3.1 1.9 1.6<br />

Privater Konsum 2.1 1.9 1.6<br />

Öffentlicher Konsum 0.1 0.2 0.3<br />

Ausrüstungsinvestitionen 7.2 3.7 1.6<br />

Bauinvestitionen –2.9 –3.1 –2.2<br />

Exporte 9.9 3.5 3.5<br />

Importe 5.2 2.5 3.8<br />

Beschäftigung 2.7 1.6 0.5<br />

Arbeitslosenquote (%) 2.8 2.6 2.7<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Invest 41<br />

Wichtige Information<br />

Die Informationen und Meinungen in diesem Bericht wurden von Credit Suisse per angegebenem Datum erstellt und können sich ohne<br />

vorherige Mitteilung ändern. Der Bericht wurde einzig zu Informationszwecken publiziert und ist weder ein Angebot noch eine Auf forderung<br />

seitens oder im Auftrag von Credit Suisse zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder ähnlichen Finanzinstrumenten oder zur Teilnahme<br />

an einer spezifi schen Handelsstrategie in irgendeiner Rechtsordnung. Der Bericht wurde ohne Berücksichtigung der Zielsetzungen, der<br />

fi nanziellen Situation oder der Bedürfnisse eines bestimmten Anlegers erstellt. Der Bericht enthält keinerlei Empfehlungen rechtlicher Natur<br />

oder hinsichtlich Inves titionen, Rechnungslegung oder Steuern. Er stellt auch in keiner Art und Weise eine auf die persönlichen Umstände<br />

eines Anlegers zugeschnittene oder für diesen angemessene Inves tition oder Strategie oder eine andere an einen bestimmten Anleger<br />

gerichtete Empfehlung dar. Verweise auf frühere Entwicklungen sind nicht unbedingt mass gebend für künftige Ergebnisse.<br />

Die Informationen stammen aus oder basieren auf Quellen, die Credit Suisse als zuver lässig erachtet. Dennoch kann keine Gewähr für die<br />

Richtigkeit oder Vollständigkeit der Informationen geleistet werden. Credit Suisse lehnt jede Haftung für Verluste aus der Verwendung<br />

dieses Berichts ab.<br />

WEDER DER VORLIEGENDE BERICHT NOCH KOPIEN DAVON DÜRFEN IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VERSANDT, DORTHIN<br />

MITGENOMMEN ODER AN US- PERSONEN ABGEGEBEN WERDEN. Örtliche Gesetze oder Vorschriften können die Verteilung von<br />

Research-Berichten in bestimmten Rechtsordnungen einschränken.<br />

Dieser Bericht wird von der Schweizer Bank Credit Suisse verteilt, die der Zulassung und Re gulierung durch die Eidgenössische Bankenkommission<br />

untersteht.<br />

Das vorliegende Dokument darf ohne schriftliche Genehmigung der Credit Suisse weder ganz noch auszugsweise vervielfältigt werden.<br />

Copyright © 20<strong>08</strong> Credit Suisse Group und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Impressum Invest<br />

Herausgeber Credit Suisse, Postfach 2, 8070 Zürich Redaktion Martin Neff (mn), Dr. Anja Hochberg (ah), Marcus Hettinger (mh), Tobias Merath (tm), David Brönnimann (db), Fabian Heller (fh),<br />

Hervé Prettre (hp), Thomas Herrmann (th) Marketing Veronica Zimnic E-Mail redaktion.<strong>bull</strong>etin@credit-suisse.com Internet www.credit-suisse.com/infocus Inserate Pauletto Gmbh, Miriam Dudek,<br />

Kleinstrasse 16, 80<strong>08</strong> Zürich, Telefon und Fax +41 43 268 54 56 Druck NZZ Fretz AG Nachdruck gestattet mit dem Hinweis «Aus dem Bulletin der Credit Suisse»<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


42<br />

Credit Suisse Invest<br />

Investment Focus<br />

Das Investment Focus ist eine thematische Publikation basierend auf Ideen der Credit Suisse Research Abteilung.<br />

Neben den wichtigsten Fakten zu attraktiven Investmentthemen wird diese Präsentation durch die Vorstellung von passen den<br />

Anlagelösungen ergänzt.<br />

Unterschätzte Ressource<br />

Water<br />

Natürliche Ressourcen, einst frei verfügbar,<br />

werden je länger je mehr zu knappen, ja sogar<br />

zu Luxusgütern.<br />

Trinkwasserreserven beispielsweise verringern<br />

sich zusehends. Grösstenteils lässt<br />

sich dies auf den verschwenderischen Verbrauch<br />

natürlicher Reserven zurückführen<br />

(im selben Zeitraum, in dem sich die Weltbevölkerung<br />

verdoppelt hat, ist der Wasserverbrauch<br />

auf das Vierfache angestiegen). Anderseits<br />

führt auch die globale Erwärmung<br />

zum Abschmelzen der Gletscher (welche einen<br />

Anteil von 69% aller Süsswasserreserven<br />

ausmachen).<br />

Es müssen beträchtliche Investitionen in<br />

die Wasserversorgungsinfrastruktur getätigt<br />

werden um den Wasserverbrauch sparsamer<br />

und effi zienter zu machen. Davon wiederum<br />

profi tieren ausgewählte Unternehmen. Lesen<br />

Sie mehr über Investitionsmöglichkeiten im<br />

Investment Focus Water.<br />

Boomender Luxusgütermarkt<br />

Luxury<br />

Die Anzahl reicher Menschen steigt stetig an<br />

und Wohlstand ist zu etwas geworden, was<br />

nun für eine breitere Bevölkerungsschicht erreichbar<br />

wird. Luxus bezeichnet etwas das<br />

über das übliche Mass (den Standard) hinausgeht<br />

und ist für einige erstrebenswert,<br />

nicht aber erreichbar, für andere jedoch eine<br />

Möglichkeit seinen Erfolg auszudrücken.<br />

Ein Schlüsselaspekt einer Luxusmarke ist<br />

das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer grossartigen,<br />

wertvollen Tradition. Alter und eine<br />

«Story» sind Voraussetzungen für die Schaffung<br />

einer solchen Marke und genau diese<br />

schaffen Markteintrittsbarrieren.<br />

Es gibt einige Möglichkeiten wie sie in<br />

diesen Markt investieren können über die sie<br />

mehr im Investment Focus Luxury erfahren<br />

können.<br />

Auf der Überholspur<br />

Emerging Markets<br />

Emerging Markets (EM) wurden lange Zeit<br />

unterschätzt und von Investoren als zu riskant<br />

eingestuft. Das Bild der EMs hat sich in den<br />

letzten Jahren jedoch drastisch geändert, dies<br />

vor allem aufgrund der hohen Dynamik<br />

dieser Länder.<br />

EMs zeigen hohe Eigenkapitalrenditen<br />

und starke makroökonomische Daten. Durch<br />

politische Stabilität und eine vernünftige<br />

Geld- und Konjunkturpolitik haben sie das<br />

Vertrauen vieler Anleger gewonnen. Sie entkoppeln<br />

sich immer mehr vom Wirtschaftswachstum<br />

in den westlichen Ländern und<br />

legen ein eigenes Tempo vor.<br />

Im Investment Focus Emerging Markets<br />

zeigen wir Ihnen die interessantesten Regionen<br />

und wie sie an deren Aufwärtstrend<br />

partizipieren können.<br />

Die Credit Suisse bietet eine breite Palette an Anlagelösungen wie<br />

Strukturierte Produkte, Alternative Anlagen, Foreign Exchange<br />

Produkte und Mutual Funds zu diesen und weiteren Themen an.<br />

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Ihren persönlichen<br />

Kunden berater oder an untenstehenden Kontakt.<br />

Kontakt Maria Dolores Lamas, Managing Director, Head of Financial<br />

Products & Investment Advisory<br />

Telefon +41 44 333 31 22<br />

E-Mail structured.investments@credit-suisse.com<br />

Internet www.credit-suisse.com/structuredproducts<br />

Intranet http://buffet.csintra.net/focus<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Wirtschaft<br />

43<br />

Wissenswert Aus dem ABC der Finanzwelt<br />

Waves and Ripples<br />

Kurzfristige Marktbewegungen<br />

und ihre Auswirkungen<br />

In der Finanzwelt gibt es viele Metaphern, die auf das Meer zurückgehen. Sie wurden<br />

in den Dreissigerjahren von Robert Rhea, einem der ersten Marktanalysten, geprägt.<br />

Langfristige Marktbewegungen werden zum Beispiel als «Tides» (Gezeiten) bezeichnet<br />

und die tägliche Bewegung des Marktes als «Wave» (Welle). Investoren, die sich täglich<br />

mit dem Markt beschäftigen, beobachten also die täglichen Wellen des Marktes.<br />

Kurzfristige Markt bewegungen werden «Ripples» genannt. Man könnte den Ausdruck<br />

als Kräuselung oder Wellung übersetzen, doch ein Ripple kann mehr sein als ein Kräuseln<br />

des Wassers. Wie bei einem ins Wasser geworfenen Stein, der weite Ringe an<br />

der Wasseroberfl äche ziehen kann, können einzelne Ereignisse weitreichende Konsequenzen<br />

haben. Solche Konsequenzen nennt man «Ripple Effects». Ein aktuelles Beispiel<br />

ist die Subprime-Krise. Das Geschehen in den USA hat weltweit Ripple Effects zur<br />

Folge gehabt. Auch die momentan ansteigenden Konsumgüterpreise sind ein Ripple<br />

Effect der teureren Rohstoffe. jbo<br />

Fotos: Walter Bibikow, Getty Images | Yellow Dog Productions, Getty Images | Getty Images | Steven Puetzer, Prisma<br />

Shark Watchers<br />

Firmen, die An- und Verkäufe<br />

von Aktien beobachten<br />

Flipper<br />

Investoren, die auf schnelle<br />

Gewinne setzen<br />

«Whale Watching» ist ein bekannter Sport tierliebender Abenteurer. Analog gibt es<br />

natürlich auch ein «Shark Watching», das es Haifreunden erlaubt, ihre Lieblinge zu beobachten.<br />

Aber hier geht es nicht um eine Tour hinaus aufs Meer. Die Haifi sch-Metapher<br />

ist in der Finanzwelt weit verbreitet. So gibt es neben «Finanzhaien» auch «Haifi sch-<br />

Beobachter», Shark Watchers. Das sind Firmen, die den Handel mit Aktien beobachten.<br />

Sie verfolgen die Bewegungen der Aktie ihres Kunden im Markt und analysieren die<br />

An- und Verkäufe dieser Aktie. Ziel ist es, Parteien zu identifi zieren, die Aktien anhäufen,<br />

um so eine unerwünschte Übernahme möglichst schnell zu erkennen. Das ermöglicht<br />

dem Kunden eine rechtzeitige Abwehr.<br />

Zur Abwehr gibt es spezifi sche Massnahmen, die man Shark Repellents, also Haifi<br />

schabwehr, nennt. Beispiele für solche Abwehrmethoden sind «Safe Harbour»-Strategien.<br />

Hierbei kann sich zum Beispiel eine Firma A, die fi nanziell nicht gut genug dasteht,<br />

um einen nötigen Kredit aufnehmen zu können, mit der Firma B zusammentun, die besser<br />

gestellt ist. B nimmt also den Kredit auf, leiht ihn an A weiter und kann gleichzeitig von<br />

einer Steuer erleichterung profi tieren. Trotz der guten Absicht, die hinter Shark Repellents<br />

steckt, sind diese nicht immer erfolgreich, da sie zur Schwächung eines Unternehmens<br />

führen können. jbo<br />

Wir erinnern uns: Flipper war der freundliche Delfi n, der in den Siebzigerjahren die Kinder<br />

vor den Bildschirm lockte. Die Flipper der Finanzwelt sind nicht so freundlich. Flipper<br />

sind Händler, die den schnellen Gewinn suchen. Sie halten eine Aktie oft nur kurz, zwischen<br />

24 und 48 Stunden, oder handeln mit IPO-Aktien bereits vor dem Börsengang,<br />

um selbst dann Gewinne zu erzielen, wenn die Aktie noch Startschwierigkeiten hat.<br />

Flipper sind durch ihren täglichen Einsatz sehr anfällig auf kurzfristige Marktbewegungen.<br />

Sie können an einem Tag ein Vermögen machen und es am nächsten wieder verlieren.<br />

Ihre Strategie ist das Gegenteil derjenigen von Warren Buffett. Sie beobachten eine<br />

Aktie nicht über Jahre und investieren dann langfristig. Sie zeichnen sich eher durch<br />

Spekulationen auf schnelle Gewinne aus.<br />

Obgleich Hollywood den Unterhaltungswert von Flippern erkannt hat und mit deren<br />

Darstellung in Filmen immer wieder die Kassen füllt, verlieren die Flipper in der wirklichen<br />

Welt meist mehr, als sie gewinnen. So haben sie mit unserem nassen Serien-Freund vor<br />

allem Folgendes gemeinsam: Sie sind schnell, tauchen überall da auf, wo etwas läuft,<br />

und machen nebst bemerkenswerten Saltos nicht selten grandiose Bauchlandungen. jbo<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


44<br />

Wirtschaft KMU<br />

Wird Wissen trotz<br />

Datenflut knapp?<br />

Wissen<br />

Informationen<br />

Daten<br />

Erkennen/Erfahren von Muster<br />

Erkennen/Erfahren von Zusammenhang<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Wirtschaft KMU<br />

45<br />

In der modernen Wissensgesellschaft wird Wissen immer mehr zur zentralen<br />

Ressource der Wirtschaft und zu einer Grundlage des Zusammenlebens.<br />

Das bestätigt auch die diesjährige KMU-Umfrage der Credit Suisse, die ganz im<br />

Zeichen des Megatrends Wissensgesellschaft steht.<br />

Text: Christian Etzensperger und Claude Maurer, Credit Suisse Economic Research<br />

Historisch unterscheidet man anhand des<br />

dominanten Produktionsfaktors zwischen<br />

Agrar-, Industrie- und Wissensgesellschaft.<br />

In der Agrargesellschaft war der Boden die<br />

dominante Ressource. Er blieb es bis weit<br />

ins 19. Jahrhundert hinein. Die darauffolgende<br />

Industriegesellschaft fusste anfangs<br />

auf dem Faktor Arbeit. Als die Arbeitskräfte<br />

knapp wurden, substituierte man sie sukzessive<br />

durch Maschinen, für deren Antrieb<br />

man natürliche Ressourcen einsetzte. In<br />

der Schweiz wurde man bezüglich Bodenschätzen<br />

kaum fündig. Dank gutem Bildungs<br />

sys tem ( Volksschule, Hochschulen,<br />

Berufslehre) war hingegen die Ressource<br />

Human kapital nicht knapp.<br />

Deshalb setzte die Tertiarisierung, der Wandel<br />

von der Industrie- über die Dienst leistungs-<br />

zur Wissensgesellschaft, hierzu lande<br />

früh ein. Einerseits wurden Dienst leis tun gen<br />

im Vergleich zu Produkten immer wichtiger.<br />

Auch wurden Produkte zunehmend von<br />

Dienstleistungspaketen begleitet, die mehr<br />

Wertschöpfung generierten als die Produkte<br />

selbst. Andererseits wurden Dienst leis tungen<br />

technologischer. Unter steigendem Kostendruck<br />

setzte die Standardisierung und<br />

Automatisierung von Dienstleistungen ein,<br />

was die Wissensintensität auch erhöhte.<br />

Kennzeichnendes Merkmal der Wissensgesellschaft<br />

ist eine noch nie dagewesene<br />

Datenflut. Gibt man bei Google beispielsweise<br />

«Wissen» ein, erscheinen mehr als<br />

100 Millionen Einträge. Würde ein Erwerbstätiger<br />

pro Sekunde seiner Arbeitszeit jeweils<br />

die Information eines Eintrags erfassen,<br />

so wäre er damit über 20 Jahre lang<br />

beschäftigt. Wie viele zusätzliche Einträge<br />

bis dann bestünden, ist kaum abzuschätzen.<br />

Auch dies ist bezeichnend für die Wissensgesellschaft:<br />

Die Welt ist unübersichtlich<br />

geworden.<br />

Trotz der Datenflut ist Wissen eine knappe<br />

Ressource geblieben. Der Kontrast zwischen<br />

Datenflut und knappem Wissen wirkt<br />

nur auf den ersten Blick paradox. Rohe<br />

Daten sind eine blosse Ansammlung von<br />

Symbolen, eine a priori sinnleere Flut von<br />

Einsen und Nullen. Diese Daten müssen zuerst<br />

in einen Zusammenhang gebracht werden,<br />

womit sie zu Informationen werden.<br />

Auch Informationen sind keineswegs<br />

knapp. Informationsfirmen wie Bloomberg<br />

oder Reuters speisen sie unablässig in ihre<br />

Kanäle ein. Unzählige Informationen werden<br />

täglich bekannt gegeben, übermittelt, gedruckt,<br />

hochgeladen oder präsentiert. Wissen<br />

ist aber nicht gleich der Summe solcher<br />

Informationshäppchen.<br />

Hartes und weiches Wissen<br />

Wissen impliziert nämlich stets die Fähigkeit,<br />

eine Prognose zu machen, also eine Aussage,<br />

die über das hinausgeht, was in einer<br />

Information schon steht. Wissen beinhaltet<br />

also das Erkennen von Mustern und Gesetzmässigkeiten.<br />

Weiter können hartes,<br />

fakti sches Wissen und weiches, auf Erfahrung<br />

beruhendes Wissen unterschieden<br />

werden. Hartes Wissen kann formuliert ><br />

Standardisierung von Dienstleistungen<br />

Wie beurteilen Sie den Ausbildungsstand Ihrer Mitarbeitenden?<br />

Fast 80 Prozent der KMU erachten den Ausbildungsgrad ihrer Mitarbeitenden als gut<br />

oder sogar sehr gut. Quelle: Credit Suisse Economic Research KMU-Umfrage 20<strong>08</strong><br />

20% Sehr gut ausgebildet<br />

3% Weiss nicht/Keine Angabe<br />

2% Ungenügend ausgebildet<br />

18% Genügend ausgebildet<br />

Geschäftsleitung<br />

Mitarbeitende<br />

Projektleiter/Abteilungschef<br />

Keine spezielle Person/Instanz<br />

Eine spezielle Abteilung<br />

57% Gut ausgebildet<br />

Wer ist in Ihrem Unternehmen zuständig für Innovationen?<br />

Innovation ist Chefsache: 84 Prozent der Befragten siedelten die Wissensentstehung<br />

bei der Direktion an. Quelle: Credit Suisse Economic Research KMU-Umfrage 20<strong>08</strong><br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


46<br />

Wirtschaft KMU<br />

Chancen und Risiken der Megatrends<br />

Erachtete 2007 noch eine Mehrheit die Globalisierung als Risiko, überwiegen heute<br />

die positiven Stimmen. Quelle: Credit Suisse Economic Research KMU-Umfrage 20<strong>08</strong><br />

Technologie<br />

Wissensgesellschaft<br />

Wertewandel<br />

Globalisierung<br />

Demografie<br />

Ressourcenknappheit<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%<br />

eher Chancen weder noch eher Risiken<br />

Hitparade der Megatrends Die Megatrends der Zukunft bergen für die<br />

kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mehr Chancen als Risiken.<br />

