bull_08_03_Ozean
Credit Suisse bulletin, 2008/03
Credit Suisse bulletin, 2008/03
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
54<br />
Wirtschaft Digitale Defl ation<br />
Mehr fürs Geld dank<br />
digitaler Deflation<br />
Während die Preise der meisten Rohstoffe steigen, sinken die Kosten des vielleicht<br />
wichtigsten Rohstoffs – Information – rapide. Dieses Phänomen wird als digitale Deflation<br />
bezeichnet, eine Entwicklung, die deflationären Technologien eigen ist.<br />
Text: Steven Soranno, Equity Research Analyst, New York<br />
Digitale Bits sind für die Wirtschaft, was<br />
Nanopartikel für die Physik sind. Schrumpft<br />
Materie grössenmässig unter die «Nanoschwelle»,<br />
ändern sich die Grundregeln der<br />
Physik. Einer wirtschaftlichen Grundregel<br />
zufolge können die Unternehmen für verbesserte<br />
Produkte höhere Preise verlangen,<br />
weil die Konsumenten diesen einen höheren<br />
Wert zuschreiben. Aber Produkte, die mit<br />
der Digitalisierung in Berührung kommen,<br />
sinken im Preis, obwohl sie qualitativ besser<br />
werden. Ein Leitsatz der Informationstechnologie,<br />
das Moore’sche Gesetz, besagt,<br />
dass sich der Preis von Computer- oder<br />
Halbleiterleistung etwa alle 18 Monate halbiert,<br />
was erstaunlicherweise noch immer<br />
Gültigkeit hat. Der Preis für die Speicherung<br />
und Übertragung/Bandbreite von Information<br />
sinkt dennoch viel schneller.<br />
Nehmen wir ein Beispiel neueren Datums:<br />
Das iPhone debütierte 2007 für 599<br />
Dollar. In diesem Jahr folgte ein erheblich<br />
verbessertes Modell – zu einem Drittel des<br />
Preises. Hatte sich Apple beim Preis für das<br />
erste iPhone gründlich verkalkuliert? Nein.<br />
Das Unternehmen schuf mit dem Anfangsmodell<br />
vielmehr eine neue Produktkategorie,<br />
indem es Geräte für den Telefonmarkt produzierte,<br />
diese aber weiterentwickelte und<br />
damit im Wesentlichen den Mobildatenmarkt<br />
auf baute. Im neuen Markt wird Mehrwert<br />
durch Dienstleistungen geschaffen, die über<br />
das digitale Netz bereitgestellt werden.<br />
Apple versucht das Gerät möglichst preiswert<br />
unter möglichst viele Nutzer auf der<br />
ganzen Welt zu bringen. Man verkaufe die<br />
margenstarken Rasierklingen und ver scherble<br />
die margenschwachen Halter umsonst<br />
dazu. Rasierklingen von Gillette entsprechen<br />
den Geschäftsmail-, Werbe- und Spiel-<br />
Diens ten von Apple und Research in Motion.<br />
Das iPhone ist nur ein Beispiel einer digitalen<br />
Umwälzung, die bewirkt, dass etablierte<br />
Industrien durch digitale Technologien<br />
neu erschaffen werden. Die Preise in<br />
diesen Branchen sinken rapide, und wirtschaftlicher<br />
Mehrwert lässt sich viel effizienter<br />
erzeugen. Sinkende Preise bedeuten<br />
aber nicht, dass die Unternehmen unrentabel<br />
werden. In einer Informationswirtschaft<br />
ist die Produktionsleistung direkt mit der<br />
Foto: Apple<br />
Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>