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Credit Suisse bulletin, 2008/03
Credit Suisse bulletin, 2008/03
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Wirtschaft Digitale Defl ation 55<br />
Rate der Informationsübertragung verbunden.<br />
Höhere Informationsübertragungsraten verbessern<br />
die Ideenerzeugung, Gedankenentwicklung<br />
und Innovation und helfen so, die<br />
Produktivität weltweit zu steigern.<br />
Während die Fundamentaldaten zur Nachfrage<br />
aus den Schwellenländern die globale<br />
Infrastruktur unter Druck setzen, reduziert<br />
das verstärkte digitale Fundament der globalen<br />
Infrastruktur den zugrunde liegenden<br />
Inflationsdruck. So revolutioniert beispielsweise<br />
die Digitalisierung das Bildungsdilemma,<br />
indem sie die Ausbreitung von Bildung<br />
in Regionen ermöglicht, die sich bisher kein<br />
tragfähiges System leisten konnten. Flachbildschirme<br />
und Breitbandanschlüsse, über<br />
die der Unterricht von Lehrern in Südafrika<br />
und Grossbritannien in äthiopische Schulzimmer<br />
übertragen wird, sind nur ein Beispiel.<br />
Während die Entwicklung der Schwellenländer<br />
die weltweite Nachfrage nach Arbeitskräften<br />
erhöht und die Löhne in die<br />
Höhe treibt, vergrössert die erweiterte globale<br />
Bildungsinfrastruktur das Angebot. Ein<br />
höheres Arbeitskräfteangebot dürfte zusammen<br />
mit einer höheren organisatorischen<br />
Produktivität – ermöglicht durch<br />
die Digitalisierung – dafür sorgen, dass die<br />
Weltwirtschaft bedeutend produktiver wird<br />
und dass sich zwischen Arbeitskräfteangebot<br />
und -nachfrage wieder ein Gleichgewicht<br />
einstellt.<br />
Informationsaustausch virtuell fördern<br />
Telepräsenz-Technologien wie Videokonferenzen<br />
oder virtuelle Sitzungen breiten sich<br />
rasant aus und helfen, Reisekosten – und<br />
CO 2 -Emissionen – einzusparen und gleichzeitig<br />
die Informationsübertragungsraten zu<br />
erhöhen. Viele Fortune-500-Unternehmen<br />
haben Massnahmen zugunsten des virtuellen<br />
Büros ergriffen. Ziel ist es, die Fixkosten<br />
zu senken und den Informationsaustausch<br />
unter den Mitarbeitenden zu fördern.<br />
Das grösste Hindernis dieser Initiativen liegt<br />
in der Regel in der organisatorischen Trägheit<br />
und nicht in der technischen Machbarkeit.<br />
Wir gehen davon aus, dass die organisatorische<br />
Trägheit unwiderruflich den Geboten<br />
der Effizienz und des Wettbewerbs<br />
weichen wird, insbesondere weil immer<br />
mehr Vertreter der «digitalen Generation»<br />
ins Erwerbsleben eintreten.<br />
Vor dem Internetzeitalter wurde das Branding<br />
weitgehend von der Werbung in den<br />
Massenmedien, zum Beispiel im Fernsehen,<br />
und von der Kontrolle der Endverbraucherverteilung<br />
– dazu gehörte die Sicherung der<br />
Entwicklung hin zu digitalen Gratisprodukten<br />
bes ten Regalflächen – bestimmt. Im Zeitalter<br />
der sozia len Vernetzung und der Pro duktbewer<br />
tung durch Amazon-Kunden können<br />
die Konsumenten rasch auf Informationen<br />
über den wahren Wert von Produkten zugreifen<br />
und sind nicht auf ein von den Vermarktern<br />
gestaltetes «Wertimage» angewiesen.<br />
In den eigenen vier Wänden haben die<br />
Kon sumenten heute Zugang zu einer viel<br />
brei teren Produktauswahl, als es noch vor<br />
zehn Jahren vorstellbar war. Angesichts der<br />
schwindenden Bedeutung ihrer herkömmlichen<br />