Dies zeigt die diesjährige Umfrage der Credit Suisse unter knapp<br />

1600 KMU. Der Optimismus ist mit der Hochkonjunktur leicht gestiegen.<br />

52 Prozent (Vorjahr: 48 Prozent) der KMU bewerten die Auswirkungen<br />

der sechs Megatrends (technologischer Fortschritt, Wissens gesellschaft,<br />

Wertewandel, Globalisierung, Demografie und Ressourcenknappheit)<br />

zusammengenommen als chancenreich. Für knapp<br />

25 Prozent (Vorjahr: 29 Prozent) überwiegen die Risiken. Dies ergibt<br />

einen Überhang (Chancen minus Risiken) an optimistischen Antworten<br />

von 27 Prozent (Vorjahr: +19 Prozent). Vor allem die Globalisierung<br />

wird in der aktuellen Umfrage deutlich optimistischer eingeschätzt als<br />

letztes Jahr. 2007 wurde sie noch überwiegend als Risiko gesehen;<br />

20<strong>08</strong> sind nun aber die Optimisten in der Überzahl. Die Tatsache,<br />

dass viele Unternehmen angesichts des ausgetrockneten Schweizer<br />

Arbeitsmarkts Personal nur im Ausland rekrutieren konnten, dürfte<br />

diesen Stimmungsaufschwung mit beeinflusst haben. Pessimistischer<br />

eingeschätzt als 2007 wird einzig die Ressourcenknappheit. Für<br />

dieses Verdikt dürfte hauptsächlich die Rohstoffpreisentwicklung<br />

verantwortlich sein.<br />

Als am chancenreichsten wird der technologische Fortschritt eingeschätzt.<br />

Beinahe 80 Prozent der KMU stimmt er optimistisch.<br />

Auch in der Wissensgesellschaft – dem diesjährigen Schwerpunktthema<br />

– erkennen die KMU überwiegend Chancen. Der Überhang<br />

an zuversichtlichen KMU beträgt beinahe zwei Drittel. In der Tat spricht<br />

einiges für diesen Optimismus, wie Sie der Studie entnehmen<br />

können. Ebenfalls als wirtschaftlich positive Entwicklung werden der<br />

facettenreiche Wertewandel sowie der Aufsteiger des Jahres 20<strong>08</strong> –<br />

die Globalisierung – taxiert. Hinsichtlich des Mega trends Demografie<br />

halten sich Chancen und Risiken die Waage. Bezüglich der Ressourcenknappheit<br />

fallen die Umfrageergebnisse dagegen pessimistisch<br />

aus. Für eine Mehrheit der KMU überwiegen die Risiken bei<br />

diesem Megatrend.<br />

und etwa in einer Betriebsanleitung niedergeschrieben<br />

werden. Damit ist es konservierbar<br />

und transportierbar und letztlich auf<br />

eine andere Person übertragbar. Weiches<br />

Wissen hingegen ist intuitiv und entzieht<br />

sich der geschlossenen Form einer Anleitung<br />

oder eines Lehrbuches. Weiches<br />

Wissen dreht sich ums Know-how, nicht<br />

ums Know-what. Fahrradfahren ist ein anschauliches<br />

Beispiel hierfür.<br />

Konsequenzen für die Unternehmen<br />

Bevor das Internet zu einer Selbstverständlichkeit<br />

wurde, galten die Konzentration und<br />

der einfachere Austausch von In for ma tio nen<br />

als eigentliche Begründung für die Exis tenz<br />

der Unternehmung. Daten und Informationen<br />

waren knappe Güter, mit denen man in<br />

abgeschotteten Forschungs- und Entwicklungsabteilungen<br />

(F& E) hantierte. Die damaligen<br />

Wissensarbeiter waren eine Elite in<br />

weissen Kitteln, die das eingezäunte Gärtchen<br />

ihrer Kompetenz sorgsam pflegten. Generierte<br />

die Forschung eine gewinnversprechende Innovation,<br />

wurde diese wenn möglich mit einem<br />

Patent vor Trittbrettfahrern geschützt. In der<br />

Wissensgesellschaft, wo Wikipedia, Google,<br />

Open Source und Time to Market längst Eingang<br />

in den Sprach gebrauch gefunden haben,<br />

wirkt das (karikierte) F& E-Modell antiquiert.<br />

Sicher ist, dass die Veränderung der Umwelt<br />

Anpassungen innerhalb der Unternehmung<br />

erfordert. Dank virtueller Vernetzung und<br />

globaler Datenflut ist nicht mehr die Information<br />

an sich der Flaschenhals, sondern<br />

ihre durch menschliche Intelligenz gefilterte<br />

und aufbereitete Form, das Wissen. Innovationen<br />

in diesen Prozessen sind folglich die<br />

künftigen Erfolgsfaktoren.<br />

Für den Schritt in die Wissensökonomie<br />

sind qualifizierte Arbeitskräfte zwingend. In<br />

der Schweiz scheint diese Voraussetzung<br />

erfüllt. Knapp vier von fünf KMU gaben in<br />

der diesjährigen KMU-Umfrage an, dass<br />

der Bildungsstand ihrer Mitarbeitenden, gemessen<br />

an deren Tätigkeit bzw. Funktion,<br />

gut bis sehr gut ist. Arbeitskräfte sind aber<br />

derzeit knapp. Auch hier ist das Verdikt eindeutig:<br />

84 Prozent der KMU bekunden momentan<br />

Schwierigkeiten, eine freie Stelle<br />

innert vernünftiger Frist zu besetzen. Beinahe<br />

die Hälfte bewertet diese Schwierigkeiten<br />

sogar als sehr gross.<br />

Trotzdem stimmt der Megatrend Wissensgesellschaft<br />

die KMU optimistisch (siehe<br />

Textbox). In der Tat spricht einiges für diesen<br />

Optimismus. Das kapitalintensive F&E-Modell<br />

lag für die meisten KMU aufgrund der<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


fehlenden Finanzkraft immer schon ausser<br />

Reichweite. Laut Umfrage können oder wollen<br />

sich nur drei Prozent der KMU eine spezielle<br />

Abteilung leisten. Die kurzen Wege in<br />

der KMU und die Vernetzung erweisen sich<br />

als Wettbewerbsvorteile in der modernen<br />

Wissensgesellschaft. Die Umfrage zeigt<br />

aber: Die KMU spielen ihre Vorteile nicht<br />

genügend aus.<br />

Laut Umfrage gilt die Wissensentstehung<br />

in den KMU als Chefsache. 84 Prozent<br />

der Befragten äussern sich entsprechend.<br />

Chefsache wird aber allzu wörtlich genommen.<br />

Nur 36 Prozent antworten, dass sie<br />

die Mitarbeitenden in die Wissensentstehung<br />

einbeziehen (Mehrfachnennungen<br />

möglich). Es ergibt aber keinen Sinn, sich<br />

ausschliesslich auf das Wissen Einzelner<br />

abzustützen. Denn genauso wie im Internet<br />

Informationen breit gestreut sind, verteilen<br />

sich im Unternehmen Wissen und gute<br />

Ideen über sämtliche Mitarbeitende. Die<br />

Umfrage zeigt auch, dass die KMU eine zu<br />

technologische Sicht der Innovationen haben.<br />

Das Potenzial der Prozessinnovationen<br />

wird unterschätzt. Die Mehrheit der KMU<br />

setzt auf Produktinnovationen, mehr als ein<br />

Drittel sogar ausschliesslich.<br />

design made in germany<br />

Fazit: Know-how statt Know-what<br />

Wissen wird nicht knapp. Allerdings hat es<br />

sich auch nicht dramatisch vermehrt, wie die<br />

Expansion des Internets und die digitale<br />

Datenflut glauben machen könnten. Vielmehr<br />

hat die Datenflut traditionelle Strategien<br />

und Methoden der Wissensgewinnung<br />

obsolet gemacht. Darauf müssen die Unternehmen<br />

reagieren. Den im Vergleich zu<br />

Grosskonzernen agilen KMU dürfte dies<br />

wenig Kopfzerbrechen bereiten. Dennoch<br />

kann festgehalten werden, dass der bewusste<br />

Umgang mit der Ressource Wissen<br />

noch wenig entwickelt ist. Besonders in<br />

Bezug auf Pro zess innovationen sowie den<br />

Einbezug aller Mitarbeitenden besteht unausgeschöpftes<br />

Potenzial. Deshalb will die<br />

Credit Suisse am Schluss der Studie den<br />

KMU mit konkreten Handlungsempfehlungen<br />

beratend zur Seite stehen. <<br />

Modus Executive 284/81<br />

Klare Haltung in jeder Position.<br />

Modus Executive ist seit 14 Jahren ein Garant für Form,<br />

Funktion und Ergonomie. Rücken, Sitz und Armlehne<br />

sind in feinstem Leder eingefasst. Sie können sich auf<br />

luxuriösen Sitzkomfort einstellen.<br />

Die KMU-Umfrage wurde Ende Januar 20<strong>08</strong><br />

im Rahmen des «Forums Zukunft KMU»<br />

lanciert. An der Umfrage nehmen sowohl<br />

Kunden als auch Nichtkunden der Credit<br />

Suisse teil. Die jährlich erscheinende<br />

Publikation dazu finden Sie im Internet<br />

unter www.credit-suisse.com/research<br />

(Schweizer Wirtschaft/Branchen).<br />

www.wilkhahn.ch


48<br />

Wirtschaft Island<br />

Stürmische Zeiten<br />

für Island<br />

BIP<br />

Krónur<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Wirtschaft Island 49<br />

Island durchlebte in den vergangenen Jahren eine Achterbahnfahrt. Insbesondere in<br />

den Jahren 2005 und 2006 liess die boomende Wirtschaft den Wohlstand und den<br />

Konsum, aber auch die Nachfrage ausländischer Investoren nach isländischen Aktien<br />

und Anleihen in die Höhe schiessen. Diesem Höhenflug setzte die internationale<br />

Hypothekenkrise ein schmerzhaftes vorzeitiges Ende.<br />

Text: Sven Schubert, FX Research, und Elena Guglielmin, Credit Research<br />

Island zählt zu den reichsten Ländern der<br />

Erde, wenn man das Bruttoinlandsprodukt<br />

(BIP) pro Kopf als Massstab nimmt. Schenkt<br />

man dem Human Development Report Glauben,<br />

so ist Island sogar das Land mit der<br />

höchsten Lebensqualität vor Schweden und<br />

Norwegen. Islands Ratings, sei es für den<br />

Sovereign selbst oder auch für Unternehmen,<br />

befinden sich auf Augenhöhe mit denen<br />

der industrialisierten Nachbarn. Demnach<br />

sollte kein Zweifel bestehen, dass Island<br />

zu den Industrienationen zu zählen ist.<br />

Allerdings lassen isländische Anlagen in<br />

den letzten Jahren andere Schlussfolgerungen<br />

zu. Seit dem Ausbruch der Hypothekenkrise<br />

im Juli 2007 haben lediglich der<br />

Turkmenistan-Manat, der Guinea-Franc<br />

und die Seychellen-Rupie eine schlechtere<br />

Performance als die Isländische Krone aufzuweisen.<br />

Seitdem wertete die Krone gegenüber<br />

dem US-Dollar um insgesamt 21<br />

Prozent ab.<br />

Die Ergebnisse scheinen noch extremer,<br />

führt man sich vor Augen, dass der US-Dollar<br />

gegenüber den meisten Währungen der<br />

Welt selbst deutlich verloren hat, gegenüber<br />

dem Euro und dem Schweizer Franken zirka<br />

15 Prozent. Die isländische Wirtschaft verzeichnete<br />

in dieser Dekade eine Achterbahnfahrt<br />

mit durchschnittlich zwar hohen Wachstumsraten<br />

von zirka vier Prozent, jedoch<br />

einer äusserst volatilen Inlandsnachfrage,<br />

die in dieser Zeitspanne bereits zwei Kontraktionsphasen<br />

(2001 und 2007) durchlebt<br />

hat. Die erhöhte Volatilität ist auf die stark<br />

gestiegenen makroökonomischen Ungleichgewichte<br />

zurückzuführen. Die Wechselkursvolatilität<br />

steht dem in nichts nach und war<br />

in den letzten Jahren sogar deutlich höher<br />

als die vieler Emerging Markets.<br />

Der isländische Wirtschaftsboom der<br />

Jahre 2004/05 mit Wachstumsraten von<br />

über sieben Prozent wurde von einem<br />

starken Konsum – im Umfeld eines äusserst<br />

engen Arbeitsmarktes mit Arbeitslosenraten<br />

unter vier Prozent – angetrieben. Auch der<br />

starke Zustrom an ausländischen Arbeitskräften<br />

konnte die Situation nicht entspannen,<br />

da das Beschäftigungswachstum ebenfalls<br />

einen hohen Anstieg verzeichnete.<br />

Externe Faktoren erhöhten Verwundbarkeit<br />

Stark gestiegene Immobilienpreise – beeinflusst<br />

durch niedrige Hypothekenzinssätze –<br />

unterstützten den Konsum über eine Beleihung<br />

zukünftiger Erträge ebenfalls. Neben<br />

dem starken Konsum erfuhren Investitionen<br />

starke Impulse. Atemberaubende Investitionsprojekte<br />

in den Aluminium- und Energiesektor,<br />

die auch auf Kritik von Umweltschützern<br />

stiessen, wurden von der Regierung<br />

genehmigt. Des Weiteren haben auch externe<br />

Faktoren zu einem boomenden Konsum<br />

beigetragen. Die hohe Liquidität an den<br />

internationalen Finanzmärkten und der un-<br />

Volatile Krone<br />

Volatilität in %<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Türkei-Krise Brasilien-Krise Herabstufung des<br />

Island-Ratings<br />

00 01 02 <strong>03</strong> 04 05 06 07 <strong>08</strong><br />

Durchschnitt Zentral- und Osteuropa Durchschnitt Lateinamerika<br />

Isländische Krone Durchschnitt G10<br />

gezügelte Appetit internationaler Investoren<br />

sorgten für eine starke Nachfrage nach<br />

Aktien und Anleihen. Insbesondere risikobehaftete<br />

Anlagen wurden verstärkt gesucht,<br />

da diese eine attraktive Risikoprämie<br />

aufwiesen. Neben der Hausse an den internationalen<br />

Aktienmärkten legte auch der<br />

lokale Index OMX ICEX 15 zwischen 20<strong>03</strong><br />

und dem Ausbruch der Hypothekenkrise um<br />

stattliche 500 Prozent zu. Über den gesteigerten<br />

Wohlstand der in Aktien investierten<br />

Isländer war diese Entwicklung auch zuträglich<br />

für stärkeren Konsum.<br />

Auch führten die Privatisierung und die<br />

damit verbundene starke Expansion des<br />

isländischen Bankensektors zu einem deutlich<br />

besseren Zugang zu kreditfinanziertem<br />

Konsum für private Haushalte. Insbesondere<br />

Kredite in Fremdwährung erfreuten<br />

sich grösster Beliebtheit. Starke Kapitalzuflüsse<br />

sorgten für eine signifikante Aufwertung<br />

der Krone von 27 Prozent zwischen ><br />

Die Volatilität der Isländischen Krone war in den letzten Jahren höher als die vieler<br />

Emerging Markets. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse<br />

Turbulenzen im isländischen<br />

Bankenmarkt<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


50<br />

Wirtschaft Island<br />

Isländische Banken Die ungünstigen Marktbedingungen des<br />

vergangenen Jahres haben sich auf die isländischen Banken noch<br />

negativer ausgewirkt als auf andere. Das liegt zum einen an ihrer<br />

überwiegend auf das Grosskundengeschäft ausgerichteten Struktur,<br />

vor allem jedoch an der schlechten Stimmung an den Märkten. Das<br />

Bankensystem in Island ist durch eine starke Konzentration gekennzeichnet.<br />

Das Vermögen der drei grössten kommerziellen Banken<br />

Kaupthing, Glitnir und Landsbanki macht zusammen knapp 90<br />

Prozent des Gesamtvolumens aus. Doch scheint der Markt für Bankdienstleistungen<br />

übersättigt; eine Konsolidierung hat bisher<br />

kaum stattgefunden. Das Geschäftsmodell der Grossbanken beruht<br />

überwiegend auf dem Grosskundengeschäft. Das Handelseinkommen<br />

ist in den vergangenen zwei Quartalen aufgrund schwieriger<br />

Marktbedingungen zurück gegangen. Die grundlegenden<br />

Gewinne aus dem Kern geschäft der drei Banken zeigen aber weiterhin<br />

ein solides Wachstum; darüber hinaus haben die Institute ihre<br />

Anlagenbasis verbreitert. Die Qualität der Anlagen ist solide, Risiken<br />

aus dem Geschäft mit Subprimes und komplexen Paketen sind<br />

vernachlässigbar. Die Expansion ins Ausland hat vor allem bei<br />

Kaupthing die Einnahmen diversifizierung gefördert, wodurch das<br />

Institut gut vor Marktschwankungen geschützt ist. Ausserdem<br />

zeichnen sich die isländischen Banken durch hohe Kosteneffizienz<br />

und eine solide Kapitalausstattung aus. Die Liquidität – im Grosskundengeschäft<br />

der entscheidende Faktor – ist bei den drei grössten<br />

Banken solide bis hoch. Trotz ihrer insgesamt gesunden Grundlage<br />

sind die isländischen Banken nervösen Reaktionen der Märkte<br />

ausgesetzt, vor allem aufgrund der Befürchtung, die Institute<br />

könnten angesichts ihrer dominierenden Grösse in der heimischen<br />

Wirtschaft im Bedarfsfall nicht von der Regierung aufgefangen<br />

werden. Inzwischen hat sich die Stimmung leicht gebessert, gleichzeitig<br />

hat die isländische Regierung begonnen, vorausschauender<br />

auf die Ungleichgewichte in der heimischen Wirtschaft zu reagieren.<br />

Anstieg der Volatilität. Der Auslöser ist an<br />

ers ter Stelle bei makroökonomischen Ungleichgewichten<br />

zu suchen, die eine grosse<br />

Angriffsfläche für externe Schocks bieten.<br />

Das hohe Leistungsbilanzdefi zit von derzeit<br />

15 Prozent wird vornehmlich über so<br />

genannte Portfolioinvestitionen (Aktien- und<br />

Anleihenzufl üsse) fi nanziert. Diese weisen<br />

eine deutlich höhere Volatilität auf als Direktinvestitionen.<br />

Während Port folio inves ti tio nen<br />

schnell liquidierbar sind und relativ sensibel<br />

auf die Entwicklungen an den internationalen<br />

und isländischen Finanzmärkten reagieren,<br />

haben Nettodirektinvesti tionen (NDI) ein<br />

strategisches Anlageziel. So fallen beispielsweise<br />

Mehrheitsbeteiligungen ausländischer<br />

Investoren an isländischen Unternehmen sowie<br />

«Investitionen auf der grünen Wiese» in<br />

diese Kategorie. NDI sind demnach nicht so<br />

schnell liquidierbar und reagieren weniger<br />

sensibel auf temporäre Veränderungen an<br />

Finanzmärkten.<br />

Der Auslöser für den erneuten Verfall der<br />

Isländischen Krone seit Anfang 20<strong>08</strong> ist<br />

jedoch insbesondere im Zusammenhang<br />

mit den Turbulenzen im isländischen Bankensektor<br />

zu suchen. Ausländische Banken<br />

verlangen für Kredite an isländische Banken<br />

mittlerweile eine deutliche Risikoprämie,<br />

die dazu geführt hat, dass die Zinsdifferenz<br />

zwischen Island und dem Ausland<br />

geschrumpft ist.<br />

Keine Erholung der Krone vor 2009<br />

2000 und 2005 und somit für eine Besserstellung<br />

der im Ausland verschuldeten Haushalte,<br />

was wiederum zu einem Anstieg des<br />

Konsums und des real verfügbaren Einkommens<br />

führte.<br />

Stark betroffen von der Hypothekenkrise<br />

In den Jahren 2006 und 2007 zeigte die isländische<br />

Wirtschaft Anzeichen einer Überhitzung,<br />

die Infl ation stieg auf über neun Prozent.<br />

Zusätzlich stiegen die makroökonomischen<br />

Ungleichgewichte der isländischen<br />

Volkswirtschaft. Der starke Konsum und die<br />

grossen Investitionsprojekte sorgten in Kombination<br />

mit einer niedrigen isländischen<br />

Sparquote für stark ansteigende Importe<br />

und somit für ein steigendes Leistungsbilanzdefizit,<br />

das auf internationalen Finanzmärkten<br />

finanziert werden musste. Ende 2006<br />

erreichte das Defizit extreme 25 Prozent im<br />

Verhältnis zum BIP. Die Isländische Zentralbank<br />

reagierte zwar und erhöhte den Leitzinssatz<br />

seit 2004 um zirka zehn Prozent auf<br />

nunmehr 15,5 Prozent, allerdings blieb der<br />

Effekt auf das Kreditwachstum vorerst beschränkt,<br />

denn die Hypothekarkreditsätze<br />

blieben im selben Zeitraum nahezu konstant.<br />

Der stockende Transmissionsmechanismus<br />

erklärt sich einerseits durch die Tatsache,<br />

dass Hypothekenzinssätze in Island für eine<br />

deutlich längere Zeitperiode fixiert sind als<br />

in vielen anderen Ländern. Anderseits sorgte<br />

der Wettkampf um Marktanteile zwischen<br />

den Privatbanken und dem staatlichen<br />

Housing Financing Fund (HFF) für anhaltend<br />

niedrige Zinsen.<br />

In einem Umfeld überschüssiger Liquidität<br />

auf den internationalen Finanzmärkten<br />

Mitte der Dekade und hohem Risikoappetit<br />

internationaler Investoren stellte sich die<br />

Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits als<br />

relativ einfach dar. Der Ausbruch der Hypothekenkrise<br />

änderte jedoch die isländischen<br />

Bedingungen deutlich und brachte die Isländische<br />

Krone und den Bankensektor eindeutig<br />

unter Druck.<br />

Die Isländische Krone verzeichnete in<br />

den vergangenen Jahren einen enormen<br />

Um die Isländische Krone auf dem derzeitigen<br />

Niveau zu stabilisieren, könnten weitere<br />

Zinserhöhungen notwendig werden, gar<br />

bis zu 20 Prozent. Positiv zu werten ist die<br />

Tatsache, dass die Isländische Zentralbank<br />

ihre Devisenreserven kürzlich deutlich aufgestockt<br />

hat. Skandinavische Zentralbanken<br />

haben ihr zusätzlich Kreditlinien eingeräumt.<br />

Dies hat sicherlich eine noch stärkere<br />

Korrektur der Krone verhindert.<br />

Entscheidend für eine Erholung der Krone<br />

wird jedoch die Entwicklung des isländischen<br />

Bankensektors sein. Die Liquiditätssituation<br />

der Banken muss durch die<br />

Zentralbank weiter verbessert werden. Allerdings<br />

erwarten wir auch, dass erst dann<br />

mit einer nachhaltigen Aufwertung gerechnet<br />

werden kann, wenn die Hypo theken krise<br />

keine Belastung mehr für die Finanzmärkte<br />

darstellt und die isländische Wirtschaft über<br />

eine anhaltend restriktive Geldpolitik verfügt,<br />

die die makroökonomischen Ungleichgewichte<br />

weiter reduziert. Damit ist allerdings<br />

nicht vor 2009/2010 zu rechnen. <<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


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52<br />

Wirtschaft Weltweite Infl ation<br />

Stärkere Inflation in den<br />

Schwellenländern<br />

Eine Tankfüllung oder Heizöllieferung kostet heute wesentlich mehr als noch vor ein<br />

paar Monaten. In vielen Ländern werden Güter des täglichen Bedarfs, darunter<br />

Nahrungsmittel, immer teurer. Das spiegelt sich in den weltweit steigenden Inflationsraten.<br />

