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Jana Voigt<br />

Berufliche Orientierung zwischen Anspruch und Realität


Jana Voigt<br />

Berufliche Orientierung zwischen Anspruch<br />

und Realität<br />

Evaluation ausgewählter<br />

Orientierungsmaßnahmen und ihrer Wirkung<br />

Universitätsverlag Chemnitz<br />

2012


Impressum<br />

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben<br />

sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

Diese Arbeit hat der Philosophischen Fakultät der Technischen<br />

Universität Chemnitz als Dissertation vorgelegen.<br />

Tag der Einreichung: 25.02.2011<br />

Tag der Verteidigung: 06.07.2011<br />

1. Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Volker Bank<br />

(Technische Universität Chemnitz)<br />

2. Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Mechtild Oechsle-Grauvogel<br />

(Universität Bielefeld)<br />

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Volker Bank<br />

(Technische Universität Chemnitz)<br />

2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Mechtild Oechsle-Grauvogel<br />

(Universität Bielefeld)<br />

Technische Universität Chemnitz/Universitätsbibliothek<br />

Universitätsverlag Chemnitz<br />

09107 Chemnitz<br />

http://www.bibliothek.tu-chemnitz.de/UniVerlag/<br />

Herstellung und Auslieferung<br />

Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat OHG<br />

Am Hawerkamp 31<br />

48155 Münster<br />

http://www.mv-verlag.de<br />

ISBN 978-3-941003-63-7<br />

http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:ch1-qucosa- 86509


Zum Geleit: Berufsorientierung,<br />

ihre Praxis und ihre (fehlende)<br />

Didaktik<br />

von Volker Bank<br />

Geleitwort<br />

Der Übergang von der Schule in das Erwerbsleben stellt einen ersten großen<br />

regelhaften Umbruch im Leben eines jungen Menschen dar. Der<br />

didaktische Schutz der Erziehungsinstitution Schule wird verlassen, der<br />

sich dem Grunde nach auf den Schutz für Leib und Leben, auf die Freiheit<br />

von körperlicher und geistiger Fährnis des wirklichen Lebens erstreckt hat<br />

und dem Ausmaß nach effizienter als das Leben selbst die Dinge gelehrt<br />

hat. Selbst wenn sich im Rahmen der Ausbildung eine neuerliche geschützte<br />

Situation für eine weitere Lebensperiode ergeben wird, ist der Moment<br />

des Übergangs weitestgehend ungeschützt. Die Entscheidungen über die<br />

eigenen beruflichen Interessen können nicht durch Dritte übernommen<br />

werden, welche die Führung übernehmen, wie es gerade zuvor noch in der<br />

Schule der Fall war.<br />

Hat auch diese Entscheidung längst nicht mehr die Qualität eines für den<br />

weiteren Lebensweg absolut bestimmenden Moments, der noch endgültiger<br />

war als selbst die Entscheidung zur Eheschließung, so bleibt doch unbestreitbar<br />

die besondere Relevanz der Wahl eines Berufes. Die Entscheidung<br />

für einen Beruf lässt die Kontingenz eines Ergreifens der übrigen möglichen<br />

Berufe kollabieren, wenigstens für eine geraume Zeit. Hinzu kommt<br />

die Problematik, dass die jungen Menschen, die diese Entscheidung zu treffen<br />

haben, allzu häufig noch kaum die Folgen der Pubertät überwunden<br />

haben, dass sie allzu oft noch nicht ihre eigenen Qualitäten zutreffend einschätzen<br />

können – und damit einer Arbeitsnachfrage gegenüberstehen, die<br />

genau dieses eigentlich erwartet. Je jünger die Menschen sind, die sich dieser<br />

Entscheidung unterziehen müssen, umso einschneidender kann sie sein,<br />

sowohl was das Selbstbewusstsein der eigenen Fähigkeiten anbetrifft als<br />

auch deren Vorhandensein; sowohl was den Überblick über die Optionen<br />

der Welt angeht als auch die Chancen ihrer Wahrnehmung.<br />

Aus pädagogischer Sicht scheint es gleichwohl naheliegend, sich um ein<br />

Führen und Beschützen auch in diesem Lebensbereich wenigstens zu bemühen,<br />

ist doch der Ausgang allen didaktischen Eingreifens stets ungewiss.<br />

Wenngleich die Entscheidungen selbst niemandem abgenommen werden<br />

können, ist es immerhin denkbar, die Qualität der Entscheidungen wie<br />

5


Geleitwort<br />

auch ihre Nachhaltigkeit durch eine Verbesserung der Informationslage bezüglich<br />

der äußeren Bedingungen der Arbeitswelt einerseits wie auch der,<br />

eine bessere Information durch Reflexion der eigenen Handlungspotentiale<br />

andererseits zu betreiben. Auch die Frage der Passung von Ausbildungsbewerber<br />

und Ausbildungsmarkt lässt sich jeweils in einem didaktisch geschützten<br />

Raum untersuchen, wiewohl die praktische Umsetzung mit Bewerbung<br />

und Annahme auf eine Stelle eine Frage der ungeschützten Wirklichkeit<br />

ist und bleibt, ist ein Erfolg in der Regel zuvor mit einer Vielzahl<br />

von Enttäuschungen verbunden, die einer emotionalen Bewältigung bedürfen.<br />

Allenfalls die Vorbereitung auf den emotionalen Stress der Eventualitäten<br />

einer Ablehnung könnte wiederum ein didaktisch verhandelbares<br />

Thema sein.<br />

Letzteres wäre aber unter ‚berufliche Orientierung für Fortgeschrittene‘ zu<br />

rubrizieren und bleibt auch im Rahmen dieser an der Professur für Berufsund<br />

Wirtschaftspädagogik der Technischen Universität Chemnitz entstandenen<br />

Dissertation als Fernziel zu verbuchen. Hier geht es eher um die informationelle,<br />

um die kognitive Seite der Problematik, die als solche unterdessen<br />

umfassend aufgearbeitet wird und in der Evaluation einer Reihe von<br />

kleineren Maßnahmen ihre praktische Relevanz abzusichern trachtet.<br />

Mit der Bearbeitung dieser Thematik kommt Frau Jana Voigt das Verdienst<br />

zu, in einer zwar von den Fallzahlen her begrenzten, dadurch um nichts in<br />

ihrer Aussagekraft eingeschränkten empirischen Studie unseren Erkenntnishorizont<br />

erheblich ausgeweitet zu haben. Dabei kann sie sich auf eine<br />

umfassende theoretische Vorarbeit abstützen, die in dieser Qualität allzu<br />

oft empirisch angelegten Arbeiten fehlt – ein Mangel, der die dann meist<br />

mühevoll erhobenen Daten vollständig oder zu weiten Teilen entwertet.<br />

Hier jedoch folgt einem nominaldefinitorischen und konzeptionelltheoretischen<br />

Teil die Darstellung der Erhebung, ihrer methodologischen<br />

Anlage und inhaltlichen Ausrichtung, bevor abschließend die Ergebnisse<br />

dargelegt und eine interpretatorische Rückbindung zu der vorab erarbeiteten<br />

Theorie samt zusammenfassender Interpretation der Ergebnisse folgt.<br />

Was soll und kann berufliche Orientierung (i.S.v. Orientierungsmaßnahmen)<br />

bewirken? Kontemporäre Dynamik, Kontingenz und Unsicherheit<br />

kennzeichnen die Fragestellung Voigts. Um überhaupt der komplexen<br />

Thematik gerecht werden zu können, wird die sie auf außerschulische (jedoch<br />

nicht allein außerinstitutionelle) Lernorte eingegrenzt. Hingegen wird<br />

eine sehr weite Begrifflichkeit für die Berufsorientierung gewählt, die neben<br />

einer Ausbildungsorientierung gleichwertig auch eine Studienorientierung<br />

umfasst. Das ist aus alltagssprachlicher Sicht durchaus verwirrend. Es ent-<br />

6


Geleitwort<br />

spricht unterdessen einer sich zunehmend durchsetzenden Sichtweise, die<br />

vermutlich angelsächsischer Provenienz ist, gegen die freilich kritisch einzuwenden<br />

ist, dass zugleich eine bestimmte politische Unterstellung getroffen<br />

wird: In dem Moment, in welchem die Ausbildungs- und die Studienentscheidung<br />

als gleichgewichtig behandelt werden, wird paradoxerweise<br />

die Ausbildungsentscheidung verdeckt abgewertet, was eine Fortschreibung<br />

der etablierten Geringschätzung nicht-akademischer beruflicher Bildung<br />

impliziert.<br />

Zu einer Auseinandersetzung mit der Orientierung auf berufliche Tätigkeiten<br />

gehört selbstverständlich auch eine Auseinandersetzung mit beruflichen<br />

Wahltheorien. Die dem beigestellte Auseinandersetzung mit den Inhalten<br />

der klassischen Berufsbildungstheorie, die neben den historischen Grundlagen<br />

in Industrie- und Produktionsschulkonzepten zum Tragen kommt, ist<br />

eine wesentliche gedankliche Grundlage und für alles Weitere von Bedeutung.<br />

Wenn man freilich in den Konzeptionen von Industrieschule und<br />

von Produktionsschule eine berufsorientierende Maßnahme zu erkennen<br />

überzeugt ist, dann hätte man in dieser historischen Betrachtung gerade aus<br />

mitteldeutscher Sicht auf die Polytechnische Oberschule verweisen können.<br />

Der eine oder andere Leser wird sich zunächst fragen, warum angesichts<br />

umfänglicher empirischer Ergebnisse der Lehr-Lern-Forschung ausgerechnet<br />

die Heimannsche Didaktik genutzt wird, deren Ursprünge bis in die<br />

fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückverfolgt werden können.<br />

Welche analytische Kraft in diesem didaktischen Strukturmodell enthalten<br />

ist und mit welchem universalen Anspruch diese für unterrichtliche<br />

Zwecke angelegte Didaktik ausgestattet ist, zeigt sich in der von Jana Voigt<br />

vorgelegten Schrift in beispielgebender Weise. Der instrumentelle Einsatz<br />

dieser Didaktik auf das hier untersuchte Problem der beruflichen Orientierung<br />

ermöglicht es, die im Detail auseinanderfallenden Ansätze, Modelle<br />

und Konzepte zur Berufsorientierung mit einer gedanklich verbindenden<br />

und ordnenden Systematik auszustatten. Mit Hilfe dieses strukturgebenden<br />

Konzepts gewinnt die Evaluation der berufsorientierenden Maßnahmen<br />

und die Darstellung der Details rechtlicher und praktischer Aspekte ihren<br />

eigentlichen Wert: Gerade hier erweist sich die besondere Qualität der neuen<br />

Untersuchung. Denn wenn auch beeindruckt, in welchem Umfang Evaluationsstudien<br />

zu verschiedenen Berufsorientierungsmaßnahmen aufgestöbert<br />

und referiert werden konnten, deren Inspirationsgrad darf als<br />

‚reichlich begrenzt‘ abgetan werden. Hier scheint es nicht zu gewagt,<br />

vorgreifend bilanzieren: So wenig effektiv die berufliche Orientierung im<br />

Wesentlichen zu sein scheint, so wenig elaboriert sind offenbar die dazugehörigen<br />

Studien.<br />

7


Geleitwort<br />

Die Rezipienten dieses Buches werden unterdessen insbesondere die hier<br />

repräsentierte neue Evaluationsstudie rezipieren wollen. Die Fragestel<br />

lungen werden sauber herausgearbeitet, in Hypothesenform umgegossen<br />

und sodann Punkt für Punkt abgearbeitet. Die Darlegung und die Begründung<br />

des Designs und der Durchführung der Studien lässt nichts zu wünschen<br />

übrig. Die Ergebnisse werden abschnittsweise den Hypothesen folgend<br />

dargelegt, nachdem verschiedene Stichprobenmerkmale (Geschlecht,<br />

angestrebter Abschluss, Altersverteilung) beschrieben worden sind. Ansonsten<br />

spielen fast ausschließlich Genderaspekte eine erklärende Rolle,<br />

was durchaus etwas einseitig ist, jedoch die mutmaßlich interessanteren der<br />

realistischerweise überhaupt erzielbaren Resultate erfasst.<br />

Es ist schon sehr beeindruckend, aus wie wenigen Stichprobendaten sich<br />

doch noch eine gehaltvolle Erkenntnisgewinnung betreiben lässt. Die<br />

Stichprobe wird umfassend mit den Möglichkeiten der deskriptiven<br />

Statistik dargestellt. Trotz eines besonderen Fokus auf Genderaspekte erweist<br />

die Deskription sich als nach allen Möglichkeiten ausgewogen und<br />

aussagefähig. Zwar ist die Studie in keinerlei Hinsicht als repräsentativ zu<br />

betrachten, vermutlich noch nicht einmal im Hinblick auf den engeren Erhebungsraum<br />

in Südwestsachsen. Mit dem aufwendigen Paneldesign mit<br />

Follow-up und Kontrollgruppe konnte doch schon gegenüber einer auf<br />

Repräsentativität angelegten Studie einiges an Boden wieder gutgemacht<br />

werden – wenn nicht gar die Früchte der Studie letztlich sogar noch viel<br />

reicher sind, auch ganz ohne die Möglichkeit einer methodisch abgesicherten<br />

Möglichkeit der Verallgemeinerung. Auch methodische Fallstricke – die<br />

vor allem in der ordinalen und teils sogar nur nominalen Qualität der Daten<br />

liegen – werden glücklich umschifft, indem die Symmetrie der Skalen<br />

argumentativ dazu herangezogen worden ist, eine Äquidistanz der Skalenwerte<br />

zu unterstellen und somit eine methodische Weiterverarbeitung als<br />

Intervallskala zu begründen. Selbstverständlich bleibt diese Annahme<br />

heroisch, doch nehmen die Autoren der früheren Evaluationsstudien ihre<br />

methodologischen Probleme zumeist noch nicht einmal bewusst wahr:<br />

Heutzutage ist der Gebrauch mathematisch undefinierter Verfahren dermaßen<br />

zum Standard geworden, dass der Tag nahe scheint, an dem die Division<br />

durch Null endlich eine rationale Zahl produzieren wird. Hier hingegen<br />

wird akkurat nach den Maßgaben kritisch-rationaler Methodologie gearbeitet<br />

und dem Rezipienten kein kruder Positivismus untergeschoben.<br />

Mit einer Rückbindung der Ergebnisse an die vorgefundenen Theorien,<br />

einer Zusammenfassung der getesteten Hypothesen und ihrer Gültigkeit<br />

wird ein guter Schluss gefunden. Unter dem Vorbehalt der Verallgemeinerbarkeit<br />

werden didaktische Konsequenzen folgerichtig aus den Ergebnissen<br />

8


Geleitwort<br />

der Studie hergeleitet. Die Studie bringt gleich eine ganze Reihe von<br />

interessanten Ergebnissen zutage, obzwar schon die Hypothesentests allerdings<br />

eher ernüchternd ausfallen – kaum eine der Hypothesen kann vollumfänglich<br />

beibehalten werden. Das beweist aber gerade so viel, dass nicht<br />

etwa zugunsten eines präjudizierten Ergebnisses der Stichprobenumfang so<br />

lange variiert wurde, bis die Hypothesen stehen, auch solches soll ja bisweilen<br />

vorkommen.<br />

Wie durch eine Parallelisierung von quantitativen Daten und singulären<br />

Äußerungen einzelner Probanden aus den teilstrukturierten Interviews anschaulich<br />

wird. Kommen die Impulse zu einer Teilnahme an berufsorientierenden<br />

Maßnahmen zumeist von den Lehrkräften oder den Eltern der<br />

Jugendlichen. Diese haben anschließend das Gefühl, einigermaßen das Erwartete<br />

bekommen zu haben. Dennoch werden die besuchten Maßnahmen<br />

interessanterweise kaum einmal weiterempfohlen. Hinsichtlich der Auseinandersetzung<br />

mit der Frage der zukünftigen Berufstätigkeit scheint die (ja<br />

prinzipiell freiwillige) Teilnahme an berufsorientierenden Maßnahmen jedoch<br />

ein Hinweis darauf zu geben, dass hier eine Person noch kein ausreichendes<br />

Reflexionsniveau erreicht hat. Wenn dann die Maßnahmen nicht<br />

günstigenfalls zu eindeutigen Ergebnissen führen, wirken sie offenbar eher<br />

lähmend auf den Entscheidungsprozess.<br />

Interessant sind auch die Ergebnisse zur Einschätzung der eigenen beruflichen<br />

Aussichten, nicht nur in der genderspezifischen Betrachtung, sondern<br />

auch hinsichtlich der Erfolgserwartungen, der Einkommenserwartungen<br />

und der Aufstiegserwartungen. Insgesamt ist bei allen Ergebnissen zu<br />

bedenken, dass es sich um Selbsteinschätzungen der Probanden handelt.<br />

Die Veränderungen jedoch, die hier gemessen wurden, lassen sich recht gut<br />

über die Selbsteinschätzungen abbilden. Man wird enttäuscht zur Kenntnisnehmen<br />

müssen, dass das Berufswahlengagement und die Eigenverantwortung<br />

nach einer Maßnahme nicht nachweislich zunehmen. Auch dass<br />

affektive Lernziele erreicht und dass Interessen oder Informationsbereitschaft<br />

beeinflusst werden würden gehört zu den unhaltbaren Hypothesen.<br />

Ferner abzulehnen sind die Annahmen, dass die Gewissheit oder die<br />

Selbstwirksamkeitserwartungen gesteigert würden. Nur die Annahmen,<br />

dass berufsbezogene Kenntnisse verbessert und dass der Erwerb sachbezogener<br />

Kompetenzen angeregt würde, können beibehalten werden.<br />

Kurzum: Im Endergebnis zeichnet die Autorin ein ernüchterndes Bild von<br />

den berufsorientierenden Maßnahmen, dem man nun aber wohlbegründet<br />

mit Empfehlungen für die makrodidaktische und didaktische Gestaltung<br />

von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung begegnen kann. Es wäre<br />

9


Geleitwort<br />

wünschenswert, wenn diese Schrift die ihr gebührende breite Aufmerksamkeit<br />

fände – es würde nicht nur für die jungen Menschen helfen, zukünftig<br />

in didaktisch wie makrodidaktisch besser konzipierten Berufsorientierungsmaßnahmen<br />

sich zum Nachdenken über einen zentralen Teil ihrer<br />

zukünftigen Lebensgestaltung anregen lassen zu können. Es wäre auch uns<br />

allen in unserer Rolle als Steuerzahler zu wünschen, dass das derzeit für berufsorientierende<br />

Maßnahmen eingesetzte Geld nicht länger nichts anderes<br />

erreicht als mehr oder minder bloß politische Alibis zu erkaufen.<br />

Chemnitz, im April 2012 Volker Bank<br />

10


Vorwort<br />

Vorwort<br />

An der großen Zahl an populärwissenschaftlicher und wissenschaftlicher<br />

Literatur, den kontinuierlich geführten Debatten und der enormen Vielfalt<br />

an Akteuren und Unterstützungsangeboten im Feld der Berufsorientierung<br />

ist festzustellen, dass die Übergangsthematik zunehmend an Stellenwert<br />

gewinnt. Doch die Schwierigkeiten, die Jugendliche an der Schwelle<br />

zwischen Schule und Arbeitswelt haben, sowie die Initiierung immer neuer<br />

Maßnahmen suggerieren, dass Unterstützungsoptionen bislang unzureichend<br />

greifen.<br />

Innerhalb der vorliegenden Dissertation wird die Wirksamkeit ausgewählter<br />

Interventionen der beruflichen Orientierung evaluiert. Ausgehend vom<br />

definitorisch festgeschriebenen Anspruch und darin implizierten Zielsetzungen<br />

werden mittels primärstatistischer Datenerhebungen Erkenntnisse<br />

zu ihren Effekten gewonnen. Aus den Antworten auf die Frage nach der<br />

Leistungsfähigkeit von berufsorientierenden Aktivitäten werden Schlussfolgerungen<br />

für didaktisches Handeln und den zugehörigen Handlungsrahmen<br />

gezogen. Diese Bilanzierung ist im Fokus maßnahmebezogen und<br />

nicht für alle Orientierungsangebote generalisierbar. Angesichts der Tatsache,<br />

dass auch andere Studien Defizite belegen, zeigt sie dennoch die<br />

zwingende Notwendigkeit und die erforderlichen Schritte zur grundsätzlichen<br />

didaktischen Optimierung von Interventionen auf.<br />

Zum Gelingen der Forschungsarbeit haben Prof. Dr. Volker Bank, Technische<br />

Universität Chemnitz und Prof. Dr. Mechtild Oechsle-Grauvogel,<br />

Universität Bielefeld beigetragen. Ihnen möchte ich an dieser Stelle für die<br />

fachliche Unterstützung danken.<br />

Chemnitz, im April 2012 Jana Voigt<br />

11


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Zum Geleit: Berufsorientierung, ihre Praxis und ihre (fehlende) Didaktik<br />

von Volker Bank.................................................................................................... 5<br />

Vorwort.................................................................................................................11<br />

Inhaltsverzeichnis................................................................................................13<br />

Abbildungsverzeichnis........................................................................................19<br />

Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................21<br />

I THEMATISCHE EINFÜHRUNG ....................................25<br />

1 Einleitung.........................................................................................25<br />

2 Problemaufriss .................................................................................31<br />

2.1 Orientierung auf ein eingeschränktes Spektrum an Ausbildungen ...32<br />

2.2 Unsicherheit und Orientierungslosigkeit...............................................37<br />

2.3 Passungsschwierigkeiten..........................................................................40<br />

2.4 Berufsausbildungs- und Studienabbrüche.............................................45<br />

II THEORETISCHE ASPEKTE DER<br />

BERUFSORIENTIERUNG ............................................47<br />

3 Konzeptionelle Grundgedanken......................................................47<br />

3.1 Klassische Begriffsbestimmung der Berufsorientierung<br />

und definitorische Bezugspunkte im Berufsbegriff .............................48<br />

3.2 Derzeitige Begriffsbestimmung der Berufsorientierung .....................53<br />

4 Theoretische Erklärungsansätze.....................................................57<br />

4.1 Allokationstheoretische Ansätze ............................................................57<br />

4.2 Lerntheoretische Ansätze........................................................................58<br />

4.3 Entscheidungstheoretische Ansätze ......................................................59<br />

4.4 Differenzialpsychologische Ansätze ......................................................61<br />

4.5 Entwicklungstheoretische Ansätze ........................................................63<br />

4.5.1 Laufbahnentwicklungstheorie nach Donald E. Super................64<br />

4.5.2 Berufswahlreifekonzept nach Donald E. Super ..........................67<br />

5 Wurzeln und Entwicklung...............................................................71<br />

5.1 Historische Grundlagen...........................................................................71<br />

5.1.1 Industrieschule ..................................................................................72<br />

5.1.2 Arbeitsschule .....................................................................................73<br />

5.1.3 Produktionsschule ............................................................................75<br />

5.1.4 Weitere historische Ansätze ............................................................76<br />

5.2 Bildungspolitische Grundlagen und schulische Konsolidierung .......78<br />

13


Inhaltsverzeichnis<br />

6 Aktuelle didaktische Umsetzung ....................................................85<br />

6.1 Didaktische Konzepte:<br />

Lerntheoretisches Modell nach Paul Heimann..................................... 85<br />

6.2 Bedingungsfelder didaktischen Handelns............................................. 91<br />

6.2.1 Anthropologische und soziokulturelle<br />

Bedingungen der Zielgruppe(n)...................................................... 91<br />

6.2.2 Bedingungen der Akteure und Institutionen................................ 95<br />

6.3 Entscheidungsfelder didaktischen Handelns........................................ 97<br />

6.3.1 Intentionen ........................................................................................ 97<br />

6.3.2 Inhalte...............................................................................................101<br />

6.3.3 Methoden.........................................................................................103<br />

6.3.3.1 Berufs- und Studienberatung ................................................104<br />

6.3.3.2 Bewerbungstraining, Berufsorientierungsseminar<br />

und -camp ...............................................................................106<br />

6.3.3.3 Erfahrungsaustausch ..............................................................107<br />

6.3.3.4 Erkundung ...............................................................................108<br />

6.3.3.5 Messe und ‚Tag der offenen Tür’ .........................................109<br />

6.3.3.6 Patenschaft...............................................................................109<br />

6.3.3.7 Planspiel....................................................................................110<br />

6.3.3.8 Praktikum und Praxistage ......................................................111<br />

6.3.3.9 Projektarbeit.............................................................................112<br />

6.3.3.10 Schnupperlehre und Schnupperstudium ...........................114<br />

6.3.3.11 Schülerfirma...........................................................................115<br />

6.3.3.12 Werkstatt- und Laborarbeit.................................................116<br />

6.3.4 Medien..............................................................................................116<br />

6.3.4.1 Berufswahlpass........................................................................117<br />

6.3.4.2 Berufsinformationszentrum (BiZ)........................................118<br />

6.3.4.3 Berufsorientierungsmobile ....................................................119<br />

6.4 Einflussfaktoren auf didaktisches Handeln:<br />

Gesetzliche Grundlagen und Richtlinien.............................................119<br />

6.4.1 Normen auf Bundesebene.............................................................121<br />

6.4.2 Normen auf Landesebene .............................................................133<br />

6.4.3 Beispiel: Steuerung der Berufsorientierung<br />

im Freistaat Sachsen .......................................................................138<br />

6.4.3.1 Kernziele und Lehrplanbezüge .............................................142<br />

6.4.3.2 Berufswahlpass........................................................................151<br />

6.4.3.3 Schuleigenes Konzept ............................................................152<br />

6.4.3.4 Qualitätssiegel..........................................................................153<br />

6.4.3.5 Qualitätskriterien.....................................................................153<br />

14


Inhaltsverzeichnis<br />

III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT<br />

VON BERUFSORIENTIERUNGSANGEBOTEN .......... 157<br />

7 Wirkungsorientierte Evaluation .................................................... 157<br />

7.1 Theoretische Bezüge innerhalb der Evaluationsforschung..............157<br />

7.2 Forschungsstand.....................................................................................160<br />

7.2.1 Praktika: „Beruf fängt in der Schule an“ .....................................162<br />

7.2.2 Praxistage: „Arbeiten und Lernen in Schule und Betrieb“ .......164<br />

7.2.3 Praxistage und Patenschaften:<br />

„Abschlussquote erhöhen – Berufsfähigkeit steigern“..............165<br />

7.2.4 Patenschaften: „Ada-Lovelace-Projekt“......................................168<br />

7.2.5 Projekttag und Erkundung:<br />

„Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag“...........................................169<br />

7.2.6 Projekttag und Erkundung:<br />

„Neue Wege für Jungs – Jungen-Zukunftstag“..........................170<br />

7.2.7 Trainings: „Lehreraktivitäten zur Förderung<br />

geschlechtsunabhängiger Berufswahlorientierungen<br />

im Bereich Naturwissenschaft und Technik“ ............................171<br />

7.2.8 Medienprojekt: „workshop zukunft“...........................................173<br />

7.2.9 Onlinemedien: „Internet – ein Instrument<br />

zur Berufsorientierung?“...............................................................174<br />

8 Primärstatistische Erhebungen ..................................................... 177<br />

8.1 Evaluationsziel und evaluationsleitende Fragestellungen .................177<br />

8.2 Evaluationshypothesen..........................................................................180<br />

8.3 Evaluationsdesign und Evaluationsmethoden ...................................182<br />

8.3.1 Zugang und Charakteristika der in die Evaluation<br />

einbezogenen Orientierungsmaßnahmen und Schulen............187<br />

8.3.2 Realisierung der Pre- und Posttests in den<br />

Orientierungsmaßnahmen und den Schulen..............................193<br />

8.3.3 Umsetzung der Follow-up-Messung in den<br />

Orientierungsmaßnahmen ............................................................195<br />

8.4 Evaluationsinstrumente .........................................................................196<br />

8.5 Datenaufbereitung und Auswertungsmethodik .................................209<br />

9 Ergebnisdarstellung....................................................................... 213<br />

9.1 Merkmale der Evaluationsstichprobe..................................................213<br />

9.2 Impulsgeber für die Teilnahme an Orientierungsmaßnahmen........224<br />

9.3 Erwartungshaltungen an Interventionen.............................................228<br />

9.4 Berufliche Exploration und Kristallisationsniveau des<br />

Bildungs- und Berufsweges ..................................................................231<br />

15


Inhaltsverzeichnis<br />

16<br />

9.5 Bislang genutzte Quellen beruflicher Orientierung<br />

und eingeschätzter Nutzen ....................................................................236<br />

9.6 Engagement für die berufliche Orientierung .....................................243<br />

9.7 Berufswahlbezogene Wertorientierungen und Einstellungen..........246<br />

9.8 Interesse an Berufsfeldern und Ausbildungswünsche ......................251<br />

9.9 Sicherheit und Entschiedenheit hinsichtlich beruflicher<br />

Interessen ................................................................................................259<br />

9.10 Einschätzung individueller beruflicher Chancen.............................262<br />

9.11 Arbeitswelt- und berufsbezogenes Wissen.......................................265<br />

9.12 Informationsbereitschaft und Flexibilität im<br />

Berufsorientierungsprozess.................................................................276<br />

9.13 Eigenverantwortung in der beruflichen Orientierung ....................278<br />

9.14 Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung.........................................279<br />

9.15 Bewertung der Bedeutsamkeit arbeitsweltbezogener<br />

Kompetenzen und ihrer individuellen Verfügbarkeit .....................281<br />

9.16 Einschätzung der Interventionen.......................................................290<br />

IV SCHLUSSBETRACHTUNG......................................... 301<br />

10 Abschließende Gesamtbilanz....................................................... 301<br />

10.1 Rückbezug auf essenzielle theoretische Aussagen...........................301<br />

10.2 Zusammenfassung empirischer Ergebnisse und<br />

Überprüfung der Hypothesen.............................................................308<br />

10.3 Schlussfolgerungen für didaktisches Handeln im<br />

Feld der Berufsorientierung ...............................................................322<br />

Verzeichnis der verwendeten Literatur ..........................................................335<br />

Anhang................................................................................................................375


Tabellenverzeichnis<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Grob- und Feinziele der Berufsorientierung nach dem<br />

Berufswahlreifekonzept...............................................................98<br />

Tabelle 2: Kernziele der Klassenstufen .....................................................143<br />

Tabelle 3: Anknüpfungspunkte für Berufsorientierung im<br />

Lehrplan sächsischer Schulen zur Lernförderung .................146<br />

Tabelle 4: Anknüpfungspunkte für Berufsorientierung im<br />

Lehrplan sächsischer Mittelschulen .........................................148<br />

Tabelle 5: Anknüpfungspunkte für Berufsorientierung im<br />

Lehrplan sächsischer Gymnasien .............................................150<br />

Tabelle 6: Qualitätskriterien für die Berufsorientierung im<br />

Freistaat Sachsen.........................................................................155<br />

Tabelle 7: Übersicht der Schulen, aus denen sich die<br />

Teilnehmenden der Kontrollgruppe rekrutierten ..................192<br />

Tabelle 8: Skalenkennwerte .........................................................................205<br />

Tabelle 9: Übersicht über die Evaluationsstichprobe..............................214<br />

Tabelle 10: Anteile guter und schlechter Schülerinnen und Schüler<br />

nach Noten in den Fächern Mathematik, Deutsch,<br />

Englisch in der Kontroll- und der Interventionsgruppe<br />

zum Zeitpunkt des Pretests.......................................................219<br />

Tabelle 11: Stand der Auseinandersetzung mit der Berufswahl in<br />

der Kontroll- und der Interventionsgruppe zum<br />

Zeitpunkt des Pretests ...............................................................232<br />

Tabelle 12: Zwischen Pre- und Posttest durch die Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe wahrgenommene Häufigkeit der Thematisierung<br />

der beruflichen Orientierung im Unterricht...........237<br />

Tabelle 13: Am häufigsten genannte Wunschausbildungen der<br />

Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe<br />

im Pre- und Posttest .....................................................253<br />

Tabelle 14: Charakteristika von Berufen mit Zukunftschancen<br />

aus Sicht der Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pretests..................270<br />

Tabelle 15: Veränderungen im arbeitswelt- und berufsbezogenen<br />

Wissen der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und<br />

den Interventionsgruppen zwischen Pre- und Posttest ........273<br />

17


Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Strukturmodell der Didaktik der Berufsorientierung<br />

nach dem Lerntheoretischen Modell von Heimann ...........90<br />

Abbildung 2: Evaluationsdesign...................................................................186<br />

Abbildung 3: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und<br />

der Interventionsgruppe nach Geschlecht .........................217<br />

Abbildung 4: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und<br />

der Interventionsgruppe nach angestrebtem<br />

Schulabschluss ........................................................................218<br />

Abbildung 5: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe nach Klassen-/Kursstufen...............220<br />

Abbildung 6: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe nach Wohnort....................................221<br />

Abbildung 7: Informationsquellen über Orientierungsangebote<br />

für die Jugendlichen der Interventionsgruppe...................225<br />

Abbildung 8: Aussagen zur Erfüllung von Erwartungen der<br />

Jugendlichen in den Interventionsgruppen an die<br />

Orientierungsangebote im Posttest .....................................230<br />

Abbildung 9: Ausbildungspläne der Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum<br />

Zeitpunkt des Pre- und des Posttests..................................233<br />

Abbildung 10: Einschätzung der Nützlichkeit von in der<br />

Vergangenheit genutzten Orientierungsmöglichkeiten<br />

durch die Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pretests.............241<br />

Abbildung 11: Einschätzung individueller berufsbezogener Chancen<br />

durch die Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pre- und<br />

des Posttests............................................................................263<br />

Abbildung 12: Bewertung der Wichtigkeit von Kompetenzen für<br />

die Berufsausbildung oder ein Studium durch die<br />

Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests nach<br />

Kompetenzbereichen ............................................................282<br />

Abbildung 13: Beurteilung der persönlichen Verfügbarkeit von<br />

Kompetenzen durch die Jugendlichen in der Kontrollund<br />

der Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Preund<br />

des Posttests nach Kompetenzbereichen ...................284<br />

19


Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 14: Beurteilung der persönlichen Verfügbarkeit von<br />

Kompetenzen durch die Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe zum Zeitpunkt des Posttests ...................285<br />

Abbildung 15: Beurteilung der persönlichen Verfügbarkeit von<br />

Kompetenzen durch die Jugendlichen in der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Posttests...........286<br />

Abbildung 16: Bewertung des gefundenen Gefallens an den Orientierungsangeboten<br />

durch die Jugendlichen in den<br />

Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Posttests.........292<br />

Abbildung 17: Einschätzung der Nützlichkeit der Orientierungsangebote<br />

durch die Jugendlichen in den<br />

Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Posttests.........294<br />

Abbildung 18: Einschätzung des Vorbereitungsstandes im Berufsorientierungsprozess<br />

durch die Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum<br />

Zeitpunkt des Pre- und des Posttests .................................297<br />

20


Abkürzungsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Abs. Absatz<br />

abs. absolut<br />

AiB Auszubildende im Beruf<br />

AG Aktiengesellschaft<br />

allg. allgemein<br />

[B], B.ausb. Berufsausbildung<br />

BeLL Besondere Lernleistung<br />

BiZ Berufsinformationszentrum<br />

BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

BLK Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und<br />

Forschungsförderung<br />

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

BMFSFJ Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend<br />

BMVBS Bundesbehörde für Verkehr, Bauwesen, Städtebau<br />

und Raumordnung sowie das Wohnungswesen<br />

BBiG Berufsbildungsgesetz<br />

BGBl. Bundesgesetzblatt<br />

BOB Berufsorientierung im Betrieb<br />

B.O.S.S. Berufliche Orientierung für Schüler und Studierende<br />

in Mitteldeutschland<br />

BGJ Berufsgrundbildungsjahr<br />

BVJ Berufsvorbereitungsjahr<br />

BW Berufswahl<br />

CMI Career-Maturity-Inventory<br />

DDR Deutsche Demokratische Republik<br />

Deu Deutsch<br />

DJI Deutsches Jugendinstitut e. V.<br />

EBwA Einstellungen zur Berufswahl und beruflichen Arbeit<br />

einf. einfach<br />

Eng Englisch<br />

et al. et al.ii (und andere)<br />

e. V. eingetragener Verein<br />

FHSR Fachhochschulreife<br />

FJ, FSJ Freiwilliges Jahr, Freiwilliges soziales Jahr<br />

FS Förderschule<br />

g gesamt<br />

GD Girls’Day<br />

21


Abkürzungsverzeichnis<br />

22<br />

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

GG Grundgesetz<br />

GVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt<br />

H. Heft<br />

HIS Hochschul-Informations-System<br />

HmS Hauptschulabsolventinnen und -absolventen mit<br />

Schulabschluss<br />

HS Hauptschülerinnen und Hauptschüler<br />

HSA Hauptschulabschluss<br />

HSR Hochschulreife<br />

HwO Handwerksordnung<br />

IAB Institut für Arbeitsmarktforschung<br />

IG Interventionsgruppe(n)<br />

IHK Industrie- und Handelskammer<br />

JobG JobGalaxy<br />

JobGF JobGalaxy Future<br />

KFZ Kraftfahrzeug<br />

KFZT (Schnupperpraktikum) Kraftfahrzeugtechnik<br />

KG Kontrollgruppe<br />

KMK Kultusministerkonferenz<br />

K/V (Schnupperpraktikum) Konditorei/Verkauf<br />

LAK JBH Landesarbeitskreises Jugendberufshilfe<br />

LAS Landesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft Sachsen<br />

LSJ Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V.<br />

m männlich<br />

Ma Mathematik<br />

MR Mittlerer Rangplatz<br />

n Anzahl der Werte<br />

nds. niedersächsisch<br />

NSchG Niedersächsisches Schulgesetz<br />

o. J. ohne Jahresangabe<br />

OloV Qualitätsstandards zur Optimierung der lokalen<br />

Vermittlungsarbeit bei der Schaffung und Besetzung<br />

von Ausbildungsplätzen in Hessen<br />

p p-Wert, Ergebnis des statistischen Signifikanztests<br />

(probability)<br />

PISA Programme for International Student Assessment<br />

Pos. Position<br />

Post Posttest<br />

Pre Pretest<br />

qualif. qualifizierender


Abkürzungsverzeichnis<br />

RSA Realschulabschluss<br />

[S] Studium<br />

SächsABl. Sächsisches Amtsblatt<br />

SchulG Schulgesetz<br />

SD Standardabweichung<br />

sdw Stiftung der Deutschen Wirtschaft e. V.<br />

SGB Sozialgesetzbuch<br />

Slehre Schnupperlehre<br />

SMK Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport<br />

SMUL Sächsischen Staatsministerien für Umwelt und Landwirtschaft<br />

SMS Sächsisches Staatsministerium für Soziales<br />

SMWA Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit<br />

SWA Schule – Wirtschaft/Arbeitsleben<br />

SWE Selbstwirksamkeitserwartung<br />

TC Technik/Computer (Unterrichtsfach)<br />

TIMSS Third International Mathematics and Science Study<br />

UV Unterschiedshypothese<br />

U/H Unternehmen/Hochschule<br />

Verf. Verfasserin<br />

VH Veränderungshypothese<br />

VwV; VV Verwaltungsvorschrift<br />

w weiblich<br />

WD Wehrdienst<br />

WodoU Woche der offenen Unternehmen<br />

WTH Wirtschaft-Technik-Haushalt/Soziales (Unterrichtsfach)<br />

�<br />

Mittelwert<br />

ZEW Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH<br />

z. T. zum Teil<br />

ZV Zivildienst<br />

23


I Thematische Einführung<br />

1 Einleitung<br />

I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 1 Einleitung<br />

Verkürzte Innovationszyklen, die Implementierung neuer Technologien<br />

sowie fortwährende ökonomische Rationalisierungsprozesse bestimmen<br />

heute die Arbeitswelt. Eng mit diesen Entwicklungen verknüpft sind ein<br />

anhaltender Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt und ein gesellschaftlicher<br />

Wandel. Charakteristisch für diese Veränderungen sind nicht nur eine<br />

zunehmende soziale und räumliche Mobilität 1 sowie höhere und andere<br />

Qualifikationsanforderungen 2, sondern auch die Individualisierung von<br />

Arbeitszeiten und Arbeitsformen und damit einhergehend die Erosion des<br />

Normalarbeitsverhältnisses 3. Bildungs-, Arbeits- und Berufsbiografien sind<br />

gekennzeichnet von Brüchen, Unterbrechungen und Neuorientierungen.<br />

Aus Dynamik der Entwicklungen resultieren veränderte Muster der Lebensführung,<br />

von Lebensläufen und von Berufsbiografien. Mehr denn je ist<br />

ein aktives biografisches Selbstmanagement möglich und notwendig. Insbesondere<br />

der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt 4, der heute im<br />

Schnitt mit neunzehn Jahren erfolgt 5 und die dortige dauerhafte Verankerung<br />

sind zu einer anspruchsvollen Herausforderung, zu einem Abschnitt<br />

1 Während sich die soziale Mobilität auf Veränderungen hinsichtlich des sozialen Status (Auf-<br />

oder Abstieg) einer Person bezieht, umfasst die räumliche Mobilität die Bewegung im geografischen<br />

Raum (Ab- und Auswanderung).<br />

2 Einerseits besteht ein Trend zu höherer schulischer Bildung. Beschäftigungsmöglichkeiten für<br />

An- und Ungelernte in Unternehmen verringern sich. Anderseits erfordern u. a. die Globalisierung,<br />

die Zunahme des Dienstleistungssektors oder der Bedeutungszuwachs wissensbasierter<br />

Arbeitsorganisationen neben rein fachlichen Kompetenzen, wie IT-Wissen und Fremdsprachenkenntnissen,<br />

auch methodische, soziale und personale Kompetenzen, wie Selbstlern- und Teamfähigkeit,<br />

abstraktes Denkvermögen und Systemdenken (vgl. Esser 2007, S. 5 und S. 15).<br />

3 Unter Erosion des Normalarbeitsverhältnisses wird entsprechend Kress die „zunehmende<br />

Verbreitung nicht-normaler, sog. atypischer Beschäftigungsverhältnisse“ verstanden. „Darunter<br />

fallen Teilzeitarbeit, befristete Beschäftigung, Zeit- und Leiharbeit, geringfügige Beschäftigung,<br />

Scheinselbständigkeit, Heim- und Telearbeit und Niedriglohnbeschäftigung. Diesen Beschäftigungsverhältnissen<br />

fehlen ein oder mehrere Merkmale des Normalarbeitsverhältnisses (Vollzeit,<br />

Dauer, Stabilität, kollektive Interessenvertretung, Ableitung von Sozialversicherungsansprüchen).“<br />

(Kress 1998, S. 492)<br />

4 In Bezug auf den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt wird in der Regel von zwei<br />

Schwellen ausgegangen: Die so genannte ‚1. Schwelle’ bezeichnet den Übergang von der Schule<br />

in eine Berufsausbildung oder ein Studium, die ‚2. Schwelle’ den Übergang von der Berufsausbildung<br />

oder dem Studium in die Erwerbstätigkeit. Im Rahmen dieser Schrift bezieht sich die Formulierung<br />

‚Übergang von der Schule in die Arbeitswelt’ auf die 1. Schwelle und schließt Maßnahmen<br />

des Übergangssystems ein.<br />

5 Das durchschnittliche Alter der Jugendlichen mit neu abgeschlossenem Berufsausbildungsvertrag<br />

liegt heute bei 19,4 Jahren. Demgegenüber betrug das Durchschnittsalter der Schüler an Berufsschulen<br />

1970 nur 16,6 Jahre (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2009b, S. 156).<br />

25


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 1 Einleitung<br />

struktureller Unsicherheit und Zukunftsungewissheit geworden (vgl. von<br />

Wensierski et al. 2005, S. 40 f.; vgl. Kahlert, Mansel 2007, S. 7 ff.). Unabhängig<br />

von der Bildungsschicht werden die ersten zehn bis fünfzehn Jahre<br />

des Erwerbslebens zunehmend von befristeten Arbeitsverträgen, temporärer<br />

Arbeitslosigkeit, Teilzeit- und Mehrfachjobs charakterisiert (vgl. Albert<br />

et al. 2010, S. 41). Zu konstatieren ist, dass Bildungs-, Arbeits- und Berufsbiografien<br />

gestaltungsoffener und weniger standardisiert sind. Nicht<br />

mehr nur eine einmalige berufliche Entscheidung, sondern eine Reihe von<br />

Bildungs-, Ausbildungs-, Weiterbildungs-, Berufs- und Arbeitsplatzentscheidungen<br />

ist im Lebensverlauf zu treffen, ohne deren Folgen im Einzelnen<br />

absehen zu können (vgl. Oechsle 2001, S. 2 f.; vgl. von Wensierski et<br />

al. 2005, S. 52 f.; vgl. Stamm 2007, S. 83). Einige Jugendliche sind von dieser<br />

Anforderung derart überfordert, dass sie neben einer vorsichtigen<br />

„Schritt-für-Schritt“ oder resignativen „Mal-sehen-was-kommt“-Strategie6 (Walther, Stauber 2007, S. 36) versuchen, Zeit durch ein Moratorium<br />

zwischen schulischer und beruflicher Ausbildung zu gewinnen, was zu<br />

einer weiteren Ausdifferenzierung und Komplexitätssteigerung des Überganges<br />

führt (vgl. Oechsle 2005, S. 3 f.; vgl. Knauf, Oechsle 2007, S. 143 f.).<br />

Junge Menschen müssen folglich aus einer Vielfalt von Möglichkeiten<br />

selektieren, aber gleichzeitig auch Optionen offen halten, um flexibel genug<br />

auf bessere Angebote reagieren zu können. Gestaltungsmöglichkeiten und<br />

Handlungschancen stehen Risiken, Widersprüchlichkeiten, Irrwege und<br />

Sackgassen gegenüber (vgl. Wahler, Witzel 1996, S. 18). So geht die Freiheit<br />

zur Individualisierung des eigenen Lebensverlaufes beispielsweise mit<br />

strukturellen und ökonomischen Barrieren oder mit normativ begründeten<br />

Hindernissen, wie geschlechtsspezifischen Zuschreibungen einher (vgl.<br />

Lemmermöhle-Thüsing et al. 1994, S. 10 f.; vgl. Westhoff 1996, S. 138).<br />

Zur Erfüllung dieser Aufgaben stehen Jugendlichen unterschiedliche individuelle<br />

Ressourcen, ein unterschiedliches biografisches Kapital, zur Verfügung.<br />

Dazu zählen neben den Bildungsabschlüssen auch materielle Bedingungen<br />

oder die soziale Herkunft.<br />

An der großen Menge an populärwissenschaftlicher und wissenschaftlicher<br />

Literatur, den kontinuierlich geführten Debatten und der enormen Vielfalt<br />

an Akteuren und Unterstützungsoptionen im Feld der Berufsorientierung<br />

ist festzustellen, dass die Übergangsthematik zunehmend an Stellenwert<br />

6 Walther und Stauber unterscheiden vier zentrale Handlungsstrategien am Übergang zwischen<br />

Schule und Arbeitswelt: „Wählen zu können als zentraler Vergesellschaftungsmodus individualisierter,<br />

demokratischer Konsumgesellschaften; Optionen offen halten als Reaktion auf gestiegene<br />

Ungewissheit und Flexibilitätsanforderungen; Vereinbaren als Anforderung aus der Fragmentierung<br />

und Entgrenzung von Teilübergängen; und Selbstinszenierung als notwendige Form der<br />

Selbstvergewisserung und Identitätsarbeit“ (Walther, Stauber 2007, S. 36 f.).<br />

26


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 1 Einleitung<br />

gewinnt. Doch die Schwierigkeiten, die Jugendliche haben, sowie die<br />

Initiierung immer neuer Maßnahmen suggerieren, dass berufsorientierende<br />

Angebote bislang unzureichend greifen. Aufgrund der hohen Relevanz der<br />

Phase des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt für individuelle<br />

Lebensverläufe und gesellschaftliche Integration ist folglich die Wirksamkeit<br />

entsprechender Förder- und Unterstützungsangebote zu hinterfragen.<br />

Zwar liegen zahlreiche Dokumentationen und Erfahrungsberichte vor, jedoch<br />

mangelt es an systematischen empirischen Studien, die Rückschlüsse<br />

auf die Wirksamkeit von Berufsorientierungsmaßnahmen zulassen. Anliegen<br />

dieser Arbeit ist es daher, ausgehend vom definitorisch festgeschriebenen<br />

Anspruch der Berufsorientierung und darin implizierten Zielsetzungen<br />

mittels primärstatistischer Datenerhebungen Erkenntnisse zu ihren Effekten<br />

zu gewinnen. Im Fokus stehen die Fragen: Was soll Berufsorientierung<br />

bewirken und wo liegen ihre Grenzen und Defizite? bzw. Wo decken<br />

sich Anspruch und Realität und wo gehen sie auseinander?<br />

Gegenstand der Arbeit bilden das begriffliche Verständnis und theoretische<br />

Ansätze zur Erklärung des Verlaufes des Berufsorientierungsprozesses und<br />

der Berufswahl. Es werden die Entwicklung der Berufsorientierung und ihr<br />

aktueller Umsetzungsstand beschrieben. Didaktischen Aspekten wird dabei<br />

zentraler Stellenwert beigemessen. Ausgehend von den genannten thematischen<br />

Schwerpunkten wird Berufswahlreife als anzustrebendes Richtziel<br />

beruflicher Orientierung7, als Veränderungsdimension in Evaluationsmaßnahmen<br />

und zur Prüfung der Wirksamkeit identifiziert. Unter Reflexion<br />

ihrer einzelnen Komponenten, die gleichzeitig Wirksamkeitsindikatoren<br />

darstellen, wird mittels einer summativen Evaluation untersucht, ob sich infolge<br />

der Nutzung von Berufsorientierungsangeboten u. a. das Berufswahlengagement<br />

und die Eigenverantwortung für die Berufsorientierung, das<br />

berufliche und arbeitsweltbezogene Wissen oder das Interesse der Jugendlichen<br />

an ausgewählten Berufsfeldern verändern. Entsprechende Hypothesen<br />

mit erkenntnisleitender Funktion konturieren die Untersuchung und<br />

dienen dazu, sich der Fragestellung nach der Erreichung der intendierten<br />

Effekte der Berufsorientierung zu nähern. Das vorrangige Interesse gilt außerschulisch<br />

implementierten Maßnahmen. Jedoch finden auch schulische<br />

Aktivitäten Berücksichtigung. Die außerschulische Berufsorientierung wird<br />

fokussiert, weil sich die bisherige Forschung, sofern disponibel, vor allem<br />

auf den schulischen Bereich bezieht. Anzuführen sind beispielsweise<br />

Untersuchungen zum Praktikum und zu Praxistagen (vgl. Bastian et al.<br />

2007; vgl. Bergzog 2008; vgl. Beinke 2008b; vgl. Solga et al. 2010; vgl.<br />

7 Innerhalb der Arbeit werden die Begriffe Berufsorientierung und berufliche Orientierung<br />

synonym verwendet.<br />

27


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 1 Einleitung<br />

Solga, Kretschmann 2010). Die Evaluation ist quasiexperimentell in einem<br />

Pretest-Posttest-Follow-up-Design angelegt. Methodisch findet eine Kombination<br />

aus quantitativen und qualitativen Forschungsverfahren Anwendung.<br />

Da sich die Evaluationsstudie auf nur wenig erforschtes Gebiet bezieht,<br />

ist sie als Erkundung zu verstehen. Priorität hat nicht die Erlangung<br />

einer vertieften analytischen Kenntnis der Problematik, sondern vielmehr<br />

eine die wenigen empirischen Untersuchungen ergänzende Exploration des<br />

Forschungsgegenstandes. Es stehen weniger generalisierbare und auf alle<br />

Orientierungsmaßnahmen bezogene Aussagen, sondern vielmehr interventionsbezogene<br />

Aspekte sowie Schlussfolgerungen für einzelne didaktische<br />

Ansätze im Blickpunkt.<br />

Grundlage der Arbeit an der aufgezeigten Zielstellung bilden einerseits die<br />

beschriebenen empirischen Untersuchungen. Andererseits stützt sie sich<br />

auf eine Analyse wissenschaftlicher Fachliteratur und von Publikationen<br />

aus der Sparte der sogenannten ‚grauen Literatur’ (Programmhefte,<br />

Tagungsunterlagen, Webseiten, Berichte). Gleichfalls erfolgt eine Auswertung<br />

themenbezogener Gesetzestexte und bildungspolitischer Dokumente.<br />

Die Arbeit ist analog den aufgezählten Gegenstandsbereichen in vier<br />

Schwerpunkte gegliedert (I Thematische Einführung, II Theoretische Aspekte der<br />

Berufsorientierung, III Empirische Analyse der Wirksamkeit von Berufsorientierungsangeboten,<br />

IV Schlussbetrachtung) und unterteilt sich in zehn Kapitel. Jugendliche<br />

haben zum Teil erhebliche Probleme, den Übergang zwischen Schule<br />

und Arbeitswelt erfolgreich zu bewältigen. Die Orientierung auf ein eingeschränktes<br />

Spektrum an Ausbildungsberufen und Studiengängen, Unsicherheit<br />

und Orientierungslosigkeit in Bezug auf die Vielfalt an beruflichen<br />

Optionen, fehlendes Wissen über Berufe und die Arbeitswelt, eine<br />

mangelnde Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung sowie Berufsausbildungs-<br />

und Studienabbrüche kennzeichnen ihre Situation. Aus dem<br />

Blickwinkel der beiden Perspektiven, Individuum und Arbeitswelt, werden<br />

im nächsten zweiten Kapitel ausgewählte Problemfelder, die kennzeichnend<br />

für den Übergang Jugendlicher zwischen Schule und Arbeitswelt und<br />

gleichzeitig Indikatoren für die Notwendigkeit einer Überprüfung der<br />

Wirksamkeit von Berufsorientierung sind, dargelegt.<br />

Klassische definitorische Grundgedanken und Bezugspunkte der Berufsorientierung<br />

sowie das aktuelle Begriffsverständnis stehen im Mittelpunkt<br />

des dritten Kapitels. Die getroffene Auswahl an Definitionen spiegelt eine<br />

mangelnde Präzisierung des Begriffes und eine hohe Bedeutungsheterogenität<br />

wider. Dabei ist das aktuelle Begriffsverständnis von weitaus<br />

höherer Komplexität geprägt als traditionelle Auffassungen, was als Indiz<br />

28


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 1 Einleitung<br />

für die wachsenden Anforderungen an die Berufsorientierung gewertet<br />

werden kann. Berufsorientierung wird nicht mehr als punktuelle Wahl,<br />

sondern vielmehr als langfristiger Prozess verstanden, der sowohl personenbezogene<br />

Klarheit und eine individuelle Standortbestimmung als auch<br />

eine Ausrichtung und Anpassung an die Anforderungen des Ausbildungsund<br />

Arbeitsmarktes abverlangt und in Berufswahlreife mündet.<br />

Inwiefern sich der dem aktuellen Verständnis von Berufsorientierung<br />

zugrunde liegende Gedanke der Prozessorientierung auch in den Theorien<br />

der Berufswahl wiederfindet, zeigt das vierte Kapitel. Es werden Ansätze verschiedener<br />

wissenschaftlicher Fachdisziplinen skizziert, die ihren Fokus jeweils<br />

auf spezifische Komponenten der Berufsorientierung (z. B. Entscheidung,<br />

Entwicklung, Allokation) legen. Mit dem dargelegten Anspruch an<br />

die Berufsorientierung als Prozess und dem Ziel der Erlangung von Berufswahlreife<br />

gehen entwicklungstheoretische Erklärungsansätze und hierbei<br />

insbesondere die Laufbahnentwicklungstheorie mit dem Berufswahlreifekonzept<br />

von Donald E. Super am deutlichsten konform. Sie liefern<br />

Impulse für didaktisches Handeln im Feld der Berufsorientierung und Ansatzpunkte<br />

zur Evaluation der Wirksamkeit von Interventionen, wodurch<br />

sie wesentliche Grundlagen zur Bearbeitung der vorliegenden Fragestellung<br />

schaffen.<br />

Nicht nur die Heterogenität in den Begriffsdefinitionen, auch die Vielfalt<br />

an theoretischen Erklärungsansätzen signalisieren einen stetigen Veränderungsanspruch<br />

an die Berufsorientierung. Ihr Entwicklungsweg sowie ihre<br />

schulische wie außerschulische Konsolidierung werden innerhalb des fünften<br />

und sechsten Kapitels aufgegriffen. Historische Wurzeln sind bereits in den<br />

Konzepten der Industrieschule, der Arbeitsschule und der Produktionsschule<br />

zu finden. Die Ideen und Prinzipien dieser Ansätze wirken bis heute<br />

nach und finden mehr oder weniger Eingang in pädagogisches Handeln im<br />

Feld der Berufsorientierung, die insbesondere in den fünfziger, sechziger<br />

und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts sowie aktuell Entwicklungsschwerpunkte<br />

zu verzeichnen hat. Aufbauend auf dem historischen Blickwinkel<br />

wird der derzeitige Stand der Berufsorientierung aus didaktischer<br />

Perspektive beleuchtet. Auf Grundlage des lerntheoretischen Modells nach<br />

Paul Heimann erfolgt eine Analyse der Intentionen, Inhalte, Methoden und<br />

Medien, der zielgruppen- und institutionenbezogenen Bedingungen und<br />

des Handlungsrahmens, in welchen die Berufsorientierung eingebettet ist.<br />

Die einzelnen didaktischen Komponenten werden in einem Strukturmodell<br />

zusammengeführt und beschrieben. Das so identifizierte System ist Abbild<br />

der derzeitigen Gestalt von Berufsorientierung und zugleich Grundlage zur<br />

Charakterisierung der für die Wirkungsanalyse herausgegriffenen Interven-<br />

29


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 1 Einleitung<br />

tionen. Zugleich bilden die auf Basis des aktuellen Begriffsverständnisses<br />

und dem Berufswahlreifekonzept spezifizierten Intentionen von Berufsorientierung<br />

den Ausgangspunkt für die empirische Untersuchung, die im<br />

Mittelpunkt des siebten bis neunten Kapitels steht.<br />

Zu Beginn des siebten Kapitels wird eine Zusammenfassung vorliegender<br />

Studien und bisheriger Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von Orientierungsmaßnahmen<br />

vorgenommen, die ihren Anfang in theoretischen Bezügen<br />

innerhalb der Evaluationsforschung nimmt. Es schließt sich im achten<br />

Kapitel eine Skizzierung der eigenen Erhebung zur Wirksamkeitsevaluation<br />

an. Da ein insgesamt wenig erforschtes Gebiet bearbeitet wurde, hatte nicht<br />

die Erlangung einer vertieften analytischen Kenntnis der Problematik,<br />

sondern vielmehr die Exploration des Forschungsgegenstandes Priorität.<br />

Nach der Illustration des Evaluationszieles, evaluationsleitenden Fragestellungen<br />

und den Evaluationshypothesen folgt eine Beschreibung des in<br />

einem Pretest-Posttest-Follow-up-Design angelegten Untersuchungsverlaufes,<br />

der zu prüfenden Interventionen und der angewendeten Methoden.<br />

Ebenso wird ein Überblick zu den Evaluationsinstrumenten gegeben. Im<br />

Anschluss folgen im neunten Kapitel Darlegungen zur Untersuchungsstichprobe<br />

sowie zu den Evaluationsergebnissen.<br />

Der Verifizierung bzw. Falsifizierung der Hypothesen sowie der Beantwortung<br />

der formulierten Frage nach den Wirkungen der Berufsorientierung<br />

im Verhältnis zu ihren Zielsetzungen widmet sich das zehnte Kapitel.<br />

Integriert sind ferner eine methodische und inhaltliche Reflexion der Forschungsarbeit<br />

sowie eine Diskussion praktischer Konsequenzen für didaktisches<br />

Handeln im Feld der Berufsorientierung.<br />

30


2 Problemaufriss<br />

I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Die beruflichen Perspektiven junger Menschen auf dem Ausbildungsmarkt<br />

stehen trotz vereinzelter regionaler und berufsbezogener Engpässe derzeit<br />

so gut wie nie seit der Wiedervereinigung (vgl. Bundesvereinigung der<br />

Deutschen Arbeitgeberverbände et al. 2008; vgl. Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung 2010a, S. 9). Dies scheint zumindest dann zuzutreffen,<br />

wenn Jugendliche über berufliche Pläne und über einen Realschulabschluss<br />

oder das Abitur verfügen. Jungen und Mädchen ohne Schulabschluss<br />

oder mit einem Hauptschulabschluss sind in ihren Anschlussbemühungen<br />

deutlich öfter mit Problemen konfrontiert. Fünfzehn Monate nach<br />

Verlassen der Schule haben 31% von ihnen noch keine Ausbildung, hier<br />

verstanden als Berufsausbildung bzw. Studium, begonnen. Bei den Jugendlichen<br />

mit mittlerem Abschluss sind es lediglich 19% (vgl. Krekel, Ulrich<br />

2009, S. 15). Unter Berufsausbildung werden betriebliche, überbetriebliche,<br />

außerbetriebliche und schulische Ausbildungen zusammengefasst. Betriebliche<br />

(oder duale) Berufsausbildungen sind dadurch gekennzeichnet, dass<br />

praktische Unterweisungen in einem Unternehmen und theoretische<br />

Lektionen in der Berufsschule erfolgen. Bei überbetrieblichen Berufsausbildungen<br />

werden berufsspezifische praktische Kurse in von den Innungen<br />

oder Kammern eingerichteten Werkstätten oder Bildungszentren durchgeführt.<br />

Die Ausbildungsform wird von Auszubildenden aus verschiedenen<br />

Betrieben genutzt, wenn diese einzelne Ausbildungsteile nicht selbst in<br />

adäquater Weise erbringen können. Außerbetriebliche Berufsausbildungen<br />

werden überwiegend (mehr als 50% der Kosten des praktischen Teils der<br />

Ausbildung) über staatliche Programme und über die Bundesagentur für<br />

Arbeit finanziert. Außerbetrieblich bezieht sich demnach nicht auf den<br />

Lernort, sondern vielmehr auf die Form der Finanzierung. Viele der Auszubildenden<br />

in außerbetrieblichen Berufsausbildungen erlernen ihren Beruf<br />

in unmittelbarem Kontakt mit Unternehmen. Zum Teil werden sie sogar<br />

vollständig von Betrieben ausgebildet, die dafür staatliche Unterstützung<br />

erhalten. Durch die Finanzierung soll dem Fehlen dualer Ausbildungsplätze<br />

entgegen gewirkt werden. Eine schulische Berufsausbildung können<br />

Jugendliche mittels Vollzeitunterricht an staatlichen oder privaten Berufsfachschulen,<br />

Fachschulen oder Fachakademien erhalten. In die Ausbildungszeit<br />

sind teilweise Praktika in Unternehmen integriert (vgl. Bundesagentur<br />

für Arbeit 2010a).<br />

31


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

In ihren Chancen auf eine Ausbildung wesentlich stärker beeinträchtigt als<br />

Mädchen und Jungen ohne Schulabschluss sind indessen diejenigen, die am<br />

Ende der Schulzeit keine klare berufliche Orientierung haben (vgl. Rademacker<br />

2009, S. 28). Doch stellen die im allgemeinbildenden Schulsystem<br />

erreichten Bildungsabschlüsse einerseits zwar eine wichtige Einstiegsvoraussetzung<br />

für den Ausbildungsmarkt dar, andererseits werden sie jedoch<br />

auch immer stärker inflationiert. Ein hoher Schulabschluss sichert keinen<br />

Berufsausbildungsvertrag bzw. keine Studienimmatrikulation, schon gar<br />

nicht, wenn der Berufsweg den persönlichen Wünschen und Interessen<br />

entsprechen soll. Erreichte Ausbildungsabschlüsse garantieren, beispielsweise<br />

aufgrund der Dynamik in der Entwicklung von Berufsbildern und ihrer<br />

immer stärkeren Ausdifferenzierung, keinen sicheren Arbeitsplatz oder<br />

einen beruflichen Aufstieg (vgl. Freimuth 1994, S. 35 f.; vgl. Walther, Stauber<br />

2007, S. 31). Nachfolgend werden einzelne Problemfelder, die kennzeichnend<br />

für den Übergang Jugendlicher zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

sind und Schlussfolgerungen für die Notwendigkeit von Korrekturen in der<br />

Gestaltung der Berufsorientierung zulassen, dargelegt. Zu identifizieren<br />

sind dabei zwei bipolar zueinanderstehende Problemfacetten: Zum einen<br />

eine personenbezogene Betrachtungsweise mit Schwierigkeiten in der individuellen<br />

Standortbestimmung und einem Prozess des sich Zurechtfindens<br />

(Selbstorientierung). Zum anderen Probleme in der beruflichen Ausrichtung<br />

und durch die von außen an die Jugendlichen herangetragene Anforderungen<br />

der Arbeitswelt (vgl. Butz 2008b, S. 49 f.). Zunächst stehen die<br />

individuumbezogenen und daran anschließend die arbeitsweltbezogenen<br />

Defizite im Mittelpunkt der Ausführungen.<br />

2.1 Orientierung auf ein eingeschränktes<br />

Spektrum an Ausbildungen<br />

Jugendliche reflektieren nur einen kleinen Ausschnitt ihrer beruflichen<br />

Möglichkeiten. Bei der Wahl ihrer Berufsausbildung bzw. ihres Studiums<br />

konzentrieren sie sich einerseits auf Berufsbezeichnungen. Diese<br />

32<br />

„haben eine Signalfunktion (Vorstellungsbilder), eine Selektionsfunktion<br />

(Filter, um sich näher damit zu beschäftigen oder auch nicht) und eine<br />

Selbstdarstellungsfunktion (für die eigene soziale Verortung der oder des<br />

Jugendlichen).“ (Programmstelle beim Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

2008, S. 7).


