bull_08_03_Ozean
Credit Suisse bulletin, 2008/03
Credit Suisse bulletin, 2008/03
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
20<br />
<strong>Ozean</strong> Entdecker<br />
1<br />
2 3<br />
1 Der Schwarze Anglerfisch ist ein zwergenhafter Tiefseeräuber. Die Männchen sind deutlich kleiner als die Weibchen und leben als<br />
ständige Parasiten am Weibchen, bis die Blutgefässe der beiden Tiere miteinander verwachsen. Das Männchen zerfällt allmählich und<br />
wird zur reinen Spermienquelle. 2 Drei Borstenwürmer leben im Hohlraum dieser Muschel, die während einer NOAA-Expedition von<br />
einem bemannten Tauchboot geborgen wurde. 3 Röhrenwürmer bedecken einen Sulfidschlot (Zooarium), der von NOAA-Wissenschaftlern<br />
in den Tiefen vor der Westküste Nordamerikas im Pazifischen Feuerring, einer Kette von aktiven Vulkanen, entdeckt wurde.<br />
Mikrobiologen, die Proben aus solchen Fontänen untersucht haben,<br />
vermuten, dass die Biomasse der Ökosysteme unter dem Meeresboden<br />
mit der Biomasse aller Lebensformen an Land konkurrieren<br />
könnte. «Viele dieser Mikroorganismen leben in einer an Schwermetallen<br />
reichen Chemikaliensuppe, die für jedes Landlebewesen<br />
toxisch wäre», erläutert Hammond. «Mikrobiologen sagen gerne, dass<br />
die Entdeckung dieser Organismen vergleichbar ist mit der Entdeckung<br />
von Leben auf einem anderen Planeten. Aber es kommt noch<br />
besser: Diese Mikroorganismen haben auch das Potenzial, wenn<br />
sie genetisch verändert werden, pharmazeutische Anwendungen<br />
zu ermöglichen oder Produktionsprozesse zu katalysieren. Oder sie<br />
könnten für die Säuberung der Umwelt eingesetzt werden.» Anders<br />
gesagt, Mikroorganismen aus der Tiefe könnten in verschmutzten<br />
Landstrichen zum Einsatz gelangen, um diese durch die selektive<br />
Entfernung toxischer Substanzen zu säubern.<br />
Die <strong>Ozean</strong>e drohen zu übersäuern<br />
Nach jüngsten Erkenntnissen der <strong>Ozean</strong>ografen des OOE gibt es<br />
auf dem Meeresboden hunderte von Vulkanen, die nicht nur einzigartige<br />
Ökosysteme beherbergen, sondern unter anderem auch<br />
das Treibhausgas Kohlendioxid (CO 2 ) ausstossen. Obwohl Unterwasservulkane<br />
bereits seit Jahrmillionen CO 2 ins Meer abgeben,<br />
beginnen Meeresforscher erst jetzt zu verstehen, welche Rolle<br />
diese neuen Quellen von ozeanischem CO 2 im globalen Kohlenstoffkreislauf<br />
der <strong>Ozean</strong>e spielen. Das Meer bindet ausserdem<br />
atmosphärisches CO 2 , und dieser Prozess erhöht den Säuregrad<br />
der <strong>Ozean</strong>e, da die Menschen erheblich zum Anstieg des CO 2 -Gehalts<br />
in der Erdatmosphäre beitragen. «Wenn man CO 2 ins Wasser<br />
gibt, entsteht Kohlensäure», erklärt Hammond. «Diese Versauerung<br />
hat das Potenzial, die Biologie des Meeres beträchtlich zu stören.<br />
Unterwasservulkane, die CO 2 ausstossen, tragen zur Versauerung<br />
des umliegenden Wassers bei und können deshalb als äusserst<br />
wertvolle natürliche Labors angesehen werden, die uns helfen zu<br />
verstehen, wie das Leben im Meer auf erhöhte Säure kon zen tra tionen<br />
reagiert und was zu erwarten ist, wenn sich der gegenwärtige<br />
Trend fortsetzt.» Gemäss Hammond hat der Planet in seiner geologischen<br />
Vergangenheit bereits mehrere Zyklen der Meeresversauerung<br />
durchlaufen. Deshalb fragen sich heute manche Leute,<br />
was denn die Aufregung soll. Der Unterschied besteht darin, dass,<br />
obwohl der Planet solchen Zyklen schon früher ausgesetzt war,<br />
heute auch von Menschen verursachtes CO 2 in die Erdatmosphäre<br />
gelangt. «Die Wahrheit ist, dass wir den natürlichen Zustand des<br />
Meeres messbar verändern», meint Hammond.<br />
Obwohl die Diskussionen darüber wohl noch Jahre dauern werden,<br />
was gegen diese alarmierende Tatsache zu tun ist, werden die<br />
Forscher des OOE ihren Teil dazu beitragen, Politiker, Wissenschaftler<br />
und die Öffentlichkeit mit Informationen zur Meeresökologie zu<br />
versorgen, die für weit reichende Entscheidungen wesentlich sind.<br />
Fotos: David Shale, DeepSeaPhotography.com | www.oceanexplorer.noaa.gov<br />
Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>