Ein Trend, der seinen Preis fordert – aber nicht überall den gleich hohen.<br />

Europa<br />

+6%<br />

China<br />

+22.1%<br />

Text: Marcel Thieliant, Research Analyst, Zürich<br />

Steigende Nahrungsmittel- und Energiepreise<br />

spiegeln die Entwicklung auf den<br />

Weltmärkten wider und sind derzeit die treibenden<br />

Kräfte für die höhere Inflation. Nicht<br />

nur der Ölpreis hat sich seit 2001 nahezu<br />

versiebenfacht, auch die Weltmarktpreise<br />

für Nahrungsmittel haben sich im gleichen<br />

Zeitraum fast verdoppelt. In der Folge hat<br />

sich die Inflation weltweit beschleunigt, insbesondere<br />

in Schwellenländern wie China<br />

und Brasilien.<br />

Dort sind die Inflationsraten deutlich höher<br />

als in den anderen Ländern, was teilweise<br />

damit zu tun hat, dass die Konsumenten in<br />

Schwellenländern einen höhe ren Anteil ihres<br />

Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben<br />

als in hoch entwickelten Ländern. In China<br />

stiegen die Nahrungsmittelpreise im April<br />

gegenüber dem Vorjahr um 22,1 Prozent,<br />

verglichen mit nur 6 Prozent im Euroraum.<br />

Dies lässt sich damit erklären, dass die<br />

Preise des Nahrungsmitteleinzelhandels<br />

auch von anderen Faktoren abhängen; hierzu<br />

gehören etwa die Miete des Geschäftslokals,<br />

die Löhne der Angestellten oder jene<br />

der Fabrikangestellten. Weil die Löhne und<br />

Mieten in den Indu strieländern einen grösseren<br />

Einfluss auf die Nahrungsmittelpreise<br />

haben, sind die Preise des Nahrungsmitteleinzelhandels<br />

im Euroraum weniger stark<br />

gestiegen als die weltweiten Preise.<br />

Die Spekulation wurde als Grund für den<br />

steilen Anstieg der Nahrungsmittelpreise<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Wirtschaft Weltweite Infl ation 53<br />

angeführt, aber im Wesentlichen liegen den<br />

Preissteigerungen fundamentale Faktoren<br />

zugrunde. Auf der Nachfrageseite haben<br />

die Konsumenten in den Schwellenländern<br />

mit zunehmendem Wohlstand ihre Ernährungsgewohnheiten<br />

geändert. Der Durchschnittsverbrauch<br />

an Fleisch, dessen Produktion<br />

besonders viel Getreide und Wasser<br />

beansprucht, hat in den Schwellenländern<br />

rasant zugenommen.<br />

Auf der Angebotsseite verzeichneten<br />

mehrere Kulturpflanzen in den letzten Jahren<br />

stagnierende oder sogar rückläufige Ernten,<br />

was teilweise auf Klimaänderungen zurückzuführen<br />

ist. Historisch gesehen folgen die<br />

Inlandspreise für Nahrungsmittel nicht immer<br />

den weltweiten Preisschwankungen.<br />

Das liegt zum Teil an regulatorischen Verzerrungen<br />

wie Subventionen und Zöllen sowie<br />

der damit verbundenen Abschottung der<br />

inländischen Nahrungsmittelpreise von der<br />

Entwicklung auf den Weltmärkten. Dennoch<br />

war der zuletzt starke Anstieg der weltweiten<br />

Nahrungsmittelpreise in den meisten<br />

Ländern mit einer deutlichen Zunahme der<br />

Nahrungsmittelinflation verbunden.<br />

Die höheren Ölpreise lassen sich weitgehend<br />

mit einer nach wie vor robusten Konjunktur<br />

in vielen Schwellenländern erklären,<br />

auch wenn sich das Wachstum in den USA<br />

und anderen Industrieländern verlangsamt<br />

hat. Die trotz markant gestiegener Preise<br />

starke Nachfrage aus den Schwellenländern<br />

ist zumindest teilweise darauf zurückzuführen,<br />

dass viele Entwicklungsländer versucht<br />

haben, die Inlandspreise durch Subventio nen<br />

nach oben zu begrenzen, um ihre Volkswirtschaften<br />

vor der Entwicklung auf den internationalen<br />

Energiemärkten abzuschirmen. In<br />

China beispielsweise haben sich die Benzinpreise<br />

seit 2000 nur verdoppelt, während sie<br />

in den USA fast um das Dreifache gestiegen<br />

sind. Die Ölnachfrage dürfte sich abschwächen,<br />

sobald sich die Konsumenten anstelle<br />

von künstlich tief gehaltenen Inlandspreisen<br />

mit Preisen konfrontiert sehen, die näher am<br />

Weltmarktniveau liegen. Dies sollte überdies<br />

helfen, das Nachfragewachstum einzudämmen<br />

und weitere Preisanstiege zumindest<br />

kurzfristig zu begrenzen.<br />

Andererseits sind die Bedenken hinsichtlich<br />

der Vorräte wie schon bei den Nahrungsmitteln<br />

in jüngster Zeit gewachsen. Die Internationale<br />

Energieagentur (IEA) hat angedeutet,<br />

dass sie ihre langfristigen<br />

Vor rats prognosen nach unten korrigieren<br />

werde, was in den letzten Wochen zu einer<br />

markanten Neubewertung der langfristigen<br />

Preiserwartungen geführt hat. Die steigen de<br />

Inflation hat die Kaufkraft amerikanischer<br />

Konsumenten bereits gesenkt. So gaben<br />

die Konsumenten in den USA im ersten<br />

Quartal beispielsweise 109 Milliarden Dollar<br />

für Benzin aus. Dies entspricht einer Zunahme<br />

von rund 30 Prozent gegenüber dem<br />

Vorjahreszeitraum. Die steigen de Inflation<br />

hat auch negative Auswirkungen auf die Gewinne<br />

der Unternehmen, sofern diese die<br />

höheren Faktorkosten nicht weitergeben<br />

können. Insbesondere in den USA, wo sich<br />

die Inlandsnachfrage momentan abschwächt,<br />

bekunden die Unternehmen Mühe, ihre Preise<br />

zu erhöhen.<br />

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass<br />

eine höhere Inflation zu höheren Inflationserwartungen<br />

und somit zu Lohnerhöhungen<br />

führt. Aus höheren Löhnen könnten wiederum<br />

höhere Preise resultieren, falls die Unternehmen<br />

versuchen, ihre Gewinnmargen<br />

zu wahren. Im Extremfall entsteht daraus<br />

eine Lohn-Preis-Spirale.<br />

Es gibt mehrere Gründe, weshalb das<br />

Risiko einer länger anhaltenden Inflation in<br />

den Schwellenländern grösser ist. Die Löhne<br />

sind nach wie vor niedrig, und oft mangelt<br />

es an qualifiziertem Personal. Demgegenüber<br />

sehen sich Arbeitnehmer in den Industrieländern<br />

weiterhin einem internationalen<br />

Wettbewerb ausgesetzt, was ihre Lohnforderungen<br />

begrenzen dürfte. Ausserdem haben<br />

Schwellenländer tragen die Hauptlast<br />

Höhere Nahrungsmittelpreise bergen grössere Risiken für Schwellenländer,<br />

da die Bevölkerung ärmer ist und ein grösserer Anteil der Ausgaben auf Nahrungsmittel<br />

entfällt. Quelle: World Bank, inländische Quellen, Credit Suisse<br />

Philippinen<br />

Vietnam*<br />

Thailand*<br />

China<br />

Malaysia*<br />

Indonesien<br />

Südafrika<br />

Brasilien<br />

Euroraum<br />

Indien<br />

USA<br />

sie in den letzten Jahren von einer stabilen<br />

Inflation auf niedrigem Niveau profitiert.<br />

Viele werden deshalb die zurzeit hohen Inflationsraten<br />

als vorübergehendes Phänomen<br />

erachten, das die Realeinkommen zwar<br />

kurzfristig schmälern wird, aber schon bald<br />

wieder nachlassen könnte.<br />

Demgegenüber haben die Konsumenten<br />

in den Schwellenländern in jüngster Zeit immer<br />

wieder Phasen hoher Inflation erlebt<br />

und dürften deshalb befürchten, dass diese<br />

zurückkehren. Nahrungsmittel machen einen<br />

beträchtlichen Anteil am Warenkorb<br />

von armen Konsumenten in den Schwellenländern<br />

aus, weshalb der steile Anstieg der<br />

Nahrungsmittelpreise zu einer existenziellen<br />

Bedrohung werden kann. Aus diesem Grund<br />

dürften die Arbeitnehmer in den Schwellenländern<br />

hartnäckiger Lohnerhöhungen fordern<br />

als in den Industrieländern.<br />

Viele Unternehmen in den Industrieländern<br />

haben die Preise ihrer Produkte zwar<br />

angehoben, um den höheren Faktorkosten<br />

Rechnung zu tragen, aber die meisten konnten<br />

diese Kostensteigerungen wegen der<br />

rückläufigen Nachfrage nicht vollumfänglich<br />

weitergeben. In den meisten Schwellenländern<br />

bleibt der Konsum dagegen robust,<br />

und viele Unternehmen arbeiten an der<br />

Kapazitätsgrenze. Ihnen bieten sich daher<br />

mehr Anreize und Möglichkeiten, die Preise<br />

zu erhöhen. <<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%<br />

Gewichtung von Nahrungsmitteln im Konsumentenpreisindex (KPI)<br />

Bevölkerung mit weniger als 1 Dollar pro Tag in % der Gesamtbevölkerung<br />

(* unter 2%)<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


54<br />

Wirtschaft Digitale Defl ation<br />

Mehr fürs Geld dank<br />

digitaler Deflation<br />

Während die Preise der meisten Rohstoffe steigen, sinken die Kosten des vielleicht<br />

wichtigsten Rohstoffs – Information – rapide. Dieses Phänomen wird als digitale Deflation<br />

bezeichnet, eine Entwicklung, die deflationären Technologien eigen ist.<br />

Text: Steven Soranno, Equity Research Analyst, New York<br />

Digitale Bits sind für die Wirtschaft, was<br />

Nanopartikel für die Physik sind. Schrumpft<br />

Materie grössenmässig unter die «Nanoschwelle»,<br />

ändern sich die Grundregeln der<br />

Physik. Einer wirtschaftlichen Grundregel<br />

zufolge können die Unternehmen für verbesserte<br />

Produkte höhere Preise verlangen,<br />

weil die Konsumenten diesen einen höheren<br />

Wert zuschreiben. Aber Produkte, die mit<br />

der Digitalisierung in Berührung kommen,<br />

sinken im Preis, obwohl sie qualitativ besser<br />

werden. Ein Leitsatz der Informationstechnologie,<br />

das Moore’sche Gesetz, besagt,<br />

dass sich der Preis von Computer- oder<br />

Halbleiterleistung etwa alle 18 Monate halbiert,<br />

was erstaunlicherweise noch immer<br />

Gültigkeit hat. Der Preis für die Speicherung<br />

und Übertragung/Bandbreite von Information<br />

sinkt dennoch viel schneller.<br />

Nehmen wir ein Beispiel neueren Datums:<br />

Das iPhone debütierte 2007 für 599<br />

Dollar. In diesem Jahr folgte ein erheblich<br />

verbessertes Modell – zu einem Drittel des<br />

Preises. Hatte sich Apple beim Preis für das<br />

erste iPhone gründlich verkalkuliert? Nein.<br />

Das Unternehmen schuf mit dem Anfangsmodell<br />

vielmehr eine neue Produktkategorie,<br />

indem es Geräte für den Telefonmarkt produzierte,<br />

diese aber weiterentwickelte und<br />

damit im Wesentlichen den Mobildatenmarkt<br />

auf baute. Im neuen Markt wird Mehrwert<br />

durch Dienstleistungen geschaffen, die über<br />

das digitale Netz bereitgestellt werden.<br />

Apple versucht das Gerät möglichst preiswert<br />

unter möglichst viele Nutzer auf der<br />

ganzen Welt zu bringen. Man verkaufe die<br />

margenstarken Rasierklingen und ver scherble<br />

die margenschwachen Halter umsonst<br />

dazu. Rasierklingen von Gillette entsprechen<br />

den Geschäftsmail-, Werbe- und Spiel-<br />

Diens ten von Apple und Research in Motion.<br />

Das iPhone ist nur ein Beispiel einer digitalen<br />

Umwälzung, die bewirkt, dass etablierte<br />

Industrien durch digitale Technologien<br />

neu erschaffen werden. Die Preise in<br />

diesen Branchen sinken rapide, und wirtschaftlicher<br />

Mehrwert lässt sich viel effizienter<br />

erzeugen. Sinkende Preise bedeuten<br />

aber nicht, dass die Unternehmen unrentabel<br />

werden. In einer Informationswirtschaft<br />

ist die Produktionsleistung direkt mit der<br />

Foto: Apple<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Wirtschaft Digitale Defl ation 55<br />

Rate der Informationsübertragung verbunden.<br />

Höhere Informationsübertragungsraten verbessern<br />

die Ideenerzeugung, Gedankenentwicklung<br />

und Innovation und helfen so, die<br />

Produktivität weltweit zu steigern.<br />

Während die Fundamentaldaten zur Nachfrage<br />

aus den Schwellenländern die globale<br />

Infrastruktur unter Druck setzen, reduziert<br />

das verstärkte digitale Fundament der globalen<br />

Infrastruktur den zugrunde liegenden<br />

Inflationsdruck. So revolutioniert beispielsweise<br />

die Digitalisierung das Bildungsdilemma,<br />

indem sie die Ausbreitung von Bildung<br />

in Regionen ermöglicht, die sich bisher kein<br />

tragfähiges System leisten konnten. Flachbildschirme<br />

und Breitbandanschlüsse, über<br />

die der Unterricht von Lehrern in Südafrika<br />

und Grossbritannien in äthiopische Schulzimmer<br />

übertragen wird, sind nur ein Beispiel.<br />

Während die Entwicklung der Schwellenländer<br />

die weltweite Nachfrage nach Arbeitskräften<br />

erhöht und die Löhne in die<br />

Höhe treibt, vergrössert die erweiterte globale<br />

Bildungsinfrastruktur das Angebot. Ein<br />

höheres Arbeitskräfteangebot dürfte zusammen<br />

mit einer höheren organisatorischen<br />

Produktivität – ermöglicht durch<br />

die Digitalisierung – dafür sorgen, dass die<br />

Weltwirtschaft bedeutend produktiver wird<br />

und dass sich zwischen Arbeitskräfteangebot<br />

und -nachfrage wieder ein Gleichgewicht<br />

einstellt.<br />

Informationsaustausch virtuell fördern<br />

Telepräsenz-Technologien wie Videokonferenzen<br />

oder virtuelle Sitzungen breiten sich<br />

rasant aus und helfen, Reisekosten – und<br />

CO 2 -Emissionen – einzusparen und gleichzeitig<br />

die Informationsübertragungsraten zu<br />

erhöhen. Viele Fortune-500-Unternehmen<br />

haben Massnahmen zugunsten des virtuellen<br />

Büros ergriffen. Ziel ist es, die Fixkosten<br />

zu senken und den Informationsaustausch<br />

unter den Mitarbeitenden zu fördern.<br />

Das grösste Hindernis dieser Initiativen liegt<br />

in der Regel in der organisatorischen Trägheit<br />

und nicht in der technischen Machbarkeit.<br />

Wir gehen davon aus, dass die organisatorische<br />

Trägheit unwiderruflich den Geboten<br />

der Effizienz und des Wettbewerbs<br />

weichen wird, insbesondere weil immer<br />

mehr Vertreter der «digitalen Generation»<br />

ins Erwerbsleben eintreten.<br />

Vor dem Internetzeitalter wurde das Branding<br />

weitgehend von der Werbung in den<br />

Massenmedien, zum Beispiel im Fernsehen,<br />

und von der Kontrolle der Endverbraucherverteilung<br />

– dazu gehörte die Sicherung der<br />

Entwicklung hin zu digitalen Gratisprodukten<br />

bes ten Regalflächen – bestimmt. Im Zeitalter<br />

der sozia len Vernetzung und der Pro duktbewer<br />

tung durch Amazon-Kunden können<br />

die Konsumenten rasch auf Informationen<br />

über den wahren Wert von Produkten zugreifen<br />

und sind nicht auf ein von den Vermarktern<br />

gestaltetes «Wertimage» angewiesen.<br />

In den eigenen vier Wänden haben die<br />

Kon sumenten heute Zugang zu einer viel<br />

brei teren Produktauswahl, als es noch vor<br />

zehn Jahren vorstellbar war. Angesichts der<br />

schwindenden Bedeutung ihrer herkömmlichen<br />

Marketinginstrumente müssen Einzelhändler<br />

zunehmend vom Preis Gebrauch<br />

machen, nicht zuletzt weil ein wachsender<br />

Teil des globalen Vermögens auf die Internetgeneration<br />

entfällt.<br />

Beim Einkaufen können die Konsumenten<br />

heute in weniger als fünf Minuten effizientere<br />

Preisvergleiche anstellen als noch<br />

vor wenigen Jahren in fünf Tagen. Diese<br />

Revolution der Informationsverfügbarkeit<br />

erhöht die Macht des Konsumenten gegenüber<br />

dem Unternehmen und steigert die Bedeutung<br />

von kundenorientierten Faktoren<br />

wie Preis und Leistung. Diese Eigenschaften<br />

ermöglichen den Kunden zudem, Produkte<br />

mit höherer individueller Nutzbarkeit<br />

zu kaufen, was das Wirtschaftssystem noch<br />

effizienter werden lässt, weil somit weniger<br />

Doppelanschaffungen getätigt werden, weniger<br />

verschwendet und eine höhere Produktivität<br />

generiert wird.<br />

Nehmen wir zum Beispiel zwei Produkte,<br />

die je zehn Dollar kosten. Das eine wurde<br />

Anfang der Neunzigerjahre in einem Geschäft<br />

vor Ort gekauft, das andere heute<br />

über das Internet. Das erste Produkt hat<br />

für den Konsumenten eine Nutzbarkeit von<br />

65 Prozent, während die übrigen 35 Prozent<br />

die Ineffizienz darstellen, die sich aus der<br />

Tatsache ergibt, dass die Produktauswahl<br />

in den Geschäften vor Ort beschränkt ist<br />

und die Vermarkter eine wahrgenommene<br />

Nutzbarkeit geschaffen haben, welche die<br />

tatsächliche Nutzbarkeit übertrifft. Das andere<br />

Produkt hat einen Nutzbarkeitsfaktor<br />

von 80 Prozent bei weniger Verschwendung,<br />

weil die Konsumenten aus einem grösseren<br />

Angebot auswählen konnten und im Internet<br />

problemlos Zugang zu Bewertungen von<br />

bisherigen Käufern haben. Aufgrund herkömmlicher<br />

Inflationszahlen ergeben sich<br />

zwischen den beiden keine Kostenunterschiede.<br />

Aber Produkt 1 kostet effektiv 1.67<br />

Dollar pro Nutzbarkeitseinheit, Produkt 2<br />

dagegen 1.25 Dollar, also rund 25 Prozent<br />

weniger. Die zugrunde liegenden Effekte<br />

werden von üblichen Inflationszahlen somit<br />

nicht erfasst.<br />

Wirkung auf die Inflation nutzen<br />

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf<br />

das globale Wirtschaftssystem sind vielfältig<br />

und multidimensional. Während sich dieses<br />

System einem grundlegend neuen Paradigma<br />

angleicht, dürfte sich sein unmittelbarer<br />

Einfluss auf die Inflation immer stärker bemerkbar<br />

machen. Diejenigen, die dies verstehen,<br />

werden sich im Laufe der Entwicklung<br />

dieses Paradigmas einen wichtigen<br />

Vorteil verschaffen können. <<br />

Physisch vorhandene Produkte, die Geld kosten, sind heute gratis als digitale Version<br />

mit erheblich verbesserter Funktionalität erhältlich. Quelle: Credit Suisse<br />

Physisches Produkt, das Geld kostet<br />

Fotoalben<br />

Kalender<br />

Filme/Shows<br />

Telefonieren<br />

Post/Briefe/Schreibwaren<br />

Dokumente<br />

Schreibmaschinen<br />

Microsoft Office<br />

Karten<br />

Versand<br />

Plattenspieler<br />

Zeitungen<br />

Bücher<br />

Musik<br />

Videospiele<br />

Digitale Gratisversion<br />

Photobucket<br />

iCal<br />

YouTube<br />

Skype<br />

Yahoo! Mail<br />

Adobe Acrobat<br />

AbiWord<br />

Google Docs<br />

Google Maps<br />

Amazon free shipping<br />

Microsoft Media Player<br />

CNN-Website<br />

pagebypagebooks.com<br />

Pandora.com<br />

Candystand.com<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


56<br />

Wirtschaft Nachlese<br />

Blogging<br />

for Business<br />

Everything You Need to Know<br />

and Why You Should Care<br />

Von Shel Holtz und<br />

Ted Demopoulos<br />

Taschenbuch<br />

247 Seiten<br />

ISBN -13 : 978-1419536458<br />

Warum sollten Unternehmen, egal ob gross oder klein, Blogging als Teil ihrer Unternehmensstrategie<br />

in Betracht ziehen? Dieser Frage geht «Blogging for Business»<br />

auf den Grund. Wie Audio, Video und Print ist Blogging im Prinzip nichts anderes<br />

als ein Kommunikationsmittel. Einen Blog zu eröffnen, bedeutet jedoch mehr, als<br />

sich einfach nur dem aktuellen Blogtrend anzuschliessen. Wie die Autoren betonen,<br />

sollte die Eröffnung eines Blogs einem bestimmten Zweck dienen. «Die<br />

besten Unternehmensblogs wurden eingerichtet, um ein bestimmtes Unter nehmensziel<br />

zu unterstützen. Wer herausfi nden will, welche Art von Blog für ihn in Frage<br />

kommt, sollte zunächst seine Schwerpunkte und Ziele defi nieren, um zu bestimmen,<br />

wo die eigenen Möglichkeiten liegen.» Bereits seit mehreren Jahren betreiben<br />