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Das Image von Berufen und ihre Bezeichnungen führen dazu, dass Jugendliche<br />

sich mehr oder weniger für bestimmte Ausbildungen interessieren.<br />

Berufsausbildungen mit einem hohen Überhang an unbesetzten Ausbildungsstellen<br />

waren zum Ausbildungsjahr 2008/2009 beispielsweise Fachmann/-frau<br />

für Systemgastronomie (ca. 15% unbesetzt), Restaurantfachmann/-fachfrau<br />

(ca. 12%), Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk<br />

(ca. 10%) oder Fleischer/-in (ca. 9%) (vgl. Eberhard et al. 2009, S. 9).<br />

Demgegenüber verzeichnen die Ausbildungsberufe Tierpfleger/-in (ca.<br />

59%), Gestalterin für visuelles Marketing (ca. 49%), Mediengestalter/-in<br />

Bild und Ton (ca. 34%) und Fotograf/-in (ca. 34%) einen hohen Überhang<br />

an erfolglosen, nicht vermittelten Bewerberinnen und Bewerbern (vgl. ebd.,<br />

S. 10). Eberhard et al. zeigen eindrucksvoll, wie allein durch sprachkosmetische<br />

Korrekturen steuernd auf Bewerberzahlen Einfluss genommen werden<br />

kann. So ist die Nachfrage beispielsweise der Ausbildungsberufe<br />

Schauwerbegestalter/-in und Verlagskaufmann/-frau infolge der Umbenennung<br />

in ‚Gestalter/-in für visuelles Marketing’ und ‚Medienkaufmann/frau<br />

Digital und Print’ maßgeblich gestiegen (vgl. ebd., S. 12) 8. Neben<br />

prestigeträchtigen Berufsbezeichnungen orientieren sich Mädchen und<br />

Jungen andererseits auch immer noch stark an traditionellen Rollenbildern.<br />

Sie münden oft in ‚Frauenberufe’ bzw. ‚Männerberufe’, was die Segmentierung<br />

männer- und frauendominierter Berufsfelder fördert (vgl. Lemmermöhle-Thüsing<br />

et al. 1994, S. 11; vgl. Klevenow 1996, S. 107). Zu den Begrifflichkeiten<br />

‚Frauenberufe’ und ‚Männerberufe’ sowie den so genannten<br />

‚Mischberufen’ erfolgt in der Literatur eine sehr uneinheitliche Darstellung,<br />

wie Beinke et al. bestätigen (vgl. Beinke et al. 1991, S. 62). Die Unterscheidung<br />

orientiert sich einerseits an bestehenden Rollenzuschreibungen und<br />

Typisierungen. Andererseits basieren die Definitionen auf statistischen<br />

Werten. Analysiert wird hierbei die Verteilung von Frauen und Männern<br />

innerhalb eines Berufes. Eine umfangreiche definitorische Auseinandersetzung<br />

nehmen Nissen et al. vor (vgl. Nissen et al. 2003, S. 46 ff.).<br />

Letztendlich ist das Berufswahlverhalten so stabil, dass sich die Liste der<br />

Wunschausbildungsberufe und -studiengänge bei Mädchen und bei Jungen<br />

seit Jahren nur geringfügig ändert. Obgleich in Deutschland etwa 350 staat-<br />

8 Vgl. zu diesem Abschnitt auch die Ausführungen zu den Disparitäten von Berufsausbildungsplatznachfrage<br />

und -angebot nach Berufen des Bundesinstitutes für Berufsbildung (vgl. Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung 2009b, S. 325 f.).<br />

33


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

lich anerkannte Ausbildungsberufe 9 im dualen System existieren, entscheiden<br />

sich kontinuierlich etwa 50% aller männlichen Jugendlichen für einen<br />

der zwanzig von Jungen am stärksten nachgefragtesten Berufe (vgl. Anhang<br />

1). Dazu gehören z. B. die Berufsausbildungen zum Kraftfahrzeugmechatroniker,<br />

zum Industriemechaniker, zum Elektroniker oder zum Metallbauer.<br />

Bei den Mädchen greifen seit Jahren circa 70% auf zwanzig Berufe<br />

im Verwaltungs-, Dienstleistungs- und sozialen Bereich, wie z. B. Bürokauffrau,<br />

Kauffrau im Einzelhandel, Arzthelferin, Friseurin oder Verkäuferin<br />

zurück (vgl. Anhang 2). 10 Dabei unberücksichtigt bleiben allerdings die<br />

schulischen Berufsausbildungen, wie z. B. diejenigen des Gesundheits- oder<br />

Erziehungsbereiches, die ein deutlich breiteres Berufswahlspektrum von<br />

Mädchen erkennen lassen (vgl. Fußnote 9). Relevant ist dies vor allem im<br />

Kontext der zunehmenden Tertiärisierung des Beschäftigungssystems,<br />

denn von der wachsenden Bedeutung des Dienstleistungssektors gegenüber<br />

dem produzierenden Gewerbe profitieren vorrangig Frauen.<br />

9 Staatlich anerkannt und vollqualifizierend ist ein Ausbildungsberuf dann, wenn für ihn eine<br />

Ausbildungsordnung erlassen wurde, die deutschlandweit eine geordnete und einheitliche betriebliche<br />

Berufsausbildung im gesamten Bundesgebiet gewährleistet. Seit der Verabschiedung<br />

des Berufsbildungsgesetzes (1969) ist die Zahl der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe, bedingt<br />

durch Aufhebungen, Zusammenfassungen, Umstrukturierungen (Anpassung an den technologischen<br />

Wandel), stark gesunken. Anfang der 1970er Jahre belief sich ihre Zahl noch auf<br />

rund 600. Das Bundesinstitut für Berufsbildung führt eine Liste, die nach unterschiedlichen Kriterien<br />

sortiert werden kann, z. B. nach Berufsgruppe, Verordnungsdatum, Ausbildungsdauer (vgl.<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung 2011). Neben den bundeseinheitlich geregelten Berufsausbildungen<br />

im dualen System gibt es etwas mehr als zwanzig bundesweit einheitlich und rund 120<br />

landesrechtlich geregelte schulische Berufsausbildungen. Hinzu kommen Ausbildungen, die<br />

durch interne Regelungen der Bildungsträger geregelt sind (vgl. Schwertner 2010, o. S.). Daraus<br />

resultieren von Bundesland zu Bundesland erhebliche Unterschiede bezogen auf die Organisation<br />

und die Inhalte des schulischen Teils der Berufsausbildung im dualen System (vgl. Hoeckel,<br />

Schwartz 2010, S. 10).<br />

10 Hauptschulabsolventinnen und -absolventen mit Schulabschluss bevorzugen die Ausbildungsberufe<br />

Verkäuferin/Verkäufer (ca. 6% aller Hauptschulabsolventinnen und -absolventen mit<br />

Schulabschluss und ca. 43% aller Auszubildenden im Beruf) und Kauffrau/Kaufmann im Einzelhandel<br />

(ca. 6% aller HmS und ca. 27% aller AiB), Friseur/in (ca. 5% aller HmS und 52% aller<br />

AiB), Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk (ca. 5% aller HmS und ca. 66% aller AiB),<br />

Kraftfahrzeugmechatroniker/in (ca. 5% aller HmS und ca. 35% aller AiB; vgl. Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung 2008a, S. 134). Jugendliche ohne Schulabschluss finden sich in<br />

den Ausbildungsberufen Maler/in und Lackierer/in (ca. 6% aller HmS und ca. 7% aller AiB),<br />

Hauswirtschaftshelfer/in (ca. 6% aller HmS und ca. 39% aller AiB), Friseur/in (ca. 4% aller HmS<br />

und ca. 4% aller AiB), Werker/in Gartenbau (ca. 4% aller HmS und 53% aller AiB), Bau- und<br />

Metallmaler/in (ca. 3% aller HmS und ca. 40% aller AiB; vgl. ebd. S. 135). In Bezug auf Schülerinnen<br />

und Schüler ohne Schulabschluss ist im Blick zu behalten, dass diese sich zum Großteil<br />

auf Rehabilitationsausbildungen, auch als Werkerberufe nach §66 BBiG und §42m HwO bezeichnet,<br />

konzentrieren (müssen). Zum einen sind ihre Chancen auf eine erfolgreiche Bewerbung<br />

für einen Ausbildungsberuf im dualen oder Schulberufssystem gering. Zum anderen liegt bei den<br />

Jugendlichen oft eine Beeinträchtigung der individuellen Lernfähigkeit vor, die dazu führen kann,<br />

dass die theoretischen Lernanforderungen in regulären Berufsausbildungen nicht bewältigt werden<br />

können. Um diesen jungen Menschen dennoch eine Ausbildung zu ermöglichen, schuf der<br />

Gesetzgeber besondere Regelungen nach §66 BBiG und §42m HwO. Derzeit sind 61 Berufe in<br />

Rehabilitationsausbildungen erlernbar (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2010b).<br />

34


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Zu den zwanzig am stärksten besetzten Studienfächern zählen bei den Jungen<br />

u. a. Maschinenbau/-wesen, Informatik oder Elektrotechnik/Elektronik<br />

(vgl. Anhang 3). Mädchen bevorzugen Fachrichtungen wie Erziehungswissenschaften,<br />

Sozialwesen oder Psychologie (vgl. Anhang 4). Veränderungen<br />

am Spektrum der Fachrichtungen sind ebenso wie bei den Berufsausbildungen<br />

im Vergleich zwischen dem Wintersemester 2000/2001,<br />

2004/2005 und 2007/2008 so gut wie nicht auszumachen. Dennoch lässt<br />

sich bei der Wahl von Studiengängen ein markanter Unterschied im Vergleich<br />

zur Wahl von Ausbildungsberufen finden: Es gibt eine Vielzahl von<br />

Überschneidungen bei den zwanzig am meisten gewählten Fachrichtungen<br />

von Jungen und Mädchen. Im Wintersemester 2007/2008 gehörten immerhin<br />

zehn dieser Studiengänge sowohl zur ‚Hitliste’ von jungen Männern<br />

als auch von jungen Frauen. Zu nennen sind beispielsweise Betriebswirtschaftslehre,<br />

Wirtschaftswissenschaften, Germanistik/Deutsch, Mathematik<br />

oder Rechtswissenschaften. Offen bleibt hingegen inwieweit die Jugendlichen<br />

ihr Spektrum an gewählten Studiengängen im Zeitverlauf erweiterten.<br />

Zwar suggeriert die Datenlage (vgl. Anhang 3 f.), dass sich vor allem<br />

Mädchen bei der Studienfachwahl zunehmend breiter orientieren und sich<br />

öfter als Jungen für andere Studiengänge als die zwanzig meist gewählten<br />

entscheiden. Durch die Ausdifferenzierung von Studiengängen infolge der<br />

Bologna-Reformen ist dies jedoch nicht eindeutig zu belegen.<br />

Während Unternehmen in den neunziger Jahren noch die Einstellung von<br />

Männern aufgrund ihrer physischen Voraussetzungen und Belastbarkeit,<br />

beruflicher Kenntnisse und Erfahrungen oder betrieblicher oder gesetzlicher<br />

Auflagen präferierten (vgl. Schober, Rauch 1996, S. 26 ff.) und sich<br />

die gängigen Argumente gegen eine Ausbildung und/oder Beschäftigung<br />

von Frauen in gewerblich-technischen oder ingenieurwissenschaftlichen<br />

Berufen auf deren geringere körperliche Belastungsfähigkeit, nicht kalkulierbare<br />

Schwangerschaften, die Fristigkeit der weiblichen Arbeitskraft<br />

(Familienpause), die Krankheitshäufigkeit und Probleme in der Zusammenarbeit<br />

mit Kollegen bezogen (vgl. Thege 1994, S. 27), werben heute mit<br />

Blick auf den Fachkräftemangel immer mehr Unternehmen aktiv auch junge<br />

Frauen. Dessen ungeachtet hat sich die Zahl der Studentinnen in den<br />

Ingenieurwissenschaften trotz der signalisierten Offenheit von Handwerk<br />

und Industrie in den letzten Jahren nicht verändert (vgl. Isserstedt et al.<br />

2010, S. 4). Der Erfolg der Bemühungen wird dadurch getrübt, dass Mädchen<br />

in technischen Berufen Anforderungen vermuten, denen sie sich nicht<br />

gewachsen fühlen. Sie erkennen sich selbst die nötigen Fähigkeiten ab und<br />

werden darin vom Elternhaus und Gleichaltrigen noch bestärkt (vgl.<br />

Driesel-Lange, Hany 2005, S. 5). Dies mag auch daran liegen, dass sich z. B.<br />

35


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

in Verwaltungen, Unternehmen und Hochschulen immer noch die Existenz<br />

und Stabilität der Geschlechterverhältnisse und -zuweisungen spiegelt<br />

und sich die Akzeptanz und Wertschätzung von Mädchen häufig im Rahmen<br />

geschlechtsstereotyper Zuschreibungen bewegt. Bonnemann-Böhner<br />

et al. halten dazu fest:<br />

36<br />

„Solange die theoretische und praktische Teilhabe von Mädchen und<br />

Frauen an der Definition und Gestaltung von Arbeit, Wissenschaft, Kultur<br />

und Ökonomie nicht als notwendige Voraussetzung und Bedingung<br />

des derzeit gesellschaftlichen Überlebens begriffen wird, solange werden<br />

Mädchen keine geschlechteroffene Identität ausbilden.“ (Bonnemann-<br />

Böhner et al. 1994, Vorwort o. S.)<br />

Angesichts der, wenn auch von kleinen Veränderungen geprägten, Orientierung<br />

auf ein eingeschränktes Spektrum an Ausbildungen erscheint es<br />

wenig verwunderlich, wenn Jugendliche unterschiedlicher Schulformen,<br />

trotz der Überzeugung vom hohen gesellschaftlichen Wert beruflicher Bildung<br />

(vgl. Stauber 2007, S. 135), nicht durchweg zuversichtlich sind, was<br />

die Erfüllung ihrer beruflichen Wünsche angeht. Nach den Shell-<br />

Jugendstudien glaubten im Jahr 2002 nur etwa 68% der Jungen und Mädchen<br />

ihre Berufsvorstellungen realisieren zu können. Im Jahr 2006 waren es<br />

rund 64% und im Jahr 2010 circa 71% (vgl. Langness et al. 2006, S. 73; vgl.<br />

Leven et al. 2010, S. 115). Jugendliche schätzen die Situation und ihre<br />

Chancen im Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt demnach<br />

realistisch ein. Sie haben Sorgen, keinen Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz zu<br />

finden oder diesen zu verlieren. 2002 hegten 55%, 2006 immerhin 69% und<br />

2010 62% Angst vor Arbeitslosigkeit (vgl. Langness et al. 2006, S. 75; vgl.<br />

Leven et al. 2010, S. 117). Wenig optimistisch sind insbesondere Jugendliche<br />

in den neuen Bundesländern und, trotz besserer Ausgangssituation<br />

aufgrund höherer Bildungsabschlüsse, die Mädchen. Zwar nehmen die Jungen<br />

an Gymnasien und Realschulen die Minderheit ein (vgl. Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2009, S. 22 ff.), zeigen im<br />

Durchschnitt schlechtere schulische Leistungen, bleiben häufiger sitzen<br />

und sind öfter sozial auffällig, dennoch sind ihre Chancen auf dem Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt letztendlich deutlich besser als die von Mädchen.<br />

Der Bildungsaufstieg junger Frauen ist kein Garant für Chancengleichheit<br />

im Berufsleben. Sie müssen sich häufiger als Jungen um Berufsausbildungsplätze<br />

bewerben, machen häufiger Abstriche von ihren beruflichen<br />

Wunschvorstellungen und münden seltener in ihre Wunschberufe ein (vgl.<br />

Freimuth 1994, S. 35 f.; vgl. Schober, Rauch 1996, S. 54 f.; vgl. Lemmermöhle<br />

2002, S.131; vgl. Frauenbüro der Stadt Göttingen 2004, S. 2). Ähnliches<br />

gilt in Bezug auf die Situation von Mädchen nach Absolvierung eines


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Studiums. Studentinnen haben größere Probleme bei der Stellenfindung als<br />

ihre männlichen Kommilitonen und werden häufiger unterhalb ihrer<br />

eigentlichen Qualifikation beschäftigt (vgl. Ramm 2001, S. 29). Die Konzentration<br />

von Mädchen auf frauendominierte Ausbildungen geht mit<br />

schlechteren Ausgangsbedingungen einher: Die Verdienste sind vergleichsweise<br />

gering, die Beschäftigungssicherheit ist niedriger und die Aufstiegsmöglichkeiten<br />

sind schwieriger (vgl. Bonnemann-Böhner et al. 1994,<br />

S. 1; vgl. Bredemeier de Diego et al. 1995, S. 7 f.; vgl. Kühnlein, Paul-<br />

Kohlhoff 1996, S. 115; vgl. Nissen et al. 2003, S. 51 ff.; vgl. Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2009, S. 58 f.). Auch wenn<br />

in der Wirtschaftskrise 2009 vor allem männliche Arbeitnehmer ihre Beschäftigung<br />

verloren haben, da Männerdomänen wie die Bauwirtschaft<br />

oder die Automobilindustrie besonders stark von den Entwicklungen betroffen<br />

waren, ist in männerdominierten Berufsgruppen bereits in der Berufsausbildung<br />

z. B. in Hinsicht auf Ausbildungszeiten, Überstunden und<br />

Regelungen zum Überstundenausgleich, auf die Anzahl der Urlaubstage,<br />

den Urlaubszeitpunkt sowie auf die Ausbildungsvergütung eine deutliche<br />

Besserstellung der Auszubildenden festzustellen (vgl. Beinke 1991, S. 22;<br />

vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund 2009, S. 45 ff.). Das zunehmende Interesse<br />

an Jungen in der öffentlichen, politischen und pädagogischen Diskussion<br />

ist demnach zu einseitig und verliert die schlechtere berufliche Ausgangslage<br />

vieler Mädchen aus dem Blick.<br />

Doch nicht nur für junge Frauen, generell für Jugendliche ohne Schulabschluss<br />

sowie mit Hauptschul- oder Realschulabschluss ist der Berufseinstieg<br />

problembehaftet. Unternehmen bilden bevorzugt Personen mit<br />

höherem Schulabschluss aus, die so als Konkurrenten um Berufsausbildungsstellen<br />

auftreten (vgl. Schudy 2002, S. 11 f.; vgl. von Wensierski et al.<br />

2005, S. 40 f.; vgl. Glaesser 2007, S. 81).<br />

2.2 Unsicherheit und<br />

Orientierungslosigkeit<br />

In Anbetracht der Vielzahl an Berufsausbildungen sowie von immer neuen,<br />

insgesamt über 16.000 Bachelor- und Masterstudiengängen an Berufsakademien,<br />

Fachhochschulen, Hochschulen und Universitäten 11, die einem<br />

11 Die Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland erfasst in ihrer Statistik<br />

insgesamt 16.045 Studiengänge an Universitäten oder Hochschulen mit Promotionsrecht, an<br />

Fachhochschulen oder Hochschulen ohne Promotionsrecht und an Kunst- und Musikhochschulen<br />

(vgl. Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland 2011).<br />

37


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

stetigen Wandel unterworfen sind, ist es nachvollziehbar, wenn Jugendliche<br />

schlichtweg orientierungslos auf ein kleines, aber eben sehr präsentes, weil<br />

überproportional häufig besetztes Spektrum an Ausbildungen zurückgreifen.<br />

Hinzu kommt, dass viele Schülerinnen und Schüler nur vage oder<br />

gar keine Vorstellungen darüber haben, in welchem Beruf sie einmal tätig<br />

sein wollen, was sie in der Berufsausbildung, im Studium und im gewählten<br />

Beruf erwartet oder was ihre Interessen, Fähigkeiten, Bedürfnisse und<br />

Werthaltungen sind, wie in zahlreichen Publikationen immer wieder festgestellt<br />

wird (vgl. Schanne 1990, S. 12; vgl. Ermert, Friedrich 1990, S. 9; vgl.<br />

Stark et al. 1997, S. 105; vgl. Schmid, Barmettler 2001, S. 3). Junge Frauen<br />

und Männer beklagen, dass ihnen niemand sagen könne, welche Berufe zukünftig<br />

gefragt sind oder sie gehen davon aus, dass es angesichts der Situation<br />

auf dem Arbeitsmarkt und der häufig erforderlichen beruflichen Neuorientierungen<br />

nicht notwendig sei, sich auf einen Beruf festzulegen. Sie<br />

schieben die Berufswahl hinaus, überlassen sie dem Zufall oder haben<br />

Schwierigkeiten sich überhaupt entscheiden zu können, wie die folgende<br />

Aussage eines Jugendlichen zeigt:<br />

38<br />

„Man steht hier so und alle Türen sind so offen noch und man kann sich<br />

nicht entscheiden, was soll man denn machen! Bei so 'nem Angebot, da<br />

wird man erschlagen und alles könnte falsch sein.“ (belegt in Knauf,<br />

Oechsle 2007, S. 143)<br />

Optimistischer formuliert ein anderer Jugendlicher die Situation:<br />

„Wenn alles chaotisch ist, ist meine jetzige Entscheidung allemal richtig.“<br />

(belegt in Westhoff 1996, S. 147)<br />

Haubrich und Preiß belegen mit ihrer Studie, dass Jugendliche sogar bis<br />

zum Abschluss der Schule<br />

„nur sehr geringe Kenntnisse über in Frage kommende Ausbildungsplätze,<br />

über Inhalt und Form von Ausbildungsberufen, über die jeweilige<br />

Arbeitsmarktsituation und am wenigsten über die betriebliche Alltagsrealität“<br />

haben (Haubrich, Preiß 1996, S. 80).<br />

Ebenso ist ihnen keine realistische Einschätzung der Chancen und Risiken<br />

ihrer Wunschausbildung möglich. Nach einer Untersuchung von Lange aus<br />

dem Jahr 1978 wächst das faktische Wissen über verschiedene Aspekte der<br />

Berufs- und Arbeitswelt mit höherer Schulbildung. Interessant ist hierbei,<br />

dass die Jugendlichen das eigene berufliche Wissen dann geringer einschätzen.<br />

Lange begründet dies mit Differenzen hinsichtlich der Art des Informationserwerbes<br />

und in Bezug auf praktische Erfahrungen. Demnach<br />

haben Mädchen und Jungen, die kein Abitur anstreben, deutlich mehr


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Möglichkeiten für direkte Erlebnisse in der beruflichen Praxis als Abiturientinnen<br />

und Abiturienten, die Informationen überwiegend indirekt über<br />

eine theoretische Auseinandersetzung mit der Berufs- und Arbeitswelt beziehen<br />

(z. B. durch Lektüre von Berufs- und Studieninformationsmaterialien).<br />

Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien erreichen so zwar einen<br />

höheren Informationsstand, besitzen aber weniger hautnahe Erfahrungen<br />

und fühlen sich so weniger informiert. Mit zunehmender Höhe der Schulbildung<br />

wird dies durch eine kritische Haltung in Bezug auf das eigene Wissen<br />

bestärkt (vgl. Lange 1978, S. 89 ff.). Die durch die intensive Auseinandersetzung<br />

mit Fragen der Berufs- und Studienwahl einhergehende Verunsicherung<br />

kann nach Ermert und Friedrich jedoch positiv bewertet werden,<br />

wenn sie dazu führt, dass Entscheidungsgrundlagen durch eine Verbreiterung<br />

der Informationen optimiert werden. Sie sprechen in diesem Zusammenhang<br />

von einer ‚produktiven Verunsicherung’, die die Rationalität der<br />

Entscheidung für eine Ausbildung erhöht (vgl. Ermert, Friedrich 1990,<br />

S. 33). Zu wenig Beachtung findet beim Ansatz der ‚produktiven Verunsicherung’,<br />

dass die Suche nach Informationen schon bei geringen Bemühungen<br />

leicht in einer unüberschaubaren Informationsflut endet, die eher<br />

Verwirrung als Klarheit hervorruft. In Anbetracht der zahlreichen Informationsquellen<br />

ist es daher nicht verwunderlich, wenn in einer Studie der Bertelsmann<br />

Stiftung schulformübergreifend von etwa der Hälfte aller Schülerinnen<br />

und Schüler statt einem Mangel an Informationen eher die<br />

Schwierigkeit sich in der Informationsvielfalt zurechtzufinden beklagt wird<br />

(vgl. Bertelsmann Stiftung 2005, S. 13). Selbst Eltern, Lehrende sowie Berufsberaterinnen<br />

und Berufsberater sind von der Fülle der Informationen<br />

überfordert (vgl. Beinke, Wascher 1993, S. 7). Hinzu kommt eine institutionelle<br />

Vielfalt und eine hohe Intransparenz hinsichtlich der Zuständigkeiten<br />

von bei der Berufsorientierung unterstützenden Akteuren (vgl. Kapitel<br />

1), aber auch, und dies trifft besonders benachteiligte 12 Jugendliche, ein<br />

Wettbewerb der Leistungs- und Kostenträger um Unzuständigkeit. Ermert<br />

12 Die Formulierung ‚benachteiligt’ wird innerhalb dieser Schrift für alle Jugendlichen eingesetzt,<br />

bei denen Probleme im Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt auftreten. Aufgrund unterschiedlichster<br />

Benachteiligungsfaktoren ist die Gruppe der Benachteiligten äußerst heterogen.<br />

Benachteiligend können u. a. wirken: „1. Soziale Faktoren wie soziale Schicht, Migrationshintergrund<br />

und Nationalität, regionale Herkunft, Religion, Geschlecht, 2. Individuelle Faktoren<br />

wie psychische und physische Beeinträchtigungen, Verhaltensauffälligkeiten oder Lern- und<br />

Leistungsschwierigkeiten, 3. Brüche und/oder Instabilitäten in der Schulbiographie, 4. Außerschulische<br />

Problemlagen wie multiproblematische Herkunftsfamilien mit Gewalterfahrungen,<br />

Lebensprobleme, Sinn- und Identitätssuche, Protest- und Autonomiebeweise, 5. Marktbenachteiligungen,<br />

die durch die konjunkturelle Lage, strukturelle Einflussfaktoren und regionale Inhomogenitäten<br />

des Bildungssystems verursacht werden.“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

2008d, S. 42 f.)<br />

39


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

und Friedrich stellen schließlich selbst fest, dass „die bewußte Wahrnehmung<br />

des Berufswahlprozesses in seiner ganzen Komplexität und Risikohaftigkeit<br />

zu lethargischer bzw. angstbesetzter Orientierungslosigkeit“ führen<br />

kann (Ermert, Friedrich 1990, S. 34).<br />

2.3 Passungsschwierigkeiten<br />

Während vorangehend aus der Perspektive der Jugendlichen ersichtliche<br />

Probleme beleuchtet wurden, soll sich nunmehr auf Aspekte aus dem<br />

Blickwinkel von Unternehmen und anderen Institutionen konzentriert<br />

werden. Laut jährlicher Unternehmensbefragungen des Deutschen<br />

Industrie- und Handelskammertags (DIHK) können Betriebe immer weniger<br />

die von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze besetzen. Von 2004 zu<br />

2008 vergrößerte sich der Anteil der Firmen mit unbesetzten Stellen von<br />

12% auf 21% (Ostdeutschland: 30%). Besonders betroffen sind kleinere<br />

Betriebe und Unternehmen im Bereich der privaten Dienstleistungen, im<br />

Handel, Verkehrs- bzw. Nachrichtenwesen, im produzierenden Gewerbe,<br />

im Gastgewerbe, aber auch Banken und Versicherungen (vgl. Gericke et al.<br />

2009, S. 1 f.). Unternehmen und weitere Organisationen sehen bei der Gewinnung<br />

neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwei wesentliche Schwierigkeiten:<br />

Einerseits fehlt es an Bewerberinnen und Bewerbern. Vom Ausbildungspakt<br />

wird diesbezüglich ein Passungs- oder auch Mismatch-Problem angeführt<br />

(vgl. Ausbildungspakt 2006, S. 3). Es bezeichnet die Diskrepanz<br />

zwischen Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftenachfrage bezüglich Qualifikationen,<br />

Berufen, Informationen bzw. regionaler Verteilung. Der Qualifikationsmismatch<br />

bezieht sich auf Unstimmigkeiten zwischen den Leistungsvoraussetzungen<br />

von Stelleninteressenten und den Qualifikationsanforderungen<br />

der zu besetzenden Stelle. Ein beruflicher Mismatch bezeichnet<br />

den Zustand, bei dem zwischen den Ausbildungswünschen der Jugendlichen<br />

und dem Ausbildungsstellenangebot der Betriebe ein Ungleichgewicht<br />

besteht. Bezug zu nehmen ist hier auf die in Kapitel 2.1 geschilderte<br />

Problematik eines hohen Überhangs an unbesetzten Berufsausbildungsstellen<br />

und an erfolglosen Bewerberinnen und Bewerbern aufgrund des Images<br />

von Berufen. Ein Informationsmismatch entsteht aufgrund dessen, dass<br />

nicht alle Bewerberinnen und Bewerber sämtliche Informationen zum<br />

Ausbildungsangebot und nicht alle Betriebe Kenntnisse über alle potenziellen<br />

Fachkräfte haben können. Ursachen für einen regionalen Mismatch<br />

zwischen Angebot und Nachfrage sind in (nicht vorhandener) regionaler<br />

Mobilität, der Bewerberzusammensetzung vor Ort sowie der lokalen<br />

40


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Attraktivität und Infrastruktur zu finden (vgl. Gericke et al. 2009, S. 2).<br />

Insbesondere hinsichtlich des beruflichen Mismatchs kommt das eingeschränkte<br />

Berufswahlverhalten Jugendlicher zum Tragen und es lässt sich<br />

erneut ein Indikator für die Optimierung der Berufsorientierung ausfindig<br />

machen.<br />

Andererseits bemängeln Unternehmen, analog zur Einschätzung der<br />

Jugendlichen selbst, das ungenügende Informationsniveau der Schulabgängerinnen<br />

und -abgänger über Ausbildungen sowie unzureichende Voraussetzungen<br />

zur Aufnahme einer solchen (vgl. Hundt 2003, S. 1; vgl. Ausbildungspakt<br />

2006, S. 3). Betriebe beklagen Schwierigkeiten, geeignete Bewerberinnen<br />

und Bewerber für ihre Ausbildungsstellen zu finden. Nach<br />

Einschätzung von Unternehmensangehörigen fehlt es Jugendlichen an<br />

realistischer Selbsteinschätzung,<br />

„unternehmerischem Denken, an Eigeninitiative, Verantwortungsbereitschaft<br />

und Risikofreudigkeit, aber auch an grundlegenden ökonomischen<br />

Kenntnissen - Eigenschaften und Fähigkeiten, die in der derzeitigen und<br />

künftigen Arbeitswelt mehr denn je“ von Bedeutung sind (Schober 2001,<br />

S. 8).<br />

Gefordert werden auch bessere Deutsch- und Mathematikkenntnisse und<br />

Zusatzqualifikationen, wie Computer- und Fremdsprachenkenntnisse (vgl.<br />

Famulla 2001, S. 5 f.). Zusammengefasst wird diese Kritik auch unter den<br />

Stichworten ‚mangelnde Ausbildungsreife’. Synonym zur Ausbildungsreife<br />

werden die Begriffe ‚Ausbildungseignung’ und ‚Ausbildungsfähigkeit’ verwendet.<br />

Eine Definition und ausführliche Auseinandersetzung mit dem<br />

Terminus der Ausbildungsfähigkeit findet sich bei Schlemmer (vgl.<br />

Schlemmer 2008). Bezogen auf akademische Ausbildungen wird von Studierfähigkeit<br />

gesprochen. Der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs,<br />

eine Expertengruppe bestehend aus Vertreterinnen und<br />

Vertretern der Dachverbände der Wirtschaft, hat unter Beteiligung der<br />

Bundesagentur für Arbeit, des Bundesinstituts für Berufsbildung und von<br />

Akteuren aus berufsbildenden Schulen folgende Definition des Begriffes<br />

Ausbildungsreife erarbeitet:<br />

„Eine Person kann als ausbildungsreif bezeichnet werden, wenn sie die<br />

allgemeinen Merkmale der Bildungs- und Arbeitsfähigkeit erfüllt und die<br />

Mindestvoraussetzungen für den Einstieg in die berufliche Ausbildung<br />

mitbringt. Dabei wird von den spezifischen Anforderungen einzelner Berufe<br />

abgesehen, die zur Beurteilung der Eignung für den jeweiligen<br />

Beruf herangezogen werden (Berufseignung). Fehlende Ausbildungsreife<br />

zu einem gegebenen Zeitpunkt schließt nicht aus, dass diese zu einem<br />

späteren Zeitpunkt erreicht werden kann.“ (Bundesagentur für Arbeit<br />

2009b, S. 13)<br />

41


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

Gerade der letzte Aspekt wird in der Diskussion um die Ausbildungsreife<br />

nur allzu oft vergessen. Statt als förderbarer Entwicklungsprozess wird<br />

Ausbildungsreife vielmehr als Istzustand gesehen. Diese Gefahr trägt auch<br />

der „Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife“ in sich. Er skizziert Mindestanforderungen<br />

an Jugendliche, die eine Berufsausbildung aufnehmen möchten.<br />

Neben den Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen sind zu<br />

einem großen Anteil personelle und soziale Kompetenzen aufgeführt. Die<br />

Beschreibung erfolgt in den fünf Kategorien Schulkenntnisse, Testleistungen<br />

in Leistungstests, physische Merkmale, psychologische Merkmale<br />

des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit und Berufswahlreife (vgl.<br />

Bundesagentur für Arbeit 2009b, S. 17). Die Zusammenstellung bietet<br />

Orientierung für Akteure im Feld der Berufsorientierung und die Chance<br />

auf eine gezieltere Förderung. Der Katalog kann jedoch auch als Instrument<br />

zur Selektion von Jugendlichen Einsatz finden (vgl. Butz, Deeken<br />

2010, S. 15). Fakt ist, dass viele der im Kriterienkatalog beschriebenen<br />

Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Tugenden sich mit den im Rahmen<br />

eines Expertenmonitors des Bundesinstitutes für Berufsbildung ermittelten<br />

Aspekten von Ausbildungsreife decken. Konkret gehört für mehr als<br />

vier Fünftel der Expertinnen und Experten aus Betrieben, Berufsschulen<br />

und überbetrieblichen Bildungsstätten, Kammern, Wirtschaftsverbänden<br />

u. a. Institutionen zur Ausbildungsreife:<br />

42<br />

„Zuverlässigkeit, die Bereitschaft zu lernen, die Bereitschaft, Leistung zu<br />

zeigen, Verantwortungsbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit, Durchhaltevermögen,<br />

Beherrschung der Grundrechenarten, einfaches Kopfrechnen,<br />

Sorgfalt, Rücksichtnahme, Höflichkeit, Toleranz, die Fähigkeit zur<br />

Selbstkritik, Konfliktfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und zu guter Letzt<br />

die Bereitschaft, sich in die betriebliche Hierarchie einzuordnen.“ (Ehrenthal<br />

et al. 2005, S. o. S.).<br />

Inwieweit sich die Ausbildungsreife von Jugendlichen in den letzten Jahren<br />

und Jahrzehnten verschlechtert hat, ist diskussionsbedürftig. Entgegen der<br />

betrieblichen Sicht weist die Thüringer Studie zur „Ausbildungsfähigkeit<br />

von Regel- und Berufsschülern“ jungen Menschen deutliche Stärken in der<br />

Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz aus (vgl. Winkler 2003, S. 13 f.).<br />

Auch die Ausführungen von Hustedt mit Bezug zu Untersuchungen des<br />

Psychologischen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit belegen über mehrere<br />

Jahrzehnte hinweg eine Zunahme von allgemeiner Intelligenz, von<br />

logisch-schlussfolgerndem Denken sowie von Problemlösefähigkeiten bei<br />

Schülerinnen und Schülern (vgl. Hustedt 1998, S. 162). Wie Ehrenthal et al.<br />

konstatieren, beklagten Unternehmer bereits in den sechziger Jahren, dass<br />

mindestens ein Viertel der Lehrlinge nicht richtig rechnen und schreiben


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

könne und attestierten ihnen eine unzureichende Ausbildungsreife (vgl.<br />

Ehrenthal et al. 2005, S. o. S.). Vor diesem Kontext ist eine kritische Auseinandersetzung<br />

mit der Debatte zur Verschlechterung der Ausbildungsreife<br />

und mit der Angemessenheit von Maßstäben erforderlich. Vor dem<br />

Hintergrund der geschilderten gesellschaftlichen Veränderungen, dem<br />

Wandel der Arbeitswelt sowie den damit einhergehenden gewachsenen Anforderungen<br />

in Berufsfeldern und Ansprüchen an Jugendliche zum einen,<br />

aber auch der Gestaltung und den Möglichkeiten des Schulsystems oder<br />

den Veränderungen in den Familien der Jugendlichen zum anderen, ist<br />

gründlich zu prüfen, inwieweit die derzeitig vorherrschende Defizitperspektive,<br />

die auf den Erfahrungen und Vorstellungen älterer Generationen innerhalb<br />

anderer gesellschaftlicher Rahmenbedingungen beruht, von einer<br />

potenzialorientierten Sichtweise auf Jugendliche abgelöst werden kann und<br />

sollte. Hier liegt auch ein Ansatzpunkt, um dem mit dem demografischen<br />

Wandel verbundenen schrumpfenden Nachfragepotenzial nach betrieblichen<br />

Berufsausbildungen zu begegnen. So wird u. a. von Krekel und<br />

Ulrich keine sich verringernde Nachfrage, sondern weiterhin ein zu geringes<br />

Angebot an Berufsausbildungsplätzen gesehen, deren Ursachen in<br />

Mängeln der Ausbildungsmarktbilanzierung zu suchen sind:<br />

„Seit der Berufsbildungsberichterstattung Mitte der 1970er-Jahre ist es<br />

Tradition, jährlich zum Stichtag 30. September Bilanz zu ziehen. Bis dahin<br />

sind aber bereits viele erfolglose Ausbildungsstellenbewerber in teilqualifizierende<br />

Bildungsgänge des Übergangssystems eingemündet. Diese<br />

Jugendlichen zählen zum Bilanzierungsstichtag zu den ‚versorgten Ausbildungsstellenbewerbern’,<br />

auch dann, wenn sie noch auf Ausbildungsplatzsuche<br />

sind. Da sie nicht zu den erfolglosen Ausbildungsplatznachfragern<br />

gerechnet werden, erschienen die Bilanzen selbst in den Jahren<br />

des größten Ausbildungsplatzmangels weitgehend ausgeglichen. … Das<br />

Übergangssystem trug somit in den letzten Jahren nicht nur dazu bei, Jugendliche<br />

mit Reifedefiziten weiterzuqualifizieren, sondern hatte auch<br />

ganz wesentlich die Funktion, die Ausbildungsmarktbilanz rein rechnerisch<br />

zu stabilisieren.“ (Krekel, Ulrich 2009, S. 7)<br />

Aufgrund des stetigen Defizits an Ausbildungsplätzen hatten Absolventinnen<br />

und Absolventen von Maßnahmen des Übergangssystems 13 gegenüber<br />

Schulabgängerinnen und -abgängern wenig Chancen und so wuchs die Zahl<br />

der Altbewerbungen beständig (vgl. ebd., S. 7). Betriebe, und hierbei sind<br />

13 Dem Übergangssystem werden außerschulische Maßnahmen und schulische Bildungsgänge<br />

zugeordnet, die zu keinem qualifizierten Berufsabschluss führen, wie z. B. das Berufsvorbereitungsjahr<br />

(BVJ) und das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ), soweit es nicht als erstes Ausbildungsjahr<br />

anerkannt wird oder aber die berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen der Bundesagentur<br />

für Arbeit.<br />

43


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

vor allem Klein- und mittlere Unternehmen anzuführen, reagieren bis heute<br />

auf den drastischen Rückgang der Schülerzahlen weder mit einer wachsenden<br />

Bereitschaft für die Ausbildung noch mit einem gesteigerten Engagement<br />

für die Integration von Jugendlichen aus dem Übergangssystem.<br />

Zwar ist die Zahl der neu abgeschlossenen Berufsausbildungsverträge in<br />

den letzten Jahren angestiegen. Bis zum Jahr 2009 erreichte sie, auch unter<br />

dem Umstand der im gleichen Jahr wirkenden Wirtschaftskrise, jedoch<br />

nicht den Stand des Jahres 1999 (vgl. Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung 2010a, S. 11). 14 Unternehmen präferieren oft Schulabgängerinnen<br />

und -abgänger mit besten Noten und ausgeprägten Kompetenzen und<br />

bevorzugen bei aus ihrer Sicht mangelnder Ausbildungsreife von Jugendlichen<br />

eine Nichtbesetzung von Ausbildungsstellen. Aus ökonomischer<br />

Perspektive lässt sich der Wunsch nach Bewerberinnen und Bewerbern, die<br />

sofort einsetzbaren Fachkräften entsprechen, gut nachvollziehen. Unternehmen<br />

setzen Auszubildende heute früher und häufiger für produktive<br />

Tätigkeiten ein und organisieren ihre Ausbildung so weitaus kostengünstiger,<br />

wenn hierfür die entsprechenden Voraussetzungen bei den Jugendlichen<br />

vorliegen. Die Bruttokosten lagen 2007 im Durchschnitt bei<br />

15.288 Euro je Auszubildenden. Die Erträge durch produktive Leistungen<br />

der Jugendlichen bei durchschnittlich 11.692 Euro, was eine Steigerung um<br />

48% seit dem Jahr 2000 ist (vgl. Pfeifer, Wenzelmann 2009, S. 6 ff.). Losgelöst<br />

von finanziellen Vorteilen bleibt mitunter völlig ungeachtet, welchen<br />

Beitrag sie selbst leisten können und in einer Ausbildung leisten müssen,<br />

um (benachteiligte) Jugendliche zu rekrutieren und ihren Kompetenzzuwachs<br />

zu fördern, denn wie Gericke et al. beleuchten, sind betriebliche<br />

Voraussetzungen und Strategien ebenso entscheidend für das Risiko, Ausbildungsstellen<br />

nicht besetzen zu können. So steht ein kurzfristiges, wenig<br />

planvolles und relativ einseitiges Anwerbeverhalten in deutlichem Zusammenhang<br />

mit unbesetzten Stellen (vgl. Gericke et al. 2009, S. 9). Dahingegen<br />

sind die Durchführung von Betriebspraktika und von Informationsveranstaltungen<br />

an allgemeinbildenden Schulen sowie die Beteiligung an Messen<br />

wichtige Instrumente der Bewerberfindung (vgl. ebd., S. 4). Ebenso<br />

scheint die Auswertung von Arbeitsproben neben den Bewerbungsunterlagen<br />

eine Strategie zur erfolgreichen Besetzung von Stellen zu sein. In Hinblick<br />

auf diese die Organisation von Ausbildung betreffenden Punkte kehrt<br />

sich die Frage der Ausbildungsreife um und ist auch für die Unternehmen<br />

14 Die Ausbildungsleistungen sind im Osten und Westen Deutschlands nahezu identisch, wobei<br />

die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage an Berufsausbildungen in Ostdeutschland häufiger<br />

mittels staatlicher Programme geschlossen wird. Dieses Ausbilden ‚über Bedarf’ verbindet sich<br />

allerdings mit ungünstigen Effekten auf die Übernahme- und Beschäftigungschancen Jugendlicher.<br />

44


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

selbst zu prüfen. Anpassungsleistungen können nicht nur einseitig den<br />

Jugendlichen aufgebürdet werden, auch Firmen müssen prüfen, inwiefern<br />

sie ihre Anforderungen modifizieren bzw. welchen Beitrag sie zur Förderung<br />

von Schülerinnen und Schülern leisten können. Solange vor allen<br />

Dingen benachteiligten Jugendlichen immer wieder die Botschaft übermittelt<br />

wird, dass sie chancenlos sind und kein Unternehmen auf sie ‚wartet’,<br />

wird es schwer sein, sie auf Basis dieser Perspektivlosigkeit zu Anstrengungen<br />

für eine Ausbildung zu motivieren. Mit Blick auf die parallel zur sinkenden<br />

Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger wachsenden Zahl der<br />

in die Verrentung wechselnden Erwerbspersonen, gehen Krekel und Ulrich<br />

davon aus, dass „der Druck, aber auch das Engagement der Wirtschaft, die<br />

Ausbildungsreife und den Zugang dieser Jugendlichen in Berufsausbildung<br />

sicherzustellen, wachsen“ (Krekel, Ulrich 2009, S. 8).<br />

2.4 Berufsausbildungs- und<br />

Studienabbrüche<br />

Die Entscheidung für einen Ausbildungsberuf oder Studiengang auf<br />

Grundlage von fehlenden Kenntnissen oder einer falschen Erwartungshaltung<br />

gestützt auf inadäquaten Informationen kann nicht nur für die Jugendlichen<br />

selbst, sondern auch für Unternehmen folgenreich sein. Die Berufsausbildungs-<br />

und Studienrealität bringt schnell Enttäuschungen mit<br />

sich, wenn sie sich nicht mit den persönlichen Vorstellungen, Erwartungen<br />

und Fähigkeiten deckt. Eine verringerte Arbeitsmotivation, berufliche Unzufriedenheit<br />

und Berufs-ausbildungs- und Studienabbrüche sind das Resultat<br />

(vgl. Schanne 1990, S. 12 f.; vgl. Feller 1996, S. 174 ff.). Wie die „Studienabbruchstudie<br />

2005“ des Hochschul-Informations-Systems (HIS) aufzeigt,<br />

brechen 25% der deutschen Studierenden das Studium ab (vgl.<br />

Heublein et al. 2005, S. 1). Im Bereich der Berufsausbildung verhält es sich<br />

ähnlich. Im Jahr 2008 wurden rund 22% der Ausbildungsverträge revidiert<br />

(vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010a, S. 28). Wenngleich<br />

viele Jugendliche die Berufsausbildung in einem anderen Betrieb<br />

fortsetzen oder in einem anderen Beruf neu starten und Studienabbrecher<br />

häufig ihr Studium in einem weiteren Studiengang neu aufnehmen, kann<br />

die hohe Zahl an aufgelösten Ausbildungsverträgen und Studienabbrüchen<br />

als weiterer Indikator für die Notwendigkeit einer besseren Berufsorientierung<br />

angesehen werden (vgl. Famulla 2001, S. 5 f.; vgl. Pätzold 2008,<br />

45


I THEMATISCHE EINFÜHRUNG – 2 Problemaufriss<br />

S. 606; vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2009, S. 51) 15.<br />

Für Berufsausbildungs- oder Studienabbrecher besteht die Gefahr, nicht<br />

erneut in das berufliche Bildungssystem einzumünden und keine langfristige<br />

Integration am Arbeitsmarkt zu erfahren. Studien zu Ursachen der vorzeitigen<br />

Lösung von Berufsausbildungsverträgen lassen erkennen, dass ein<br />

höheres Informationsniveau bezüglich Arbeitstätigkeiten im Ausbildungsberuf<br />

und in Hinsicht auf Anforderungen im Berufsleben sowie Praxiserfahrungen<br />

beim Einstieg bzw. während der Berufsausbildung Unzufriedenheiten<br />

und Probleme in der Ausbildungszeit verringern können (vgl. Westdeutscher<br />

Handwerkskammertag 2002, S. 23; vgl. Bergzog o. J., S. 1). Vor<br />

allem Mädchen bemängeln die unzureichende Verbindung von Lehrinhalt<br />

und Berufspraxis sowie fehlende Praxiskontakte. Unternehmen und Gewerkschaften<br />

fordern daher verstärkt eine lebensnahe, anschauliche Berufsorientierung,<br />

eine intensivere Auseinandersetzung mit Bildung und Bildungszielen<br />

sowie eine Praxis- und Handlungsausrichtung in der Bildung<br />

(vgl. Famulla 2001, S. 5 f.; vgl. Deutscher Industrie- und Handelstag o. J.,<br />

S. 274). Inwieweit diesen Appellen konzeptionell und gleichfalls im didaktischen<br />

Handeln Rechnung getragen wird, zeigt der Themenschwerpunkt<br />

II Theoretische Aspekte der Berufsorientierung mit den integrierten Einzelkapiteln.<br />

15 In Bezug auf Berufsausbildungsabbrüche können neben unerfüllten Erwartungen bei den Vertragsparteien<br />

auch wirtschaftliche Probleme oder Änderungen der Rechts- und Eigentumsverhältnisse<br />

der Ausbildungsbetriebe Ursachen für eine Vertragslösung darstellen (vgl. Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung 2009b, S. 150).<br />

46


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

II Theoretische Aspekte<br />

der Berufsorientierung<br />

3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

Die das Handlungsfeld der Berufsorientierung beschreibenden Begriffe reichen<br />

von ‚Berufsfindung’ (vgl. Beinke, Wascher 1993; vgl. Lemmermöhle-<br />

Thüsing et al. 1994; vgl. Haubrich, Preiß 1996; vgl. Lappe 1996; vgl. Beinke<br />

2006), ‚Berufsfindungsprozess’ (vgl. Bredemeier de Diego et al. 1995; vgl.<br />

Kühnlein, Paul-Kohlhoff 1996), ‚Arbeitsweltorientierung’ (vgl. Dedering<br />

2005) bis zu ‚Bildungslaufbahnberatung’ (vgl. Frauenbüro der Stadt Göttingen<br />

2004). Während Berufsorientierung in der Vergangenheit als Unterstützung<br />

einer rationalen Berufswahl mit einem Fokus auf das Normalarbeitsverhältnis<br />

etabliert war, ist aktuell eine begriffliche Erweiterung festzustellen,<br />

welche die eigentliche Berufswahl in den Hintergrund rücken lässt.<br />

Beide Perspektiven werden nachfolgend auf der Basis von Definitionen<br />

verschiedener Autorinnen und Autoren vorgestellt. Beginnend mit diesen<br />

konzeptionellen Grundlagen wird im Themenschwerpunkt II Theoretische<br />

Aspekte der Berufsorientierung herausgearbeitet, welches Verständnis und welche<br />

theoretischen Bezüge und Erklärungsansätze die Berufsorientierung<br />

prägen. Es werden die Entwicklungsschritte ihrer schulischen und außerschulischen<br />

Konsolidierung nachgezeichnet. Eine Bestandsaufnahme zur<br />

didaktischen Umsetzung rundet den Themenkomplex ab. Diese Vorarbeiten<br />

liefern Informationen zum Anspruch der Berufsorientierung sowie daraus<br />

erwachsenden relevanten Wirkungsfaktoren und wesentlichen Evaluationskriterien.<br />

Die didaktische Analyse trifft Aussagen zur Implementation<br />

der Berufsorientierung und konstruiert ein Abbild von den für die forschungspraktische<br />

Umsetzung der Wirkungsevaluation maßgeblichen Rahmen-<br />

und Handlungsbedingungen.<br />

47


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

3.1 Klassische Begriffsbestimmung der<br />

Berufsorientierung und definitorische<br />

Bezugspunkte im Berufsbegriff<br />

Im klassischen Verständnis von Berufsorientierung gehört diese zum Gesamtkomplex<br />

der vorberuflichen Bildung16 (vgl. Dedering 1994, S. 269; vgl.<br />

Schelten 2004, S. 49). Ermert und Friedrich definieren die Berufsorientierung<br />

in Anlehnung an Dibbern in einem weiteren und in einem engeren<br />

Sinne. Berufsorientierung im weiteren Sinne vermittelt<br />

„grundlegende Kenntnisse, Einsichten und kritische Reflexionen über die<br />

Bereiche Gesellschaft, Technik und Wirtschaft und deren Zusammenhang<br />

als Bildungsgefüge beruflicher Tätigkeiten“ (Dibbern 1979, S. 34<br />

zitiert nach Ermert, Friedrich 1990, S. 2).<br />

Berufsorientierung im engeren Sinne umfasst hingegen die individuelle Berufswahlvorbereitung,<br />

mit dem Ziel der<br />

„Hinführung der Schüler zur Fähigkeit, sich selbständig, eigenverantwortlich,<br />

persönlichkeitsbezogen und sachkundig im Prozeß der Berufswahl<br />

entscheiden zu können.“ (Ermert, Friedrich 1990, S. 2)<br />

Bei Beinke und Wascher sind die Begriffe Berufsorientierung, Berufsfindung<br />

und Berufswahl stark ineinander verwoben bzw. überlappen einander.<br />

Sie verstehen unter Berufsorientierung einen<br />

„Entscheidungsprozeß des Informiertwerdens, des Sich-Informierens<br />

und der Informationsverarbeitung - zu einer Entscheidung unter Zeitdruck<br />

und Zwängen.“ (Beinke, Wascher 1993, S. 18)<br />

Als Berufsfindung wird hingegen<br />

„jener Prozess bezeichnet, der der Berufsentscheidung vorangeht. In ihm<br />

ist zugleich das pädagogische Verhältnis von Suchendem und bei der Suche<br />

Helfenden und Beratenden angedeutet.“ (Beinke 2006, S. 15, vgl. Beinke,<br />

Wascher 1993, S. 11)<br />

16 Nach Dedering beziehen sich die Lerninhalte der vorberuflichen Bildung auf berufliche Anforderungen<br />

und Bildungsgänge, ohne jedoch die Berufsausbildung vorwegzunehmen. (vgl.<br />

Dedering 1994, S. 269).<br />

48


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

Wenig trennscharf zur Berufsorientierung und Berufsfindung17 wird die<br />

Berufswahl gesehen als<br />

„ein soziales Kooperationssystem, in dem von den beteiligten Subsystemen<br />

(Unterricht, Beratung, Familiengespräche) Informationsleistungen<br />

eingebracht werden, die in den individuellen Entscheidungsprozeß<br />

eingehen“ (Beinke, Wascher 1993, S. 14; vgl. Beinke 2006,<br />

S. 16).<br />

Für Müller ist der Begriff Berufsorientierung ein „Sammelausdruck“ für<br />

verschiedene berufswahlvorbereitende Maßnahmen (vgl. Müller 2002,<br />

S. 183). Schudy identifiziert vier Dimensionen von Berufsorientierung: Er<br />

verweist zum einen auf die Haltung eines Jugendlichen, beruflich orientiert<br />

zu sein. Etikettiert ist diese Form, ähnlich wie bei Dedering, als subjektive<br />

Berufsorientierung, d. h. Arbeit und Beruf haben im individuellen Lebensentwurf<br />

einen hohen Stellenwert. Analog zur „Berufsorientierung im weiteren<br />

Sinne“ wird von Schudy des Weiteren eine arbeitsweltbezogener Allgemeinbildung<br />

als Dimension der Berufsorientierung benannt. „Gemeint<br />

ist die erschließende Auseinandersetzung mit den vielfältigen Facetten und<br />

den sozialen, ökonomischen und technischen Grundlagen der Arbeitswelt“<br />

(Schudy 2002, S. 9 f.) mit dem Ziel der Entwicklung von Handlungsfähigkeit.<br />

Eine bewusste Ausrichtung von Inhalten, Methoden und Sozialformen<br />

auf die sich wandelnden Anforderungen beruflicher Tätigkeiten erkennt<br />

Schudy als Berufsorientierung von Bildungsinhalten und Unterrichtsmethoden<br />

und damit dritte Dimension. Als letzte und die in der schulpädagogischen<br />

und bildungspolitischen Diskussion geläufigste Bedeutungsvariante<br />

sieht er Berufsorientierung im Sinne von Berufswahlvorbereitung.<br />

Sie ist weitgehend an Dibberns „Berufsorientierung im engeren Sinne“ ausgerichtet<br />

„auf die Aneignung von Kenntnissen, Erkenntnissen, Erfahrungen und<br />

Fähigkeiten, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen …, eine<br />

rationale, d. h. zwischen subjektiven Interessen und Voraussetzungen<br />

sowie objektiven aktuellen und - so weit vorhersehbar - zukünftigen Ausbildungs-<br />

bzw. Arbeitsmarktbedingungen vermittelnde Entscheidung für<br />

einen ‚Start-’ bzw. ‚Erstberuf’ zu treffen.“ (ebd.)<br />

17 An dieser Stelle sollen zwei weitere Definitionen zur Berufsfindung ergänzt werden, an denen<br />

sichtbar wird, wie wenig trennscharf die Begriffsbestimmungen sind. Lemmermöhle-Thüsing<br />

et al. beschreiben Berufsfindung als einen „Prozeß, der sowohl durch die widersprüchlichen Anforderungen,<br />

Möglichkeiten und Gefährdungen der Berufs- und Arbeitswelt bestimmt ist als<br />

auch dadurch, wie Jugendliche die vorgefundene Wirklichkeit wahrnehmen und interpretieren,<br />

sich ihr anpassen oder sie ihren Wünschen und Interessen entsprechend zu gestalten suchen.“<br />

(Lemmermöhle-Thüsing et al. 1994, S. 10) Nach Haubrich und Preiß ist Berufsfindung „das Resultat<br />

der Verarbeitung verschiedener Lebens- und Arbeitserfahrungen, die die Individuen in ihrem<br />

beruflichen Sozialisationsprozeß durchlaufen; dies erfordert ein permanentes Ausbalancieren<br />

individueller Interessen und objektiver Möglichkeiten, auch unter Zuhilfenahme institutioneller<br />

Unterstützungsleistungen.“ (Haubrich, Preiß 1996, S. 78)<br />

49


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

Laut Schudy findet sich die Berufsorientierung mit ihren vier Bedeutungsvarianten<br />

in „Lern-, Informations- und Erfahrungsangeboten“ wieder.<br />

Wiewohl sich die einzelnen definitorischen Ansätze im Detail unterscheiden,<br />

finden sie mit dem Anliegen der Unterstützung der Berufs- bzw. Berufserstwahl<br />

und dem Einbezug pädagogischer Interventionen18 gemeinsame<br />

Grundelemente und Bezugspunkte. Mit Blick auf die Literatur ist<br />

nicht unerwähnt zu lassen, dass der Begriff der Berufswahl zum Teil heftig<br />

diskutiert wird. 19 So lasten ihm Haubrich und Preiß Irreführung an, weil er<br />

„das grundsetzlich verbriefte Recht freier Wahl und demzufolge auch die<br />

Existenz eines auswahlfähigen, qualifizierten Angebots unterstellt“<br />

(Haubrich, Preiß 1996, S. 78). Auch Imdorf sieht die freie Berufswahl als<br />

eine Ideologie an, „die eine institutionell stark eingeschränkte Wahl mit einer<br />

selbstbestimmten Wahl gleichsetzt“ (Imdorf 2005, S. 120 f.). Die Existenz<br />

vorhandener Berufsbildungsstrukturen wird vernachlässigt und subjektiv-individuelle<br />

Entscheidungsmöglichkeiten überbetont, d. h. der erforderliche<br />

Kompromiss zwischen individuellen Präferenzen und realisierbaren<br />

Möglichkeiten findet zu wenig Beachtung.<br />

Zentral ist darüber hinaus der Beruf, dem generell in Deutschland eine<br />

hohe, traditionell gewachsene Bedeutung zukommt. Aufgrund seines hohen<br />

Stellenwertes soll er im Folgenden tiefergehende Betrachtung finden.<br />

Zum Berufsbegriff sind in der Literatur facettenreiche Definitionen nachzulesen.<br />

20 Den Ausgangspunkt definitorischer Auseinandersetzungen bilden<br />

die Betrachtungen Luthers. Er unterschied in seiner 90. Predigt zwei<br />

Aspekte des Berufes. Luther erkannte einerseits den geistlichen Beruf als<br />

Vollzugsform des christlichen Glaubens. Er versteht diesen als allgemeine<br />

und gleiche Berufung, der sich jeder zu stellen und zu bewähren hat.<br />

Andererseits sieht er den äußerlichen Beruf (z. B. Knecht, Herr), der sich<br />

18 Der Begriff der Intervention wird hier nicht im psychologischen Begriffsverständnis, sondern<br />

unter pädagogischem Blickwinkel betrachtet. Demnach ist sie als Form von Erziehung und Bildung,<br />

d. h. als äußere Einflussnahme zur Entwicklungsförderung, die individuelle Prozesse des<br />

Lernens begünstigt zu verstehen. Sie umfasst pädagogisches Handeln, welches zur Aktivierung<br />

und Information von Jugendlichen im Berufsorientierungsprozess beiträgt. Sie ist nicht als Reparatur<br />

im Erziehungsprozess, welche dazu dient unerwünschte Phänomene zu beseitigen, zu verstehen.<br />

19 Zur Diskussion vgl. auch Kühnlein, Paul-Kohlhoff 1996, S. 114; vgl. Herzog et al. 2006, S. 41f.<br />

Zu Begriffsbestimmungen zur Berufswahl vgl. Lange 1978, S. 54 und S. 142 f.; vgl. Dauenhauer<br />

1978, S. 134; vgl. Bußhoff 1989, S. 13 ff.; vgl. Beinke et al. 1991, S. 18; vgl. Wahler, Witzel 1996,<br />

S. 11; vgl. Meier 2002, S. 148 f.; vgl. Oechsle 2005, S. 4 f. Zur Diskussion vgl. auch Kühnlein,<br />

Paul-Kohlhoff 1996, S. 114; vgl. Herzog et al. 2006, S. 41f.<br />

20 Zur Definition, aber auch Diskussion des Berufsbegriffes und von Berufsbildern vgl. auch die<br />

Ausführungen von Schanne 1990, S. 116; vgl. Dedering 1994, S. 269; vgl. Lemmermöhle-<br />

Thüsing et al. 1994, S. 32; vgl. Hainmüller 1996, S. 19 ff.; vgl. Klevenow 2000, S. 18; vgl. Sloane<br />

et al. 2004, S. 117 f.; vgl. Beinke 2006, S. 11 ff.; Arnold, Gonon 2006, S. 76 f. vgl. Kahlert, Mansel<br />

2007, S. 7 ff.; vgl. Walter, Walther 2007, S. 81.<br />

50


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

individuell in der Wahrnehmung gesellschaftlicher Rollen unterscheidet<br />

(vgl. Luther 1531/1908, S. 300). Die Vielzahl der den Ansätzen Luthers<br />

folgenden Definitionsversuche wird in der Literatur oft zu beruflichen<br />

Leitbildern zusammengefasst. Eine gut strukturierte Synopse von Elementen<br />

und Aspekten von Berufsdefinitionen und -vorstellungen findet sich<br />

bei Dostal et al. (vgl. Dostal et al. 1998, S. 442). Exemplarisch herangezogen<br />

wird an dieser Stelle der Definitionsansatz von Stooß. Er untergliedert<br />

den Berufsbegriff in drei Dimensionen: Funktion, Qualifikation und sozialer<br />

Status. Unter Funktion versteht er die mit dem Beruf verbundenen charakteristischen<br />

Arbeitsaufgaben: „Die Aufgabenfelder werden in Prozessen<br />

volkswirtschaftlicher Arbeitsteilung bestimmt. Mit ihnen ist zugleich Zweck<br />

und Ziel der in einem Beruf zu verrichtenden Tätigkeiten festgelegt“<br />

(Stooß 1987, S. 103). Sie kombinieren Arbeitsmittel und ein bestimmtes<br />

Arbeitsumfeld. Unter Qualifikation fasst Stooß Kenntnisse, Fähigkeiten,<br />

Fertigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen, die zur Ausübung eines<br />

Berufes notwendig sind, zusammen. Mit dem sozialen Status ist die Aussage<br />

verbunden, dass alle Berufe für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gleich<br />

wichtig seien, aber sich nach Wertschätzung, Image und Ansehen unterscheiden<br />

(vgl. ebd., S. 106; vgl. Kapitel 2.1). So sind beispielsweise<br />

Differenzen in der betrieblichen Position des Einzelnen (z. B. Teammitglied,<br />

Teamleiter) oder in der Zugehörigkeit zu Organisationseinheiten<br />

(z. B. Abteilung) zu finden. Berufstätig zu sein heißt unter Beachtung der<br />

drei Dimensionen demnach nicht nur<br />

„erwerbstätig zu sein, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und Rentenansprüche<br />

zu erwerben. Die Verwirklichung eigener Vorstellungen und<br />

Ziele, Sinnerfüllung des Daseins, in die Gesellschaft integriert zu sein,<br />

Ansehen und Achtung zu genießen - etwas zu sein und zu gelten -, all das<br />

verbindet sich mit dem Begriff, mit Vorstellungen einzelner über ihre berufliche<br />

Integration und mit Vorgaben der Gesellschaft zur Erwerbsarbeit,<br />

die zu Berufsbildern verdichtet sind. Beruf umschließt immer beides:<br />

den einzelnen mit seinen Chancen zur persönlichen Entfaltung und gesellschaftlich<br />

gefügte Gebilde, durch die vorgegeben ist, in welchen Formen<br />

sich Erwerbsarbeit vollziehen soll.“ (ebd., S. 101)<br />

In einer früheren Veröffentlichung fasst Stooß den Berufsbegriff sogar<br />

noch weiter:<br />

� „Beruf bestimmt darüber, welche Arbeitsaufgabe dauerhaft - oder zumindest<br />

doch über längere Perioden hinweg - übernommen wird (Sinnfrage);<br />

� er entscheidet darüber, unter welchen Bedingungen jemand arbeitet (Anforderungen/Belastungen);<br />

51


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

� Beruf bindet den einzelnen ein ins Netz sozialer Sicherheit oder enthält<br />

die Chance, aus eigener Kraft solche Sicherheit zu erreichen (Versorgungschance);<br />

� Beruf ist die Brücke zwischen dem Zuschnitt der Arbeitsplätze in Betrieben<br />

und Behörden und den Angeboten zur Ausbildung personaler Fähigkeiten<br />

(Qualifikationsfrage).<br />

� Beruf meint immer auch Perspektiven, die sich dem einzelnen zur Stabilisierung<br />

und Verbesserung seiner gesellschaftlichen Position bieten (Status-<br />

und Karrierefrage).<br />

� Beruf und Status regeln Art und Umfang der Teilhabe an materiellen und<br />

immateriellen Gütern der Gesellschaft (Frage nach den Gratifikationen).<br />

� Beruf entscheidet auch über die Art der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz<br />

und in der Freizeit; Beruf entscheidet schließlich darüber, in welchem<br />

Ausmaß jemand über die Ausgestaltung der Arbeitsaufgabe – und<br />

in weiterem Sinne über die Struktur und Fortentwicklung der Berufemuster<br />

– mitbestimmen kann (Frage nach der Autonomie).“ (Stooß<br />

1985, S. 199).<br />

Im allgemeinen Sprachgebrauch findet der Begriff des Berufes häufig eine<br />

nicht eindeutig abgegrenzte Verwendung. Als ein Gegenbild fungiert der<br />

Terminus Job. Er bezeichnet in Abgrenzung zum Beruf<br />

„eine ‚Tätigkeit zum Geldverdienen’, die in einer Arbeitsgesellschaft<br />

höchster Arbeitsteiligkeit als voraussetzungslose, schnell zu lernende<br />

Teilaufgabe definiert ist und die eher kurzfristig wechselnd abgeleistet<br />

wird, ohne daß auf dieser Basis eine stabile Identifikation mit der Aufgabe<br />

entsteht. In dynamischen Wirtschaften ist diese Form der Erwerbstätigkeit<br />

in der Lage, schnell auf neue Herausforderungen einzugehen, sie<br />

zeigt aber dort Probleme, wo befriedigende Leistungen nur mit längerfristiger<br />

Identifikation möglich sind.“ (Dostal et al. 1998, S. 440; vgl. auch<br />

Nerdinger et al. 2008, S. 189 f.).<br />

Eine Komponente der Begriffe Job und Beruf sowie der hier aufgeführten<br />

Definitionen zur Berufsorientierung ist der Begriff der Arbeit. Darunter<br />

verstehen Huisinga und Lisop<br />

“jegliche, auch spielerische Tätigkeit, jedoch stets im Sinne der Bewußtwerdung,<br />

der Gestaltung und Reflexion von Leben. Im gesellschaftlich<br />

arbeitsteiligen Verständnis fassen wir darunter die Erwerbsarbeit, die<br />

öffentliche Arbeit sowie die private Reproduktionsarbeit. Arbeit ist sinnerfüllte<br />

Tätigkeit, insofern in ihr und durch sie menschliche Potentiale<br />

entäußert und angeeignet werden und insofern sie das Medium der Befriedigung<br />

der Lebenskräfte und Lebensbedürfnisse ist.“ (Huisinga, Lisop<br />

1999, S. 17).<br />

52


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

Einer Arbeit nachzugehen, setzt demnach nicht zwingend das Erlernen eines<br />

Berufes voraus. Unter dem Blickwinkel des eingangs geschilderten<br />

Strukturwandels auf dem Arbeitsmarkt und des gesellschaftlichen Wandels<br />

sprechen Soziologen (vgl. Baethge, Baethge-Kinsky 1998) von der Erosion<br />

des Berufsprinzips und hinterfragen inwieweit das traditionelle Bild von<br />

Beruflichkeit noch zeitgemäß ist und weiter als Bezugspunkt dienen kann.<br />

Wenn der Beruf nicht mehr Grundlage für die Berufsorientierung ist, welches<br />

Leitkonzept hätte sie dann? Aus pädagogischer Sicht und speziell im<br />

Kontext der nachfolgenden aktuellen Definitionen von Berufsorientierung<br />

ist die Auflösung des Berufskonzeptes klar zurückzuweisen. Der Beruf umfasst,<br />

wie dargelegt, eben nicht nur Funktionalität in einer sich immer<br />

schneller veränderten Arbeitswelt und fachliche Flexibilität. Beruflichkeit<br />

ist gleichfalls individuelle Identitätsbildung. Sie vermittelt sozialen Status<br />

und die Erkennbarkeit des eigenen Wertes in der Gesellschaft. Sie sichert<br />

kompetentes Handeln in einem bewährten Funktionscluster und steht damit<br />

im Kontrast zu Job und Arbeit, welche auf schnell angelernte einzelne<br />

Funktionen setzen, die unmittelbar der Dynamik der Entwicklung auf dem<br />

Arbeitsmarkt unterliegen (vgl. Bank 2009, S. 10 f.).<br />

3.2 Derzeitige Begriffsbestimmung der<br />

Berufsorientierung<br />

Aktuelle begriffliche Auslegungen orientieren sich an den bestehenden Definitionen<br />

von Berufsorientierung als Berufswahlvorbereitung, weiten diese<br />

jedoch aus bzw. bündeln deren Kernelemente. Nach Brauer-Schröder et al.<br />

ist der Schwerpunkt,<br />

„Schüler in einem umfassenden Sinne zur Arbeits-, Berufs- und Studienwahl<br />

zu befähigen. Sie soll aber darüber hinaus Lebenschancen eröffnen<br />

und erweitern, Verständnis und Einsicht auch im Zusammenleben mit<br />

anderen fördern, Handlungsoptionen verdeutlichen, die Entscheidungs-<br />

und Handlungsfähigkeit steigern sowie Eigenverantwortung und Selbstständigkeit<br />

stärken. Berufsorientierender Unterricht umfasst daher alle<br />

zielgerichteten Aktivitäten, die dazu beitragen, die Fähigkeiten und Möglichkeiten<br />

der Jugendlichen zur Berufswahl, zur Bewältigung der Anforderungen<br />

der Arbeitswelt und zur Mitgestaltung derselben [zu – Anm. d.<br />

Verf.] verbessern.“ (Brauer-Schröder et al. o. J., S. 5).<br />

Hierzu zählen die Vermittlung von Orientierungswissen über den Wirtschaftsraum<br />

und seine beruflichen Möglichkeiten, Kenntnisse des Arbeits-<br />

und Wirtschaftssystems und die Fähigkeit berufsorientierende Informa-<br />

53


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

tionen und Projekte nutzen zu können. Auch die „Entwicklung personaler,<br />

fachlicher, methodischer, interkultureller und sozialer arbeits- und berufsweltrelevanter<br />

Kompetenzen, … die Urteils-, Entscheidungs- und Handlungskompetenz“<br />

(ebd.) sowie die Fähigkeit zur Einschätzung der eigenen<br />

Entwicklungs- und Leistungspotenziale sind Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />

Berufswahl. Der Beitrag von Berufsorientierung liegt zusätzlich<br />

in der Persönlichkeitsstärkung und der Motivation, „das Leben nach der<br />

Schule mit der heute notwendigen Offenheit, Zielstrebigkeit und Frustrations-<br />

und Ambiguitätstoleranz anzugehen.“ (ebd., S. 6)<br />

Dedering unterscheidet zwischen einer allgemeinen und einer speziellen<br />

Berufsorientierung. Die allgemeine Berufsorientierung setzt er mit einer<br />

Arbeitsorientierung gleich, die „sich auf die komplexe Arbeitswelt mit ihren<br />

Bereichen Technik, Wirtschaft, Haushalt und Beruf“ (Dedering 2005,<br />

S. 216 f.) bezieht. Sein Anspruch an Berufsorientierung geht dabei über eine<br />

bloße Kenntnisvermittlung hinaus:<br />

„Die Lernenden sollen allgemeine Arbeitskompetenzen erwerben, mit<br />

denen sie die Arbeitswelt verstehen und mitgestalten können. Hierzu gehört<br />

die Motivation und Fähigkeit, die erworbenen Kompetenzen<br />

lebensbegleitend zu erweitern und zu vertiefen. Gegenstand der Arbeitsorientierung<br />

sind prinzipiell alle Arbeitsformen - neben Erwerbsarbeit<br />

auch Eigenarbeit (Hausarbeit u. a.) und Gesellschaftsarbeit (freiwillige soziale<br />

Tätigkeiten). Meist steht jedoch die Beschäftigung mit Erwerbsarbeit<br />

und die Vorbereitung auf die Berufsrolle im Vordergrund.“ (ebd.,<br />

S. 116 f.)<br />

Gegenstand der speziellen Berufsorientierung sind Maßnahmen der Berufsfindung:<br />

„Sie beziehen sich zum einen auf die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation<br />

(objektive Seite des Berufsfindungsprozesses) und zum anderen auf<br />

die konkreten Berufswünsche und -erwartungen sowie die allgemeinen<br />

Lebensvorstellungen der Schülerinnen und Schüler (subjektive Seite des<br />

Berufsfindungsprozesses).“ (ebd.)<br />

Die Betonung der Entwicklung von Berufswahlreife ist charakteristisch für<br />

aktuelle Definitionen von Berufsorientierung. Bußhoff führt aus, dass im<br />

pädagogisch-normativen Begriffsgebrauch die Berufswahlreife, als eine<br />

Qualifikation der Berufswählenden, das Leitziel der Berufsorientierung darstellt.<br />

Dahingegen wird sich bei der psychologisch-empirischen Verwendung<br />

des Begriffes auf den Ist-Stand der Berufswahlreife konzentriert. Um<br />

einer Bedeutungsverwechslung durch die mehrdeutige Begriffsverwendung<br />

vorzubeugen, schlägt er für den pädagogisch-normativen Verwendungssinn<br />

54


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

die Nutzung des Begriffes ‚Berufswahlkompetenz’ vor (vgl. Bußhoff 1989,<br />

S. 65). In diesem Zusammenhang ist auf Ratschinski zu verweisen. Er stellt<br />

fest, dass hinsichtlich des Gegenstandsbereiches und der Definitionselemente<br />

die Ansätze der Berufswahlkompetenz, der Berufswahlreife, der<br />

Berufslaufbahnreife, der Laufbahnadaptivität, der persönlichen Adaptivität<br />

und teilweise der Ausbildungsreife vergleichbar sind (vgl. Ratschinski o. J.,<br />

S. 10). Dem hinzuzufügen ist die Hochschulreife. Darüber hinaus sind derzeitige<br />

Begriffsbestimmungen durch eine stärkere Ausrichtung auf den<br />

skizzierten Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft<br />

sowie den damit einher gehenden Veränderungen gekennzeichnet. Sie beschreiben<br />

die Berufswahl als Teil des Berufsorientierungsprozesses, der aus<br />

einer Reihe von Bildungs-, Ausbildungs-, Weiterbildungs-, Berufs- und Arbeitsplatzentscheidungen<br />

besteht (vgl. Famulla 2001, S. 11). Berufsorientierung<br />

ist damit nicht länger eine gesteuerte Orientierung auf einen Beruf,<br />

sondern vielmehr ein eigenverantwortlich zu bewältigender Prozess, der die<br />

Entscheidung für einen ersten Schritt in der Bildungs-, Arbeits- und Berufsbiografie<br />

und die sich daran anschließende kontinuierliche Erweiterung<br />

und Vertiefung von Kompetenzen im Sinne eines lebensbegleitenden Lernens<br />

einschließt (vgl. Wissenschaftliche Begleitung 2008b, S. 1 f.; vgl. Butz<br />

2006, S. 2 f.). Dies ist jedoch nicht als Ablösung des Berufsbegriffes zu<br />

interpretieren. Vielmehr ist seine Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit geeignet,<br />

um die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufzunehmen<br />

(in Zusammenhang mit der Berufsorientierung z. B. als Kommunikationsbasis<br />

über die Charakteristika der Arbeitswelt oder den Zugang zu<br />

Berufen; vgl. Dostal et al. 1998, S. 458). Hervorzuheben ist in Abgrenzung<br />

bzw. Ausweitung der traditionellen Definitionen das biografische Verständnis<br />

von Berufsorientierung als<br />

„lebenslanger Prozess der Annäherung und Abstimmung zwischen Interessen,<br />

Wünschen, Wissen und Können des Individuums auf der einen<br />

und Möglichkeiten, Bedarf und Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt<br />

auf der anderen Seite. Beide Seiten, und damit auch der Prozess der<br />

Berufsorientierung, sind sowohl von gesellschaftlichen Werten, Normen<br />

und Ansprüchen, die wiederum einem Wandel unterliegen, als auch den<br />

technologischen und sozialen Entwicklungen im Wirtschafts- und Beschäftigungssystem<br />

geprägt.“ (Butz 2008b, S. 50).<br />

Jugendliche müssen auf diese Herausforderungen vorbereitet und motiviert<br />

werden, selbstständig die Schritte auf dem Weg ihrer Bildungs-, Arbeits-<br />

und Berufsbiografie zu gehen. Berufsorientierung hat damit auch die Aufgabe,<br />

Jugendliche zum Entwerfen eines eigenen Zukunftskonzeptes zu befähigen.<br />

Dafür ist, neben dem Wissen über die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation,<br />

55


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 3 Konzeptionelle Grundgedanken<br />

56<br />

„über Berufe und die in der Berufswelt erwarteten Anforderungen vor allem<br />

ein Wissen des Akteurs über sich selbst, über die eigenen [!] Leistungsbereitschaft,<br />

die eigenen Einstellungen und Orientierungen, das eigene<br />

Lernkonzept und Leistungsverhalten und das eigene Selbstbild“<br />

Voraussetzung. „Berufsorientierung muss die Entwicklung der Arbeitshaltung<br />

wie auch der Einstellung zur eigenen Zukunft thematisieren und<br />

dazu beitragen, dass die Jugendlichen Chancen erkennen und diese für<br />

die eigene Berufsbiografie nutzen können.“ (Lumpe 2006, S. 1)<br />

Als Bildungs- und Lernprozess findet sie sowohl in formellen, organisierten<br />

Lernumgebungen als auch informell im alltäglichen Leben statt. Daher versteht<br />

Famulla unter Berufsorientierung zusätzlich zu den bereits aufgeführten<br />

Punkten auch „alle Aktivitäten, die dazu beitragen, die Entscheidungsfähigkeit<br />

der Jugendlichen bei der Gestaltung ihrer Arbeits- und Berufsbiographie<br />

zu verbessern.“ (Famulla 2004, S. 4)<br />

Gelegentlich wird zwischen Berufs- und Studienorientierung unterschieden.<br />

Mit Blick auf diese letzte Definition, wie auch aus der Perspektive der im<br />

nächsten Kapitel umrissenen theoretischen Konzepte der Berufswahl, erscheint<br />

eine begriffliche Trennung jedoch gegenstandslos und vor allem in<br />

Hinblick auf die Auswirkungen für die Praxis wenig argumentierbar. Inwiefern<br />

sich der dem aktuellen Verständnis von Berufsorientierung zugrunde<br />

liegende Gedanke der Prozessorientierung in den Theorien wiederfindet,<br />

wird nachfolgend hinterfragt.