Marketinginstrumente müssen Einzelhändler<br />
zunehmend vom Preis Gebrauch<br />
machen, nicht zuletzt weil ein wachsender<br />
Teil des globalen Vermögens auf die Internetgeneration<br />
entfällt.<br />
Beim Einkaufen können die Konsumenten<br />
heute in weniger als fünf Minuten effizientere<br />
Preisvergleiche anstellen als noch<br />
vor wenigen Jahren in fünf Tagen. Diese<br />
Revolution der Informationsverfügbarkeit<br />
erhöht die Macht des Konsumenten gegenüber<br />
dem Unternehmen und steigert die Bedeutung<br />
von kundenorientierten Faktoren<br />
wie Preis und Leistung. Diese Eigenschaften<br />
ermöglichen den Kunden zudem, Produkte<br />
mit höherer individueller Nutzbarkeit<br />
zu kaufen, was das Wirtschaftssystem noch<br />
effizienter werden lässt, weil somit weniger<br />
Doppelanschaffungen getätigt werden, weniger<br />
verschwendet und eine höhere Produktivität<br />
generiert wird.<br />
Nehmen wir zum Beispiel zwei Produkte,<br />
die je zehn Dollar kosten. Das eine wurde<br />
Anfang der Neunzigerjahre in einem Geschäft<br />
vor Ort gekauft, das andere heute<br />
über das Internet. Das erste Produkt hat<br />
für den Konsumenten eine Nutzbarkeit von<br />
65 Prozent, während die übrigen 35 Prozent<br />
die Ineffizienz darstellen, die sich aus der<br />
Tatsache ergibt, dass die Produktauswahl<br />
in den Geschäften vor Ort beschränkt ist<br />
und die Vermarkter eine wahrgenommene<br />
Nutzbarkeit geschaffen haben, welche die<br />
tatsächliche Nutzbarkeit übertrifft. Das andere<br />
Produkt hat einen Nutzbarkeitsfaktor<br />
von 80 Prozent bei weniger Verschwendung,<br />
weil die Konsumenten aus einem grösseren<br />
Angebot auswählen konnten und im Internet<br />
problemlos Zugang zu Bewertungen von<br />
bisherigen Käufern haben. Aufgrund herkömmlicher<br />
Inflationszahlen ergeben sich<br />
zwischen den beiden keine Kostenunterschiede.<br />
Aber Produkt 1 kostet effektiv 1.67<br />
Dollar pro Nutzbarkeitseinheit, Produkt 2<br />
dagegen 1.25 Dollar, also rund 25 Prozent<br />
weniger. Die zugrunde liegenden Effekte<br />
werden von üblichen Inflationszahlen somit<br />
nicht erfasst.<br />
Wirkung auf die Inflation nutzen<br />
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf<br />
das globale Wirtschaftssystem sind vielfältig<br />
und multidimensional. Während sich dieses<br />
System einem grundlegend neuen Paradigma<br />
angleicht, dürfte sich sein unmittelbarer<br />
Einfluss auf die Inflation immer stärker bemerkbar<br />
machen. Diejenigen, die dies verstehen,<br />
werden sich im Laufe der Entwicklung<br />
dieses Paradigmas einen wichtigen<br />
Vorteil verschaffen können. <<br />
Physisch vorhandene Produkte, die Geld kosten, sind heute gratis als digitale Version<br />
mit erheblich verbesserter Funktionalität erhältlich. Quelle: Credit Suisse<br />
Physisches Produkt, das Geld kostet<br />
Fotoalben<br />
Kalender<br />
Filme/Shows<br />
Telefonieren<br />
Post/Briefe/Schreibwaren<br />
Dokumente<br />
Schreibmaschinen<br />
Microsoft Office<br />
Karten<br />
Versand<br />
Plattenspieler<br />
Zeitungen<br />
Bücher<br />
Musik<br />
Videospiele<br />
Digitale Gratisversion<br />
Photobucket<br />
iCal<br />
YouTube<br />
Skype<br />
Yahoo! Mail<br />
Adobe Acrobat<br />
AbiWord<br />
Google Docs<br />
Google Maps<br />
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Credit Suisse Bulletin 3/<strong>08</strong>