Unternehmen wie Sun Microsystems, IBM und Boeing Blogs als Teil ihrer Kommunikationsstrategie.<br />

Auf die Frage, warum er so viel Zeit auf seinen Blog «verschwende»,<br />

antwortete Jonathan Schwartz, CEO von Sun Microsystems, im Mai<br />

20<strong>08</strong>: «Weil ich im Hinblick auf unsere Strategie und unsere unternehmerische<br />

Tätigkeit auf Klarheit setze – und das nicht nur alle zwölf Monate in unserem Jahresbericht.»<br />

Seine Antwort ist unter http://blogs.sun.com/jonathan nachzulesen.<br />

Wer die Eröffnung eines Blogs zur Erweiterung seiner Kommunikationsstrategie<br />

in Erwägung zieht, fi ndet in diesem Buch Informationen zum Verständnis der Funktionsweise<br />

von Blogs und praktische Hinweise zum Erstellen, Bekanntmachen und<br />

Verwalten von Unternehmensblogs sowie zur Auswertung der Ergebnisse. Im Plauderton<br />

werden auch die technischeren Aspekte des Themas verständlich und interessant<br />

dargestellt. So kommen die Autoren ihrem Ziel, noch mehr Unternehmen<br />

für die Blogosphäre zu gewinnen, sicher ein gutes Stück näher. mb<br />

Blue Ocean Strategy<br />

How to Create Uncontested<br />

Market Space and Make<br />

the Competition Irrelevant<br />

Von W. Chan Kim und<br />

Renée Mauborgne<br />

Gebundene Ausgabe<br />

256 Seiten<br />

ISBN-13: 978-1591396192<br />

© getAbstract.<br />

Unter www.getabstract.com fi nden<br />

Sie eine fünfseitige Zusammenfassung<br />

dieses Buchs.<br />

Lassen Sie die Konkurrenz hinter sich und bringen Sie Ihr Unternehmen in neue,<br />

profi tablere Gewässer. «Blue Ocean Strategy» weist den Weg. Das Buch liefert<br />

einen klaren Rahmen zur Bestimmung und Umsetzung herausragender Strategien<br />

in allen Bereichen der Industrie. W. Chan Kim und Renée Mauborgne warten mit<br />

inspirierenden Untersuchungen zum Einfl uss innovativer Ideen auf alte Industrien<br />

auf. Innerhalb eines bestehenden Marktes entwickeln Firmen Strategien, um miteinander<br />

in Konkurrenz zu treten und sich Vorteile gegenüber ihren Rivalen zu<br />

verschaffen. Ein mörderischer Konkurrenzkampf entsteht, der das Wasser blutrot<br />

färbt. Der Verlust von Marktanteilen, Gewinn- und Wachstumseinbussen schaffen<br />

einen «roten <strong>Ozean</strong>». Das unternehmerische Anliegen sollte sich folglich auf die<br />

Entwicklung einer Blue-Ocean-Strategie konzentrieren.<br />

Allein die faszinierenden Beispiele von Firmen, die ihre Blue-Ocean-Strategie<br />

entwickelt haben, machen dieses Buch lesenswert. Manager können die Regeln<br />

und Prinzipien mit Hilfe der Hinweise der Autoren problemlos befolgen. Ein wichtiger<br />

Ratgeber für alle, die das von Konkurrenzhaien heimgesuchte Gewässer<br />

gegen die Ruhe des offenen blauen Meeres eintauschen möchten. © getAbstract<br />

Finanzanlagen –<br />

eine Herausforderung<br />

für KMU<br />

Geheftete Broschüre<br />

36 Seiten<br />

Herausgeber Credit Suisse<br />

Economic Research<br />

Barliquidität in Form von sofort verfügbaren Zahlungsmitteln erhält dem Unternehmen<br />

die Zahlungsfähigkeit und ist Treibstoff für das Wachstum. Sie bringt aber<br />

keine oder nur wenig Erträge. Eine Studie der Credit Suisse hat nun ergeben,<br />

dass die durchschnittliche Barliquidität seit dem Jahr 2000 sowohl im Verhältnis<br />

zum Umsatz als auch zur Bilanzsumme deutlich angestiegen ist und mittlerweile<br />

mehr als acht Prozent beträgt. Dementsprechend werden die verschiedenen<br />

Anlage möglichkeiten zu wenig genutzt. Es ist jedoch für die Unternehmen – die<br />

globalen Konzerne genauso wie die KMU, die in dieser Studie speziell angesprochen<br />

werden – wichtig, vielleicht sogar überlebenswichtig, die Mittelbewirtschaftung<br />

mit Planung und Weitsicht auf die Ziele und Bedürfnisse des Unternehmens<br />

abzustimmen. Da in der Praxis jeder Fall etwas anders gelagert ist, liefert die<br />

Studie keine Patentrezepte. Doch die minutiöse Analyse der aktuellen Situation<br />

ist geeignet, die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen auf diesen wichtigen, im<br />

Tagesgeschäft oft vernachlässigten Aspekt zu lenken. schi<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Sponsoring 57<br />

Sponsoring<br />

Informationen aus der Welt der Credit Suisse<br />

Übersicht 58_National Gallery in London wird neuer Partner der Credit Suisse 60_Sehenswerter Schweizer Kunstsommer<br />

61_Eine Fussball-Ära geht zu Ende 62_Mission Südafrika: Der Ball rollt weiter<br />

Fotos: Niklaus Spoerri, remote.ch | Olivier Maire, Photopress<br />

Nachwuchsförderung im<br />

Film Bereits zum vierten Mal<br />

findet vom 25. September bis<br />

5. Oktober das Zurich Film Festival<br />

unter der Leitung von Direktor<br />

Karl Spoerri statt. Wiederum werden<br />

24 Wettbewerbsfi lme in den<br />

Sparten «Bester Spielfilm»,<br />

«Bester Dokumentarfilm» und<br />

«Bestes Debüt» um das «Goldene<br />

Auge» sowie Regie- und Promotionspreise<br />

in der Gesamthöhe<br />

von 200 000 Franken antreten.<br />

Wer wird nach dem Produzenten<br />

Albert S. Ruddy neuer Jurypräsident?<br />

Wem wird nach Stephen<br />

Frears (2006) und Oliver Stone<br />

(2007) die Ehrung «A Tribute to»<br />

zuteil? Erstmals wird dieses Jahr<br />

auch ein Golden Icon Award für<br />

Schauspieler oder Filmemacher<br />

ver geben. schi<br />

www.zurichfilmfestival.org<br />

Golf-Nachwuchsförderung<br />

Die Credit Suisse unterstützt den<br />

Schweizer Golfsport seit vielen<br />

Jahren – seit 1993 die Swiss Golf<br />

Foundation (SGF), seit 1999 die<br />

Association Suisse de Golf (ASG)<br />

und seit 2005 auch die Swiss<br />

PGA, den Dachverband der Golf-<br />

Professionals in der Schweiz. Von<br />

der Nachwuchsförderung profitieren<br />

alle ASG-Golfclubs in vielfältiger<br />

Weise. An den Credit Suisse<br />

Junior Golf Academies können<br />

Jugendlich e in zwei Camps kostenlos<br />

unter professioneller Anleitung<br />

dreieinhalb Tage intensiv<br />

trainieren. Zudem laufen seit 2006<br />

die Nachwuchsmeisterschaften für<br />

die Kategorien U16 und U18 mit<br />

fünf Qualifikationsturnieren und<br />

einem Final turnier Ende Oktober<br />

unter dem Namen Credit Suisse<br />

Junior Tour. «Wettkampferfahrung<br />

ist enorm wichtig. Wenn wir Jungen<br />

und Mädchen schon früh ermöglichen,<br />

unter Druck Leistungen<br />

zu erbringen, leistet die Credit<br />

Suisse Junior Tour einen grossen<br />

Beitrag zur Förderung junger<br />

Talente», sagte Sandra Caviezel,<br />

Leiterin Spon soring Credit Suisse<br />

Private Banking, am Roundtable-<br />

Gespräch an lässlich des SwissGolf<br />

Day im Golfclub Breitenloo. Ein<br />

besonderes Augenmerk wird auch<br />

auf die Unterstützung der Spieler<br />

beim Übertritt vom Amateur- zum<br />

Profi status gelegt. Diesem Zweck<br />

dient die Credit Suisse Challenge,<br />

die seit 2006 im Golfclub Wylihof<br />

ausgetragen wird. tg<br />

Wieder ein Stechen in Crans-<br />

Montana? Vom 4. bis 7. September<br />

wird in Crans-Montana<br />

wiederum das Omega European<br />

Masters ausgetragen. Bei Redaktionsschluss<br />

war die Startliste<br />

noch nicht definitiv bekannt, doch<br />

besteht kein Zweifel daran, dass<br />

am wichtigsten Golfturnier in der<br />

Schweiz ein hochkarätiges Teilnehmerfeld,<br />

angeführt von Lee<br />

Westwood und Rory McIlroy, mitmacht.<br />

Vielleicht wird es wieder<br />

so spannend wie 2007, als sich der<br />

Australier Brett Rumford (Bild<br />

oben) erst im Stechen gegen den<br />

Engländer Philipp Archer durchsetzte.<br />

Dritter wurde mit einem<br />

Schlag Rückstand der Waliser<br />

Bradley Dredge. tg<br />

Gewinnt Sir Robert Charles<br />

in Bad Ragaz? Aus der europäischen<br />

Tour der Berufs-Seniorengolfer<br />

ist das Bad Ragaz PGA<br />

Seniors Open nicht mehr wegzudenken.<br />

Um den Titel spielen<br />

vom 8. bis 10. August alle Sieger<br />

der letzten Jahre: Carl Mason<br />

(England, Sieger 2007), Juan<br />

Quiros (Spanien, Sieger 2006),<br />

Terry Gale (Australien, Sieger<br />

2005) sowie Horacio Carbonetti<br />

(Argentinien, Sieger 20<strong>03</strong> und<br />

2004). Zwei Stars aus unterschiedlichen<br />

Generationen gehören<br />

ebenfalls zum engsten Favoritenkreis:<br />

der 51-jährige italienische<br />

Ryder-Cup-Held Costantino<br />

Rocca, Zweiter im Vorjahr, sowie<br />

der bereits 72-jährige Neuseeländer<br />

Sir Robert Charles, der<br />

dieses Jahr beim New Zealand<br />

Open sensationell den Cut auf der<br />

regulären Tour geschafft hat. tg<br />

Der historische Sieg weckt<br />

Hoffnungen Zu Beginn der<br />

diesjährigen Formel-1-Saison hätten<br />

wohl die wenigsten geglaubt,<br />

dass die Zielsetzung von BMW-<br />

Motorsportdirektor Mario Theissen<br />

– erster Sieg für das BMW-<br />

Sauber-Team – realistisch sein<br />

könnte. Doch es folgte Podestplatz<br />

um Podestplatz. Und der grossartige<br />

Doppelsieg von Robert<br />

Kubica vor Nick Heidfeld am 8. Juni<br />

auf dem Circuit Gilles Villeneuve<br />

in Montreal hat nun alle Zweifler<br />

endgültig eines Besseren belehrt.<br />

Kubica setzte sich mit diesem<br />

Sieg auch in der Jahreswertung<br />

vorübergehend vor Hamilton an die<br />

Spitze. Fährt BMW-Sauber nun<br />

gar um den Weltmeistertitel mit?<br />

Verfolgen Sie das Renngeschehen<br />

hautnah auf www.credit-suisse.<br />

com/f1. schi<br />

Credit Suisse<br />

Musik in den<br />

Bergen<br />

Neben dem Fussball wartete<br />

der Sommer 20<strong>08</strong> auch mit<br />

einigen kulturellen Überraschungen<br />

auf. So feierte das<br />

Estival Jazz im Tessin seinen<br />

vielbeachteten 30. Geburtstag,<br />

während beim Festival<br />

d’Opéra Avenches mit Graziella<br />

Contratto erstmals eine<br />

Frau am Dirigentenpult stand.<br />

Und zum Glück für Kulturinteressierte<br />

ist der Sommer<br />

noch längst nicht zu Ende.<br />

Ebenfalls von der Credit Suisse<br />

unterstützt – und zwar seit<br />

1986 – wird das Davos Festival,<br />

das vom 26. Juli bis<br />

9. August zahlreiche Spitzenbegabungen<br />

der klassischen<br />

Musik versammelt. Das Festival<br />

ist einzigartig, da es Gelegenheit<br />

bietet, Nachwuchstalente<br />

im intimen Rahmen zu<br />

hören – Talente notabene,<br />

denen man später sehr oft<br />

wieder in den grossen Sälen<br />

der Welt begegnet. Die kontinuierlich<br />

steigenden Besucherzahlen<br />

und die Tatsache,<br />

dass viele Erstbesucher zu<br />

treuen Gästen werden, sagen<br />

alles über die aussergewöhnliche<br />

Qualität des Festivals.<br />

Spitzenleistungen ohne Berührungsängste,<br />

musikalische<br />

Tradition ohne Erstarrung: Das<br />

alles sind Gründe, die einen<br />

Ausflug nach Davos musikalisch<br />

reizvoll machen. Seit<br />

2007 steht das Davos Festival<br />

übrigens unter einer neuen<br />

Leitung. Die Intendantin<br />

ist keine Unbekannte: Sie<br />

heisst Graziella Contratto. nm<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


58<br />

Credit Suisse Sponsoring<br />

Historische Partnerschaft mit der National Gallery<br />

Credit Suisse unterstützt die National Gallery<br />

bei der Förderung der Kunst des Entdeckens<br />

Die Credit Suisse ist seit kurzem Partner der National Gallery. Die dreijährige Partnerschaft<br />

beinhaltet unter anderem die Finanzierung einer grösseren Ausstellung pro Jahr.<br />

Den Auftakt macht «Radical Light», die im Juni eröffnet wurde. Nicholas Penny, Direktor<br />

der Gallery, äussert sich zur speziellen Vereinbarung und zur Ausstellung.<br />

Bulletin: Dass ein britisches Museum<br />

überhaupt eine Partnerschaft mit einem<br />

privaten Unternehmen wie der Credit<br />

Suisse eingeht, ist eher ungewöhnlich.<br />

Was waren Ihre Beweggründe?<br />

Nicholas Penny: Eine solche Zusammenarbeit<br />

war für uns sehr erstrebenswert, weil wir<br />

uns dadurch nicht ständig um die fi nanzielle<br />

Unterstützung sorgen müssen. Ein Direktor<br />

verbringt viel Zeit mit der Suche nach fi nanziellen<br />

Mitteln, die ihm anderenfalls für die<br />

Planung von Ausstellungen und die Qualitätskontrolle<br />

zur Verfügung stünde.<br />

Wer unternahm den ersten Schritt ?<br />

Wir sind auf die Credit Suisse zugegangen,<br />

weil sie bereits 2004 die Ausstellung «Raphael:<br />

From Urbino to Rome» gesponsert<br />

hatte. Es lag auf der Hand, sie auch für diese<br />

Ausstellung über den italienischen Divisionismus<br />

anzufragen, da die Credit Suisse in einigen<br />

Monaten die gleiche Ausstellung am<br />

Zürcher Kunsthaus mitfi nanziert. Man antwortete<br />

uns: «Lassen wir diese Ausstellung einen<br />

Moment beiseite. Wir sind auf der Suche<br />

nach einer Galerie, mit der wir eine weitergehende<br />

Partnerschaft eingehen können.» Wir<br />

staunten nicht schlecht und waren natürlich<br />

hoch erfreut, das zu hören (lacht).<br />

Was umfasst diese Partnerschaft ?<br />

Der Hauptzweck dieser in einem ersten<br />

Schritt auf drei Jahre beschränkten Partnerschaft<br />

besteht darin, Ausstellungen zu sponsern,<br />

wie aktuell «Radical Light», und unser<br />

gut etabliertes Ausbildungsprogramm zu unterstützen.<br />

Die Credit Suisse wird spezielle<br />

Ausbildungsprojekte für Schul- und Gemeindeorganisationen<br />

einbringen, die sie bereits unterstützt.<br />

Die Vereinbarung umfasst einen<br />

Aspekt, der für die breite Öffentlichkeit wichtig<br />

ist: Wir lassen das Museum jeweils mittwochs<br />

auch am Abend bis 21 Uhr geöffnet.<br />

Dieser wesentliche Bestandteil unseres Angebots<br />

wird ein anderes, jüngeres Publikum in<br />

die Gallery locken.<br />

Welche Aspekte dieser Geschäftsbeziehung<br />

sind für die Gallery noch von<br />

Bedeutung?<br />

Langfristig sehe ich für uns den grössten<br />

Vorteil darin, dass wir von der Credit Suisse<br />

lernen können, die Dinge aus globaler Perspektive<br />

zu betrachten. Diese Sicht fehlt uns<br />

bisher noch. Auch können wir unsere Zusammenarbeit<br />

mit anderen Institutionen verbessern,<br />

insbesondere in Asien. Das ist wichtig,<br />

denn immer mehr Besucher kommen aus<br />

China und Indien nach London. Die Credit<br />

Suisse verfügt in dieser Hinsicht über Erfahrung,<br />

hat sie doch im vergangenen Februar<br />

bereits die Asien-Tournee der New Yorker<br />

Philharmoniker mitfi nanziert. Ich werde zwar<br />

kaum die halbe Belegschaft der Gallery nach<br />

China schicken, plane aber weitere Partnerschaften<br />

mit Institutionen in Asien.<br />

Die National Gallery erhält staatliche<br />

Unterstützung. Weshalb ist das<br />

Sponsoring von Unternehmen so wichtig?<br />

Tatsache ist, dass die National Gallery immer<br />

schon eine öffentlich-private Partnerschaft<br />

war. Es gab von Anfang an eine Vereinbarung<br />

zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen<br />

Hand. Es waren Privatpersonen, welche<br />

die Notwendigkeit einer Nationalgalerie<br />

erkannten. Sie dachten dabei auch an den<br />

Louvre und an das äusserst erfolgreiche Musée<br />

Napoléon. Die National Gallery war ein<br />

Zugeständnis des Parlaments an einen kleinen<br />

Kreis von Interessenten, die ihre Kunstwerke<br />

spendeten. Das war im Jahr 1824. Die<br />

Sammlung vergrösserte sich durch Zukäufe<br />

und Spenden und wurde 1831 in das heutige<br />

Gebäude am Trafalgar Square verlegt. Es sei<br />

darauf hingewiesen, dass die Gallery unter<br />

der Leitung eines Kuratoriums steht und der<br />

Staat keinen direkten Einfl uss hat. Eine weitere<br />

wichtige Tatsache, von der viele nichts<br />

wissen, ist, dass die Werke der Gallery zu<br />

rund einem Drittel durch Schenkung oder<br />

Vermächtnis erworben wurden, und das ist<br />

viel. Berücksichtigt man nur die Werke einiger<br />

berühmter Maler, ist dieser Anteil sogar<br />

noch höher.<br />

Wann begann die Gallery nach<br />

Firmensponsoren zu suchen?<br />

Das war 1991, als der Sainsbury-Flügel eröffnet<br />

wurde. Er bot uns viel Platz, um grössere<br />

Ausstellungen zu zeigen.<br />

Kommen wir zur Ausstellung «Radical<br />

Light». Wie würden Sie sie umschreiben?<br />

Es ist eine grossartige Ausstellung, denn sie<br />

befasst sich mit einer Kunstrichtung, die<br />

praktisch unbekannt ist. Kunsthistorikern ist<br />

der Divisionismus zwar bekannt, aber viele,<br />

die in Grossbritannien Kunstgeschichte studierten,<br />

haben diese Werke kaum je gesehen.<br />

Dennoch handelt es sich nicht um eine<br />

jener Ausstellungen, deren Erfolg von vornherein<br />

feststeht, da ihr Thema wenig bekannt<br />

ist. Ihr wohnt eine Dimension des Entdeckens<br />

inne, und obwohl die Gemälde eher<br />

melancholisch, beunruhigend und ge spenstisch<br />

anmuten, hinterlassen sie zugleich einen<br />

tiefen Eindruck. Es geht um ernsthafte<br />

Kunst, die von den Besuchern ein gewisses<br />

Mass an emotionalem Engagement erfordert.<br />

Das ist ein Risiko, da die Leute heute auf sofortige<br />

Befriedigung aus sind.<br />

Warum gehen Sie bei einer Ausstellung<br />

ein solches Risiko ein?<br />

Bis zu einem gewissen Grad sollten Ausstellungen<br />

stets etwas Neues bieten. Man kann<br />

eine neue Seite eines Künstlers kennenlernen,<br />

der bereits bekannt ist und allen gefällt,<br />

oder man zeigt den Leuten Aspekte der<br />

Kunst, die sie noch nicht kennen. Das gehört<br />

zu unserer Mission. Wenn die Gallery nur Bilder<br />

zeigen würde, die allen bekannt sind und<br />

gefallen, gäbe es heute nicht viele solche<br />

Werke. Beispielsweise stiessen viele der<br />

Bilder, welche die Gallery im 19. Jahrhundert<br />

erworben hatte, nur bei einer Minderheit auf<br />

Interesse und entsprachen nicht dem Geschmack<br />

des breiten Publikums. Dieser As-<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Sponsoring 59<br />