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

Einen theoretischen Beitrag zur Erklärung des Ablaufes der Berufsorientierung<br />

mit der Berufswahl und zur Beschreibung einflussnehmender Faktoren<br />

leisten verschiedene als Berufswahltheorien zusammengefasste Ansätze,<br />

die seit den fünfziger Jahren entwickelt wurden. Sie beleuchten die Facetten<br />

des Orientierungsprozesses aus der Perspektive unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen,<br />

wie der Psychologie oder der Soziologie und systematisiert<br />

nach spezifischen Komponenten der Berufsorientierung (z. B. Entscheidung,<br />

Entwicklung, Allokation). Die theoretische Auseinandersetzung<br />

mit der Berufswahl geht auf Frank Parsons zurück. Nach seinem Ansatz<br />

sollte die Berufswahl auf einer Analyse der Persönlichkeit und des Arbeitsplatzes<br />

sowie einer Zuordnung durch professionelle Beratung beruhen.<br />

Personen sollten ihre individuellen Eignungen, Fähigkeiten und Interessen<br />

erkennen, sich Wissen über die „Erfolgsbedingungen“ und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

in Berufsbereichen aneignen und diese Informationen für<br />

eine fundierte Berufswahl nutzen (vgl. Parsons, 1909, S. 8). Da die Berufswahltheorien<br />

in der Literatur bereits häufig beschrieben sind, 21 soll hier nur<br />

eine überblicksartige Darstellung der am beständigsten herangezogenen<br />

Erklärungsansätze gegeben werden, ohne Konzepte einzelner Vertreterinnen<br />

und Vertreter und durch Kritik veranlasste Veränderungen innerhalb<br />

der Theorien unter Heranziehung der Primärquellen nachzuzeichnen. Ziel<br />

ist nicht die erschöpfende Darstellung von Perspektiven, zu diesem Zweck<br />

sei auf Bußhoff 1989 sowie Brown und Brooks 1994 verwiesen, sondern<br />

ein Blick auf die grundsätzliche Konzeption einzelner Modelle. Lediglich<br />

der entwicklungstheoretische Ansatz von Donald E. Super, die Laufbahnentwicklungstheorie<br />

mit dem Berufswahlreifekonzept, findet aufgrund seiner<br />

Relevanz für die vorliegende Arbeit detailgenauere Betrachtung.<br />

4.1 Allokationstheoretische Ansätze<br />

Im Rahmen allokationstheoretischer Ansätze wird die Berufswahl als Zuweisung<br />

(Allokation) verstanden. Sie ist ein Vorgang, bei dem sich für das<br />

Individuum aus einer Vielzahl beruflicher Möglichkeiten ein individueller<br />

21 Die Theorien werden beispielsweise von folgenden Autoren ausführlich beleuchtet: vgl. Hoppe<br />

1980, S. 98; vgl. Müller 1983, S. 157 ff.; vgl. Bußhoff 1989, S. 13 ff.; vgl. Schanne 1990,<br />

S. 300 ff.; vgl. Dedering 1994, S. 301 ff.; vgl. Meyer-Haupt 1996, S. 309 ff.; vgl. Kühnlein, Paul-<br />

Kohlhoff 1996, S. 121 ff.; vgl. Beinke 1999, S. 67 ff.; vgl. Thüringer Koordinierungsstelle 2001,<br />

S. 16 ff.; vgl. Dimbath 2003, S. 124 ff.; vgl. Imdorf 2005, S. 121 ff.; vgl. Herzog et al. 2006,<br />

S. 14 ff.; vgl. auch Beinke 2006, S. 29 ff.<br />

57


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

Weg ergibt. Hierbei werden Handlungsmöglichkeiten und die Entscheidungsfähigkeit<br />

durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen, sogenannte<br />

Zuweisungsfaktoren, d. h. kulturelle und soziale Einflüsse (u. a. Schichtzugehörigkeit,<br />

Geschlecht, Familie, Gruppe der Gleichaltrigen) sowie ökonomische<br />

Einflüsse (z. B. allgemeine Wirtschaftslage, lokale Wirtschaftslage,<br />

Einkommensverhältnisse, Verdienstmöglichkeiten) eingeschränkt (vgl.<br />

Ermert, Friedrich 1990, S. 16; Beinke 1999, S. 76). Berufliches Handeln<br />

und berufliche Möglichkeiten erfahren durch diese Zuweisungsfaktoren eine<br />

kontinuierliche Einengung. Zwar integriert die Theorie auch die Annahme,<br />

dass das Individuum den Berufswahlprozess selbst mitgestaltet,<br />

ausschlaggebend für die Berufswahl sind jedoch die genannten Einflussfaktoren<br />

und damit eine gesellschaftliche Steuerung und nicht individuelle<br />

Neigungen, Interessen und Fähigkeiten (vgl. Dedering 1994, S. 301 ff.).<br />

Obgleich in vielen empirischen Untersuchungen die enorme Rolle von sozialen<br />

und ökonomischen Determinanten nachgewiesen werden konnte, so<br />

ist an allokationstheoretischen Ansätzen zu kritisieren, dass die Zuweisungsfaktoren<br />

zu wenig detaillierte Erklärungen liefern und individuelle<br />

Probleme Jugendlicher im Berufsorientierungsprozess nur unkonkret erfasst<br />

werden. Aussagen über Mechanismen und den Verlauf der Orientierung<br />

und Selektion sind unzureichend untersetzt. Zu den wesentlichsten<br />

Vertretern dieser Erklärungsrichtung zählen Hansjürgen Daheim und<br />

Theodor Scharmann.<br />

4.2 Lerntheoretische Ansätze<br />

Tragende Elemente der lerntheoretischen Erklärungsperspektive sind Erkenntnisse<br />

der allgemeinen Lernforschung. Berufswahl ist demnach das<br />

Resultat von Lernprozessen. Basis des Ansatzes sind durch Faktoren wie<br />

Geschlecht, Ethnizität oder körperliche Eigenschaften sowie Umweltbedingungen<br />

(familiäre Bedingungen, Einflüsse der Nachbarschaft und Gemeinde,<br />

Quantität und Qualität von Bildungsangeboten, technische Entwicklungen,<br />

wirtschaftliche Lage u. a.) ausgelöste Lernerfahrungen, die in<br />

die Entwicklung eines Selbstkonzeptes und von Problemlösungsmethoden<br />

münden (vgl. Bußhoff 1989, S. 29). Unter Selbstkonzept wird die Wahrnehmung<br />

der eigenen Person (reales Selbstkonzept) und die Vorstellungen,<br />

wie man idealerweise sein möchte (ideales Selbstkonzept) verstanden (vgl.<br />

Thüringer Koordinierungsstelle 2001, S. 17). Problemlösungsmethoden<br />

umfassen entsprechend des Ansatzes kognitive und pragmatische Fähigkeiten<br />

sowie emotionale Dispositionen, mit denen an die Lösung von berufswahlrelevanten<br />

Problemen herangegangen wird, wie z. B. Planungskompe-<br />

58


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

tenz, Organisationsfähigkeit und Entscheidungsbereitschaft. Diese auf Lernerfahrungen<br />

beruhende Problemlösungsmethoden und Überzeugungen<br />

über das eigene Selbst werden generalisiert und auf die Situation der Berufswahl<br />

angewandt. Dass heißt, in Folge der generalisierten Selbstbeobachtungen<br />

werden Interessen entwickelt, die Einfluss auf das Spektrum an<br />

Wunschberufen haben (vgl. Herzog et al. 2006, S. 19). Alle berufswahlrelevanten<br />

Handlungen können Lernprozesse herausfordern, die wiederum<br />

Auswirkungen auf das bestehende Selbstkonzept und die aktuelle Problemlösefähigkeit<br />

haben und in zukünftigem Handeln Anwendung finden. Es<br />

ergibt sich so eine Kette von Lernerfahrungen, die die vorberufliche und<br />

berufliche Laufbahn beeinflusst (vgl. Bußhoff 1987, S. 179 f.; vgl. Bußhoff<br />

1989, S. 32). Lerntheoretische Ansätze lassen, trotz eines hohen Grades an<br />

Plausibilität durch abgesicherte Ergebnisse aus der allgemeinen Lernforschung,<br />

wesentliche Berufswahlprobleme unerklärt. So bleibt offen, wie<br />

häufig Lernerfahrungen gemacht werden müssen, damit Fähigkeiten und<br />

Interessen Aufnahme in das Selbstkonzept und Problemlösekonzept finden<br />

oder wie die Berufswahl verläuft, wenn keine Interessenschwerpunkte gebildet<br />

werden. Ebenso wird der Entscheidungsdruck, der auf Jugendlichen<br />

lasten kann, vernachlässigt. Lerntheoretische Ansätze machen jedoch darauf<br />

aufmerksam, dass die Berufswahl durch gezielte Lernprozesse beeinflussbar<br />

ist (vgl. Bußhoff 1989, S. 32). Zu den Vertretern dieses Erklärungsansatzes<br />

gehören John Krumboltz und Albert Bandura.<br />

4.3 Entscheidungstheoretische Ansätze<br />

Entscheidungstheoretische Ansätze sind variantenreich und differieren in<br />

Annahmen zur Struktur der Entscheidungssituation, zum Ablauf des Entscheidungsprozesses<br />

und zum Verhalten des Entscheidungssubjektes. Gemeinsam<br />

ist den Ansätzen das Interesse an der Entscheidung selbst. Unter<br />

entscheidungstheoretischem Blickwinkel ist die Berufswahl eine komplexe,<br />

mehrstufige Serie von Entscheidungen. Idealtypisch und stark vereinfacht<br />

lässt sich der Entscheidungsablauf wie folgt darstellen:<br />

� Wahrnehmung des Problems,<br />

� Durchdenken möglicher Handlungsalternativen,<br />

� Informationssuche und -verarbeitung unter Einbeziehung vergangener<br />

Erfahrungen und unter Einfluss von Interaktionspartnerinnen<br />

und -partnern (z. B. Eltern, Freunde, Lehrkräfte, Berufsberaterinnen<br />

und -berater u. a.) hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten, Interessen<br />

und Werthaltungen, aber auch in Bezug auf Inhalte und Anforderungen<br />

von Ausbildungen,<br />

59


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

� Verknüpfung der gewonnenen Informationen, Bewertung der Handlungsalternativen<br />

und Festlegung von prioritären Handlungszielen,<br />

Entwicklung von Handlungsentwürfen 22 unter Nutzung einer individuellen<br />

Entscheidungsregel,<br />

� Auswahl der am stärksten gewünschten Alternative und damit (vorläufige)<br />

Festlegung auf einen Handlungsentwurf,<br />

� Umsetzung des Handlungsentwurfes, gegebenenfalls Durchführung<br />

von aus Erfahrungen resultierenden Korrekturen oder Aufgabe des<br />

Handlungsentwurfes, wodurch der Entscheidungsprozess wieder mit<br />

der Phase der Informationssuche und -verarbeitung weitergeführt<br />

wird,<br />

� Abschluss des Entscheidungsprozesses, sofern in der Phase nach der<br />

Entscheidung keine Probleme (z. B. Enttäuschung aufgrund unerfüllter<br />

Erwartungen) auftreten (vgl. Bußhoff 1987, S. 178 f.).<br />

Unterschieden werden offene und geschlossene Entscheidungsmodelle.<br />

Offene Varianten werden auch als Modelle „gebundener (begrenzter)<br />

Rationalität“ und geschlossene als Modelle „ungebundener Rationalität“<br />

bezeichnet (vgl. Herzog et al. 2006, S. 22). 23 Geschlossene Entscheidungsmodelle<br />

gehen von einer klar strukturierten Entscheidungssituation aus,<br />

d. h. Handlungsalternativen und Handlungskonsequenzen sind dem Berufswählenden<br />

bekannt, berufliche Ziele sind mit Prioritäten versehen und<br />

es können Entscheidung getroffen werden, die auf die optimale Handlungsalternative<br />

ausgerichtet ist (vgl. Bußhoff 1989, S. 39 f.). Bei den<br />

offenen Entscheidungsmodellen hingegen wird angenommen, dass der Berufswählende<br />

über Handlungsalternativen und Handlungskonsequenzen<br />

nur unzureichend informiert ist und nicht über eine Zielrangfolge und geeignete<br />

Entscheidungsregeln verfügt. Entscheidungssituationen sind damit<br />

Problemsituationen, das Entscheidungsverhalten wird als Problemlöseverhalten<br />

begriffen. Entscheidungen werden nicht nach idealen Standards,<br />

sondern vielmehr bei subjektiv als ausreichend eingeschätzten Grundlagen,<br />

dazu gehören Informationen, eine Abschätzung der Folgen der Entscheidung<br />

u. a., getroffen (Annahme der begrenzten Rationalität). Der Entscheidungsprozess<br />

ist kein linearer Vorgang, sondern schließt Wiederho-<br />

22 „Ein Entwurf bezeichnet eine imaginierte Kette von Teilhandlungen, die auf ein Handlungsziel<br />

- etwa einen Beruf - hinführt.“ Entwurfsgrundlagen sind „eigene Erfahrungen ebenso wie gesellschaftlich<br />

typisierte, in Sozialisationsprozessen aufgenommene Handlungsabläufe“ (Dimbath<br />

2007, S. 165).<br />

23 Brown differenziert des Weiteren zwischen normativen oder präskriptiven und deskriptiven<br />

Modellen. „Normative Entscheidungsmodelle erklären, wie man Entscheidungen treffen sollte;<br />

deskriptive Modelle untersuchen, wie die tatsächlichen Entscheidungen der Menschen ausfallen.“<br />

(Brown 1994, S. 427)<br />

60


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

lungen, Überlagerungen sowie die unvollständige Ausführung einzelner<br />

Phasen ein (vgl. ebd., S. 40). Ein Großteil der Ansätze basiert tendenziell<br />

auf dem offenen Entscheidungsmodell. Kritikpunkte an entscheidungstheoretischen<br />

Ansätzen sind vor allem in den überzogenen Erwartungen an<br />

die Fähigkeit Berufswählender rationale Entscheidungen treffen zu können,<br />

zu finden. Ebenso steht die Frage, wie sinnvoll und realisierbar der Anspruch<br />

einer allumfassenden Information vor dem Hintergrund stetiger<br />

Veränderungen in der Arbeitswelt ist (vgl. Wahler, Witzel 1996, S. 15 f.).<br />

Hinzu kommt, dass Individuen entsprechend Ergebnissen verhaltenswissenschaftlicher<br />

Forschung nur über eine eingeschränkte Informationsverarbeitungskapazität<br />

verfügen und auf Überbeanspruchung mit Vereinfachungsstrategien<br />

reagieren. Dadurch werden Informationen nur<br />

ausschnitthaft verarbeitet (begrenzte Rationalität). Der entscheidungstheoretische<br />

Anspruch, der auf einer möglichst umfassenden Kenntnisvermittlung<br />

berufs- und arbeitsweltbezogener Informationen basiert, erscheint<br />

damit eher fragwürdig (vgl. Ermert, Friedrich 1990, S. 14 ff.). Die Ansätze<br />

sind allerdings tragfähig, sofern sie nicht idealtypisch, sondern realitätsnah,<br />

problem- und schülerorientiert angewandt werden und auf die Vermittlung<br />

von Entscheidungskompetenz zielen (vgl. Klippert 1987, S. 42 ff.). Das<br />

vielfältige Spektrum an entscheidungstheoretischen Erklärungen spiegelt<br />

sich in den Ansätzen von Heinz Ries, David V. Tiedemann, Victor H.<br />

Vroom und Elmar Lange wider.<br />

4.4 Differenzialpsychologische Ansätze<br />

Unter den differenzialpsychologischen Erklärungen der Berufswahl sind<br />

unterschiedlich bezeichnete Ansätze (z. B. Matching-Modell, Trait-Factor-<br />

Theorie) zusammengefasst. Es wird davon ausgegangen<br />

„dass jede Person über ein spezifisches Muster von Persönlichkeitsmerkmalen<br />

(Fähigkeiten, Interessen, Wertvorstellungen u. a.) verfügt und<br />

jeder Beruf durch ein typisches Muster von Anforderungen und Befriedigungsangeboten<br />

gekennzeichnet ist.“ (Bußhoff 1989, S. 33)<br />

Die Berufswahl ist entsprechend der Ansätze als Zuordnung von persönlichen<br />

Eigenschaften zu Merkmalen von Berufen verstehen. Charakteristisch<br />

für differenzialpsychologische Ansätze ist die detaillierte Erfassung<br />

der Persönlichkeitsstruktur des Berufswählenden sowie die Analyse von<br />

Zusammenhängen zur späteren Berufszugehörigkeit sowie von Produktivität,<br />

Erfolg und Zufriedenheit im gewählten Beruf (vgl. Herzog et al. 2006,<br />

61


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

S. 15). Es wird die Annahme vertreten, dass die Wahrscheinlichkeit von beruflicher<br />

Leistungsfähigkeit und Wohlbehagen im Beruf steigt, je genauer<br />

das Persönlichkeitsprofil und das Berufsprofil übereinstimmen (vgl. ebd.).<br />

Holland, bedeutendster Vertreter der Erklärung der Berufswahl als Zuordnungsprozess,<br />

unterscheidet sechs idealtypische Grundtypen der Persönlichkeit.<br />

Kennzeichnend für die Typen sind spezifische Fähigkeiten, berufliche<br />

Präferenzen, Interessen, Einstellungen, Wertvorstellungen und Problemlösungsstile<br />

(vgl. Holland, 1997, l7 ff.). Analog zur Klassifizierung von<br />

Persönlichkeiten nimmt Holland auch eine Typologisierung von Arbeitsumgebungen<br />

bzw. Berufsbereichen vor (vgl. ebd., 41 ff.). Die Persönlichkeitstypen<br />

und Umwelten stehen in Interaktion. Die Wechselwirkungen beeinflussen<br />

das Berufswahlverhalten. Holland fasst dies mit folgenden vier<br />

Hauptaussagen zusammen:<br />

62<br />

„1. In our culture, most persons can be categorized as one of six personality<br />

types: Realistic, Investigative, Artistic, Social, Enterprising,<br />

or Conventional. …<br />

2. There are six model environments: Realistic, Investigative, Artistic,<br />

Social, Enterprising, and Conventional. …<br />

3. People search for environments that will let them exercise their<br />

skills and abilities, express their attitudes and values, and take on<br />

agreeable problems and roles. …<br />

4. Behavior is determined by an interaction between personality and<br />

environment.” (ebd. S. 2 ff.)<br />

An differenzialpsychologischen Ansätzen wird bemängelt, dass sie die<br />

Komplexität der Berufswahl und des Berufsorientierungsprozesses nur unzureichend<br />

berücksichtigen. Aussagen, wie eine Passung zwischen einer<br />

Person und einem Beruf erfolgt, werden vernachlässigt (vgl. Herzog et al.<br />

2006, S. 15). Die geschilderten Schwierigkeiten von Jugendlichen im Berufsorientierungsprozess<br />

belegen die Gefahr, sie durch die zugemuteten<br />

Selbstexplorations- und Informationsaufgaben über ihre eigene Person sowie<br />

die daran anschließende Suche nach und Zuordnung von passenden<br />

Berufsfeldern zu überfordern (vgl. Lappe 1996, S. 315 f.). Berufswahl wird<br />

zudem mehr als statischer und punktueller Vorgang, statt als lebenslanger<br />

Prozess verstanden (vgl. Bußhoff 1989, S. 39).


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

4.5 Entwicklungstheoretische Ansätze<br />

Im Rahmen entwicklungstheoretischer Erklärungsansätze wird die Berufswahl<br />

als lebenslanger Prozess, während dem sich die Persönlichkeitsstruktur<br />

des Berufswählers herausbildet und Veränderungen unterworfen ist,<br />

verstanden. Im Mittelpunkt des Ansatzes stehen beruflich relevante Persönlichkeitsmerkmale<br />

(Einstellungen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen) in<br />

verschiedenen Lebensphasen sowie die Persönlichkeitsentwicklung fördernde<br />

oder hemmende Einflussfaktoren (vgl. Bußhoff 1989, S. 15 f.). Es<br />

wird davon ausgegangen, dass der Berufswahlprozess bereits im frühkindlichen<br />

Alter beginnt. Im Vorschulalter werden erste berufliche Vorstellungen<br />

übernommen und in Spielrollen wiedergegeben. Sind die Berufswünsche<br />

bis in das Grundschulalter noch phantasiereich, werden sie mit<br />

zunehmendem Alter differenzierter und realistischer (vgl. Bußhoff 1987,<br />

S. 180). Die Entwicklung beruflicher Vorstellungen geht mit der Ein- und<br />

Ausgrenzung von Wunschberufen einher, was in Form vorläufiger beruflicher<br />

Festlegungen im Alter von 12 bis 14 Jahren zum Ausdruck kommt.<br />

Es wird demnach davon ausgegangen, dass eine Präferenz von Berufen mit<br />

geringem Detailwissen über Berufe, gegebenenfalls sogar noch vor der<br />

Nutzung berufsorientierender Maßnahmen, stattfindet. Wesentliche Determinanten<br />

des Entwicklungsprozesses sind das Selbstkonzept und durch<br />

gesellschaftliche Erwartungen definierte Entwicklungsaufgaben. 24 Zu den<br />

Charakteristika des Prozessverlaufes zählen ein zunehmender Realitätsbezug,<br />

steigende Irreversibilität der beruflichen Laufbahn sowie deren zunehmende<br />

Einengung (vgl. Thüringer Koordinierungsstelle 2001, S. 15).<br />

Entwicklungstheoretische Ansätze liefern wichtige Hinweise auf die praktische<br />

Herangehensweise in der Berufsorientierung, vernachlässigen jedoch<br />

entscheidungs- und lerntheoretische Erkenntnisse. Während Eli Ginzberg<br />

den Grundstein für die entwicklungspsychologisch orientierte Erforschung<br />

der Berufswahl legte, erarbeiteten Donald E. Super, Anne Roe und Linda S.<br />

Gottfredson weiterführende Modelle.<br />

24 Erläuterungen zum Verständnis des Selbstkonzeptes und der Entwicklungsaufgaben werden<br />

im Kapitel 4.5.2 ergänzt.<br />

63


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

4.5.1 Laufbahnentwicklungstheorie nach<br />

Donald E. Super<br />

Fruchtbar für das Verständnis der Berufsorientierung als Prozess und als<br />

Kontur für die hier vorliegende Fragestellung dienlich, erscheint die entwicklungstheoretische<br />

Perspektive und hierbei insbesondere die Laufbahnentwicklungstheorie<br />

(career development theory) von Donald E. Super. Sie<br />

verbindet Erkenntnisse der psychologischen Berufswahl- und Laufbahnforschung<br />

mit Ergebnissen ausgedehnter Längsschnittstudien über vorberufliche<br />

und berufliche Entwicklung im Jugend- und Erwachsenenalter. Einerseits<br />

wird sie dem aktuellen Verständnis von Berufsorientierung und der<br />

darin eingeschlossenen Berufserstwahl als Entwicklungsaufgaben, die mehr<br />

oder weniger erfolgreich bewältigt werden können, gerecht. Andererseits<br />

liefert der Erklärungsansatz Bezugspunkte für die Organisation und Evaluation<br />

von Berufsorientierungsangeboten und ist daher hier von besonderem<br />

Interesse. Die Laufbahnentwicklungstheorie wurde von Super im<br />

Laufe mehrerer Jahrzehnte immer wieder kritisch reflektiert und fortgeschrieben.<br />

Zahlreiche Veröffentlichungen dokumentieren seine fortwährende<br />

Auseinandersetzung mit der Theorie (u. a. Super 1957, 1980, 1981,<br />

1994). Er selbst versteht sie als „assembly of segmental theories”, also einer<br />

Kombination von Einzeltheorien (vgl. Super 1981, S. 26). Über Supers wissenschaftliche<br />

Arbeit wird in der Literatur häufig honorierend reflektiert.<br />

Dem ungeachtet wurde der Ansatz zumindest im deutschsprachigen Raum<br />

bis heute wenig kritisch diskutiert und fortentwickelt. Lediglich Karl Heinz<br />

Seifert nahm das Konzept auf und richtete seine Forschung auf die Laufbahnreife<br />

(„career maturity“ bzw. „career adaptability“), einer wesentlichen<br />

Komponente der Theorie Supers, aus (vgl. Seifert 1987, 1991, 1993).<br />

Der Laufbahnentwicklungstheorie liegen im Wesentlichen folgende Annahmen<br />

zugrunde: Individuen verfügen über eine individuelle Persönlichkeit<br />

und unterscheiden sich von anderen in Fähigkeiten, Bedürfnissen,<br />

Wertvorstellungen, Interessen, Eigenschaften und Selbstkonzepten. Parallel<br />

dazu erfordert jeder Beruf spezielle Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale.<br />

Jeder Mensch eignet sich aufgrund persönlicher Charakteristika für<br />

eine Reihe von Berufen und jeder Beruf steht für verschiedene Personen<br />

offen (vgl. Super 1994, S. 222). Lebens- und Arbeitsbedingungen verändern<br />

sich mit der Zeit. Parallel dazu wandeln sich durch gesammelte Berufserfahrungen<br />

auch die beruflichen Interessen und Fähigkeiten. Die Lebenslaufbahn<br />

ist somit eng mit der beruflichen Entwicklung verbunden. Der<br />

berufliche Veränderungsprozess kann nach Super in die fünf Stadien oder<br />

64


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

Lebensstufen („life stages“) Wachstum im Kindesalter („growth“), Erkundung<br />

(„exploration“) in der Adoleszenz, der Konsolidierung bzw. Etablierung<br />

(„establishment“) im frühen Erwachsenenalter, der Erhaltung des erreichten<br />

beruflichen Status („maintenance“) im mittleren Erwachsenenalter<br />

sowie des Rückzuges aus dem Berufsleben („decline“) im späten Erwachsenenalter<br />

unterteilt werden:<br />

“The Growth Stage extends from conception to about the age of fourteen.<br />

It is followed by the Exploratory Stage, which includes the period<br />

from about age fifteen to about twenty-five. The Establishment Stage<br />

comes next, including the years from twenty-five to about forty-five.<br />

Then comes the Maintenance Stage, which ends at about sixty-five. The<br />

final stage is that of Decline, beginning at about sixty-five.” (Super 1957,<br />

S. 71 f.)<br />

Dieses Laufbahnmodell charakterisiert den allgemeinen Rahmen beruflicher<br />

Entwicklung. Um die Vielfalt unterschiedlicher beruflicher Laufbahnen<br />

zu erfassen, erarbeitete Super Laufbahnmuster („career patterns“) für<br />

Frauen und Männer, die sich durch das erreichte berufliche Niveau sowie<br />

den Grad an Stabilität in und am Wechsel von beruflichen Tätigkeiten unterscheiden.<br />

Er beschreibt für Männer vier und für Frauen sieben verschiedene<br />

Laufbahnmuster, die als realitätsorientierte Abwandlungen eines idealtypisch<br />

entworfenen Lebensverlaufes zu verstehen sind (vgl. ebd., S. 73 ff.).<br />

Zu den Phasen der Exploration, der Etablierung, der Erhaltung und des<br />

Rückzuges formuliert Super: „The processes of exploration, establishment,<br />

maintenance, and decline are not simply vocational, but involve all aspects<br />

of life and living.“ (ebd., S. 72) Dies zieht nach sich, dass eine Destabilisierung<br />

z. B. infolge von veränderten Arbeitsbedingungen, persönlichen Erlebnissen<br />

oder auch Krankheit die Möglichkeit zum (neuerlichen) Wachstum,<br />

zur (Neu-)Erkundung und (Neu-)Etablierung sowie zum Übergang<br />

von einer Stufe zur nächsten bietet. Interessant ist hierbei der Ansatz, dass<br />

sich demnach die Lebensstufen in kleinerer Form, als Minizyklen, auch an<br />

den Schnittstellen der einzelnen Phasen wiederfinden (vgl. Super 1980,<br />

S. 222 und S. 254). So durchläuft ein Jugendlicher zu Beginn seiner Berufsausbildung<br />

zunächst eine Wachstumsphase in der neuen Rolle als Auszubildender<br />

und erkundet das Wesen und die Anforderungen der Rolle.<br />

Später etabliert er sich in der Rolle als Auszubildender und erhält diese aufrecht,<br />

wenn er erfolgreich ist. Wie deutlich wird, sind demnach mit der Lebens-<br />

und Berufslaufbahn eine Reihe von Lebens- und Berufsrollen einzunehmen.<br />

Super unterscheidet neun Lebensrollen, die zum Teil parallel ausgelebt<br />

werden können (vgl. ebd., S. 234 f. und S. 283 f.).<br />

65


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

In jedem Stadium ist die Bewältigung durch gesellschaftliche Erwartungen<br />

definierter beruflicher Entwicklungsaufgaben und die Herausbildung korrespondierender<br />

Einstellungen und Kompetenzen erforderlich (vgl. ebd.,<br />

S. 228). Für die Phase der Exploration, die in der Jugendzeit bzw. im<br />

frühen Erwachsenenalter gelagert und damit für diese Arbeit von Bedeutung<br />

ist, konstatiert Super die enge Verknüpfung u. a. von Erwachsenwerden,<br />

erster Partnerschaft, die Entwicklung der Einsicht über die eigene Person<br />

oder das Finden eines Berufes (vgl. Super 1957, S. 72). Er hält fest:<br />

66<br />

„The exploratory activities of adolescents involve … self-exploration and<br />

occupational exploration. The latter includes both finding out about types<br />

of careers and finding out about the kinds of education which prepare for<br />

these occupations.” (ebd., S. 92)<br />

Zu den zentralen Aufgaben der Explorationsphase gehören demnach die<br />

Abklärung bzw. Entwicklung von beruflichen Selbstkonzepten 25 (u. a. berufliche<br />

Wünsche, Interessen und Werte), die Kristallisation und Spezifizierung<br />

von zum Selbstkonzept passenden beruflichen Präferenzen (Identifikation<br />

und zielgerichtete Exploration von Laufbahnalternativen, Einengung<br />

und Reihung der Auswahl), die Spezifikation der präferierten Laufbahnalternativen<br />

(Selektion eines konkreten Ausbildungs- und Berufszieles<br />

sowie passender Alternativen), die Entscheidung für eine konkrete Laufbahnalternative<br />

sowie deren Planung und Realisierung (Studienimmatrikulation<br />

oder Unterzeichnung Ausbildungsvertrag und Eintritt in Berufsausbildung<br />

oder Studium; vgl. ebd., S. 187; vgl. Super 1980, S. 272). Das Stadium<br />

ist vor allem durch die Entwicklung von beruflichen Zielen und einer<br />

beruflichen Zukunftsperspektive gekennzeichnet. Die Zufriedenheit mit<br />

dem gewählten Beruf und der beruflichen Laufbahn sowie mit dem beruflichen<br />

Erfolg ist abhängig von den Realisierungsmöglichkeiten der eigenen<br />

Vorstellungen sowie adäquaten Ausdrucksmöglichkeiten u. a. für Fähigkeiten,<br />

Bedürfnisse, Wertvorstellungen und Selbstkonzepte (vgl. Super 1957,<br />

S. 188; vgl. Super 1980, S. 224; vgl. Ratschinski o. J., S. 4 f.).<br />

25 Super definiert das Selbstkonzept, in Übereinstimmung mit dem realen Selbstkonzept des lerntheoretischen<br />

Ansatzes, als Verständnis bzw. die Vorstellung über die eigene Person, das in Rollen,<br />

Situationen, Funktionen und zwischenmenschlichen Beziehungen erlebt wird (vgl. Bußhoff<br />

1989, S. 21). Entwickelt wird nicht nur ein Selbstkonzept, sondern eine Kombination von<br />

Selbstkonzepten (vgl. Super 1980, S. 240).


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

4.5.2 Berufswahlreifekonzept nach<br />

Donald E. Super<br />

Werden die phasentypischen Entwicklungsaufgaben unzureichend oder<br />

nicht erfolgreich bearbeitet, ist die Bewältigung chronologisch späterer<br />

Aufgaben gefährdet (vgl. Super 1980, S. 223), d. h. die weitere berufliche<br />

Entwicklung ist beeinträchtigt, was in Bezug auf die eben beleuchtete Phase<br />

der Exploration beispielsweise in Studienverzögerungen, in der Unzufriedenheit<br />

mit der Ausbildung oder im Berufsausbildungs- oder Studienabbruch<br />

zum Ausdruck kommen kann.<br />

„Als wesentliche personale Voraussetzung bzw. Bedingung für die Bewältigung<br />

der beruflichen Entwicklungsaufgaben und für das Treffen selbstkonzeptgemäßer<br />

und realistischer beruflicher Entscheidungen ist die altersgemäße<br />

Entwicklung der Berufs- bzw. Laufbahnwahlreife anzusehen.“<br />

(Seifert 1991, S. 89; vgl. Super 1980, S. 223)<br />

Mit anderen Worten sei Berufswahlreife die<br />

„Fähigkeit und Bereitschaft zur Inangriffnahme und effektiven Bewältigung<br />

der mit der Berufswahl zusammenhängenden phasentypischen beruflichen<br />

Entwicklungsaufgaben“ (Seifert 1987, S. 188; vgl. Super 1980,<br />

S. 223 und S. 228).<br />

Das erfolgreiche Herangehen an die Entwicklungsaufgaben kann zum einen<br />

durch die Erleichterung der Herausbildung von Fähigkeiten und Interessen<br />

und zum anderen durch die Förderung der Entwicklung des Selbstkonzeptes<br />

gesteuert werden. Super sieht darin einen Synthese- und Kompromissprozess,<br />

der durch eine intensive Exploration eigener Interessen,<br />

Fähigkeiten und beruflichen Wertorientierungen und der dazu offenbar<br />

passenden beruflichen Möglichkeiten gefördert werden kann (vgl. Super<br />

1980, 223). Dazu stehen Jugendlichen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur<br />

Verfügung:<br />

„These opportunities are found first in the home and in the neighborhood,<br />

then, as horizons and the scope of activities broaden, in the school<br />

and church, and then in community activities such as clubs and part-time<br />

or vacation employment.” (Super 1957, S. 82; vgl. Super 1980, S. 223 f.)<br />

Berufswahlreife kann demnach „durch vorberufliche Erfahrungen, durch<br />

den Einfluss von signifikanten Bezugspersonen und durch berufliche<br />

Orientierungs- und Beratungsmaßnahmen wesentlich gefördert werden“<br />

(Seifert 1991, S. 90, vgl. auch Seifert 1987, S. 188). Sie ist also ein umfassender<br />

personaler Entwicklungsprozess und Voraussetzung für eine mög-<br />

67


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

lichst durchdachte und eigenverantwortliche Berufswahl, die nicht einmalig<br />

ist, sondern mehrfach in der Bildungs-, Arbeits- und Berufsbiografie<br />

durchgeführt werden kann (vgl. Müller 1983, S. 159 f.; vgl. Seifert 1987,<br />

S. 188; vgl. Dedering 1994, S. 307; vgl. Köppl 1994, S. 6). Dieses Verständnis<br />

weist auch Parallelen zur Beschreibung der Berufswahlreife und ihren<br />

Indikatoren im Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife auf (vgl. Kapitel 2.3).<br />

Berufswahlreife, als Selbsteinschätzungs- und Informationskompetenz bezeichnet,<br />

wird wie folgt definiert:<br />

68<br />

„Jugendliche kennen ihre eigenen Bedürfnisse und berufsbedeutsamen<br />

Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse und können diese mit wesentlichen<br />

Aspekten und Anforderungen von Berufen in Beziehung setzen.<br />

Sie nutzen vorhandene Informationsmöglichkeiten, um sich über Berufe<br />

und deren Anforderungen zu informieren. Jugendliche können ihre Motive<br />

für eine Berufswahlentscheidung wahrnehmen und benennen.“<br />

(Bundesagentur für Arbeit 2009b, S. 58).<br />

Der Zeitpunkt, an dem die für eine Berufswahl erforderlichen Einstellungen,<br />

Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten erworben und Entscheidungen<br />

getroffen werden können, variiert. Das jeweilige Entwicklungsniveau<br />

der Berufswahlreife wird bestimmbar durch die Feststellung der<br />

Ausprägung folgender Einstellungen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen:<br />

„(1) berufliche Planungsbereitschaft und Planungsaktivität (berufliche<br />

Zukunftsorientierung und Engagement bei der Studien- und Berufswahlvorbereitung);<br />

(2) Sicherheit und Entschiedenheit bei der Laufbahnwahl (Klarheit und<br />

Differenziertheit der beruflichen Identität);<br />

(3) berufliche Explorationsbereitschaft (Bereitschaft zur Inanspruchnahme<br />

und Nutzung beruflicher Informationsquellen);<br />

(4) Entscheidungskompetenz (Kenntnisse und Fertigkeiten über das<br />

berufliche Entscheidungsverhalten, vor allem in Hinblick auf die<br />

Berücksichtigung von Selbstkonzeptmerkmalen bei der Laufbahnplanung;<br />

Laufbahnwissen);<br />

(5) allgemeine Informiertheit über die Arbeits- und Berufswelt; Informiertheit<br />

über die präferierten Berufe.“ (Seifert 1991, S. 89; vgl.<br />

auch Bußhoff 1989, S. 23)<br />

Die Laufbahnentwicklungstheorie mit dem Berufswahlreifekonzept spiegelt<br />

das aktuelle Verständnis von Berufsorientierung in vielen Punkten wider.<br />

Im Kontext dieser Arbeit sind zwei weitere Anknüpfungspunkte zu finden.<br />

Unter pädagogischer Perspektive (pädagogisch-normativer Begriffsgebrauch)<br />

besteht das Potenzial des Berufswahlreifekonzeptes vor allem in


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 4 Theoretische Erklärungsansätze<br />

der Eignung als Grundlage für die Entwicklung von Berufsorientierungsangeboten<br />

sowie zur Formulierung und Konkretisierung von Maßnahmezielen,<br />

denn die definierten Entwicklungsaufgaben können gleichzeitig als<br />

Zielbereiche von Interventionen angesehen werden (vgl. Seifert 1987,<br />

S. 189 f.). Es kann zur Prüfung der Konzept- und Entwicklungsangemessenheit<br />

eingesetzter Methoden und Medien genutzt werden und erlaubt<br />

Schlussfolgerungen für den Einsatz und die Gestaltung von Maßnahmen<br />

(vgl. ebd., S. 186). Aus psychologischer Sicht (psychologisch-empirische<br />

Begriffsverwendung) ist die Berufswahlreife ein Entwicklungsindex, der<br />

mittels Tests zur Erfassung von Ausgangslagen und Veränderungen einsetzbar<br />

ist. Sie ist damit gleichzeitig als Veränderungsdimension in Evaluationsmaßnahmen<br />

und zur Prüfung der Effektivität und der Effizienz von<br />

Programmen und Maßnahmen nutzbar. Betont werden muss in diesem Zusammenhang,<br />

dass Messungen der Berufswahlreife zwangsläufig immer nur<br />

eine Momentaufnahme des Entwicklungsstandes wiedergeben können. Der<br />

Prozess der Reifung wird dabei unzureichend widergespiegelt.<br />

Nicht nur die zahlreichen Begriffsdefinitionen, auch die Vielfalt an theoretischen<br />

Erklärungsansätzen verdeutlichen einen stetigen Veränderungsanspruch<br />

an die Berufsorientierung. Ihr Entwicklungsweg und ihre Konsolidierung<br />

im schulischen und außerschulischen Kontext werden innerhalb<br />

der folgenden Kapitel nachgezeichnet.<br />

69


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

5 Wurzeln und Entwicklung<br />

Die Wurzeln der Berufsorientierung liegen in der Dynamisierung der Gesellschaft<br />

im 18. und 19. Jahrhundert. Mit politischen Veränderungen und<br />

industriellen Umbrüchen entstanden neue Schulkonzepte, welche die Verknüpfung<br />

von Arbeit und Lernen postulierten. Charakteristisch sind diese<br />

Aspekte beispielsweise für die Industrieschule, die Arbeitsschule oder die<br />

Produktionsschule, obzwar sich die Konzepte hinsichtlich des Stellenwertes<br />

handwerklich-praktischer und geistiger Lernaktivitäten sowie des Zusammenspiels<br />

von allgemeiner und beruflicher Bildung. unterscheiden. Es<br />

handelt sich hierbei weniger um geschlossene Ansätze, sondern vielmehr<br />

um pädagogische Ideen und Bewegungen, die sich von den traditionellen<br />

Schulkonzepten abgrenzten. Wenngleich sie sich nicht als Ganzes durchsetzen<br />

konnten, so sind einzelne pädagogische Prinzipien immer wieder in<br />

Konzepte der vorberuflichen Bildung integriert worden und liefern bis heute<br />

Impulse zur Gestaltung der Berufsorientierung (vgl. von Wensierski et al.<br />

2005, S. 46 ff.). Je nach Schulform gestalteten sich die Bemühungen zur Integration<br />

von berufs- bzw. arbeitsweltbezogenen Inhalten in die allgemeinbildende<br />

Schule mehr oder weniger erfolgreich. Im Folgenden wird nachgezeichnet,<br />

wie Berufsorientierung historisch gewachsen ist und welche<br />

bildungspolitischen Grundlagen ihre Konsolidierung prägten.<br />

5.1 Historische Grundlagen<br />

Anlass zur Auseinandersetzung mit der vorberuflichen Bildung gab die Ablösung<br />

der ständischen Ordnung mit der Zuweisung des Berufs für jeden<br />

einzelnen nach dem System göttlicher Gnade und Vorsehung und die Postulierung<br />

der freien Berufswahl entsprechend der Begabung mit Ende des<br />

18. Jahrhunderts (vgl. Beinke 2006, S. 17). Nach dem bislang praktizierten<br />

Prinzip der handwerklichen Meisterlehre sahen die gängigen Zunftvorstellungen<br />

und -ordnungen nach der erfolgten Berufswahl keinen Berufswechsel<br />

vor bzw. war dieser nach dem Leitbild der Zunfterziehung stark diskreditiert.<br />

Der berufliche Werdegang war konsequent geregelt, was eine Korrektur<br />

des Berufsweges weitgehend ausschloss (vgl. ebd., S. 17). Um die<br />

Entscheidungsfähigkeit Jugendlicher für einen Beruf zu verbessern, sollten<br />

sie vor der Berufswahlentscheidung die Berufswirklichkeit kennen lernen<br />

und berufliche Erfahrungen sammeln. Praktisch umgesetzt wurde dies<br />

durch eine zwei bis vier Wochen andauernde Probezeit der Lehrlinge, die<br />

allerdings unsystematisch gestaltet wurde, wenige Einblicke ermöglichte<br />

71


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

und mehr auf das gegenseitige Kennenlernen ausgerichtet war (vgl. Stratmann<br />

1993, S. 212 f.). Das Handwerk hatte so „einen ‚Vorraum’ geschaffen,<br />

von dem aus der Jugendliche direkten Einblick in den erwählten Beruf<br />

nehmen und den er ohne juristische Folgen wieder verlassen konnte“<br />

(Stratmann 1999, S. 101).<br />

Die traditionelle Meisterlehre war den raschen wirtschaftlichen und technologischen<br />

Änderungen bald immer weniger gewachsen. Zunft und Familie<br />

konnten die Jugendlichen nicht mehr im notwendigen Maße auf die Berufswahl<br />

und das Erwerbsleben vorbereiten. Die Schwierigkeiten und Widersprüchlichkeiten<br />

schildert Stratmann wie folgt: Einerseits sollten Jugendliche<br />

einen Beruf wählen, der ihren Fähigkeiten und Interessen entsprach,<br />

der im gesellschaftlichen Wandel Bestand hatte, d. h. krisenbeständig<br />

war und der ihnen und der Gesellschaft Nutzen brachte. Andererseits<br />

sollte der Beruf den Lebensunterhalt absichern und nicht über oder unter<br />

dem Stand der Eltern liegen (vgl. ebd., S. 120 ff.).<br />

Um den Mangel an Wissen über verschiedene Berufe zu begegnen wurden<br />

Lexika mit Berufsbeschreibungen entwickelt. Um die Jahrhundertwende<br />

engagierten sich zudem Frauenbewegungen, die Fürsorge oder Berufsverbände<br />

(Handwerksinnungen) mehr und mehr für die Berufsberatung (vgl.<br />

Hillmert 1996, S. 13). Die Krise der Berufserziehung mündete schließlich<br />

auch in zahlreiche neue Schulkonzepte, wie die der Industrie-, der Arbeitsund<br />

der Produktionsschule.<br />

5.1.1 Industrieschule<br />

Unter dem Einfluss des pädagogischen Realismus und des Merkantilismus<br />

wurden Ende des 18. Jahrhunderts neue Schulen mit realitätsbezogenen<br />

Fächern gegründet. 26 Am stärksten Verbreitung fand in Deutschland die<br />

maßgeblich von Ferdinand Kindermann (1740-1801) geprägte Industrieschule.<br />

Sie hatte eine Erziehung zur ‚Industriösität’ zum Ziel, d. h. die Entwicklung<br />

von Persönlichkeiten, die fleißig, kreativ und produktiv waren<br />

und damit dem frühkapitalistischen Menschenideal entsprachen (vgl. Dedering<br />

1996, S. 255). Der Unterricht schloss neben dem Elementarunterricht<br />

(z. B. Lesen, Schreiben, Rechnen, Gesang) auch praktischen Arbeitsunterricht<br />

(z. B. Spinnen, Weben, Drechseln) ein und wurde durch eine starke<br />

Ausrichtung auf die Industrie charakterisiert. Konzeptionell wurde die In-<br />

26 Die Vertreter des pädagogischen Realismus sprachen sich für eine stärkere Praxisorientierung<br />

des Lernens aus (vgl. Dedering 1996, S. 255). Merkantilismus bezeichnet die auf Reichtum gerichtete<br />

Wirtschaftsweise des absolutistischen Staates (vgl. Dedering 1996, S. 255).<br />

72


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

dustrieschule von einem philanthropisch-idealistischen Motiv, welches auf<br />

die frühzeitige Vorbereitung von Jugendlichen auf ihre Rolle als Erwerbstätige<br />

(um so die Wirtschaftlichkeit des Staates zu erhöhen) sowie die Bildung<br />

von Charaktereigenschaften, wie Arbeitswille und Sparsamkeit abzielte, geprägt.<br />

Der praktische Unterricht wurde in Form bezahlter Arbeit ausgeführt.<br />

Dies trug zur Refinanzierung der Schule bei, ersparte niederen Bevölkerungsschichten<br />

das Schulgeld und erhöhte somit die Attraktivität des<br />

Schulbesuchs (vgl. Eichner 1996, S. 11 ff.).<br />

Neben Kindermann wurde das Konzept der Industrieschule maßgeblich<br />

von Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) beeinflusst. Auch er verfolgte<br />

die Vorstellung einer Verbindung von allgemeiner Bildung und Industrie.<br />

Bildung, als Zusammenspiel von Kopf, Herz und Hand, sollte vor allem<br />

den Zweck der Anwendung in der Industrie haben. Pestalozzi betonte die<br />

Prinzipien der Ganzheitlichkeit als Basis von Bildung und Individualität.<br />

Prioritär war für ihn ein Erkenntnisgewinn aus interessenorientierten und<br />

realitätsbezogenen Fragestellungen unter Einbeziehung von Erfahrungsund<br />

Buchwissen. Selbsttätigkeit, Anschauung, Lebensnähe, natürliches<br />

Lernen und Orientierung am Kind waren elementare Bestandteile seines<br />

Bildungskonzeptes (vgl. Eichner 1996, S. 14 ff.).<br />

Weil sie die bildenden Komponenten der Arbeit zu wenig berücksichtigte<br />

und ihr Beitrag zur Vorbereitung auf den Beruf und zur Persönlichkeitsentwicklung<br />

hinter ökonomischen Ansprüchen zurückstand, hatte die Industrieschule<br />

schnell den Ruf einer profit- und zweckgesteuerten Schulform<br />

(vgl. Dedering 1996, S. 256). Wenngleich das Scheitern der Industrieschule<br />

aufgrund der mangelnden didaktischen Reflexion unumgänglich war,<br />

ist ihr Grundgedanke, durch praktische Tätigkeiten in der Schule Jugendliche<br />

für die Arbeitswelt vorzubereiten und gleichzeitig ihre Persönlichkeitsentwicklung<br />

zu befördern, erhalten geblieben. ‚Industriösität’ und Ausbildungsreife<br />

liegen vom Grundgedanken her nah beieinander. Damals wie<br />

heute postulieren Unternehmen diese Aspekte, um junge Menschen früher<br />

und häufiger für produktive Tätigkeiten einsetzen und so kostengünstiger<br />

bzw. gewinnorientierter arbeiten zu können.<br />

5.1.2 Arbeitsschule<br />

Beeinflusst durch den Verfall der Industrieschule und die aufkommende<br />

neuhumanistische Pädagogik wurden die Themen Arbeit und Beruf in den<br />

folgenden Jahrzehnten aus dem Unterricht zurückgedrängt. Die Pädagogen<br />

des Neuhumanismus sprachen sich für eine strikte Trennung zwischen der<br />

73


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

Allgemein- und der Berufsbildung aus. Prägend waren die Vorstellungen<br />

Wilhelm von Humboldts (1767-1835), wie er sie im Litauischen Schulplan<br />

postulierte:<br />

„Alle Schulen aber, deren sich nicht ein einzelner Stand, sondern die ganze<br />

Nation, oder der Staat für diese annimmt, müssen nur allgemeine<br />

Menschenbildung bezwecken. - Was das Bedürfniß des Lebens oder eines<br />

einzelnen seiner Gewerbe erheischt, muß abgesondert, und nach vollendetem<br />

allgemeinen Unterricht erworben werden. Wird beides vermischt,<br />

so wird die Bildung unrein, und man erhält weder vollständige Menschen,<br />

noch vollständige Bürger einzelner Klassen. Denn beide Bildungen - die<br />

allgemeine und die specielle - werden durch verschiedene Grundsätze geleitet.<br />

Durch die allgemeine sollen die Kräfte, d. h. der Mensch selbst gestärkt,<br />

geläutert und geregelt werden; durch die specielle soll er nur Fertigkeiten<br />

zur Anwendung erhalten.“ (von Humboldt 1959, S. 111 f.)<br />

Von Humboldt betonte die Gegensätzlichkeit von allgemeiner und spezieller,<br />

also beruflicher Bildung, wobei er die Allgemeinbildung als zwingend<br />

vorrangig betrachtete. In Folge dieser Ausrichtung wurden Lerninhalte und<br />

Methoden der Vermittlung zunehmend lebensferner. Es wurde eine Trennung<br />

von Lernen und Arbeiten, von Kopf- und Handarbeit vollzogen. Erst<br />

infolge reformpädagogischer Bewegungen in der entstehenden Industriegesellschaft<br />

zum Ende des 19. Jahrhunderts gewann Arbeit in der Schule wieder<br />

einen Stellenwert. Zu nennen sind hier die Ansätze der Arbeitsschule<br />

von Georg Kerschensteiner (1854-1932) oder Hugo Gaudig (1860-1923).<br />

Kerschensteiner setzte die Ideen Pestalozzis um und rückte durch die Einführung<br />

von Fächern mit praktisch akzentuierten Inhalten und entsprechenden<br />

Fachräumen (z. B. Schulküche, Werkstätten für Holz- und Metallverarbeitung)<br />

die selbstständige, erfahrungsorientierte und praxisbezogene<br />

Bildung und Erziehung (Experimente, Exkursionen, Produktion von Gegenständen)<br />

in den Mittelpunkt (vgl. Dedering 1996, 257). Sein Konzept<br />

erprobte er didaktisch und organisatorisch in mehreren Schulversuchen.<br />

Kerschensteiner setzte sich parallel zu konzeptionellen Fragen stark mit<br />

dem Arbeitsbegriff, der für ihn geistige Arbeit und manuelle Tätigkeiten<br />

einschloss, auseinander. Nach Ansicht Kerschensteiners war Arbeit dann<br />

bildungswirksam, wenn sie zur gedanklichen Auseinandersetzung anregte<br />

sowie zu einer positiven Arbeitseinstellung und zur Persönlichkeitsentwicklung<br />

führte (Kerschensteiner 1968, S. 54 ff.). Arbeit sollte sinnhaft, nützlich<br />

und lebensbezogen sein. Sie sollte Wachstum ermöglichen und Selbstprüfungsmöglichkeiten<br />

einschließen. Die frühzeitige Erfahrbarkeit von Arbeitsprozessen<br />

und die Beschäftigung mit der Arbeitswelt sind maßgeblich<br />

für Kerschensteiners Bildungsvorstellungen. Im Verständnis von Kerschensteiner<br />

ist Arbeitserziehung eine allgemeine Berufsvorbereitung, die<br />

74


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

Jugendliche z. B. durch Wecken von Arbeitsfreude und Kennenlernen von<br />

Arbeitsmethoden in die Lage versetzt einen Beruf zu erlernen. Gaudig ergänzt<br />

in diesem Zusammenhang:<br />

„Wertvoll erscheint uns auch, so wenig wir die Schule zu einer Berufsschule<br />

werden lassen möchten, die Bedeutung manueller Arbeit für das<br />

nationale Berufsleben. Nicht nur, daß alle Schüler, auch die für intellektuelle<br />

Berufe bestimmten, Fühlung mit dem Handwerk und der Technik<br />

gewinnen und so vor falscher Einschätzung der Handarbeit als eines<br />

banausischen Tuns bewahrt werden – unsere Schüler empfangen auch<br />

aus dem Reiz der manuellen Tätigkeit den Antrieb, bei der Berufswahl<br />

das eigentliche Handwerk und die technischen Berufe ins Auge zu fassen<br />

und sich so nicht voreilig und gegen ihr Können für die Fabrikarbeit oder<br />

für gelehrte Berufe zu entscheiden.“ (Gaudig 1969, S. 30)<br />

Gaudig betont in Anlehnung an Kerschensteiner den durch die Selbsttätigkeit<br />

der Schülerin/des Schülers bestimmten Charakter der Arbeitsschule.<br />

Im Mittelpunkt steht das geistige und manuelle Wirken, zu dem die Schule<br />

verhelfen soll. Sie ist die Werkstatt, wo unter Anleitung Erkenntnis und<br />

Fertigkeit arbeitend erworben und neue Arbeitstechniken, vor allem, um<br />

neues Wissen zu erlangen, gewonnen werden (vgl. Gaudig 1969, S. 31).<br />

Die Konzepte der Arbeitsschule bildeten den Ausgangspunkt für grundlegende<br />

Reformen im Volksschulbereich und im beruflichen Bildungswesen<br />

und führten zur generellen Aufnahme praktischer Fächer, wie z. B. Werken<br />

oder Technisches Zeichnen in den schulischen Fächerkanon (vgl. Eichner<br />

1996, S. 17 ff.). An den Konzepten der Arbeitsschule wurde neben der einseitig<br />

handwerklichen Ausrichtung auch die den Bedürfnissen der industriellen<br />

Entwicklung wenig gerecht werdende Bildung beanstandet. Zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts musste die Arbeitsschule daher einen starken<br />

Bedeutungsverlust erfahren. Doch gehört das ‚Werken’, im Sinne von<br />

Handwerken und der manuellen Arbeit an einem Werk oder einem Produkt,<br />

auch heute noch zu einer wichtigen Methode arbeitsweltbezogenen<br />

Lernens. Konkrete Umsetzung erfährt sie beispielsweise durch Schülerfirmen<br />

(vgl. Kapitel 6.3.3.11).<br />

5.1.3 Produktionsschule<br />

Auf Grundlage des Bildungskonzeptes von Karl Marx (1818-1883) entwickelte<br />

Pawel Petrowitsch Blonskij (1884-1941) das Konzept der Arbeitsschule<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts weiter. Mit seiner Idee des polytechnischen<br />

Unterrichts verfolgte Marx das Anliegen, Lernen und produktive<br />

Arbeit sowie die Vermittlung von Naturwissenschaften, Technik und Pro-<br />

75


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

duktion zu verknüpfen. Durch polytechnischen Unterricht sollte statt einer<br />

Vorbereitung auf eine spezielle Arbeitstätigkeit eine generelle Vorbereitung<br />

auf die Arbeitswelt mit ihren wechselnden Anforderungen erreicht werden.<br />

Die allseitige Entfaltung der Persönlichkeit zur produktiv nutzbaren Kraft<br />

stand im Mittelpunkt. Diese Bildungsvorstellung von Marx griff Blonskij in<br />

seinem Konzept der Produktionsschule auf. Die Schulform kombiniert Arbeiten<br />

und Lernen, indem Schule selbst zur industriellen Produktionsstätte<br />

wird. Arbeit ist Ausgangspunkt für Unterricht und somit Bildungsquelle.<br />

Vorbehalte wurden dem Ansatz, der nach einer nur kurzen Realisierungsphase<br />

bereits um 1920 Revidierung erfuhr, vor allem aufgrund seiner engen<br />

Ausrichtung auf die Industrie entgegengebracht. Hervorgehoben werden<br />

muss dessen ungeachtet der Gedanke, Arbeit in der unmittelbaren Arbeitswelt<br />

zu vollziehen, was bis heute in Form von Praktika in der schulischen<br />

Bildung erhalten blieb (vgl. Dedering 1996, S. 258 f.). Die Ideen<br />

Blonskijs wurden später von Paul Oestreich (1878-1959) und dem „Bund<br />

Entschiedener Schulreformer“ aufgegriffen und unter dem Tenor einer<br />

‚Lebensschule’ (vgl. ebd., S. 483) bzw. einer ‚Einheits-, Lebens- und Produktionsschule’<br />

(vgl. Oestreich 1921; Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung 2006, S. 50) weiterentwickelt. Die Kinder und Jugendlichen<br />

waren in Branchen wie der Landwirtschaft, dem Handwerk, der Industrie<br />

und dem Handel tätig. Basis dafür bildeten Lernorte wie die Schuldruckerei,<br />

die Schulzeitung, die Schulbibliothek, die schulische Station für drahtlose<br />

Telegrafie oder während mehrwöchiger Praktika auch Unternehmen.<br />

In Abgrenzung zur Industrie- und Arbeitsschule ist jedoch vor allem die<br />

Idee Oestereichs prägnant, über die pädagogische Einrichtung Schule<br />

Änderungen in der Gesellschaft bewirken zu können. Neben besseren individuellen<br />

Entwicklungschancen verstand er die Produktionsschule als<br />

Ausgangspunkt für eine Reform der Gesellschaftsstrukturen (vgl. Deutscher<br />

Paritätischer Wohlfahrtsverband 2007, S. 21). Der Produktionsschulansatz<br />

hat bis heute Bestand und vereint zahlreiche pädagogische Einflüsse,<br />

sowohl in seinem theoretischen Konzept, als auch in seinen Realisierungsansätzen.<br />

5.1.4 Weitere historische Ansätze<br />

Die Vorbereitung auf einen Beruf und die Arbeitswelt u. a. durch praktische<br />

Erfahrungen sowie die Verortung von beruflicher Bildung in der<br />

Allgemeinbildung spielte nicht nur in den Konzepten der Industrie-, Arbeits-<br />

und Produktionsschule eine Rolle. So verfolgte bereits Johann Julius<br />

Hecker (1707-1768) mit der Gründung seiner ökonomisch-mathematischen<br />

76


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

Realschule in Berlin das Ziel, Kindern und Jugendlichen durch eigene Arbeit<br />

in verschiedenen handwerklichen Berufen zu mehr Orientierung zu<br />

verhelfen. Er ergänzte den Unterricht nicht nur durch praktische Übungen,<br />

sondern auch durch Exkursionen zu Handwerksmeistern (vgl. Beinke 2006,<br />

S. 21).<br />

Ausgangspunkt für den Ansatz Eduard Sprangers (1882-1963) war der<br />

durch die sozioökonomischen Veränderungen infolge der wissenschaftlichtechnischen<br />

Revolution des 19. Jahrhunderts einhergehende Werteverfall.<br />

Seinem pädagogischen Ansatz ging die Reflexion der humanistischen Bildungs-<br />

und Erziehungsziele auf ihre Eignung für die geänderten gesellschaftlichen<br />

Bedingungen voraus. Mit dem Ziel berufliche und allgemeine<br />

Bildung stärker zu verknüpfen, mündete sein Konzept in der Forderung<br />

nach stärkerer Einbeziehung von Arbeit und Beruf unter Berücksichtigung<br />

von Lebensweltbezug, Humanität, Erziehung zu Autonomie und demokratischem<br />

Handeln. Spranger engagierte sich für die Reform der Volkshochschule<br />

und des beruflichen Bildungswesens und sprach sich für eine begabungsorientierte<br />

Gliederung des Schulsystems aus. In seiner Bildungskonzeption<br />

der Volkshochschule war insbesondere die Berufswahlvorbereitung<br />

dominierend. Nach seinen Vorstellungen sollten besonders die letzten<br />

Schuljahre der Berufsvorbereitung unabhängig von einer speziellen Berufsausbildung<br />

dienen. Da er die Berufswahlentscheidung Jugendlicher,<br />

z. B. aufgrund des Alters oder einer unzureichender Urteilsfähigkeit als<br />

problembehaftet ansah, war es für Spranger von Bedeutung, dass die<br />

Jugendlichen durch eigenes Tun ein Verständnis für Arbeitsprozesse entwickelten<br />

und bei der Berufsfindung beraten wurden. Während Spranger zunächst<br />

wie Kerschensteiner Arbeit als lebenslange Tätigkeit und Sinnerfüllung<br />

sah, revidierte er seine Arbeitsdefinition später infolge des Wandels<br />

der Berufs- und Arbeitswelt und forderte eine intensivere Vorbereitung der<br />

Jugendlichen auf die geänderten Arbeitsformen und -bedingungen im<br />

Rahmen der beruflichen Bildung (vgl. Eichner 1996, S. 22 ff.).<br />

Aloys Fischer (1880-1937) postulierte eine praxis- und lebensweltbezogene<br />

Bildung und Erziehung. Für ihn war daher eine Bildungskonzeption maßgeblich,<br />

die alle Wissens- und Lebensbereiche sowie die Persönlichkeitsentfaltung<br />

einschließt. Er forderte eine eigenständige Bildungskonzeption für<br />

die Volkshochschule, die das Leben zum Gegenstand und Ausgangspunkt<br />

der Bildung und die Erziehung Jugendlicher zu selbstverantwortlichen Persönlichkeiten<br />

unterstützt. Tragendes Element war dabei die Arbeit, welche<br />

die Schul- und Lebenswelt verknüpfen und zur seelisch-geistigen Reifung<br />

junger Menschen beitragen sollte. Der Selbsttätigkeit und selbständigen<br />

Auswahl einer sinnhaften Arbeit durch junge Menschen wies Fischer eine<br />

77


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

propädeutische Bildungsfunktion zu. Lehrende gestalteten den Unterricht<br />

offen und flexibel und unterstützten den Wissenserwerb über die aktive<br />

Auseinandersetzung mit Aufgaben vor allem durch die Bereitstellung erforderlicher<br />

Hilfsmittel (vgl. ebd., S. 26 ff.).<br />

Anliegen Theodor Litts (1880-1962) war es, den infolge des zweiten Weltkrieges<br />

einsetzenden Strukturwandel in der Arbeits- und Wirtschaftswelt zu<br />

beleuchten und in einer Bildungskonzeption zu berücksichtigen. In der<br />

Prüfung des Bildungsgehaltes und des Bildungswertes der Industrie sowie<br />

von Technik in Zusammenhang mit Individuum und Gesellschaft sah er<br />

die Lösung zur Überwindung der vorherrschenden Humboldtschen Bildungstheorie.<br />

Ohne ein konkretes didaktisches Konzept zu verfassen,<br />

machte er sich für die Zusammenführung von allgemeiner und beruflicher<br />

Bildung stark. Charakteristisch für seinen Bildungsansatz sind die Integration<br />

der Naturwissenschaften, der Technik und der modernen Arbeitswelt<br />

und das Bestreben, über Anregung von kritischer Reflexion und Interpretation<br />

der Lebens- und Arbeitswelt eigenverantwortliche Entscheidungen zu<br />

fördern. Litt sah im Zusammenspiel von Denken, Erkennen und Handeln<br />

die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung des Geistes (vgl. ebd., S. 32 ff.).<br />

5.2 Bildungspolitische Grundlagen und<br />

schulische Konsolidierung<br />

Entwicklungsschwerpunkte der Berufsorientierung sind in den fünfziger,<br />

sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu verzeichnen. Das<br />

Schulsystem wurde den veränderten Produktionsmethoden und differenzierten<br />

beruflichen Anforderungen immer weniger gerecht. Zunächst als<br />

Reaktion auf den Mangel an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie fehlende<br />

Qualifikationen bei den Jugendlichen in der Wiederaufbauphase nach<br />

dem zweiten Weltkrieg, später als Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel<br />

zur Zeit des wirtschaftlichen Aufstiegs Deutschlands kam insbesondere<br />

von Seiten des aufstrebenden Mittelstandes in Gewerbe und Handel<br />

die Forderung nach realistischeren Lehrplänen auf. Parallel verwiesen<br />

Berufspädagogen, wie Heinrich Abel, unterstützt durch soziologische und<br />

sozialpsychologische Studien 27, auf die Schwierigkeiten Jugendlicher im<br />

Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt. Sie forderten zum einen eine<br />

bessere Ausbildung junger Menschen durch Institutionen der Berufsausbil-<br />

27 Anzuführen ist insbesondere Helmut Schelskys Studie „Die skeptische Generation“ (vgl.<br />

Schelsky 1957).<br />

78


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

dung, zum anderen aber auch eine intensivere Vorbereitung durch die allgemeinbildenden<br />

Schulen (vgl. Dedering 2002, S. 17). Kritik wurde auch<br />

gegenüber der Berufsaufklärung durch die sogenannten Berufsberatungsämter<br />

geübt, die den Befunden der Berufsforschung zu wenig Beachtung<br />

schenkte. Man besann sich auf die historischen arbeits- und berufsorientierenden<br />

Bildungskonzepte und nahm deren Ansätze und Ideen zur Arbeitserziehung<br />

in die praktisch ausgerichtete Volksschule auf, die zum Zwecke<br />

der Berufsorientierung auf ein neuntes Volksschuljahr ausgeweitet wurde.<br />

Neben einer Reaktion auf die Übergangsprobleme gewannen im Zuge der<br />

Erweiterung der Volksschule auch die Vorbereitung auf die Berufs- und<br />

Arbeitswelt sowie die Erkundung der heimatlichen Arbeitswelt und Betriebspraktika<br />

an Bedeutung. Die Verengung der Perspektive auf die Volksschule<br />

und die Ausweitung auf die Hinführung zur Berufs- und Arbeitswelt<br />

kennzeichneten so den Entwicklungsverlauf der schulischen Berufsorientierung<br />

(vgl. Dedering 2002, S. 18; vgl. Dammer 2002, S. 41).<br />

1964 empfahl der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen<br />

in seinem Hauptschulgutachten eine bis zum 10. Schuljahr verlängerte<br />

Hauptschule, die als Eingangsstufe des beruflichen Bildungswesens<br />

fungieren sollte. Mit der Schaffung des neuen Faches Arbeitslehre<br />

wurde die Hauptschule aufgefordert, stärker auf die Hinführung zur Arbeitswelt<br />

sowie auf die Vorbereitung für berufliche Bildungswege hinzuwirken.<br />

Mit der Arbeitslehre war der Anspruch einer manuellen, intellektuellen<br />

und charakterlichen Erziehung zur Arbeit verbunden. Das neue Unterrichtsfach<br />

sollte eine am praktischen Tun orientierte Berufswahlhilfe integrieren<br />

(vgl. Dedering 1994, S. 268; vgl. Dedering 2002, S. 19; vgl. Dammer<br />

2002, S. 46). Formulierungen wie „Praktische Arbeit“, „Grundzüge des<br />

Arbeitens in der modernen Produktion“, ,,handwerkliches Arbeiten“,<br />

„Grundzüge der arbeitsteiligen rational geplanten maschinellen Produktionsweise“,<br />

,,Produktionsweisen in Landwirtschaft, Handel und Industrie“<br />

waren kennzeichnend für die Überlegungen des Deutschen Ausschusses<br />

(vgl. Pleiß 1982, S. 103 f.). Definiert wurde die Arbeitslehre als „Schul- und<br />

Hochschuldisziplin, die sich mit der ‚Einführung in Arbeit, Beruf, Wirtschaft,<br />

Technik und Gesellschaft’ beschäftigt und als Teil der Berufs- und<br />

Wirtschaftspädagogik auch die Berufswahl und Berufsaufklärung zum Gegenstand<br />

hat.“ (Dauenhauer 1978, S. 10). Jedoch erfolgte keine detaillierte<br />

didaktische Untersetzung des Faches und der zu leistenden Berufsorientierung,<br />

was zu großen Unsicherheiten in der Umsetzung führte. Um den Intentionen<br />

des Deutschen Ausschusses zu entsprechen, wurde die Arbeitslehre<br />

schließlich durch eine Fülle von Inhalten und Themenaspekten geprägt,<br />

was u. a. Pleiß (vgl. Pleiß 1982, S. 108), Dedering (vgl. Dedering<br />

79


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

1996, S. 258 f.) und Hainmüller (vgl. Hainmüller 1996, S. 19 ff.) ausgiebig<br />

diskutieren und was von Wensierski (vgl. von Wensierski et al. 2005,<br />

S. 58 f.) als Profillosigkeit der Arbeitslehre konstatiert. Dennoch ist festzuhalten,<br />

dass mit der Einführung des Faches das Profil der Hauptschule wesentlich<br />

zeitgemäßer gestaltet werden konnte.<br />

Die Veränderungen in der Arbeitswelt (z. B. Auflösung traditioneller Berufsbilder<br />

und Probleme des beruflichen Bildungswesens, wie unbesetzte<br />

Lehrstellen oder Ausbildungsabbrüche) führten dazu, dass der Berufsorientierung<br />

in der Öffentlichkeit mehr Beachtung geschenkt und diese kontrovers<br />

diskutiert wurde. Auch empirische Befunde und die bereits vorgestellten<br />

Theorien zur Berufswahl (vgl. Kapitel 4) verschafften einen neuen Blick<br />

auf die schulische Berufsorientierung. In der Folge dessen setzen sich Bildungspolitiker<br />

und Pädagogen stärker für eine vorberufliche Bildung in der<br />

Schule ein, was sich in didaktischen Entwürfen zur Berufswahlvorbereitung<br />

und Arbeitslehre, in Positionspapieren und Erlassen bildungspolitischer Institutionen<br />

und Gremien niederschlug. Richtungsweisende Impulse gingen<br />

dabei vor allem von der Kultusministerkonferenz, dem Deutschen Bildungsrat<br />

und der Bundesanstalt für Arbeit28 aus (vgl. Müller 1983, S. 36 ff.;<br />

vgl. von Wensierski et al. 2005, S. 48).<br />

Die „Empfehlungen zur Hauptschule“ der Kultusministerkonferenz (1969) maßen<br />

der Berufsorientierung bereits deutlich höheren Stellenwert bei. Sie<br />

wurde als eigenständiges Unterrichtsfeld vorgeschlagen, das „auf der<br />

Grundlage praktischen Tuns und theoretischer Durchdringung“ sowie in<br />

Betriebserkundungen und Betriebspraktika eine „Orientierung über Berufsfelder,<br />

Berufsgruppen und Berufe“ erlaubte, die „am Ende der 9. Klasse zu<br />

einer revidierbaren Berufsfeldentscheidung“ führen sollte (Kultusministerkonferenz<br />

1969, S. 29).<br />

Der Deutsche Bildungsrat sprach sich in seinen Empfehlungen (1970) für<br />

eine Berufsbildungsberatung als grundsätzliche Aufgabe aller allgemeinbildenden<br />

Schulen aus, welche kombiniert mit der beruflichen Orientierung<br />

zu Berufsfeldern, Berufsbildern und Berufschancen im Fach Arbeitslehre<br />

eine fundierte Berufswahl ermöglichte (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970,<br />

S. 91).<br />

28 Bereits um die Jahrhundertwende engagierten sich insbesondere die Frauenbewegung, die Fürsorge<br />

oder Berufsverbände (Handwerksinnungen) für eine Berufsberatung. Nach Ende des zweiten<br />

Weltkrieges war den Ländern die Schaffung öffentlicher und unparteiischer Beratungs- und<br />

Vermittlungsinstitutionen möglich. 1935 wurde der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung<br />

durch ein Monopolgesetz die alleinige Zuständigkeit für Berufsberatung<br />

und Vermittlung übertragen. In den Nachkriegsjahren wurde die Arbeitsverwaltung jedoch wieder<br />

auf die Länder übertragen. 1952 erfolgte die Gründung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung<br />

und Arbeitslosenversicherung, die 1969 in die Bundesanstalt für Arbeit, heute Bundesagentur<br />

für Arbeit umbenannt wurde (vgl. Hillmert 1996, S. 13 ff.).<br />

80


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

Mit dem §32 des Arbeitsförderungsgesetzes von 1969 verpflichtete sich die<br />

Bundesanstalt für Arbeit zur Kooperation mit Einrichtungen der allgemeinen<br />

und beruflichen Bildung. Parallel dazu ging auch die Schule die Verpflichtung<br />

ein, eine Vorbereitung auf die Arbeitswelt zu leisten, welche die<br />

Basis für die Arbeit der Berufsberatung legte. Daran schloss sich im Jahr<br />

1971 die „Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung“<br />

zwischen der Kultusministerkonferenz und der Bundesanstalt für Arbeit<br />

an, die später durch länderspezifische Vereinbarungen ergänzt und zuletzt<br />

2004 modifiziert wurde (vgl. Kultusministerkonferenz et al. 2004; vgl.<br />

Jenschke 2006, S. 104; vgl. Dimbath 2007, S. 166; vgl. Kapitel 6.4.2). Die<br />

Rahmenvereinbarung legte u. a. eine Zusammenarbeit bei berufsaufklärenden<br />

Maßnahmen, wie Schulbesprechungen, Elternveranstaltungen,<br />

Vortragsveranstaltungen, Seminaren oder Betriebserkundungen, Projekttagen<br />

oder Projektwochen, den Betriebspraktika oder Veranstaltungen zur<br />

Lehrerfortbildung fest (vgl. Bundesanstalt für Arbeit et al. 2001, S. 2; vgl.<br />