Fotos: Galleria d’Arte Moderna, Milano (Gam 1718) © Comune di Milano. All rights reserved | Alexander Sauer | The National Gallery London<br />

pekt wird oft vergessen, wenn man an die<br />

Entstehung grosser Sammlungen denkt.<br />

Können Sie die Bewegung des Divisionismus<br />

etwas genauer erklären? Handelt<br />

es sich überhaupt um eine Bewegung?<br />

Es ist eine Bewegung. Doch wie defi niert<br />

man in der Malerei eine Bewegung? Die einfachste<br />

Form einer Bewegung ergibt sich,<br />

wenn einige Künstler oder Schriftsteller vereinbaren,<br />

der gleichen Gruppe anzugehören<br />

und sich einen Namen zu geben. Es gibt auch<br />

lose assoziierte Künstlergruppen, die ihren<br />

Namen oft von Kritikern erhalten. Die Impressionisten<br />

sind ein solches Beispiel. Bei den<br />

Divisionisten war es dasselbe. Man kannte<br />

sich und hatte gemeinsame Ideen und Vorstellungen.<br />

Die Leute werden sofort erkennen,<br />

dass diese Bilder vieles gemeinsam haben.<br />

Zu den offensichtlichsten Ähnlichkeiten<br />

gehört das Auftragen der Farben in einer<br />

Vielzahl von Punkten und Strichen, ähnlich<br />

wie beim französischen Pointillismus. Die<br />

Werke der National Gallery reichen bis ins<br />

frühe 20. Jahrhundert. Sie deckt dadurch<br />

auch einiges des umstrittenen Gebiets ab,<br />

bei dem man nicht genau weiss, ob die Kunst<br />

deshalb wichtig ist, weil sie den Futurismus<br />

und Modernismus vorwegnimmt, oder weil es<br />

sich um den Höhepunkt verschiedener Formen<br />

der realistischen Malerei und der Naturmalerei<br />

handelt.<br />

Angesichts des Namens der<br />

Aus stellung gehe ich davon aus, dass auch<br />

das Licht eine bedeutende Rolle spielt.<br />

Ich hätte gleich zu Beginn erwähnen sollen,<br />

dass die Darstellung des Lichts der grosse<br />

gemeinsame Nenner ist. Die Bewegung entstand<br />

auch durch die Erforschung der Optik<br />

und Physik des Lichts. Licht ist manchmal<br />

geradezu schmerzhaft, dies gilt beispielsweise<br />

für sehr helles Sonnenlicht, aber auch<br />

für die Lichtverhältnisse am frühen Morgen,<br />

wenn Gegenstände nur schwer zu unterscheiden<br />

sind. Es geht nie um einfache Formen<br />

des Lichts.<br />

Welches sind Ihre weiteren Pläne<br />

für das Museum?<br />

Zurzeit versuche ich mich darauf zu konzentrieren,<br />

gewisse unerwünschte Entwicklungen<br />

zu verhindern (lacht). Ich habe noch<br />

viel vor mit der Gallery. Als seriöser Wissenschaftler,<br />

oder vielmehr als wissenschaftlich<br />

orientierter Kurator, aus dem ein Direktor geworden<br />

ist, bin ich bestrebt, unsere Aus- und<br />

Weiterbildungsarbeit auszubauen, damit wir<br />

zu einem Zentrum des vertieften Studiums der<br />

Kunstgeschichte werden. Michèle Bodmer<br />

Oben «Morning» von Vittore Grubicy de Dragon (1851–1920) ist eine Leihgabe der Mailänder<br />

Galleria d’Arte Moderna für die «Radical Light»-Ausstellung. Mehr als 60 Gemälde sind zu<br />

sehen. Unten links Die National Gallery am Londoner Trafalgar Square. Unten rechts Direktor<br />

Nicholas Penny hat grosse Hoffnungen für die Ausbildungsabteilung der National Gallery.<br />

Penny ist seit März dieses Jahres im Amt.<br />

Radical Light: Italiens divisionistische Maler<br />

Sainsbury-Flügel , 18. Juni–7. September 20<strong>08</strong>:<br />

täglich 10.00–18.00 Uhr;<br />

mittwochs 10.00–21.00 Uhr<br />

www.nationalgallery.org.uk<br />

Organisiert wird die Ausstellung von<br />

der National Gallery in London und dem<br />

Kunsthaus Zürich.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


60<br />

Credit Suisse Sponsoring<br />

Ein sommerlicher Gang durch die Schweizer Kunstmuseen<br />

Der ganze Weltzauber der Farben und Schatten<br />

In den Museen ist es kühl und still – ein Grund hineinzugehen. Zudem kann<br />

man das «Geheimnis Schweiz» ergründen. Die Ausstellung «Enigma Helvetia»<br />

in Lugano und die Begegnungen mit Ferdinand Hodler in Bern, Balthus<br />

in Martigny und Segantini in St. Moritz bringen wertvolle neue Erkenntnisse.<br />

«Das Kunstwerk wird eine neu erfasste Ordnung<br />

der Dinge offenbaren und schön sein<br />

durch die Idee des Ganzen, die es enthüllt»,<br />

sagt Ferdinand Hodler. Und weiter: «Der ganze<br />

Weltzauber der Farben und Schatten leitet<br />

sich vom Licht ab.»<br />

Wer gedacht hat, Hodler bereits bestens<br />

zu kennen, wird ihn nach dem Besuch der<br />

Ausstellung «Ferdinand Hodler. Eine symbolistische<br />

Vision» im Kunstmuseum Bern und<br />

dem Studium des Standards setzenden Katalogs<br />

in einem neuen Licht sehen und sich<br />

seinem Weltzauber umso lieber zuwenden.<br />

Tatsächlich gehört Ferdinand Hodler zu<br />

den am meisten unterschätzten Schweizer<br />

Künstlern. In der Wahrnehmung der breiten<br />

Öffentlichkeit wird er nämlich nach wie vor<br />

auf sein Image als kämpferischer Nationalkünstler<br />

reduziert, das entstanden ist im Zeichen<br />

des geistigen Widerstands vor dem<br />

Zweiten Weltkrieg. Die bis zum 10. August<br />

dauernde Ausstellung zeigt Hodlers eigenständigen<br />

Beitrag zum europäischen Symbolismus<br />

auf . Von zentraler Bedeutung unter<br />

den 150 präsentierten Bildern sind die symbolistischen<br />

Hauptwerke des Kunst museums<br />

Bern, die dank Léonard Gianadda, Kunst -<br />

mäzen und Direktor der Fondation Pierre<br />

Gianadda in Martigny, restauriert wurden.<br />

Ein Gang ins Wallis lohnt sich ebenfalls:<br />

In der Fondation Pierre Gianadda wird aus<br />

Anlass seines hundertsten Geburtstags der<br />

2001 verstorbene Künstler Balthus mit einer<br />

Retrospektive gewürdigt. Gezeigt wird bis<br />

zum 23. November seine ganze Schaffensbreite<br />

mit Porträts, Landschaften und natürlich<br />

den verführerischen Nymphen, die letztlich<br />

das «Mysterium Balthus» begründeten.<br />

Wie soll man die Ausstellung angehen? Der<br />

Künstler selbst liefert die Antwort: «Balthus<br />

ist ein Maler, über den man nichts weiss. Und<br />

nun, lasst uns die Bilder betrachten.»<br />

Oben Hodler. Der Tag, erste Fassung, 1899, Öl auf Leinwand, Kunstmuseum Bern.<br />

Unten links Balthus. La Toilette de Cathy, 1933, Öl auf Leinwand, Paris, Centre Georges Pompidou.<br />

Unten rechts Giovanni Segantini. Mittag in den Alpen, 1891, Öl auf Leinwand, Segantini Museum.<br />

In Lugano realisierten das städtische und<br />

das kantonale Kunstmuseum mit «Enigma<br />

Helvetia» ihre erste gemeinsame Ausstellung.<br />

Sie bietet einen Überblick über das Kunstschaffen<br />

in der Schweiz und vermag dank<br />

interdisziplinärem Ansatz dem Betrachter<br />

«die Kunst, Bräuche und Mythen der modernen<br />

Schweiz» gewinnbringend zu erhellen.<br />

Mit der bis zum 14. September dauernden<br />

Sonderausstellung «Segantinis Magd: Muse<br />

und Modell» feiert das Segantini Museum<br />

den 150. Geburtstag von Giovanni Segantini.<br />

Das Museum selbst wurde vor genau 100<br />

Jahren eingerichtet.<br />

Andreas Schiendorfer<br />

Die Credit Suisse unterstützt das Museo<br />

d’Arte in Lugano seit 1992, die Fondation<br />

Pierre Gianadda in Martigny seit 1996 und<br />

das Kunstmuseum Bern seit 2005. Die Segantini-<br />

Ausstellung wird vom Jubiläumsfonds<br />

der Credit Suisse Foundation mitfinanziert.<br />

Fotos: Peter Lauri Photographie, Bern | Jean-Claude Planchet | Fredy Lochau, Foto Flury, Pontresina<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Sponsoring 61<br />

Seit 1993 Hauptsponsor des Schweizerischen Fussballverbands<br />

Ein Dankeschön an Jakob Kuhn<br />

und seine Fussballfamilie<br />

Die im Juni in der Schweiz und in Österreich durchgeführte<br />

Fussballeuropameisterschaft bleibt in guter Erinnerung.<br />

Und der zurückgetretene National trainer Jakob Kuhn ebenso.<br />

Fotos: Andreas Meier | Photopress | Sebastian Schiendorfer<br />

73 Länderspiele der Schweizer Nationalmannschaft<br />

hat Jakob «Köbi» Kuhn als Trainer<br />

entscheidend geprägt. Die Bilanz fällt positiv<br />

aus: 32 Siege – 18 Unentschieden – 23 Niederlagen.<br />

Oder anders ausgedrückt: drei<br />

End rundenteilnahmen in Folge, die Europameisterschaft<br />

2004 in Portugal, die Weltmeis<br />

terschaft 2006 in Deutschland und die<br />

Europa meisterschaft 20<strong>08</strong> in der Schweiz<br />

und in Österreich.<br />

Resultatmässig schnitten die Schweizer<br />

an der WM 2006 erfolgreicher ab als in der<br />

Schweiz, doch spielerisch wussten sie an<br />

der Heim-EM durchaus zu gefallen. Noch<br />

sind die Schweizer nicht gut genug, um nach<br />

dem Titel zu greifen, doch so beherzt, dass<br />

sich die junge «Nati» in die Herzen der Bevölkerung<br />

spielte beziehungsweise ihren<br />

Platz dort behauptete. In dieser Hinsicht war<br />

die dritte Partie gegen Portugal die entscheidende:<br />

Kuhn, der den Begriff der Fussballfamilie<br />

kreierte, hat erreicht, dass die Familie<br />

auch zusammenhält, wenn die bewusst hoch<br />

gesteck ten Ambitionen sich nicht erfüllen.<br />

Die Credit Suisse, welche den Schweizer<br />

Fussball schon vor der Ära Kuhn förderte<br />

und ihn auch in Zukunft fördern wird, ist<br />

dank bar, dass sie Jakob Kuhn während seiner<br />

Amtszeit begleiten durfte. Es waren sieben<br />

fette Jahre (denen keine magere folgen<br />

sollen), gerade auch in menschlicher Hinsicht.<br />

Die Zusammenarbeit mit Jakob Kuhn,<br />

beispielsweise beim Drehen mehrerer unvergesslicher<br />

Fernsehspots, bei Kundenanlässen<br />

und natürlich im Umfeld der Nationalmannschaft,<br />

war für die Mitarbeitenden des<br />

Sponsorings der Credit Suisse ausgesprochen<br />

angenehm.<br />

Auch sonst hat die Credit Suisse mit<br />

Blick auf die Europameisterschaft allen<br />

Grund zur Zufriedenheit, für das Wetter war<br />

sie ja, fürwahr, nicht zuständig. Doch der<br />

Hauptsponsor hat in Feusisberg den Berufsleuten<br />

– Spielern wie Medienschaffenden –<br />

ihre Arbeit erleichtert und hat den Fans mit<br />

verschiedenen Aktionen zahlreiche positive<br />

Erlebnisse ermöglicht. Andreas Schiendorfer<br />

Oben Gilt auch für uns: «Merci Köbi!» Mitte links Der erste Schweizer Sieg an einer Europameisterschaft.<br />

Mitte rechts Journalisten aus aller Welt im Medienzentrum in Feusisberg.<br />

Unten links Öffentliche Anlässe der Credit Suisse: Daniel Gygax erfüllt im Flughafen Zürich<br />

Autogrammwünsche. Unten rechts Attraktive Kundenanlässe: Benedikt Weibel (rechts),<br />

Dele gierter des Bundesrats der Euro 20<strong>08</strong>, bespricht mit Stéphane Chapuisat (Mitte) und<br />

Hans Baumgartner, Leiter Firmenkunden Schweiz – KMU, den Auftritt im Stade de Suisse.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


62<br />

Credit Suisse Sponsoring<br />

Die Fussballer bleiben am Ball<br />

Die Mission Südafrika hat begonnen<br />

Der neue Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld hat keine Zeit für Experimente.<br />

Nach einem einzigen Vorbereitungsspiel beginnt im September die<br />

WM-Qualifikation. Und im Oktober könnte bereits eine Vorentscheidung fallen.<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Credit Suisse<br />

Postfach 2<br />

CH-8070 Zürich<br />

Telefon +41 44 333 11 11<br />

Fax +41 44 332 55 55<br />

Redaktion<br />

Daniel Huber (dhu) (Head of Publications), Marcus Balogh (ba),<br />

Michèle Bodmer (mb), Dorothée Enskog (de), Regula Gerber (rg),<br />

Mandana Razavi (mar), Andreas Schiendorfer (schi)<br />

E-Mail<br />

redaktion.<strong>bull</strong>etin@credit-suisse.com<br />

Mitarbeit an dieser Ausgabe<br />

Ute Eberle, Ingo Petz, Beat Stauffer, Andreas Walker;<br />

Anja Papp; Joy Bolli (jbo), Christian Etzensperger,<br />

Claude Maurer, Sven Schubert, Steven Soranno, Marcel<br />

Thieliant; Michael Krobath (mk); Peter Hossli, Urs Schwarz,<br />

Cornelia Stauffer; Andreas Thomann (ath)<br />

Internet<br />

www.credit-suisse.com/infocus<br />

Marketing<br />

Veronica Zimnic (vz)<br />

Korrektorat<br />

text control, Zürich<br />

Übersetzungen<br />

Credit Suisse Sprachendienst<br />

Gestaltung<br />

www.arnold.inhaltundform.com:<br />

Daniel Peterhans, Arno Bandli, Monika Häfliger,<br />

Petra Feusi (Projekt management)<br />

Inserate<br />

Pauletto GmbH, Miriam Dudek, Kleinstrasse 16,<br />

CH-80<strong>08</strong> Zürich, Telefon und Fax 043 268 54 56<br />

Beglaubigte WEMF-Aufl age 2007<br />

145 733<br />

ISSN-Registrierung<br />

ISSN 1423-1360<br />

Druck<br />

NZZ Fretz AG /Zollikofer AG<br />

Ottmar Hitzfeld hat bewiesen, dass er auch mit scheinbar kleinen Teams Grosses leisten kann:<br />

1984 stieg er mit dem SC Zug in die Nationalliga B auf, 1985 wurde er mit Aarau Cupsieger.<br />

Kaum ist die Europameisterschaft vorbei,<br />

wartet auf die Nationalmannschaft schon das<br />

nächste Grossereignis: Im September beginnt<br />

die Qualifi kation für die WM 2010. Chef<br />

der Mission Südafrika ist der neue Nationalcoach<br />

Ottmar Hitzfeld. Von den Medien als<br />

Messias gefeiert, wird vom Erfolgstrainer<br />

nicht nur die WM-Qualifi kation erwartet, sondern<br />

auch, dass er mit dem jungen und talentierten<br />

Team die Lücke zu den besten Nationen<br />

schliesst. Die Zeit für lange Experimente<br />

fehlt, ein einziges Freundschaftsspiel – am<br />

20. August in Genf gegen Zypern – muss reichen.<br />

Deshalb ist anzunehmen, dass er mehrheitlich<br />

am bisherigen Team festhält. Offen<br />

ist, welches System Hitzfeld wählt. Und –<br />

falls er sich wie bei den Bayern für 4-4-2 entscheidet<br />

– auf wen er neben Alex Frei als<br />

zweite Sturmspitze setzt. Ist es Blaise N’Kufo,<br />

der unter Jakob Kuhn nie so richtig in Fahrt<br />

gekommen ist? Eren Derdiyok? Oder entdeckt<br />

er gar eine neue Perle?<br />

Der Weg nach Südafrika sieht aus wie<br />

ein Spaziergang. Doch er könnte sich zur<br />

anspruchsvollen Bergtour entwickeln, denn<br />

auf die Schweiz warten unangenehme Gegner.<br />

Am 6. September muss die Schweiz in<br />

Israel und am 10. September in Zürich gegen<br />

Luxemburg bestehen, und im Oktober folgen<br />

das Heimspiel gegen Lettland sowie das<br />

Auswärtsspiel gegen Griechenland. Bereits<br />

diesen Herbst könnte also eine Vorentscheidung<br />

fallen. Hitzfelds Magie muss schnell<br />

wirken. Wir glauben daran. Michael Krobath<br />

Redaktions kommission<br />

René Buholzer (Head of Public Policy), Monika Dunant (Head<br />

of Communications Private Banking), Urs P. Gauch (Leiter<br />

Firmenkunden Schweiz-Grossunternehmen), Fritz Gutbrodt<br />

(Head Chairmans Offi ce), Angelika Jahn (Investment Services<br />

& Products), Hubert Lienhard (Asset Management Distribution<br />

Services), Andrés Luther (Head of Group Communications),<br />

Charles Naylor (Head of Corporate Communications),<br />

Fritz Stahel (Credit Suisse Economic Research), Christian<br />

Vonesch (Head of Private & Business Banking Aarau)<br />

Erschei nt im 114. Jahrgang<br />

(5 x pro Jahr in deutscher, französischer, italienischer und<br />

englischer Sprache). Nachdruck von Texten gestattet mit dem<br />

Hinweis «Aus dem Bulletin der Credit Suisse».<br />

Adress änderungen<br />

bitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustellcouverts<br />

an Ihre Credit Suisse Geschäftsstelle oder an:<br />

Credit Suisse, ULAZ 12, Postfach 100, 8070 Zürich.<br />

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken.<br />

Sie bedeutet kein Angebot und keine Aufforderung seitens<br />

der Credit Suisse zum Kauf oder Verkauf von Wertschriften.<br />

Hinweise auf die frühere Performance garantieren nicht<br />

notwendi gerweise positive Entwicklungen in der Zukunft.<br />

Die Analysen und Schlussfolgerungen in dieser Publikation<br />

wurden durch die Credit Suisse erarbeitet und könnten<br />

vor ihrer Weitergabe an die Kunden von Credit Suisse bereits<br />

für Transaktionen von Gesellschaften der Credit Suisse<br />

Group verwendet worden sein. Die in diesem Dokument vertretenen<br />

Ansichten sind diejenigen der Credit Suisse<br />

zum Zeitpunkt der Drucklegung. (Änderungen bleiben vorbehalten.)<br />

Credit Suisse ist eine Schweizer Bank.<br />

Fotos: Steffen Schmidt, Keystone, Photopress | Cédric Widmer<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Credit Suisse Gesellschaft 63<br />

In der Gesellschaft<br />

Die Credit Suisse ist überzeugt, dass die unternehmerische Verantwortung gegenüber der<br />

Gesellschaft und der Umwelt ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ist.<br />

Übersicht 64_«bike to work» 65_Love Ride 66_Science Festival 68_Children’s Storefront 69_News international<br />

Etwas für die eigene Gesundheit und die Umwelt tun: Im Juni nahmen rund 1000 Mitarbeitende der Credit Suisse an der nationalen Aktion «bike to<br />

work» teil und legten den Arbeitsweg oder einen Teil davon mit dem Fahrrad zurück; so auch Kimchi Mazzetti-Nguyen in Genf. Nichts spricht<br />

dagegen, die Aktion freiwillig fortzusetzen. Im Gegenteil: Erst jetzt kommen die wirklich sonnigen Tage! Der Sommer lädt zum Radfahren ein.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


64<br />

Gesellschaft «bike to work»<br />

Die Schweiz ist ein Land<br />

der Radfahrer<br />

Erfreulich viele Mitarbeitende der Credit Suisse haben im Juni an der Aktion<br />