Dedering 2002, S. 21).<br />

Resultierend aus den pädagogischen und bildungspolitischen Vorschlägen<br />

und Gesetzen reagierten die Bundesländer in den sechziger und siebziger<br />

Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Schaffung von Lehrplänen und Arbeitsmaterialien<br />

für das Fach Arbeitslehre an der Haupt- und Gesamtschule. Die Berufsorientierung<br />

wurde in unterschiedlicher didaktischer Form, entweder<br />

als zentrales Aufgabenfeld, als wählbarer Schwerpunktbereich in einem Berufsfeld,<br />

in Betriebserkundungen und Betriebspraktika29 oder als übergreifendes<br />

Prinzip in der Arbeitslehre eingebettet (vgl. Dedering 2002, S. 21).<br />

Einhergehend mit unterschiedlichen schulischen Voraussetzungen und<br />

politischen Eingriffen gestaltete sich die didaktische Umsetzung der Berufsorientierung<br />

uneinheitlich und defizitär. Als Reaktion darauf, gab die<br />

Bundesanstalt für Arbeit 1974 ein Gutachten zur Entwicklung eines Curriculums<br />

„Berufswahlunterricht“ in Auftrag, welches in den Folgejahren Grundlage für<br />

eine Reihe von Modellversuchen war, die wesentlichen Einfluss auf die<br />

Entwicklung der Arbeitslehre hatten (vgl. Dedering 2002, S. 22 f.). In den<br />

80er Jahren wurden vielfältige Versuche unternommen, mit konzeptionellen<br />

Änderungen die schulische Berufsorientierung so zu gestalten, dass sie<br />

29 Die Gesellschaft für Arbeit, Technik und Wirtschaft im Unterricht unterzog die Etablierung<br />

von Betriebspraktika einer kritischen Würdigung und stellte 13 Thesen im Kontext des Faches<br />

Arbeitslehre auf. Unter anderem werden der Arbeitslehre Wirkungsdefizite und dem Betriebspraktikum<br />

mangelnde theoretische und empirische Fundierung attestiert. Die Gesellschaft<br />

spricht sich gegen eine Überfrachtung mit Intentionen und für eine kritischere Auseinandersetzung<br />

mit den Betriebspraktika aus, wenngleich sie dieses als sinnvolle Ergänzung zum Arbeitslehreunterricht<br />

sehen. Empfehlungen zur Ausgestaltung von Praktika runden die Thesen ab (vgl.<br />

Gesellschaft für Arbeit 1981, S. 240 f.).<br />

81


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

dem Strukturwandel der Arbeit und den veränderten Anforderungen an<br />

Jugendliche in der Arbeitswelt gerecht wurde. Neben weiteren Modellversuchen,<br />

die Aspekte wie die Orientierung am ganzheitlichen Berufsbegriff<br />

(vgl. Famulla 1985), handlungsorientierten Berufswahlunterricht (vgl. Klippert<br />

1987), Berücksichtigung des Geschlechteraspektes bei der Berufsorientierung<br />

(vgl. Lemmermöhle-Thüsing et al. 1994) oder integrative Berufswahlvorbereitung,<br />

die verschiedene didaktische Ansätze der Berufsorientierung<br />

vereint (vgl. Beinke 1987) in den Mittelpunkt stellten, erhielt auch die<br />

Weiterentwicklung der Lehrpläne für das Fach Arbeitslehre Aufmerksamkeit<br />

(vgl. Dedering 2002, S. 24). Neue Erkenntnisse der Berufsorientierung<br />

fanden kaum Eingang, jedoch wurden bei der Umsetzung des Unterrichts<br />

stärker außerschulische Dienstleistungen zur Berufsorientierung einbezogen.<br />

Später folgten Bemühungen, die berufsorientierende Grundbildung<br />

schulformübergreifend stärker zu verankern. 1987 stellte die Kultusministerkonferenz<br />

auf die Sekundarstufe I angepasste Materialien zur Arbeitslehre<br />

bereit, die allerdings unverbindlich und offen waren. Die Unterrichtung<br />

der Arbeitslehre, die nunmehr die Themenbereiche Wirtschaft, Technik,<br />

Haushalt und Beruf integrierte, war als eigenständiges Fach, Fächerverbund<br />

oder als Bestandteil anderer Fächer möglich. Später wurden die Materialien<br />

auf die Sekundarstufe II ausgeweitet, die sich 1992 in der „Gemeinsamen<br />

Empfehlung zur Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und Studienberatung in<br />

der gymnasialen Oberstufe und in berufsbildenden Schulen“ durch die Kultusministerkonferenz,<br />

die Bundesanstalt für Arbeit und die Hochschulrektorenkonferenz<br />

niederschlug (vgl. Kultusministerkonferenz et al. 1992). Die trilaterale<br />

Empfehlung ist noch heute die Grundlage für die Zusammenarbeit der<br />

Institutionen und zielte vor allem auf eine Koordination und Verknüpfung<br />

der Aktivitäten ab.<br />

Neue Akzente bekam die Arbeitslehre auch in Folge der Vereinigung<br />

Deutschlands im Oktober 1990. In den Nachwendejahren wurde zwar in<br />

den neuen Bundesländern rasch den westdeutschen Curricula gefolgt, doch<br />

die Suche nach Möglichkeiten zur Ausgestaltung schulischer Berufsorientierung<br />

in den neuen Bundesländern rückte auch die Divergenzen der Arbeitslehre<br />

wieder stärker ins Blickfeld. Auch wenn die Konzepte der Polytechnischen<br />

Oberschulen zur vorberuflichen Bildung des Bildungssystems<br />

der DDR und damit Erfahrungen u. a. in Bezug auf praktisches Lernen in<br />

Unternehmen und die Kooperation mit diesen im Rahmen von Patenschaften<br />

keine Berücksichtigung im Ganzen fanden, gelang in den Lehrplänen<br />

von Fächern mit Arbeitsweltbezug eine neue Akzentuierung. Parallel zur<br />

Vermittlung technischen Allgemeinwissens gewann das Lehren von ökonomischen<br />

Sachverhalten an Bedeutung (vgl. Beinke 1992, S. 7; vgl. von<br />

82


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 5 Wurzeln und Entwicklung<br />

Wensierski et al. 2005, S. 46 ff.). Wenngleich die Kultusministerkonferenz<br />

die Vorbereitung auf die Arbeitswelt 1993 als verbindliche Aufgabe aller<br />

Schulen deklarierte, so lag in der mangelnden Detailgenauigkeit, wie diese<br />

Vorbereitung zu erfolgen habe, ein ausschlaggebender Grund, dass die<br />

Bundesländer die Berufsorientierung entsprechend ihrer individuellen Vorstellungen<br />

sehr uneinheitlich gestalteten (vgl. Dedering 2002, S. 26; vgl. von<br />

Wensierski et al. 2005, S. 46 ff.). Auch heute noch erfolgt die Umsetzung<br />

der Berufsorientierung auf Bundeslandebene äußerst heterogen, wie die<br />

Ausführungen im Folgekapitel zeigen werden.<br />

83


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Bereits 1978 bemängelte Lange, dass schulische Hilfestellungen zur Berufswahl<br />

eher unzureichend sind (vgl. Lange 1978, S. 58 f.). Nach wie vor<br />

wird die pädagogische Unterstützung der Schule in Bezug auf die Berufsorientierung<br />

stark kritisiert, was nicht zuletzt auf den im Kapitel 2 geschilderten<br />

Problemen beruht. Kritikpunkte beziehen sich u. a. auf die mangelhafte<br />

fachliche Einbindung, die heterogene Organisation und die uneinheitliche<br />

didaktische Ausgestaltung der Berufsorientierung in den einzelnen<br />

Schulformen (vgl. von Wensierski et al. 2005, S. 50 f.). Mit dem Problemdruck<br />

sind außerschulische Ressourcen für die Berufsorientierung verstärkt<br />

ins Blickfeld gerückt und neue Konzepte und Instrumente entwickelt worden.<br />

Oechsle konstatiert dazu:<br />

„Noch nie gab es so vielfältige, zahlreiche und umfassende Angebote zur<br />

Berufsorientierung wie gegenwärtig – von Seiten der Berufsberatung und<br />

der Schule, aber auch der Wirtschaft und vieler anderer Institutionen bis<br />

hin zu vermehrten Angeboten privater Anbieter.“ (Oechsle 2005, S. 5 f.;<br />

vgl. Schober 2001, S. 9)<br />

Die Vielfalt der Berufsorientierung spiegelt sich in ihren Definitionen und<br />

theoretischen Erklärungsansätzen wie auch in ihrer Didaktik wider. Im vorliegenden<br />

Kapitel wird der Stand der Berufsorientierung aus didaktischer<br />

Perspektive beschrieben.<br />

6.1 Didaktische Konzepte:<br />

Lerntheoretisches Modell<br />

nach Paul Heimann<br />

Zur systematischen Analyse (und ebenso zur Planung) von Lehr- und<br />

Lernprozessen und damit auch der Berufsorientierung sind didaktische<br />

Theorien, Modelle und Konzepte dienlich. 30 Manstetten unterscheidet<br />

zwölf Modelle, die er drei Konzeptkategorien zuordnet (primär inhaltlich<br />

akzentuierte Konzepte, primäre methodisch orientierte Konzeptionen und<br />

integrative Konzepte; vgl. Manstetten 1983, S. 80 ff.). Kron differenziert<br />

zwischen 17 Modellen, die unter den fünf Leitbegriffen Bildung, Lernen,<br />

Interaktion, System und Konstruktion stehen (vgl. Kron 2004, S. 74 ff.).<br />

30 Zum Zusammenhang und zur Unterscheidung von Theorien, Modellen und Konzepten siehe<br />

Kron (vgl. Kron 2004, S. 59 ff.).<br />

85


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Unabhängig vom jeweiligen Fokus sind zwei Interessensschwerpunkte zu<br />

erkennen. Einerseits werden Strukturen (Strukturmodelle) und andererseits<br />

Verläufe (Planungs- und Verlaufsmodelle) pädagogischer Interventionen<br />

erfasst, deren Komplexität sich so auf eine überschaubare Anzahl von Faktoren<br />

oder Elementen reduzieren lässt (vgl. Kron 2004, S. 61). Unter der<br />

Vielzahl verschieden akzentuierter didaktischer Konzepte wird für die innerhalb<br />

dieses Kapitels vorgesehene Auseinandersetzung mit dem Stand<br />

der Berufsorientierung und ihrer Didaktik 31 aufgrund seiner hohen Strukturierungskraft<br />

das lerntheoretische Modell nach Heimann (vgl. Heimann<br />

1962, S. 407 ff.) herangezogen. Es ist das älteste der Strukturmodelle.<br />

Wenngleich jüngere Formen deutlich kleinteiliger sind, ist der Differenzierungsgrad<br />

als ausreichend zur Beleuchtung der hier wesentlichen Aspekte<br />

einzuschätzen. Heimann akzentuiert die Didaktik vom Begriff des Lernens<br />

her, d. h. alle „didaktischen Unterfangen dienen dem Zweck, Lernen zu initiieren“<br />

(Kron 2004, S. 97). Infolgedessen konzentriert sich das Modell,<br />

entgegen vielen anderen nicht nur auf den Unterricht als Ort des Lernens,<br />

sondern erkennt didaktische Prozesse auch an anderen Lernorten (vgl.<br />

Manstetten 1983, S. 87 ff.). Dies lässt es als prädestiniert für die Anwendung<br />

im Kontext der Berufsorientierung, die nicht nur im Unterricht und<br />

in der Schule verortet ist, erscheinen. Als allgemeindidaktisches Modell ist<br />

es fachdidaktisch unbestimmt und lässt sich auf alle pädagogischen Interventionen<br />

anwenden. Die Besonderheit des Modells liegt darin, dass es<br />

nicht nur auf das reine Geschehen direkt während des pädagogischen Handelns<br />

begrenzt ist, sondern auch Bedingungen und Einflussfaktoren auf<br />

dieses berücksichtigt. Zur Analyse und Planung didaktischer Prozesse hält<br />

es die Struktur- und Faktorenanalyse vor. Die Strukturanalyse (erste Reflexionsebene)<br />

ist auf die formal konstant bleibenden Elemente pädagogischer<br />

Interventionen ausgerichtet (Heimann 1962, S. 415). Dazu gehören Intentionen,<br />

Inhalte, Methoden und Medien als sogenannte Entscheidungsfelder. Unter<br />

Intentionen fasst Heimann pädagogische Zielstellungen zusammen, die er<br />

kategorisiert in eine kognitive Dimension (Wissensvermittlung und Aufbau<br />

begründeter Überzeugungen), in eine pragmatische Dimension (Entwicklung<br />

von Fähigkeiten, Fertigkeiten) und in eine emotionale Dimension<br />

(Aufbau von Gesinnungen und Haltungen; vgl. ebd., S. 417). Inhalte sind<br />

den Erkenntnisbereichen der Wissenschaften (z. B. Naturwissenschaften),<br />

den Techniken (Kulturtechniken wie Schreiben, Lesen und Rechnen sowie<br />

31 In der Literatur ist eine Vielfalt an Definitionen der Didaktik zu finden. Entsprechend Kron ist<br />

sie nach fünf Gegenstandsfeldern bestimmbar: als Wissenschaft vom Lehren und Lernen, als<br />

Theorie oder Wissenschaft vom Unterricht, als Theorie der Bildungsinhalte, als Theorie der<br />

Steuerung von Lernprozessen, als Anwendung psychologischer Lehr- und Lerntheorien (vgl.<br />

Kron 2004, S. 42).<br />

86


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

psychomotorische Inhalte, d. h. körperliche Fähigkeiten und Fertigkeiten)<br />

sowie den Pragmata (inhaltlich definierte Könnensbereiche wie beispielsweise<br />

die Durchführung einer technischen Montage, das Erstellen von Bewerbungsunterlagen,<br />

oder das Bestehen eines Vorstellungsgesprächs) zuzuordnen,<br />

die Heimann als strukturell vorgegebene Grundformen sieht (vgl.<br />

ebd., S. 418 f.). Die Methoden gliedert Heimann in fünf Kategorien: Artikulationsformen,<br />

Organisationsformen, Lehr-Lern-Weisen, methodische Modelle<br />

und didaktische Prinzipien (vgl. ebd., S. 420). Mittels dieser Verfahren<br />

sollen die Intentionen und Inhalte gelehrt werden. Als Medien bezeichnet er<br />

Mittel, die herangezogen werden, um sich über Intentionen, Themen und<br />

Methoden zu verständigen (vgl. ebd., S. 421). Dazu gehören beispielsweise<br />

Bücher, Bilder, Symbole, Formeln, Modelle, Werkzeuge, Filme, Internet,<br />

Flipchart, Whiteboard oder Notebook und Beamer.<br />

Jedem didaktischen Handeln liegen, unter Beachtung der Elemente zweier<br />

Bedingungsfelder, Entscheidungen in Hinblick auf die Intentionen, Inhalte,<br />

Methoden und Medien zugrunde. Die Bedingungsfelder umfassen zum einen<br />

anthropologische (in der Person begründete) Aspekte und zum anderen<br />

situative, soziale, kulturelle, gesellschaftliche (im sozialen Umfeld begründete)<br />

Faktoren, durch die das didaktische Handeln beeinflusst wird und durch die<br />

es variabel wird. Die Entscheidungsfelder werden also an den jeweiligen institutionellen<br />

Bedingungen vor Ort bzw. der Zielgruppe ausgerichtet. Die<br />

Gewichtung einzelner Komponenten obliegt der jeweiligen Lehrkraft32, worin Heimann didaktische Freiheit und pädagogische Verantwortung<br />

zugleich begründet sieht.<br />

Die geschilderten Interdependenzen sind wesentliches Charakteristikum<br />

des Modells. Die wechselseitige Abhängigkeit besteht dabei nicht nur zwischen<br />

Entscheidungs- und Bedingungsfeldern, sondern trifft auch innerhalb<br />

der Felder an sich zu. So werden Entscheidungen zur Gestaltung von<br />

Interventionen beispielsweise daran ausgerichtet, welche Absichten an welchen<br />

Inhalten unter Verwendung welcher Methoden und Medien verwirklicht<br />

werden können.<br />

Didaktisches Handeln ist nach Heimann in ein Situationsgefüge eingebettet,<br />

welches wiederum Einfluss auf die einzelnen Entscheidungs- und Bedingungsfelder<br />

nimmt. Hier setzt die Faktorenanalyse als zweite Reflexionsstufe<br />

an, bei der es gilt, „die wirkliche Motivation unserer didaktischen Entscheidungen<br />

und die Gründe für die tatsächliche Verlaufsform“ aufzudecken<br />

(ebd., S. 422). Sie ist demnach als „Aufsuchen der Bedingungen, die den<br />

32 Die Begriffe Lehrender, Ausbilder, Pädagoge, Akteur und ihre jeweils weibliche Form werden<br />

in diesem Kapitel synonym verwendet.<br />

87


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

faktischen Unterricht bestimmen“ (Kron 2004, S. 96) zu verstehen. Die<br />

Faktorenanalyse ist ein Instrumentarium zur Suche nach Gründen für die<br />

Planung oder den Ablauf bzw. für damit in Zusammenhang stehende didaktische<br />

Entscheidungen, d. h. für die Festlegung bestimmter Ziele, Themen,<br />

Methoden und Medien des Unterrichts. Die Basis der Faktorenanalyse<br />

bilden Normen, Fakten und didaktische Formen. Mit der Normenkritik soll geklärt<br />

werden, welche normenbildende (zielsetzende), meist ideologische<br />

Faktoren in pädagogisches Handeln eingeflossen sind, z. B. Schulgesetze<br />

oder Anordnungen. In der Faktenbeurteilung geht es um die Aufdeckung von<br />

objektiven Tatbeständen, die beispielsweise von Wissensformen und Wissenschaften<br />

repräsentiert werden. Der Begriff der Wissensformen bezieht<br />

sich u. a. auf Darstellungsvarianten der Geschichts-, Literatur- und Religionswissenschaften<br />

(z. B. Mythen, religiöse Überlieferungen), aber auch<br />

auf Formen wie Bilder oder Diagramme. Schließlich werden in der Formenanalyse<br />

methoden- und stilbildende Faktoren hinterfragt. Nach Heimann ist<br />

es wichtig zu erkennen, dass Methoden einem historischen Wandel unterliegen<br />

und dass sie sich stets in ihrer Zeit neu begründen. Auf Basis überlieferter<br />

Methoden geht es ihm des Weiteren um didaktische Phantasie, um<br />

kreative Weiterentwicklung von methodischen Ansätzen und um das Finden<br />

eines individuellen Lehrstils (vgl. Heimann 1962, S. 423 ff.; vgl. Tenberg<br />

2006, S. 49) 33. Übertragen auf das Feld der Berufsorientierung lässt<br />

sich das Strukturmodell Heimanns wie in Abbildung 1 dargestellt veranschaulichen.<br />

Obgleich sich die Komplexität der Berufsorientierung durch<br />

das Modell Heimanns, welcher vorrangig einzelne Unterrichtsvorhaben im<br />

Blick hatte, auf eine überschaubare Anzahl von Faktoren oder Elementen<br />

reduzieren lässt, erscheint die Möglichkeit einer vollständigen Darstellung<br />

aller Entscheidungs- und Bedingungsfaktoren, Normen, Fakten und Formen<br />

sowie ihrer Interdependenzen illusorisch. Heimann selbst hält zu Bildungsvorgängen<br />

im Allgemeinen und damit auch zur Berufsorientierung<br />

fest:<br />

33 Zum Verständnis des Modells vgl. auch Manstetten 1983, S. 89; vgl. von Martial 1996,<br />

S. 143 ff.; vgl. Kron 2004, S. 92 ff.; vgl. Kaiser, Pätzold 2006, S. 218 ff.; vgl. Schilling 2008,<br />

S. 19 f. Das lerntheoretische Modell weist Bezugspunkte zu den von Kremer und Sloane unterschiedenen<br />

Stufen der Mikro-, Meso- und Makroebene auf. Die Mikroebene konzentriert sich<br />

auf Ziele, Inhalte, Methoden und Medien, auf den Lernenden sowie Akteure, die die Gestaltung<br />

von Lernprozessen beeinflussen. Sie wird von der Mesoebene umgeben. Die Mesoebene bezieht<br />

sich auf die Ebene der Institutionen (z. B. Schule, Unternehmen). Auf dieser Ebene erfolgt die<br />

Vermittlung zwischen Mikro- und Makroebene. Es werden strategische Entscheidungen für ein<br />

bestimmtes Agieren getroffen und die Vernetzung mit anderen Institutionen gesteuert. Die<br />

Makroebene umfasst sowohl die Mikro- als auch die Mesoebene. Die Makroebene schließt das<br />

gesellschaftliche, das politische und das wirtschaftliche Umfeld ein, in dem Institutionen handeln.<br />

Ebenso wie Heimann in Bezug auf die einzelnen Strukturelemente konstatiert, sehen auch Kremer<br />

und Sloane zwischen den einzelnen Ebenen Interdependenzen (vgl. Kremer, Sloane 2001,<br />

S. 6 f.).<br />

88


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

„Diese Vorgänge theoretisch abzubilden ist deshalb so schwierig, weil jeder<br />

Einzelprozeß praktisch sein eigenes theoretisches Äquivalent besitzt,<br />

das keine völlige Entsprechung in irgendeinem didaktischen System hat,<br />

sondern im Augenblick der Ereignung solcher Lehr- und Lernprozesse<br />

erst gebildet werden muß und danach mit der Situation wieder zerfällt,<br />

weil es keinen absoluten, sondern nur einen situationsbezogenen Geltungswert<br />

besitzt, eine Gesetzmäßigkeit übrigens, die für didaktische Augenblickssituationen<br />

und umgreifende Zeitsituationen gleichermaßen<br />

gilt.“ (Heimann 1962, S. 412)<br />

Die in der Abbildung illustrierten Elemente geben einen Überblick über<br />

denkbare Gestaltungsoptionen der Berufsorientierung und einflussnehmende<br />

Komponenten. In den nachfolgenden Ausführungen gilt die Aufmerksamkeit<br />

insbesondere den ‚Konstanten’ also den Entscheidungsfeldern<br />

der Berufsorientierung, während die Bedingungsfelder aufgrund ihrer<br />

hohen Variabilität und damit erschwerten Fassbarkeit zurückstehen. Analog<br />

Heimann werden dabei die anthropologischen und soziokulturellen Bedingungen<br />

der Zielgruppe(n) und der Lehrenden von Berufsorientierung<br />

betrachtet. Jedoch werden diese, bezogen auf die Pädagoginnen und Pädagogen<br />

bzw. Akteure der Berufsorientierung, als interne und externe institutionelle<br />

Bedingungen bezeichnet (vgl. Schilling 2008, S. 27 f.). Hinsichtlich<br />

der beeinflussenden Faktoren wird das Hauptaugenmerk auf Darstellungen<br />

zu den normenbildenden Komponenten liegen. Diese fanden zwar im<br />

vorangegangen Kapitel schon Erwähnung, genügten dort aber nicht hinreichend<br />

aktueller Ausführung. Fakten und Formen wurden demgegenüber<br />

bereits intensiver beleuchtet.<br />

Formschaffend für die Berufsorientierung wird der Einfluss an Methoden,<br />

die ihren Ursprung z. B. in Ansätzen wie der Industrie-, Arbeits- und Produktionsschule<br />

haben, eingeschätzt (vgl. Kapitel 5.1). Wesentlich ist jedoch<br />

die Weiterentwicklung dieses Gedankengutes auf Basis des personenbezogenen<br />

Stils, der individuellen Kreativität sowie der persönlichen Haltungen.<br />

Hieraus ergeben sich Nuancen und spezifische Prägungen in enormem Facettenreichtum.<br />

Diese darzustellen, erscheint für diese Arbeit weder zielführend<br />

noch wird überhaupt die Möglichkeit gesehen, sie ansatzweise<br />

vollständig darstellen zu können. Dies auch deshalb, weil diese individuelle<br />

stilbildende Komponente immer auch Entfaltung in Übereinstimmung mit<br />

institutionellen und situativen Verhältnissen findet, welche wiederum stets<br />

singulär sind. Objektive Tatbestände, die Einfluss auf die Berufsorientierung<br />

nehmen, sind Fakten diverser wissenschaftlicher Fachgebiete, wie der<br />

Soziologie, der Psychologie, der Pädagogik der Wirtschafts- oder der<br />

Rechtswissenschaften. Beispielhaft angeführt werden sollen hier die bereits<br />

89


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Abbildung 1: Strukturmodell der Didaktik der Berufsorientierung nach dem Lerntheoretischen Modell von Heimann<br />

90


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

im Kapitel 4 dargelegten Berufswahltheorien oder die Ergebnisse von Studien<br />

wie dem „Programme for International Student Assessment“ (PISA)<br />

und der „Third International Mathematics and Science Study“ (TIMSS). So<br />

findet der differenzialpsychologische Ansatz beispielsweise in der Eignungsdiagnostik<br />

der Berufsberatung Anwendung (vgl. Ermert, Friedrich<br />

1990, S. 14). Auch die eingangs in Kapitel 1 beleuchteten gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen, wie die Erosion des Normalarbeitsverhältnisses, zählen zu<br />

den objektiven Faktoren. Um Dopplungen zu vermeiden, werden die Fakten<br />

und Formen daher innerhalb dieses Kapitels nicht berücksichtigt.<br />

6.2 Bedingungsfelder didaktischen<br />

Handelns<br />

Nach Heimann beginnt jede Analyse mit der Identifizierung der Bedingungs-<br />

und Entscheidungsfelder didaktischen Handelns (vgl. Heimann<br />

1962, S. 416). Dieser Maßgabe entsprechen die folgenden Kapitel. Aufgrund<br />

der in der Singularität und Augenblicksgebundenheit didaktischen<br />

Handelns liegenden Grenzen besitzen die nachfolgenden Ausführungen<br />

vor allem illustrierenden und exemplarischen Charakter. In seiner Fassung<br />

von Bedingungs- und Entscheidungsfeldern erlaubt das Modellschema<br />

primär statische Beschreibungen.<br />

6.2.1 Anthropologische und soziokulturelle<br />

Bedingungen der Zielgruppe(n)<br />

Um die anthropologischen Bedingungen der Zielgruppe(n) beschreiben zu<br />

können, ist zunächst eine Spezifizierung notwendig, an wen sich Berufsorientierung<br />

richten soll. Die in Kapitel 3 dargelegten Definitionen beschreiben<br />

Schülerinnen und Schüler als Zielgruppe (vgl. Brauer-Schröder et al.<br />

o. J., S. 5; vgl. Ermert, Friedrich 1990, S. 2). Wiederum wird definitorisch<br />

aber auch keine Konkretisierung der Zielgruppe vorgenommen, was im<br />

Verständnis von Berufsorientierung als ein Prozess, der die Entscheidung<br />

für einen ersten Schritt in der Bildungs-, Arbeits- und Berufsbiografie und<br />

die sich daran anschließende kontinuierliche Erweiterung und Vertiefung<br />

von Kompetenzen im Sinne eines lebensbegleitenden Lernens einschließt<br />

(vgl. Wissenschaftliche Begleitung 2008b, S. 1 f.) durchaus plausibel erscheint.<br />

91


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Schon allein in Hinblick auf die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler<br />

lässt sich eine Vielzahl an Adressatinnen und Adressaten mit einem weiten<br />

Spektrum an anthropologischen und soziokulturellen Bedingungen subsumieren.<br />

Den Status der Schülerin/des Schülers erlangen Kinder in<br />

Deutschland durch in den Ländergesetzen verankerte Richtlinien, also<br />

durch Normen. Sie unterliegen der Vollzeitschulpflicht, die in der Regel<br />

zwischen fünf und sieben Jahren beginnt und bis zum Abschluss des<br />

9. oder 10. Schulbesuchsjahres dauert. Sie wird auf Ebene der Bundesländer<br />

unterschiedlich geregelt. Der Begriff des Schulbesuchsjahres ist nicht mit<br />

der Jahrgangsstufe gleichzusetzen. Für einen Schüler, der z. B. zweimal sitzen<br />

geblieben ist, endet die Vollzeitschulpflicht am Ende der siebten bzw.<br />

achten Klasse. Nach Erfüllen der Vollzeitschulpflicht schließt sich bis zur<br />

Vollendung des 18. Lebensjahres die Berufsschulpflicht an. Sie kann durch<br />

die Teilnahme an einer Berufsausbildung sowie Alternativen, die sich in den<br />

Bundesländern unterscheiden, erfüllt werden (vgl. Bennack 2004, S. 426 f.).<br />

Mit der allgemeinen Schulpflicht und dem Schulbesuch verbinden sich für<br />

Kinder und Jugendliche ähnliche institutionelle, sozialisationswirksame Erfahrungen<br />

(vgl. Tenorth et al. 2007, S. 627) sowie die Notwendigkeit von<br />

organisationskonformem Verhalten, wie z. B. das Erlernen bestimmter<br />

Rituale, regulierte Interaktionsformen oder die Akzeptanz der Lehrerrolle<br />

(vgl. Lohrenz 2004, S. 395). Andererseits ist die Rolle der Schülerin/des<br />

Schülers34 mit der Entwicklung einer Schülerkultur verbunden (u. a. Kleidung,<br />

Verweigerungsstrategien, Protestformen), die für sie ebenso bestimmend<br />

ist, wie die offizielle Ebene von Schule (vgl. ebd.). Schülerkulturen<br />

können sich von Schule zu Schule oder gar von Klasse zu Klasse unterscheiden<br />

und setzen damit auch differenzierte Bedingungen für die Berufsorientierung,<br />

z. B. in Hinblick auf vorherrschende Männlichkeits- und<br />

Weiblichkeitsbilder einer Klasse im Kontext des Berufswahlspektrums Jugendlicher.<br />

Gekoppelt an die Regelungen zur Schulpflicht ist eine breite Alterspanne<br />

der Zielgruppe. Verbunden mit der jeweiligen Altersstreuung ist ein höchst<br />

heterogener allgemeiner und arbeitsweltbezogener Wissensstand. Berufliche<br />

Vorinformationen und Vorerfahrungen, Interessen und Abneigungen liegen<br />

in differenzierter Form vor und werden u. a. durch die gelebte Schülerkultur,<br />

das Geschlecht, Medieneinflüsse oder Praxisphasen mitgeprägt. Die<br />

Motivation, sich mit beruflicher Orientierung auseinanderzusetzen, ist mehr<br />

oder weniger hoch, die berufliche Entschiedenheit in unterschiedlichem<br />

34 Vgl. hierzu die Ausführungen zu Lebens- und Berufsrollen im Kontext des entwicklungstheoretischen<br />

Ansatzes von Super in Kapitel 4.5.1.<br />

92


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Maße ausgeprägt. Individuell verschieden sind auch das Spektrum der<br />

Leistungsmöglichkeiten und das Lerntempo, was besonders bei Schülerinnen<br />

und Schülern verschiedener Schultypen deutlich wird. So ist bei<br />

Jugendlichen aus Förder- oder Hauptschulzügen mit anderen Grenzen bei<br />

der Umsetzung von Interventionen der Berufsorientierung zu rechnen als<br />

bei jenen aus Gymnasien.<br />

Die Schülerinnen und Schüler entstammen unterschiedlicher sozialer Herkunft<br />

und facettenreichen Lebenssituationen. Es liegen ungleiche wirtschaftliche<br />

Möglichkeiten und heterogene berufliche Kontexte und Status<br />

bei den Eltern vor. Deren jeweils spezifische Erfahrungen, ihr differenziertes<br />

Wissensspektrum, aber beispielsweise auch eine andersgeartete Freizeitgestaltung<br />

beeinflussen das Anregungspotenzial in der Familie. Zu beachten<br />

ist darüber hinaus, dass die Kinder und Jugendlichen über verschiedene<br />

ethnische Hintergründe verfügen. Daraus können sich uneinheitliche<br />

sprachliche Zugänge zu Interventionen der Berufsorientierung und differenzierte<br />

Kommunikationsweisen ergeben. Gleichzeitig kreuzen sich insbesondere<br />

bei Jungen mit deutscher Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund35<br />

oder nicht deutscher Staatsangehörigkeit ein geringerer schulischer<br />

Erfolg, stereotype Zuschreibungen und Diskriminierungserfahrungen<br />

(vgl. Budde 2008, S. 46 f.), die zu berücksichtigen sind. In Zusammenhang<br />

mit Berufsausbildungen wurde lange Zeit angenommen, dass die<br />

Einstellungen und Handlungsoptionen auf Seiten der Migrantenjugendlichen<br />

und ihrer Eltern zu Bildungs- und Berufswegen ihren Zugang bzw.<br />

ihre Teilhabe erschweren (vgl. Beicht, Granato 2009, S. 9). Neuere Studien<br />

zeigen, dass dem Migrationshintergrund im Vergleich zu anderen Variablen<br />

ein eher geringer Einfluss bei der Platzierung an der ersten Schwelle zukommt<br />

(vgl. Skrobanek 2009, S. 37). Wie Beicht und Granato herausarbeiteten,<br />

haben Jugendliche mit Migrationshintergrund nach Abschluss der allgemeinbildenden<br />

Schule, gleich welchen Schulabschluss sie erreichen, ein<br />

ebenso hohes Interesse an einer Berufsausbildung wie einheimische Jugendliche.<br />

Es mangelt ihnen nicht an konkreten Bildungszielen und -plänen<br />

(vgl. Beicht, Granato 2009, S. 12). Skrobanek verweist in diesem Zusammenhang<br />

darauf, dass sich Jugendliche mit Migrationshintergrund in ihren<br />

35 Der Begriff ‚Migranten’ umfasst eine äußerst heterogene Personengruppe: Dazu gehören<br />

einerseits Jugendliche, die als Spätaussiedler nach Deutschland zugezogen sind und zumeist über<br />

die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen. Andererseits gelten auch Menschen mit ausländischer<br />

Staatsangehörigkeit als Migranten. Nach diesem Verständnis verfügen rund 27% aller Jugendlichen<br />

(unter 25 Jahren) in Deutschland über einen Migrationshintergrund (vgl. Beicht, Granato<br />

2009, S. 8). Eine detaillierte Betrachtung von Unterschieden in der Definition von Migrationshintergrund<br />

mit dem Ziel zur Transparenz und differenzierten Verwendung des Begriffs beizutragen<br />

findet sich bei Settelmeyer und Erbe (vgl. Settelmeyer, Erbe 2010, S. 5).<br />

93


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Plänen auffallend Restriktionen anpassen und insofern nach Passfähigkeit<br />

bzw. Konsonanz Platzierungswünsche nach der Schule (z. B. Berufsausbildung<br />

oder Berufsvorbereitung) entsprechend ihren tatsächlichen Möglichkeiten<br />

suchen (vgl. Skrobanek 2009, S. 38). Sie wenden verschiedene Suchund<br />

Bewerbungsstrategien in gleicher Intensität wie einheimische Jugendliche<br />

an, d. h. sie handeln grundsätzlich genauso flexibel und engagiert in<br />

Bezug auf die Berufsorientierung. Große Unterschiede zeigen sich jedoch<br />

in den zur Verfügung stehenden Netzwerkressourcen (vgl. Beicht, Granato<br />

2009, S. 15). Unabhängig vom Schulabschluss kann Jugendlichen mit<br />

Migrationshintergrund wesentlich seltener von ihren Eltern, von anderen<br />

Familienangehörigen, Bekannten oder Freunden dabei geholfen werden,<br />

Unternehmenskontakte herzustellen. Häufig fehlen diesen Ansprechpartnerinnen<br />

und -partnern grundlegende Kenntnisse über die Funktionsweise<br />

des deutschen Bildungssystems und eigene Erfahrungen mit den Anforderungen<br />

des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes. Besonders der berufliche Status<br />

des Vaters wirkt sich aus: Geht dieser keiner qualifizierten Tätigkeit<br />

nach, sind die Einmündungschancen der Kinder in eine betriebliche Berufsausbildung<br />

niedriger (vgl. ebd., S. 23; vgl. Institut für Sozialarbeit und<br />

Sozialpädagogik e. V. 2009, S. 12). 36<br />

Auch das räumliche Umgebungsgeflecht der/des Einzelnen ist maßgeblich<br />

für die Umsetzung von Berufsorientierung. So ergeben sich allein aus der<br />

unterschiedlichen städtischen bzw. ländlichen Lage und der vorhandenen<br />

Infrastruktur (z. B. Verkehrsanbindung, Verfügbarkeit technischer Grunddienste<br />

der Kommunikation) andere Zugangsmöglichkeiten zu Angeboten<br />

der Berufsorientierung.<br />

Die beschriebene Auswahl an anthropologischen und soziokulturellen Voraussetzungen<br />

ist weiter zu fassen, wird von der hier getroffenen Einschränkung<br />

auf die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler abgewichen. Von<br />

dieser Konkretisierung unabhängig ist zu betonen, dass die anthropologischen<br />

und soziokulturellen Bedingungen niemals starr, sondern vielmehr<br />

bei jedem pädagogischen Handeln neu zu prüfen sind und dieses darauf<br />

abzustimmen ist. Stark steuernd, im Sinne einer Spezifizierung der Zielgruppe(n),<br />

wirken insbesondere Normen (vgl. Kapitel 6.4). Einzelne Unterzielgruppen<br />

wie Mädchen und junge Frauen, Jugendliche aus Förder- oder<br />

Hauptschulzügen erfahren durch sie eine Heraushebung bzw. Zusammenschluss.<br />

36 Eine zusammenfassende Analyse zum Einfluss der sozialen Herkunft beim Übergang in die<br />

Berufsausbildung unter Berücksichtigung von Geschlecht und Migrationsstatus nehmen Beicht<br />

und Granato vor (vgl. Beicht, Granato 2010).<br />

94


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6.2.2 Bedingungen der Akteure und<br />

Institutionen<br />

Die einseitige Betrachtung der anthropologischen und soziokulturellen<br />

Voraussetzungen der Zielgruppe(n) reicht nicht aus, um die vorliegenden<br />

Bedingungen für didaktisches Handeln im Feld der Berufsorientierung zu<br />

charakterisieren. Akteure sind zumeist nicht freischaffend, sondern bei<br />

einer Institution angestellt und in dieser tätig. Dieser Fakt sowie die personenbezogene<br />

Individualität jeder Pädagogin und jedes Pädagogen stellen<br />

wesentliche Einflussgrößen für didaktisches Planen und Handeln dar. Viele<br />

der bereits bei den Schülerinnen und Schülern benannten Aspekte sind<br />

auch in Bezug auf das pädagogische Personal wesentlich. Es verfügt über<br />

ein unterschiedliches Wissen zum Entwicklungsstand von Jugendlichen<br />

oder zur Berufsorientierung. Neben verschiedenen Ausbildungen über alle<br />

Fachrichtungen hinweg, liegen auch unterschiedliche persönliche Erfahrungen<br />

in Berufsfeldern und der Arbeitswelt vor. Während Lehrende an<br />

einer Schule mitunter nie Arbeitserfahrungen im außerschulischen Kontext<br />

gemacht haben, ist eine Ausbilderin oder ein Ausbilder tagtäglich mit der<br />

betrieblichen Praxis konfrontiert. Unterschiede bestehen auch in persönlichen<br />

Haltungen zur Berufsorientierung und in der Motivation, Schülerinnen<br />

und Schüler diesbezüglich zu unterstützen. Gleichsam konträr sind<br />

Vorlieben und Erfahrungen in Bezug auf spezielle Gruppen von Jugendlichen<br />

(z. B. Mädchen mit Migrationshintergrund, Förderschüler mit Lernbehinderung)<br />

oder die Anwendung bestimmter Methoden, den Einsatz bestimmter<br />

Medien bzw. die generelle Lehrfähigkeit einer Lehrkraft.<br />

Neben diesen individuellen Voraussetzungen sind auch die institutionell<br />

vorgegebenen Strukturen und Rahmenbedingungen bestimmend für Entscheidungen<br />

über die Gestaltung der Berufsorientierung. Institutionen<br />

arbeiten im Kontext unterschiedlicher Leitbilder. Diese bilden den Identifikationsrahmen<br />

für ihre Mitglieder und konzentrieren sich zum einen auf<br />

die strukturelle Ebene einer Einrichtung, d. h. sie beschreiben Zielgruppen,<br />

Ziele, Führungsstil, Kommunikations- und Kooperationsprozesse und treffen<br />

Aussagen zu wirtschaftlichen Funktionen. Zum anderen werden Institutionen<br />

durch inhaltliche Leitauffassungen geprägt, die sich u. a. auf spezifische<br />

Aufgaben und das zugrunde liegende theoretische Fundament konzentrieren.<br />

So unterscheiden sich die Leitsätze eines Jugendhilfeträgers der<br />

Freien Wohlfahrtspflege von denen einer Kammer. Sie legen verschiedene<br />

institutionelle Arbeitsweisen fest, die auch Konsequenzen für das Engagement<br />

für und die Gestaltung von berufsorientierenden Interventionen nach<br />

95


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

sich ziehen. Bezogen auf die genannten Beispiele heißt dies: Während die<br />

Didaktik eines Trägers der Jugendhilfe eher handlungs- und erlebnisorientiert,<br />

gruppenbezogen und projektorientiert ausgerichtet sein wird und individuelle<br />

Beratung und Begleitung zur sozialen und beruflichen Integration<br />

im Mittelpunkt stehen (vgl. von Wensierski et al. 2005, S. 26 f.), wird<br />

der Fokus einer Kammer weniger subjekt- als vielmehr unternehmensbezogen<br />

und marktorientiert ausgerichtet sein. Zentral ist die Fachkräftegewinnung<br />

für die kammerzugehörigen Unternehmen. Zudem erfolgt die Berufsorientierung<br />

vermutlich stärker branchen- und berufsfeldspezifisch und<br />

ausgerichtet an realen Ausbildungsinhalten von Berufsbildern.<br />

Institutionelle Differenzen bestehen auch hinsichtlich der zur Verfügung<br />

stehenden räumlichen Kapazitäten. Neben Größe und Anzahl ist auch die<br />

jeweilige Ausstattung z. B. mit Computertechnik, mit Laborarbeitsplätzen<br />

oder Maschinen ausschlaggebend für die Gestaltung von Interventionen<br />

der Berufsorientierung. Ebenso sind finanzielle Ressourcen maßgeblich, die<br />

Auswirkungen zur Anschaffung bzw. den Einsatz von Materialien, Räumen<br />

oder Personal haben. Prägend sind darüber hinaus Bedingungen wie die<br />

Lage einer Institution und ihr Einzugsgebiet sowie ihre Verkehrsanbindung.<br />

Institutionen in der Nähe von Schulen oder in Ballungsräumen werden<br />

in Abhängigkeit ihres Images und ihrer Öffentlichkeitsarbeit größeren<br />

Zuspruch erfahren, als weniger zentrale vergleichbare Einrichtungen.<br />

Einen gewichtigen Aspekt des institutionellen Bedingungsfeldes stellen die<br />

jeweiligen strukturellen Voraussetzungen (z. B. wirtschaftliche Entwicklung,<br />

Situation auf dem regionalen Ausbildungsmarkt) sowie die Kooperation<br />

einer Einrichtung mit Dritten dar. Die Nutzung von Synergieeffekten<br />

kann nicht nur zu einer höheren ökonomischen Effizienz, sondern auch zu<br />

abgestimmten Beiträgen von mehreren Institutionen sowie zu einer höheren<br />

Qualität von Interventionen, z. B. durch die Verknüpfung unterschiedlicher<br />

Lernumgebungen, führen. Jedoch ist die koordinierte Zusammenarbeit<br />

stark abhängig von den jeweiligen institutionellen Interessenlagen. Das<br />

Engagement einer Einrichtung kann auch stark zentralistisch und mit dem<br />

Anspruch der Alleinstellung geprägt sein. Ebenso können interinstitutionelle<br />

Konkurrenzen eine Kooperation erschweren.<br />

Wie die Zielgruppe(n) unterliegen auch die Akteure in ihrem institutionellen<br />

Rahmen normbildenden Faktoren. Gleichzeitig sind aber auch Fakten<br />

und Formen maßgeblich. Sie finden sich in den institutionellen Leitbildern<br />

wieder.<br />

96


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6.3 Entscheidungsfelder didaktischen<br />

Handelns<br />

Nach der Analyse der anthropologischen und soziokulturellen Bedingungen<br />

der Zielgruppe(n) der Berufsorientierung sowie der Bedingungen<br />

der Akteure und Institutionen folgt nun eine Beschreibung der von diesen<br />

Komponenten abhängigen Entscheidungsfelder. Zunächst werden die Intentionen<br />

und Inhalte sowie darauffolgend die Methoden und Medien beschrieben,<br />

wobei die vorgenommene Reihung der Elementarstrukturen<br />

keine Abhängigkeitsfolge darstellt. Vielmehr ist wiederholt die wechselseitige<br />

Abhängigkeit aller Strukturmomente zu betonen.<br />

6.3.1 Intentionen<br />

Entsprechend des Modells Heimanns beziehen sich Intentionen auf pädagogische<br />

Absichten und Lernziele. Dabei stehen nicht singuläre, mit einzelnen<br />

Unterrichtseinheiten verfolgte, sondern generelle Intentionen im Mittelpunkt.<br />

Die Analyse von Beschreibungen verschiedener Autorinnen und<br />

Autoren, wie z. B. von Decker und Kreuchauf (vgl. Decker, Kreuchauf<br />

1982, S. 8 f.), Beinke und Wascher (vgl. Beinke, Wascher 1993, S. 122),<br />

Klippert (vgl. Klippert 1987, S. 52), Lemmermöhle-Thüsing et al. (vgl.<br />

Lemmermöhle-Thüsing et al. 1994, S. 14 f.) oder von Hammer et al. (vgl.<br />

Hammer et al. 2009, S. 14 f.) offenbart einen breit gefächerten Katalog an<br />

Zielstellungen. In Reflexion der theoretischen Erklärungsansätze zur Berufsorientierung<br />

lässt sich feststellen, dass sich ein Großteil der bei den genannten<br />

Verfasserinnen und Verfassern aufgeführten Intentionen auch innerhalb<br />

des Ansatzes von Super wiederfindet. Die Laufbahnentwicklungstheorie<br />

mit den integrierten Entwicklungsaufgaben gibt, wie bereits in den<br />

Kapiteln 4.5.1 und 4.5.2 ausgeführt wurde, wesentliche Impulse zur Formulierung<br />

und Konkretisierung von Intentionen der Berufsorientierung<br />

und soll daher an dieser Stelle erneut Betrachtung finden. Deutlich wird<br />

hierbei der erwähnte Einfluss der Wissenschaften, also objektiver Tatbestände.<br />

Die Berufswahlreife kann im Sinne der Theorie Supers als anzustrebendes<br />

Richtziel der Berufsorientierung definiert werden (vgl. Seifert<br />

1987, S. 189 f.). Berufswahlreife ist ein multidimensionales Konstrukt, d. h.<br />

sie besteht aus mehreren Komponenten mit kognitiver (z. B. Wissen über<br />

Beruf und die Arbeitswelt), pragmatischer (z. B. Anfertigen von Bewerbungsunterlagen)<br />

und emotionaler Dimension (z. B. Bewusstsein der Notwendigkeit<br />

sich aktiv und selbstverantwortlich mit der Berufsorientierung<br />

97


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

auseinanderzusetzen). Unter psychologisch-empirischem Blickwinkel beschreibt<br />

der Begriff der Berufswahlreife das, was ist. Aus pädagogischnormativer<br />

Perspektive hingegen das, was sein soll (vgl. Bußhoff 1989,<br />

S. 65). Die der Berufswahlreife zugrunde liegenden, in Tabelle 1 dargelegten<br />

Zieldimensionen und ihre Indikatoren geben einen gut strukturierten<br />

Einblick in die Palette an möglichen Grob- und Feinzielen berufsorientierender<br />

Interventionen. Basis bilden dabei die von Super definierten Entwicklungsbereiche,<br />

welche durch Seifert um weitere Komponenten ergänzt<br />

wurden. Festsetzung erfahren die Intentionen in Abhängigkeit von den Bedingungsfeldern<br />

sowie vor allem auch durch Normen. So wird der Ausbau<br />

beruflicher Informationen über z. B. Logistikberufe bei Jugendlichen ohne<br />

Vorwissen im Berufsfeld eine größere Rolle spielen, als bei Jugendlichen,<br />

die bereits über Vorkenntnisse verfügen. Die Intention wird eine noch<br />

höhere Gewichtung bekommen, sofern die vorliegenden institutionellen<br />

Rahmenbedingungen mit ihr konform gehen, d. h. das entsprechende<br />

Know-how zur Zielerreichung zur Verfügung steht und die Zielstellung mit<br />

den institutionenspezifischen Anliegen (z. B. Nachwuchsgewinnung) übereinstimmen.<br />

Ein Unternehmen der Logistikbranche bringt hier vermutlich<br />

andere Ressourcen ein, als ein Träger der Jugendhilfe.<br />

Tabelle 1: Grob- und Feinziele der Berufsorientierung nach dem Berufswahlreifekonzept<br />

Berufswahleinstellungen<br />

98<br />

Zieldimensionen/Grobziele<br />

Entwicklung<br />

von Berufswahlengagement<br />

Entwicklung<br />

beruflicher<br />

Planungsbereitschaft<br />

und von Planungsaktivität<br />

Auswahl an Zielindikatoren/Feinziele<br />

Entwicklung der:<br />

� Bereitschaft, sich eingehend mit Fragen der Berufs- oder<br />

Studienwahl sowie mit Aspekten der eigenen beruflichen<br />

Zukunft auseinanderzusetzen und dabei auch berufliche Alternativen<br />

in Erwägung zu ziehen<br />

Entwicklung der:<br />

� Selbstachtung und Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung<br />

für die eigene Person<br />

� Bereitschaft, sich durch konkrete Überlegungen, Pläne, Handlungen<br />

(z. B. durch Gespräche mit Auszubildenden, Studierenden<br />

oder Berufstätigen) auf die eigene Ausbildungsentscheidung<br />

und den Eintritt ins Berufsleben vorzubereiten<br />

� Bereitschaft, sich zumindest über einen präferierten Beruf (z. B.<br />

die Tätigkeiten, die Anforderungen, die Arbeitsbedingungen)<br />

eingehender zu informieren und ein befriedigendes Informationsniveau<br />

aufzubauen


Berufliches Selbstkonzept<br />

Berufliche Informiertheit<br />

II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Entwicklung<br />

beruflicher<br />

Explorationsbereitschaft<br />

Entwicklung<br />

von beruflicherSicherheit<br />

und Entschiedenheit<br />

Ausbau<br />

beruflicher<br />

Informiertheit<br />

Entwicklung von:<br />

� Bereitschaft zur umfassenden Inanspruchnahme und Nutzung<br />

beruflicher Informationsquellen/Orientierungs- und Entscheidungshilfen,<br />

z. B. von schriftlichen und audiovisuellen Informationsmitteln,<br />

von Gesprächen mit Eltern, Lehrern und Beratern<br />

und von den Möglichkeiten zur konkreten Erkundung der<br />

Arbeitswelt (etwa durch Teilnahme an Betriebspraktika)<br />

Auseinandersetzung mit:<br />

� den gewonnenen Erfahrungen und Verwertung für die eigene<br />

Entscheidung, d. h. Herausbildung von Einstellungen zu<br />

Informationsmitteln und Bewertung<br />

Entwicklung von:<br />

� Klarheit über die eigenen Fähigkeiten, Interessen und die berufliche<br />

Wertorientierung<br />

� Sicherheit, einen Überblick zur eigenen Person und über<br />

passende Berufsmöglichkeiten zu besitzen<br />

� Klarheit und Entschiedenheit hinsichtlich der bevorzugten beruflichen<br />

Alternativen ohne vorschnelle Entscheidungen zu<br />

fällen<br />

� Sicherheit und Vertrauen, eine subjektiv und objektiv befriedigende<br />

Berufsentscheidung treffen zu können, d. h. Berufswünsche<br />

können mit subjektiven und objektiven Begründungen<br />

belegt werden<br />

� Unabhängigkeit von Einflussnahmen von Bezugspersonen<br />

� Bereitschaft, Lebensgewohnheiten hinter beruflichen Zielen<br />

zurückzustellen<br />

Erwerb von Kenntnissen hinsichtlich des Berufs- und Arbeitslebens,<br />

d. h. über<br />

� Phasen der Beruflaufbahn und der damit verbundenen beruflich-sozialen<br />

Anforderungen und Entwicklungsaufgaben<br />

� Bedeutung einer Berufsentscheidung für die weitere berufliche<br />

Entwicklung, z. B. für die Berufszufriedenheit<br />

� Struktur der Berufswelt, wirtschaftliche Veränderungen und<br />

Entwicklungstrends, typische Berufe in den verschiedenen Berufsfeldern<br />

� Wege und Mittel des Berufseintritts<br />

Erwerb von Kenntnissen über bevorzugte Berufe, d. h.:<br />

� Vorbildung und Ausbildung, Eintrittsvoraussetzungen,<br />

Verbleibs- und Aufstiegschancen<br />

� Aufgaben, Verfahren, Materialien, Werkzeuge<br />

� Arbeitsbedingungen und Entlohnung<br />

� mit dem Beruf verbundener Lebensstil, Zukunftsaussichten<br />

Erwerb von Kenntnissen hinsichtlich des Zusammenhangs von<br />

Berufsrolle und anderen Lebensrollen:<br />

� subjektive Bedeutsamkeit des Berufes<br />

� ergänzende, kompensatorische und konfliktäre Beziehungen<br />

zwischen Berufsrolle und anderen Lebensrollen<br />

� Vielfalt der Ausdrucksformen und Rollen für die Selbstverwirklichung<br />

99


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Berufswahlbezogene Wertorientierung<br />

Realitätsorientierung<br />

100<br />

Entwicklung<br />

von<br />

Entscheidungskompetenz <br />

Berufsspezifische<br />

und<br />

persönlichkeitsgemäße<br />

Orientierung<br />

Entwicklung<br />

von Eigenaktivität<br />

und<br />

Selbständigkeit<br />

Wertschätzung<br />

von Arbeit und<br />

Beruf<br />

Realitätsorientierung<br />

und<br />

Konsistenz der<br />

Präferenzen<br />

� Erkennen beruflicher Entscheidungskriterien und Entscheidungsstrategien<br />

� Entwicklung der Fähigkeit zur Anwendung des Entscheidungswissens<br />

in konkreten beruflichen Problemsituationen<br />

� Ausbildung der Bereitschaft zur eingehenden und kritischen<br />

Überprüfung von Entscheidungsalternativen, insbesondere unter<br />

dem Gesichtspunkt, welche Alternative längerfristig der Persönlichkeit<br />

besser entspricht (zu größerer Zufriedenheit und<br />

besserer Realisierung der eigenen Erwartungen und Werte<br />

führt)<br />

� Entwicklung von Flexibilität und Kompromissbereitschaft bei<br />

der Entscheidung<br />

Entwicklung der:<br />

� Fähigkeit und der Bereitschaft, bei der Berufswahl auf die Übereinstimmung<br />

von Wunschberuf und eigenen Fähigkeiten, Interessen<br />

und Werten zu achten, statt einer vorrangigen Orientierung<br />

an äußeren oder Zufallskriterien, z. B. Verfügbarkeit einer<br />

Ausbildungsstelle: Tendenz zur Selbstkonzept-Berufskonzept-<br />

Kongruenz<br />

� Motivation und Kompetenz geschlechtliche Arbeitsteilung und<br />

die sie legitimierenden Ideologien und Geschlechtsstereotypen<br />

im Hinblick auf einengende Handlungsbedingungen zu überprüfen<br />

� Bereitschaft zur Akzeptanz von (vorübergehenden) Nachteilen<br />

zugunsten einer längerfristigen Realisierung der eigenen beruflichen<br />

Wert- und Zielvorstellungen<br />

Entwicklung der:<br />

� Bereitschaft, die Berufsorientierung selbständig, aktiv und<br />

selbstverantwortlich anzugehen und sich nicht (ausschließlich)<br />

auf die Ratschläge und Aktivitäten von Bezugspersonen, insbesondere<br />

der Eltern, zu verlassen<br />

� Bereitschaft, am Wunschberuf auch dann festzuhalten, wenn<br />

Widerstände, z. B. von Seiten der Eltern, auftauchen<br />

Entwicklung der:<br />

� Bereitschaft, berufliche Arbeit als einen wesentlichen Lebenswert<br />

anzuerkennen<br />

� Bereitschaft, die Freizeitinteressen und das Privatleben<br />

(vorübergehend) zugunsten der Realisierung längerfristiger<br />

beruflicher Ziele zurückzustellen<br />

� Ausbildung von Realitätsangemessenheit der Selbsteinschätzung<br />

sowie Adäquatheit der Einschätzung der allgemeinen und<br />

speziellen beruflichen Möglichkeiten und Chancen bzw. Risiken<br />

� Tendenz zur zunehmenden Einengung beruflicher Präferenzen<br />

und damit Überwindung eines planlosen Suchens nach infrage<br />

kommenden Möglichkeiten zugunsten einer mehr oder weniger<br />

konsistenten und zugleich stabilen Orientierung<br />

Quellen: Eigene Darstellung; vgl. Seifert 1987, S. 189 f.; vgl. Bußhoff 1989


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6.3.2 Inhalte<br />

Die genannten Zielsetzungen der Berufsorientierung ziehen Konsequenzen<br />

für die Inhalte von Orientierungsangeboten nach sich. In Wechselwirkung<br />

mit den Elementen der Bedingungsfelder sowie insbesondere beeinflusst<br />

durch Normen und Fakten ergeben sich eine Reihe inhaltlicher Gestaltungsmöglichkeiten<br />

von Interventionen. So wird die Orientierungsmaßnahme<br />

einer Hochschule mit dem Ziel Gymnasiastinnen und Gymnasiasten<br />

über ihre Studiengänge zu informieren andere inhaltliche Schwerpunkte<br />

aufweisen als das Berufsorientierungsangebot eines Jugendhilfeträgers<br />

zur Entwicklung beruflicher Explorationsbereitschaft von Hauptschülerinnen<br />

und Hauptschülern. Konkretisieren lassen sich drei inhaltliche<br />

Schwerpunktsetzungen, welche die oben dargelegten Intentionen aufnehmen.<br />

Dazu gehören:<br />

Berufsbezogene Inhaltsaspekte, wie<br />

� Informationen über Ausbildungsformen, u. a. zu dualen und schulischen<br />

Berufsausbildungen sowie dem Studium an Berufsakademien,<br />

Hochschulen,<br />

� Fakten über Berufe und Berufsfelder, z. B. typische Arbeitstätigkeiten<br />

und -abläufe, Arbeitsanforderungen, Arbeitsbedingungen, Bildungsund<br />

Qualifikationsvoraussetzungen, Arbeitsplatzsicherheit, Entlohnung,<br />

Zukunftsperspektiven von Berufen und Branchen,<br />

� Informationen über denkbare Bildungs- und Berufslaufbahnen, z. B.<br />

Weiterbildungsoptionen, Aufstiegschancen, Karrierewege.<br />

Arbeitsweltbezogene Inhaltsaspekte, wie Informationen<br />

� zur Bedeutung von Beruf und Arbeit sowie von Arbeitslosigkeit,<br />

� zum Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft<br />

sowie zu Anforderungen an soziale und räumliche Mobilität,<br />

� zur Situation des regionalen Arbeitsmarktes und zu seiner Geschlechterspezifik,<br />

� zum Funktionsgefüge eines Unternehmens, zu Strukturen und<br />

sozialen Rollen der Arbeitswelt, z. B. Teamstrukturen, institutionelle<br />

Hierarchien, berufsspezifische Habitus,<br />

101


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

� zu Erwartungen in der Arbeitswelt, wie etwa Zuverlässigkeit, Disziplin,<br />

Leistungsbereitschaft, Pünktlichkeit,<br />

� zu Rechtsgrundlagen (z. B. Ausbildungsvertrag, Jugendarbeitsschutzgesetz,<br />

Arbeitsrecht) und zum System der sozialen Sicherung,<br />

� über den Ablauf von Bewerbungs- und Einstellungsverfahren,<br />

� über finanzielle Fördermöglichkeiten einer Ausbildung.<br />

Persönlichkeitsbezogene berufsbiografische Inhaltsaspekte, wie<br />

� bestehende Berufswünsche und Berufsvorstellungen und Anknüpfung<br />

an die berufs- und arbeitsweltbezogenen Inhaltsaspekte, Auseinandersetzung<br />

über realistische Chancen und berufliche Alternativen,<br />

� eine reflektierte Selbsteinschätzung u. a. von eigenen Einstellungen<br />

und beruflichen Wertorientierungen, von Interessen, Stärken und<br />

Schwächen, des eigenen Lern- und Leistungsverhaltens,<br />

� Einflussfaktoren auf die Berufsorientierung und Entscheidungskriterien<br />

für die Berufswahl,<br />

� die Notwendigkeit der Selbststeuerung des Lernens und der Verantwortungsübernahme<br />

für die eigene Bildungs-, Arbeits- und Berufsbiografie,<br />

� der Entwurf des eigenen Zukunftskonzeptes und die Erarbeitung von<br />

Realisierungsstrategien für die Umsetzung beruflicher Zukunftsvorstellungen,<br />

� die Entwicklung von Selbstvermarktungsstrategien.<br />

In Bezug auf die angeführten Beispiele liegt eine Fokussierung auf berufs-<br />

und arbeitsweltbezogene Inhalte zum Ausbau der beruflichen Informiertheit<br />

sowie eine Schwerpunktsetzung auf Handlungs- und Entscheidungsaspekte<br />

zur Entwicklung beruflicher Explorationsbereitschaft nahe. Die genannten<br />

inhaltlichen Kategorien spiegeln die drei von Heimann definierten<br />

Grundformen wider. Impulse aus den Inhalts- und Erkenntnisbereichen<br />

der Wissenschaften fließen beispielsweise aus den Arbeits- oder Rechtswissenschaften<br />

ein. Hinsichtlich den Techniken sind u. a. die Beherrschung<br />

von Lesetechniken zur Erschließung von Texten wie Stellenanzeigen oder<br />

Unternehmensportraits, von Rechentechniken zur Berechnung des Brutto-<br />

Netto-Lohnes oder der Sozialabgaben sowie das Anwenden von sprachlichen<br />

Mitteln z. B. zum Schreiben von Bewerbungsunterlagen erforderlich.<br />

102


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Zu den inhaltlich definierten Könnensbereichen, den Pragmata zählen das<br />

Erstellen von Bewerbungsunterlagen oder die zielgerichtete Informationsgewinnung,<br />

d. h. das Anwenden von Suchstrategien beispielsweise in Bezug<br />

auf Ausbildungsplatzangebote. Die hier knapp gehaltenen inhaltlichen<br />

Aspekte werden nachfolgend unter dem Blickwinkel der Methoden erneut<br />

aufgegriffen und erfahren eine weiterführende Untersetzung.<br />

6.3.3 Methoden<br />

Zur Realisierung der Zielstellungen und Vermittlung der Inhalte der<br />

Berufsorientierung sind zahlreiche Methoden denkbar. Von Wensierski et<br />

al. betonen in diesem Zusammenhang, dass Berufsorientierung „heute in<br />

sehr verschiedenen methodischen Settings erfolgt“ (von Wensierski et al.<br />

2005, S. 59 ff.). Hervorhebung und häufige Anwendung erfahren Betriebserkundungen,<br />

Betriebspraktika und die Berufsberatung. Das methodische<br />

Spektrum ist jedoch weitaus größer, wie nachfolgend dargestellt wird.<br />

Knauf und Oechsle unterscheiden drei Grundtypen von Orientierungsmaßnahmen:<br />

informierende Angebote, Beratungsangebote und praxisbezogene<br />

Angebote (vgl. Knauf, Oechsle 2007, S. 156). Während informierende<br />

Interventionen (z. B. Berufsinformationsbörsen, Schnuppertage) Einblicke<br />

in Ausbildungen und die Sammlung erster Eindrücke von verschiedenen<br />

Tätigkeitsfeldern ermöglichen, dienen beratende Angebote (z. B. Seminare,<br />

Berufsberatung) der Erkundung der eigenen Person, d. h. der Analyse<br />

eigener Interessen und Fähigkeiten. Praxisbezogene Maßnahmen (z. B.<br />

Praktika, Schülerfirmen) gestatten eine tiefergehende Exploration von Berufen,<br />

Arbeitsfeldern und Einrichtungen (vgl. ebd.). Treffender erscheint<br />

daher die Formulierung ‚an praktischen Erfahrungen ausgerichtete Angebote’.<br />

Eine solche Unterteilung wirkt unterstützend bei der Strukturierung<br />

methodischer Ansätze. Sie hat allerdings insofern Grenzen, dass Orientierungsmaßnahmen<br />

in ihrer Umsetzung oft durch einen Methodenmix gekennzeichnet<br />

sind. So können beispielsweise Schnuppertage an Hochschulen<br />

informierende und beratende Elemente enthalten. Entgegen Knauf und<br />

Oechsle wird deshalb bei der nachfolgenden Darstellung keine Typisierung<br />

vorgenommen. Ebenso findet auch die Kategorisierung Heimanns nach<br />

Artikulationsformen, Organisationsformen, Lehr-Lern-Weisen, methodischen<br />

Modellen, didaktischen Prinzipien keine Beachtung. Vielmehr wird<br />

eine Auswahl an Methoden herausgegriffen und mit Bezügen zu diesen<br />

Kategorisierungselementen sowie zu Inhalts- und Zeitaspekten erläutert.<br />

Die Methoden unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Reichweite und Komplexität.<br />

Es ist wiederum zu betonen, dass die letztendliche Entscheidung<br />

103


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

für eine bestimmte methodische Variante von der Präzisierung der Intentionen<br />

und Inhalte abhängig ist und unter Berücksichtigung zielgruppenbezogener<br />

und institutioneller Bedingungen zu erfolgen hat. Hinterfragt werden<br />

muss in diesem Zusammenhang z. B., inwiefern die Methode geeignet<br />

ist, ein gesetztes Lernziel zu erreichen; ob die Methode bereits von der<br />

Zielgruppe beherrscht oder erst erlernt werden muss oder welche organisatorischen<br />

Rahmenbedingungen (Räume, Materialausstattung) gegeben sind.<br />

Darüber hinaus spielen normbildende und formgebende Faktoren eine<br />

große Rolle, wie an einigen der Beispiele zu sehen sein wird. Einen Eindruck<br />

zu konkreten Realisierungsvarianten vermitteln die Publikationen<br />

von Lippegaus-Grünau et al. (vgl. Lippegaus-Grünau et al. 2010a; vgl. Lippegaus-Grünau<br />

et al. 2010b).<br />

6.3.3.1 Berufs- und Studienberatung<br />

Die im Kontext der Berufsorientierung präsentesten Beratungen sind die<br />

Berufs- und die Studienberatung. An ihnen wird der Einfluss normbildender<br />

Faktoren gut deutlich, denn die Ziele und Inhalte der Berufsberatung<br />

sind weitgehend durch §30 des dritten Sozialgesetzbuches, die der Studienberatung<br />

in den Landeshochschulgesetzen definiert (vgl. Kapitel 6.4.1).<br />

Entsprechend der gesetzlichen Grundlage verfügt jede Hochschule über<br />

eine Studienberatungsstelle, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über<br />

Studiengänge, Studienabläufe, Zugangsvoraussetzungen und Bewerbungsverfahren<br />

sowie weitere Fragen zum Studium informieren und beraten.<br />

Darüber hinaus bieten Angehörige einzelner Fakultäten studienfachbezogene<br />

Beratungen an. Aufgrund der Kultur- und Wissenschaftshoheit der<br />

einzelnen Bundesländer gibt es keine einheitliche Gesetzgebung für die<br />

Studienberatung. Ihre Umsetzung unterscheidet sich von Bundesland zu<br />

Bundesland. Bei Hochschulstandorten mit mehr als 10.000 Studierenden<br />

unterbreitet die Bundesagentur für Arbeit mit den sogenannten Hochschulteams<br />

ebenfalls Angebote zur Studienberatung.<br />

Berufliche Beratung hat das Ziel Jugendliche zu unterstützen, eine<br />

„selbständige und eigenverantwortliche Berufswahl- und Karriereentscheidungen<br />

zu treffen, die auch die Gegebenheiten des jeweiligen Arbeits-<br />

und Ausbildungsstellenmarkts“ (Bundesanstalt für Arbeit 2002,<br />

S. 1) sowie „die Neigungen, Interessen, Fähigkeiten und Leistungen der<br />

Jugendlichen“ berücksichtigt (Bundesagentur für Arbeit 2007, S. 5; vgl.<br />

Sozialgesetzbuch: Drittes Buch (III) 2009, §31, Abs. 1).<br />

104


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Sie umfasst<br />

„die Erteilung von Auskunft und Rat 1. zur Berufswahl, beruflichen<br />

Entwicklung und zum Berufswechsel, 2. zur Lage und Entwicklung des<br />

Arbeitsmarktes und der Berufe, 3. zu den Möglichkeiten der beruflichen<br />

Bildung, 4. zur Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche, 5. zu Leistungen der<br />

Arbeitsförderung.“ 37 (Sozialgesetzbuch: Drittes Buch (III) 2009, §30)<br />

Mittels der Berufsberatung wird versucht<br />

„die aktuelle Lage, und Befindlichkeit des Ratsuchenden zu erfassen und<br />

zu verstehen, und dann darauf aufbauend Impulse zu setzten [!], die beim<br />

Ratsuchenden gedankliche Entwicklungen, Veränderungen in seiner<br />

Sichtweise einer Situation oder bei den von ihm wahrgenommenen<br />

Handlungsmöglichkeiten in Gang setzen.“ (Bundesanstalt für Arbeit<br />

2002, S. 1)<br />

Teilweise ist die Erstellung ärztlicher oder psychologischer Gutachten in<br />

der beruflichen Beratung eingeschlossen. Diese Aufgabe wird vom Ärztlichen<br />

oder Psychologischen Dienst der Bundesagentur für Arbeit übernommen.<br />

In der Vergangenheit hatte die Bundesagentur für Arbeit ein Monopol für<br />

die Berufsberatung. Seit der Abschaffung wird diese auch von privaten Anbietern<br />

durchgeführt. Die Beratungen sind vor allem durch didaktische<br />

Prinzipien38 wie Schülerorientierung und Differenzierung geprägt. Schülerorientierung<br />

zielt auf die Berücksichtigung der Individualität und Anerkennung<br />

der Personalität ab. Das Prinzip der Differenzierung bezieht sich auf<br />

die Interessen der Jugendlichen und eine Abholung auf dem jeweiligen<br />

Entwicklungsstand in der Berufsorientierung. Unterschieden werden die<br />

berufliche Einzelberatung und die Gruppenberatung. Die Einzelberatung<br />

ist als persönliches Gespräch zwischen Jugendlichem, der Berufsberaterin/dem<br />

Berufsberater und gegebenenfalls den Eltern angelegt und auf<br />

Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der individuellen Berufswahl<br />

ausgerichtet. Inhalt und Ablauf werden vom Anliegen der/des Ratsuchenden<br />

bestimmt. Nach Esser lassen sich idealtypisch drei Formen der Einzelberatung<br />

unterscheiden: Während bei der Informationsberatung eine auf<br />

37 Beinke fasst die ‚Auskunft’ zusammen als „sachliche Information auf konkrete Fragen“. Demgegenüber<br />

versteht er unter ‚Rat’ eine Information, „die bereits in Beziehung gesetzt ist zu dem<br />

einzelnen Ratsuchenden und dessen persönliche Verhältnisse berücksichtigt.“ (Beinke 1992,<br />

S. 80 f.) Ebenso sieht Jenschke in der ‚Auskunft’ die informatorische Ebene betroffen. ‚Rat’ formuliert<br />

er als unterstützendes Angebot bei der Lösung beruflicher Probleme, bei dem sich Information<br />

und persönliche Entscheidungshilfe gegenseitig ergänzen (vgl. Jenschke 2006, S. 103).<br />

38 Einen Überblick zu didaktischen Prinzipien geben Schulz und Treder (vgl. Schulz, Treder<br />

1985, S. 125 f.) und Rekus (vgl. Rekus 2004, S. 498 f.).<br />

105


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

individuelle Fragen ausgerichtete Vermittlung von Informationen sowie<br />

Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung im Blickpunkt stehen, ist die<br />

Entscheidungsberatung auf die Erarbeitung beruflicher Entscheidungsalternativen<br />

und die Bereitstellung gezielter Entscheidungshilfen für die Berufswahl<br />

durch die Beraterin/den Berater ausgerichtet. Ratsuchende, die<br />

sich beruflich bereits entschieden haben, können die Realisierungsberatung<br />

in Anspruch nehmen, die nach einer Eignungsfeststellung auf die Vermittlung<br />

in eine Ausbildungsstelle zielt (vgl. Esser 1987, S. 115 ff.).<br />

Neben den Einzelberatungen bietet die Berufsberatung auch Gruppenberatungen<br />

für Schulklassen (zumeist in der Schule) an. In der Regel stellt diese<br />

Beratungsform den Erstkontakt zur Berufsberatung dar. Berufliche Bildungswege,<br />

der Ausbildungsmarkt und die Hochschullandschaft sowie das<br />

Angebot an Informationsmitteln und Dienstleistungen der Arbeitsagentur<br />

(z. B. Vorträge, Berufsorientierungsseminare) stehen im Mittelpunkt des<br />

Gruppengespräches (vgl. Ausbildungspakt 2006, S. 31).<br />

6.3.3.2 Bewerbungstraining, Berufsorientierungsseminar<br />

und -camp<br />

In halb-, ein- oder mehrtägigen Bewerbungstrainings lernen Schülerinnen<br />

und Schüler u. a. mittels Vorträgen, Diskussionen, Impulsen und Rollenspielen<br />

alles Wissenswerte rund um die Bewerbung kennen. Neben der Erstellung<br />

von Bewerbungsunterlagen wird auch das Bewerbungsverfahren<br />

thematisiert und Ausschnitte wie das Vorstellungsgespräch oder Assessment-Center-Verfahren<br />

erprobt (vgl. Hammer et al. 2009, S. 79). Weitere<br />

Themen können der Umgang mit Absagen oder Online-Bewerbungen sein.<br />

Ziel ist es, Sicherheit für die Bewerbungssituation zu geben sowie die<br />

Kommunikations- und Präsentationsfähigkeit zu stärken (vgl. Ausbildungspakt<br />

2006, S. 32). Im Berufsorientierungsseminar wird zumeist darauf<br />

fokussiert, durch Vorträge einen Überblick über Ausbildungen, über Anforderungen<br />

von Unternehmen und Hochschulen zu geben. Zum Teil finden<br />

Potenzialanalysen 39 sowie Erkundungen von Unternehmen, Hochschulen<br />

und anderen Einrichtungen Integration (vgl. Kapitel 6.3.3.4). Be-<br />

39 Mittels Potenzialanalysen bzw. Kompetenzfeststellungsverfahren erfolgt die Bewertung von<br />

Kompetenzen und Neigungen von Schülern. Auf Grundlage des resultierenden individuellen<br />

Kompetenzprofiles kann eine gezielte Förderung durch den Abgleich mit dem Anforderungsprofil<br />

unterschiedlicher Berufe erfolgen. Befragung, Beobachtung und Assessment-Center sind Möglichkeiten<br />

der Kompetenzfeststellung. Es werden simulations- bzw. handlungsorientierte Verfahren,<br />

biografieorientierte Verfahren und Verfahren der Selbst- und Fremdbeschreibung unterschieden<br />

(vgl. Hammer et al. 2009, S. 83 f.; vgl. Lippegaus-Grünau, Stolz 2010, S. 10 und<br />

S. 13 ff.).<br />

106


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

werbungstraining und Berufsorientierungsseminar erfahren in Berufsorientierungscamps<br />

eine Bündelung. Innerhalb der mehrtägigen Ferienveranstaltungen<br />

können neben Ausbildungen Anforderungen von Unternehmen<br />

und Hochschulen sowie Bewerbungsverfahren in Vorträgen, Gesprächen<br />

und Diskussionen kennengelernt werden. Nicht selten ist auch die praktische<br />

Erprobung einzelner Berufsfelder möglich. Vorträge und Diskussionsforen<br />

können weitere Elemente von Orientierungscamps sein. Interaktionsspiele<br />

zur Stärkung des Selbstbewusstseins und der Teamfähigkeit,<br />

Sport- oder Eventprogramme runden Berufsorientierungscamps ab. Motivierung<br />

und Erfolgssicherung stehen im Mittelpunkt. Mit dem didaktischen<br />

Prinzip der Erfolgssicherung wird darauf abgezielt, das erworbene Wissen<br />

durch Wiederholung und Anwendung des Erlernten nachhaltig zu festigen.<br />

So schließen beispielsweise die Bewerbungstrainings nicht nur Hinweise<br />

zur Gestaltung der einzelnen Bestandteile der Bewerbungsmappe ein, sondern<br />

Jugendliche sind aufgefordert selbst Unterlagen wie Deckblatt, Anschreiben<br />

und Lebenslauf zu erstellen und sukzessive zu modifizieren. Bewerbungstrainings,<br />

Berufsorientierungsseminare und -camps werden beispielsweise<br />

von Bildungsträgern, Agenturen für Arbeit, Krankenkassen<br />

oder Hochschulen als Gruppenangebote durchgeführt.<br />

6.3.3.3 Erfahrungsaustausch<br />

Unterstützung von nahezu Gleichaltrigen gibt der Erfahrungsaustausch<br />

zwischen Auszubildenden oder Studierenden sowie Schülerinnen und<br />

Schülern. Der als Vortrag und Impuls angelegte Informationstransfer ermöglicht<br />

eine realistische Sichtweise auf Ausbildungsberufe und Studiengänge,<br />

Anforderungen von Unternehmen und Hochschulen und liefert<br />

Einblicke in Herausforderungen des Arbeitsalltags. Ebenso können Tipps<br />

für die erfolgreiche Bewerbung um einen Berufsausbildungs- oder Studienplatz<br />

gegeben werden (vgl. Ausbildungspakt 2006, S. 32). Durch die zeitliche<br />

Nähe zur Schulzeit ist es den Expertinnen und Experten aus der Praxis<br />

gut möglich, sich in die Situation der Mädchen und Jungen hineinzuversetzen<br />

und Themen zu bearbeiten, die für die Jugendlichen am Übergang<br />

zwischen Schule und Arbeitswelt relevant sind (vgl. Hammer et al. 2009,<br />

S. 69). Ein Erfahrungsaustausch wird zumeist in direktem Kontakt zwischen<br />

Schulen und Absolventinnen und Absolventen oder Unternehmen<br />

als Gruppenveranstaltung initiiert und ist üblicherweise auf zwei bis drei<br />

Unterrichtsstunden ausgelegt. Geprägt ist er durch didaktische Prinzipien<br />

wie Schülerorientierung und Anschaulichkeit. Das Prinzip der Anschaulichkeit<br />

bezieht sich auf eine Inhaltsdarbietung, die der Auffassungsgabe<br />

107


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

der Jugendlichen gerecht wird und bei der sie an ihren Vorerfahrungen anknüpfen<br />

können. Gegeben ist dies durch den Kontakt auf ‚Augenhöhe’<br />

zwischen den Schülerinnen und Schülern und den Auszubildenden. Die<br />

Identifikation mit den nahezu gleichaltrigen Fachkräften fällt den Schülerinnen<br />

und Schülern meist leichter (vgl. ebd.).<br />

6.3.3.4 Erkundung<br />

Die Erkundung stellt eine beobachtende Begegnung mit der Arbeitswelt<br />

dar, die im Vergleich zu Praktika und Praxistagen von kürzerer Dauer und<br />

geringerer Intensität ist. Hübner unterscheidet drei Funktionen von Erkundungen.<br />

Sie dienen der Einführung in einen Problembereich (Vororientierung),<br />

dem Gewinn von Informationen, bezogen auf eine spezifische Fragestellung<br />

(Praxisanalyse/Überprüfungserkundung), oder der Analyse von<br />

Unterrichtsergebnissen durch Konfrontation mit der Praxis (vgl. Hübner<br />

2006, S. 235 f.). Erkundungen können allein oder als Gruppe, z. B. im<br />

Klassenverband, durchgeführt werden und folgen in erster Linie dem didaktischen<br />

Prinzip der Veranschaulichung. D. h. berufsorientierende Inhalte<br />

werden so dargeboten, dass die Jugendlichen diese mittels ihrer Sinnesorgane<br />

und entsprechend ihrer Auffassungsgabe und Vorerfahrungen umfassend<br />

und zutreffend erschließen können. Wie auch das Praktikum (vgl.<br />

Kapitel 6.3.3.8) ist die Erkundung in den Phasen Vorbereitung, Durchführung<br />

und Nachbereitung zu realisieren. Neben Unternehmen können Berufsschulen,<br />

Berufsausbildungsstätten oder Hochschulen Ziel einer Erkundung<br />

sein. Durch sie können Organisationsstrukturen, Funktionen und<br />

Atmosphäre kennengelernt werden. Anliegen speziell von Unternehmenserkundungen<br />

ist es, einen Überblick zu Berufsbildern und -feldern in einzelnen<br />

Branchen zu erlangen. Gleichzeitig können Informationen zu Anforderungen<br />

von Unternehmen und Organisationen sowie über Inhalte und<br />

Voraussetzungen von in diesen Einrichtungen ausgeführten Berufen kennengelernt<br />

werden. Eine ausführliche Übersicht zu Aspekten (z. B. funktionale,<br />

berufskundliche, soziale, technologische und ökonomische), die<br />

speziell im Rahmen von Unternehmenserkundungen beleuchtet werden,<br />

geben Beinke und Wascher (vgl. Beinke, Wascher 1993, S. 59 f.). Eine spezielle<br />

Form der Erkundung ist der Besuch des Arbeitsplatzes der Eltern, eines<br />

Verwandten oder Bekannten. Ganztägig oder für ein paar Stunden ist<br />

Jugendlichen so das Kennenlernen der Arbeitsbedingungen und Tätigkeiten<br />

des jeweiligen Berufs der Bezugsperson möglich.<br />

108


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6.3.3.5 Messe und ‚Tag der offenen Tür’<br />

Die Berufsorientierungsmesse oder ein ‚Tag der offenen Tür’ ermöglichen<br />

es Jugendlichen, aktuelle und praxisnahe Informationen über Berufsausbildungen<br />

und Studiengänge sowie deren Anforderungen und Perspektiven zu<br />

erhalten. Ebenso können komfortabel Kontakte zu Auszubildenden und<br />

Studierenden, Ausbilderinnen und Ausbildern, Personalleitenden und Geschäftsführenden<br />

aus Unternehmen, Studienberatern und Lehrkräften aus<br />

Hochschulen, u. a. geknüpft werden (vgl. Hammer et al. 2009, S. 97). Bedingt<br />

durch zumeist zahlreiche beteiligte Akteure bieten Messen und ‚Tage<br />

der offenen Tür’ breit gefächerte Informationen sowie einen Einblick in<br />

aktuelle Entwicklungen und Arbeitsschwerpunkte in verschiedenen Berufsfeldern.<br />

Begleitend zu Präsentationsständen von Akteuren wird in der Regel<br />

ein themenbezogenes Rahmenprogramm mit Vorträgen und experimentellen<br />

Vorführungen angeboten. Die unterschiedlichen Aktionsformen<br />

richten sich an Schülergruppen und einzelne Jugendliche sowie ihre Eltern<br />

und Lehrer. Das Prinzip der Motivierung steht im Vordergrund des didaktischen<br />

Handelns. Fast ausschließlich eintägige ‚Tage der offenen Tür’ werden<br />

häufig in Federführung von Unternehmen oder Hochschulen durchgeführt.<br />

Ein- bis dreitägige Berufsorientierungsmessen werden u. a. durch regionale<br />

Agenturen für Arbeit, Kammern, Berufsschulzentren oder durch<br />

überregional aktive Messeveranstalter organisiert (vgl. Ausbildungspakt<br />

2006, S. 32).<br />

6.3.3.6 Patenschaft<br />

Im Rahmen von Patenschaften unterstützen berufserfahrene Mentorinnen<br />

und Mentoren Schülerinnen und Schüler im Übergang von der Schule in<br />

die Arbeitswelt. Ihre Erfahrungen und Kontakte nutzen sie für eine individuelle<br />

Betreuung und Begleitung bei der Berufsorientierung, beispielsweise<br />

in Form von Erzählungen, Berichten oder Impulsen (Denkanstöße, Fragen,<br />

etc.). Priorität haben didaktische Prinzipien wie die Schülerorientierung 40<br />

und die Motivierung. Letzteres Prinzip bezieht sich auf das Wecken und die<br />

Berücksichtigung von Lern- und Leistungsbedürfnissen der Schülerinnen<br />

und Schüler. Je nach Unterstützungsform können die als Einzelförderung<br />

angelegten Lernpatenschaften auf unterschiedliche zeitliche Dauer angelegt<br />

sein. Denkbar sind:<br />

40 Bereits vorangehend erläuterte didaktische Prinzipien werden nachfolgend nicht erneut beschrieben.<br />

109


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

� die Vermittlung von Informationen über Unternehmen,<br />

� Nachhilfestunden zur Förderung von schulischen Fachkenntnissen,<br />

� Gespräche über die Anforderungen einer Berufsausbildung oder eines<br />

Studiums,<br />

� Vermittlung von Kontakten zu Auszubildenden, Studierenden sowie<br />

Unternehmen und Hochschulen der Region,<br />

� Vorbereitung von und Begleitung zu Bewerbungsgesprächen,<br />

� Hilfestellung bei der Vor- und Nachbereitung von Betriebspraktika<br />

(vgl. Ausbildungspakt 2006, S. 29; Kruse 2007, S. 148).<br />

Durch Lernpatenschaften kann die Entwicklung von personalen, sozialen<br />

und fachlichen Kompetenzen unterstützt und der Transfer von persönlichem<br />

und fachlichem Know-how befördert werden (vgl. Kruse 2007,<br />

S. 154 f.). Als Mentorinnen und Mentoren kommen neben Berufstätigen<br />

auch Prominente oder Ruheständler in Frage. 41 Der Anstoß zur Aufnahme<br />

einer Patenschaft wird häufig innerhalb von Mentoringprogrammen gegeben,<br />

die u. a. bei Kammern, Hochschulen oder Jugendhilfeträgern angesiedelt<br />

sind.<br />

6.3.3.7 Planspiel<br />

Planspiele bieten in simulierter, modellhafter Form einen Zugang zur Arbeits-<br />

und Berufswelt und der Wirtschaft sowie ihren Strukturen und Regeln.<br />

Sie eignen sich insbesondere, um komplexe bzw. schwer zugängliche<br />

Zusammenhänge und Prozesse in inhaltlich reduzierter und zumeist zeitlich<br />

geraffter Form in überschaubarer Weise darzustellen (vgl. Buddensiek<br />

2006, S. 442). Ursprünglich wurden Planspiele vor allem im militärischen,<br />

später im ökonomischen und politischen Bereich angewendet, um die Konsequenzen<br />

riskanter und kostspieliger Pläne zunächst am Modell gefahrlos<br />

abzuschätzen (vgl. ebd., S. 441). Eine Besonderheit an Planspielen ist, dass<br />

sie zunächst nur einen vorkonstruierten Spielrahmen bilden und damit eher<br />

als Medien einzuordnen sind. Erst mit dem Spielgeschehen, d. h den<br />

Aktionen der Spielteilnehmer, die zu einem Bestandteil der Spiele werden<br />

und durch die Vorgaben des Spielrahmens, die den Verlauf und das Ergebnis<br />

des Spiels mehr oder weniger vorstrukturieren, erfahren Planspiele eine<br />

41 Mentoring kann in vier Formen umgesetzt werden. Dazu gehören das one-to-one Mentoring<br />

(ein Mentor, ein Mentee; auch Tandembeziehung genannt), das Gruppen-Mentoring (ein Mentor<br />

und eine Gruppe von Mentee), das Peer-Mentoring (Netzwerk von Mentee) und das virtuelle<br />

Mentoring (internetbasierter Austausch von Mentor und Mentee; auch als Telementoring bezeichnet;<br />

vgl. Kruse 2007, S. 156 f.).<br />

110


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Dynamisierung und werden zur Methode (vgl. ebd., S. 442). Planspiele sind<br />

dem didaktischen Prinzip der Aktivierung (Selbsttätigkeit) und Anschaulichkeit<br />

verpflichtet. Zudem dienen sie der Förderung der Entscheidungsfähigkeit<br />

und der Kompetenzentwicklung (z. B. Teamfähigkeit, kommunikatives<br />

Verhalten; vgl. Hammer et al. 2009, S. 85). Planspiele sind durch eine<br />

große konzeptionelle und terminologische Vielfalt geprägt. Begriffe wie<br />

Kontakt-, Konferenz-, Entscheidungs- oder Simulationsspiel zeugen davon<br />

(vgl. Buddensiek 2006, S. 441). Klassifiziert werden sie nach der Art des<br />

Spielmediums (z. B. computergestützte interaktive Planspiele, Brettplanspiele),<br />

des Modellbereiches (z. B. Wirtschaftsplanspiel, Verhaltens-/<br />

Rollenplanspiel, Börsenplanspiel), der tutoriellen Begleitung (z. B. trainergeführte<br />

Planspiele, Online-Tutorials) und des sozialen Arrangements (z. B.<br />

Fernplanspielwettbewerbe, Individual- oder Gruppenplanspiele; vgl. Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung 2009a). Planspiele können für mehrere Stunden,<br />

wie auch mehrere Monate, z. B. als Wettbewerb, angelegt sein.<br />

6.3.3.8 Praktikum und Praxistage<br />

Praktika stellen eine Begegnung mit der Arbeitswelt dar, die – umrahmt<br />

von Beschreibungen, Sachverhaltsschilderungen, szenischen Vorführungen,<br />

Arbeits- und Verhaltensanweisungen – zumeist erstmalig individuelle<br />

Handlungserfahrungen mit einem Beruf oder einem Berufsfeld erlaubt. Parallel<br />

dazu sind Einblicke in berufsspezifische Zusammenhänge und Arbeitsabläufe<br />

sowie in „die technologischen, sozialen und ökonomischen<br />

Facetten eines Betriebes“ (von Wensierski et al. 2005, S. 61) oder anderer<br />

Einrichtungen und Organisationen eingeschlossen. Die Aufgaben und<br />

Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern während eines Praktikums variieren<br />

je nach Praktikumsstelle. Eine Sonderform des häufig ein oder zwei<br />

Wochen andauernden Praktikums sind kontinuierliche Praxisphasen. Sie erfordern<br />

ein weitaus höheres Maß an Flexibilität in der Gestaltung des Stundenplanes<br />

als Praktika, denn die Jugendlichen sind über mehrere Monate<br />

oder sogar ganze Schuljahre hinweg an festen Arbeitstagen in der Woche in<br />

Unternehmen oder anderen Einrichtungen. Bei den Praktika und Praxistagen<br />

ist weniger die zukünftige Berufswahl und die Entscheidung für einen<br />

Beruf vorrangig, sondern vielmehr die Anwendung und Erweiterung bislang<br />

erworbener Kompetenzen sowie von Kenntnissen über Berufe, Berufsfelder,<br />

Arbeitsbedingungen und Arbeits- und Produktionsprozesse (vgl.<br />

Ahrens 2007, S. 192 ff.). Ebenso steht die genauere Beurteilung eigener<br />

Fähigkeiten und beruflicher Interessen im Mittelpunkt (vgl. Rudowicz<br />

111


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

1996, S. 248) 42. Weil Praktika und Praxistage keine berufliche Qualifizierung<br />

verlangen, ist ihre Vor- und Nachbereitung von größter Wichtigkeit.<br />

Die Reflexion der praktischen Erfahrungen im Rahmen des Unterrichts<br />

gewährleistet eine reflexive Verarbeitung der Erkenntnisse und die Verallgemeinerung<br />

und Nutzbarmachung für den weiteren Berufsorientierungsprozess<br />

(vgl. von Wensierski et al. 2005, S. 61 f.). Das praktische Tätigsein<br />

soll darüber hinaus zum weiteren theoretischen Lernen in der Schule anregen<br />

(vgl. Rudowicz 1996, S. 248). Priorität liegt demnach auf den didaktischen<br />

Prinzipien der Motivierung und Differenzierung. Ebenso finden die<br />

Prinzipien der Aktivierung (Selbsttätigkeit) und Veranschaulichung Anwendung.<br />

Es zielt darauf ab, Jugendliche anzuregen und ihnen die Möglichkeit<br />

zu geben, im tätigen Umgang mit den Dingen Lernerfahrungen zu<br />

sammeln. Fehlversuche bieten die Chance, aus dem eigenen Handeln zu<br />

lernen. In Hinblick z. B. auf Sicherheitsfragen in Unternehmen stößt das<br />

Prinzip hier jedoch an Grenzen. Der Rahmen für Praktika und Praxistage<br />

wird stark von Normen wie Verwaltungsrichtlinien vorgegeben (vgl. Kapitel<br />

6.4.2). Alternativen stellen die Schnupperlehre (vgl. Kapitel 6.3.3.10)<br />

oder die Durchführung von Projekten in Kooperation mit Betrieben dar<br />

(vgl. Niemeyer 2002, S. 202).<br />

6.3.3.9 Projektarbeit<br />

Projektarbeit bietet Spielraum zur intensiven Auseinandersetzung mit dem<br />

Thema Berufsorientierung. Die Projektmethode, die auf John Dewey<br />

(1859-1952) zurückgeht, ist auf eine aktive Auseinandersetzung mit der<br />

Umwelt ausgerichtet und räumt den didaktischen Prinzipien der Schülerorientierung,<br />

der Differenzierung, der Aktivierung (Selbsttätigkeit) und der<br />

Ganzheitlichkeit einen hohen Stellenwert ein. Ganzheitlichkeit bezieht sich<br />

einerseits auf eine Geschlossenheit der Lerninhalte, statt ihrem additiven<br />

Nebeneinander sowie das von Heinrich Pestalozzi geforderte Einhergehen<br />

von Kopf, Herz und Hand, also das Zusammenspiel von Tätigkeiten im<br />

kognitiven, emotionalen und praktischen Bereich (vgl. Kapitel 5.1.1). Nach<br />

Dewey et al. gewinnt der Mensch Erkenntnis, indem er sich tätig mit der<br />

Welt auseinandersetzt, indem er Erfahrung macht. Erfahrungen werden<br />

nicht nur durch manuelle Tätigkeiten, sondern vor allem durch einen<br />

geistigen kreativen Prozess möglich. Es gibt demnach keine sinnvolle Erfahrung,<br />

die kein Denken enthält (vgl. Dewey et al. 1993, S. 193).<br />

42 Eine umfassende Darstellung zu den mit einem Praktikum verbundenen Zielsetzungen nehmen<br />

Ermert und Friedrich vor (vgl. Ermert, Friedrich 1990, S. 69 f.).<br />

112


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

„Denken bedeutet die planmäßige und sorgfältige Herstellung von Beziehungen<br />

zwischen Handlungen und ihren Folgen.“ (Dewey et al. 1993,<br />

S. 202) Es schließt „das Erblicken eines Problemes, die Beobachtung der<br />

gegebenen Tatsachen, die Formung und Ausarbeitung eines naheliegenden<br />

Schlusses und die handelnde Erprobung“ ein (ebd., S. 203).<br />

Dewey et al. gehen davon aus, dass Lernprozesse auf spontanes Interesse<br />

zurückzuführen sind und diese Wissbegier mittels Führung erhalten und<br />

erweitert werden kann. Hier setzt die Projektmethode an, die Erfahrungsprozesse<br />

initiiert. Ihre wesentlichen Merkmale sind identisch mit denen des<br />

Denkens.<br />

„Es sind folgende: erstens, daß der Schüler eine wirkliche, für den Erwerb<br />

von Erfahrung geeignete Sachlage vor sich hat - daß eine zusammenhängende<br />

Tätigkeit vorhanden ist, an der er um ihrer selbst willen interessiert<br />

ist; zweitens: daß in dieser Sachlage ein echtes Problem erwächst<br />

und damit eine Anregung zum Denken; drittens: daß er das nötige<br />

Wissen besitzt und die notwendigen Beobachtungen anstellt, um das<br />

Problem zu behandeln; viertens: daß er auf mögliche Lösungen verfällt<br />

und verpflichtet ist, sie in geordneter Weise zu entwickeln; fünftens: daß<br />

er die Möglichkeit und die Gelegenheit hat, seine Gedanken durch praktische<br />

Anwendung zu erproben, ihren Sinn zu klären und ihren Wert<br />

selbständig zu entdecken.“ (ebd., S. 218) 43<br />

Erfahrung ist wertvoll und bildend, sofern diese Stufen des Denkens bzw.<br />

der Projektarbeit eingehalten sind. In Bezug auf die Berufsorientierung gilt<br />

es demnach, anknüpfend an die Lebenswelt sowie den jeweils gegenwärtigen<br />

Erfahrungen der Jugendlichen Problemstellungen erwachsen zu lassen<br />

und damit eine Anregung zum Denken und zum aktiven Forschen zu<br />

geben (vgl. Dewey et al. 1963, S. 87 f.). In diesem Zusammenhang betonen<br />

Dewey et al., dass „die einzige passende Form der Ausbildung für einen<br />

Beruf … die Ausbildung durch den Beruf“ ist (Dewey et al. 1993, S. 404).<br />

Wesentlich dabei ist, nicht nur auf ein einzelnes Berufsbild vorzubereiten,<br />

denn dies heiße, „die Möglichkeiten der gegenwärtigen Entwicklung [zu –<br />

Anm. d. Verf.] schädigen und dadurch gerade den Wert der Vorbereitung<br />

für die spätere rechte Berufsbetätigung verringern“ (ebd.). Zur Unterstützung<br />

der gedanklichen Auseinandersetzung und der Diskussion eignen sich<br />

Rollenspiele sowie Medien wie Plakate oder Modelle. Auch bietet sich die<br />

Verknüpfung mit anderen methodischen Modellen wie Erkundungen von<br />

Unternehmen oder der Erfahrungsaustausch mit Auszubildenden an.<br />

Durch forschendes Lernen, sollen Lösungen experimentell in der Wirklich-<br />

43 Eine konzeptionelle Neufassung der Projektmethode auf Grundlage der Ansätze Deweys entwickelte<br />

Frey (vgl. Frey 1990).<br />

113


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

keit getestet werden. Dies kann in Form einer Ausstellung oder der Präsentation<br />

von Projektergebnissen realisiert werden. Projektaufgaben können<br />

als Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit gestellt werden und Kontakte zu<br />

Ansprechpartnerinnen und -partnern in Unternehmen, Hochschulen oder<br />

anderen Einrichtungen vorsehen. Durch eine Aufgabenbearbeitung im<br />

Team werden soziale Kompetenzen gestärkt (vgl. Ausbildungspakt 2006,<br />

S. 33). Der zeitliche Umfang von Projektarbeit kann zwischen wenigen<br />

Unterrichtsstunden oder mehreren Schuljahren betragen (vgl. Frey 1990,<br />

S. 21).<br />

6.3.3.10 Schnupperlehre und Schnupperstudium<br />

Das Lernen und Arbeiten in einem Unternehmen, in einer Verwaltungseinrichtung<br />

oder an einer Hochschule ist durch eine mehrtägige bis mehrwöchige<br />

Schnupperlehre oder ein mehrtägiges Schnupperstudium umsetzbar.<br />

Die Schnupperlehre, die große Parallelen zum Praktikum (vgl. Kapitel<br />

6.3.3.8) aufweist, ermöglicht Jugendlichen durch die integrierten Impulse<br />

das Kennenlernen von Berufen, Berufsfeldern und Unternehmen und die<br />

selbstkritische Überprüfung der persönlichen Eignung und Neigungen.<br />

Durch die Einbindung in Produktionsprozesse oder Dienstleistungsaufträge<br />

ist ein praxisbezogenes Ausprobieren beruflicher Tätigkeiten möglich.<br />

Während eines Schnupperstudiums können Schülerinnen und Schüler einzelne<br />

Studiengänge kennenlernen und an den regulären Vorlesungen und<br />

Seminaren oder speziell für sie arrangierten Veranstaltungen teilnehmen.<br />

Neben der Lehrmethodik (z. B. Vorträge, Vorlesungen, experimentelle<br />

Vorführungen) und dem Studienbetrieb kann auch ein Einblick in die Hörsäle<br />

und Labore, in die Bibliothek oder die Mensa gewonnen werden. Informationen<br />

über Studienfächer, den Studienablauf sowie Anforderungen<br />

und Qualifikationen, die zukünftige Studierende aufweisen sollten, können<br />

direkt von Studierenden, Dozenten, Professoren oder Studienberatern ermittelt<br />

werden. Besonders begabten und motivierten Jugendlichen steht an<br />

einigen Hochschulen die Möglichkeit eines Frühstudiums offen. Sie nehmen<br />

dann regelmäßig an Lehrveranstaltungen teil und können Leistungsnachweise<br />

und Prüfungen ablegen. Schnupperlehre und Schnupperstudium<br />

sind für Gruppen von Jugendlichen angelegt und verfolgen in erster<br />

Linie das didaktische Prinzip der Motivierung.<br />

114


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6.3.3.11 Schülerfirma<br />

Als ein Derivat der Juniorenfirma, die historische Vorbilder in ‚Übungskontoren’<br />

und ‚Junior-Läden’ hat (vgl. Neubert 2003, S. 25 ff.), ist die Schülerfirma<br />

einzuordnen. Der Begriff der Juniorenfirma ist im Kontext der betrieblichen<br />

Ausbildung vorzufinden, während im Rahmen der schulischen<br />

Berufsorientierung von Schülerfirmen gesprochen wird (vgl. Woll 2003,<br />

S. 40). Die Junioren- bzw. Schülerfirma sind reale Unternehmen. Sie bündeln<br />

Projekt, Planspiel und ‚Ernstfall’ zugleich. Jugendliche gründen und<br />

betreiben unterstützt durch Lehrkräfte oder Ausbilderinnen und Ausbilder<br />

ein Unternehmen, das eigene Produkte herstellt oder Dienstleistungen anbietet<br />

und diese vermarktet. Das Tätigkeitsspektrum in einer Juniorenfirma<br />

ist zumeist ausbildungskonform. 44 Bei einer Schülerfirma bestimmen die<br />

individuellen Interessenlagen und das Leistungsniveau der Schülerinnen<br />

und Schüler sowie institutionelle Voraussetzungen, wie die räumliche und<br />

technische Ausstattung einer Schule die Produktpalette. Die Schulküche<br />

bietet die Möglichkeit gastronomischer Angebote. In Werkräumen können<br />

Produkte aus Holz, Metall, Papier oder Stoff hergestellt werden (vgl. Hofmann-Lun<br />

2007b, S. 53). Schülerfirmen orientieren sich an Unternehmensformen<br />

wie der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), der eingetragenen<br />

Genossenschaft (eG) und Aktiengesellschaften (AG), erwirtschaften<br />

jedoch geringere Umsätze und treten nicht mit privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen in Konkurrenz (vgl. ebd., S. 54). Durch die Bearbeitung<br />

von unternehmerischen Aufgaben im Team sollen Schülerinnen und Schüler<br />

mit den Abläufen und Anforderungen des Berufslebens vertraut werden.<br />

Daneben gilt es Eigeninitiative und Unternehmergeist bei den Jugendlichen<br />

zu wecken und zu entwickeln sowie einen Beitrag zur Förderung des<br />

Existenzgründergedankens zu leisten. Ebenso stehen der Erwerb und die<br />

Anwendung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die auch im<br />

späteren Berufsleben von Bedeutung sind im Mittelpunkt. Neben der Entwicklung<br />

einer Geschäftsidee, der Entscheidung für eine Unternehmensorganisationsform,<br />

der Organisation des Schülerunternehmens nach Abteilungen<br />

und Funktionen, dem Angebot von Dienstleistungen, der Herstellung<br />

von Produkten und deren Verkauf sind die Kostenberechnung und<br />

Preiskalkulation, der Aufbau von Geschäftsbeziehungen, die Gewinnverteilung,<br />

die Personalauswahl und -einarbeitung sowie Aufgaben des Marke-<br />

44 Eine umfangreiche Beschreibung u. a. der Organisation, der Produkte und Dienstleistungen,<br />

der Produktion, der Preisgestaltung, der Personalwirtschaft und des Rechnungswesens von<br />

Juniorenfirmen ergänzt durch Ausführungen zu ihren Rahmenbedingungen und Entwicklungsstufen<br />

sowie Juniorenfirmenporträts ist bei Fix zu finden (vgl. Fix 1989).<br />

115


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

tings und der Öffentlichkeitsarbeit wesentliche Geschäftsschwerpunkte<br />

(vgl. Ausbildungspakt 2006, S. 35; vgl. von Wensierski et al. 2005, S. 199 f.).<br />

Gleichzeitig spielen Aspekte wie zielorientiertes Handeln, Teamfähigkeit<br />

und Verantwortungsbewusstsein eine Rolle. Schülerfirmen existieren mindestens<br />

ein Schuljahr, zumeist aber über mehrere Schuljahre hinweg. Ähnlich<br />

wie bei der Projektmethode (vgl. Kapitel 6.3.3.9) sind die didaktischen<br />

Prinzipien der Schülerorientierung, der Differenzierung, der Aktivierung<br />

(Selbsttätigkeit) und der Ganzheitlichkeit zentral. Um eine erfolgreiche Arbeit<br />

zu gewährleisten, ist eine kontinuierliche zeitliche Investition von drei<br />

bis fünf Unterrichtsstunden pro Woche angemessen (vgl. Hofmann-Lun<br />

2007b, S. 51). Der Anstoß zur Gründung einer Schülerfirma kommt mitunter<br />

von außerschulischen Akteuren, der Aufbau und die Etablierung hingegen<br />

liegt in Regie der Schule.<br />

6.3.3.12 Werkstatt- und Laborarbeit<br />

Mit dem Ziel Jugendlichen praktische Erfahrungen vor allem in naturwissenschaftlichen<br />

und technischen Berufsfeldern zu ermöglichen, wird in<br />

Schülerwerkstätten und Schülerlaboren gearbeitet. Sie sind zu finden in Unternehmen,<br />

Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Science Centern und<br />

Museen. Die Nutzung erfolgt zumeist in einer Gruppe über wenige Stunden<br />

bis zu ganzen Tagen. Anwendung finden vor allem die didaktischen<br />

Prinzipien der Aktivierung (Selbsttätigkeit) und der Erfolgssicherung. Letzteres<br />

zielt darauf ab, dass durch die Anwendung von bereits Erlerntem<br />

beim Experimentieren erworbenes Wissen für längere Zeit abrufbar wird<br />

und gegen Vergessen gesichert werden soll. Experimentieren zielt auf systematisches<br />

Einholen von Informationen über Sachverhalte und auf deren<br />

gründliche Analyse in einem organisierten Lernprozess (vgl. Hoppe 2006,<br />

S. 312). Schülerinnen und Schüler lernen Geräte und Techniken kennen<br />

und probieren diese aus, die ihnen in der Schule in der Regel nicht zur Verfügung<br />

stehen. Durch die Arbeit in der Werkstatt oder im Labor, ergänzt<br />

durch Vorträge und experimentelle Vorführungen, werden Jugendliche mit<br />

aktuellstem Wissen und zeitgemäßen Technologien vertraut.<br />

6.3.4 Medien<br />

Für die Berufsorientierung steht ein breit gefächertes Spektrum von Medien<br />

zur Verfügung. Sie übernehmen unterschiedliche Funktionen, so als<br />

Lehr- und Lernmittel, als Vermittler von Informationen, als Kommunikationsstruktur<br />

oder als Präsentationsmöglichkeit der Wirklichkeit (vgl.<br />

116


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Schulze 1978, S. 49 ff.). Zu nennen sind neben Büchern und Broschüren<br />

u. a. auch Internetplattformen, CD-Roms und DVD´s, Maschinen, Experimentiergeräte<br />

und Werkzeuge, Modelle, oder Produkte. Klassifikationsversuchen<br />

für Medien 45 ungeachtet, wird in diesem Kapitel eine Auswahl<br />

an Medien, der Berufswahlpass sowie Formen der Bündelung von Medien<br />

wie die Berufsinformationszentren und Berufsorientierungsmobile, vorgestellt.<br />

Anwendung erfahren die Medien in wechselseitiger Abhängigkeit von<br />

den Intentionen, Inhalten und Methoden. Die Entscheidung für ein bestimmtes<br />

Medium fällt insbesondere in Abhängigkeit der Zielgruppe sowie<br />

der Akteure und ihren institutionellen Bedingungen. So wird Laborarbeit<br />

nahezu ausschließlich an entsprechenden Arbeitsplätzen in Universitäten<br />

und Forschungseinrichtungen realisiert werden können und weniger beispielsweise<br />

bei Bildungsträgern. Gleichzeitig ist u. a. wesentlich, inwieweit<br />

Jugendliche und Akteure in der Lage sind ein bestimmtes Medium überhaupt<br />

nutzen zu können, d. h. über notwendige Anwendungskompetenzen<br />

zu verfügen.<br />

6.3.4.1 Berufswahlpass<br />

Der Berufswahlpass46 ist ein Ordner, der als Lose-Blatt-Sammlung von<br />

Jugendlichen geführt und ab der siebten Klassenstufe zum Einsatz empfohlen<br />

wird. Seine Entwicklung und Erprobung erfolgte im Rahmen des<br />

Programms „Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben“ des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung (vgl. Kapitel 6.4.1). Aktuell wird in zwölf Bundesländern<br />

mit dem Instrument gearbeitet. Der Pass wird zumeist über die<br />

Schule bereitgestellt und umfasst Informationen zu schulischen und außerschulischen<br />

Orientierungsangeboten, Hinweise zur Organisation des Berufsorientierungsprozesses<br />

sowie Bescheinigungen und Zertifikate über<br />

Bildungsprozesse und deren -ergebnisse. Der Berufswahlpass dient demnach<br />

„zur Dokumentation der Teilnahme an Projekten und Maßnahmen, die<br />

im Rahmen der Berufsorientierung aus Sicht des Schülers oder der Schülerin<br />

relevant sind, wie z. B. Praktika, Unterrichtsprojekte, schulische und<br />

außerschulische Veranstaltungen, Auslandsaufenthalte“ (Lumpe 2002,<br />

S. 253).<br />

45 Exemplarisch anzuführen ist einerseits Adl-Amini, der Medien auf den drei Ebenen Hilfsmittel<br />

(erste Ebene, z. B. Tafel), gestaltete Inhaltsträger (zweite Ebene, z. B. Film) und materialisierte<br />

Form (dritte Ebene, z. B. Montessori-Materialien) verortet (vgl. Adl-Amini 1994, 25 ff.). Andererseits<br />

sind Tenorth et al. zu benennen, die personale und apersonale Medien unterscheiden<br />

(vgl. Tenorth et al. 2007, S. 494). Eine ausführliche Darstellung der Ordnungsversuche für Medien<br />

ist bei Otto zu finden (vgl. Otto 1985, S. 88).<br />

46 Passkonzepte bestehen auch unter Namen, wie Bildungspass, Qualipass, Qualifizierungspass,<br />

EUROPASS Berufsbildung, Qualifikationsbuch (vgl. Lumpe 2002, S. 254 f.).<br />

117


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Neben explizit auf die Angebote der Berufsorientierung ausgerichteten Bescheinigungen,<br />

können auch Belege für das Engagement als Sprecherin/<br />

Sprecher der Klasse oder Schule, für die Ausbildung als Streitschlichterin<br />

und -schlichter, für die Mitarbeit bei der Schülerzeitung oder in Projekten,<br />

für Trainerlizenzen u. a. aufgenommen werden. Die Schülerinnen und<br />

Schüler können selbst entscheiden, welche Bescheinigungen sie einheften,<br />

wie sie mit dem Pass arbeiten und diesen für die Bewerbung verwenden<br />

(vgl. Lumpe 2002, S. 255; vgl. Kapitel 6.4.3.2.). Aufgrund dieser Möglichkeiten<br />

kann der Berufswahlpass, neben Berufswahltests oder dem Assessment-Center,<br />

als eine Form der Kompetenzbilanzierung eingestuft werden<br />

(vgl. Lippegaus-Grünau et al. 2010a, S. 15).<br />

6.3.4.2 Berufsinformationszentrum (BiZ)<br />

Zur Information über Berufsausbildung und Studium, berufliche Tätigkeiten<br />

und Anforderungen, Weiterbildung, Umschulung und Entwicklungen<br />

am Arbeitsmarkt etablierte die Bundesagentur für Arbeit an ihren regionalen<br />

Agenturen für Arbeit Berufsinformationszentren (vgl. Bundesagentur<br />

für Arbeit 2011; vgl. Kapitel 6.4.1). Das erste wurde im Jahr 1976 in Berlin<br />

ins Leben gerufen. Das Konzept der Berufsinformationszentren ist u. a.<br />

charakterisiert durch einen Zugang ohne Voranmeldung oder zeitliche Begrenzung,<br />

Anonymität und einer inhaltlich selbstbestimmten Nutzung des<br />

zur Verfügung stehenden Medienangebotes (vgl. Beinke 1992, S. 85).<br />

Computertests helfen dabei, zu den eigenen Interessen, Fähigkeiten und<br />

Neigungen passende Berufe und Berufsfelder zu identifizieren, über die im<br />

Medienportfolio des BiZ detaillierte Informationen abrufbar sind. Dieses<br />

ist strukturiert in Printmedien (berufskundliche Kurzbeschreibungen, Informationsmappen<br />

mit berufskundlichen, studienkundlichen und berufswahlbezogenen<br />

Angaben zu Ausbildungen sowie Büchern und Zeitschriften),<br />

audiovisuelle Medien (Videofilme, Tonbildschauen, Diaserien und<br />

Hörprogramme) und interaktive Medien (Lernprogramme und Dialogsysteme;<br />

vgl. Beinke 1992, S. 83 f.; vgl. Bundesagentur für Arbeit 2011). Zu<br />

den Print- und Onlinemedien der Berufsinformationszentren gehören u. a.<br />

„abi-Berufswahl-Magazin“, „Beruf aktuell“, „Beruf Bildung Zukunft“, „Berufenet“,<br />

„Kursnet“, „Mach´s richtig - Interessen und Berufe erkunden“<br />

(vgl. Bundesagentur für Arbeit 2011). Neben den verschiedenen Medien<br />

können auch die Veranstaltungsangebote zur Berufsorientierung im BiZ<br />

(z. B. Bewerbungstraining, berufskundliche Vorträge und Filmveranstaltungen,<br />

Diskussionsrunden und Workshops zu Themen rund um Arbeit<br />

und Beruf) genutzt werden. Das Berufsinformationszentrum ist vor allem<br />

118


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

für eine erste berufliche Orientierung, d. h. eine überblicksartige Information<br />

zu Berufsausbildungen und Studiengängen sowie deren Anforderungen,<br />

über Karrierechancen und Berufsverläufe konzipiert. Jedoch ist<br />

fraglich, inwieweit die kognitionsorientierte Ausrichtung diesem Anliegen,<br />

z. B. in Bezug auf schulmüde Schülerinnen und Schüler, zuträglich ist.<br />

6.3.4.3 Berufsorientierungsmobile<br />

Um Berufsorientierung auch verstärkt in kleinen Orten im ländlichen Raum<br />

anbieten zu können, wo wenig andere Instrumente und Angebote der Berufsorientierung<br />

zur Verfügung stehen bzw. Anwendung finden, kommen<br />

Berufsorientierungsmobile, die verschiedene Medien in kompakter Form<br />

bündeln, zum Einsatz. Die Medienausstattung ist zumeist flexibel gestaltbar.<br />

Das Repertoire reicht von Computern und Multimediaterminals (u. a.<br />

BiZ-Mobil der Bundesagentur für Arbeit) über Maschinen und technische<br />

Systeme (z. B. CNC-Werkzeugmaschinen, CAD/CAM-Systeme, und Hydraulik-Anlage<br />

im InfoMobil der Metall- und Elektroindustrie des Gesamtverbandes<br />

der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie<br />

e. V.) bis hin zu gedruckten Informationsmaterialien. Neben den Medien<br />

finden Methoden wie die Beratung, das Bewerbertraining oder das Planspiel<br />

Anwendung. Berufsorientierungsmobile liegen u. a. in Verantwortung<br />

von Unternehmensverbänden, Hochschulen und Bildungsträgern.<br />

6.4 Einflussfaktoren auf didaktisches<br />

Handeln: Gesetzliche Grundlagen<br />

und Richtlinien<br />

Die im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen stehenden, in Kapitel 2<br />

veranschaulichten, Problematiken wie z. B. das eingeschränkte Berufswahlspektrum<br />

Jugendlicher oder Berufsausbildungs- und Studienabbrüche aufgrund<br />

eines zu geringen Informationsniveaus bezüglich Arbeitstätigkeiten<br />

im Ausbildungsberuf und im Hinblick auf Anforderungen im Berufsleben<br />

münden nicht selten in Appellen nach einer Optimierung und Neuausrichtung<br />

der Berufsorientierung. Gesetze, Richtlinien, Erlasse und Verwaltungsordnungen<br />

auf Bundes- und Landesebene sind Instrumente, mit<br />

denen die vielfältigen Ansprüche an Berufsorientierung zum Teil einen<br />

rechtlichen Rahmen bekommen und diese eine normative Struktur erhält.<br />

Durch die Auflage und Ausgestaltung von Förderprogrammen erfährt sie<br />

zusätzliche Steuerung. Auf der Ebene der Kommunen und Landkreise<br />

119


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

bzw. der Angebotsebene besteht die Aufgabe, didaktisches Handeln auf die<br />

jeweilige Region abzustimmen und so auszugestalten, dass es den gesetzten<br />

Auflagen gerecht wird.<br />

Auf Grundlage der Normen wird die Implementierung der Berufsorientierung<br />

maßgeblich beeinflusst. Teilweise werden Angebote in den Unterricht<br />

integriert, teilweise können Jugendliche freiwillig in ihrer Freizeit teilnehmen.<br />

Unterschieden werden kann eine schulische und außerschulische Verankerung.<br />

Unter schulischer Berufsorientierung sind von Schulvertreterinnen<br />

und -vertretern initiierte Aktivitäten inner- als auch außerhalb der Unterrichtszeit<br />

einzustufen. Innerhalb des Unterrichts wird sie unterrichtsfachbezogen<br />

oder fachübergreifend implementiert. Während bei unterrichtsfachbezogenen<br />

didaktischem Handeln ein einzelnes Fach Ausgangspunkt<br />

für die Auseinandersetzung mit Berufsorientierung ist und die Verantwortung<br />

für Intensität und Dauer der Beschäftigung mit ihr bei einer einzelnen<br />

Lehrkraft liegt, wird das Thema Berufsorientierung beim fachübergreifenden<br />

Unterricht vor dem Hintergrund verschiedener Fächer behandelt. Unabdinglich<br />

ist hierbei die selbstorganisierte Zusammenarbeit mehrerer<br />

Lehrkräfte. Fachübergreifender Unterricht bildet die Basis zur Anwendung<br />

von komplexen Methoden wie der Projektarbeit. Außerunterrichtliches<br />

wird außerhalb der Unterrichtszeit, aber in Hauptverantwortung der Schule<br />

durchgeführt. Die außerunterrichtliche schulische Berufsorientierung findet<br />

beispielsweise in Erkundungen oder in Praktika ihren Niederschlag. Außerschulische<br />

Berufsorientierung ist ebenfalls außerhalb der Unterrichtszeit<br />

verortet, liegt aber in Verantwortung von außerschulischen Akteuren, wie<br />

Bildungs- und Jugendhilfeträgern, den Agenturen für Arbeit, Hochschulen<br />

oder Unternehmen. Lehrkräfte können eine Vermittlungsfunktion einnehmen<br />

und Jugendliche zu außerschulischen Interventionen informieren und<br />

beraten. Beispielhaft anzuführen sind Methoden wie Messen oder Tage der<br />

offenen Tür.<br />

Im Folgenden wird eine Auswahl an gesetzlichen Grundlagen aufgeführt<br />

und ihre Auswirken auf die Umsetzung der Berufsorientierung näher beleuchet.<br />

Betrachtung finden zunächst die Instrumente auf Bundesebene. Im<br />

Anschluss wird auf die der Landesebene eingegangen. 47<br />

47 Eine ergänzende Übersicht über Programme zur Berufsorientierung, ausgerichtet an den<br />

thematischen Schwerpunkten Kompetenzfeststellung und Kompetenzentwicklung, Produktion<br />

und Praxis, Berufseignung und Betrieb, Berufswahl und Biografiegestaltung, Beratung und Begleitung,<br />

Schulqualität und Schulentwicklung, Kooperation und Koordination findet sich bei<br />

Lippegaus-Grünau et al. (vgl. Lippegaus-Grünau et al. 2010a, vgl. Lippegaus-Grünau et al.<br />

2010b).<br />

120


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

6.4.1 Normen auf Bundesebene<br />

Einen gesetzlichen Rahmen mit bundesweiter Verbindlichkeit für die Berufsorientierung<br />

schaffen neben der bereits 1992 gegebenen „Gemeinsamen<br />

Empfehlung zur Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und Studienberatung in<br />

der gymnasialen Oberstufe und in berufsbildenden Schulen“ (vgl. Kapitel 5.2), die<br />

Sozialgesetzbücher (SGB) I (Allgemeiner Teil), II (Grundsicherung für Arbeitssuchende),<br />

III (Arbeitsförderung), VIII (Kinder- und Jugendhilfe) und<br />

XII (Sozialhilfe). Darüber hinaus beeinflussen eine Reihe von Richtlinien<br />

zur Förderung von Maßnahmen im Themenbereich Übergang zwischen<br />

Schule und Arbeitswelt die Gestaltung der Berufsorientierung.<br />

In den Sozialgesetzbüchern wird die Berufsorientierung in unterschiedlicher<br />

Intensität aufgegriffen. Umfangreiche Verankerung findet sie im<br />

SGB III. Ergänzend bildet das SGB VIII eine wichtige gesetzliche Basis.<br />

Die Gesetzbücher I, II und XII regeln indirekte Leistungen zur beruflichen<br />

Orientierung für spezielle Zielgruppen.<br />

Im SGB I ist das generelle Recht auf Beratung bei der Wahl des Bildungsweges<br />

und des Berufes, auf individuelle Förderung bei der beruflichen Weiterbildung<br />

und auf Hilfe zur Erlangung und Erhaltung eines angemessenen<br />

Arbeitsplatzes festgehalten (vgl. Sozialgesetzbuch: Erstes Buch (I) 2009, §3,<br />

Abs. 2).<br />

Das SGB II fixiert Leistungen zur Unterstützung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger<br />

oder von Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in<br />

einer Bedarfsgemeinschaft48 leben (vgl. Sozialgesetzbuch: Zweites Buch (II)<br />

2009, §7). Auch wenn die Berufsorientierung im SGB II nicht unmittelbar<br />

thematisiert ist, spielt das Gesetzbuch dennoch eine maßgebliche Rolle. Jugendliche,<br />

die in den Rechtskreis des SGB II fallen, werden von den zuständigen<br />

Dienststellen (deutschlandweit 478 Jobcenter bzw. analoge Einrichtungen<br />

in Optionskommunen) außerschulisch betreut49. Vorrangiges<br />

Ziel ist die Vermittlung in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt (vgl. ebd.,<br />

§3, Abs. 2). Unterstützt wird dies z. B. durch Information, Beratung (vgl.<br />

ebd., §4, Abs. 1) oder breit gefächerten Inhalten in Maßnahmen zur Aktivierung<br />

und beruflicher Eingliederung, wie Bewerbungstrainings oder die<br />

48 Einer Bedarfsgemeinschaft sind Personen zuzuordnen, die eine persönliche oder verwandtschaftliche<br />

Beziehung zueinander haben und die in einem gemeinsamen Haushalt leben (vgl. Sozialgesetzbuch:<br />

Zweites Buch (II) 2009, §7 Abs. 3).<br />

49 Die Träger der Grundsicherung (z. B. Jobcenter) sind gesetzlich verpflichtet, zu allen betreffenden<br />

Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren Kontakt aufzunehmen und ihnen eine Beratung<br />

anzubieten, die von diesen wahrgenommen werden muss.<br />

121


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Erprobung in einem Unternehmen (Bundesagentur für Arbeit 2008, o. S.).<br />

Bei Bedarf wird Jugendlichen eine Fallmanagerin/ein Fallmanager zur individuellen<br />

Betreuung zur Seite gestellt. An allen Maßnahmen des SGB II hat<br />

der Jugendliche eine aktive Mitwirkungspflicht. Aus nichterfüllten Vereinbarungen<br />

resultieren finanzielle Sanktionen.<br />

Das SGB III ist ausgerichtet auf allgemeine Ziele der Arbeitsförderung sowie<br />

beschäftigungspolitische Ziele. Der Leistungskatalog zur Arbeitsförderung<br />

schließt Maßnahmen, die „die individuelle Beschäftigungsfähigkeit<br />

durch Erhalt und Ausbau von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten<br />

fördern“ (Sozialgesetzbuch: Drittes Buch (III) 2009, §1, Abs. 2) ein, was<br />

maßgeblich für die Zielrichtung der Berufsorientierung ist. Als Aufgaben<br />

der Bundesagentur für Arbeit sind das Vorhalten eines Beratungsangebotes50<br />

(vgl. ebd., §29; vgl. Kapitel 6.3.3.1), die Eignungsfeststellung (vgl. ebd.,<br />

§32) sowie eine den Fähigkeiten entsprechende Vermittlung in Ausbildung<br />

oder Arbeit (vgl. ebd. §35) formuliert und zum Teil inhaltlich und methodisch<br />

definiert. Festlegungen zur Umsetzung der Berufsorientierung finden<br />

sich in §33 SGB III. Hier sind sowohl die sogenannte „vertiefte Berufsorientierung“<br />

als auch die „erweiterte vertiefte Berufsorientierung“ für Schülerinnen und<br />

Schüler allgemeinbildender Schulen geregelt. Die Umsetzung wird unter<br />

finanzieller Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von maximal<br />

50% an Dritte delegiert. Unter vertiefter Berufsorientierung wird eine bis<br />

zu vier Wochen dauernde Maßnahme in der unterrichtsfreien Zeit verstanden.<br />

Die erweiterte vertiefte Berufsorientierung kann über einen Zeitraum<br />

von vier Wochen hinaus in der Unterrichtszeit realisiert werden. Damit hat<br />

das SGB III Einfluss auf die gesamte Breite der didaktischen Implementierung<br />

von Berufsorientierung. Die inhaltlichen Dimensionen der vertieften<br />

und erweiterten vertieften Berufsorientierung konzentrieren sich auf Fragen<br />

der Berufswahl, Berufe, ihre Anforderungen und Aussichten, Wege<br />

und Förderung der beruflichen Bildung sowie beruflich bedeutsame Entwicklungen<br />

in Unternehmen, Verwaltungen und auf dem Arbeitsmarkt. So<br />

sind in den Fachanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zur Umsetzung<br />

der Berufsorientierung folgende Inhalte aufgeführt:<br />

50 Für Jugendliche im Rechtskreis des SGB II liegt die Verantwortlichkeit für die Berufsberatung<br />

bei der Bundesagentur für Arbeit, die Zuständigkeit für die Berufsausbildungsvermittlung jedoch<br />

beim Träger der Grundsicherung (vgl. Abschnitt zum SGB II). Die Jugendlichen müssen damit<br />

zwei Institutionen mit unterschiedlichen Verfahrensweisen gerecht werden. Während die Nutzung<br />

der Angebote des SGB III auf Freiwilligkeit basiert, sind die Fördermöglichkeiten des SGB<br />

II immer mit Sanktionen bei Zuwiderhandlungen verbunden.<br />

122


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

� Vorstellung der Berufsberatung mit ihrem Dienstleistungsangebot (inklusive<br />

Selbstinformation),<br />

� allgemeine Informationsvermittlung über die Situation auf dem Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt, im Hochschulbereich sowie Darstellung<br />

spezifischer Arbeitskräftebedarfe (z. B. MINT-Berufe),<br />

� Einüben berufswahlrelevanter Kompetenzen,<br />

� Vorstellung wichtiger Termine im Berufswahlprozess,<br />

� Einbindung von Eltern, Lehrkräften, Kooperationspartnerinnen und<br />

-partnern,<br />

� Entwicklung potenzialorientierter Ausbildungs-/Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

für junge Menschen mit Behinderung im allgemeinen<br />

Arbeitsmarkt,<br />

� Darstellung finanzieller Hilfen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2009a,<br />

S. 2 f.).<br />

Die Schwerpunktsetzung soll unter Berücksichtigung des regionalen Bedarfes,<br />

in Abstimmung z. B. mit Kammern oder beauftragten Institutionen der<br />

Wirtschaftsverbände, herausgearbeitet werden. Die methodische Ausgestaltung<br />

der vertieften und erweiterten vertieften Berufsorientierung und der<br />

Einsatz von Medien obliegen den durch die Bundesagentur für Arbeit beauftragten<br />

Maßnahmeträgern. Durch die erforderliche Kofinanzierung<br />

(z. B. über Mittel des Europäischen Sozialfonds oder Stiftungen) spielen<br />

zusätzlich die institutionellen Spezifika dieser dritten Partei eine Rolle.<br />

Als Element der Qualifizierungsinitiative „Aufstieg durch Bildung“ der<br />

Bundesregierung wird seit Beginn des Jahres 2009 nach §421s SGB III die<br />

„Berufseinstiegsbegleitung“ befristet und modellhaft an 1.000 von der Bundesagentur<br />

für Arbeit auf Anordnung bestimmten allgemeinbildenden Schulen<br />

der Bundesrepublik erprobt. Durch den Paragraphen ergeben sich nicht<br />

nur Einschränkungen hinsichtlich der Zielgruppe, sondern auch intentionale,<br />

inhaltliche und methodische Konsequenzen für die Berufsorientierung.<br />

Das Erreichen des Abschlusses einer allgemeinbildenden Schule, die Berufswahl,<br />

die Suche nach einem Ausbildungsplatz, die Stabilisierung des<br />

Ausbildungsverhältnisses und die Herstellung der Ausbildungsreife stehen<br />

im Mittelpunkt der individuell angelegten Unterstützung in Form des Mentorings.<br />

Die Berufseinstiegsbegleitung beginnt in der Vorabgangsklasse der<br />

allgemeinbildenden Schule und endet ein halbes Jahr nach Beginn einer Berufsausbildung,<br />

spätestens jedoch zwei Jahre nach Abschluss der allge-<br />

123


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

meinbildenden Schule. 51 Sie richtet sich an leistungsschwächere Schülerinnen<br />

und Schüler mit Schwierigkeiten bei der Erlangung des Schulabschlusses<br />

bzw. im Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt. Als Berufseinstiegsbegleiter<br />

sollen bei Bildungs- oder Jugendhilfeträgern angestellte Personen<br />

eingesetzt werden, die aufgrund ihrer Lebens- und Berufserfahrung<br />

eine erfolgreiche Unterstützung des Jugendlichen erwarten lassen, d. h. beispielsweise<br />

Personen mit praktischen Erfahrungen in der Berufsausbildung,<br />

mit Führungserfahrung oder sozialpädagogischer Berufserfahrung. Der<br />

eingesetzte Träger „hat mit Dritten, die Schüler derselben Schule bei der<br />

Berufsorientierung und -wahl unterstützen[!], und mit den Arbeitgebern in<br />

der Region eng zusammenzuarbeiten“ (Sozialgesetzbuch: Drittes Buch (III)<br />

2009, §421s Abs. 2). Maximal zwanzig Jugendliche werden von einem Berufseinstiegsbegleiter<br />

gleichzeitig betreut. Welche Schülerinnen und Schüler<br />

zum förderungsbedürftigen Personenkreis gehören, vereinbaren Schule,<br />

Berufsberatung und der Berufseinstiegsbegleiter. Die Nutzung basiert auf<br />

Freiwilligkeit. Entsprechend ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Anordnungsbefugnis<br />

hat die Bundesagentur für Arbeit entschieden, dass grundsätzlich<br />

Hauptschülerinnen und Hauptschüler und zu angemessenen Anteilen<br />

Sonder- und Förderschülerinnen und -schüler durch die Berufseinstiegsbegleitung<br />

Berücksichtigung finden. Die Konkretisierung der Zielgruppen<br />

erfolgte auf Landesebene. So sind es in Nordrhein-Westfalen<br />

Jugendliche aus Förder-, Haupt- und Gesamtschulen und in Thüringen<br />

Schülerinnen und Schüler aus Regel- und Förderschulen. In Sachsen hingegen<br />

wurde sich für eine konzertierte Aktion ausschließlich für Jugendliche<br />

aus Förderschulen entschieden (vgl. zu diesem Abschnitt Thiel 2008). Ende<br />

2010 wurde die Berufseinstiegsbegleitung über die Initiative „Bildungsketten“<br />

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf weitere 1.000<br />

Schulen ausgeweitet (vgl. dazu die folgenden Abschnitte).<br />

Die Umsetzung der im SGB III verankerten Leistungen liegt in der Verantwortung<br />

von bundesweit 10 Regionaldirektionen, 176 Agenturen für<br />

Arbeit und etwa 610 Geschäftsstellen (vgl. Bundesagentur für Arbeit<br />

2010c). In jeder Agentur für Arbeit ist ein Berufsinformationszentrum<br />

(BiZ) verortet. Zur Erreichung von Zielgruppen in ländlichen Regionen<br />

stehen ergänzend sogenannte BiZ-Mobile zur Verfügung. (vgl. Kapitel<br />

6.3.4.3).<br />

51 Abweichungen sind möglich, wenn ein Jugendlicher beispielsweise den Schulabschluss nicht<br />

geschafft hat und diesen in einer beruflichen Schule nachholt (vgl. Thiel 2008).<br />

124


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Das SGB VIII beschreibt die Berufsorientierung im Kontext der Jugendhilfe.<br />

Unter dem Begriff sind sozialpolitische, betreuende und Bildungsaktivitäten<br />

zusammengefasst.<br />

„Das Spektrum reicht von der Bildung und Betreuung im Vorschulalter<br />

(Kinderkrippen, Kindertagesstätten) über Freizeiteinrichtungen, betreutes<br />

Wohnen, Hilfen zur Erziehung, Unterstützung beim Übergang von der<br />

Schule ins Arbeitsleben, bis hin zur Betreuung und Resozialisierung straffälliger<br />

Jugendlicher. Für die Leistungen der Jugendhilfe zur Unterstützung<br />

des Übergangs von der Schule ins Arbeitsleben werden die Bezeichnungen<br />

‚Jugendsozialarbeit’ und ‚Jugendberufshilfe’ benutzt.“<br />

(Braun, Lex 2006, S. 59)<br />

Übereinstimmend mit dem im Kapitel 3.2 erläuterten Verständnis von Berufsorientierung<br />

als von Jugendlichen selbstbestimmt zu bewältigender<br />

Prozess wird im SGB VIII das Recht jedes jungen Menschen „auf Förderung<br />

seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen<br />

und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ festgehalten (Sozialgesetzbuch:<br />

Achtes Buch (VIII) 2008, §1, Abs. 1). Zum Ausdruck kommt diese Zielstellung<br />

auch in der Beschreibung der Aufgabenfelder der Jugendsozialarbeit.<br />

Demnach befördert diese den Erwerb von Kompetenzen, „regt zur Akzeptanz<br />

unterschiedlicher Lebensziele und Lebensentwürfe an“, „beteiligt junge<br />

Menschen am Bildungsprozess und fördert selbstinitiierte und selbstverantwortliche<br />

Bildungsprozesse“, „unterstützt als eigenständiger Lernort mit<br />

vielfältigen methodischen und didaktischen Ansätzen soziales Lernen und<br />

knüpft dabei an die Lebenswelten junger Menschen an“, „schafft neben<br />

Schule und Familie Möglichkeiten für ein lebenslanges Lernen als eine Voraussetzung<br />

für die persönliche Entwicklung, die aktive Mitgestaltung der<br />

Gesellschaft und die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung“<br />

(Sächsisches Landesamt für Familie und Soziales 2002, S. 5 f.). Als Zielgruppen<br />

der Jugendberufshilfe stehen vorrangig Jugendliche, „die zum<br />

Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller<br />

Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind“<br />

(Sozialgesetzbuch: Achtes Buch (VIII) 2008, §13, Abs. 1), d. h. junge Menschen,<br />

die an der Bildungsinstitution Schule (Schulverweigerer, Schulabbrecher)<br />

oder am Berufsbildungssystem und Arbeitsmarkt scheitern (vgl. von<br />

Wensierski et al. 2005, S. 23 f.) im Mittelpunkt. Jugendsozialarbeit auf Basis<br />

des SGB VIII wird unter kommunaler Koordinierung zumeist außerschulisch<br />

„von Verbänden, Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen<br />

Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe“<br />

(Sozialgesetzbuch: Achtes Buch (VIII) 2008, §11, Abs. 2) angeboten. Neben<br />

der außerschulischen berufsorientierenden Arbeit werden die definier-<br />

125


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

ten Zielstellungen jedoch auch innerhalb der Institution Schule in Form der<br />

Schulsozialarbeit verfolgt. Die Schulsozialarbeit ist eine Leistung der Jugendhilfe<br />

nach §13 SGB VIII in Verbindung mit §1 Abs. 3 SGB VIII. Sozialpädagogische<br />

Fachkräfte arbeiten dabei mit Lehrenden an Schulen zusammen,<br />

„um junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen<br />

Entwicklung zu fördern, Bildungsbenachteiligungen zu vermeiden<br />

und abzubauen, Erziehungsberechtigte und LehrerInnen bei der Erziehung<br />

und dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz zu beraten<br />

und zu unterstützen sowie zu einer schüler-freundlichen Umwelt beizutragen.<br />

Zu den sozialpädagogischen Angeboten und Hilfen der Schulsozialarbeit<br />

gehören insbesondere die Beratung und Begleitung von einzelnen<br />

SchülerInnen, die sozialpädagogische Gruppenarbeit, die Zusammenarbeit<br />

mit und Beratung der LehrerInnen und Erziehungsberechtigten,<br />

offene Gesprächs-, Kontakt- und Freizeitangebote, die Mitwirkung<br />

in Unterrichtsprojekten und in schulischen Gremien sowie die Kooperation<br />

und Vernetzung mit dem Gemeinwesen“ (Speck 2005, S. 103).<br />

Konkrete Inhalte der Ausgestaltung von Schulsozialarbeit sind fokussiert<br />

auf: Hilfen zur Alltags- und Lebensbewältigung, das Vorbeugen von Schulversagen,<br />

die Integration statt Selektion und die Förderung von Eigeninitiative,<br />

sozialer Kompetenz und Mitbestimmung (vgl. Sächsisches Landesamt<br />

für Familie und Soziales 2003, S. 10), worin erneut deutliche Schnittstellen<br />

zum definierten ganzheitlichen Verständnis der Berufsorientierung liegen.<br />

Ob die Schulsozialarbeit in einer Schule eingerichtet wird, ist abhängig von<br />

den sozialpädagogischen Erfordernissen und ihrer Eignung für die Zusammenarbeit<br />

mit der Jugendhilfe, die beispielsweise an Schulentwicklungsprozessen,<br />

an der Öffnung der Schule nach Außen und in den Erfahrungen<br />

in der Kooperation mit externen Institutionen zum Ausdruck<br />

kommt.<br />

Das SGB XII orientiert sich an den Problemlagen sozial und individuell beeinträchtigter<br />

Menschen. Auch wenn die Berufsorientierung hier nicht explizit<br />

hervorgehoben ist, sind dennoch Hilfen zur Bewältigung verschiedener<br />

Lebenslagen sowie zur Mündung in einen Arbeitsplatz festgelegt. Darunter<br />

fallen u. a. eine individuelle außerschulische Beratung und Betreuung<br />

(vgl. Sozialgesetzbuch: Zwölftes Buch (XII) 2009, §11).<br />

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Handwerksammern<br />

(HWK) setzen sich entsprechend des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sowie dem<br />

Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HwO) ebenfalls für die Berufsorientierung<br />

ein (vgl. BBiG 2005, §76, Abs. 1; vgl. HwO 2009, §41a, Abs. 1). Durch die<br />

sogenannte Ausbildungsberatung in den Kammern werden Gruppenge-<br />

126


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

spräche in Schulklassen und individuelle Einzelgespräche angeboten.<br />

Darüber hinaus richten die Kammern u. a. auch spezifische Aktionstage,<br />

Bildungsmessen, Tage der offenen Tür und Mentoringprogramme aus und<br />

publizieren verschiedene Informationsmaterialien und Datenbanken im<br />

Kontext der Berufsorientierung. Durch die engen Kontakte zu Betrieben<br />

übernehmen sie auch eine Sensibilisierungsfunktion hinsichtlich einer vorausschauenden<br />

Fachkräftesicherung und wirken so in indirekter Form bei<br />

der Berufsorientierung.<br />

Parallel zu den gesetzlichen Grundlagen wird didaktisches Handeln im Feld<br />

der Berufsorientierung auf der Bundesebene durch verschiedene Reformen<br />

der Europäischen Union52 sowie der Bundesregierung und durch die<br />

daraus resultierenden Programmrichtlinien der Bundesministerien beeinflusst.<br />

1998 wurde das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit<br />

eingerichtet, um Reformen in zentralen wirtschafts-, arbeitsmarktund<br />

gesellschaftspolitisch bedeutsamen Bereichen voranzubringen. Damit<br />

verbunden waren und sind eine Reihe von Richtlinien mit Förderschwerpunkten<br />

zur beruflichen Orientierung. Durch die Bundesministerien wurden<br />

auf finanzieller Basis des Europäischen Sozialfonds (ESF) in den letzten<br />

Jahren zahlreiche Förderprogramme initiiert, wovon ausgewählte nachfolgend<br />

in zeitlich chronologischer Reihenfolge vorgestellt werden. 53<br />

Nachhaltige Prägung erfuhr die Berufsorientierung durch das Programm<br />

„Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben“ des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung (BMBF). Anliegen des von 1999 bis 2007 laufenden Programms<br />

war es, Jugendliche<br />

„ihren Erfahrungen entsprechend und praxisnah auf die Anforderungen<br />

der Berufs- und Arbeitswelt vorzubereiten sowie in selbstständiger Auseinandersetzung<br />

an berufsorientiertes ökonomisches Denken und Handeln<br />

heranzuführen“ (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

2003, S. o. S.).<br />

Deutschlandweit wurden 46 Projekte, u. a. bei Gewerkschaften, Stiftungen<br />

und Unternehmensverbänden verortet, gefördert. Die zentrale Zielsetzung<br />

fand in vielfältigen Projektgegenständen in den Kategorien „Förderung<br />

52 Beispielhaft zu nennen ist die 2009 durch den EU-Ministerrat für Bildung, Jugend, Kultur beschlossene<br />

Jugendstrategie der Europäischen Union für die Jahre 2010 bis 2018. Im Aktionsfeld<br />

„Beschäftigung und Unternehmergeist“ wird der Gestaltung von Übergängen, zum Beispiel zwischen<br />

Schule und Beruf, sowie dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von jungen Menschen,<br />

Gewicht eingeräumt (vgl. Rat der Europäischen Union 2009, S. 6).<br />

53 Eine detaillierte Übersicht zu den Programmen der einzelnen Ministerien findet sich auf den<br />

Internetseiten zum Europäischen Sozialfonds Deutschland (vgl. Bundesregierung o. J.).<br />

127


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

vorberuflicher Handlungskompetenz“, „neue Kooperationsformen zwischen<br />

Schule und Arbeitswelt“, „Förderung besonderer Gruppen an der<br />

‚ersten Schwelle’“, „innovative Berufsvorbildung unter Nutzung des Internet“<br />

sowie „systematische Entwicklung und Organisation von Berufsorientierung<br />

im Schulalltag“ Einbindung (Famulla et al. 2003, S. 7). 54 Im Rahmen<br />

des Programms entwickelte und erprobte Instrumente, wie der Berufswahlpass<br />

(vgl. Kapitel 6.3.4.1), werden heute bundesweit genutzt.<br />

Um benachteiligten jungen Menschen Ausbildungschancen zu eröffnen,<br />

wurde das BMBF-Programm „Kompetenzen fördern - Berufliche Qualifizierung für<br />

Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf“ eingerichtet. Darüber hinaus sollte die<br />

Sensibilisierung und Qualifizierung von Akteuren im Feld der Benachteiligtenförderung<br />

gestärkt, die Optimierung vorhandener Fördermaßnahmen<br />

unterstützt und die Vernetzung von Trägern vorangetrieben werden. Als<br />

Schlüsselthemen fungierten parallel zur Berufsorientierung u. a. die Erweiterung<br />

des Berufswahlspektrums und die Kompetenzfeststellung. Von 2001<br />

bis 2006 erfolgte die Förderung von bundesweit 137 Projekten angegliedert<br />

bei Jugendhilfeträgern, Bildungsträgern, Stadtverwaltungen, Hochschulen<br />

u. a. (vgl. Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />

2005, S. 6 ff.).<br />

Ziel des Programms „Lernende Regionen - Förderung von Netzwerken“ des<br />

BMBF war es, die Kooperation zwischen Bildungsanbietern und -nachfragenden<br />

(Individuen, Betriebe etc.) sowie anderen regionalen Akteuren<br />

(z. B. Jugend- und Arbeitsämter) auszubauen. Die Motivation und Befähigung<br />

zum selbständigen Lernen sollten so gefördert und die Orientierung<br />

an den Nutzenden von Bildungsangeboten optimiert werden. Inhaltlich<br />

konzentrierte sich das Programm auf die Themenschwerpunkte „Bildungsberatung“,<br />