«bike to work» teilgenommen – ein Engagement im Zeichen der Emissionsreduktion<br />

und der Gesundheitsförderung im Unternehmen.<br />

Text: Cornelia Stauffer<br />

Auf der Suche nach Mitarbeitenden, die<br />

mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, wird<br />

man bei der Credit Suisse erfreulicherweise<br />

schnell fündig. «Ich fahre jeden Tag,<br />

bei jedem Wetter mit meinem Citybike zur<br />

Arbeit», erzählt Marco Lucheschi. «Da ich<br />

in Lugano wohne und arbeite, benötige ich<br />

für die drei Kilometer nur rund acht Minuten.»<br />

Am Morgen wecke ihn die frische<br />

Luft und auf dem Rückweg könne er gelegentlich<br />

Angestautes abstrampeln, ergänzt<br />

Lucheschi, der auch in seiner Freizeit regelmässig<br />

Velotouren unternimmt. Die Teilnahme<br />

an der Aktion «bike to work» war für<br />

ihn deshalb eine Selbstverständlichkeit –<br />

und gleichzeitig eine willkommene Chance,<br />

Teamkollegen zu animieren, ebenfalls mit<br />

dem Rad zur Arbeit zu kommen – und dies<br />

im Idealfall nicht nur im Juni.<br />

«Jeder Einzelne von uns kann dazu beitragen,<br />

schädliche Emissionen zu vermeiden,<br />

zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit»,<br />

erklärt Ulrich Körner, CEO Credit Suisse<br />

Schweiz. «Deshalb unterstützen auch wir die<br />

Aktion ‹bike to work›.» Die Credit Suisse<br />

befindet sich mit dieser Einstellung in guter<br />

Gesellschaft. Dieses Jahr sind bereits 873<br />

Schweizer Unternehmen an der von der Non-<br />

Profit-Organisation «Pro Velo» lancierten<br />

Aktion beteiligt. Die Aktion sei umso wertvoller,<br />

so Körner weiter, weil durch die Teilnahme<br />

auch gleichzeitig ein Beitrag zur<br />

Gesundheitsförderung im Unternehmen geleistet<br />

werden könne.<br />

Um die Aktion zusätzlich zu fördern,<br />

wurde laut Koordinator Otti Bisang, Credit<br />

Suisse Public Policy – Sustainability Affairs,<br />

ein Wettbewerb für Viererteams ausgeschrieben.<br />

«Der Preis steht sicher nicht im<br />

Vordergrund, aber wir ver suchen damit, den<br />

Teamgedanken zu stärken», so Bisang. «Der<br />

Juni gehört in der Schweiz zu den regenintensiven<br />

Monaten. Gerade bei schlechtem<br />

Wetter ist die Mo tivation, aufs Fahrrad zu<br />

steigen, sicher grösser, wenn eine gewisse<br />

Sozialkontrolle durchs Team spielt.»<br />

Der Erfolg, den die Aktion bei den Mitarbeitenden<br />

der Credit Suisse hatte, gab ihm<br />

Recht. Insgesamt haben sich 950 Personen<br />

für diese Aktion angemeldet, wobei viele<br />

von ihnen eine Kombination zwischen Bahnund<br />

Radfahrt gewählt haben. Zudem weiss<br />

Bisang von vielen, die während dieser Zeit<br />

inoffiziell, gewissermassen ausser Konkurrenz,<br />

mitgemacht haben, weil sie zwar nicht<br />

täglich, aber immerhin sporadisch mit dem<br />

Rad zur Arbeit fahren wollten. «Die Emissionseinsparungen,<br />

die ein einzelner Mitarbeitender<br />

an einem Arbeitstag auf diese<br />

Weise macht, sind natürlich nicht riesig,<br />

aber wenn man das Auto fahren einen Monat<br />

lang konsequent durch Radfahren ersetzt,<br />

summiert sich das. Multipliziert man dies<br />

alles mit der Anzahl Aktionsteilnehmer und<br />

berücksichtigt man zu dem, wie viele andere<br />

Schweizer Unternehmen ebenfalls mitmachen,<br />

so ist der Beitrag zum Umweltschutz<br />

doch weit mehr als nur symbolisch.»<br />

Otti Bisang ist überzeugt, dass die Ak tion<br />

das Umweltbewusstsein bei den Mitarbeitenden<br />

der Credit Suisse gefördert hat: «Die<br />

Teilnehmenden von ‹bike to work› werden<br />

sicher auch in ihrer Freizeit vermehrt Rad<br />

fahren. Und wer regelmässig Rad fährt, ist<br />

sensibilisierter und dadurch auch motivierter,<br />

noch mehr für die Umwelt zu tun – etwa indem<br />

man darauf achtet, weniger Kopien zu<br />

machen oder den Computer während der<br />

Mittagspause abzuschalten.»<br />

Ulrich Körner sieht diese Aktion in einem<br />

weiteren wichtigen Zusammenhang: «Die<br />

Credit Suisse ist als erstes Grossunternehmen<br />

in der Schweiz bereits seit 2006<br />

treibhausgasneutral. Sie will dieses Ziel bis<br />

2009 auch weltweit erreichen. Wir wollen<br />

unseren Energieverbrauch also nicht nur<br />

stabilisieren, sondern weltweit senken. Die<br />

Aktion ‹bike to work› findet daher auch im<br />

Rahmen unserer globalen Corporate-Citizenship-Initiative<br />

‹Bekenntnis zum Klimaschutz›<br />

statt», so Körner.<br />

Selbstverständlich begeisterte die Aktion<br />

auch Angehörige anderer Nationalitäten. So<br />

benötigte beispielsweise Kimchi Mazzetti-<br />

Nguyen in Genf für den Hin- und Rückweg<br />

zur Arbeit mit dem Fahrrad rund 40 Minuten.<br />

«Ich habe mir vorgenommen, jeden Tag eine<br />

halbe Stunde Sport zu treiben», erklärt die<br />

fitte Vietnamesin, die in ihrer Heimat mit<br />

dem Velo als Haupttransportmittel aufgewachsen<br />

sei. Sie radle aus Leidenschaft<br />

und lasse sich daher weder durch Regen<br />

noch durch Schnee von ihrer Fahrt abhalten.<br />

«Ich mache auch jedes Jahr bei den autofreien<br />

Tagen ‹slowUp› mit», ergänzt Kimchi<br />

Mazzetti-Nguyen. <<br />

slowUp – ein Land bewegt sich Auf einem 30 Kilometer langen<br />

Strassenstück wurde im Jahr 2000 ein autofreier Erlebnistag für<br />

Velofahrer realisiert. Mittlerweile nehmen über 400 000 Personen<br />

an 13 Veranstaltungen teil. «Im Rahmen des Corporate Volunteering<br />

unterstützen Freiwillige der Credit Suisse Procap bei der<br />

Begleitung von Menschen mit einem Handicap. Das ist eine Bereicherung<br />

für alle Teilnehmer, insbesondere auch für unsere<br />

Mit ar beitenden», erklärt Zahra Darvishi vom Volunteering Office.<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Im Dienste eines<br />

guten Zwecks<br />

Weinklimaschränke<br />

Einen Tag pro Jahr für eine gute Sache verbringen?<br />

«Selbstverständlich», lautete die Antwort von zahlreichen<br />

Mitarbeitenden der Credit Suisse in der Schweiz.<br />

Sie haben die Ärmel hochgekrempelt und sich als Freiwillige<br />

in wohltätigen Organisationen engagiert.<br />

Text: Urs Schwarz<br />

Foto: Urs Schwarz<br />

Obwohl die Freiwilligenarbeit in der Schweiz<br />

eine lange Tradition hat, steckt das Corporate<br />

Volunteering noch in den Kinder schuhen.<br />

2006 schenkte die Credit Suisse diesem<br />

Thema in der Schweiz erstmals Beachtung.<br />

Auf Initiative von Hanspeter Kurzmeyer,<br />

Leiter Privatkunden Schweiz, engagierten<br />

sich die Bank und ihre Mitarbeitenden für<br />

den Suppentag, eine Aktion der Schweizer<br />

Wohltätigkeitsorganisation Schweizer Tafeln,<br />

die sich für die Bekämpfung der Armut in<br />

der Schweiz einsetzt. Durch den Erfolg der<br />

Aktion sind die Mitarbeitenden und die Bank<br />

in Sachen Corporate Volunteering auf den<br />

Geschmack gekommen.<br />

Im Rahmen ihrer weltweiten Corporate<br />

Citizenship Initiative hat die Credit Suisse<br />

das Corporate-Volunteering-Programm im<br />

April 20<strong>08</strong> offiziell auch in der Schweiz<br />

lanciert. Hierzulande arbeitet die Bank mit<br />

sieben Non-Profit-Organisationen aus den<br />

Bereichen Community Development und Bildung<br />

zusammen. «Die Zielsetzungen dieser<br />

Organisationen decken sich voll und ganz<br />

mit den unsrigen», erklärt Fritz Gutbrodt,<br />

Marcel Huly (rechts) und Biker Max<br />

trafen sich an der Wohltätigkeitsveranstaltung<br />

Love Ride Switzerland.<br />

Leiter Chairman’s Office, Credit Suisse.<br />

«Volunteering ist ein wichtiger Eckpfeiler<br />

unserer Unternehmenskultur», unterstreicht<br />

auch Ulrich Körner, CEO Credit Suisse<br />

Schweiz. «Sein Nutzen kann nicht hoch genug<br />

eingeschätzt werden, fördert es doch<br />

nicht nur die Sozial- und Fachkompetenz,<br />

sondern trägt auch zur Reputation unseres<br />

Unternehmens bei.»<br />

Zu den Partnern gehört neben dem<br />

Schwei zerischen Roten Kreuz auch das<br />

Bergwaldprojekt, das sich für die Erhaltung<br />

der Bergwälder einsetzt. Procap, Plusport<br />

und Love Ride Switzerland sind Initiativen<br />

zugunsten von Behinderten, während die<br />

Stiftung «Hoffnung für Menschen in Not»<br />

Unterstützung für Bedürftige bietet.<br />

Die Organisation Young Enterprise Switzerland<br />

verfolgt ein anderes Ziel: jungen<br />

Menschen wirtschaftliches und finanzielles<br />

Grundwissen zu vermitteln, um sie besser<br />

auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes<br />

vorzubereiten. Neben der Unterstützung<br />

dieser offiziellen Partnerorganisationen fördern<br />

die einzelnen Geschäftsregionen in der<br />

Schweiz auch lokale Freiwilligenprojekte.<br />

Mitarbeiten de der Credit Suisse werden ermuntert,<br />

sich einen Tag pro Jahr freiwillig<br />

für ein Projekt einer Partnerorganisation der<br />

Bank einzusetzen, für den sie von der Credit<br />

Suisse entschädigt werden.<br />

Der Love Ride Switzerland, der am 4. Mai<br />

in Dübendorf bei Zürich stattfand, ist eine<br />

jährliche Benefi zveranstaltung, bei der sich<br />

die Bikerszene trifft, um Spenden für Wohltätigkeitsorganisationen<br />

zu sammeln, welche<br />

muskelkranke und behinderte Kinder<br />

unterstützen. Zahlreiche Mitarbeitende der<br />

Bank nutzten die Gelegenheit, an der Veranstaltung<br />

mitzuwirken. So auch Marcel Huly.<br />

Der Junior Banker half bei der Regelung<br />

des Verkehrs der über 10 000 angereisten<br />

Motorradfahrer mit. <<br />

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66<br />

Gesellschaft Klimawandel<br />

Radikale Wege finden<br />

Um verheerende Folgen des Klimawandels abzuwenden, verlangten Wissenschaftler<br />

und Stadtplaner an dem von der Credit Suisse unterstützten World Science Summit<br />

in New York radikale Massnahmen.<br />

Text: Peter Hossli<br />

Der Physiker Steven Chu, Direktor des Lawrence<br />

Berkeley National Laboratory, spricht<br />

deutliche Worte: «Schaffen wir bis 2050<br />

nicht die Klima umkehr, dann geht in den<br />

USA die Produktion der Nahrungsmittel um<br />

20 Prozent zurück.» Auf den Bergen, so seine<br />

Begründung, liege dann zu wenig Schnee,<br />

um in Kalifornien die Felder mit Wasser zu<br />

versorgen. «Amerika wird hungern.»<br />

Ausser Frage stehe, dass Wälder verdorren<br />

und Küsten überfl utet werden, sagte<br />

Nobelpreisträger Chu. «Nur mit umwälzender<br />

Technologie lässt sich eine Klimakatastrophe<br />

noch abwenden.» Er war erster Redner<br />

der Gesprächsrunde «Radikale Wissenschaft<br />

für einen sich erwärmenden Planeten» am<br />

World Science Summit Ende Mai in New<br />

York. Etliche angesehene Wissenschaftler<br />

würden derzeit nonstop über revolutionäre<br />

Ideen nachdenken, beschrieb er die Aufbruchstimmung<br />

unter Forschern.<br />

Forschung an synthetischen Pflanzen<br />

Chu skizzierte, wie mit Hilfe der Nanotechnologie<br />

neuartige Solarzellen entstehen.<br />

Dann stellte er genveränderte Gräser vor,<br />

aus denen weit komplexere Zuckerarten und<br />

somit hochwertigere Biokraftstoffe gewonnen<br />

werden sollen, als das mit Mais oder<br />

Zuckerrohr möglich sei. Es werde an synthetischen<br />

Pflanzen gearbeitet, die mit Photosynthese<br />

Energie erzeugen. Zum Schluss<br />

zeigte Chu ein Bild der Erde, aufgenommen<br />

vom Mond. «Ist der Blaue Planet nicht wunderschön?»,<br />

fragte er. «Er ist einmalig und<br />

nicht ersetzbar.»<br />

Ein Ansinnen, das der chinesische Umweltminister<br />

Zhenhua Xie teilt. Das rasante<br />

Wachstum seines Landes sei «nicht nachhaltig»,<br />

sagte er. Handle sein Land nicht<br />

rasch, würde der Wirtschaftsboom irreparable<br />

Schäden anrichten. Wohl deshalb erteilte<br />

die chinesische Regierung dem britischen<br />

Ingenieurbüro Arup den Auftrag, auf<br />

einer Insel bei Shanghai die umweltfreundliche<br />

Modellstadt Dongtan zu bauen. Arup-<br />

Direktor Peter Head stellte das Projekt vor<br />

und erklärte, warum jede Stadt der Welt sich<br />

an Dongtan orientieren müsse. «Vor 100<br />

Jahren standen jedem Menschen acht Hektaren<br />

Land zur Verfügung», sagte er. «Heute<br />

sind es noch zwei, doch leben wir so, als ob<br />

diese Verschiebung nie passiert wäre.»<br />

Bis 2010 will Head die erste Phase abschliessen.<br />

Vorerst 7000 Menschen ziehen<br />

dann in Dongtan ein und leben umweltneutral.<br />

Auf eine halbe Million Menschen könne<br />

die Stadt im Lauf der Jahrzehnte anwachsen.<br />

Sie liegt am Meer, sodass Materialien<br />

per Schiff ankommen. Strom wird in Dongtan<br />

durch Wind und in von organischem<br />

Abfall betriebenen Kraftwerken erzeugt.<br />

Umweltfreundlich sind die Baustoffe der<br />

Häuser. Das Wasser wird rezykliert. Es gibt<br />

ein hervorragendes öffentliches Verkehrssystem,<br />

dazu Fahrrad- und Fusswege.<br />

Sämtliche Autos fahren mit Brennstoffzellen<br />

oder Elektrizität. Die Stadt sei daher weit<br />

ruhiger, was ihre Lebensqualität stark erhöhe,<br />

sagte Head. In unmittelbarer Nähe<br />

von Dongtan sollen die meisten Lebensmittel<br />

der Bewohner wachsen.<br />

Das ist Dickson Despommier nicht nahe<br />

genug. «Wir brauchen die Fläche von Brasilien,<br />

um bis 2050 drei Milliarden Menschen<br />

mehr zu ernähren», sagte der Professor für<br />

Umweltschutz und Gesundheit an der Columbia<br />

University. «Brasilien ist aber vergeben.»<br />

Da bereits 80 Prozent des globalen<br />

Agrarlandes bebaut seien, will er mitten in<br />

Städten Kohl und Kartoffeln, Wein oder<br />

Weizen anpflanzen. Bis zum Jahr 2<strong>03</strong>0 würden<br />

80 Prozent der Menschen in Städten<br />

leben. «Dort, wo Menschen leben, muss das<br />

Essen wachsen», so Despommier. «Das ist<br />

nicht nur möglich, es ist zwingend. Nur<br />

wenn wir die Natur allein lassen, kann sie<br />

sich erholen.»<br />

Wohn-, Büro- und Pflanzhäuser<br />

Seit acht Jahren entwickelt er mit seinen<br />

Studenten das kuriose Konzept der vertikalen<br />

Landwirtschaft. Gläserne Wolkenkratzer<br />

sollen sowohl Treib-, Wohn- und<br />

Büro häuser sein. Bewässern will er die<br />

Pflanzen mit städtischem Abwasser. Solarzellen<br />

entlang der Hochhäuser liefern die<br />

Energie für die vertikalen Bauernhöfe. Er<br />

hofft, in der Stadt Incheon bei Seoul einen<br />

ersten Turm errichten zu können, in dem<br />

Reis und Erdbeeren angepflanzt, aber auch<br />

Hühner und Shrimps gezüchtet werden.<br />

Nicht primär der Staat, vor allem der Privatsektor<br />

sei die treibende Kraft hinter revolutionären<br />

Projekten, lautete der Konsens der<br />

Debatte. «Investoren haben erkannt, dass<br />

sie mit radikalen Ideen die Erde retten und<br />

Geld verdienen können», sagte Peter Head.<br />

Ob sich das Klimaproblem nicht von selbst<br />

löse, wenn das Fass Rohöl dereinst 250<br />

Dollar koste, lautete eine Frage aus dem<br />

Publikum. «Das reicht nicht aus», sagte<br />

Physiker Chu und erinnerte an den Ölschock<br />

der Siebzigerjahre. Kaum fielen die Preise,<br />

sank die Dringlichkeit. «Wir befinden uns in<br />

einer Krise. Menschen sind aber eine Gattung,<br />

die Krisen gut meis tert.» <<br />

Fotos: Charly Kurz<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Gesellschaft Klimawandel<br />

67<br />

Peter Head ist der<br />

Direktor der britischen<br />

Ingenieurfirma Arup.<br />

Er entwickelt in China<br />

die umweltfreundliche<br />

Modellstadt Dongtan.<br />

«Die Zukunft ist grün»<br />

Oben Ende Mai fand in den ehrwürdigen Hallen der Columbia University in New York der<br />

von der Credit Suisse unterstützte World Science Summit statt. Unten Anlässlich der<br />

hochdotierten Podiumsdiskussion rund um die Erderwärmung diskutierten von links nach<br />

rechts: Steven Chu, Direktor des Lawrence Berkeley National Laboratory; Peter Head,<br />

Direktor bei der britischen Firma Arup, Professor Dickson Despommier, Columbia University;<br />

Andy Karsner, Assistant Secretary for Energy; Walter Isaacson, Präsident und CEO des<br />

Aspen Institute.<br />

Bulletin: Eine grüne Modellstadt neu aufzubauen,<br />

scheint realistisch, aber wie<br />

verwandeln Sie bestehende Metropolen in<br />

grüne Städte?<br />

Peter Head: Es braucht dazu Partnerschaften<br />

zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen<br />

Hand. Deren Ziel muss es sein, den Ausstoss<br />

von Kohlenstoffen zu vermindern. Wir<br />

haben Modelle erstellt, in denen Städte und<br />

Regionen mit 100000 bis 200000 Menschen<br />

in einem Zeitraum von 30 Jahren begrünt werden<br />

können.<br />

Wie soll das gehen?<br />

Im Vordergrund stehen bessere öffentliche Verkehrsmittel,<br />

Fahrrad- und Fussgängerzonen.<br />

Die Nahrungsmittelproduktion muss in oder an<br />

den Rand von Städten verlegt werden. Städte<br />

sollen dichter bebaut werden, sodass Freiräume<br />

für Parks entstehen.<br />

Der Traum von der Modellstadt existiert<br />

seit Jahrzehnten. Projekte in Brasilien,<br />

in Mexiko oder in Australien führten aber zu<br />

leblosen Kunststädten.<br />

Head: Oft fehlt bei geplanten Städten die<br />

Authentizität. Es ist wichtig, die Kultur, die Geschichte<br />

und die natürliche Umgebung eines<br />

Ortes zu verstehen und bei der Planung einzubeziehen.<br />

So kann eine kulturell dynamische<br />

Stadt entstehen, die organisch wächst.<br />

In der Regel entscheidet der Markt über<br />

das Wachstum einer Stadt. Der Markt lässt<br />

sich nicht planen.<br />

Head: Der Plan einer Modellstadt muss sich<br />

am kommerziellen Wert des Landes orientieren.<br />

Wir schaffen nur Rahmenbedingungen für den<br />

Privatsektor, umweltgerecht zu bauen. Effiziente<br />

Nutzung von Ressourcen wird der künftige<br />

Antrieb für Wirtschaftswachstum sein. Die Zukunft<br />

ist grün.<br />

Sowohl in Europa wie in Asien und den<br />

USA gibt es Initiativen für grünere Städte.<br />

Warum gerade jetzt?<br />

Head: Anleger haben den Umweltschutz als<br />

Investmentmöglichkeit erkannt. Viele Führungskräfte<br />

sehen ihn als gutes Geschäft. Sprach<br />

man früher von Corporate Responsibility, ist der<br />

Umweltschutz heute ein knallhartes Geschäft<br />

geworden. hoss<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


68<br />

Gesellschaft Volunteering<br />

Eine unkonventionelle Schule in Harlem<br />

The Children’s Storefront<br />

«The Children’s Storefront», eine gebührenfreie Privatschule im New Yorker Stadtbezirk<br />

East Harlem, will ihren Schülern eine solide Ausbildung anbieten. Das jährliche Betriebsbudget<br />

von 3,6 Millionen Dollar wird fast vollständig über Private finanziert. Die Credit<br />

Suisse gehört zu den wichtigsten Spendern von Geld, aber auch von Freiwilligenarbeit.<br />