„Neue Lernwelten“, „Lernen in und mit KMU“, „Kommunale<br />

Kooperationen mit Lernenden Regionen“ sowie „Übergangsmanagement“<br />

(vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2008e, S. 6 ff.). Gerade<br />

im Rahmen des letzten Schwerpunktes wurde die Berufsorientierung<br />

methodisch vielfältig, z. B. mittels Projekt- und Laborarbeit, Patenschaften<br />

oder Seminaren realisiert (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

2004, S. 55 f.; Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und<br />

Raumfahrt 2005, S. 149 ff.). Zwischen 2001 und 2008 erhielten bundesweit<br />

bis zu 76 Regionen mit Netzwerken bestehend aus kommunalen Einrichtungen,<br />

Hochschulen, Jugendhilfe- und Bildungsträgern, u. a. eine Förderung.<br />

54 Zur Einordnung und zu den Zielsetzungen des Programms vgl. auch Wissenschaftliche Begleitung<br />

2008a, S. 11 ff.<br />

128


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Mit Schwerpunkt auf den neuen Bundesländern lief von 2003 bis 2004 das<br />

Programm „Wir … hier und jetzt“ des Bundesministeriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Ziel war es, Jugendlichen Perspektiven<br />

aufzuzeigen, ihre Eigeninitiative zu unterstützen und damit der<br />

Abwanderungswelle junger Menschen entgegen zu wirken. Zu den<br />

Schwerpunkten zählten das Förderprogramm „Lokales Handeln für Beschäftigung“,<br />

das Jugendprogramm „Zeitensprünge“, der Ideenwettbewerb<br />

„Perspektive“ sowie die Förderwettbewerbe „Was wir wollen, bekommen<br />

wir auch hin“ und „Berufsfrühorientierung“, die insbesondere auf die Aktivierung<br />

von Jugendlichen der 7. bis 9. Klassen und auf Vermittlung von<br />

praktischen Berufserfahrungen ausgerichtet waren. Rund 13.000 Jugendliche<br />

haben sich in mehr als 400 Projekten von Jugendhilfeträgern oder<br />

Schulen am Programm beteiligt (vgl. Stiftung Demokratische Jugend o. J.,<br />

o. S.).<br />

Leistungsorientierte und motivierte Schülerinnen und Schüler des Hauptschulzweiges,<br />

die nach dem Schulabschluss eine Berufsausbildung beginnen<br />

wollen, sind Zielgruppe des Programms „Zeig, was du kannst! - Erfolgreich ins<br />

Berufsleben starten“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und<br />

der Stiftung der Deutschen Wirtschaft e. V. (sdw). Ziel ist es, die Ausbildungsreife<br />

von Jugendlichen zu verbessern und sie in der Phase des Übergangs<br />

von der Schule in die Arbeitswelt zu unterstützen. Zu den Methoden<br />

des Programms gehört neben Seminaren und Feriencamps auch das Mentoring.<br />

Insgesamt 360 Jugendliche aus 20 Schulen aus den vier Projektregionen<br />

Berlin, Bremen, Düsseldorf und München werden in den letzten beiden<br />

Schuljahren und im ersten Jahr der Berufsausbildung intensiv beraten<br />

und begleitet, damit sie die zu ihnen passende Berufsausbildung finden und<br />

diese erfolgreich abschließen können. Die Laufzeit des Programms erstreckt<br />

sich von 2007 bis 2012 (vgl. Stiftung der Deutschen Wirtschaft e. V.<br />

o. J., o. S.).<br />

Die seit 2008 im Programm „Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren<br />

Berufsbildungsstätten“ (BOP) des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung geförderte frühzeitige, praxisbezogene Berufsorientierung soll<br />

Schülerinnen und Schülern ab der 8. Klasse und mit Interesse für eine betriebliche<br />

Berufsausbildung im Handwerk den Übergang von der Schule in<br />

eine Berufsausbildung erleichtern und damit einen wirksamen Beitrag zur<br />

Verringerung der Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne<br />

Schulabschluss bzw. ohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz leisten. Mit<br />

dem Programm werden jährlich bis zu 50.000 Euro für 80 Stunden umfassende<br />

Berufsorientierungsmaßnahmen, z. B. in den Berufsausbildungsstätten<br />

der Kammern oder bei Bildungsträgern ermöglicht (vgl. Bundesminis-<br />

129


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

terium für Bildung und Forschung 2008b, S. 1). Im Fokus stehen Potenzialanalysen<br />

und Werkstattarbeit im Kontext verschiedener Berufsbereiche.<br />

Zertifikate mit Aussagen zu Neigungen und Eignungen, zu vorhandenen<br />

Grundqualifikationen und handwerklichen Fähigkeiten, individuellen Stärken<br />

und Entwicklungspotenzialen werden dem Jugendlichen nach Abschluss<br />

als Entscheidungshilfe im Berufsorientierungsprozess zur Verfügung<br />

gestellt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2008c,<br />

o. S.).<br />

Die 2010 gestartete Initiative „Bildungsketten“ des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung zielt auf die Vermeidung von Schulabbrüchen, die<br />

Verbesserung des Übergangs in die duale Berufsausbildung und die Fachkräftesicherung.<br />

Erstmals werden neue und bestehende Förderinstrumente<br />

in einem Programm zusammengeführt, um regionale Ein- und Anpassungen<br />

vorzunehmen und so den normativen Rahmen der Berufsorientierung<br />

und des Übergangssystems stärker zu strukturieren und zu systematisieren.<br />

Ausgangspunkt bilden Potenzialanalysen von Schülerinnen und Schülern<br />

ab der 7. Klasse, auf deren Basis mit individuellen schulischen und außerschulischen<br />

Begleitmaßnahmen reagiert werden soll. Genutzt werden soll<br />

hier unter anderem das BMBF-Berufsorientierungsprogramm „BOP“<br />

(siehe oben), welches auf 100.000 Jugendliche jährlich ausgeweitet wird.<br />

Zur Dokumentation der Berufsorientierungsaktivitäten wird von Seiten des<br />

Programms die Einbindung des „Berufswahlpasses“ (vgl. Kapitel 6.3.4.1)<br />

empfohlen. Zur Initiative „Bildungsketten“ gehört auch das seit 2009 umgesetzte<br />

Programm „Berufseinstiegsbegleitung“ (vgl. vorangegangene Abschnitte).<br />

Bis zu 1.000 zusätzliche hauptamtliche Berufseinstiegsbegleiterinnen<br />

und -begleiter sollen bis zu 30.000 förderungsbedürftige Schüler<br />

und Schülerinnen aus Hauptschulklassen betreuen und die deutschlandweit<br />

bereits aktive Berufseinstiegsbegleitung der Bundesagentur für Arbeit ergänzen.<br />

Weitere 1.000 Praktiker mit Berufsbildungserfahrung des „Senioren<br />

Experten Service“ werden zur Betreuung während der Berufsausbildung<br />

eingesetzt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

2010b, o. S.).<br />

Neben den aufgeführten Programmen beinhalten eine Vielzahl weiterer<br />

Förderrichtlinien Bezugspunkte zur Berufsorientierung. Dazu zählen u. a.<br />

� die Programme „Jobstarter“ (Laufzeit 2005 bis 2013) und „JobstarterConnect“<br />

(Laufzeit 2009 bis 2015) des Bundesministeriums für Bildung<br />

und Forschung (BMBF),<br />

� das Programm „Perspektive Berufsabschluss“ des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung (BMBF, Laufzeit 2008 bis 2013),<br />

130


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

� die Initiative „Jugend stärken“ mit den Programmen „Kompetenzagenturen“,<br />

„Schulverweigerung – Die 2. Chance“, „Stärken vor Ort“ und „Jugendmigrationsdienste“<br />

des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend (BMFSFJ, Laufzeit der Initiative 2008 bis 201155), � das Programm „Soziale Stadt - Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier<br />

(BIWAQ)“ der Bundesbehörde für Verkehr, Bauwesen, Städtebau und<br />

Raumordnung sowie das Wohnungswesen (BMVBS, Laufzeit 2008 bis<br />

2015).<br />

Neben Bundesregierung und Ministerien prägen auch Verbände und Stiftungen<br />

die auf Bundesebene gesetzte normative Struktur der Berufsorientierung.<br />

Um die berufliche Orientierung in den Schulprogrammen zu stärken,<br />

worauf im Folgeabschnitt noch eingegangen wird, und die Qualität schulischer<br />

Prozesse der Berufsorientierung zu sichern, wurde im Jahr 2000 56<br />

das Berufswahl-Siegel durch ein gleichnamiges Netzwerk unter der Leitung<br />

der Bertelsmann Stiftung geschaffen. Am Siegel wird der Einfluss von<br />

Normen, aber auch Fakten und Formen auf die Bedingungs- und Entscheidungsfelder<br />

der Berufsorientierung sowie bestehenden Interdependenzen<br />

entsprechend der Gedanken Heimanns gut sichtbar. Grundlage des<br />

Berufswahl-Siegels sind vom Netzwerk definierte Ziele von Berufsorientierung<br />

im allgemeinbildenden Schulwesen auf deren Basis die Zertifizierung<br />

der berufsorientierenden Konzepte und Angebote von Schulen vorgenommen<br />

werden kann (vgl. Brauer-Schröder et al. o. J., S. 1). Nach dem<br />

Verständnis des Netzwerkes gehören neben der Vermittlung von Kenntnissen<br />

im Unterricht auch die Verankerung der Berufsorientierung als<br />

Grundprinzip im Schulleitbild und bei den Schulmitgliedern – insbesondere<br />

der Schulleitung und die Manifestierung dieser Denkhaltung in einer<br />

Fächer- und Jahrgangsstufen übergreifenden Konzeption zu Standards der<br />

Berufsorientierung (vgl. ebd., S. 6). Das Schulkonzept soll wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse (u. a. Berufswahltheorien als bedingungssetzende Faktoren)<br />

widerspiegeln und fortlaufend einer kritischen Reflexion und Anpassung in<br />

einem Dialog der Schule mit ihrer Umwelt und ihren Mitgliedern unterzogen<br />

werden. Dies setzt nach Brauer-Schröder et al. voraus, dass die Schule<br />

in ein Netzwerk mit externen Partnerinnen und Partnern aus der Arbeits-<br />

55 Die integrierten Programme haben unterschiedliche Laufzeiten. So arbeiten die Kompetenzagenturen<br />

bereits seit 2002 (vgl. Lippegaus-Grünau et al. 2010b, S. 20).<br />

56 Das Berufswahl-Siegel wurde im Jahr 2000 in Ostwestfalen entwickelt und in den folgenden<br />

Jahren erfolgreich erprobt und in andere Bundesländer transferiert. Im Jahr 2005 wurde das<br />

Netzwerk Berufswahl-Siegel gegründet, „um gemeinsame Interessen und Standards festzulegen,<br />

Informationsaustausch zu gewährleisten und das Projekt weiter zu entwickeln.“ (Wieland 2005,<br />

S. 11)<br />

131


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

und Berufswelt sowie weiterführenden Bildungseinrichtungen und anderen<br />

außerschulischen Akteuren (z. B. Eltern, Wirtschaft, Kommune, berufsorientierende<br />

Jugendbildung) eingebunden ist (vgl. ebd.), die wiederum<br />

durch ihre jeweilige Institutionenspezifik Einfluss auf die Ausgestaltung der<br />

Entscheidungsfelder der Berufsorientierung haben. Unabdingbar ist des<br />

Weiteren eine regelmäßige schulinterne Weiterbildung der Lehrenden zur<br />

Berufsorientierung. Schulen, die den mit dem Berufswahl-Siegel einhergehenden<br />

Anforderungen an eine gelungene Berufsorientierung gerecht<br />

werden, tragen Sorge, dass Schülerinnen und Schüler<br />

132<br />

„die eigenen Interessen kennen, Feedback über Stärken und Schwächen<br />

bekommen, reflektieren und im Prozess der Berufswahl berücksichtigen,<br />

Ansprechpartner in der Schule und darüber hinaus finden, schulintern beraten<br />

werden und Zugang zu externen Beratungsangeboten bekommen,<br />

Erfahrungen in der Arbeitswelt sammeln und bewerten, bei ihrer Berufsorientierung<br />

unterstützt und begleitet werden“ (ebd., S. 7).<br />

Informationen und Erfahrungen sollen von den Jugendlichen zielbewusst<br />

zur Entscheidungsfindung genutzt werden können.<br />

Parallel zu den mit dem Berufswahl-Siegel verbundenen Qualitätskriterien<br />

existieren eine Reihe weiterer Standards, denen gemeinsam ist, die Qualität<br />

von Interventionen zur Berufsorientierung zu entwickeln, zu messen und<br />

zu vergleichen. Dazu gehören u. a. die „Qualitätsleitlinien zu Berufsorientierungsprozessen<br />

von Schülerinnen und Schülern“ (vgl. Bohlen, Rosner<br />

2007) sowie die „Qualitätsstandards zur Kompetenzfeststellung im Übergang<br />

Schule – Beruf“ (vgl. Druckrey 2007). 57 Einen Überblick zu Stiftungsaktivitäten,<br />

wie dem „Hauptschulpreis“ der Hertie-Stiftung oder dem Programm<br />

„SENTA! Schule, Entwicklung, Arbeit“ der Robert Bosch Stiftung<br />

vermitteln Lippegaus-Grünau et al. (vgl. Lippegaus-Grünau et al. 2010a,<br />

S. 89 ff.).<br />

Arbeitnehmerverbände, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die<br />

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) oder die Industriegewerkschaft<br />

Metall bestimmen mittels Kampagnen (z. B. Initiative „Ausbildung<br />

für alle“ des DGB und weiterer Gewerkschaften) oder durch Mitwirkung<br />

57 Eine zusammenfassende Übersicht denkbarer Qualitätskriterien differenziert nach Standards<br />

zur pädagogischen Haltung (z. B. Lebensweltbezug, Subjektorientierung), zur Einbindung der<br />

Angebote (z. B. Kooperation, Sozialraumorientierung), zur Kompetenzfeststellung und<br />

-entwicklung, zu Anforderungen aus der Arbeitswelt und der Gesellschaft (z. B. praktische Erprobung,<br />

Erfahrungen in der realen Arbeitswelt), zur individuellen Auseinandersetzung und Planung<br />

(z. B. sozialpädagogische Begleitung, Berufseinstiegsbegleitung) und zur Professionalität<br />

und Effizienz gibt der Deutsche paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V. (vgl.<br />

Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband 2009, S. 80).


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

an strategischen und konzeptionellen Leitlinien die Berufsorientierung mit.<br />

Zum Teil führen sie auch selbst Interventionen zur Berufsorientierung<br />

durch. Analog zu den Arbeitnehmerverbänden engagieren sich auch Arbeitgeber-<br />

und Wirtschaftsverbände (z. B. mit Medien wie dem Berufsinfomobil<br />

des Gesamtverbandes der Arbeitgeberverbände der Metall- und<br />

Elektro-Industrie e. V.) für die Berufsorientierung.<br />

6.4.2 Normen auf Landesebene<br />

Parallel zur Bundesebene geben auch auf der Landesebene eine Reihe gesetzlicher<br />

Grundlagen der Berufsorientierung eine normative Struktur. Zu<br />

nennen sind hier einerseits die Schulgesetze, Lehrpläne und Verwaltungsvorschriften<br />

der einzelnen Bundesländer. Andererseits wird die Ausrichtung der Berufsorientierung<br />

durch landesspezifische Handlungsrichtlinien und Förderprogramme<br />

beeinflusst. Entsprechend den für diese Arbeit zur Verfügung stehenden<br />

Ressourcen wird nicht das gesamte Spektrum der Verankerung der Berufsorientierung<br />

in den Bundesländern beleuchtet, sondern vorrangig mit exemplarischen<br />

Beispielen gearbeitet.<br />

In den Schulgesetzen der Bundesländer sind der generelle Erziehungs- und<br />

Bildungsauftrag der Schule sowie die spezifischen Schwerpunkte einzelner<br />

Schulformen festgelegt. Die Berufsorientierung ist dabei mehr oder weniger<br />

zentral beschrieben. So soll schulische Bildung nach dem Schulgesetz für<br />

den Freistaat Sachsen (SchulG) zu beruflichem Können, Lebensorientierung<br />

und Persönlichkeitsentwicklung sowie der selbstbestimmten und verantwortungsbewussten<br />

Anwendung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

beitragen und Freude an einem lebenslangen Lernen wecken (vgl.<br />

Schulgesetz für den Freistaat Sachsen 2008, §1, Abs. 2). Im Niedersächsischen<br />

Schulgesetz (NSchG) heißt es zum Erziehungs- und Bildungsauftrag<br />

der Schule:<br />

„Die Schülerinnen und Schüler sollen fähig werden, … ökonomische<br />

und ökologische Zusammenhänge zu erfassen, … sich im Berufsleben<br />

zu behaupten und das soziale Leben verantwortlich mitzugestalten.“<br />

(NSchG 2009, §2, Abs. 1)<br />

Im Schulgesetz für das Land Berlin ist formuliert:<br />

„Die Schule soll Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen<br />

vermitteln, die die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen,<br />

ihre Entscheidungen selbstständig zu treffen und selbstständig weiterzulernen,<br />

um berufliche und persönliche Entwicklungsaufgaben zu bewältigen,<br />

das eigene Leben aktiv zu gestalten, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen,<br />

kulturellen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen und<br />

die Zukunft der Gesellschaft mitzuformen.“ (SchulG 2009, §3, Abs. 1)<br />

133


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Auffällig ist hier die hohe Übereinstimmung mit dem Wortlaut der aktuellen<br />

Definitionen zur Berufsorientierung, woran die Schnittstellen zwischen<br />

Normen und Fakten deutlich werden. Weiter heißt es in der Beschreibung<br />

des Bildungsauftrages:<br />

134<br />

„Die allgemein bildende Schule führt in die Arbeits- und Berufswelt ein<br />

und trägt in Zusammenarbeit mit den anderen Stellen zur Vorbereitung<br />

der Schülerinnen und Schüler auf Berufswahl und Berufsausübung sowie<br />

auf die Arbeit in der Familie und in anderen sozialen Zusammenhängen<br />

bei.“ (SchulG 2009, §4, Abs. 7)<br />

Aussagen zur Vorbereitung auf verschiedene Berufswege finden sich in<br />

schulformspezifischen Paragraphen der einzelnen Schulgesetze, wie am<br />

Beispiel des Freistaates Sachsen im folgenden Kapitel 6.4.3 zu sehen sein<br />

wird.<br />

Die Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrages soll unterstützt<br />

durch ein schuleigenes pädagogisches Konzept, festgehalten in einem<br />

Schulprogramm erfolgen (vgl. SchulG 2008, §1, Abs. 3; vgl. NSchG 2009,<br />

§32, Abs. 2; vgl. SchulG 2009, §4, Abs. 6). Erfüllt wird er auf der Grundlage<br />

von Lehrplänen. Diese bestimmen die leitenden Ideen und die Standards<br />

der Unterrichtsfächer, die Unterrichtsinhalte, die zum Erreichen erforderlich<br />

sind sowie die verbindlichen allgemeinen und fachlichen Qualifikationsziele.<br />

Analog zu den beispielhaft aufgeführten Schulgesetzen ist auch<br />

in den Lehrplänen ein deutlicher Anspruch zur Integration arbeitsweltrelevanter<br />

Themen in die allgemeinbildenden Schulen ablesbar. Bereits in der<br />

Grundschule sind berufs- und arbeitsorientierte Lerninhalte im Kontext<br />

des Sachunterrichts verankert. Näher betrachtet wird jedoch deutlich, dass<br />

die Curricula der Bundesländer für die beiden Sekundarstufen zwar berufliche<br />

Orientierung vorsehen, diese allerdings bis heute nicht für alle Schulstufen<br />

in identischem Maße und didaktisch einheitlich verankert ist. 58 Ein<br />

eigenständiges Fach ‚Berufsorientierung’ existiert in keinem Bundesland.<br />

Berufliche Orientierung ist in den Haupt-, Gesamt- und Sonderschulen, in<br />

den Sekundar- und Regelschulen sowie Real- und Mittelschulen Bestandteil<br />

des Faches oder Fächerverbundes Arbeitslehre (z. B. Brandenburg, Berlin,<br />

Saarland; vgl. Hedtke, Weber 2008) oder in einem Fach, Fächerverbund<br />

oder mehreren Fächern mit gesellschaftswissenschaftlichem Bezug (z. B.<br />

Wirtschaft/Technik/Haushalt-Soziales in Sachsen, Politik/Wirtschaft in<br />

Hessen; vgl. Hedtke, Weber 2008) verankert. Sie spielt vor allem in Abschlussklassen<br />

eine Rolle und schließt Methoden wie Betriebserkundungen<br />

58 Zur Einbindung der Berufsorientierung in den Lehrplänen der unterschiedlichen Schulformen<br />

siehe die Lehrplandatenbank von Hedke und Weber (Hedtke, Weber 2008).


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

und Betriebspraktika ein. Am Gymnasium findet sich die Berufsorientierung<br />

in einem oder mehreren Fächern neben den Fachinhalten, denen Priorität<br />

beigemessen wird, wieder (z. B. Politik und Soziologie in Bremen;<br />

vgl. Hedtke, Weber 2008). Stellenwert hat sie insbesondere in den abschließenden<br />

Klassen der Sekundarstufe I u. a. in Form des Betriebspraktikums,<br />

von Orientierungsseminaren oder Expertengesprächen (vgl. Müller 2002,<br />

S. 183; vgl. Dedering 2002, S. 27 f.; vgl. Dedering 2005, S. 217). Trotzdem<br />

werden vor allem im gymnasialen Bereich eine stärkere Offenheit und eine<br />

intensivere Auseinandersetzung mit der Berufsorientierung gefordert, denn<br />

die Wahl eines Studienfaches ist nur in Kenntnis potenzieller Arbeitsanforderungen<br />

und Arbeitsfelder und den dazu erforderlichen Qualifikationen<br />

sinnvoll und berufslaufbahnbezogen nachhaltig. Als Sozialisationsinstanz<br />

trägt das Gymnasium zur Entfaltung der Persönlichkeit und zur Identitätsbildung<br />

bei, befördert die Entwicklung und Festigung von Interessen und<br />

Wertvorstellungen und bestätigt Fähigkeiten und das Leistungsvermögen<br />

(vgl. Freimuth 1994, S. 35 f.). Gerade Interessen und persönliche<br />

Leistungsstärken sind aber wesentliche Kriterien für die Wahl von Kursen<br />

in der gymnasialen Oberstufe, die wiederum richtungsweisend für die Auswahl<br />

von Studiengängen sind. Das Gymnasium hat damit nicht nur direkt,<br />

sondern auch indirekt berufsorientierenden Charakter und schränkt durch<br />

die Wahl und Abwahl von Kursen frühzeitig die Studien- und damit Berufsrichtung<br />

ein. Abel untersuchte in einer retrospektiven Befragung von<br />

Studierenden Gründe für deren Wahl von Kursen und Studiengängen und<br />

stellte fest, dass bei ca. 34% der Befragten eine Übereinstimmung von<br />

schulischen Kursen und Studienfächern besteht, bei 9% lag eine Affinität<br />

vor. Bei Studiengängen wie Mathematik, Biologie, Englisch und Deutsch<br />

belegten 90% der Befragten einen entsprechenden Leistungskurs in der<br />

Sekundarstufe II (vgl. Abel 2001, o. S. zitiert von Driesel-Lange et al. 2006,<br />

S. 4 f.). Hinzu kommt, dass sich zahlreiche Abiturientinnen und Abiturienten<br />

um Berufsausbildungsstellen bemühen, entweder als alleinige Ausbildungsoption<br />

oder einem Studium vorangehend, und dass das Abitur, trotz<br />

gegenläufiger Appelle an Unternehmen, eine Eingangsvoraussetzung für<br />

stark nachgefragte Lehrberufe ist.<br />

Die Probleme Jugendlicher im Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt,<br />

aber beispielsweise auch die Ergebnisse internationaler Studien wie PISA<br />

und TIMSS gaben den Kultusministerien der Länder verstärkt Anstoß zur<br />

Überarbeitung der Lehrpläne. 59 Neue Fächer, neue Fächerverbünde, schul-<br />

59 Änderungen in den Lehrplänen können mittels der Lehrplandatenbank von Hedke und Weber<br />

nachvollzogen werden (vgl. Hedtke, Weber 2008).<br />

135


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

artspezifische Akzente, ganztägige schulische Angebote an vielen Schulen<br />

sowie außerunterrichtliche Projekte in der Kooperation verschiedener Fächer<br />

sind einige Ergebnisse der Entwicklung.<br />

Ergänzend zu Schulgesetzen und Lehrplänen existiert in den Bundesländern<br />

eine Reihe von Verwaltungsvorschriften, die Konsequenzen für didaktisches<br />

Handeln im Bereich der Berufsorientierung nach sich ziehen. Sie<br />

konzentrieren sich auf die generelle Umsetzung von Berufsorientierung<br />

(vgl. VV Berufsorientierung 2007) oder auf Schwerpunkte wie die Durchführung<br />

von Betriebspraktika. So werden in den Verwaltungsvorschriften<br />

des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (vgl. VwV-Betriebspraktika<br />

2000) oder des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-<br />

Württemberg (vgl. Verwaltungsvorschrift für Praktika 2007) u. a. Aussagen<br />

zu Zielen, zeitlichem Umfang und Dauer, zur Verortung in Klassenstufen<br />

und damit Zielgruppen, zu geeigneten Unternehmen und zur formellen<br />

Organisation von Betriebspraktika getroffen.<br />

Darzustellen sind weiterhin ergänzende Landesabkommen zur „Rahmenvereinbarung<br />

über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung“ zwischen der Kultusministerkonferenz<br />

und der Bundesanstalt für Arbeit (vgl. Kapitel 5.2).<br />

Sie enthalten mit den jeweiligen Schulgesetzen konforme und auf die spezifischen<br />

regionalen Bedingungen ausgerichtete Festlegungen zu Intentionen,<br />

Inhalten, Methoden und Medien sowie zu in die Berufsorientierung einzubeziehende<br />

Akteure (vgl. Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt et<br />

al. 2007; vgl. Bayerisches Staatsministerium 2006). Abgezeichnet sind<br />

Kooperationspapiere dieser Art zumeist durch das für die schulische Allgemeinbildung<br />

zuständige Ministerium und die jeweilige Regionaldirektion<br />

der Bundesagentur für Arbeit. Doch nicht nur mittels dieser Vereinbarungen,<br />

auch auf der Grundlage konzeptioneller Leitlinien erfährt die Berufsorientierung<br />

auf Landesebene Untersetzung. Beispielhaft anzuführen sind<br />

hier die „Qualitätsstandards zur Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit<br />

bei der Schaffung und Besetzung von Ausbildungsplätzen in Hessen<br />

(OloV)“, das „Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt“ Schleswig-<br />

Holstein oder die „Sächsische Strategie der Berufs- und Studienorientierung“.<br />

Die Hessischen Qualitätsstandards wurden initiiert durch die Partner des<br />

Hessischen Ausbildungspaktes, u. a. die Hessische Landesregierung, die<br />

Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern, die Arbeitsgemeinschaft<br />

der Hessischen Handwerkskammern, die Vereinigung<br />

der hessischen Unternehmerverbände, der Regionaldirektion Hessen der<br />

Bundesagentur für Arbeit (vgl. Hessisches Ministerium 2007, S. 7). Sie um-<br />

136


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

fassen neben Qualitätsstandards für die „Akquise von Ausbildungs- und<br />

Praktikumsplätzen“ sowie für den „Prozess Matching und Vermittlung“<br />

auch Standards für den „Prozess der Berufsorientierung mit Förderung der<br />

Ausbildungsreife“ (vgl. ebd., S. 16 ff.). Die Qualitätsstandards werden als<br />

Grundlage für eine mittel- und langfristige Qualitätsentwicklung in den jeweiligen<br />

Themenbereichen eingesetzt. In Hinblick auf die Berufsorientierung<br />

sind neben Zielstellungen und Inhalten auch Hinweise zur methodischen<br />

Gestaltung z. B. von Praktika, Praxistagen und Bewerbungstrainings<br />

formuliert (vgl. ebd., S. 32 ff.). Die Umsetzung der Qualitätsstandards<br />

im Feld der Berufsorientierung konzentriert sich auf Jugendliche der<br />

siebten Klasse an allgemeinbildenden Schulen und auf Schülerinnen und<br />

Schüler in berufsvorbereitenden und -qualifizierenden Maßnahmen an beruflichen<br />

Schulen (vgl. ebd., S. 22 f.).<br />

Dahingegen wird im schleswig-holsteinischen Handlungskonzept der<br />

Schwerpunkt auf Jugendliche ab der achten Klasse an Haupt- und Förderschulen<br />

gesetzt (vgl. Ministerium für Justiz et al. o. J., S. 3 und S. 8). Mit<br />

dem Leitpapier haben sich die beiden für Bildung und Arbeitsmarktpolitik<br />

verantwortlichen Ressorts der Landesregierung Schleswig-Holsteins „auf<br />

zeitnah umsetzbare und finanzierbare Maßnahmen“ zur Erhöhung der<br />

Ausbildungsreife festgelegt (vgl. ebd., S. 4). Hervorhebung finden u. a. Methoden<br />

wie Coaching, Berufsfelderprobung und Berufsfelderkundung, die<br />

als Handlungsfelder der Landesstrategie bezeichnet werden. Den Handlungsfeldern<br />

zugeordnet sind Zielbeschreibungen sowie Vorgaben zur<br />

inhaltlichen Untersetzung (vgl. ebd., S. 8 f.).<br />

Weitreichende Konsequenzen für didaktisches Handeln im Feld der Berufsorientierung<br />

zieht auch die „Sächsische Strategie der Berufs- und Studienorientierung“,<br />

festgehalten in der 2009 geschlossenen „Vereinbarung<br />

zur Zusammenarbeit der Sächsischen Staatsregierung und der Regionaldirektion<br />

der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen für den Bereich der Berufs-<br />

und Studienorientierung“ nach sich. Die Verankerung der Berufsorientierung<br />

im Freistaat Sachsen soll im nächsten Kapitel intensiver nachgezeichnet<br />

werden. Zum einen, weil sich mit Blick auf die Vereinbarung<br />

der Einfluss normbildender Faktoren auf die Bedingungs- und Entscheidungsfelder<br />

in seiner Komplexität in geeigneter Weise exemplarisch darstellen<br />

lässt. Zum anderen, weil das Bundesland als Untersuchungsgebiet für<br />

die in diese Arbeit integrierten primärstatistischen Untersuchungen dient.<br />

Neben landesspezifischen Handlungsrichtlinien bilden auch die bereits in Kapitel<br />

6.3.3.1 erwähnten Landeshochschulgesetze einen normenbildenen Faktor für<br />

die Umsetzung der Berufsorientierung. Sie regeln die Inhalte der Studien-<br />

137


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

beratung als Teil der Orientierung auf ein Studium. So liegt es in Verantwortung<br />

der Hochschulen Studienbewerberinnen und -bewerber über die<br />

Studienmöglichkeiten und über die Inhalte, den Aufbau und die Anforderungen<br />

eines Studiums zu informieren (vgl. BbgHG 2005, §11; vgl.<br />

BayHSchG 2009, §60). Gleichfalls wird durch die Gesetze eine Zusammenarbeit<br />

zwischen Studienberatung und Berufsberatung gefordert und<br />

damit die „Gemeinsame Empfehlung zur Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung<br />

und Studienberatung in der gymnasialen Oberstufe und in berufsbildenden Schulen“<br />

durch die Kultusministerkonferenz, die Bundesanstalt für Arbeit und die<br />

Hochschulrektorenkonferenz aufgegriffen (vgl. Kapitel 5.2). Studienberatung<br />

richtet sich ausschließlich an Abiturientinnen und Abiturienten und<br />

kann schulisch und außerschulisch implementiert sein.<br />

Abschließend anzuführen sind die Auflage und Ausgestaltung landesspezifischer<br />

Förderprogramme für die Berufsorientierung auf finanzieller Grundlage des Europäischen<br />

Sozialfonds. Auswirkungen auf didaktisches Handeln ergeben sich<br />

insbesondere aus den in den Richtlinien formulierten Aussagen zu Zielgruppen,<br />

Zielen und Rahmenbedingungen wie bspw. finanzielle Ressourcen.<br />

Aufgrund der Vielzahl verschiedener Richtlinien mit Bezug zur Berufsorientierung<br />

in jedem Bundesland sei hier auf die im nachfolgenden<br />

Kapitel angeführten exemplarischen Beispiele des Freistaates Sachsen verwiesen.<br />

6.4.3 Beispiel: Steuerung der Berufsorientierung<br />

im Freistaat Sachsen<br />

Die „Vereinbarung zur Zusammenarbeit der Sächsischen Staatsregierung und der Regionaldirektion<br />

der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen für den Bereich der Berufs-<br />

und Studienorientierung“ knüpft an den Kontrakt zwischen dem Sächsischen<br />

Staatsministerium für Kultus und der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur<br />

für Arbeit vom 08.09.2005 an. Im Vergleich zu analogen Vereinbarungen<br />

anderer Bundesländer ist die ministeriumsübergreifende Legitimierung<br />

des Kooperationspapieres hervorzuheben. Als wesentliche Intentionen<br />

des gemeinsamen Wirkens sind die Orientierung und Beratung hin<br />

auf einen direkten Übergang nach der Schule in eine Berufsausbildung oder<br />

ein Studium festgeschrieben. Eingeschlossen in diese Zielsetzungen sind<br />

neben der Förderung der Ausbildungsreife und Berufswahlreife von<br />

Jugendlichen auch die Verringerung von Berufsausbildungs- und Studienabbrüchen<br />

(vgl. Bundesagentur für Arbeit et al. 2009, S. 2). Dem in Kapitel<br />

3.2 erläuterten derzeitigen Verständnis von Berufsorientierung wird mit<br />

138


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

einer breiten Spanne an Zielgruppen Rechnung getragen. Adressaten didaktischen<br />

Handelns auf der Grundlage der Vereinbarung sind Schülerinnen<br />

und Schüler der beiden Sekundarstufen der allgemeinbildenden Schularten,<br />

interessierte Studienbewerber, Studierende und Absolventinnen und Absolventen<br />

der Hochschulen und der Berufsakademien Sachsens. Erreicht<br />

werden soll das formulierte Anliegen durch verschiedene Komponenten,<br />

bezeichnet als „Sächsische Strategie der Berufs- und Studienorientierung“. Auf der<br />

Ebene der Intentionen umfasst diese Kernziele der Berufsorientierung für<br />

die Klassenstufen der drei Schularten Förderschule, Mittelschule (die in<br />

Sachsen Hauptschul- und Realschulbildungsgang integriert) und Gymnasium.<br />

Auf der Inhaltsebene wurden Lehrplanbezüge zur Berufsorientierung<br />

herausgearbeitet. Der Berufswahlpass wird als die Berufsorientierung<br />

unterstützendes Medium eingesetzt. Mit dem Charakter von Normen<br />

fungieren Standards für schuleigene Konzepte, ein Qualitätssiegel sowie<br />

Qualitätskriterien für die Berufsorientierung (vgl. ebd., S. 3). Die einzelnen<br />

Elemente der „Sächsischen Strategie der Berufs- und Studienorientierung“<br />

werden in den folgenden Kapiteln erläutert. Federführend umgesetzt wird<br />

die Strategie durch die vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus zu<br />

Beginn des Jahres 2008 eingerichtete Landesservicestelle Schule-Wirtschaft.<br />

Bis Ende 2010 wurde diese unterstützt durch sogenannte Regionalteams,<br />

die mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Initiative Südwestsachsen<br />

e. V., dem Wirtschaftsforum Sächsisches Elbland e. V. und der Initiative<br />

B.O.S.S. Mitteldeutschland sowie Beraterinnen und Beratern Schule-<br />

Wirtschaft der Sächsischen Bildungsagentur sowie für den Berufswahlpass<br />

besetzt waren. 60 Unter Berücksichtigung regionaler Bedarfe und Entwicklungsschwerpunkte<br />

bestand die Aufgabe der Regionalteams in der<br />

„Entwicklung von Regionalstrategien zur Bündelung vorhandener und<br />

ggf. Initiierung neuer Aktivitäten, Vernetzung von Schule-Wirtschaft-<br />

Projekten in der Region, Entwicklung einer regionalen Informations- und<br />

Kommunikationskultur, Koordinierung der Projekt-träger“ (Sächsisches<br />

Staatsministerium für Kultus o. J.).<br />

Zur Weiterentwicklung und Umsetzung der Strategie sind zusätzlich<br />

ressortspezifische und gemeinsame Beiträge der einzelnen Paktpartner vorgesehen.<br />

Auf Seiten der Ministerien gehören u. a.<br />

60 Seit Beginn des Jahres 2011 arbeiten lediglich die Beraterinnen und Berater Schule-Wirtschaft<br />

der Sächsischen Bildungsagentur in bewährter Form an der Umsetzung der Strategie.<br />

139


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

� die Beratung und Zusammenführung von Akteuren in der Berufsund<br />

Studienorientierung, die Beratung bei der inhaltlichen Ausrichtung<br />

von Aktivitäten unter Berücksichtigung des regionalen Bedarfes<br />

(Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport - SMK),<br />

� eine Fokussierung auf die Wirtschaft und Gewinnung dieser als<br />

zentralen Akteur im Rahmen der Berufs- und Studienorientierung<br />

(Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit - SMWA),<br />

� die Umsetzung von Maßnahmen zur Sensibilisierung für geschlechtssensible<br />

Ansätze aller Akteure der Berufs- und Studienorientierung<br />

(Sächsisches Staatsministerium für Soziales - SMS)<br />

zu den Verantwortlichkeiten (vgl. Bundesagentur für Arbeit et al. 2009,<br />

S. 4). Durch die Ministerien erfolgt auch die Erstellung und Veröffentlichung<br />

von Förderrichtlinien auf Grundlage des Europäischen Sozialfonds,<br />

in denen Förderschwerpunkte zur Berufsorientierung definiert sind.<br />

Der damit gegebene normative Rahmen ist durch die unterschiedlichen<br />

Institutionen und ihre hauptsächlichen Ziele geprägt. Je nach Ministerium<br />

differieren die jeweiligen Förderaspekte, wie die nachfolgenden Beispiele<br />

verdeutlichen.<br />

Bei den Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus und<br />

Sport steht neben einer intensiveren Ausrichtung der Berufsorientierung<br />

auf mehr Praxisnähe eine höhere Kontinuität und Systematik in den Angeboten<br />

sowie eine Vernetzung von Akteuren im Vordergrund. Unter anderem<br />

werden Projekte mit folgender Schwerpunktsetzung gefördert:<br />

� „Erschließung von Synergieeffekten durch Bündelung und<br />

Koordinierung verschiedener Aktivitäten<br />

� Hinwirken auf die Verringerung von Fehlentscheidungen bei der<br />

Berufs- und Studienwahl von Schülern durch Vermittlung von<br />

realistischen Vorstellungen von Berufsbildern und Kenntnissen<br />

des wirtschaftlichen Bedarfs von Unternehmen sowie ihrer Anforderungen<br />

an Mitarbeiter<br />

� Erhöhung der Motivation der Schüler für unternehmerisches und<br />

selbstverantwortliches Handeln<br />

� Verbesserung und Intensivierung von Beratungsleistungen der<br />

Berufs- und Studienorientierung in qualitativer und quantitativer<br />

Hinsicht<br />

� Abbau geschlechtsspezifischer Vorbehalte gegenüber naturwissenschaftlichen<br />

und technischen Berufen und Studiengängen“<br />

(SMK-ESF-Richtlinie 2009, S. 12)<br />

140


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Im Mittelpunkt der Richtlinie der Sächsischen Staatsministerien für Wirtschaft<br />

und Arbeit und für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) steht die<br />

Steigerung des Engagements der Wirtschaft für die Berufsorientierung. Gefördert<br />

werden Projekte auf Initiative und zur Unterstützung von Unternehmen<br />

bei der Berufsorientierung sowie zur Identifizierung und zum<br />

Transfer von gelungenen Praxisbeispielen bei Unternehmen (vgl. ESF-<br />

Richtlinie Berufliche Bildung 2009, S. 15).<br />

Die Förderung von Berufswahlreife, die Ablösung geschlechtsspezifischen<br />

Berufswahlverhaltens sowie ein verbesserter Zugang zu Beschäftigung und<br />

sozialer Eingliederung von Benachteiligten durch Erhöhung ihrer Beschäftigungsfähigkeit<br />

werden in der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums<br />

für Soziales und des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und<br />

Landwirtschaft forciert (vgl. ESF-Richtlinie SMS/SMUL 2007, S. 19).<br />

Die Richtlinien liefern einerseits klar definierte Vorgaben zu Intentionen<br />

und Inhalten, zum Teil auch zu Methoden und Medien. Andererseits ergeben<br />

sich auch Konsequenzen in Hinblick auf Zielgruppen sowie interne<br />

und externe institutionelle Bedingungen. Grundsätzlich wird Berufsorientierung<br />

über den ESF nur für Schülerinnen und Schüler der 7. bis 12. Klassen<br />

gefördert. Je nach Richtlinie ergeben sich weitere Einschränkungen. So<br />

ist die Umsetzung von Berufsorientierung auf Basis der letztgenannten<br />

Richtlinie des SMS und des SMUL ausschließlich außerhalb von schulischen<br />

Abläufen (Ferien- und Freizeit) möglich. Resultierend aus den getroffenen<br />

Festlegungen zu Zuwendungsempfängern (z. B. Schulen, Jugendhilfe-<br />

und Bildungsträger oder Unternehmen), zu Art und Umfang<br />

sowie Höhe der Zuwendung ergeben sich Unterschiede hinsichtlich institutioneller<br />

Bedingungen, die auf die Umsetzung von Interventionen auf<br />

Grundlage der Richtlinien Einfluss nehmen.<br />

Die Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit sowie die zuständigen<br />

Agenturen für Arbeit verpflichten sich zur Erstellung und Umsetzung<br />

von agenturspezifischen Berufsorientierungskonzepten unter Einbeziehung<br />

der Träger der Grundsicherung (Jobcenter oder Optionskommunen)<br />

und der Schulen. Dazu gehört die Umsetzung eines Mindestangebotes<br />

zur Berufsorientierung spezifiziert nach den Schularten sowie von<br />

optionalen und zusätzlichen Angeboten, die von Seiten der Agenturen für<br />

Arbeit oder durch beauftragte Dritte realisiert werden (vgl. Ausführungen<br />

zu §33 und §421s SGB III im Kapitel 6.4.1). Jeder Schule ist eine Beratungsfachkraft<br />

der Agentur für Arbeit zugeteilt, die in Abstimmung mit<br />

dieser das agenturspezifische Berufsorientierungskonzept umsetzt. Das insgesamt<br />

vier (Förderschulen) oder sechs Unterrichtsstunden (Mittelschulen<br />

141


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

und Gymnasien) umfassende Mindestangebot sieht die Durchführung von<br />

Schulsprechstunden in den Vorabgangs- oder Abgangsklassen vor (am<br />

Gymnasium in der Klasser 10 oder in der Kursstufe 11). Die Beratungskräfte<br />

informieren über berufliche Möglichkeiten und über den Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt, zeigen wichtige Termine im Berufswahlprozess<br />

und das Dienstleistungsspektrum der Bundesagentur für Arbeit auf. Auch<br />

ein Besuch im Berufsinformationszentrum (BiZ) und in Abhängigkeit von<br />

der Schulart ein Elternabend in der Vorabgangs- oder Abgangsklasse gehören<br />

zum Mindestangebot. Optional und zusätzlich kann das Mindestangebot<br />

um weitere Elternabende, Schulsprechstunden, Projekttagen, Berufsorientierungsseminare<br />

etc. erweitert werden (vgl. Bundesagentur für Arbeit<br />

et al. 2009, S. 5 und 12 ff.).<br />

Zu den gemeinsamen Aufgaben der Ministerien und der Bundesagentur für<br />

Arbeit sind regelmäßige Abstimmungen zu ausgewählten bildungs- und arbeitsmarktpolitischen<br />

Schwerpunkten, die Initiierung, Planung und Erarbeitung<br />

von inhaltlichen Rahmenvorgaben für Projekte der Berufs- und<br />

Studienorientierung, die Umsetzung gemeinsamer Veranstaltungen oder<br />

Erarbeitung und Abstimmung eines gemeinsamen Weiterbildungskonzeptes<br />

für Lehrkräfte sowie Berufsberatungsfachkräfte zuzuordnen<br />

(vgl. ebd., S. 25 ff.)<br />

Über die „Vereinbarung zur Zusammenarbeit der Sächsischen Staatsregierung<br />

und der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen<br />

für den Bereich der Berufs- und Studienorientierung“ und die „Sächsische<br />

Strategie der Berufs- und Studienorientierung“ hinausgehend erhält die Berufsorientierung<br />

auch Impulse von Seiten diverser Gremien, die auf<br />

Landesebene aktiv sind. Dazu zählen das Kollegium „Berufsbildung und<br />

Fachkräfte für Sachsen“, die Landesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft<br />

Sachsen (LAS) oder der Landesarbeitskreis Jugendberufshilfe (LAK JBH).<br />

Zusätzlich arbeiten auf regionaler Ebene zahlreiche Netzwerke mit dem<br />

Arbeitsschwerpunkt der Berufsorientierung. Ihre Gründung resultiert<br />

häufig aus in den Regionen identifizierten Problemen und Handlungsbedarfen.<br />

Auf dieser Basis werden Handlungsschritte und Interventionen<br />

im Feld der Berufsorientierung abgestimmt und gemeinsam angegangen.<br />

6.4.3.1 Kernziele und Lehrplanbezüge<br />

Grundlage für die systematische Gestaltung der Berufsorientierung in den<br />

einzelnen Klassenstufen der Schularten bilden die in Tabelle 2 abgebildeten<br />

Kernziele zur Förderung von Berufswahlreife, Ausbildungsreife bzw.<br />

Hochschulreife.<br />

142


Tabelle 2: Kernziele der Klassenstufen<br />

II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

143


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

144


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Beginnend ab der fünften Klassenstufe ordnen sich die Zielstellungen in<br />

eine Sensibilisierungsphase sowie eine Reflexionsphase ein, welche die<br />

Komponenten „informieren“, „sich ausrichten“, „konkretisieren“ und<br />

„entscheiden“ enthalten. Die Ziele sind so strukturiert, dass Anknüpfungspunkte<br />

an die Arbeitswelt praxisnaher und intensiver werden, je näher das<br />

Verlassen der Schule rückt. Durch die Berücksichtigung von Diskontinuitäten<br />

bspw. hinsichtlich Berufswünschen erhält das idealtypische Schema eine<br />

Individualisierung sowie einen stärkeren Realitätsbezug. So wird u. a. das<br />

Erfordernis berufliche Alternativen und Überbrückungsmöglichkeiten zu<br />

kennen mitbedacht.<br />

In der Förderschule, der Mittelschule und dem Gymnasium sollen Wirtschaftswissen<br />

und Kenntnisse über die Arbeitswelt sowohl unterrichtsfachbezogen<br />

als auch fachübergreifend vermittelt werden. Berufsbezogene<br />

und arbeitsweltbezogene Inhaltsaspekte sowie persönlichkeitsbezogene berufsbiografische<br />

Inhaltsaspekte sind in zahlreichen Lernbereichen des<br />

Lehrplanes der unterschiedlichen Schularten, Klassenstufen und Fächer<br />

vorgesehen.<br />

Aus der Reihe der Förderschultypen61 wird insbesondere in den Schulen<br />

zur Lernförderung62 auf die Entwicklung von praktischen Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten Wert gelegt (vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus und<br />

Sport 2010b, S. 16). Anknüpfungspunkte für die Berufsorientierung bieten<br />

die Fächer Ethik, Deutsch und in Klasse acht und neun verstärkt auch Mathematik,<br />

Gemeinschaftskunde bzw. Rechtserziehung, Hauswirtschaft und<br />

Arbeitslehre (vgl. Tabelle 3).<br />

Sowohl in Ethik als auch in Deutsch ist ab Klassenstufe sieben der Lernbereich<br />

„Leben in der Gemeinschaft“ im Lehrplan verankert, der Inhalte zu<br />

den Lebensphasen Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter und zu beruflichen<br />

Zukunftsplänen vorsieht. Darüber hinaus sind Einblicke in berufliche<br />

Tätigkeiten, die Vorstellung von Berufsfeldern verschiedene Erwerbsformen,<br />

aber auch Arbeitslosigkeit als Unterrichtsthemen integriert. Ebenfalls<br />

ab der siebten Klasse wird das „Vorbereiten auf Beruf und Arbeit“<br />

61 Laut Sächsischem Schulgesetz werden acht Förderschultypen unterschieden, die der Unterrichtung<br />

von Schülerinnen und Schülern, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen, dienen.<br />

Hierzu zählen Schulen für Blinde und Sehbehinderte, Schulen für Hörgeschädigte, Schulen<br />

für geistig Behinderte, Schulen für Körperbehinderte, Schulen zur Lernförderung, Sprachheilschulen,<br />

Schulen für Erziehungshilfe, Klinik- und Krankenhausschulen (vgl. SchulG 2008, §13,<br />

Abs. 1).<br />

62 Schulen zur Lernförderung sind auf Schüler mit Schwierigkeiten „im Lern- und Leistungsverhalten,<br />

der Sprache, der Wahrnehmung und im Sozialverhalten“ spezialisiert (Sächsisches Staatsministerium<br />

für Kultus und Sport 2010b, S. 16).<br />

145


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

(Lernbereich 7) im Fach Deutsch unterstützt. Hier stehen die Entwicklung<br />

beruflicher Vorstellungen oder die Erstellung von Bewerbungsunterlagen<br />

im Mittelpunkt. Den inhaltlichen Komplex ergänzend, werden im Fach<br />

Gemeinschaftskunde die Interessen und Fähigkeiten sowie dazu passende<br />

realistische Perspektiven auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, aber<br />

auch Informationen zum Berufsausbildungsvertrag thematisiert (Lernbereich<br />

3 „Vorbereiten auf Beruf und Arbeit“). Die Erarbeitung eines realistischen<br />

Selbstkonzeptes findet sowohl in Hauswirtschaft (Lernbereich 3<br />

„Berufsorientierung“) als auch in der Arbeitslehre (Lernbereich 2 „Berufs-<br />

und Arbeitswelt“) ab Klasse acht Einbindung (vgl. Landesarbeitsstelle<br />

Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. o. J.c).<br />

Tabelle 3: Anknüpfungspunkte für Berufsorientierung im Lehrplan sächsischer Schulen<br />

zur Lernförderung<br />

146<br />

Fach Fachinhalte mit Bezug zur Berufsorientierung<br />

Ethik<br />

(Klassen 7/8/9)<br />

Informatik<br />

(Klassen 8/9)<br />

Deutsch<br />

(Klassen 7/8/9)<br />

Hauswirtschaft<br />

(Klasse 7/8/9)<br />

Arbeitslehre<br />

(Klassen 7/8/9)<br />

Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung<br />

(Klassen 8/9)<br />

� Kennen von Berufen und Formen der Erwerbstätigkeit<br />

� Auseinandersetzung mit Zukunftsplänen<br />

� Kennenlernen des Einflusses der Entwicklung von Computertechnik<br />

auf die Lebens- und Arbeitswelt – veränderte Berufsbilder,<br />

Lebensperspektiven<br />

� Erstellung von Bewerbungsschreiben und tabellarischem<br />

Lebenslauf<br />

� zielgerichtete Informationsgewinnung – Internetrecherche und<br />

Suchstrategien für Stellenangebote<br />

� Gestalten von Bewerbungsunterlagen und -gesprächen<br />

� Kennen von Bezeichnungen ausgewählter Geräte, Werkzeuge<br />

� Entwicklung eines realistischen Selbstkonzeptes und von<br />

beruflichen Vorstellungen<br />

� Ausdrücken von Neigungen und Interessen<br />

� Kennen von Aspekten der Erwerbsarbeit – Berufsbilder, Ausbildungswege<br />

und Einrichtungen<br />

� Überlegungen zur individuellen Erwerbsbiografie<br />

� Realistisches Selbstkonzept – Interessen und Fähigkeiten<br />

� Gewinnen von Einblicken in berufliche Tätigkeiten, Berufsfelder<br />

� Beurteilen eigener Verhaltensweisen und Einstellungen<br />

� praxisorientiertes Lernen in Betrieben oder Werkstätten der Schule<br />

� Kennen von Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit und Entwicklung<br />

realistischer Perspektiven, Aneignen von Kenntnissen über<br />

Chancen und Risiken des europäischen Arbeitsmarktes<br />

� Ausbildungsvertrag<br />

Quellen: Eigene Darstellung; vgl. Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. o. J.c


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Für Jugendliche aus Lernförderschulen ist ein vierzehntägiges Betriebspraktikum<br />

in der Klassenstufe 8 oder 9 vorgesehen (vgl. VwV-Betriebspraktika<br />

2000, §4, Abs. 2). „Die Betriebspraktika sollen den Schülern die Möglichkeit<br />

bieten, die Berufs- und Arbeitswelt unmittelbar kennenzulernen und<br />

dadurch die Berufswahl erleichtern.“ (ebd., §2, Abs. 1)<br />

Der Auftrag der Mittelschule wird formuliert als Vermittlung einer allgemeinen<br />

und berufsvorbereitenden Bildung sowie dem Schaffen von Voraussetzungen<br />

für eine berufliche Qualifizierung (vgl. SchulG 2008, §6,<br />

Abs. 1). Berufliche Orientierung ist demnach das Ziel aller Fächer. Maßgeblich<br />

konturiert wurde das Profil der Mittelschule durch den Modellversuch<br />

„Die Mittelschule im Freistaat Sachsen“ der Bund-Länder-<br />

Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) 63. Das<br />

in diesem Rahmen entstandene Profilkonzept, welches im Schuljahr<br />

2003/2004 an sächsischen Mittelschulen eingeführt wurde, umfasst in erster<br />

Linie die Komponenten:<br />

� Technik/Computer (TC) in der Klassenstufe 5 und 6 mit acht<br />

Wochenstunden,<br />

� Wirtschaft-Technik-Haushalt/Soziales (WTH) in der Klassenstufe 7<br />

bis 9 mit acht Wochenstunden und dem Anspruch praxisorientierte<br />

Bezüge zur Lebens- und Arbeitswelt und realitätsnahe Berufsorientierung<br />

in Kooperation mit der Wirtschaft zu gewährleisten sowie kontinuierlich<br />

und systematisch auf die Berufswahl vorzubereiten,<br />

� Neigungskurse in den Klassenstufen 7 bis 9 mit sechs Wochenstunden<br />

zur individuellen Förderung von Neigungen, Interessen und Begabungen<br />

und Angeboten entsprechend den materiellen und personellen<br />

Schulressourcen,<br />

� Vertiefungskurse in der Klassenstufe 10 mit drei Wochenstunden in<br />

den Fachbereichen Wirtschaft, Technik, Kunst und Kultur oder Gesundheit<br />

und Soziales – je nach Neigungen und Fähigkeiten,<br />

� Komplexarbeit mit den Elementen planen, realisieren, dokumentieren,<br />

präsentieren und verteidigen (vgl. Sächsisches Staatsministerium für<br />

Kultus 2009, S. 5 ff.).<br />

Anknüpfungspunkte für die Berufsorientierung sind im Fächerkanon der<br />

Mittelschule neben den genannten Fächern auch in Deutsch, Englisch,<br />

Ethik oder Mathematik zu finden (vgl. Tabelle 4).<br />

63 Für weitere Informationen vgl. Sächsisches Staatsinstitut für Bildung und Schulentwicklung<br />

1996.<br />

147


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Tabelle 4: Anknüpfungspunkte für Berufsorientierung im Lehrplan sächsischer Mittelschulen<br />

Fach Fachinhalte mit Bezug zur Berufsorientierung<br />

Technik und � Vorstellen und Beschreiben von Berufen<br />

Computer<br />

(Klassen 5/6)<br />

Ethik/Religion � Erkennen des Zusammenhangs zwischen Beruf und<br />

(Klassen<br />

Lebensplanung<br />

7/8/9/10) � Auseinandersetzen mit den Themen ehrenamtliche Tätigkeit und<br />

Helfen<br />

Fach Informatik � Beschaffen von berufskundlichen Informationen über das Internet<br />

(Klassen<br />

� Erstellen von Online-Bewerbungen<br />

7/8/9/10)<br />

Deutsch<br />

� Erstellen von Bewerbungsunterlagen, Trainieren von Bewerbungs-<br />

(Klassen<br />

situationen<br />

7/8/9/10) � Beherrschen von Methoden der Informationsbeschaffung<br />

� Anwenden von sprachlichen und gestalterischen Mitteln zum<br />

Schreiben eigener Zeitungsartikel für die Schülerzeitung (z. B. über<br />

Berufe, berufliche Interessen)<br />

� Beherrschen der Anforderungen von Prüfungssituationen und Vorstellungsgesprächen<br />

– Zusammenarbeit mit Firmen und Behörden<br />

Englisch<br />

� Anfertigen von Lebenslauf und Bewerbungsschreiben<br />

(Klassen 8/9) � Erwerben von Kenntnissen über europäische<br />

Bildungsmöglichkeiten<br />

Mathematik � Berechnen von Lebenserhaltungskosten, Führen eines<br />

(Klassen 8/9/10) Haushaltsbuches<br />

� Lesen und Prüfen von Rechnungen<br />

� Beurteilen von Gründen für Kreditaufnahme, von verschiedenen<br />

Kreditangeboten und Tilgungsplänen<br />

Wirtschaft- � Kennen von Grundlagen der ökonomischen Bildung<br />

Technik-<br />

� Kennen der Bedingungen der Arbeitswelt<br />

Haushalt/<br />

� Kennen der Berufsausbildungsmöglichkeiten in Deutschland sowie<br />

Soziales (WTH) deren Voraussetzungen<br />

(Klassen 8/9/10) � Analysieren persönlicher Voraussetzungen für Berufe<br />

� Gestalten des Berufsorientierungsprozesses: Berufswunsch und<br />

Alternativen, Zeitplanung, Möglichkeiten der Berufsausbildungsplatzsuche<br />

� Berufsausbildungsvertrag und Grundlagen von<br />

Vertragsabschlüssen<br />

� aktive Teilnahme an Praktika und Erkundungen<br />

Biologie, Physik, � Bezüge zu technisch-naturwissenschaftlich geprägten<br />

Chemie<br />

Berufsbildern<br />

(Klassen 8/9/10)<br />

Geographie � Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten der<br />

(Klassen 8/9/10) Globalisierung<br />

Gemeinschafts- � Erwerben von Kenntnissen über Wirtschaftsordnungen und<br />

kunde/Rechts Wirtschaftssysteme<br />

erziehung<br />

� Aneignen von Kenntnissen über Sozialsysteme und<br />

(Klasse 9/10) Mitbestimmung<br />

Quellen: Eigene Darstellung; vgl. Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. o. J.b)<br />

148


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

So wird in Klasse sieben im Fach Deutsch Wissen zur sprachlichen Gestaltung<br />

von eigenen Vorstellungen und Wünschen für die Zukunft vermittelt<br />

(Wahlpflicht 3 „Wünsche zwischen Traum und Wirklichkeit“), welches<br />

auch im Fach Englisch Anwendung findet (Lernbereich „Me and others“).<br />

Hier werden zudem die Arbeitsmöglichkeiten von Jugendlichen in englischsprachigen<br />

Ländern aufgegriffen (Lernbereich „Education and work“).<br />

Zur Schulung der Selbst- und Sozialkompetenz finden sich Ansätze in<br />

Ethik (Lernbereich 1 „Umgang mit Konflikten“). In Klasse acht gewinnt<br />

das Fach Mathematik an Bedeutung. Thematisiert werden beispielsweise<br />

„Wirtschaftliches Rechnen“ (Lernbereich 1), „Mathematik im Alltag“<br />

(Lernbereich 5), „Achtung Schuldenfalle“ (Wahlpflicht 2). Im Deutschunterricht<br />

in der neunten Klasse wird das Beherrschen von Anforderungen in<br />

Prüfungssituationen und in Vorstellungsgesprächen trainiert (Lernbereich 1<br />

„Gewusst wie“). Enge Schnittstellen bestehen zum Lernbereich 1 des<br />

WTH-Unterrichtes „Berufsorientierung II“, in dem Berufswunsch und Alternativen,<br />

Zeitplanung, Möglichkeiten der Ausbildungsplatzsuche, Berufsausbildungsvertrag<br />

etc. thematisiert werden (vgl. Landesarbeitsstelle<br />

Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. o. J.b).<br />

Die bereits erwähnten Neigungskurse bieten über alle Klassenstufen hinweg<br />

inhaltliche Ergänzungsmöglichkeiten, die in Zusammenarbeit mit<br />

außerschulischen Partnern ausgefüllt werden können. In diesem Zusammenhang<br />

ist festzuhalten, dass der Kooperation mit berufsbildenden Schulen<br />

und anderen Partnern der Berufsausbildung in der Mittelschule wachsende<br />

Bedeutung beigemessen wird (vgl. SchulG 2008, §6, Abs. 4). Die Zusammenarbeit<br />

soll das Kennenlernen von Berufsfeldern und das Sammeln<br />

erster praktischer Erfahrungen bei den Jugendlichen befördern. Ein vierzehntägiges<br />

Betriebspraktikum ist für Mittelschülerinnen und Mittelschüler<br />

obligatorisch festgelegt, ein weiteres Praktikum oder Praxistage sind je nach<br />

Ermessen der Schulleitung möglich. Die Realisierung ist für die Klassenstufen<br />

8, 9 oder 10 vorgesehen (vgl. VwV-Betriebspraktika 2000, §4, Abs. 2;<br />

vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus 2009, S. 7).<br />

In Gymnasien wird der Auftrag verfolgt, „Schülern mit entsprechenden<br />

Begabungen und Bildungsabsichten eine vertiefte allgemeine Bildung, die<br />

für ein Hochschulstudium vorausgesetzt wird“ (SchulG 2008, §7, Abs. 1)<br />

zukommen zu lassen. Sie schaffen gleichfalls „Voraussetzungen für eine<br />

berufliche Ausbildung außerhalb der Hochschule“ (ebd.). Sächsische Gymnasien<br />

bieten gesellschaftswissenschaftliche, naturwissenschaftliche, sprachliche,<br />

künstlerische oder sportliche Profile an (vgl. Sächsisches Staatsministerium<br />

für Kultus 2009, S. 11 ff.). Anknüpfungspunkte für die Berufsorientierung<br />

bestehen auch hier in einer Vielzahl von Fächern (vgl. Tabelle 5).<br />

149


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Tabelle 5: Anknüpfungspunkte für Berufsorientierung im Lehrplan sächsischer Gymnasien<br />

Fach Fachinhalte mit Bezug zur Berufsorientierung<br />

Technik und � Vorstellen und Beschreiben von Berufen<br />

Computer<br />

(Klassen 5/6)<br />

� Anwenden des Sprach- und Sachwissens zum Themenbereich<br />

Education, Jobs and Career sowie Business<br />

Englisch (Klassen/Kursstufe<br />

7/8/9/ 10/11)<br />

Informatik (Klassen/Kursstufen<br />

7/8/9/10/11/12)<br />

Deutsch (Klassen/Kursstufe<br />

8/9/10/11)<br />

Ethik/Religion<br />

(Klasse/Kursstufe<br />

7/8/12)<br />

Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung/Wirtschaft<br />

(Klasse/<br />

Kursstufe 10/11)<br />

150<br />

� Beschaffen von berufskundlichen Informationen über das<br />

Internet<br />

� Erstellen von Online-Bewerbungen<br />

� Gestalten von Lebenslauf und Bewerbungsschreiben<br />

� Zukunftswünsche, berufliche Vorstellungen<br />

� Anwenden von Grundregeln der Rhetorik in Bezug auf berufs- und<br />

studienorientierende Themen<br />

� Verhalten Jugendlicher auf der Suche nach Identität (eigener Stil,<br />

Lebensziele)<br />

� Auseinandersetzen mit den Themen ehrenamtliche Tätigkeit,<br />

soziales Engagement, Sozialisation in Arbeit und Beruf, Mensch<br />

und Technik, Ethik in der Wirtschaft<br />

� Lebensgestaltung und Sinnsuche<br />

� Kennen der Notwendigkeit von Orientierung in<br />

Krisensituationen (z. B. Arbeitslosigkeit)<br />

� Auseinandersetzung mit Berufs- und Studienorientierung sowie Berufs-<br />

und Studienwahl<br />

� Kennen der Europäischen Union als Möglichkeit individueller und<br />

beruflicher Lebensplanung<br />

� Kennen verschiedener Formen der Erwerbstätigkeit<br />

� Entwickeln eigener Zukunftsvisionen<br />

Quellen: Eigene Darstellung; vgl. Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. o. J.a<br />

So wird in Ethik in Klasse sieben u. a. das Verhalten Jugendlicher auf der<br />

Suche nach Identität (Wahlpflicht 1) sowie in Klasse acht eine moderne<br />

Lebensgestaltung und das Verhalten in Krisensituationen, wie der Arbeitslosigkeit<br />

(Lernbereich 3: „Auf der Suche nach Sinn und Orientierung“)<br />

thematisiert. Das Beherrschen von auf das Lernen bezogenen Strategien<br />

und das Organisieren und Beurteilen des eigenen Lernerfolgs (Lernbereich<br />

1) sowie die Anwendung erweiterten Sprach- und Sachwissens zum Thema<br />

„Education, Jobs and Career“ (Lernbereich 3) werden in Englisch in den<br />

Klassen sieben und acht geübt. Fähigkeiten, Interessen und Stärken sowie<br />

Zukunftsvorstellungen sind Inhalte, die im Lehrplan des Faches Deutsch<br />

ab Klasse sieben verankert sind. Kommunikation, beispielsweise in Form<br />

von Vorträgen zu Zukunftswünschen, beruflichen Vorstellungen und Berufsbildern<br />

oder das Schreiben von Bewerbungen spielen ebenso eine gro-


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

ße Rolle (Lernbereich 3 „Lesen und Schreiben“ – Klasse 10 und Lernbereich<br />

3 „Gestalten von Reden“ – Jahrgangsstufe 11; vgl. Landesarbeitsstelle<br />

Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. o. J.a).<br />

Je nach Ermessen der Schulleitung ist am Gymnasium ein Praktikum für<br />

die Klassenstufe 9 oder 10 vorgesehen (vgl. VwV-Betriebspraktika 2000,<br />

§4, Abs. 2). Zusätzlich besteht für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten die<br />

Möglichkeit der beruflichen Orientierung, der Erhöhung der Studierfähigkeit<br />

und der Vorbereitung auf ein Hochschulstudium im Rahmen der<br />

Erbringung der sogenannten „Besonderen Lernleistung“ (BeLL). Diese ist<br />

„ein umfassender Beitrag in einem vom Freistaat Sachsen geförderten<br />

Leistungswettbewerb, einem vergleichbaren Bundeswettbewerb oder einem<br />

internationalen Leistungswettbewerb, eine umfangreiche Arbeit mit<br />

wissenschaftspropädeutischem Anspruch, die Aufarbeitung eines umfassenden,<br />

auch fachübergreifenden Projektes oder Praktikums. Der Anspruch,<br />

der mit der Erarbeitung einer Besonderen Lernleistung verbunden<br />

ist, ergibt sich vorrangig aus den Anforderungen, die Hochschulen<br />

und Universitäten an die Studierenden stellen.“ (Sächsisches Staatsministerium<br />

für Kultus und Sport 2010a, S. 16)<br />

6.4.3.2 Berufswahlpass<br />

Ein unterstützendes Instrument für Schule, um Berufsorientierung transparent<br />

zu machen und als einen in sich schlüssigen Prozess zu konzipieren, ist<br />

der Berufswahlpass (vgl. Kapitel 6.3.4.1). Das Arbeitsmittel wurde im<br />

Schuljahr 2006/2007 schrittweise ab der Klassenstufe 7 in die sächsischen<br />

Schulen eingeführt und wird gegenwärtig von 92% der Förderschulen, 84%<br />

der Mittelschulen und 59% der Gymnasien in Sachsen genutzt (vgl. Landesarbeitsstelle<br />

Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. 2011, S. 1). Der Pass<br />

wird in einer Variante für die Berufsorientierung an Mittelschulen und Förderschulen<br />

und in einer Variante für die Studien- und Berufsorientierung<br />

an Gymnasien angeboten, die auf den sächsischen Lehrplan abgestimmt<br />

sind. Berater der Sächsischen Arbeitsstelle für Schule und Jugendhilfe e. V.<br />

unterstützen Schulen bei der Einführung des Passes und bei der Arbeit mit<br />

ihm. Sie geben Anregungen für die Erstellung des schuleigenen lehrplanbezogenen<br />

Arbeitsplanes für die Beruforientierung und erarbeiten gemeinsam<br />

mit Lehrenden schuleigene Musterpässe, die als Orientierungsgrundlage für<br />

die Arbeit mit dem Berufswahlpass dienen können. Schülerinnen und<br />

Schüler sollen mit dem Pass eine Hilfestellung erhalten, ihre Berufsorientierung<br />

zu organisieren, zu reflektieren, zu dokumentieren und damit zu<br />

systematisieren. Der Berufswahlpass ist strukturiert in die vier Teile: „An-<br />

151


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

gebote zur Berufsorientierung“ der Schule und ihrer Partner, „Mein Weg<br />

zur Berufswahl“ als Kernstück des Passes, welches den mehrjährigen Prozess<br />

vom Nachdenken über Stärken und Interessen bis hin zur Berufswahlentscheidung<br />

unterstützt, „Dokumentation“ von Aktivitäten, „Lebensordner“<br />

mit lebenspraktischen Anregungen z. B. für den Umgang mit Geld<br />

oder mit Ämtern (vgl. Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen<br />

e. V. 2007, S. 8 ff.). Durch die gebündelte Zusammenstellung von Unterlagen<br />

und von Zertifikaten sind Stärken und Kompetenzen, Praktika und<br />

Praxiserfahrungen nicht nur für den Jugendlichen selbst, sondern auch für<br />

die den Berufsorientierungsprozess begleitenden Akteure, wie Eltern, Unternehmen,<br />

Lehrende und Fachkräfte der Berufsberatung, transparenter.<br />

6.4.3.3 Schuleigenes Konzept<br />

Zur Systematisierung der Berufsorientierung sind sächsische Schulen angehalten,<br />

in gemeinsamer Koordination des Lehrerkollegiums ein schuleigenes<br />

Konzept zu entwickeln. Dieses soll sich an den Kernzielen orientieren<br />

und mit den von den Agenturen für Arbeit erstellten Konzepten abgestimmt<br />

sein (vgl. Bundesagentur für Arbeit et al. 2009, S. 10). Das schuleigene<br />

Konzept wird zudem als Voraussetzung für die Arbeit mit dem Berufswahlpass<br />

angesehen. Zur Unterstützung der Erarbeitung und der Umsetzung<br />

werden Informations- und Fortbildungsveranstaltungen sowie<br />

schulspezifische Beratungen von Seiten der Landesservicestelle Schule-<br />

Wirtschaft angeboten. Des Weiteren ist für Schulen eine Reihe von Materialien<br />

abrufbar, die zur Professionalisierung der Berufsorientierungskonzepte<br />

beitragen sollen. Dazu gehören u. a. ein Leitfaden sowie Leitfragen für<br />

die Entwicklung von Berufsorientierungskonzepten, ein Leitfaden zur<br />

Durchführung von Betriebspraktika sowie ein Muster für eine Kooperationsvereinbarung<br />

mit außerschulischen Partnern. Laut Leitfaden steht am<br />

Beginn der Konzepterstellung eine Bestandsaufnahme und Situationsbeschreibung<br />

zu den internen und externen Rahmenbedingungen der Schule<br />

(u. a. Anzahl der Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Klassen personelle<br />

und räumliche Ressourcen, Aktivitäten, Inhalte und Partner der<br />

Berufsorientierung der Schule). Hieran schließt sich eine Bedarfsanalyse,<br />

die eng an eine Zielbeschreibung gekoppelt ist, an. In dieser Phase sollten<br />

aus den bereits bestehenden Aktivitäten Bedarf abgeleitet und die Ergebnisse<br />

in einer Maßnahmeplanung für die Berufsorientierung zusammengeführt<br />

werden. Dabei sind alle Angebote zur beruflichen Orientierung der<br />

Schule nach Klassenstufen zu beachten und systematisch aufeinander aufzubauen.<br />

Ebenso ist der Bezug zum Berufswahlpass sowie zu den an den<br />

152


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Einzelmaßnahmen beteiligten Partnern zu vermerken. Aus dem Maßnahmeplan<br />

ist für jedes Schuljahr ein Arbeitsplan abzuleiten, der Konkretisierungen<br />

zu den Einzelmaßnahmen mit Terminen und Verantwortlichkeiten<br />

erfasst. Die Umsetzung des Konzeptes soll durch die Dokumentation von<br />

Aktivitäten, die Überprüfung der Umsetzung von Vereinbarungen und der<br />

Kernziele der Berufsorientierung sowie durch die Sichtung der Berufswahlpässe<br />

der Schülerinnen und Schüler Überprüfung finden. Schulen sind<br />

zudem aufgefordert, das schuleigene Konzept in regelmäßigen Abständen<br />

auf Relevanz und Aktualität zu beleuchten (vgl. Sächsisches Staatsministerium<br />

für Kultus und Sport o. J.b, S. 1 f.).<br />

6.4.3.4 Qualitätssiegel<br />

Mit dem Ziel, in Schulen die Nachhaltigkeit der Berufsorientierung zu erhöhen<br />

und die Verantwortung der Schule und ihrer Partner zu stärken,<br />

wird durch das Sächsische Staatsministerium für Kultus und Vertretungen<br />

der Wirtschaft seit 2007 das Qualitätssiegel für Berufsorientierung an Förderschulen,<br />

Mittelschulen und Gymnasien verliehen. Das Siegel honoriert<br />

die Gestaltung der Berufs- und Studienorientierung als pädagogische Querschnittsaufgabe<br />

einer Schule. Damit bedingen und ergänzen sich nicht nur<br />

die Arbeit mit dem Berufswahlpass und die Konzeptarbeit gegenseitig,<br />

sondern sie können auch als Grundlage für eine Bewerbung für das Qualitätssiegel<br />

genutzt werden. Ausgezeichnet werden Schulkonzepte, welche<br />

die Förderung der ökonomischen Bildung und die Kompetenzentwicklung<br />

bei den Schülerinnen und Schülern, Praktika, Arbeits- und Lebenswelterkundung<br />

sowie Anschlussorientierung und Übergangsplanung in den<br />

Mittelpunkt stellen (vgl. zu diesem Abschnitt Sächsisches Staatsministerium<br />

für Kultus und Sport o. J.c). Das Siegel ist landesspezifisch ausgerichtet<br />

und findet parallel zum bundesländerübergreifend eingesetzten Berufswahl-<br />

Siegel Anwendung (vgl. Kapitel 6.4.1).<br />

6.4.3.5 Qualitätskriterien<br />

Zum Ausbau der Qualität berufsorientierender Interventionen finden seit<br />

dem Jahr 2009 Qualitätskriterien Einsatz. Sie sind Grundlage für die Bewertung,<br />

Umsetzung und Ergebnissicherung von Maßnahmen. Durch den<br />

verbindlich geschaffenen Maßstab soll einerseits die Durchführungsqualität<br />

von Interventionen langfristig gesteigert und gesichert sowie zur Standardisierung<br />

von Projekten beigetragen werden (vgl. Trojahner 2009, S. 2).<br />

Andererseits besteht von Seiten der Sächsischen Staatsregierung und der<br />

153


II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit die Bestrebung,<br />

bei den Akteuren der Berufsorientierung ein landesweit einheitliches Qualitätsverständnis<br />

herzustellen. Gleichzeitig werden von der Anwendung der<br />

Standards eine systematisierende Wirkung und eine Steigerung der Effizienz<br />

in der Kooperation erwartet. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben,<br />

dass im Kontext außerunterrichtlicher Berufsorientierung auf<br />

Schulen die Verantwortung lastet, aus einer Vielzahl von Angeboten und<br />

ihren Trägern auszuwählen. Die Erweiterung des schulischen Angebotsspektrums<br />

ohne dafür ohnehin knappe institutionelle Ressourcen aufbringen<br />

zu müssen, erscheint auf den ersten Blick attraktiv. Jedoch geht mit<br />

der quantitativen Aufstockung nicht immer auch eine qualitative Verbesserung<br />

einher. Die Schule verwehrt sich zudem die Mitgestaltung an der Berufsorientierung<br />

und verliert ihre Autonomie gegenüber Trägern und Förderpolitik<br />

(vgl. Trojahner 2008, S. 1 f.). Die Qualitätskriterien sollen schulischen<br />

Entscheidungsträgern die Auswahl von geeigneten Angeboten erleichtern.<br />

Parallel dazu kommen sie bei der Prüfung von Anträgen zur Förderung<br />

durch den Europäischen Sozialfonds zum Einsatz.<br />

154<br />

„Auf diese Weise entfalten die Kriterien eine Lenkungsfunktion, die nicht<br />

nur die Auswahl der angeboten[!] Projekte und Maßnahmen beeinflusst,<br />

sondern bereits früher greift, indem nur solchen Angeboten Zugang zum<br />

Markt gewährt wird, deren Qualität und Nützlichkeit für die Schulen von<br />

vornherein gegeben ist.“ (Trojahner 2008, S. 2)<br />

Unterschieden werden sieben pädagogische und fünf organisatorische Kriterien,<br />

die in ihrer Kurzform in Tabelle 6 dargelegt sind. Während die pädagogischen<br />

Standards mit Unterrichtsprinzipien vergleichbar sind, entfalten<br />

die organisatorischen Kriterien ihren Stellenwert in Bezug auf die organisatorische<br />

Gestaltung und Ablaufplanung von Interventionen.