Text: Dorothée Enskog<br />

«The Children’s Storefront» wurde 1966 vom<br />

Dichter Ned O’Gorman als «Auffangzentrum»<br />

für Kinder aus Harlem gegründet. Seither hat<br />

sich die Einrichtung zu einer eigenständigen<br />

Schule für Kinder vom Vorschulalter bis zur<br />

achten Klasse entwickelt. Harlem, der Stadtteil,<br />

in dem die Schule liegt, kämpft mit Sozialproblemen<br />

verschiedenster Art und weist ein<br />

mittleres Einkommen von 16 600 Dollar sowie<br />

die höchste Dichte an Notunterkünften und<br />

Drogenbehandlungszentren des gesamten<br />

Stadtbezirks Manhattan auf.<br />

Neben einem geordneten und abwechslungsreichen<br />

Unterrichtsplan verfügt die<br />

Schule in Harlem auch über ein Nachmittags-<br />

und Bereicherungsprogramm, um die<br />

akademische Entwicklung der Schüler zu<br />

fördern und ihnen nach Schulschluss und<br />

während der Sommerferien, wenn manche<br />

von ihnen unbeaufsichtigt und somit anfällig<br />

für negative Einflüsse sind, einen sicheren<br />

Hort zu bieten.<br />

Banker leisten positiven Beitrag<br />

In diesem Jahr sind rund 170 Schülerin nen<br />

und Schüler eingeschrieben, die neben dem<br />

regelmässigen Unterricht in Fächern wie<br />

Mathematik, Geschichte und Englisch auch<br />

von einer breiten Palette ausserschulischer<br />

Aktivitäten wie Gospelchor, Kunst, Leichtathletik<br />

und afrikanischem Tanz profitieren.<br />

Bei der Koordination all dieser Aktivitäten<br />

wird das 40-köpfige Schulpersonal von 70<br />

Freiwilligen unterstützt, die im Schulzimmer<br />

und in der Bibliothek wie auch hinter den<br />

Kulissen beim Spendensammeln und in der<br />

Verwaltung aushelfen.<br />

Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung<br />

werden ebenfalls angeboten, und hier macht<br />

sich das Engagement der Mitarbeitenden<br />

der Credit Suisse bemerkbar. Im letzten<br />

Jahr leisteten mehr als 110 Mitarbeitende<br />

der Bank insgesamt 430 Stunden Freiwilligenarbeit<br />

für die «Children’s Storefront»,<br />

hauptsächlich in Form von Nachhilfe.<br />

Banker leisten positiven Beitrag<br />

Zweimal im Monat besucht eine Gruppe junger<br />

Investmentbanker zusammen mit Managing<br />

Director Eileen Urban die Schule, um<br />

den Kindern Nachhilfeunterricht zu erteilen.<br />

«Zu viert oder fünft helfen wir Zweit-, Drittund<br />

Viertklässlern in den wichtigsten Fächern,<br />

vor allem Mathematik und Lesen. Ich<br />

denke, die involvierten Nachwuchsbanker<br />

sind mit Freude bei der Sache, denn die<br />

Kinder zeigen sich fleissig und interessiert»,<br />

erklärt Urban.<br />

Ein weiterer «Volunteer» ist Managing<br />

Director George Weiksner, der sich über<br />

100 Stunden im Jahr als Mitglied des Schulvorstands<br />

engagiert, Karriereberatung bietet,<br />

Nachhilfeunterricht erteilt und an Halloween<br />

Kürbisse bemalt. «Es ist für mich eine<br />

sehr bereichernde Erfahrung», sagt er. «Für<br />

Kinder aus heruntergekommenen Stadtquartieren<br />

ist Schulbildung das wichtigste<br />

Mittel, die vielen Benachteiligungen zu überwinden,<br />

denen sie sich gegenübersehen. Ich<br />

ermuntere andere dazu, von dieser Möglichkeit<br />

Gebrauch zu machen und etwas für das<br />

Wohl ihrer Gemeinde zu tun.»<br />

«The Children’s Storefront» ist die wichtigste<br />

Wohltätigkeitsorganisation der Investment<br />

Banking Division der Credit Suisse in<br />

New York. «Wir sammeln auch an unserer<br />

Weihnachtsfeier Geld für die Schule», sagt<br />

Urban. Zu den weiteren Projekten in der<br />

Pipeline gehören eine Büchersammelaktion,<br />

Weihnachtsgeschenke für die Schüler und<br />

die Beteiligung an einem Theaterprojekt mit<br />

Kindergärtnern in einem Pflegeheim.<br />

Ziel der Schule ist es, die Kinder nicht nur<br />

akademisch auf das Erwachsenenleben vorzubereiten,<br />

sondern ihnen in Zusammenarbeit<br />

mit Familien und Gemeindemitgliedern<br />

auch den sozialen und emotionalen Rückhalt<br />

zu bieten, den sie für die Weiterbildung<br />

benötigen. «Wir wollen jedes Kind dazu befähigen,<br />

sein Potenzial zu erreichen, indem<br />

wir den Schülern die Möglichkeit zu einer<br />

hervorragenden Ausbildung geben. Wir kombinieren<br />

die offene Aufnahmepolitik des<br />

amerikanischen Schulsystems mit dem rigorosen<br />

akademischen Lehrplan einer Privatschule.<br />

Dieser Ansatz hat sich als äusserst<br />

erfolgreich erwiesen», erklärt die Leiterin<br />

der «Children’s Storefront», Kathy Egmont.<br />

Fast 93 Prozent aller «Storefront»-Absolventen<br />

machen den Highschool-Abschluss<br />

und 75 Prozent besuchen danach ein College.<br />

Diese Zahlen liegen deutlich über der<br />

Durchschnittsrate von 33 Prozent für Highschool-Abschlüsse<br />

in der Stadtgegend.<br />

Banker leisten positiven Beitrag<br />

«Wenn Kinder die Highschool nicht abschliessen,<br />

hat das enorme Folgekosten.<br />

Die Arbeitslosigkeit unter jenen, die keinen<br />

Abschluss besitzen, ist doppelt so hoch wie<br />

bei jenen mit einem Bachelor», sagte Rob<br />

Shafir, CEO der Region Americas, anlässlich<br />

der jährlichen Frühlingsgala der Schule<br />

am 19. Mai in New York. «Eine Investition in<br />

‹The Children’s Storefront› macht sich deshalb<br />

definitiv bezahlt», erklärte er vor 500<br />

Gönnern der Schule. Die Credit Suisse war<br />

Ehren gast der Veranstaltung und spendete<br />

der Schule in diesem Jahr einen Betrag<br />

von 250 000 Dollar. <<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Gesellschaft Meldungen 69<br />

Kurze Meldungen<br />

Fotos: Credit Suisse<br />

Drei Millionen für die Katastrophenhilfe<br />

in China und Myanmar gesammelt<br />

In der Geschäftsregion Asia Pacifi c lassen<br />

Mitarbeitende der Credit Suisse von Zeit zu<br />

Zeit ihre Geschäftsgarderobe zu Hause und<br />

erscheinen stattdessen in Jeans zur Arbeit.<br />

Doch nicht ohne Folgen: Die Jeansträger<br />

verpfl ichten sich zu einer Geldspende für<br />

einen wohltätigen Zweck. Das Geld, das die<br />

Mitarbeitenden am bisher letzten «Jeans Day» Ende Mai 20<strong>08</strong> spendeten,<br />

ging an Hilfs- und Wiederaufbauprojekte in China und<br />

Myanmar. Am 12. Mai 20<strong>08</strong> hatte ein Erdbeben der Stärke 7,9 auf<br />

der Richterskala die nordwestchinesische Provinz Sichuan erschüttert.<br />

Das Erdbeben hinterliess 80 000 Tote oder Vermisste und über<br />

fünf Millionen Obdachlose. Zehn Tage zuvor hatte ein Wirbelsturm<br />

Südostasien heimgesucht. Der Zyklon «Nargis» zerstörte weite Teile<br />

Myanmars und forderte 130 000 Tote oder Vermisste.<br />

Mit der «Jeans Day»-Spendenaktion vom 23. Mai 20<strong>08</strong> kamen<br />

allein durch die Mitarbeitenden der Credit Suisse in der Region<br />

Asia Pacifi c fast 500 000 Franken zusammen. Weitere 200 000<br />

Franken wurden von Mitarbeitenden der Bank über andere Kanäle<br />

gespendet. Der Katastrophenhilfsfonds der Credit Suisse Foundation<br />

besserte die Spendenaktion der Mitarbeitenden durch den<br />

doppelten Beitrag auf, sodass insgesamt über zwei Millionen Franken<br />

überwiesen werden konnten. Ausserdem leistete das Unternehmen<br />

zwei Sofortspenden in Höhe von je 500 000 Franken für<br />

Nothilfeprojekte in Myanmar und China. Der gesamte Spen denbetrag<br />

beläuft sich somit auf über drei Millionen Franken. de<br />

Führende CEOs befassen sich mit<br />

dem Thema Klimawandel<br />

Am 20. Juni 20<strong>08</strong> wurde dem japanischen Premierminister Yasuo<br />

Fukuda, der im Juli Gastgeber des jährlichen G8-Gipfels auf Hokkaido<br />

(Japan) ist, ein an die Führer der G8-Staaten gerichteter Bericht<br />

mit detaillierten Empfehlungen zum Klimawandel für die Zeit<br />

nach 2012 vorgelegt. Die «CEO Climate Policy Recommendations<br />

to G8 Leaders» werden von den CEOs der 100 grössten multi natio<br />

na len Unternehmen unterstützt, darunter auch Brady Dougan,<br />

CEO der Credit Suisse. Diese Gruppe von CEOs der weltgrössten<br />

Unternehmen plädiert für ein neues, «umweltpolitisch wirksameres<br />

und wirtschaftlich effi zienteres» politisches Rahmenwerk als Nachfolger<br />

des Kyoto-Abkommens. Die Empfehlungen gehen von einer<br />

starken Führungsrolle aller Regierungen, insbesondere jener der<br />

wichtigsten Wirtschaftsmächte, aus. mb<br />

Innovative Mittelbeschaffung für<br />

Bildungsprojekt in Pakistan<br />

«Dragon’s Den» heisst eine beliebte britische Fernsehshow, bei der<br />

künftige Unternehmer ihre Geschäftsideen möglichen Investoren<br />

vorstellen. Die Credit Suisse in London hat dieses Konzept für<br />

einen gemeinnützigen Zweck übernommen: Bei der ersten Charity<br />

Dragon’s Den Competition wurden fünf Finalisten von einer internen<br />

Jury, die total 100 000 Pfund verteilen konnte, ins «Kreuzverhör»<br />

genommen. Den Hauptpreis gewann Ali Atif, der die Organisation<br />

The Citizen Foundation (TCF) unterstützt, welche in Pakistan bislang<br />

455 Schulen gebaut hat. Diese werden von rund 55 000 Schülern<br />

und Schülerinnen besucht, die sonst keine Bildungschance<br />

erhalten hätten. Als besonders preiswürdig wurde die Mittelbeschaffung<br />

erachtet: Atif und seine Freunde gründeten eigens die<br />

Firma CV Boosters, in der freiwillige Finanzspezialisten Schulung<br />

und Beratung anbieten, sei es beim Schreiben von Bewerbungsbriefen<br />

oder Führen von Vorstellungsgesprächen. Der gesamte<br />

Erlös fl iesst zur TCF nach Pakistan. Den zweiten Preis gewann<br />

Giles Keating mit dem Projekt VoiceMail4All, das Obdachlosen in<br />

London einen kostenlosen Voicemail-Zugang zur Verfügung stellt,<br />

damit potenzielle Arbeitgeber leichter mit ihnen in Kontakt treten<br />

können. (Siehe auch www.credit-suisse.com/verantwortung) schi<br />

«Giving Back Awards» in New York<br />

würdigen Freiwilligenarbeit<br />

Am 30. April war die Credit Suisse Americas<br />

Foundation zum dritten Mal Gastgeberin der<br />

«Giving Back Awards». An diesem Event<br />

werden tausende von Mitarbeitenden der<br />

Credit Suisse gewürdigt, die sich während<br />

des Jahres freiwillig in gemeinnützigen Organisationen<br />

engagieren. «Die ‹Giving Back<br />

Awards› bieten der Credit Suisse Gelegenheit, sich bei allen Mitarbeitenden<br />

zu bedanken, die in ihrem Umfeld einen herausragenden<br />

Beitrag geleistet haben», sagte Eric Eckholdt, Exe ku tiv direk tor<br />

der Foundation, an der Veranstaltung. «Dieser Anlass bietet den<br />

Anwesenden ausserdem Einblick in die Vielfalt der freiwilligen Einsätze,<br />

die wir leisten.»<br />

Die Veranstaltung wurde von fast 500 Mitarbeitenden in<br />

New York besucht und über Videokonferenz für Mitarbeitende in<br />

ganz Nord- und Lateinamerika übertragen. Robert Shafi r, CEO<br />

Asset Management und CEO Region Americas der Credit Suisse,<br />

eröffnete die Veranstaltung. In seiner Rede betonte er die Zielsetzung<br />

der Bank, etwas an die Gemeinden, in denen sie tätig ist,<br />

zurückzugeben. Ausserdem gelte es, den Einsatz der Mitarbeitenden<br />

für Organisationen zu würdigen, die von der Credit Suisse<br />

unterstützt werden. «Es ist wichtig, dass wir diejenigen Personen<br />

anerkennen und belohnen, die helfen, diesen Geist innerhalb der<br />

Bank zu entwickeln», erklärte er. Ausgezeichnet wurden herausragende<br />

Beiträge in den folgenden Kategorien: «Most Valuable<br />

Volunteer», «Branch Offi ce of the Year», «Department/Division of<br />

the Year», «Fundraiser of the Year», «Innovator of the Year», «Leadership,<br />

Mini-Grant of the Year», «Champion of the Year», «Rookie of<br />

the Year» und «Unsung Heroes».<br />

Die jährlich stattfi ndende Veranstaltung wird von der Credit<br />

Suisse Americas Foundation unterstützt. Die Stiftungsräte der<br />

Foundation überreichten den zahlreichen Mitarbeitenden und Teams<br />

für ihre herausragenden Leistungen im vergangenen Jahr die<br />

«Giving Back Awards». mb<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Leader Kofi Annan<br />

71<br />

«Der Klimawandel verursacht eine<br />

gefährliche Kettenreaktion»<br />

Interview: Mandana Razavi<br />

Eineinhalb Jahre sind vergangen, seit Kofi Annan sein Amt<br />

als Generalsekretär der Vereinten Nationen an seinen Nachfolger<br />

übergeben hat. Doch der Mann, der von der Öffentlichkeit als<br />

«moralisches Gewissen der Welt» bezeichnet wird, setzt sich weiterhin<br />

für die Schwächsten ein – und mobilisiert dafür die Stärksten.<br />

Foto: Larry W. Smith, epa, Keystone<br />

Bulletin: Nach Ablauf Ihrer Amtszeit als<br />

Generalsekretär der Vereinten Nationen<br />

haben Sie sich neuen Projekten zugewandt:<br />

Zusammen mit dem Aus sen ministe<br />

rium der Schweiz und der Stadt<br />

Genf haben Sie das «Global Humanitarian<br />

Forum» gegründet. Wie kam es dazu?<br />

Kofi Annan: Wir haben uns die humanitäre<br />

Situation in der Welt angesehen und uns dabei<br />

gefragt, wie wir als Gesellschaft am besten<br />

an diese Probleme herangehen können.<br />

Wir wollten uns diesem Thema auf systematische<br />

Weise annähern, um nachhaltig etwas<br />

bewirken zu können. So kamen wir auf die<br />

Idee, ein Forum zu gründen, das sich auf<br />

globaler Ebene mit den humanitären Problemstellungen<br />

unserer Zeit befasst. Wir<br />

versuchten, möglichst viele Experten und<br />

Meinungsführer aus ganz unterschiedlichen<br />

Bereichen – wie etwa aus Universitäten, Regierungen,<br />

der Privatwirtschaft, dem Militär<br />

oder aus Nichtre gierungsorganisationen – zu<br />

überzeugen und an einen Tisch zu bringen.<br />

Das Forum wurde letzten Oktober ins<br />

Leben gerufen. Wie geht es weiter?<br />

Das erste Jahrestreffen fand am 24. und<br />

25. Juni statt. Wir haben beschlossen, uns<br />

im ersten Jahr auf den Zusammenhang zwischen<br />

dem Klimawandel und der prekären<br />

humanitären Situation in den ärmsten Ländern<br />

zu konzentrieren und mit vereinten<br />

Kräften nach Lösungen zu suchen. Erstaunlicherweise<br />

denken auch heutzutage noch<br />

viele Menschen, dass der Klimawandel etwas<br />

ist, das irgendwann einmal – in ferner<br />

Zukunft – auf uns zukommt. Sie betrachten<br />

die Entwicklungen der Umwelt gewissermassen<br />

als abstraktes Problem. So wissen<br />

zwar viele, dass es wichtig ist, die Treibhausgasemissionen<br />

weltweit drastisch zu<br />

reduzieren, um drohende Umweltkatastrophen<br />

zu verhindern, aber die Menschen sind<br />

sich viel zu wenig im Klaren darüber, dass<br />

der Klimawan del bereits stattfindet und unsere<br />

Umwelt schon stark davon betroffen<br />

ist. Dabei ist es entscheidend, die Dringlichkeit<br />

dieses Problems zu erkennen, zumal der<br />

Klimawandel einen direkten Einfluss auf das<br />

Leben der Menschen hat – besonders auf<br />

jene in den Entwicklungsländern. So verursacht<br />

er in einigen Ländern lange und<br />

schwere Trockenperioden, die wiederum<br />

fatale Auswirkungen auf die Produktivität<br />

der Landwirtschaft haben. Als Folge davon<br />

nehmen Unterernährung und Krankheiten<br />

dramatisch zu.<br />

Sie verweisen hier also auf das<br />

Phänomen einer Kettenreaktion?<br />

Genau. In manchen Regionen dehnt sich die<br />

Wüste mit einer Geschwindigkeit von über<br />

sieben Kilometern pro Jahr aus. Es ist absolut<br />

zwingend, so rasch als möglich Massnahmen<br />

zu ergreifen, um diese gefährlichen<br />

Entwicklungen unter Kontrolle zu bringen<br />

und diese Regionen zu entlasten. Die Menschen<br />

dieser Länder sind die ärmsten, die<br />

am leichtesten verwundbaren und die mit<br />

den geringsten Ressourcen. Wir müssen<br />

dringend einen Weg finden, sie zu unterstützen,<br />

und ihnen helfen, sich an die veränderten<br />

Umweltbedingungen anzupassen.<br />

Noch sind die Auswirkungen des<br />

Klimawandels nicht für alle spürbar.<br />

Wie dramatisch ist die Situation wirklich?<br />

Wie dramatisch die Situation in einigen Ländern<br />

bereits ist, sehen und hören wir immer<br />

wieder: So leben beispielsweise die Menschen<br />

zahlreicher Städte, die sich nahe am<br />

Meeresspiegel befinden, in ständiger Bedrohung<br />

vor Überflutung. Der Präsident der<br />

Malediven, der an einem unserer Semi- ><br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