Tabelle 6: Qualitätskriterien für die Berufsorientierung im Freistaat Sachsen<br />

II THEORETISCHE ASPEKTE DER BERUFSORIENTIERUNG – 6 Aktuelle didaktische Umsetzung<br />

155


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

III Empirische Analyse der<br />

Wirksamkeit von Berufsorientierungsangeboten<br />

7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

Nach der Analyse konzeptioneller Grundgedanken, theoretischer Erklärungsansätze<br />

und didaktischer Aspekte wird nun im Themenschwerpunkt<br />

III Empirische Analyse der Wirksamkeit von Berufsorientierungsangeboten auf vorliegende<br />

Studien und bisherige Forschungsergebnisse sowie eigene Erhebungen<br />

über Effekte von Orientierungsmaßnahmen eingegangen. Mit der<br />

Überprüfung der Wirksamkeit von Orientierungsangeboten befasst sich die<br />

Evaluationsforschung (vgl. Bortz, Döring 2006, S. 102). Die Grund-<br />

annahmen der Evaluation sind richtungweisend für die hier vorliegende<br />

Untersuchung und sollen daher als erstes Betrachtung finden. Es folgen<br />

Ausführungen zum Forschungsstand und zu Forschungsergebnissen<br />

wirkungsorientierter Evaluation zur Berufsorientierung.<br />

7.1 Theoretische Bezüge innerhalb der<br />

Evaluationsforschung<br />

Der Begriff der Evaluation ist durch ein vielfältiges Bedeutungsverständnis<br />

geprägt. Der Terminus ist nicht allgemein anerkannt definiert und mit ihm<br />

in Verbindung stehende Theorien, Modelle, Verfahrensweisen und Methoden<br />

werden von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Fachrichtungen<br />

intensiv diskutiert 64. Im Mittelpunkt der Debatte steht dabei vor<br />

allem die Frage, ob die Evaluation eine eigenständige wissenschaftliche<br />

Disziplin oder ein Teilgebiet der empirischen Forschung ist, wonach sich<br />

jeweils unterschiedliche Qualitätsansprüche und Standards ergeben. In<br />

Konsequenz dieses Diskurses arbeiteten mehrere Autorinnen und Autoren<br />

statt einer weiteren Definition allgemeine Kennzeichen wissenschaftlicher<br />

Evaluation heraus, die für die hier realisierten Untersuchungen grundlegend<br />

sind. Demnach besteht nach Wottawa und Thierau ein Konsens darüber,<br />

64 Eine umfangreiche Gegenüberstellung von Evaluationsmodellen, die stark verbreitet oder diskutiert<br />

sind, ist bei Beywl zu finden (vgl. Beywl 2006, S. 97 ff.). Zur Diskussion des Evaluationsbegriffes<br />

vgl. Lames 2000, S. 17 f.; vgl. Lüders 2006, S. 48 f.; vgl. Balzer 2006, S. 123.<br />

157


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

dass Evaluation ziel- und zweckorientiert und bewertend ist sowie sozialwissenschaftliche<br />

Forschungsmethoden systematisch anwendet, d. h. wissenschaftlichen<br />

Kriterien genügt, die auch sonst für empirische Forschungsarbeiten<br />

gelten (vgl. Wottawa, Thierau 1998, S. 14). Unter Zielorientierung<br />

wird hierbei das Anliegen verstanden, „praktische Maßnahmen<br />

zu überprüfen, zu verbessern oder über sie zu entscheiden“ (ebd.). Scheinbar<br />

entgegen steht der Ansatz der zielfreien Evaluation nach Sriven (vgl.<br />

Scriven 1991, S. 180). Nach diesem ist die Beschäftigung mit den Projekt-<br />

oder Programmzielen zu vermeiden bzw. sind diese bei der Evaluation<br />

nicht zu berücksichtigen. Stattdessen hat die Konzentration auf den<br />

Verbraucher oder Nutzer Priorität. Die Begrifflichkeit ist insofern irreführend,<br />

da weder die Evaluation noch die evaluierte Maßnahme zielfrei sind.<br />

Lediglich hat die Suche nach Wirkungen, die direkt durch ein Projekt oder<br />

Programm verursacht wurden, frei von Kenntnis über intendierte und<br />

nichtintendierte Ziele zu erfolgen. Zusätzlich zu den von Wottawa und<br />

Thierau genannten Merkmalen sehen Will et al. eine Konzentration von<br />

Evaluation „auf einzelne Bereiche geplanter, durchgeführter oder abgeschlossener<br />

Maßnahmen, weniger hingegen auf die Messung und Beurteilung<br />

des Verhaltens Einzelner“ als verallgemeinerbares Charakteristikum<br />

(Will et al. 1987, S. 14). Bortz und Döring formulieren in Ergänzung zu<br />

diesen Kennzeichen von Evaluationen folgende zentrale Ziele, Zwecke<br />

oder Funktionen:<br />

158<br />

„1. Erkenntnisfunktion: Evaluationsforschung trägt definitionsgemäß<br />

dazu bei, wissenschaftliche Erkenntnisse über die Eigenschaften<br />

und Wirkungen von Interventionen zu sammeln.<br />

2. Optimierungsfunktion: Wo liegen Stärken der Intervention im Hinblick<br />

auf die Interventionsziele und wie lassen sie sich ausbauen?<br />

Wo liegen Schwächen der Intervention und wie lassen sie sich beseitigen?<br />

3. Kontrollfunktion: Wird das Projekt korrekt umgesetzt? In welchem<br />

Maße (Effektivität) und mit welcher Effizienz (Kosten-Nutzen-<br />

Bilanz) werden die intendierten Wirkungen der Maßnahme (Interventionsziele)<br />

erreicht? Welche nicht intendierten positiven und negativen<br />

Nebenwirkungen treten auf?<br />

4. Entscheidungsfunktion: Soll eine bestimmte Intervention gefördert,<br />

umgesetzt, weiterentwickelt, genutzt etc. werden oder nicht? Welche<br />

von mehreren - vergleichbaren Interventionen soll gefördert,<br />

umgesetzt, weiterentwickelt, genutzt etc. werden?


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

5. Legitimationsfunktion: Sowohl die Durchführung von Evaluationsforschung<br />

als auch ihre Befunde sollen dazu beitragen, die Entwicklung<br />

und Durchführung einer Intervention nach außen zu legitimieren<br />

und vor allem über die Verwendung öffentlicher Gelder Rechenschaft<br />

abzulegen.“ (Bortz, Döring 2006, S. 97) 65<br />

Die Gewichtung dieser Funktionen ist abhängig von Interessen des jeweiligen<br />

Initiators bzw. der Nutzenden der Evaluation und steuert das zu wählende<br />

Evaluationsdesign (vgl. Stockmann 2006b, S. 29 f.). Neben den einzelnen<br />

Funktionen findet die interne und die externe Evaluation Unterscheidung.<br />

Für eine interne Evaluation ist eine Bewertung durch die Beteiligten<br />

eines Programms oder Projektes charakteristisch, d. h. die praxisgestaltenden<br />

Fachleute sind identisch mit den Evaluatoren. Die Akteure<br />

prüfen demnach ihre eigene Tätigkeit. Bei externen Evaluationen liegt das<br />

Untersuchungsverfahren in Verantwortung einer Außeninstanz, die mit distanziertem<br />

Blick Anregungen und Entwicklungsimpulse geben kann (vgl.<br />

Böttcher et al. 2006, S. 10 f.). Des Weiteren erfolgt eine Differenzierung<br />

hinsichtlich der Evaluationsgegenstände (z. B. Projekt, Programm, Organisation)<br />

und des Zeitpunktes einer Evaluation. Unterschieden wird einerseits<br />

zwischen formativer und summativer Herangehensweise. Formative Evaluationen<br />

sind als begleitende Forschung während der Durchführung einer<br />

Intervention zu verstehen. Zu mehreren Zeitpunkten werden bspw. der<br />

Programmfortschritt, die Erreichung von Zwischenzielen oder der Prozessverlauf<br />

mit dem Anliegen die laufende Intervention zu modifizieren<br />

und zu verbessern überprüft (vgl. Deutsche Gesellschaft für Evaluation<br />

2008, S. 16). Demgegenüber zielen summative Evaluationen auf eine zusammenfassende,<br />

bilanzierende und ergebnisorientierte Beurteilung der<br />

Wirksamkeit von Interventionen ab (vgl. ebd., vgl. Stockmann 2006b,<br />

S. 31). Nicht der Verlauf, sondern intendierte oder nicht intendierte Wirkungen<br />

stehen im Mittelpunkt (vgl. Böttcher et al. 2006, S. 10 f.). Angesichts<br />

der multifaktoriellen Ursachen von Wirkungen fehlt es solchen Erhebungen<br />

jedoch noch weitgehend an Ansätzen zur Mess- und Darstell-<br />

65 Diese von Bortz und Döring benannten Ziele, Zwecke oder Funktionen sind in weitgehend<br />

identischer Form auch bei Stockmann zu finden (vgl. Stockmann 2006b, S. 29). Bank benennt<br />

zusätzlich die Intensivierungsfunktion, die Innovationsfunktion und die Dokumentationsfunktion<br />

(vgl. Bank 1997, S. 174, vgl. Bank 2000, S. 51 ff.). Rossi et al. 2004 zeigen wie Bortz und Döring<br />

ebenfalls fünf Zielbereiche der Evaluation auf. Diese nehmen insbesondere pädagogische<br />

und soziale Programme in den Blick und beziehen sich auf die Bewertung des Bedarfes (Needs<br />

Assessment), die Bewertung einer Programmtheorie (Assessment of Program Theory), die Bewertung<br />

von Programmprozessen (Assessment of Program Process), Bewertung der Wirkungen<br />

(Impact Assessment), Bewertung Programmeffizienz (Efficiency Assessment) (Rossi et al. 2004<br />

zitiert nach Böttcher et al. 2006, S. 10 f.).<br />

159


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

barkeit von Effeken. So meint beispielsweise Beywl, wirkungsorientierte<br />

Evaluation sei „ein Job für Sisyphos oder für das Orakel von Delphi“<br />

(Beywl 2005, S. 1). Die Schwierigkeit besteht im Nachweis, dass die ermittelten<br />

Wirkungen einer Intervention dieser auch tatsächlich zuzuschreiben<br />

sind. Zwar besteht Spielraum für Wirkungsbewertungen, allerdings nicht<br />

für eine ergebnisneutrale Darstellung anderer relevanter Komponenten, die<br />

möglicherweise ebenfalls Einfluss genommen haben. Wirkungen in kausalen<br />

Zusammenhängen wiederzugeben birgt demnach die Gefahr, sich in<br />

der sie umgebenden Komplexität zu verlieren. Vor diesem Hintergrund<br />

wird Wirkung im Kontext dieser Arbeit nicht als Frage nach der Kausalität<br />

verstanden, sondern nach der Zielerreichung, nach dem Erfolg in der Zielumsetzung<br />

(vgl. Kapitel 8.1).<br />

7.2 Forschungsstand<br />

Mit Blick auf die dargelegten Problemfelder im Übergang zwischen Schule<br />

und Arbeitswelt und auf den aktuellen Forschungsstand muss auf die Frage<br />

nach der Wirksamkeit der Berufsorientierung in Übereinstimmung mit<br />

Bastian et al. (vgl. Bastian et al. 2007, S. 15) konstatiert werden, dass über<br />

Berufsorientierungsangebote zwar eine Vielzahl von Erfahrungsberichten 66<br />

vorliegen, systematische empirische Studien, die Rückschlüsse auf die<br />

Wirksamkeit und die Rahmenbedingungen erfolgreicher Berufsorientierung<br />

zulassen, jedoch kaum existieren. Beinke stellte den Bildungswert von an<br />

praktischen Erfahrungen ausgerichteten Berufsorientierungsangeboten<br />

(z. B. Praktikum, Erkundung) mit Bezug auf Wünsche und Lempert schon<br />

in den neunziger Jahren in Frage (vgl. Beinke 1992, S. 52) und forderte eine<br />

kritische Überprüfung „angeblich positiver Ergebnisse“ (Beinke 1991,<br />

S. 11). Gleiches gilt für Schanne, der zudem die Forderung nach Verbesserung<br />

der Wirksamkeit von Berufsorientierung ergänzt (vgl. Schanne 1990,<br />

S. 13). Dennoch wurden Wirkungsanalysen zur Berufsorientierung durch<br />

öffentliche Institutionen, die sich mit Übergängen von der Schule in die<br />

Arbeitswelt, arbeitsweltbezogener Jugendsozialarbeit oder beruflicher Bildung<br />

beschäftigen und die als Anreger von Forschungen und Innovationen<br />

durch Modellversuche fungieren, wie u. a. das Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

oder das Deutsche Jugendinstitut e. V. bislang so gut wie nicht<br />

aufgegriffen. Vielmehr wird dem „‚Ernstcharakter’ des Lernens gleichsam<br />

eine natürliche Wirksamkeit unterstellt, ohne zu prüfen, ob und wie die<br />

66 Beispielhaft zu nennen sind eine Reihe von Projektdarstellungen im Kontext des Programms<br />

„Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben“ (vgl. Wissenschaftliche Begleitung 2007; vgl. Wissenschaftliche<br />

Begleitung 2008b).<br />

160


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

Schülerinnen und Schüler solche Angebote nutzen und was sie dabei<br />

lernen.“ (Bastian et al. 2007, S. 15). Auch Böttcher et al. sehen die gängige<br />

pädagogische Praxis durch ein „Hoffnungsparadigma“ charakterisiert,<br />

„wonach gut Gemeintes auch Gutes bewirkt“ (Böttcher et al. 2006, S. 7 ff.).<br />

Bemängelt wird<br />

„das Fehlen systematischer Programmevaluation, die danach fragt,<br />

welche pädagogischen Interventionen unter welchen Randbedingungen<br />

bei welchen Schülern welche Effekte erzeugen. Mit Recht wird man<br />

große Lücken bei der Wirkungsevaluation konstatieren können, die sich<br />

im weitgehenden Fehlen experimenteller oder quasi-experimenteller<br />

Studien offenbaren.“ (Böttcher 2006, S. 47).<br />

In Übereinstimmung mit Bastian und Böttcher halten auch Driesel-Lange<br />

und Hany fest, dass es bislang nur selten gelungen ist, „durch Unterrichtsoder<br />

Trainingsmaßnahmen deutliche und nachhaltige Effekte“ bei der Förderung<br />

von Berufswahlreife zu erzielen bzw. Studien fehlen, „in denen solche<br />

Trainingseffekte durch ein entsprechendes Untersuchungsdesign nachgewiesen<br />

werden“ (Driesel-Lange, Hany 2006, S. 9). Dies lenkt den Fokus<br />

erneut auf bereits beschriebene Dilemata wirkungsorientierer Evaluationsforschung.<br />

Dennoch haben sich vereinzelt privatwirtschaftliche Institutionen<br />

sowie pädagogische, psychologische, soziologische und wirtschaftswissenschaftliche<br />

Institute an Hochschulen der Thematik gewidmet. Eine<br />

knappe, aber für diese Arbeit als ausreichend erachtete Übersicht zu Wirkungsevaluationen<br />

geben die nachfolgenden Ausführungen. Wichtig erschien<br />

die Gegenüberstellung von Analysen zu didaktisch kontrastreich<br />

umgesetzten Orientierungsmaßnahmen. Gleichermaßen richtet sich die<br />

Auswahl auch nach den Zugangsmöglichkeiten zu entsprechenden Veröffentlichungen<br />

in der wissenschaftlichen Fachliteratur sowie in der sogenannten<br />

‚grauen Literatur’.<br />

Den Überblick zum Forschungsstand abschließend ist auf zwei Berichte zu<br />

verweisen, die kürzlich durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

(vgl. Kupka, Wolters 2010) sowie das Zentrum für Europäische<br />

Wirtschaftsforschung GmbH (vgl. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />

2010) herausgegeben wurden. Die Schrift des IAB widmet sich<br />

speziell Evaluationen von Maßnahmen der vertieften bzw. erweiterten vertieften<br />

Berufsorientierung (vgl. Kapitel 6.4.1) und zeigt Perspektiven für wirkungsorientierte<br />

Evaluationen auf. Innerhalb des Papiers werden beendete und<br />

aktuell laufende Evaluationsstudien beschrieben, die sich auf Interventionen<br />

beziehen, die ihren methodischen Schwerpunkt u. a. auf Mentoring,<br />

Berufsorientierungscamp oder Praktikum legen. Dennoch täuscht auch die-<br />

161


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

se Studie nicht über die unzureichende Erkenntnislage über die Effekte berufsorientierender<br />

Angebote hinweg: Von den bundesweit 2010 geförderten<br />

2.848 Projekten des Maßnahmetyps wurden lediglich 17 begleitend erforscht.<br />

Das IAB konnte für seine Analyse auf zehn Abschlussberichte zurückgreifen<br />

(vgl. ebd., S. 17).<br />

Bei der Abhandlung des ZEW handelt es sich um eine Vorstudie zur Evaluation<br />

von Fördermaßnahmen der Sozialgesetzbücher II und III für Jugendliche.<br />

Ausgehend von einer Bestandsaufnahme einschlägiger Programme auf der<br />

Bundes-, Landes- und der kommunalen Ebene sowie Kenntnissen zu deren<br />

praktischer Umsetzung, deren Wirkungen und Effizienz wird der Frage<br />

nachgegangen, inwieweit eine Evaluation der Instrumente der Sozialgesetzbücher<br />

möglich ist. Auf Grundlage dieser Informationsbasis werden Vorschläge<br />

für ein Evaluationsdesign unterbreitet und ein Konzept zur forschungspraktischen<br />

Umsetzung vorgestellt. Mit den Ergebnissen einer solchen<br />

Evaluation sollen perspektivisch Anregungen zur Weiterentwicklung<br />

der gesetzlichen Instrumente des Bundes gewonnen werden.<br />

7.2.1 Praktika: „Beruf fängt in der Schule an“<br />

Innerhalb des BIBB-Forschungsprojektes „Beruf fängt in der Schule an“ stand<br />

der Einfluss von Betriebspraktika auf die Entstehung von Berufswünschen<br />

und das Bewerbungsverhalten sowie die schulischen und betrieblichen<br />

Rahmenbedingungen im Blickpunkt. Die Forschungsergebnisse sollten Anregungen<br />

geben, wie sich die Effizienz von Betriebspraktika steigern lässt.<br />

Die Evaluation wurde von 2003 bis 2004 in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen<br />

und Baden-Württemberg realisiert (vgl. Bergzog, Hörsch o. J.,<br />

S. 3). Es fanden 2.546 Haupt- und Realschülerinnen und -schüler aus<br />

9. und 10. Klassen von 31 Schulen, 955 Auszubildende, sowie 976 Unternehmensangehörige<br />

Einbindung in eine Erhebung mittels eigens entwickeltem<br />

Fragebogen. Mit 45 Schülerinnen und Schülern, 39 Lehrkräften,<br />

17 Auszubildenden sowie 19 Ausbilderinnen und Ausbildern sind darüber<br />

hinaus leitfadengestützte Interviews geführt worden (vgl. Bergzog 2008,<br />

S. 10 f.). Bei der Auswahl der befragten Schulen und Unternehmen fanden<br />

Aspekte wie die Verortung im städtischen oder ländlichen Raum sowie die<br />

industrielle und soziale Infrastruktur Beachtung, umso eine Prägung der<br />

Ergebnisse durch landes- oder regionalspezifische Besonderheiten ausschließen<br />

zu können.<br />

162


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

Die Ergebnisse belegen, dass immerhin ein Drittel der Jugendlichen den<br />

Berufswunsch durch das Praktikum entwickelt hat. Es besteht ferner ein<br />

Zusammenhang zwischen der Häufigkeit durchgeführter Praktika und dem<br />

Wunschberuf. Das Vorhandensein beruflicher Vorstellungen nimmt laut<br />

den Untersuchungsresultaten Einfluss auf das Bewerbungsverhalten, denn<br />

bei den Jugendlichen mit konkreten Zielsetzungen hatten sich zum Erhebungszeitpunkt<br />

49% noch nicht beworben, im Gegensatz zu 70% bei den<br />

Gleichaltrigen ohne spezifizierte berufliche Pläne (vgl. ebd., S. 19 f.). Die<br />

Jugendlichen haben im Praktikum mehrheitlich positive Erfahrungen gesammelt,<br />

fühlten sich gut betreut und bekamen Aufgaben, die adäquat zu<br />

dem im Praktikum gewählten Arbeitsfeld waren. Etwa 30% der ehemaligen<br />

Schülerinnen aus Realschulklassen und der Absolventinnen von Hauptschulklassen<br />

sowie 62% der einstigen Hauptschüler gaben an, dass ihr Ausbildungsberuf<br />

mit dem Berufsbild, welches sie im Betriebspraktikum kennenlernten,<br />

korrespondiert. Etwa ein Viertel begann die Berufsausbildung<br />

im Praktikumsunternehmen, was deutlich für sogenannte ‚Klebeeffekte’<br />

spricht (vgl. ebd., S. 23). Zusammenfassend wird von den Evaluatoren resümiert,<br />

dass Betriebspraktika in den Schulen nicht durchgängig mit der<br />

Stringenz vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden, wie es dem<br />

ihnen beigemessenen Stellenwert im Berufsorientierungsprozess entsprechen<br />

müsste. Als wichtige Voraussetzung für eine Effizienzsteigerung sehen<br />

sie, Berufsorientierung strukturiert, systematisch und kontinuierlich<br />

sowie frühzeitig in den Schulalltag einzubauen, umso bei der Auswahl von<br />

Praktikumsunternehmen Zufälligkeiten auszuschließen (vgl. ebd., S. 35 und<br />

S. 47).<br />

An der Evaluation sind hauptsächlich das Untersuchungsdesign sowie die<br />

Evaluationskriterien zu kritisieren. Retrospektivbefragungen sind immer<br />

mit dem Problem der beschränkten Erinnerungsfähigkeit von Menschen<br />

bei der Rekonstruktion der Vergangenheit konfrontiert. Geeigneter für<br />

Wirkungsanalysen sind Pretest-Posttest-Follow-up-Designs mit Kontrollgruppen<br />

(vgl. Kapitel 8.3). Der Einsatz eines kontrollierten Vorher-<br />

Nachher-Vergleiches hat den Vorteil, dass Entwicklungsprozesse, die auch<br />

ohne Einwirkung einer Intervention hervorgehen, abgeschätzt und kontrolliert<br />

werden können. Mit einer solchen Methodik wäre ferner überprüfbar<br />

gewesen, inwieweit bereits vor dem Praktikum berufliche Wünsche bestanden,<br />

die lediglich durch dieses Untermauerung erfahren haben – eine Fragestellung,<br />

die innerhalb der Wirkungsanalyse gar nicht gestellt wurde. Die<br />

Untersuchungsaspekte beschränken sich ferner zu einseitig auf die Berufswahl.<br />

Die Gewinnung von Informationen über die Entwicklung von Wissen<br />

über die Arbeitswelt oder von Kompetenzen im Betriebspraktikum<br />

fand keine Beachtung.<br />

163


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

7.2.2 Praxistage: „Arbeiten und Lernen in<br />

Schule und Betrieb“<br />

Eine Variante der Kooperation von Schulen mit Unternehmen, der Schulversuch<br />

„Arbeiten und Lernen in Schule und Betrieb“ war Gegenstand einer<br />

Evaluation des Fachbereiches Erziehungswissenschaften der Universität<br />

Hamburg, die von 2002 bis 2004 Realisierung erfuhr. Die etwa 300 am<br />

Schulversuch beteiligten Jugendlichen aus 14 Klassen einer Hauptschule<br />

(8./9. Klassen), einer Gesamtschule (9./10. Klassen) und einer integrierten<br />

Haupt- und Realschule (9./10. Klassen) arbeiten und lernten über ein bis<br />

zwei Schuljahre hinweg zwei Tage pro Woche in einem Betrieb und drei<br />

Tage in der Schule. Die Evaluation war darauf ausgerichtet zu eruieren, wie<br />

sich die Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler für ihre berufliche<br />

Zukunft und ihre Berufswahlreife entwickelt, wie sich ihre Chancen<br />

des Übergangs in die Arbeitswelt optimieren und inwiefern sich bei reduziertem<br />

klassischem Unterricht ihre schulischen Leistungen verändern (vgl.<br />

Bastian et al. 2007, S. 233). Innerhalb der Evaluation kamen unterschiedliche<br />

Erhebungsmethoden und Instrumente zum Einsatz. Um Aussagen zu<br />

Lernständen zu treffen, fanden bei 52 Jugendlichen Fachleistungstests in<br />

den Bereichen Mathematik, Deutsch, Leseverständnis, Sprachverständnis,<br />

Rechtschreibung sowie Englisch Anwendung (vgl. ebd., S. 44 ff.). Die Berufswahlfähigkeit<br />

sowie Lernstrategien und -methoden von 74 Schülerinnen<br />

und Schüler des Schulversuchs und zusätzlich einer Kontrollgruppe<br />

mit 192 Mädchen und Jungen wurden mittels schriftlicher Befragung erfasst<br />

(vgl. ebd., S. 118). Dabei kamen Items erprobter Skalen, z. B. des Instrumentariums<br />

von Seifert und Stangl (1986) zur Erfassung von Einstellungen<br />

zur Berufswahl und beruflichen Arbeit (EBwA) zum Einsatz. Sechs<br />

Fallstudien dienten darüber hinaus zur Rekonstruktion der Lernentwicklung<br />

bei den Teilnehmenden des Kooperationsprojektes. Leitfadengestützte<br />

Experteninterviews rückten ferner die Perspektiven von Lehrkräften und<br />

betrieblichen Anleitern auf den Schulversuch in den Blickpunkt.<br />

Die im Rahmen der Evaluation durchgeführten Lernstandserhebungen ergaben<br />

im Ergebnis keine Hinweise auf Leistungseinbußen aufgrund der<br />

verminderten Unterrichtszeit (vgl. ebd., S. 255). Gleichfalls konnten keine<br />

statistisch bedeutsamen Differenzen hinsichtlich der Berufswahlfähigkeit<br />

und dem Lernverhalten zwischen den Untersuchungsgruppen ermittelt<br />

werden. Auffällig waren lediglich eine höhere Eigenaktivität und Selbstständigkeit<br />

bei der Berufswahlentscheidung auf Seiten der Schulversuchsteilnehmenden<br />

(vgl. ebd., S. 120). Die Fallinterviews ließen bei vier<br />

164


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

der untersuchten sechs Fälle eine starke positive Nutzung des Angebotes<br />

„Arbeiten und Lernen in Schule und Betrieb“ im Sinne der Entwicklung<br />

von Eigenverantwortung und Selbststeuerung, von Lernbereitschaft sowie<br />

von Berufswahlfahigkeit erkennen (vgl. ebd., S. 113). Zusammenfassend<br />

kommen die Evaluatoren zu dem Schluss, dass es sich bei diesem Projekt<br />

um ein erfolgreiches Schulentwicklungsprojekt handelt, welches in besonderer<br />

Weise die Lernorte Schule und Betrieb miteinander verknüpft und als<br />

Regelangebot im Schulsystem Verankerung finden sollte (vgl. ebd.; S. 255).<br />

Kritik an der Evaluation ist aus methodischer Sicht anzubringen. Die unterschiedlichen<br />

Untersuchungskomponenten waren nicht auf ein und dieselben<br />

Jugendlichen ausgerichtet. Es wurde lediglich eine Reihe von einander<br />

unabhängigen Querschnittsdaten erhoben. Die Aussagekraft über<br />

Wirkungen des Schulversuchs ist damit eingeschränkt.<br />

7.2.3 Praxistage und Patenschaften:<br />

„Abschlussquote erhöhen –<br />

Berufsfähigkeit steigern“<br />

Analog zur Evaluation des Schulversuchs „Arbeiten und Lernen in Schule<br />

und Betrieb“ standen auch in der Auswertung des niedersächsischen<br />

Schulversuchs „Abschlussquote erhöhen – Berufsfähigkeit steigern (AQB1)“ die<br />

Wirkungen von Praxistagen, jedoch zusätzlich auch von sogenannten ‚Berufsstartbegleiterinnen<br />

und -begleitern’ im Mittelpunkt. Das Projekt für akut<br />

schulabschlussgefährdete Hauptschülerinnen und Hauptschüler zielte<br />

auf das Erreichen des Hauptschulabschlusses und einen erfolgreichen Übergang<br />

in eine Ausbildung auf Basis erhöhter Praxisbezüge, Berufsorientierung<br />

und Lernmotivation ab. An 24 Schulen wurden dazu im Zeitraum<br />

von 2007 bis 2008 für eineinhalb Schuljahre ‚Berufsstarterklassen’ mit<br />

Schülerinnen und Schülern, die zu Beginn des Modellversuches in achten<br />

Klassen lernten, eingerichtet (vgl. Solga et al. 2010, S. 4). Mit der Evaluation<br />

des Modellversuches wurde das Soziologische Forschungsinstitut<br />

(SOFI) an der Georg-August-Universität Göttingen beauftragt. Sie setzte<br />

eine Längsschnittuntersuchung in einem Pretest-Posttest-Posttest-Followup-Follow-up-Design<br />

mit Kontrollgruppen um. Drei Befragungen erfolgten<br />

zwischen Beginn und Ende des Projektes mittels Fragebogen, zwei<br />

weitere ca. drei bzw. fünfzehn Monate nach Projekt- bzw. Schulende durch<br />

ein computerunterstütztes Telefoninterview. Aus den ‚Berufsstarterklassen’<br />

konnten zum ersten Erhebungszeitpunkt 386 Jugendliche befragt werden<br />

und zum vierten 256, was eine sehr hohe Projektfluktuation verdeutlicht. In<br />

165


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

den Kontrollklassen waren es 446 und 402 (vgl. ebd., S. 9). Ergänzend zu<br />

den Schülerinnen und Schülern wurden mit den Klassenlehrerinnen und<br />

Klassenlehrern, mit den Berufsstartbegleiterinnen und -begleitern sowie mit<br />

Vertreterinnen und Vertretern der Praktikumsbetriebe schriftliche (halb-)<br />

standardisierte Befragungen über ihren individuellen und professionellen<br />

Hintergrund und über die Implementierung des Projekts bzw. über den<br />

Betrieb und zur Beurteilung der berufsrelevanten persönlichen Kompetenzen<br />

des im Betrieb betreuten Jugendlichen durchgeführt (vgl. ebd.,<br />

S. 10 ff.). Insgesamt sollte mit der Evaluation die Wirksamkeit von AQB1<br />

hinsichtlich folgender Aspekte analysiert werden: Verbesserung der Schulleistungen,<br />

Erreichen eines Schulabschlusses, Ausbau sozialer Kompetenzen,<br />

verbesserte Berufsorientierung, erhöhte und qualitativ angereicherte<br />

Bewerbungsaktivitäten, Erhöhung der Lern- und Leistungsmotivation und<br />

Stärkung der individuellen Leistungsfähigkeit der Jugendlichen. Hinsichtlich<br />

des Ausbildungserfolges war darüber hinaus das Vorliegen eines<br />

Berufsausbildungsvertrages oder die erfolgte Aufnahme einer Berufsausbildung<br />

von Interesse. Ferner wurde auch als Erfolg gewertet, wenn Projekteilnehmende<br />

nach Verlassen der ‚Berufsstarterklassen’ eine weiterführende<br />

Schule besuchten, um einen höheren Schulabschluss zu erwerben. Im Sinne<br />

der Zielstellungen des Projektes als nicht erfolgreich sind Übergänge in<br />

berufsvorbereitende Maßnahmen (z. B. Berufsvorbereitungsjahr, Berufsgrundbildungsjahr)<br />

eingestuft worden (vgl. ebd., S. 7). Die zweite Followup-Erhebung<br />

fokussierte speziell auf die Nachhaltigkeit der genannten<br />

Verbleibsoptionen.<br />

Die Evaluationsergebnisse, bezogen auf die Projekthauptziele, das Erreichen<br />

des Hauptschulabschlusses und den erfolgreichen Übergang in eine<br />

Berufsausbildung, lassen sich wie folgt zusammenfassen: 92% der Jungen<br />

und Mädchen, die bis zum Ende im Schulmodell verblieben sind, haben einen<br />

einfachen Hauptschulabschluss erworben. Von denjenigen, welche die<br />

Schule mit Abschluss des Projektes verlassen haben, begannen 47% (38%<br />

in den Kontrollklassen) eine Berufsausbildung. Eine bedeutende Rolle für<br />

den Übergang in eine solche spielten die regelmäßigen Praxistage in den<br />

Betrieben. Wie die Übergangsraten zeigen, profitierten vor allem die männlichen<br />

Modellteilnehmer von den praktischen Erprobungsmöglichkeiten<br />

und zeigten ‚Klebeeffekte’ auf (vgl. ebd., S. 117). Aufgrund dieser Evaluationsergebnisse<br />

wurde AQB1 als erfolgreich bewertet, wenngleich die Projektteilnahme<br />

für Jugendliche mit guten Abschlussleistungen und für Mädchen<br />

hinsichtlich der Chance, einen Berufsausbildungsplatz zu erhalten<br />

negativ einzuschätzen ist (vgl. ebd., S. 4). Die berichteten Erfolgszahlen<br />

werden zudem durch die hohe Fluktuation aus dem Projekt und die Tat-<br />

166


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

sache, dass sich zum Zeitpunkt der zweiten Follow-up-Erhebung jeder<br />

zweite Jugendliche der beiden Untersuchungsgruppen nicht in einer Berufsausbildung<br />

befand, gemindert (vgl. Solga, Kretschmann 2010, o. S.).<br />

Speziell bezogen auf Aspekte der beruflichen Orientierung ist zu konstatieren,<br />

dass trotz oder gerade aufgrund dessen, dass die Teilnehmenden der<br />

Modellklassen gegenüber denen der Kontrollklassen über weniger ausbildungs-<br />

und arbeitsmarktrelevante Netzwerkressourcen verfügten, höhere<br />

Bewerbungsaktivitäten sowie eine hohe Berufsorientierung zeigten. Zu<br />

bemängeln ist, dass letztgenannter Begriff bei den Evaluatoren nicht das in<br />

Kapitel 3.2 skizzierte derzeitige Verständnis implizierte, sondern lediglich<br />

die generelle Ausrichtung auf eine Berufsausbildung und die Entwicklung<br />

von Vorstellungen über einen Wunschberuf (vgl. Solga et al. 2010, S. 7 und<br />

S. 60). Berufsorientierung wird lediglich daran festgemacht, dass 90% der<br />

Befragten bis zum Projektende ein Praktikum in ihrem Wunschberuf absolvierten<br />

(vgl. ebd., S. 114 f.). Dennoch fanden, wie eingangs bereits aufgeführt,<br />

auch Aspekte wie soziale Kompetenzen oder die Selbstwirksamkeitserwartung<br />

in der Evaluation Beachtung. Die Sozialkompetenzen der<br />

Schülerinnen und Schüler der ‚Berufsstarterklassen’ und der Kontrollgruppen<br />

verbesserten oder verschlechterten sich jedoch nicht wesentlich (vgl.<br />

ebd., S. 113). Ebenso erhöhte sich die Selbstwirksamkeitserwartung und<br />

das Selbstwertgefühl im Projektverlauf nicht (vgl. ebd., S. 116). Methodische<br />

Kritik ist daran zu üben, dass keine Unterscheidung zwischen Brutto-<br />

und Nettoevaluationsstichprobe getroffen wurde und sich die vorgenommenen<br />

Analysen so auf unterschiedliche Fallzahlen innerhalb der einzelnen<br />

Messzeitpunkte beziehen.<br />

Auf Basis der Evaluationsergebnisse erfolgte für die Fortführung des Projektes<br />

bzw. den Transfer in andere Regionen die Empfehlung, Projektziele<br />

stärker zu konkretisieren, um Zielkonflikte, was die Platzierung der Jugendlichen<br />

nach Abschluss des Projektes betrifft, auszuräumen. Wichtig erschien<br />

zudem, die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu<br />

verbessern, um Benachteiligungen von Schülerinnen mit guten Abschlussleistungen<br />

zu verringern. Darüber hinaus wurde sich für eine Intensivierung<br />

individueller Unterstützung und Förderung für die akut abschlussgefährdeten<br />

Hauptschülerinnen und -schüler sowie eine längerfristige Unternehmenseinbindung<br />

mit einer qualifizierten Tätigkeit ausgesprochen (vgl. ebd.,<br />

S. 119 ff.).<br />

167


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

7.2.4 Patenschaften: „Ada-Lovelace-Projekt“<br />

Das außerschulisch an rheinland-pfälzischen Hochschulen implementierte<br />

„Ada-Lovelace-Projekt“ zur Förderung von Mädchen der Sekundarstufen<br />

1 und 2 auf dem Feld der Naturwissenschaft und der Technik wird seit<br />

2001 von der koordinierenden Stelle an der Universität Koblenz-Landau<br />

evaluiert. Das Orientierungsangebot umfasst Angebote, wie Workshops,<br />

Computerkurse und Exkursionen, die durch Mentorinnen unterbreitet<br />

werden (vgl. Ebach 2006, S. 79). In den ersten Evaluationsstudien, auf Basis<br />

von einmaligen Befragungen, bekamen vorrangig Aspekte zur Akzeptanz<br />

des Mentorings und zur Bedeutung dieser Methode im Berufsorientierungsprozess<br />

der Teilnehmerinnen Gewicht. 2003 wurde das Evaluationsdesign<br />

zu einem Pretest-Posttest-Format mit Kontrollgruppe weiterentwickelt.<br />

Im Pretest wurden 130 Mädchen der Projektgruppe und 133 der<br />

Kontrollgruppe mit einem Fragebogen mit Items, die bereits im Kontext<br />

anderer Erhebungen erprobt wurden, befragt. Im Posttest waren es 109<br />

bzw. 110. Beide Untersuchungsgruppen setzten sich aus Schülerinnen 9.<br />

Klassen von vier Gymnasien zusammen (vgl. ebd., S. 73 f.). Von Relevanz<br />

für die Evaluation waren Veränderungen in den schulischen und beruflichen<br />

Interessen, beim schulfachbezogenen Selbstkonzept, bei der angestrebten<br />

Leistungskurswahl sowie bei Einstellungen und Kenntnissen bezogen<br />

auf naturwissenschaftlich-technische Berufe.<br />

Sofern die eingesetzten Mentorinnen positiv erlebt wurden, wiesen die Ergebnisse<br />

eine zusagende Beurteilung des Projektes durch die Schülerinnen<br />

und eine Öffnung für naturwissenschaftliche und technische Berufe nach.<br />

Veränderungen vom Pre- zum Posttest zeigten sich lediglich bezogen auf<br />

Berufsfelder, nicht aber auf schulfachbezogene Interessen oder das schulfachbezogene<br />

Selbstkonzept. Die Evaluatoren sprechen sich für weitere<br />

empirische Studien zur Wirksamkeit sowie zur Qualität außerschulischer<br />

Bildungsangebote aus und empfahlen statt punktuell angelegter beruflicher<br />

Orientierung langfristig angelegte Aktivitäten mit kontinuierlicher individueller<br />

Begleitung. Daneben wurde auch ein Bedarf an Fortbildungen für<br />

Lehrkräfte gesehen, um so für geschlechtstypische Interessen, Attributionsmuster<br />

und Verhaltensweisen zu sensibilisieren (vgl. ebd., S. 79 f.).<br />

168


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

7.2.5 Projekttag und Erkundung:<br />

„Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag“<br />

Seit 2001 wird deutschlandweit jährlich im April der „Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag“<br />

für Mädchen der 5. bis 10. Klassen durchgeführt. Das<br />

Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. evaluiert<br />

das Orientierungsangebot seit 2002. Mittels eines eigens entwickelten<br />

Fragebogens werden die teilnehmenden Schülerinnen, die veranstaltenden<br />

Organisationen und Schulen befragt. Die sich wiederholenden Erhebungen<br />

fokussieren auf die Rahmenbedingungen der Durchführung des ‚Girls’<br />

Day’, d. h. auf die Zufriedenheit der Beteiligten mit dem Verlauf des<br />

Aktionstages, den Mehrwert, der durch die Umsetzung von Aktivitäten gesehen<br />

wird oder den allgemeinen Strategien zur Gewinnung von weiblichen<br />

Nachwuchskräften. 67 Gleichfalls ist es Anliegen, die Effekte zu ermitteln,<br />

die das Angebot bei den Mädchen auslöst, z. B. hinsichtlich beruflicher<br />

Pläne oder ihrer Einschätzung von naturwissenschaftlich-technischen<br />

Berufsfeldern und der Arbeitswelt (vgl. Wentzel 2009, S. 3). Die Auswertungsergebnisse<br />

werden im Jahresturnus veröffentlicht. Im Folgenden wird<br />

auf den Bericht zur achten Erhebungswelle aus dem Jahr 2009 eingegangen.<br />

Die Auswertung bezieht sich auf Daten von 8.835 Mädchen und 3.078<br />

Unternehmen und anderen Institutionen (vgl. ebd.)<br />

Hinsichtlich des Einflusses des Aktionstages auf den Berufswunsch der<br />

Schülerinnen zeigen die Resultate, dass die Teilnahme für 12% von ihnen<br />

zum Ausschluss naturwissenschaftlich-technischer Berufe führte. Weitere<br />

33% konnten nach Abschluss des Tages keinen konkreten Berufswunsch<br />

benennen. 46% gaben an, dass sie am Aktionstag Berufe kennenlernten, die<br />

sie interessierten und 30% waren nicht abgeneigt, später auch einen solchen<br />

Beruf zu ergreifen. Bei 5% der Mädchen führte das Ausprobieren zu einer<br />

Bestärkung des Berufswunsches und 4% fanden einen solchen (vgl. ebd.,<br />

S. 16). Zum Teil löste der Aktionstag bei den Schülerinnen das Interesse an<br />

weiterführenden Praktika aus. Ob sie sich tatsächlich für einen Praktikumsoder<br />

einen Ausbildungsplatz bewarben, wurde indirekt über die Unternehmen<br />

ermittelt, d. h. es erfolgte eine Abfrage, inwieweit die Betriebe nach<br />

dem ‚Girls’Day’ vermehrt Bewerbungen von ehemaligen Teilnehmerinnen<br />

erhielten. Hier werden die Grenzen der Evaluation deutlich. Zum einen ist<br />

fraglich, ob Firmen rekapitulieren können, welche jungen Frauen Einblick<br />

in ihr Unternehmen gewonnen haben. Die Erhebung von Daten auf Seiten<br />

67 Vgl. zum letztgenannten Schwerpunkt Wentzel 2008.<br />

169


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

der Mädchen erscheint hier geeigneter. Zum anderen kann dieses Wirkungskriterium<br />

wenig erfolgversprechend sein, wenn der Anspruch lautet,<br />

Schülerinnen möglichst früh, nämlich ab der 5. Klasse für männerdominierte<br />

Berufsfelder zu sensibilisieren. Insgesamt wurde der ‚Girls’Day’ erneut<br />

als erfolgreich bewertet, u. a. auch weil die Ergebnisse gemäß den<br />

Evaluatoren zeigten, dass „der Aktionstag bisher in etlichen Fällen zur<br />

Einmündung von jungen Frauen in Berufe aus den Bereichen Technik, Informationstechnik,<br />

Handwerk oder Naturwissenschaften“ führte (vgl. ebd.,<br />

S. 18). Anhand der ausgewerteten Studie kann dieses Resümee nicht nachvollzogen<br />

werden, jedoch veröffentlichte das Kompetenzzentrum Technik-<br />

Diversity-Chancengleichheit e. V. Ergebnisse qualitativer Interviews mit<br />

ehemaligen ‚Girls’Day’-Teilnehmerinnen in einer Berufsausbildung oder einem<br />

Studium, die, wenn auch nicht für „etliche“, dann zumindest für einzelne<br />

Mädchen diesen Schluss zulassen (vgl. Kompetenzzentrum Technik-<br />

Diversity-Chancengleichheit e. V. 2008; vgl. Kompetenzzentrum Technik-<br />

Diversity-Chancengleichheit e. V. 2010). Um einen nachhaltigen Einfluss<br />

auf die Teilhabe von Frauen an naturwissenschaftlich-technischen Berufsfeldern<br />

zu erreichen und ihren Anteil in darin zu erhöhen, wurde empfohlen,<br />

Schülerinnen vertiefende Angebote zu unterbreiten und die Kooperation<br />

zwischen den Akteuren im Feld der Berufsorientierung zu intensivieren<br />

(vgl. Wentzel 2009, S. 18).<br />

7.2.6 Projekttag und Erkundung: „Neue<br />

Wege für Jungs – Jungen-Zukunftstag“<br />

Durch die wissenschaftliche Begleitung des bundesweiten Programms<br />

„Neue Wege für Jungs – Jungen-Zukunftstag“ (‚Boys’Day’), dem Zentrum für<br />

Schul- und Bildungsforschung der Martin-Luther Universität Halle-<br />

Wittenberg und Dissens e. V. Berlin, wurden von 2009 bis 2010 Fragen<br />

nach dem Beitrag des Jungenzukunftstages zur Entwicklung sozialer<br />

Kompetenzen, zur Veränderung von Männlichkeitsbildern sowie zur Wahl<br />

alternativer Berufe jenseits männerdominierter Berufsfelder gestellt. Von<br />

Interesse waren gleichfalls Blockaden, die Jungen daran hindern, sich an<br />

Angeboten rund um den Projekttag zu beteiligen. Es sollten Faktoren<br />

untersucht werden, die sich auf die Durchführung jungenbezogener Angebote<br />

im Bereich Berufs- und Lebensplanung förderlich bzw. hemmend<br />

auswirken. Die Evaluation wurde innerhalb von vier strukturell verschiedenen<br />

Modellregionen umgesetzt. Kriterien der Differenzierung waren u. a.<br />

die geografische Lage im Osten oder Westen Deutschlands, eine städtische<br />

oder ländliche Prägung, die wirtschaftliche Infrastruktur, der Grad des In-<br />

170


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

teresses an und des Engagements für jungenbezogene(n) Projekte(n) in der<br />

Region. In diesen Modellregionen wurden sechs Angebote zur Jungenförderung<br />

untersucht (vgl. Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit<br />

e. V. o. J.). Um die Perspektive der Jungen zu erforschen, d. h.<br />

ihre Sicht auf erworbene Kompetenzen sowie Gründe, sich nicht an Angeboten<br />

des Jungenzukunftstages zu beteiligen oder aber, an Angeboten teilnehmen,<br />

nicht aber in soziale Berufe zu gehen, fanden teilnehmende Beobachtungen<br />

und Gruppendiskussionen Anwendung. Mittels Experteninterviews<br />

erfolgte darüber hinaus die Analyse der Meinungen von Lehrkräften<br />

der Sekundarstufe I, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren über Männlichkeitsbilder,<br />

die Erreichung der angestrebten Ziele des ‚Boys’ Day’ und<br />

über die persönliche Motivation für den Einsatz für den JungenZukunftstag<br />

bzw. Gründe für fehlendes Engagement (vgl. ebd.).<br />

Bislang liegen keine Ergebnisse zu Wirkungen bei der Zielgruppe der<br />

Intervention vor. Jedoch sind erste Aussagen zu institutionellen Blockaden<br />

abzulesen. So bestehen einerseits Hindernisse, die überhaupt eine Realisierung<br />

eines Angebots für Jungen zulassen. Kommt es zu einem Angebot für<br />

Jungen sind andererseits Blockierungen bei der konkreten praktischen Umsetzung<br />

zu beobachten, die von Unsicherheiten geprägt ist. Detaillierte<br />

Antworten auf die eingangs erläuterten Forschungsfragen sowie Informationen<br />

zur Untersuchungsstichprobe und zu evaluationsmethodischen Aspekten<br />

sind nach Beendigung der Arbeiten der wissenschaftlichen Begleitung<br />

im Jahr 2011 zu erwarten (vgl. ebd.). Bereits vor liegen Evaluationsergebnisse<br />

aus den Jahren 2006 und 2007. Im Gegensatz zur aktuellen Studie<br />

war das Hauptziel der bereits durchgeführten Erhebungen die Rahmenbedingungen<br />

für die Umsetzung des Jungenzukunftstages zu beleuchten und<br />

diese zu optimieren (vgl. Cremers et al. 2008, S. 25 f.).<br />

7.2.7 Trainings: „Lehreraktivitäten zur Förderung<br />

geschlechtsunabhängiger Berufswahlorientierungen<br />

im Bereich Naturwissenschaft<br />

und Technik“<br />

Außerunterrichtliche Trainings zur Berufsorientierung an vier Thüringer<br />

Gymnasien und einer Gesamtschule standen im Blickpunkt des Forschungsprojektes<br />

„Evaluation von Lehreraktivitäten zur Förderung geschlechtsunabhängiger<br />

Berufswahlorientierungen im Bereich Naturwissenschaft und Technik“, welches<br />

von 2004 bis 2006 durch den Lehrstuhl für pädagogischpsychologische<br />

Diagnostik und differenzielle Psychologie der Universität<br />

171


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

Erfurt umgesetzt wurde. Die Evaluation zielte darauf ab, die Wirkungen<br />

schulischer Berufsorientierung in 7., 8. und 9. Klassen sowie erfolgsrelevante<br />

Bedingungsfaktoren zu ermitteln. Mittels eines Pretest-Posttest-Posttest-<br />

Designs mit einer Kontrollgruppe wurden Effekte vornehmlich bezogen<br />

auf Einstellungen und Kenntnisse zur Berufswahl, auf die Bereitschaft zur<br />

Erkundung von Berufen und Nutzung entsprechender Informationsquellen,<br />

auf die Kenntnis beruflicher Anforderungen, auf die Fähigkeit zur Erkundung<br />

eigener Interessen und Stärken, auf die Reflexion von geschlechterstereotypen<br />

Zuschreibungen und auf Problemlöseverhalten erforscht<br />

(vgl. Driesel-Lange, Hany 2006, S. 9 f.). Darüber hinaus galt das Interesse<br />

der Untersuchung der subjektiven Bewertung der mindestens dreimal während<br />

des Schuljahrs umgesetzten Doppelstunden zum Thema Berufsorientierung<br />

durch die Schülerinnen und Schüler. Die Erhebungen erfolgten anhand<br />

eines Fragebogens, dessen Items bereits in Untersuchungen der Professur<br />

für Entwicklungspsychologie an der Universität Erfurt Erprobung<br />

fanden. 309 Jugendliche nahmen an den drei Messzeitpunkten teil und<br />

wurden in die Datenauswertung einbezogen. Insgesamt zeigte sich, dass die<br />

Jugendlichen ihre Berufswahl ernst nehmen, sich überwiegend bereits mit<br />

ihrer Zukunft auseinandersetzten und zu einem hohen Anteil sicher sind,<br />

eine passende berufliche Option nach Verlassen der Schule gewählt zu<br />

haben. Die Hälfte der Befragten sieht sich dennoch außerstande, eine<br />

konkrete Berufsentscheidung zu treffen. Bei den Schülerinnen und Schülern<br />

besteht eine große Unsicherheit, die ihre Ursachen im mangelnden<br />

Informationsangebot bzw. in der unzureichenden Informationsnutzung hat<br />

(vgl. Driesel-Lange, Hany 2005, S. 2). Wenngleich das Training positiv<br />

durch die Jugendlichen bewertet wurde, konnten hinsichtlich der untersuchten<br />

Aspekte nur geringe Effekte nachgewiesen werden (vgl. Driesel-<br />

Lange, Hany 2006, S. 25). Auch in der Kontrollgruppe waren nur unerhebliche<br />

Veränderungen erkennbar, was dafür spricht, dass sich die fokussierten<br />

Faktoren ebenso wenig von selbst entwickeln. Dementsprechend wurde<br />

geschlussfolgert, dass sporadische außerunterrichtliche Lernangebote,<br />

die aber wie normaler Unterricht durchgeführt werden, nur wenig dazu geeignet<br />

sind, bei Gymnasiastinnen und Gymnasiasten Berufswahlreife aufbzw.<br />

-auszubauen.<br />

Kritisch zu betrachten ist die Kombination von fächerübergreifender Thematisierung<br />

der Berufsorientierung, Nutzung interaktiver Methoden sowie<br />

fehlenden Leistungsüberprüfungen. Die Schaffung von Offenheit für die<br />

angewendeten Formen der Wissensvermittlung (z. B. Fantasiereise, Selbstanalyse,<br />

Einsatz des Berufswahlpasses; vgl. ebd., S. 10) sowohl auf Seiten<br />

der Schüler-, als auch der Lehrerschaft, verhinderte eine Konzentration auf<br />

172


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

die eigentlichen Inhalte des Trainings. Die aus den empirischen Befunden<br />

abgeleiteten Empfehlungen sind zum einen auf die systematische Einbettung<br />

der Berufsorientierung im Unterricht ausgerichtet, so dass die Zielgruppen<br />

mit den verfügbaren Methoden und Medien besser und nachhaltiger<br />

erreicht werden können. Zum anderen wird in Intensivtrainings Potenzial<br />

für eine zusätzliche Förderung der beruflichen Orientierung gesehen<br />

(vgl. Driesel-Lange et al. 2006, S. 2).<br />

7.2.8 Medienprojekt: „workshop zukunft“<br />

Eine Form schulischer Berufsorientierung, die über zwei Schuljahre hinweg<br />

in den Unterricht implementiert ist und bei der die digitalen Medien eine<br />

elementare Rolle spielen, ist „workshop zukunft“. Das Orientierungsangebot<br />

für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 aus Realschulen, Gesamtschulen,<br />

Regelschulen und Gymnasien basiert vorrangig auf Projektarbeit<br />

und wird über eine Internetlernplattform organisiert. Das Institut für<br />

Schulentwicklungsforschung (IFS) der Universität-Dortmund hat „workshop<br />

zukunft“ 2003 bis 2004 hinsichtlich seiner Wirksamkeit evaluiert. Im<br />

Mittelpunkt standen dabei die Entwicklung von Wissen über die Berufsund<br />

Arbeitswelt, von Kenntnissen über Computer und Internet, von Lernstrategien<br />

sowie der Selbstwirksamkeit und der Sozialkompetenz (vgl.<br />

Schulz-Zander et al. 2005, S. 5). In einem Pretest-Posttest-Design mit Kontrollgruppen<br />

wurden zum ersten Messzeitpunkt 576 Jugendliche aus elf<br />

Schulen in Nordrhein-Westfalen und Thüringen anhand eines Fragebogens,<br />

der u. a. die SWE-Skala von Schwarzer und Jerusalem (1999) integrierte,<br />

befragt. 371 entstammten Projektklassen und 205 aus Kontrollklassen.<br />

Zum zweiten Messzeitpunkt erfolgte eine Erhebung mit 415 Schülerinnen<br />

und Schülern, davon 259 aus Projektklassen und 156 aus Kontrollklassen.<br />

310 Mädchen und Jungen nahmen am Pre- und Posttest teil. Sie<br />

lieferten die Datenbasis für die durchgeführten Veränderungsmessungen<br />

(vgl. ebd., S. 10; vgl. Fußangel et al. 2006, S. 216). Zwischen den quantitativen<br />

Datenerhebungen in den Jahren 2003 und 2004 erfolgten leitfadengestützte<br />

Interviews mit elf Lehrkräften und 27 Schülerinnen und Schülern<br />

(vgl. Schulz-Zander et al. 2005, S. 11).<br />

Die Relevanz der Orientierungsmaßnahme wurde von Lehrkräften wie<br />

auch von den befragten Schülerinnen und Schülern hoch bewertet. Hervorhebung<br />

fanden vor allem die Realitätsnähe des Angebotes sowie die gewonnen<br />

praktischen Hinweise für den Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

(vgl. Fußangel et al. 2006, S. 225). Defizite sahen die Jugendlichen<br />

173


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

in der konkreten Unterstützung ihrer Berufswahl. Die Evaluationsergebnisse<br />

zeigten kleine statistisch bedeutsame Effekte in Hinsicht auf das Wissen<br />

über die Berufs- und Arbeitswelt, im Computerwissen sowie im Bereich der<br />

Selbstwirksamkeit. Bei den Mädchen sind in erster Linie Veränderungen bei<br />

den berufs- und arbeitsweltbezogenen Kenntnissen zu finden, bei den Jungen<br />

beim Wissen über Computer und Internet. Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

erreichten häufiger schlechtere Ergebnisse im Berufswissens-<br />

und Computerwissenstest als Gleichaltrige deutscher Herkunft.<br />

Dahingegen hatte „workshop zukunft“ auf die Entwicklung der Sozialkompetenz<br />

und die Lernstrategien kaum Einfluss (vgl. ebd., S. 222).<br />

Resultierend aus diesen Ergebnissen wurde für die Optimierung von<br />

„workshop zukunft“ zum einen geschlussfolgert, Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

intensiver zu unterstützen sowie speziell Mädchen in der<br />

Nutzung von Computer und Internet und Jungen im Bereich des Wissens<br />

über Berufe und die Arbeitswelt stärker zu fördern. Zum anderen sind die<br />

Rahmenbedingungen für die Durchführung zu verbessern. So ist beispielsweise<br />

sicherzustellen, dass eine ausreichende Anzahl von Unterrichtstunden<br />

sowie eine funktionstüchtige, internetfähige Computerausstattung zur<br />

Verfügung stehen. Empfohlen wurde darüber hinaus, das Orientierungsangebot<br />

besser in den Fachunterricht zu integrieren, es zu einem Zeitpunkt<br />

anzubieten, wenn die Jugendlichen einen unmittelbaren Nutzen daraus ziehen<br />

können (z. B. in Bewerbungsphasen) und die leistungsbezogen Rückmeldungen<br />

an die Teilnehmenden auszubauen (vgl. ebd., S. 226 f.; vgl.<br />

Schulz-Zander et al. 2005, S. 117).<br />

7.2.9 Onlinemedien: „Internet –<br />

ein Instrument zur Berufsorientierung?“<br />

Eine Reihe von Studien zum Einfluss von bspw. Eltern oder Gleichaltrigen<br />

im Berufsorientierungsprozess hat Lothar Beinke seit den 80er Jahren vorgelegt.<br />

Nachstehend wird auf eine Untersuchung zur „Brauchbarkeit“ des<br />

Internets (Beinke 2008a, S. 5), dort installierten Datenbanken sowie von<br />

Print- und Onlinemedien der Bundesagentur für Arbeit eingegangen. Die<br />

forschungsleitenden Fragestellungen der Evaluation wurden wie folgt umrissen:<br />

„Wieweit können Jugendliche – allein oder im Kontakt mit der<br />

Schule oder der Berufsberatung - neue, ergänzende oder verstärkende, bestätigende<br />

und damit absichernde Informationen erhalten? Wieweit sind diese<br />

für Jugendliche auch dann nutzbar, wenn sie ohne die ordnende - systematisierende<br />

- Hilfe der Arbeitsagentur und ohne die Hilfe der didaktischen<br />

174


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

Aufarbeitung für den Unterricht auskommen müssen?“ (Beinke 2008a,<br />

S. 5) Zur Beantwortung dieser Fragen erfolgte mit einem speziell zu diesem<br />

Zweck erarbeiteten Instrument eine Fragebogenerhebung mit 480 Jugendlichen<br />

in Abgangsklassen allgemeinbildender Schulen in Hessen. 68 Es wurden<br />

Daten von 84 Hauptschülerinnen und -schülern in 9. Klassen und 345<br />

Realschülerinnen und -schülern in 10. Klassen sowie 51 Jugendlichen in einer<br />

Gesamtschule69 erhoben (vgl. ebd., S. 60).<br />

Im Ergebnis der Studie ist zu konstatieren, dass das Internet kaum als erster<br />

Schritt bei der Recherche nach Informationen im Berufsorientierungsprozess<br />

genutzt wurde. Die Schülerinnen und Schüler griffen eher nachrangig<br />

hinter anderen Informationsquellen auf das Internet zurück. Ohne<br />

Unterstützung von Fachkräften der Agentur für Arbeit bzw. von Lehrkräften<br />

waren die Informationssuche und die Einordnung der Ergebnisse für<br />

die Jugendlichen schwierig. Über die Rolle von Flyern, Broschüren, Zeitschriften<br />

und anderen Druckerzeugnissen der Bundesagentur für Arbeit<br />

konnte aus methodischen Gründen keine Aussage getroffen werden (vgl.<br />

ebd., S. 109). Aufgrund dessen, dass die Befragten eventuell genutzte<br />

Schriften nicht bezeichnen konnten, war kein direkter Bezug zu ausgelösten<br />

Wirkungen möglich. Festgestellt wurde lediglich, dass die Printmedien<br />

in den Schulen differenziert Einsatz finden. Etwa die Hälfte der Jugendlichen,<br />

die bereits einzelne Papiere zu Rate zog, wollte mehr über den eigenen<br />

Wunschberuf oder Alternativberufe erfahren. Jedoch schreibt Beinke<br />

dies nicht dem ureigenen Willen der Schülerinnen und Schüler zu, sondern<br />

der Beratungskultur der Bundesagentur (vgl. ebd., S. 110). Auf Grundlage<br />

der Printmedien kristallisierte sich bei 15% der Jungen und Mädchen aus<br />

Realschulen und 48% der aus Hauptschulen ein Berufswunsch heraus.<br />

Dennoch nannten im Gesamturteil 62% die Materialien weniger wichtig bis<br />

unwichtig. Nach Beinkes Resümee „erscheint der Aufwand dieser Schriften<br />

in keinem Verhältnis zu ihrer Wirksamkeit zu stehen.“ (ebd.) Empfehlungen<br />

lauten daher, die Medien intensiver in den Unterricht zu integrieren<br />

und die Kooperation zwischen der Schule und der Berufsberatung zu verstärken.<br />

Zusätzlich zur Methodenkritik, die zum Forschungsprojekt „Beruf fängt in<br />

der Schule an“ (vgl. Kapitel 7.2.1) geäußert wurde, ist an dieser Evaluation<br />

die geringe Bandbreite an herangezogenen Wirkungskriterien zu bemängeln.<br />

Zwar finden die eingangs erläuterten Fragestellungen im groben<br />

68 Zum Untersuchungszeitraum wurden in der genutzten Publikation keine Informationen ausgewiesen.<br />

69 Es liegen keine Angaben zur Klassenstufe der befragten Jugendlichen aus Gesamtschulen vor.<br />

175


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 7 Wirkungsorientierte Evaluation<br />

Beantwortung, statt aber detailliert nach Effekten der Internetnutzung zu<br />

forschen, standen vielmehr die generell genutzten Informationsquellen und<br />

Zugangswege zu Online- sowie Printmedien im Mittelpunkt. Kritisch ist<br />

darüber hinaus zu werten, dass keine Erfassung der Art der bewerteten<br />

Internetangebote erfolgte, d. h. es bleibt offen, welche Onlineinformationen<br />

die Befragungsteilnehmenden überhaupt einschätzten.<br />

Abschließend ist auf eine weitere Studie von Beinke zu den 2005 in Niedersachsen<br />

eingeführten „Betriebs- und Praxistagen“ zu erwähnen. Die Untersuchung<br />

fokussiert auf Praxisphasen in der Sekundarstufe 1 an Hauptschulen<br />

und schließt 124 Datensätze von Jugendlichen ein (vgl. Beinke 2008b,<br />

S. 41). Im Ergebnis werden die Praxistage als unwirksam beschrieben und<br />

weiterführende Untersuchungen zur Ermittlung der Grenzen dieser „Simulationsmethode“<br />

gefordert (vgl. ebd., S. 89). Die Evaluation wird an dieser<br />

Stelle nicht ausführlich beschrieben, da zum einen ähnliche methodische<br />

Defizite wie hinsichtlich der soeben präsentierten Erhebung gesehen werden<br />

und zum anderen mit den Wirkungsanalysen zu den Schulversuchen<br />

„Arbeiten und Lernen in Schule und Betrieb“ (vgl. Kapitel 7.2.2) und „Abschlussquote<br />

erhöhen – Berufsfähigkeit steigern (AQB1)“ (vgl. Kapitel 7.2.3) aussagekräftige<br />

und wissenschaftlich fundiertere Studien vorliegen.<br />

An den dargelegten Überblick über wirkungsorientierte Evaluationen<br />

schließt sich im nächsten Kapitel eine Nachzeichnung der eigenen Erhebung<br />

zu Effekten von Orientierungsmaßnahmen an.<br />

176


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Zur Stärkung der empirischen Basis zur Wirksamkeit von Berufsorientierung<br />

erfolgte im Rahmen dieser Arbeit die Entscheidung zur Durchführung<br />

primärstatistischer Erhebungen. Nachfolgend werden die mit der Studie<br />

einhergehenden Fragestellungen, Hypothesen, der Untersuchungsverlauf<br />

und Untersuchungsergebnisse illustriert. Vorangestellt sind theoretische<br />

Bezüge innerhalb der Evaluationsforschung.<br />

8.1 Evaluationsziel und evaluationsleitende<br />

Fragestellungen<br />

Die nachfolgend beschriebene Untersuchung spiegelt die dargestellten allgemeinen<br />

Kennzeichen wissenschaftlicher Evaluation wider. Steuernd im<br />

Vordergrund stand die Erkenntnisfunktion (vgl. Kapitel 7). Wesentliches<br />

Anliegen war es zu überprüfen, inwieweit durch Orientierungsmaßnahmen<br />

die intendierten Ziele der Berufsorientierung kurz- und mittelfristig erreicht<br />

werden. Mit kurzfristig sind hier diejenigen Effekte bezeichnet, die direkt<br />

mit Abschluss einer Orientierungsmaßnahme auftreten. Mittelfristige Wirkungen<br />

meinen Einschätzungen über Interventionen, die mit einem zeitlichen<br />

Abstand von maximal einem Jahr nach Beendigung getroffen werden.<br />

Dabei wurde ein kritisch-rationaler, hypothesenprüfender Ansatz gewählt.<br />

Aufgrund dessen, dass aktuell in der Mehrheit Wirkungsanalysen über<br />

schulisch implementierte Orientierungsmaßnahmen vorliegen, galt das<br />

vorrangige aber nicht exklusive Interesse außerschulischen Interventionen.<br />

70 Wie in den Kapiteln 4.5.1 und 4.5.2 festgehalten, kann die Berufswahlreife<br />

als anzustrebendes Richtziel beruflicher Orientierung, als Veränderungsdimension<br />

in Evaluationsmaßnahmen und zur Prüfung der Effektivität<br />

und der Effizienz von Maßnahmen definiert werden. Sie wurde als<br />

Ausgangspunkt für die evaluationsleitenden Fragestellungen und die Hypothesenformulierung<br />

herangezogen, da sie den aktuellen ganzheitlichen Anspruch<br />

an die Berufsorientierung adäquat wiedergibt. Gleichzeitig ist die<br />

Berufswahlreife kein geschlossenes Konstrukt. Sie ist vom Ansatz her offen<br />

und um weitere Dimensionen ergänzbar, was ihrer stetigen Weiterentwicklung<br />

entgegenkommt. Unter Reflexion ihrer einzelnen Komponenten, die<br />

70 Zur Unterscheidung zwischen schulischer und außerschulischer Berufsorientierung vgl.<br />

Kapitel 6.4.<br />

177


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

gleichzeitig als Wirksamkeitsindikatoren und Bewertungsgrundlage fungierten,<br />

bildeten die folgenden forschungsleitenden Fragestellungen den Rahmen<br />

der Evaluation: 71<br />

� Wo stehen die Jugendlichen in der beruflichen Exploration, welche<br />

Pläne haben sie für ihre berufliche Zukunft?<br />

� Welche Quellen ziehen die Jugendlichen im Berufsorientierungsprozess<br />

heran und wie bewerten sie diese?<br />

� Verändern sich das Berufswahlengagement und die Eigenverantwortung<br />

Jugendlicher durch die Wahrnehmung von Orientierungsangeboten?<br />

� Tritt ein Wandel berufswahlbezogener Wertorientierungen und Einstellungen<br />

in Folge der Wahrnehmung von Orientierungsangeboten<br />

auf?<br />

� Verändert sich das Interesse der Jugendlichen an ausgewählten, von<br />

den Maßnahmen bedienten Berufsfeldern? Wandeln sich die Berufswünsche?<br />

� Erfahren die Sicherheit und Entschiedenheit bezogen auf berufliche<br />

Interessen infolge der Wahrnehmung eines Orientierungsangebotes<br />

eine Beeinflussung?<br />

� Wie entwickelt sich das arbeitswelt- und berufsbezogene Wissen<br />

Jugendlicher durch die Teilnahme an Interventionen zur beruflichen<br />

Orientierung?<br />

� Steigern sich infolge der Nutzung von Orientierungsmaßnahmen die<br />

Bereitschaft zur beruflichen Information sowie die Flexibilität bei<br />

Entscheidungen der Jugendlichen im Berufsorientierungsprozess?<br />

Zusätzlich zu den sich aus dem Berufswahlreifekonzept ergebenden Fragestellungen<br />

konzentrierte sich der inhaltliche Fokus der Evaluation auf weitere<br />

für den Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt als wichtig erachtete<br />