72<br />

Leader Kofi Annan<br />

In seiner zehnjährigen Tätigkeit<br />

als Generalsekretär stellte Kofi Annan<br />

in diversen Krisensituationen sein<br />

diplomatisches Geschick eindrucksvoll<br />

unter Beweis: So bemühte er<br />

sich um die Zustimmung des Iraks zu<br />

den Resolutionen des Sicherheitsrats<br />

und unterstützte den Übergang zu<br />

einer Zivilregierung in Nigeria. Nach der<br />

Unabhängigkeitserklärung Ost-<br />

Timors und den darauffolgenden Ausschreitungen<br />

und Terrorakten der<br />

indonesischen Milizen im September<br />

1999 beauftragte er eine UN-Delegation<br />

mit der Übergangsverwaltung<br />

und dem Ziel, Ost-Timor zur Gründung<br />

eines unabhängigen Staates zu<br />

ver helfen. Weiter setzte Annan<br />

die Bekämpfung von HIV und Aids auf<br />

die Traktandenliste der UNO, die bis<br />

zum damaligen Zeitpunkt eine adäquate<br />

Auseinandersetzung mit diesem<br />

Thema versäumt hatte. Ein weiteres<br />

Beispiel seines Schaffens war<br />

die Lancierung des Global Compact,<br />

dessen Ziel es ist, den Herausforderungen<br />

der Globalisierung in den<br />

Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen<br />

und Umwelt zu be gegnen.<br />

Die Amtszeit Kofi Annans endete am<br />

31. Dezember 2006. Seither hat er<br />

sich unter anderem als Chef vermittler<br />

in der kenianischen Krise betätigt<br />

und engagiert sich mit dem Global<br />

Humanitarian Forum und der Alliance<br />

for a Green Revolution in Africa<br />

weiterhin tatkräftig im humanitären<br />

Bereich. Kofi Annan ist in zweiter<br />

Ehe mit der schwedischen Rechtsanwältin<br />

Nane Lagergren verheiratet und<br />

hat zwei Kinder aus erster Ehe.<br />

nare in Genf teilnahm, berichtet, dass die<br />

Einwohner der Malediven das Meer über<br />

Jahrtausende hinweg als «mächtigen Freund»<br />

und Quelle des Lebens angesehen hätten.<br />

Die Einstellung der einheimischen Menschen<br />

habe sich in den letzten Jahren jedoch<br />

grundlegend geändert. Das Meer sei für sie<br />

zum Feind geworden, denn der stetig ansteigende<br />

Meeresspiegel bedrohe mittlerweile<br />

ihre gesamte Existenz. Sie seien daher gezwungen,<br />

unverzüglich Massnahmen zu ergreifen,<br />

um sich zu schützen.<br />

Welchen Beitrag kann die Privatwirtschaft<br />

leisten?<br />

Wir erwarten vom Privatsek tor, dass er mit<br />

weiteren Innovationen aufwartet – etwa indem<br />

sowohl Know-how als auch fi nanzielle<br />

Mittel in «grüne Technologien» investiert<br />

werden. Ich bin der Überzeugung, dass es<br />

sich für diejenigen, die ihr Fachwissen , ihre<br />

Kreativität und ihr Geld in diesen Geschäftsbereich<br />

fl iessen lassen, langfristig lohnen<br />

wird. Ich glaube, dass die Entwicklung «Greening<br />

of the World» ähnlich wichtig für unsere<br />

Gesellschaft werden könnte wie einst die<br />

industrielle Revolution. Viele kreative Köpfe<br />

und innovative Firmen fokussieren momentan<br />

auf dieses Thema. Und ich denke, sie<br />

sind auf dem richtigen Weg.<br />

Und abgesehen von den erhofften<br />

Innovationen aus der Wirtschaftswelt ?<br />

Natürlich gibt es diverse andere Instrumente,<br />

mittels derer die Privatwirtschaft uns unterstützen<br />

kann. So könnte man nach Möglichkeiten<br />

suchen, um den Bauern Risikoversicherungen<br />

anzubieten, die sie bei Ernteausfällen<br />

auffangen, oder man könnte Menschen<br />

Zugang zu finanziellen Mitteln ermöglichen,<br />

die normalerweise keinerlei Zugang zu Geld<br />

haben und die auch niemanden zum Thema<br />

Finanzierung um Rat fragen können. Der<br />

Privatsektor kann einen weiteren wichtigen<br />

Beitrag leisten, indem er den Aufbau von<br />

kleinen und mittelgrossen Unternehmen in<br />

Entwicklungsländern unterstützt und fördert.<br />

Dies nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern<br />

auch indem man die Menschen vor Ort<br />

bei Vertragsverhandlungen und in Finanzangelegenheiten<br />

berät. Ganz besonders<br />

Mikrounternehmungen sind auf das Knowhow<br />

und die Kompetenz grösserer Wirtschaftskonzerne<br />

angewiesen, um ihr Geschäft<br />

zum Laufen zu bringen. Erfreulicherweise<br />

engagieren sich immer mehr Wirtschaftsunternehmen<br />

im Bereich der Mikrofinanz.<br />

Doch egal auf welchem Weg sich der Privatsektor<br />

einbringen will: Es ist wichtig, sicherzustellen,<br />

dass der eingeschlagene Weg<br />

nachhaltig ist. Nur nachhaltig geplante<br />

Massnahmen büssen nicht schon nach kurzer<br />

Zeit ihre Wirkung ein.<br />

Viele grosse Unternehmen haben<br />

in den letzten Jahren den Global Compact<br />

unterzeichnet, einen Pakt, der zwischen<br />

Unternehmen und der UNO geschlossen<br />

wird, mit dem Ziel, die Globalisierung<br />

sozialer und ökologischer zu gestalten.<br />

Greift der Global Compact Ihrer Meinung<br />

nach überhaupt noch weit genug?<br />

Das Ziel und die Absichten des Global Compact<br />

waren sicherlich ein guter Anfang. Wir<br />

haben den Global Compact 1999 in Davos<br />

lanciert. Mittlerweile haben fast 4000 Unternehmen<br />

aus aller Welt den Global Compact<br />

unterschrieben. Das ist ein beachtlicher<br />

Erfolg. Aber wenn ich mir die Situation der<br />

Umwelt heute anschaue, denke ich, dass<br />

noch mehr getan werden sollte. Wir müssen<br />

alle noch besser zusammenarbeiten, um die<br />

Treibhausgasemissionen weiter redu zieren<br />

zu können. Es sollten dringend weitere Anpassungen<br />

in diversen Bereichen wie etwa<br />

Infrastruktur und Verkehr vorgenommen<br />

werden. Es gilt jedoch einen Weg zu finden,<br />

der auch den ärmeren Ländern ermöglicht,<br />

mit diesen Anpassungen umgehen zu können.<br />

Denn all diese Anpassungen, die zur<br />

Reduktion der Treibhausgase dringend nötig<br />

sind, werden eine gewaltige Menge an fi nanziellen<br />

Mitteln verschlingen. Also müssen wir<br />

uns so schnell als möglich um neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />

bemühen. Vielleicht<br />

sollten wir es eher so sehen: Je grösser die<br />

Herausforderung, desto besser können wir<br />

unsere Kreativität und Innovationskraft unter<br />

Beweis stellen.<br />

Das Global Humanitarian Forum ist<br />

keineswegs das einzige Projekt, für das<br />

Sie sich engagieren. Als Vorsitzen der der<br />

Alliance for a Green Revolution in Africa<br />

(AGRA) bemühen Sie sich um die<br />

Verbesserung der Lage in Ihrer Heimat.<br />

Was steht hinter diesem Projekt?<br />

Für dieses Projekt war die grosse Besorgnis<br />

über die mangelnde Produktivität der afrikanischen<br />

Bauern – und damit die Besorgnis<br />

um den generellen Mangel an Nahrung in<br />

Afrika – ausschlaggebend. Daher habe ich<br />

vor ungefähr fünf Jahren eine Studie beim<br />

InterAcademy Council in Auftrag gegeben.<br />

Das ist ein Zusammenschluss von verschiedenen<br />

renommierten wissenschaftlichen<br />

Instituten und Akademien aus aller Welt.<br />

In der Studie sollte die Situation der afrikanischen<br />

Agrarwirtschaft analysiert werden:<br />

Wir wollten feststellen, wo genau die Pro-<br />

Foto: Mathias Luedecke<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Leader Kofi Annan<br />

73<br />

bleme liegen und in welchen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten<br />

bestehen, damit<br />

man so rasch als möglich eine Produktivitätssteigerung<br />

in der Landwirtschaft erreichen<br />

und die Bauern besser unterstützen<br />

kann. Die InterAcademy hat einen sehr fundierten<br />

Bericht abgeliefert, den wir dann<br />

diversen Führungskräften und einflussreichen<br />

Personen in ganz Afrika zukommen<br />

liessen. Der Bericht stiess auf grosses Interesse<br />

und der Stein kam ins Rollen: Vor<br />

zwei Jahren haben wir die Alliance for a<br />

Green Revolution ins Leben gerufen. Gründungsmitglieder<br />

sind etwa die Bill & Melinda<br />

Gates Foundation oder die Rockefeller<br />

Foundation. Die Kernidee war, Möglichkeiten<br />

zu finden, den Kleinbauern zu helfen: Sie<br />

sind die Hauptnahrungslieferanten in Afrika.<br />

Wir möchten sicherstellen, dass die Bauern<br />

und Bäuerinnen alles Nötige erhalten, um<br />

produktiv wirtschaften zu können. Und ich<br />

spreche hier bewusst von den Bäuerinnen,<br />

denn es sind vielfach die Frauen, die die<br />

Felder bewirtschaften.<br />

Angesichts der immer noch schwierigen<br />

Situation in Afrika scheinen die<br />

Ziele, die man sich gesteckt hat, ambitioniert.<br />

Wie gehen Sie bei der AGRA vor,<br />

um sie zu erreichen?<br />

Wir müssen versuchen, den Bauern qualitativ<br />

hochwertige res Saatgut zu besorgen,<br />

damit sie höhere Erträge erwirtschaften<br />

können. Wichtig ist auch, dass es besonders<br />

widerstandsfähig gegenüber Pflanzenschädlingen<br />

ist. Zudem müssen wir nach<br />

Wegen suchen, die Bodenqualität zu verbessern.<br />

Durch das Klima und die ständige<br />

Hitze ist der Boden in Afrika stark beansprucht<br />

und ausgelaugt. Wenn wir hier eine<br />

Lösung finden, könnten die Erträge der<br />

Landwirtschaft signifikant gesteigert werden.<br />

Ein ganz zentraler Punkt ist auch die<br />

Sicherstellung einer zuverlässigen Wasserversorgung.<br />

Zudem arbeiten wir daran, Lösungen<br />

für die Lagerung von Lebensmitteln<br />

zu suchen. Wir möchten mit Afrika zusammen<br />

an sämtlichen Aspekten der Wertschöpfungskette<br />

arbeiten, die den Anschluss<br />

des Kontinents an den Markt verbessern,<br />

und hoffen, dass wir durch all diese Massnahmen<br />

in zirka fünf Jahren die afrikanische<br />

Nahrungsmittelkapazität verdoppeln oder<br />

sogar verdreifachen können. <<br />

Kofi Annan war Gastreferent am ersten<br />

Credit Suisse Salon, der am 23. April im<br />

Museum Rietberg in Zürich stattfand.<br />

Lebensweg eines Krisenmanagers<br />

Sein Verständnis für fremde Kulturen und sein Verhandlungsgeschick sind<br />

legendär. Erworben hat Annan diese Eigenschaften bereits in der Jugend.<br />

Als Kofi Atta Annan am 8. April 1938 als<br />

ältester Sohn einer grossen, wohlhabenden<br />

Familie in Ghana das Licht der Welt erblickte,<br />

waren die Vereinten Nationen noch nicht<br />

einmal gegründet. Die Organisation, die<br />

später seinen Lebensweg massgeblich prägen<br />

würde, sollte erst sieben Jahre später<br />

ins Leben gerufen werden. Kofi Annan verbrachte<br />

den grössten Teil seiner Kindheit in<br />

Kumasi, einer Provinzhauptstadt an der<br />

Goldküste. Sein Vater war ein angesehener<br />

Geschäftsmann und Regionalpolitiker, dessen<br />

Tätigkeit es mit sich brachte, dass Kofi<br />

und seine Geschwister häufig die Schule<br />

wechseln mussten. Die Kinder waren von<br />

Anfang an mit unterschiedlichen Kulturen<br />

konfrontiert: So lehrte man sie in der Familie<br />

afrikanische Bräuche, zugleich stand das<br />

Land damals noch unter britischer Kolonialherrschaft.<br />

Toleranz, Anpassungsfähigkeit<br />

und Verständnis für andere Kulturen waren<br />

also Werte, die sich Annan früh aneignete.<br />

Mit 16 Jahren kam er auf ein Eliteinternat,<br />

wo man erstmals bemerkte, was für ein geschickter<br />

Redner und Vermittler er war. Neben<br />

seinen ausgeprägten kom munikativen<br />

Fähigkeiten fiel auch sein sportliches Talent<br />

als Sprinter auf. Annans Internatszeit endete<br />

1957, dem Jahr der Unabhängigkeit Ghanas.<br />

Er kehrte in seine Heimatstadt Kumasi zurück<br />

und begann mit dem Wirtschaftsstudium.<br />

Die neue Situation der Unabhängigkeit<br />

in Ghana rief in ihm den Wunsch hervor,<br />

sich – wie schon sein Vater – politisch zu engagieren,<br />

um sich am Aufbau des «neuen»<br />

Landes beteiligen zu können. Er trat dem<br />

Studentenrat bei. An einem Studentenkongress<br />

wurde ein Vertreter der Ford-Stiftung<br />

auf den charismatischen jungen Mann aufmerksam.<br />

Er riet Annan, sich für ein Stipendium<br />

in den Vereinigten Staaten zu bewerben.<br />

Er bekam tatsächlich einen Platz an<br />

einem College in Minnesota, verliess seine<br />

Heimat und setzte sein Studium auf einem<br />

anderen Kontinent fort.<br />

Er beteiligte sich weiterhin oft an Rhetorikwettbewerben<br />

und hielt bewegende Reden<br />

über das Gefälle zwischen Arm und<br />

Reich, gewann sogar einen landesweiten<br />

Wettbewerb. 1961 schloss er sein Studium<br />

in Minnesota ab und folgte dann einem<br />

Freund in die Schweiz, um dort noch ein<br />

weiteres Jahr am Hochschulinsti tut für internationale<br />

Studien der Universität Genf zu<br />

studieren. Wie viele seiner Kommilitonen<br />

bewarb sich auch Annan um einen Job bei<br />

den Vereinten Nationen, 1962 erhielt er<br />

schliesslich eine befristete Stelle bei der<br />

Weltgesundheitsorganisation (WHO). Er erhielt<br />

ein Folgeangebot und trat eine Stelle<br />

als Verwaltungs- und Finanzfachmann an.<br />

Nach drei Jahren bei der WHO zog es ihn<br />

jedoch zurück nach Afrika. Er nahm einen<br />

Posten als Personalreferent bei der UN-Wirtschaftskommission<br />

in Äthiopien an. Danach<br />

arbeitete er bei den Notfallstreitkräften der<br />

Vereinten Nationen in Ismailia und schliesslich,<br />

wieder zurück in Genf, im Büro des<br />

Hohen Flüchtlingskommissars. Anschliessend<br />

übernahm er die Personalleitung der<br />

United Nations Emergency Force in Kairo.<br />

Von 1975 bis 1976 verliess Annan die UNO,<br />

um endlich in seine Heimat Ghana zurückzukehren<br />

und die Förderung des Tourismus<br />

vor Ort zu organisieren.<br />

Doch auch in Ghana hielt es ihn nicht lange:<br />

Wieder kehrte er zu den Vereinten Nationen<br />

zurück und arbeitete als Beigeordneter<br />

Generalsekre tär in unterschiedlichen Positionen.<br />

Im Jahr 1993 wurde Annan vom damaligen<br />

UNO-Generalsekretär Boutros<br />

Boutros-Ghali zum Untergeneralsekretär<br />

mit dem Aufgabenbereich Friedenssicherung<br />

ernannt. 1995 wurde er als Sonderbeauftragter<br />

des Generalsekretärs nach Zagreb<br />

entsandt. Seine Leistungen im Zusammenhang<br />

mit der Organisation verschiedener<br />

Kriseneinsätze in Somalia, Ruanda und dem<br />

ehemaligen Jugoslawien verschafften Kofi<br />

Annan Anerkennung auf dem internationalen<br />

diplomatischen Parkett.<br />

Am 13. Dezember 1996 wurde Annan<br />

vom UN-Sicherheitsrat als erster Schwarzafrikaner<br />

zum UN-Generalsekretär gewählt. In<br />

seiner zehnjährigen Tätigkeit als Generalsekretär<br />

der Vereinten Nationen trug Annan wesentlich<br />

zur Bewältigung diverser schwieriger<br />

politischer Situationen bei. Für seine zahlreichen<br />

Verdienste um die Menschlichkeit wurde<br />

Kofi Annan 2001 mit dem Friedensnobelpreis<br />

geehrt. Er übergab sein Amt am<br />

31. Dezember 2006 dem damaligen südkoreanischen<br />

Aussenminister Ban Ki-moon.<br />

Seither engagiert sich Kofi Annan weiterhin<br />

– und aus tiefster Überzeugung – für die<br />

Ärmsten dieser Welt. mar<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


74<br />

Auf einen Klick www.credit-suisse.com/infocus<br />

@propos<br />

Meine California Connection<br />

michele.bodmer@credit-suisse.com<br />

Meine beste Freundin lernte ich in Malibu kennen.<br />

Wir waren eine kleine Gruppe von Jungredakteuren,<br />

die ihren Uniabschluss seit ein<br />

oder zwei Jahren in der Tasche hatten. Wir arbeiteten<br />

für verschiedene Magazine eines Verlagshauses,<br />

das zu Fuss keine zehn Minuten<br />

vom Strand entfernt lag. Die Bezahlung war<br />

mickrig, das Arbeitspensum gross, doch wir<br />

jungen Schreiberlinge wussten das Optimum<br />

aus unserem attraktiven Standort herauszuholen:<br />

Im Sommer vergnügte sich unsere Clique<br />

über Mittag jeweils beim Wellenreiten.<br />

Eines Tages stiess eine junge Frau dazu.<br />

Trotz viel guten Willens konnte sie eines nicht<br />

verbergen: Sie war absolut keine Wassernixe.<br />

Tapfer versuchte sie immer wieder, auf einer<br />

Welle zu reiten – bis sie schliesslich, wie zu befürchten<br />

war, selbst von einer erfasst und verschluckt<br />

wurde. Mit bangen Blicken hielten wir<br />

von unseren Surfbrettern aus Ausschau nach<br />

ihrem auftauchenden Kopf. Nach einer gefühlten<br />

Ewigkeit strandete sie schliesslich – etwas<br />

ramponiert, wie uns schien. Sie erhob sich sogleich<br />

wieder, gab zu unser aller Verwunderung<br />

ein herzhaftes Lachen von sich, schüttelte den<br />

Sand von ihrem Badeanzug, ergriff ihr Brett<br />

und stürmte zurück zu uns ins Wasser.<br />

Das war der Moment, in dem unsere Freundschaft<br />

besiegelt wurde. Eine Freundschaft, die<br />

auch nach elf Jahren immer noch hält. Das<br />

Ungewöhnliche daran ist, dass ich seit acht<br />

Jahren in Zürich lebe. Das Band, das uns zwischen<br />

meinen alljährlichen Ferien in Kalifornien<br />

zusammenhält, heisst E-Mail. Viele mögen kritisieren,<br />

dass die E-Mail-Kommunikation die<br />

echte Kommunikation zerstört hat. Ich bin da<br />

ganz anderer Meinung. Für meine Freundin<br />

und mich ist es das zentrale Kommunikationsmittel.<br />

Mindestens zwei, drei Mal pro Woche<br />

erwarte ich morgens in der Inbox eine ausführliche,<br />

vor Witz und Häme nur so strotzende<br />

Replik auf mein E-Mail-Elaborat vom Vortag.<br />

Diese Mail – dieser Link zu meiner Vergangenheit,<br />

zu meinem Geburtsstaat Kalifornien, zu<br />

meiner Freundin – versetzt mich jeweils für den<br />

ganzen Rest des Tages in gute Laune. Und<br />

abends verfasse ich dann eine meiner Ansicht<br />

nach um einiges witzigere, aber ebenso ausführliche<br />

Antwort, an der sie sich ihrerseits<br />

beim Morgenkaffee ergötzen kann. Also: Bringen<br />

Sie Ihre Finger in Stellung und senden Sie<br />

Ihren Freunden und Verwandten noch heute<br />

einen elektronischen Brief. Sie werden es<br />

nicht bereuen.<br />

credit-suisse.com/infocus<br />

Online-Forum mit Peter Sauber<br />

Der Rennsportpionier steht den<br />

Bulletin-Lesern Rede und Antwort<br />

Seit über 50 Jahren sind Rundstrecken-Rennen in der Schweiz verboten.<br />

Die Schweiz kennt auch keine Automobilindustrie. Insofern mutet es<br />

schon fast wie ein Wunder an, dass am vergangenen 8. Juni gleich zwei<br />

in der Schweiz produzierte Fahrzeuge einen Doppelsieg in der prestigeträchtigsten<br />

Rennserie der Welt einfuhren. Dem Polen Robert Kubica<br />

kam die Ehre zu, im Grand Prix von Kanada am Steuer seines BMW<br />

Sauber F1.<strong>08</strong> den ersten Sieg seines Rennstalls in der Formel 1 zu holen.<br />

Dank seinem Teamkollegen Nick Heidfeld, der als Zweiter durchs Ziel<br />

raste, wurde daraus gleich ein doppelter Erfolg. Dieser historische Sieg<br />

hat vor allem einen Vater: Peter Sauber. 1993 war es, als der Rennsportpionier<br />

mit seinem im Jahr 1970 gegründeten Team in die Formel 1 zog.<br />

Ein veritabler Sprung ins Haifi schbecken, mussten doch in den letzten<br />

Jahren die meisten der kleinen Privatteams früher oder später vor den<br />

finanzstarken Automobilgiganten kapitulieren. Nicht so Peter Sauber,<br />

dessen Rennstall sich 13 Jahre lang mehr als wacker schlug und mitten<br />

im idyllischen Zürcher Oberland eines der effizientesten Teams der<br />

modernen Formel 1 aufbaute. Mehr als einmal konnten die Leute aus<br />

Hinwil einem der Grossen ein Bein stellen. Sechsmal fuhr ein Sauber-<br />

Fahrer aufs Podest, und im Jahr 2001 schaffte man sogar den hervorragenden<br />

vierten Platz in der Konstrukteurswertung. Erfolgreich verlief<br />

auch die Regelung der Nachfolge: Mit BMW übernahm ein Weltkonzern<br />

mit einer renommierten Rennsportgeschichte Anfang 2006 die Führung.<br />

Die Autos wurden weiterhin in Hinwil gebaut, wo auch der moderne Windkanal<br />

steht. Die Motoren und die Getriebe kamen neu aus München.<br />

Mit den grösseren fi nanziellen Mitteln stellte sich auch der grosse Erfolg<br />

ein: In nur zwei Saisons fanden die Boliden aus Hinwil den Anschluss<br />

an die absolute Spitze. Das freut nicht nur die zahlreichen Fans, sondern<br />

auch die Credit Suisse, seit 2001 «Offi cial Partner» des Rennstalls. ath<br />

Die Bulletin-Leser haben die einmalige Gelegenheit, Peter Sauber in<br />

unserem Online-Forum ihre Fragen zu stellen. Die Antworten werden<br />

zeitversetzt im Internet aufgeschaltet, zudem wird der Fragesteller<br />

per E-Mail benachrichtigt, sobald die Antwort auf seine Frage eingetroffen<br />

ist. Das Forum startet am 4. August und läuft bis zum 14. August.<br />

Mehr Infos unter: www.credit-suisse.com/f1.<br />

Fotos: Cédric Widmer | Martina Meier, Eva-Maria Züllig<br />

Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>


Empfehlenswerte<br />

Fluggesellschaften sind<br />

deutlich angekreuzt.<br />

–<br />

QUALITÄT, SWISS MADE.<br />

–<br />

Wir sind dem Symbol verpflichtet, mit dem wir uns schmücken dürfen. Das Schweizerkreuz steht für einen hohen Anspruch an Qualität in allen Bereichen<br />

unseres Angebots. Ein Anspruch, dem wir täglich gerecht werden wollen. SWISS wurde an den Business Traveller Awards 2007 als beste Airline im<br />

Europaverkehr ausgezeichnet. Dabei wurden speziell unser Kabinenpersonal, der Kabinenkomfort und der Service am Boden als überdurchschnittlich<br />

bewertet. Auf SWISS.COM erfahren Sie, was wir sonst noch alles tun, um unseren Gästen jeden Flug so angenehm wie möglich zu gestalten.<br />

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