Effekte. So wurde in Berücksichtigung der Ausführungen in Kapitel 2.3<br />

zur Ausbildungsreife innerhalb der Untersuchung auch der Kompetenzerwerb<br />

beleuchtet, was sich in der Fragestellung niederschlug:<br />

� Wird die Bewertung der Bedeutsamkeit von arbeitsweltbezogenen<br />

Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie deren individuelle<br />

Verfügbarkeit beeinflusst?<br />

71 Zur Untersetzung der Begrifflichkeiten in den Aufzählungen siehe die Kapitel 6.3.1 und 8.4.<br />

178


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

In diesem Zusammenhang waren auch Veränderungen in der Selbstwirksamkeit<br />

durch Berufsorientierungsangebote von Interesse. Die Selbstwirksamkeit<br />

wird von Super als Merkmal des Selbskonzeptes und wichtiger Persönlichkeitsaspekt<br />

im Kontext der Laufbahnentwicklungstheorie angesehen<br />

(vgl. Super 1980 S. 267). Das Konzept der Selbstwirksamkeit von Bandura,<br />

konzentriert sich auf die persönliche Einschätzung der eigenen Kompetenzen,<br />

allgemein mit Schwierigkeiten und Barrieren im täglichen Leben zurechtzukommen.<br />

Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung, in einer bestimmten<br />

Situation eine angemessene Leistung zu erbringen. Selbstwirksamkeitserwartungen<br />

haben Einfluss auf die Auswahl von Handlungen (Schwierigkeitsgrad),<br />

die gezeigte Anstrengung im Prozess der Zielerreichung, die<br />

Ausdauer bei Schwierigkeiten und Barrieren sowie den Grad des Handlungserfolges.<br />

Als Quellen zum Aufbau der Selbstwirksamkeitserwartung<br />

werden die körperliche Erregung (z. B. Angst und Schweißausbrüche bei<br />

schwierigen Anforderungssituationen), verbale Rückmeldungen oder Überredungen<br />

Dritter (z. B. „Du wirst es meistern!“), Rückschlüsse auf die<br />

eigene Person durch Beobachtung des Handelns von Vorbildern oder die<br />

direkte Erfahrung mit Erfolgs- oder Misserfolgserlebnissen (z. B. durch<br />

eigenes aktives Handeln oder das erfolgreiche Lösen von herausfordernden<br />

Aufgaben) unterschieden (vgl. Bandura 1997, S. 79 ff.). Im Berufsorientierungsprozess<br />

haben Selbstwirksamkeitserwartungen einen steuernden Einfluss.<br />

Sie sind maßgeblich für die Motivation, sich der Herausforderung der<br />

Berufswahl zu stellen, Anstrengungen zu investieren, Durchhaltevermögen<br />

zu zeigen und sich bei Widerständen nicht entmutigen zu lassen. Selbstwirksamkeit<br />

im Berufsorientierungsprozess heißt, mit der beruflichen<br />

Orientierung in Verbindung stehende Aufgaben und Handlungen mit dem<br />

vorhandenen oder noch zu erwerbendem Wissen sowie eigenen Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten erfolgreich zu bewältigen (vgl. Ratschinski o. J.,<br />

S. 11 f.). Unter Bezugnahme auf das Konzept der Selbstwirksamkeit rundete<br />

die folgende Frage die Liste der forschungsleitenden Fragestellungen ab:<br />

� Welche Veränderungen ergeben sich nach Nutzung von Orientierungsangeboten<br />

hinsichtlich der allgemeinen Selbstwirksamkeit?<br />

Anliegen war es jedoch nicht nur, die Zielerreichung von Interventionen zu<br />

überprüfen. Durch die empirischen Analysen sollten ebenso Impulse für<br />

die Verbesserung von Orientierungsmaßnahmen gewonnen und Ansatzpunkte<br />

zur Weiterentwicklung aufgezeigt werden (Optimierungsfunktion).<br />

Auf theoretischer Ebene wäre denkbar gewesen, die Evaluation direkt an<br />

den spezifischen Merkmalen und Zielen der einzelnen Interventionen auszurichten.<br />

Die praktische Realisierung zeigte aber, dass die jeweiligen Ver-<br />

179


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

antwortlichen 72 die Ziele der von ihnen angebotenen Orientierungsmaßnahmen<br />

zumeist eher unstrukturiert und vage charakterisieren konnten und<br />

eine diesbezügliche Messung damit erheblich erschwert worden wäre. 73<br />

Ebenso hätte eine solche Vorgehensweise Einschränkungen in der Vergleichbarkeit<br />

zwischen den hier untersuchten Maßnahmen nach sich<br />

gezogen.<br />

8.2 Evaluationshypothesen<br />

Konturierende Rolle bei der Generierung der Hypothesen spielte ebenso<br />

wie bei der Formulierung der dargestellten Fragestellungen die Laufbahnentwicklungstheorie<br />

und das Berufswahlreifekonzept. Die Hypothesen hatten<br />

erkenntnisleitende Funktion, dienten also dazu, sich der gesetzten Fragestellung<br />

nach der Wirksamkeit von Orientierungsmaßnahmen zu nähern.<br />

Da sich die Evaluationsstudie auf nur wenig erforschtes Gebiet bezieht, ist<br />

sie als Erkundung zu verstehen. Priorität hatte nicht die Erlangung einer<br />

vertieften analytischen Kenntnis der Problematik, sondern vielmehr eine<br />

die wenigen empirischen Untersuchungen ergänzende Exploration des<br />

Forschungsgegenstandes. Damit einhergehend erfolgte die Formulierung<br />

der nachfolgend aufgeführten, als Veränderungs- (VH) bzw. Unterschiedshypothesen<br />

(UV) 74 zu klassifizierenden Annahmen unspezifisch, aber gerichtet<br />

75. Die Hypothesen begründen sich in den Grobzielen der Berufsorientierung<br />

gemäß dem Berufswahlreifekonzept. Sie sind ausschließlich<br />

positiv formuliert, d. h. sie spiegeln den definitorisch an die Berufsorientierung<br />

gestellten Anspruch wider.<br />

VH 1 Das Berufswahlengagement und die Eigenverantwortung im Berufsorientierungsprozess<br />

erhöhen sich durch die Wahrnehmung<br />

außerschulischer Orientierungsangebote.<br />

72 Mit Verantwortlichen sind sowohl Leitende als auch Organisatoren von Orientierungsmaßnahmen<br />

gemeint.<br />

73 Die getroffenen Aussagen gehen konform mit den Ausführungen von Bortz und Döring (vgl.<br />

Bortz, Döring 2006, S. 97) sowie Kelle und Erzberger (vgl. Kelle, Erzberger 2006, S. 288).<br />

74 Veränderungshypothesen werden von Bortz und Döring wie folgt definiert: „Die Ausprägungen<br />

einer Variablen verändern sich im Verlaufe der Zeit.“ (Bortz, Döring 2006, S. 492) Demgegenüber<br />

werden Unterschiedshypothesen durch zwei (oder mehrere Populationen), die sich<br />

bezüglich einer (oder mehrerer) abhängiger Variablen unterscheiden, charakterisiert (vgl. ebd).<br />

75 Als ‚gerichtet’ werden Hypothesen dann bezeichnet, wenn die Richtung eines Zusammenhangs<br />

(Zusammenhangshypothese), einer Veränderung (Veränderungshypothese) oder eines Unterschieds<br />

(Unterschiedshypothese) hypothetisch im Sinne von Ursache und Wirkung vorhergesagt<br />

werden kann. Dahingegen kann bei ‚ungerichteten’ Hypothesen die Richtung nicht abgeschätzt<br />

werden (vgl. Bortz, Döring 2006, S. 493).<br />

180


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

VH 2 Es erfolgt eine Veränderung berufswahlbezogener Werteorientierungen<br />

und Einstellungen in Folge der Wahrnehmung von<br />

außerschulischen Maßnahmen zur beruflichen Orientierung.<br />

VH 3 Durch die Teilnahme werden Veränderungen im Interesse an<br />

den Berufsfeldern und -bildern, die im Fokus der Orientierungsmaßnahmen<br />

standen, ausgelöst.<br />

VH 4 Die Sicherheit und Entschiedenheit bezogen auf berufliche<br />

Interessen wird durch die Teilnahme an außerschulischen Orientierungsangeboten<br />

gesteigert.<br />

VH 5 Das berufs- und arbeitsweltbezogene Wissen Jugendlicher erhöht<br />

sich durch die Teilnahme an Orientierungsmaßnahmen.<br />

VH 6 Aus der Nutzung von Orientierungsangeboten folgt eine Steigerung<br />

der Informationsbereitschaft und der Flexibilität bei Entscheidungen<br />

der Jugendlichen im Berufsorientierungsprozess.<br />

VH 7 Jugendliche verfügen nach der Nutzung von Orientierungsangeboten<br />

über eine höhere allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung.<br />

VH 8 Die Entwicklung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten<br />

wird gefördert.<br />

Zur hypothesenprüfenden Vorgehensweise der Evaluation gehörte neben<br />

der Prüfung, dass die Orientierungsangebote wie in den Veränderungshypothesen<br />

VH 1 bis VH 8 erwartet wirken, gleichfalls der Nachweis, dass<br />

messbare und mittels schließender Statistik belegbare Effekte in höherem<br />

Maße bei Jugendlichen auftreten, welche die untersuchten Interventionen<br />

nutzten (UH 1).<br />

Entsprechend des lerntheoretischen Modells nach Heimann variieren Zielstellungen,<br />

Inhalte, Methoden und Medien je nach Bedingungsfeldern und<br />

Situationsgefüge für didaktisches Handeln (vgl. Kapitel 6.1). Damit ist die<br />

schon beschriebene Konsequenz verknüpft, dass dieses augenblicksgebunden<br />

ist. Die ausgeschlossene Reproduktionsoption lässt den Rückschluss<br />

zu, dass sich auch eventuelle Wirkungen von Orientierungsmaßnahmen<br />

nicht erneut in identischer Form zeigen. Dennoch oder gerade deshalb ist<br />

ein wesentliches Erkenntnisziel dieser Arbeit auf Basis der unterschiedlichen<br />

Charakteristika jeder einzelnen Intervention (vgl. Kapitel 8.3.1) zu<br />

identifizieren, wie sie die gesetzten Zielstellungen positiv beeinflussen. Die<br />

Verifizierung oder Falsifizierung der Hypothesen bildet das Gerüst für abzuleitende<br />

Handlungsziele, die zur Ausrichtung in der Praxis der Berufsorientierung<br />

dienen. Die Evaluation fokussiert vorrangig auf einen direkten<br />

(instrumentellen) Nutzen, d. h. eine unmittelbare Verwertung der Ergebnisse<br />

durch die Institutionen, welche berufsorientierende Maßnahmen ausgestalten<br />

und anbieten.<br />

181


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

8.3 Evaluationsdesign und<br />

Evaluationsmethoden<br />

Zur Erreichung der definierten Zielstellung und zur Überprüfung der im<br />

vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Hypothesen wurde eine summative<br />

Evaluationsperspektive eingenommen. Die Evaluation wurde in<br />

einem Pretest-Posttest-Design76 angelegt. Zu diesem Designtyp, bei dem<br />

die Wirksamkeitsindikatoren vor und nach der Durchführung einer Intervention<br />

gemessen werden, resümiert Stockmann, „dass solche Vorher-<br />

Nachher-Untersuchungen zu den für Wirkungsmessungen am wenigsten<br />

geeigneten Designs zählen.“ (Stockmann 2006a, S. 235) Unabdingbar, so<br />

postuliert er, ist die Einrichtung einer Kontrollgruppe, um aus einem Vergleich<br />

der Gruppen auf die Wirksamkeit schließen zu können sowie von<br />

zusätzlichen Messzeitpunkten (vgl. ebd.). Der Pretest und der Posttest dieser<br />

Evaluation wurden daher um einen dritten Erhebungszeitpunkt (Follow-up),<br />

einige Monate nach dem Posttest, erweitert. Zusätzlich wurde das<br />

Evaluationsdesign quasi-experimentell angelegt. Laut Kromrey sind für<br />

quasiexperimentelle Designs eine Interventionsgruppe, eine ihr in allen wesentlichen<br />

Merkmalen äquivalente Kontrollgruppe sowie Messungen in<br />

beiden Gruppen vor und nach einer Intervention charakteristisch (vgl.<br />

Kromrey 2006, S. 97 f.). 77<br />

In die Evaluation einbezogen wurden mehrere Interventionsgruppen78 mit<br />

Teilnehmenden verschiedener von einander unabhängiger Orientierungsangebote.<br />

Um zielgerichtete Resultate zu erhalten und aufgrund begrenzter<br />

Forschungsressourcen finanzieller und personeller Art konzentrierte sich<br />

die Untersuchung auf eine Auswahl von sieben Orientierungsmaßnahmen79 mit Durchführungsorten und Einzugsgebieten im Freistaat Sachsen. Zu-<br />

76 Das Pretest-Posttest-Design kann auch als Paneldesign bezeichnet werden, da die Werte der<br />

gleichen Variablen zu mehreren Zeitpunkten, jedoch auf der Grundlage einer identischen Stichprobe<br />

erhoben wurden (vgl. Diekmann 2003, S. 267).<br />

77 Die Interventions- und Kontrollgruppe kann nicht gleichgesetzt werden mit der Zielgruppe<br />

und ‚Nicht-Zielgruppe’. In der Regel gehören die Personen der Interventions- und Kontrollgruppe<br />

beide der Zielgruppe an, d. h. der Gruppe, bei denen durch spezifische Maßnahmen Effekte<br />

ausgelöst werden sollen. Ob diese eintreten, wird durch die Messung der Differenzen in<br />

den Wirksamkeitsindikatoren ermittelt.<br />

78 Im Folgenden wird die Gesamtheit der Jugendlichen in den Maßnahmen und der Schulen als<br />

Interventionsgruppe bzw. Kontrollgruppe (Einzahl) bezeichnet. Wenn jede Intervention für sich<br />

im Fokus steht, wird hingegen von Interventionsgruppen (Mehrzahl) gesprochen. In der Kontrollgruppe<br />

wird keine Differenzierung nach Schülerinnen und Schülern einzelner Schulen vorgenommen.<br />

79 Zu den Orientierungsmaßnahmen und den Auswahlkriterien vgl. Kapitel 8.3.1.<br />

182


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

sätzlich wurde das Evaluationsdesign um eine Kontrollgruppe mit Jugendlichen,<br />

die keine außerschulische Orientierungsmaßnahme wahrgenommen<br />

haben, aber in ihren sonstigen Merkmalen weitgehend mit den Vertreterinnen<br />

und Vertretern der Interventionsgruppe identisch waren, ergänzt. Zum<br />

Teil parallel zur Pre- und Posttestung der Interventionsgruppe wurden<br />

Schülerinnen und Schüler der Vorabgangs- und Abgangsklassen an Förderschulen,<br />

Mittelschulen und Gymnasien aus der kreisfreien Stadt Chemnitz,<br />

dem Landkreis Mittelsachsen, dem Vogtlandkreis u. a. in die Untersuchung<br />

einbezogen80. Da die Überprüfung der Wirksamkeit von außerschulischen<br />

Orientierungsmaßnahmen vorrangig war, wurde im Rahmen der Followup-Messung<br />

auf eine Integration von Jugendlichen aus der Kontrollgruppe<br />

(ausschließlich schulische Berufsorientierung) verzichtet.<br />

Im Rahmen des Pretests und des Posttests erfolgten schriftliche Gruppenbefragungen<br />

mittels Fragebogen (vgl. Kapitel 8.3.1 und 8.4). Wesentlichstes<br />

Kriterium für die quantitative Gestaltung des Pre- und Posttests waren die<br />

Anzahl der erwarteten Untersuchungsteilnehmenden, deren Befragung mit<br />

den zeitlichen Abläufen der Orientierungsmaßnahmen, aber auch mit den<br />

für die Studie generell zur Verfügung stehenden zeitlichen und personellen<br />

Kapazitäten kompatibel sein musste. Darüber hinaus versprach die Form<br />

der quantitativ erhobenen Daten eine vereinfachte und damit ressourcensparendere<br />

Analyse und Auswertung. Eine qualitativ ausgerichtete Folgebefragung<br />

mittels problemzentrierter Interviews (vgl. Lamnek 2005, S. 363 ff.)<br />

mit einzelnen ausgewählten Teilnehmenden der Orientierungsmaßnahmen<br />

wurde zu einem Messzeitpunkt nach etwa drei bis zehn Monaten nach<br />

Nutzung der jeweiligen Orientierungsmaßnahme an einem Ort nach<br />

Wunsch der Evaluationsteilnehmenden (z. B. Jugendhaus, Schule, Hochschule)<br />

durchgeführt (vgl. Kapitel 8.3.3). Ein maßgeblicher Grund für die<br />

qualitative Herangehensweise im Rahmen der Follow-up-Befragung ist darin<br />

zu sehen, dass die eingesetzte Interviewtechnik durch ihre teiloffene<br />

Strategie eine Datenerhebung unterstützte, die subjektive Eindrücke und<br />

Erfahrungen sowie Schwerpunktsetzungen der Interviewpartnerinnen und<br />

-partner sichtbar werden ließ. Parallel war jedoch auch eine Fokussierung<br />

auf eine detailgenaue Beschreibung der beabsichtigen, aber auch unbeabsichtigten<br />

Wirkungen der Orientierungsmaßnahmen und den dafür<br />

zugrunde liegenden Ursachen unter dem Blickwinkel der Dimensionen der<br />

Berufswahlreife realisierbar. Als Vorteil der Interviewtechnik ist auch einzuschätzen,<br />

dass nicht, wie beispielsweise für narrative Verfahren typisch,<br />

extensive text- und erzählanalytische Interpretationen im Mittelpunkt ste-<br />

80 Zu den die Kontrollgruppe untersetzenden Schulen und Auswahlkriterien vgl. Kapitel 8.3.1.<br />

183


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

hen. Aufwendige Sequenzanalysen sind für die Datenauswertung nicht erforderlich.<br />

Vielmehr war eine Auswertung durch thematische Querschnittsanalysen,<br />

systematisiert nach interessierenden Kategorien möglich (vgl. Kapitel<br />

8.5). Grundlage für die Auswahl von einzelnen Jugendlichen für die<br />

Follow-up-Befragung stellte die Strategie des Theoretical Sampling dar (vgl.<br />

Strauss, Corbin 1996, S. 148 ff.). Inhaltliche Aspekte werden bei dieser Art<br />

der Stichprobengewinnung zunächst offen gehalten und die Auswahl vielmehr<br />

daran orientiert, die Untersuchungsteilnehmenden in ihrer Vielfalt<br />

gegenüberzustellen. Die Entscheidungen über die Einbeziehung einzelner<br />

‚Fälle’ erfolgen im Prozess der Datenerhebung und -auswertung. Beginnend<br />

mit einem ersten gezielt ausgewählten Untersuchungsteilnehmenden<br />

sind weitere kontrastierende Probandinnen und Probanden heranzuziehen<br />

(vgl. Kapitel 8.3.3). Die Auswahl findet in Abhängigkeit der Höhe des zu<br />

erwartenden Erkenntnisgewinns über die Wirksamkeit von Orientierungsmaßnahmen<br />

statt und kommt zum Abschluss, wenn erneute Erhebungen<br />

und Auswertungen nicht mit einem Erkenntniszuwachs einher gehen (vgl.<br />

Kuckartz 2006, S. 277).<br />

Als weitere Untersuchungsebene war der Evaluation eine didaktische Analyse<br />

der Orientierungsangebote (vgl. die Ausführungen in Kapitel zum lerntheoretischen<br />

Modell der Didaktik in Kapitel 6.1) vorgeschaltet. Grundlage<br />

bildeten Dokumentenanalysen, teilweise ergänzt durch qualitative Befragungen<br />

der Verantwortlichen für die Orientierungsmaßnahmen mittels<br />

problemzentrierter Experteninterviews. Vorrangiges Anliegen war es, die<br />

Zielstellungen, die Inhalte, den Ablauf, die Methoden, die Medien und die<br />

Entwicklungspotenziale der Angebote einzuschätzen und spezifische<br />

Schnittstellen zum Berufswahlreifekonzept aufzudecken. Zugleich dienten<br />

die Dokumentenanalyse und die Experteninterviews als Impulsgeber für<br />

die Erarbeitung der Befragungsinstrumente für die Pre-, Post- und Followup-Messung.<br />

Die Vorteile der Dokumentenanalyse liegen u. a. in der<br />

raschen Verfügbarkeit der zu erhebenden Daten sowie in der von den Anbietern<br />

von Orientierungsmaßnahmen weitgehend unabhängigen und damit<br />

für diese wenig aufwendigen Datenerhebung. Ein Vorzug ist auch darin<br />

zu sehen, dass der Untersuchungsanlass die Daten nicht verfälscht.<br />

Nachteilig zu werten ist hingegen die möglicherweise geringe Aktualität der<br />

Dokumente und die nicht zwangsläufige Passfähigkeit zu den interessierenden<br />

Untersuchungsfragen. Hier wirkten die geführten Experteninterviews<br />

ausgleichend. Das Evaluationsdesign war so durch eine Perspektiventriangulation<br />

gekennzeichnet. Es wurden einerseits die Sichtweisen der<br />

befragten Jugendlichen berücksichtigt, andererseits bestand gleichzeitig die<br />

Möglichkeit, Standpunkte und Erfahrungen der Verantwortlichen von<br />

184


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Orientierungsmaßnahmen in die Evaluation zu integrieren und kontrastierend<br />

gegenüber zu stellen. Die Triangulation wurde weniger als Strategie<br />

zur Erhöhung der Validität und Objektivität genutzt, sondern vielmehr als<br />

Mittel eingesetzt, um Erkenntnisse durch die Gewinnung weiterer Erkenntnisse<br />

zu begründen und abzusichern (vgl. Flick 2005, S. 311). Dies<br />

entspricht der Kritik an Triangulation als ein Validierungsinstrument.<br />

Demnach ist diese nicht mit der Absicht zu vollziehen, mehr ‚objektive’<br />

Wahrheit oder ein ‚totales’ Bild eines Untersuchungsgegenstandes zu erlangen<br />

(vgl. ebd.). Auch Lamnek sieht in konkurrierenden Befunden keinen<br />

höheren Wahrheitsgehalt und legt nahe, dass diese dennoch falsch sein<br />

können (Lamnek 2005, S. 285). Welche Erkenntnisse als abgesichert eingestuft<br />

werden, oblässt er der gegenstands-, theorie- und methodenbezogen<br />

Beurteilung des Forschers. Zugleich sieht er in widersprüchlichen Forschungsergebnissen<br />

einzelner Untersuchungsschritte den Anreiz eventuellen<br />

methodischen oder theoretischen Mängeln nachzuspüren (vgl. ebd.,<br />

S. 284). In Bezug auf die vorliegende Untersuchung wäre beispielsweise<br />

eine Modifizierung der methodischen Vorgehensweise, eine Revidierung<br />

der Transferierbarkeit der theoretischen Ansätze zur Berufswahlreife auf<br />

Interventionen zur Berufsorientierung oder eine weitere Konkretisierung<br />

der Hypothesen denkbar (vgl. ebd.).<br />

Die Experteninterviews erfolgten im Oktober und November 2007. Die<br />

Pre- und Posttests in der Interventionsgruppe fanden je nach Durchführungszeitpunkt<br />

der einzelnen Orientierungsmaßnahmen zwischen Oktober<br />

2007 und April 2008 statt. Die Pretestung der Kontrollgruppe wurde – bedingt<br />

durch unterschiedliche zeitliche Ressourcen der Schulen – zwischen<br />

Januar und April 2008, die Posttests zwischen April und Mai 2008 vorgenommen.<br />

Die ergänzende Follow-up-Befragung von einzelnen Teilnehmenden<br />

der Interventionsgruppen schloss sich zwischen Juni und September<br />

2008 an. Eine zusammenfassende Darstellung des Evaluationsdesigns<br />

ist Abbildung 2 zu entnehmen.<br />

185


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Abbildung 2: Evaluationsdesign<br />

186


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

8.3.1 Zugang und Charakteristika der in die<br />

Evaluation einbezogenen Orientierungsmaßnahmen<br />

und Schulen<br />

Verknüpft mit den inhaltlichen Arbeiten zur Didaktik der Berufsorientierung<br />

(vgl. Kapitel 1) erfolgte eine internetbasierte Recherche nach Orientierungsmaßnahmen,<br />

die als potenziell geeignet für die hier angestrebte Evaluation<br />

erschienen. Bestimmend für die Heranziehung einzelner Orientierungsangebote<br />

waren dabei die Kriterien:<br />

� Durchführungsort und Einzugsgebiet in Sachsen; speziell Landkreis<br />

Mittelsachsen, Erzgebirgskreis, Vogtlandkreis, Landkreis Zwickau,<br />

Landkreis Leipzig und Stadt Chemnitz,<br />

� Implementierung im außerschulischen Bereich,<br />

� Einbeziehung von Jugendlichen der Vorabgangs- und Abgangsklassen<br />

bzw. aus Kursen der Sekundarstufe II,<br />

� Teilnahme von Jugendlichen beruht auf Freiwilligkeit,<br />

� Verfolgung der Zielstellung der Förderung von Berufswahlreife<br />

(entsprechend den Dimensionen des Berufswahlreifekonzeptes).<br />

Bei der Auswahl der einzelnen Interventionen wurde zudem Wert auf<br />

didaktische Vielfalt und Differenzierung hinsichtlich Inhalten, Methoden,<br />

Medien, Umfang und zeitlicher Abfolge gelegt. In Ergänzung zur Recherche<br />

nach Orientierungsmaßnahmen unter den gesetzten Kriterien erfolgte<br />

die Kontaktaufnahme zu Vorsitzenden oder Koordinatorinnen und Koordinatoren<br />

der Arbeitskreise Schule-Wirtschaft der Stadt Chemnitz, des<br />

Mittleren Erzgebirgskreises, des Landkreises Annaberg und des Vogtlandkreises.<br />

Die Gremien verstehen sich als Schnittstellen für die Begegnung<br />

von Wirtschaft und Schule. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören u. a.<br />

das Informationsmanagement zur Weitervermittlung von Veranstaltungshinweisen,<br />

die Konzeptentwicklung, Planung, Organisation und Durchführung<br />

von Maßnahmen zur Berufsorientierung sowie die Kontaktvermittlung<br />

zu regionalen und überregionalen Akteuren. Das Expertenwissen der<br />

Mitglieder der Arbeitskreise im Themenfeld der Berufsorientierung wurde<br />

genutzt, um ergänzende Informationen zu den aus der Internetrecherche<br />

bekannten Orientierungsmaßnahmen bzw. Kenntnis über andere in den<br />

einzelnen Landkreisen verortete Interventionen zu erlangen. In einem weiteren<br />

Schritt erfolgten die Übermittlung von Präsentationsmaterialien zur<br />

Untersuchung an die verantwortlichen Ansprechpartnerinnen und -partner<br />

187


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

von zehn Orientierungsangeboten und die Realisierung telefonischer oder<br />

Vorortgespräche. Anliegen dieses Kontaktes bzw. Zusammentreffens mit<br />

den Anbietenden von Orientierungsmaßnahmen war der Austausch über<br />

die geplante Evaluation, die Offenlegung ihrer Ziele, ihrer Hypothesen,<br />

ihres Ablaufes, ihrer Erhebungsmethoden und ihrer Bewertungskriterien<br />

sowie die Hervorhebung der Potenziale der Evaluationsergebnisse. Eine<br />

wesentliche Gesprächskomponente war zudem die Klärung des Interesses<br />

und der Bereitschaft der Akteure, ihr Angebot in die Evaluation aufzunehmen.<br />

In zwei Fällen wurde infolge des nunmehr gewonnenen Informationsstandes<br />

von der Einbindung der jeweiligen Orientierungsmaßnahme<br />

Abstand genommen. Die Interventionen genügten den definierten Auswahlkriterien<br />

nicht bzw. waren nicht mit der vorgesehenen Zeitplanung der<br />

Evaluation vereinbar. In einem dritten Fall wurden die Erhebungsmethoden<br />

und der zeitliche Umfang der Pre- und Posttests von Seiten des Anbieters<br />

als demotivierend für die Jugendlichen und damit dem Anspruch des<br />

Orientierungsangebotes entgegenlaufend eingeschätzt.<br />

In Hinblick auf die verbleibenden sieben Interventionen, ‚JobGalaxy’,<br />

‚JobGalaxy Future’, Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’, ‚Schnupperlehre’,<br />

Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ sowie zwei ‚Girls’<br />

Day’-Angebote81 (vgl. Anhang 5), hatte die Gewinnung weiterführender Informationen<br />

zu den Orientierungsmaßnahmen Priorität. Die Verantwortlichen<br />

wurden um verschriftete Materialien zu ihren Angeboten, wie beispielsweise<br />

Konzeptpapiere, Durchführungspläne, Flyer, und Dokumentationen<br />

gebeten. Die Materialien sind im Rahmen einer Dokumentenanalyse<br />

orientiert am bereits im Kapitel 6.1 dargelegten Lerntheoretischen Modell<br />

ausgewertet worden. Dies geschah in Hinblick auf<br />

� das Situationsgefüge/den Handlungsrahmen der jeweiligen<br />

�<br />

Intervention,<br />

die Implementierung, den zeitlichen Rahmen und die Kapazitäten,<br />

� institutionelle Bedingungen und Bedingungen der Zielgruppe,<br />

� Ziele, Inhalte und Verlaufsschwerpunkte, Methoden, Medien sowie<br />

� Aussagen zum Erfolg/zur Wirksamkeit sowie zu Entwicklungspotenzialen.<br />

81 Zur Unterscheidung der beiden Girls’Day-Interventionen wird im Folgenden für die, welche<br />

vorrangig Berufsausbildungen thematisiert, das Kürzel [B] verwendet. Die zweite Girls’Day-<br />

Maßnahme, die Studiengänge in den Fokus rückt, wird mit [S] gekennzeichnet.<br />

188


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Sofern die zur Verfügung gestellten Materialien nicht ausreichend aussagekräftig<br />

hinsichtlich der genannten Schwerpunkte waren, wurden Befragungen<br />

mit den verantwortlichen Ansprechpartnerinnen und -partnern einzelner<br />

Orientierungsmaßnahmen nachgeschaltet. Diese waren als problemzentrierte<br />

Experteninterviews (vgl. Kapitel 8.3) angelegt und fanden im Arbeitsumfeld<br />

der Verantwortlichen für die einzelnen Interventionen statt.<br />

Zum Teil wurden die Interviews mit Akteuren mehrerer Hierarchieebenen<br />

und Abteilungen geführt, um verschiedene Perspektiven aufzunehmen. Um<br />

die Gesprächsbereitschaft der Expertinnen und Experten anzuregen und<br />

Interesse am Interview zu wecken, aber auch um mögliche Hemmungen<br />

abzubauen, wurden ihnen im Vorfeld des Interviews die Interviewschwerpunkte<br />

(vgl. Anhang 6) zur Kenntnis gegeben. Durch den vorab gewährleisteten<br />

Einblick in die Befragungsinhalte war eine gezieltere Gesprächsführung<br />

möglich. Die zwischen 45 und 90 Minuten dauernden Interviews<br />

wurden begleitend dokumentiert. Die wesentlichsten aus den Experteninterviews<br />

und den Informationsmaterialien gewonnenen Aussagen zur<br />

Didaktik der Interventionen sind in Anhang 5 festgehalten.<br />

Bei der inhaltsanalytischen Auswertung der Interviews und der Dokumente<br />

wurde darauf geachtet, dass sie im Kontext unterschiedlicher Anlässe und<br />

Interessen entstanden (z. B. Überblick über ein Orientierungsangebot für<br />

die Adressaten, Beantragung finanzieller Mittel bei einem Fördermittelgeber)<br />

und eine stilistische Angleichung vorgenommen. Wie bereits vorangehend<br />

dargelegt, wird deutlich, dass gerade Ziele und Erfolgsindikatoren nur<br />

vage von den Interviewpartnerinnen und -partnern formuliert wurden, was<br />

für den geschilderten Rückgriff auf das Berufswahlreifemodell als Orientierungsrahmen<br />

für die Wirksamkeitsevaluation sprach. Zu ergänzen ist, dass<br />

die Befragungen und Materialien nicht selbst Gegenstand des Auswertungsinteresses<br />

waren, sondern ausschließlich als Informationsträger dienten<br />

(vgl. Kromrey 2006, 319 ff.). Um den Erkenntnisgewinn zu erhöhen, wäre<br />

es denkbar gewesen, die aus der Dokumentenanalyse gewonnen Informationen<br />

gezielt denen der Interviews gegenüberzustellen. Da die Herausarbeitung<br />

und Aufdeckung von Widersprüchen und Gemeinsamkeiten zwischen<br />

Interviewaussagen und den Materialien jedoch für die hier gesetzte<br />

Aufgabenstellung nicht zielführend gewesen wäre, wurde darauf verzichtet.<br />

Dennoch lassen sich hier Ansatzpunkte für ergänzende Untersuchungen<br />

identifizieren.<br />

Im Anschluss an diesen Schritt der Untersuchung wurden mit den Verantwortlichen<br />

der Orientierungsmaßnahmen Vereinbarungen zu zeitlichen<br />

Abläufen und zum Zeitpunkt der Ansprache der Nutzenden der Interventionen<br />

sowie zu notwendigen Voraussetzungen, wie dem Vorliegen einer<br />

189


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

schriftlichen Einverständniserklärung von Eltern minderjähriger Jugendlicher,<br />

getroffen. Durch die enge Abstimmung und die aktive Einbindung<br />

der Akteure in die Organisation der Evaluation war von vornherein Transparenz<br />

über das Forschungsvorhaben und den Evaluationsverlauf gegeben.<br />

Die partizipative Ausgestaltung trug dazu bei, dass die Studie als kooperatives,<br />

nicht kontrollierendes Vorhaben wahrgenommen wurde, was die Akzeptanz<br />

für die Durchführung der Evaluation positiv beeinflusste.<br />

Parallel zu den Absprachen mit den Verantwortlichen der Orientierungsmaßnahmen<br />

erfolgte die Vorbereitung der geplanten Klassenzimmerbefragungen<br />

in ausgewählten Schulen der Stadt Chemnitz und der umliegenden<br />

Landkreise. Auch hierzu wurde Unterstützung von den Vertreterinnen und<br />

Vertretern der Arbeitskreise Schule-Wirtschaft in Form von Empfehlungen<br />

für zu involvierende Schulen eingeholt. Eine erste Vorauswahl umfasste ein<br />

Spektrum von vierzehn Förderschulen, Mittelschulen und Gymnasien. Für<br />

die Auswahl maßgeblich war<br />

� ein aus den Erfahrungen der Akteure der Arbeitskreise Schule-<br />

Wirtschaft eingeschätzter Status der Schule als zuverlässige Kooperationspartnerin,<br />

� die Berücksichtigung unterschiedlicher Schultypen, entsprechend den<br />

potenziellen Teilnehmenden der Orientierungsmaßnahmen,<br />

� eine ausgewogene regionale Verteilung der Schulen, analog zum räumlichen<br />

Einzugsgebiet der ausgewählten Orientierungsangebote und<br />

� ein hohes Engagement in Hinblick auf Aktivitäten schulischer Berufsorientierung<br />

und die Entwicklung eines schuleigenen Berufsorientierungskonzeptes.<br />

Dem letztgenannten Punkt wurde Relevanz beigemessen, weil das schuleigene<br />

Konzept eine Komponente der „Sächsischen Strategie der Berufsund<br />

Studienorientierung“ (vgl. Kapitel 6.4.3) widerspiegelt. Die sächsische<br />

Schulentwicklung fand so Beachtung.<br />

Für die Befragung in den Schulen war gemäß „Verwaltungsvorschrift des<br />

Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über Sponsoring, Werbung,<br />

Spenden, Erhebungen, Wettbewerbe und den Warenverkauf an Schulen“<br />

(VwV Sponsoring 2008, Abs. 4) eine Genehmigung durch die das Ministerium<br />

vertretende Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Chemnitz<br />

Voraussetzung. Auf Grundlage von Informationen zu den Zielstellungen,<br />

zum Evaluationsdesign, zu den Evaluationsinstrumenten und zur getroffenen<br />

Vorauswahl an Schulen wurde dem im November 2007 gestellten<br />

190


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Antrag im Dezember 2007 in Verbindung mit Auflagen stattgegeben. 82 Infolge<br />

der Genehmigung der Befragung informierte die Sächsische Bildungsagentur,<br />

Regionalstelle Chemnitz die Schulleitungen und forderte diese<br />

zur Unterstützung auf. Auf dieser Basis erfolgte, wie auch bei den Anbietern<br />

der Berufsorientierungsmaßnahmen, die postalische Übermittlung<br />

von Informations- und Präsentationsmaterialien zur Studie und eine ergänzende<br />

Ansprache der Schulleitungen oder der von diesen benannten Ansprechpartnerinnen<br />

und -partnern mit dem Ziel des Kontaktaufbaus und<br />

der Vermittlung weiterführender Informationen. Bei den einzelnen Schulvertretungen<br />

zeichnete sich im Rahmen der zumeist telefonisch, aber auch<br />

vor Ort in den Schulen geführten Gespräche, vor allem der Bedarf zur Klärung<br />

organisatorischer Fragen ab. Dazu zählten Auskünfte zum Ablauf und<br />

zum zeitlichen Umfang des Pre- und Posttests, zur Notwendigkeit der Einbindung<br />

von Lehrenden im Untersuchungsverlauf, Vereinbarungen über zu<br />

befragende Schulklassen (eine Vorabgangsklasse und eine Abgangsklasse<br />

bzw. Kurse der Sekundarstufe II je Schule) sowie zur Terminierung. Ebenso<br />

wurde die Verfahrensweise zur Information der Erziehungsberechtigen<br />

von minderjährigen Schülerinnen und Schülern abgestimmt. In einigen der<br />

angesprochenen Schulen fanden unmittelbar vor oder parallel zur Kontaktaufnahme<br />

bereits Schülerbefragungen durch andere Institutionen statt. Mit<br />

Rücksicht auf die schulischen Ressourcen wurde vereinbart, von einer Befragung<br />

in diesen Schulen Abstand zu nehmen. In Konsequenz erfolgten<br />

die Ansprache zusätzlicher Schulen und die Bitte um Unterstützung der<br />

Untersuchung. Einige Schulleitungen sprachen sich aufgrund der Abschlussprüfungen<br />

gegen eine Umsetzung der Befragung in den Abgangsklassen<br />

bzw. zwölften Kursstufe ihrer Schulen aus und schlugen stattdessen<br />

andere Klassen/Kurse zur Teilnahme an der Untersuchung vor. Auch die<br />

ausgewählten Orientierungsmaßnahmen richten sich nicht ausnahmslos an<br />

Schülerinnen und Schüler der Vorabgangs- und Abgangsklassen bzw. aus<br />

Kursen der Sekundarstufe II. Wie aus der nachfolgend dargestellten Be-<br />

82 Zu diesen Auflagen gehörte u. a. die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Umfrage, die Notwendigkeit<br />

der vorherigen Einwilligung der Erziehungsberechtigten zur Teilnahme minderjähriger<br />

Schülerinnen und Schüler, die Verpflichtung zur Verschwiegenheit in Bezug auf personenbezogene<br />

Angaben der Interviewteilnehmenden und die Gewährleistung der Anonymität der Befragungsteilnehmer.<br />

Auf Grundlage des letzten Punktes war die Änderung des Kodierungsfeldes<br />

der Befragungsinstrumente für den Pre- und Posttest in den Schulen notwendig. Dieses enthielt<br />

neben Angaben zum Wohnort, zum Geschlecht und zu den ersten beiden Buchstaben des Vornamens<br />

der Mutter auch das Geburtsdatum. Da auf Seiten der Sächsischen Bildungsagentur<br />

durch Angaben zu diesen Elementen die Möglichkeit auf Rückschluss zu einzelnen Personen befürchtet<br />

wurde, ist das Kodierungsfeld neu zu gestalten gewesen. Statt der Abfrage des Geburtsdatums<br />

erfolgte nunmehr die Erfassung der letzten drei Ziffern der Telefonnummer des Jugendlichen.<br />

191


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

schreibung der Evaluationsstichprobe (siehe Kapitel 9.1) ersichtlich ist, umfassten<br />

sie auch Jugendliche niedrigerer Klassen- oder Kursstufen. Um eine<br />

höhere Vergleichbarkeit hinsichtlich der Merkmale der Untersuchungsgruppen<br />

zu erreichen, wurde der Anspruch, ausschließlich Jugendliche der<br />

Vorabgangs- und Abgangsklassen bzw. aus Kursen der Sekundarstufe II in<br />

die Erhebung einzubeziehen aufgeweicht. Letztendlich sind elf Schulen mit<br />

je zwei bis vier Klassen bzw. Kursen in die Untersuchung eingebunden<br />

worden (siehe Tabelle 7).<br />

Tabelle 7: Übersicht der Schulen, aus denen sich die Teilnehmenden der Kontrollgruppe<br />

rekrutierten<br />

Förderschule<br />

Mittelschulen<br />

Gymna-sien<br />

192<br />

Schulen<br />

� Parkschule Auerbach - Förderschule für Lernbehinderte,<br />

Auerbach<br />

Anzahl der Klassen/Kurse<br />

8 9 10 11<br />

1 1<br />

� Albert-Schweitzer-Mittelschule, Chemnitz 1 1<br />

� Johann-Gottlieb-Fichte-Schule, Mittweida<br />

(Mittelschule)<br />

2 2<br />

� Mittelschule „Am-Flughafen“, Chemnitz 1 1<br />

� Mittelschule „An der Mulde“, Rochlitz 1 1<br />

� Mittelschule „Gotthold Ephraim Lessing“,<br />

Lengenfeld<br />

2<br />

� Mittelschule Milkau, Erlau 2<br />

� Johann-Mathesius-Gymnasium, Rochlitz 1 1<br />

� Johann-Wolfgang-von-Goethe-Gymnasium,<br />

Chemnitz<br />

1 3<br />

� Karl-Schmidt-Rottluff-Gymnasium, Chemnitz 3<br />

� Martin-Luther-Gymnasium, Frankenberg 2 2<br />

Gesamt 5 9 10 5<br />

Insgesamt herrschte in allen beteiligten Schulen eine breite Akzeptanz in<br />

Bezug auf die Befragung und ein hohes Engagement hinsichtlich der organisatorischen<br />

Einbettung der Untersuchung in den Schulalltag. In vielen<br />

Schulen waren die Jugendlichen durch die Lehrkräfte bereits gedanklich auf<br />

die Teilnahme an der Untersuchung vorbereitet. Teilweise wurden inhaltliche<br />

Bezugspunkte zum Unterrichtsstoff hergestellt.


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

8.3.2 Realisierung der Pre- und Posttests in<br />

den Orientierungsmaßnahmen und den<br />

Schulen<br />

Orientiert an den organisatorischen Vereinbarungen mit den Verantwortlichen<br />

der Orientierungsmaßnahmen erfolgte die Pretestung der teilnehmenden<br />

Jugendlichen während der Anmeldeverfahren oder den Informationsveranstaltungen<br />

zu den Maßnahmen oder direkt vor Beginn der Interventionen.<br />

Nach Ablauf der ausgewählten Orientierungsangebote erfolgte<br />

die Kontaktaufnahme zu den Teilnehmenden, sofern dies möglich war, am<br />

Durchführungsort der Orientierungsmaßnahme im Rahmen der Auswertungs-/Verabschiedungsverfahren<br />

bzw. Zertifikatsübergaben. In zwei Fällen<br />

waren die Jugendlichen am Veranstaltungsort aufgrund des Ablaufes<br />

der Interventionen nur eingeschränkt erreichbar. Hier wurde der Posttest<br />

als postalische Befragung angelegt. Die Fragebögen wurden den Schülerinnen<br />

und Schülern zur häuslichen Bearbeitung mit einem Begleit-/Motivationsschreiben<br />

übermittelt. Voraussetzung hierfür war das Vorliegen<br />

der Kontaktdaten der Jugendlichen. Diese wurden innerhalb der Pretestung,<br />

deutlich getrennt vom Fragebogen aufgenommen. In den Schulen<br />

erfolgten der Pre- und Posttest im Rahmen zur Verfügung gestellter Unterrichtsstunden<br />

zu den mit den Schulleitungen oder Lehrenden vereinbarten<br />

Zeiten. Sowohl für die Jugendlichen der Interventionsgruppen als auch für<br />

die Schülerinnen und Schüler der Kontrollgruppe war das schriftliche Vorliegen<br />

der Einverständniserklärung der Eltern und das Interesse an der<br />

Teilnahme durch die Jugendlichen Voraussetzung für die Teilnahme an der<br />

Befragung. Von den Befragungen ausgeschlossen wurden minderjährige<br />

Jugendliche, die vor Beginn der Pretests keine Einwilligung der Eltern zur<br />

Teilnahme an der Untersuchung vorweisen konnten. Vor diesem Hintergrund,<br />

aber auch der wenig planbaren Interessenlage der Jugendlichen zur<br />

Teilnahme an der Befragung war die Anzahl der Untersuchungsteilnehmenden<br />

nur sehr ungenau kalkulierbar und zum Teil starken Schwankungen<br />

unterworfen (siehe dazu auch die Ausführungen zur Evaluationsstichprobe<br />

in Kapitel 9.1).<br />

Für die quantitativen Befragungen waren jeweils 45 Minuten (eine Unterrichtsstunde)<br />

vorgesehen. Das Zeitbudget umfasste Spielraum für die Begrüßung<br />

der Befragungsteilnehmenden, eine Vorstellung der Durchführenden<br />

der Befragung, eine kurze Erläuterung der Zielsetzung und Anlage der<br />

Untersuchung sowie mündliche und schriftliche Instruktionen zum Ausfüllen<br />

des Fragebogens. Wichtig für die am Anfang stehende Ansprache der<br />

193


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Jugendlichen war die Schaffung einer aufgeschlossenen und interessierten<br />

Grundhaltung, die die Schülerinnen und Schüler zur Beteiligung an der Befragung<br />

motivierte. Im Rahmen des Pretests galt es zudem, Bereitschaft zur<br />

Teilnahme an der Posttestung sowie der Follow-up-Befragung zu wecken.<br />

Um den Ablauf der Befragung in der Interventions- und Kontrollgruppe<br />

weitgehend kongruent zu gestalten und so die Durchführungsobjektivität<br />

zu steigern, kam ein Instruktionsleitfaden zum Einsatz, der in Form einer<br />

Checkliste für ein identisches Vorgehen garantierte. Abzüglich der Zeit für<br />

die Ausgabe und das Einsammeln der Fragebögen, Instruktionen und einer<br />

Zeitreserve verblieben etwa 30 Minuten je Testung. Die Jugendlichen<br />

waren aufgefordert, mit Fragen offensiv an die zur Verfügung stehende<br />

Ansprechpartnerin heranzutreten. Dennoch bestand der Grundsatz, so wenig<br />

Hilfestellung und Erklärungen wie notwendig zu geben, um die Antworten<br />

der Jugendlichen nicht zu beeinflussen. Sofern die Schülerinnen<br />

und Schüler nicht die gesamte zur Verfügung stehende Zeit zum Ausfüllen<br />

des Fragebogens benötigten, waren sie zur Prüfung ihrer Antworten auf<br />

Vollständigkeit und zur eigenständigen Beschäftigung, z. B. mit Hausaufgaben<br />

oder mit Informationen zum Ablauf der Orientierungsmaßnahme,<br />

aufgefordert. Großer Stellenwert wurde darauf gelegt, mit Abschluss des<br />

Ausfüllens des Fragebogens keine Privilegien, beispielsweise in Form der<br />

Möglichkeit zum Verlassen des Klassenraumes oder des Veranstaltungsortes<br />

der Orientierungsmaßnahme, zu schaffen. In Einzelfällen, so beispielsweise<br />

bei einigen Jugendlichen aus Förderschulen, genügte der Zeitraum<br />

von 45 Minuten zur Durchführung der Befragung nicht. In Absprache<br />

mit den Verantwortlichen der Orientierungsmaßnahmen bzw. den<br />

Lehrenden wurde das Zeitbudget anstelle eines Abbruchs der Befragung<br />

ausgeweitet. Der Kontakt endete mit dem Einsammeln der Fragebögen<br />

sowie den Bereitschaftserklärungen für die Folgebefragungen, der Verabschiedung<br />

und einem Dank an die Befragungsteilnehmenden. Um die Befragungssituation<br />

zu einem späteren Zeitpunkt rekapitulieren zu können<br />

wurde u. a. die Zahl der Teilnehmenden der jeweiligen Untersuchungsgruppe,<br />

die Atmosphäre während der Befragung, Störungen sowie Rückfragen<br />

der Jugendlichen mittels eines Befragungsprotokolls dokumentiert.<br />

Sowohl die Ansprechpartnerinnen und -partner für die Interventionen als<br />

auch die Lehrkräfte wurden außerhalb der organisatorischen Abstimmungen<br />

nicht in die Befragungen einbezogen. Teilweise waren sie bei den Befragungen<br />

anwesend, übernahmen jedoch keine aktive Rolle, da dies als<br />

Einflussnahme in die Befragung zu werten wäre.<br />

194


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

8.3.3 Umsetzung der Follow-up-Messung in<br />

den Orientierungsmaßnahmen<br />

Die Auswahl von einzelnen Jugendlichen für die Follow-up-Befragung geschah<br />

unter Anwendung der eingangs im Kapitel 8.3 beschriebenen Strategie<br />

des Theoretical Sampling. Berücksichtigung fanden die Sampling-<br />

Kriterien:<br />

� Geschlecht: Die gesellschaftliche Realität stellt sich für weibliche und<br />

männliche Jugendliche unterschiedlich dar, die Sozialisationsbedingungen<br />

und das Berufs- und Studienwahlverhalten (vgl. Kapitel 2.1)<br />

sind heterogen.<br />

� Besuchte Klassenstufe: Entsprechend der besuchten Klassenstufe besteht<br />

eine mehr oder weniger hohe Dringlichkeit sich beruflich zu<br />

orientieren bzw. eine Entscheidung für eine bestimmte Berufsvorbereitung<br />

(z. B. Berufsgrundbildungsjahr, Berufsvorbereitungsjahr),<br />

einen Ausbildungsberuf oder einen Studiengang zu treffen. In Zusammenhang<br />

mit dem Alter stehen verschiedene Erfahrungen und<br />

Bemühungen in Hinblick auf die Berufsorientierung.<br />

� Angestrebter Schulabschluss: Eng mit dem Schulabschluss verbunden<br />

sind die Möglichkeiten zur Aufnahme einer Berufsausbildung oder<br />

eines Studiums und damit die Verwirklichung beruflicher Interessen<br />

und Wünsche.<br />

Die Kontaktaufnahme zu den nach und nach im Samplingverfahren ausgewählten<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der sieben Orientierungsmaßnahmen<br />

erfolgte telefonisch oder postalisch auf Grundlage der im Rahmen<br />

der Pretests aufgenommenen Kontaktdaten. Die Motivation und Gewinnung<br />

der Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme an den qualitativen<br />

Interviews gestaltete sich äußerst schwierig. Ursachen hierfür sind einerseits<br />

darin zu sehen, dass in Konsequenz der eingeschränkten finanziellen und<br />

materiellen Ressourcen für die Untersuchung keine angemessenen Anreize<br />

zur Teilnahme eingesetzt wurden. Den Jugendlichen konnte darüber hinaus<br />

nur mit der Auswahl des Befragungsortes (Jugendhaus, Schule, Hochschule)<br />

entgegen gekommen werden. Andererseits sind Gründe in dem zum<br />

Teil langen Zeitraum zwischen der Posttestung und der Follow-up-<br />

Messung zu suchen. Dem wurde jedoch bewusst nicht gegengesteuert,<br />

schließlich war von Interesse, inwiefern Orientierungsmaßnahmen auch<br />

nach einem längeren Zeitraum noch Effekte zeigen. Vor diesem Hintergrund<br />

war auch die Einbindung von Schülerinnen und Schülern aus den<br />

195


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Abgangsklassen, die die Schule und damit auch die Berufswahl also gerade<br />

abschließen 83, vorgesehen. Es sollten so aussagekräftigere Ergebnisse zur<br />

Wirksamkeit gewonnen werden. Letztendlich konnte das Ziel, Schulabgängerinnen<br />

und -abgänger in die Befragung einzubinden, aber nur unzureichend<br />

realisiert werden (vgl. dazu das Kapitel 9.1 zur Evaluationsstichprobe).<br />

Die Durchführung der problem-zentrierten Interviews mit den<br />

Jugendlichen war wie auch die Pre- und Posttests durch ein dreistufiges<br />

Verfahren gekennzeichnet. Vor Beginn des Interviews wurde die Jugendlichen<br />

begrüßt und das Einverständnis für die Audioaufzeichnung und die<br />

anonymisierte Verwendung der zu erstellenden Interviewtranskripte abgefragt.<br />

Eine kurze einführende Erläuterung zu den Schwerpunkten des<br />

Interviews rundete die erste Phase der Befragung ab. Mit der Bitte um<br />

einige wenige Angaben zur Person wurde anschließend das Interview begonnen.<br />

Im Anschluss an das Interview bestand für die Untersuchungsteilnehmenden<br />

die Möglichkeit das Gespräch und die Ereignisse während der<br />

Untersuchung zu reflektieren und offen gebliebene Fragen zu stellen. Die<br />

Jugendlichen wurden zudem zu einer Rückmeldung aufgefordert, wie sie<br />

das Interview erlebt haben. Abgeschlossen wurde der Kontakt mit der Verabschiedung<br />

und einem Dank an die Interviewpartnerinnen und -partner.<br />

Die Follow-up-Untersuchungen umfassten in der Regel einen Zeitumfang<br />

von dreißig bis sechzig Minuten.<br />

8.4 Evaluationsinstrumente<br />

Für die quantitativen Erhebungen im Rahmen der Pre- und Posttests, welche<br />

auf die Erfassung von Einstellungen, Haltungen, Erfahrungen, Wissen<br />

und Aktivitäten zur Berufswahl ausgerichtet waren, erfolgte unter Beachtung<br />

der Hauptgütekriterien Objektivität, Validität und Reliabilität sowie<br />

von Nebengütekriterien, wie Ökonomie und Vergleichbarkeit (vgl. Bühner<br />

2010, S. 33 ff.) die Konstruktion von spezifischen, inhaltlich weitgehend<br />

identischen Fragebögen (vgl. Anhang 7 ff..). Im Rahmen der Follow-up-<br />

Untersuchung wurde mit einem Interviewleitfaden gearbeitet (vgl. Anhang<br />

11). An die Stelle klassischer Gütekriterien traten u. a. intersubjektive<br />

Nachvollziehbarkeit (z. B. Verfahrensdokumentation), Indikation des For-<br />

83 Mit ‚Abschluss der Berufswahl’ ist hier die Entscheidung für eine bestimmte Berufsausbildung<br />

oder einen Studiengang gemeint, jedoch nicht zwangsläufig die Unterzeichnung eines Berufsausbildungsvertrages<br />

oder die Studienimmatrikulation. Mit der Absicht Jugendliche in die Follow-up<br />

Messung einzubeziehen, die eine Entscheidung getroffen haben, bleibt berücksichtigt, dass wie in<br />

Kapitel 1 unter dem Stichwort Moratorium dargestellt wurde, bei einer Reihe von Schülerinnen<br />

und Schülern diese Entscheidung keineswegs mit Beendigung der Schule vorliegt.<br />

196


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

schungsprozesses (z. B. Methodenwahl, Transkriptionsregeln, Samplingstrategie)<br />

oder die Regelgeleitetheit (vgl. Steinke 2007, S. 323 ff.; vgl. Lamnek<br />

2005, S. 146 f.). Durch die evaluationsleitenden Fragestellungen und<br />

die formulierten Hypothesen war eine klar definierte Evaluationsperspektive<br />

u. a. orientiert am Berufswahlreifekonzept mit den beschriebenen Entwicklungsaufgaben<br />

bzw. Zielbereichen gegeben.<br />

Unter Gesichtspunkten der Ökonomie, d. h. unter Berücksichtigung der<br />

zur Verfügung stehenden eingeschränkten Ressourcen, wurden für die<br />

Operationalisierung Tests herangezogen, die in anderen Kontexten erstellt,<br />

erprobt und veröffentlicht wurden. Ein großer Vorteil von sorgfältig konstruierten<br />

Testverfahren ist ihre Exaktheit. Jedoch sind viele der verfügbaren<br />

Tests nicht für Evaluationszwecke, sondern auf Forschungszwecke<br />

mit starker Anlehnung an theoretisch-psychologische Konstrukte oder an<br />

den Bedürfnissen der Einzelfalldiagnostik ausgerichtet (z. B. Berufseignungstest<br />

(BET), Berufsinteressen-Test 11 (BIT 11), Testverfahren für<br />

Interessen: Beruf - Schule (TIBS 1), Coaching Tool: Berufliche Orientierung<br />

– Berufliche Interessen (CT-BOBI), Geva-Testverfahren: Eignungstest<br />

Berufswahl A/B und Talente-Check A/B). 84 Resultierend aus einer Bestandsaufnahme<br />

nach bereits veröffentlichten Erhebungsinstrumenten, die<br />

den hier untersuchten Themenbereich abdecken, schienen die folgenden<br />

zur Anwendung im Rahmen dieser Evaluation geeignet:<br />

� Test zur Erfassung von Einstellungen zur Berufswahl und beruflichen<br />

Arbeit (EBwA),<br />

� Verfahren der Kompetenzmessung nach den HIS-Schulabgängerbefragungen<br />

und den HIS-Absolventenstudien,<br />

� Test zur allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (SWE).<br />

Erste Versuche, Berufswahlreife auf testfähige Weise zu operationalisieren,<br />

wurden von John Crites 85 vorgenommen. Aus dem von ihm entwickelten<br />

Instrument ging das Career-Maturity-Inventory (CMI) hervor, welches die<br />

Basis für die hier zum Einsatz kommenden EbwA-Skalen bildet. Der Test<br />

ist die deutsche Adaptation eines Teilbereiches des CMI, erarbeitet von Seifert<br />

und Stangl (1986). Er integriert die vier Subskalen „Berufswahlengagement“,<br />

„Sicherheit und Entschiedenheit“, „Informationsbereitschaft<br />

und Flexibilität“ sowie „Eigenaktivität und Selbstständigkeit“. Seifert und<br />

Stangl sehen das für die Befragung von Hauptschülerinnen und -schülern<br />

entwickelte EbwA-Verfahren als geeignet<br />

84 Einen Überblick über einen Großteil der benannten sowie weitere psychologische und pädagogische<br />

Test geben Brickenkamp 1997 und Erpenbeck et al. 2007.<br />

85 John Crites war Schüler Donald E. Supers, der die Laufbahnentwicklungstheorie erarbeitete.<br />

197


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

198<br />

„(1) für die Ermittlung des Entwicklungsniveaus der berufswahlrelevanten<br />

Einstellungen, insbesondere zur Diagnose von auffälligen Rückständen<br />

oder Defiziten in verschiedenen Einstellungsbereichen (Dimensionen);<br />

(2) für die Entwicklung und Ausrichtung von individuellen und<br />

gruppenbezogenen Interventions- und Fördermaßnahmen, z.B. im Rahmen<br />

der Berufs und Laufbahnberatung, (3) für die Evaluation von Maßnahmen<br />

zur Berufswahlvorbereitung und beruflichen Beratung.“ (Seifert,<br />

Stangl o. J., S. 1, Seifert, Stangl 1986, S. 162)<br />

Der Begriff der Kompetenz wird unterschiedlich genutzt und definiert. Erpenbeck<br />

und Rosenstiel konstatieren in diesem Zusammenhang, dass es<br />

verfehlt wäre, „auf ein einheitliches Verständnis zu hoffen, auf allgemein<br />

verbindliche Charakterisierungen und Messverfahren zu warten.“ (Erpenbeck<br />

et al. 2007, S. XVII). Grundsätzlich ist eine Gefährdung von Validität<br />

und Reliabilität aufgrund von bestimmten Antworttendenzen bei der Erfassung<br />

von Selbstkonzepten nicht auszuschließen, doch ist durch verschiedene<br />

Studien ein Zusammenhang zwischen individuellen Kompetenzen<br />

und den Ergebnissen in Leistungstests belegt (vgl. Schaeper, Spangenberg<br />

2008, S. 166). Das Hochschul-Information-System führt seit Jahrzehnten<br />

Studien mit Schulabgängerinnen und -abgängern sowie Hochschulabsolventinnen<br />

und -absolventen durch. Im Rahmen dieser Untersuchungen<br />

fanden Skalen mit Bezug zu mehreren Kompetenzdimensionen Einsatz. 86<br />

Die Subskalen unterscheiden u. a. zwischen Sachkompetenz, Sozialkompetenz,<br />

Selbstkompetenz und Methodenkompetenz. Die Elemente der Typologie<br />

sind wie folgt untersetzt: Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten,<br />

die in fachübergreifenden Bereichen Anwendung finden können, also nicht<br />

an den Einsatz in einem spezifischen Bereich gebunden sind, werden als<br />

Sachkompetenz bezeichnet. (vgl. Schaeper, Briedis 2004, S. 5). Unter<br />

Sozialkompetenz werden Fähigkeiten verstanden, „die den Austausch von<br />

Informationen, Verständigung und den Aufbau, die Gestaltung sowie die<br />

Aufrechterhaltung von sozialen Beziehungen ermöglichen.“ (ebd.) Selbstkompetenz<br />

umfasst die „Fähigkeiten und Einstellungen, in denen sich die<br />

individuelle Haltung zur Welt, zur Arbeit und zur eigenen Person ausdrückt“<br />

(ebd.) und die eine aktive Gestaltung des beruflichen Lebens erlauben.<br />

Die Methodenkompetenz bezieht sich auf den gezielten Einsatz von<br />

86 Das Verständnis von Kompetenz in den HIS-Studien knüpft an das von Weinert an, greift jedoch<br />

weitere Konzeptualisierungen auf (vgl. Schaeper, Spangenberg 2008, S. 164 f.). Nach Weinert<br />

sind Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen<br />

motivationalen, volitionalen [gewollten – Anm. d. Verf.] und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten,<br />

um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll<br />

nutzen zu können“ (Weinert 2001, S. 27 f.).


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Kenntnissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Verhaltensweisen bei der Bewältigung<br />

von Aufgaben und Problemen (vgl. ebd.). Den einzelnen<br />

Kompetenzdimensionen sind ausgewählte Kompetenzen, die als wichtig<br />

für die Bewältigung beruflicher Anforderungen eingestuft werden, zugeordnet.<br />

Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sie in der Regel<br />

weit gefasst und zudem durch eine offene Aneinanderreihung einer Vielzahl<br />

von Teilkompetenzen gekennzeichnet sind. 87<br />

Die SWE-Skala von Schwarzer und Jerusalem (1999) ist ein Selbstbeurteilungsverfahren<br />

zur Erfassung von allgemeinen optimistischen Selbstüberzeugungen.<br />

Das Instrument beruht auf dem im Kapitel 8.1 dargelegten<br />

Selbstwirksamkeitskonzept von Albert Bandura.<br />

Die Testverfahren sind zum Teil sehr umfangreich. Da für die Durchführung<br />

der Pre- und Posttests jedoch nur ein begrenzter zeitlicher Rahmen<br />

von 45 Minuten zur Verfügung stand, wurden die Verfahren teilweise<br />

komprimiert adaptiert. Zusätzlich wurden Fragen aufgenommen<br />

� zum Stand beruflicher Exploration,<br />

� zum Kristallisationsniveau des Bildungsweges,<br />

� zur Einschätzung der Chancen auf eine Berufsausbildung/auf ein<br />

Studium,<br />

� zum arbeitswelt- und berufsbezogenen Wissen und<br />

� zur Nutzung von schulischen und selbstgesteuerten Aktivitäten zur<br />

Berufsorientierung und zur Einschätzung deren Nutzwertes.<br />

Die Struktur der Erhebungsinstrumente des Pre- und Posttests umfasste<br />

einleitend schriftliche Instruktionen zur Handhabung der Fragebögen. Des<br />

Weiteren wurde ein grober Überblick über das Anliegen und den Verlauf<br />

der Studie, die Befragungsschwerpunkte, die notwendige Zeit zum Ausfüllen<br />

des Fragebogens sowie Hinweise zur Anonymität und zur Wichtigkeit<br />

von Angaben im Kodierfeld 88 des Fragebogens als Ausgangspunkt der Befragung<br />

gegeben. Mit einigen Fragen zur schulischen Situation und zur<br />

Ausgangslage in Bezug auf die Berufsorientierung im Pretest und zur Einschätzung<br />

der besuchten Orientierungsmaßnahmen bzw. zur Rolle der<br />

schulischen Berufsorientierung im Posttest wurde die Einleitung in die Be-<br />

87 Auch hier sind keine einheitlichen Definitionen vorzufinden. Ebenso ist die Zuordnung zu<br />

den Kompetenzbereichen höchst heterogen.<br />

88 vgl. Fußnote 82; Das Kodierfeld wurde als Basis für die Zuordnung der Fragebögen des Pre-<br />

und Posttests zu einer Person sowie zur Erfassung soziodemografische Merkmale (Geschlecht,<br />

Wohnort) genutzt.<br />

199


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

fragung und die Hinführung zum Thema Berufsorientierung realisiert. Die<br />

Fragen wurden in der weiteren Abfolge in homogene Themenkomplexe<br />

bzw. Sinnzusammenhänge orientiert an den inhaltlichen Schwerpunkten<br />

der benannten Testverfahren (u. a. berufliche Pläne und Berufswunsch, Berufswahlengagement,<br />

Informationsbereitschaft) gebündelt. Den Abschluss<br />

des Fragebogens bildete der Dank an die Beteiligten.<br />

Für die Erhebungsinstrumente wurde eine überwiegend standardisierte<br />

Form gewählt, d. h. zum einen erhielten alle Jugendlichen, unabhängig vom<br />

Schultyp, im Wortlaut und in der Abfolge identische Fragen. Zum anderen<br />

wurden sie auch mit kongruenten Antwortmöglichkeiten konfrontiert. Die<br />

Entscheidung für eine standardisierte Vorgehensweise fiel insbesondere vor<br />

dem Hintergrund der besseren Vergleichbarkeit von Antworten. Auch<br />

wenn geschlossene Fragen den Zwang bergen, sich für eine vorgegebene<br />

Antwortalternative entscheiden zu müssen, wurde diese Form für einen<br />

Großteil der Fragen des entwickelten Erhebungsinstrumentes gewählt.<br />

Gründe hierfür sind u. a. in den für die Durchführung der Befragungen zur<br />

Verfügung stehenden geringen zeitlichen Ressourcen zu sehen, die höhere<br />

Vergleichbarkeit der Antworten sowie eine höhere Durchführungs- und<br />

Auswertungsobjektivität (vgl. Diekmann 2003, S. 408). Einbindung fanden<br />

geschlossene Fragen des Identifikations- sowie des Selektionstyps (vgl.<br />

Atteslander 2008, S. 138). Die den Selektionstyp kennzeichnenden Alternativfragen<br />

wurden zumeist als Fragen mit Einfachnennung oder als Mehrfachauswahlfrage<br />

in Form von eindimensionalen Ratingskalen mit verbalen<br />

Charakterisierungen, welche Häufigkeits-, Intensitäts- und Bewertungseinstufungen<br />

maßen, angelegt. Um den Jugendlichen trotz festgesetzter Antwortkategorien<br />

die Gelegenheit zu geben, Einstellungen/Meinungen und<br />

Überzeugungen/Wertorientierungen zu äußern, die für sie von zentraler<br />

Bedeutung, aber durch die Antwortvorgaben nicht erfasst sind, wurden<br />

einige Fragen zusätzlich mit der Vorgabe ‚Sonstiges’ (halboffene Frage)<br />

versehen. Die Darbietung von Fragen nach Erlebnissen und Empfehlungen<br />

der Jugendlichen erfolgte zum Teil offen. Ebenso fiel die Wahl auf<br />

diese Variante, um konkretes Wissen abzufragen oder Bezugssysteme aufzudecken.<br />

Dennoch wurden die offenen Fragen in den Erhebungsinstrumenten<br />

des Pre- und Posttests gering gehalten. Sie gehen mit einer starken<br />

Abhängigkeit gegenüber dem einher, was den Jugendlichen in der Befragungssituation<br />

einfällt und was diese für mitteilenswert halten. Zudem setzten<br />

sie Verbalisierungsfähigkeiten und die Verbalisierungsbereitschaft bei<br />

den Schülerinnen und Schülern voraus, die nicht bei allen Teilnehmenden<br />

der Befragung zu erwarten war.<br />

200


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Bei der Erarbeitung der Fragen wurde darauf geachtet, dass diese direkt,<br />

unkompliziert und präzise formuliert sind. Ziele der Überlegungen zur<br />

sprachlichen Gestaltung der Erhebungsinstrumente waren u. a. die Vermeidung<br />

von Fremdwörtern, Abstrakta und Synonyma, durch Gebrauch<br />

möglichst kurzer Sätze und einer syntaktisch einfachen Struktur. Unter Beachtung<br />

der heterogenen Zusammensetzung der Gruppe der Befragungsteilnehmer<br />

stellte dies eine unabdingliche Notwendigkeit dar. Darüber hinaus<br />

wurde auf die Formulierung eindeutiger Fragen, die für alle Befragten<br />

einen einheitlichen inhaltlichen Bezugsrahmen bildeten, geachtet. Wenngleich<br />

Berufs- und Studienorientierung im Kapitel 3 konvergent definiert<br />

wurden, erfolgte innerhalb des Fragebogens eine begriffliche Trennung, um<br />

insbesondere Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien besser für die Befragung<br />

aufschließen zu können. Dabei wurde versucht, den Terminus der<br />

Studienorientierung sensibel einzusetzen, um bei Jugendlichen aus Förderoder<br />

Mittelschulen, für die ein Studium nicht in direktem Anschluss möglich<br />

ist, keine negativen Befindlichkeiten zu wecken. Vor dem Hintergrund,<br />

dass das Ausfüllen des Fragebogens etwa 30 Minuten in Anspruch nahm,<br />

war es zentrales Anliegen, die Jugendlichen nicht zu überfordern und so zu<br />

demotivieren. Die Ausrichtung der Befragung erfolgte soweit wie möglich<br />

an der sprachlichen Kompetenz und Interessenlage der Jugendlichen. Mit<br />

dem bereits erläutertem Wechsel der Frageformen wurde versucht die<br />

Konzentration aufrecht zu erhalten.<br />

Die Befragungsinstrumente wurden vor ihrem Einsatz gemeinsam mit Verantwortlichen<br />

der Orientierungsmaßnahmen sowie Lehrkräften diskutiert<br />

und abgestimmt. Infolgedessen erfolgte die Erweiterung oder Konkretisierung<br />

von Antwortvorgaben einzelner Fragen, die Anpassung der verbalen<br />

Beschreibungen der Stufen der Ratingskalen, die sprachliche Vereinfachung<br />

der Fragebögen für den Pre- und Posttest und die Korrektur von Redundanzen.<br />

In einem weiteren Schritt wurde der Fragebogen innerhalb einer<br />

Vorerhebung mit Teilnehmenden des Orientierungsangebotes ‚Schnupperlehre’<br />

erprobt. Hauptaugenmerk lag auf einer für die Zielgruppe angemessenen<br />

Formulierung der Fragen, auf der Überprüfung des sinngemäßen<br />

Verstehens sowie auf der eindeutigen und vollständigen Erfassung aller<br />

relevanten Antwortvorgaben. Des Weiteren war es Anliegen, konkrete<br />

Erhebungsprobleme und die durchschnittliche Befragungszeit zu ermitteln.<br />

In Bezug auf letzteren Punkt wurde im Vortest deutlich, dass der Umfang<br />

des Fragebogens die den Jugendlichen maximal zumutbare Grenze erreichte.<br />

Im Interesse der Schülerinnen und Schüler hätte der Fragebogen zielgruppenadäquater<br />

gestaltet werden müssen. Um die aufgestellten Forschungsfragen<br />

beantworten zu können, wurde dessen ungeachtet keine<br />

201


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Kürzung des Fragebogens vorgenommen. Kontraproduktiv wirkte auch die<br />

formale Gestaltung der Befragungsinstrumente. Diese waren im A4-Format<br />

angelegt. Durch eine relativ enge Anordnung der Fragen wurde die subjektiv<br />

erlebte Befragungszeit eher verlängert als gemindert. Aus dem Anspruch<br />

der Vollständigkeit der Antwortvorgaben resultierte u. a. die Aufnahme der<br />

Kategorien ‚keine Angabe möglich’ bzw. ‚weiß nicht’. Sie wurden bei<br />

einzelnen Fragen optisch getrennt von der eigentlichen Skala integriert. Bei<br />

Fehlen dieser neutralen Antwortkategorien haben die Befragungsteilnehmenden<br />

nur die Möglichkeit eine der vorgegebenen Antwortalternativen<br />

auszuwählen, auch wenn ihre Einschätzung nicht mit dieser konform geht.<br />

Durch die Ausweichkategorien wurde der Zwang zur Abgabe eines Urteils<br />

aufgelöst. Es sollte so umgangen werden, dass sich die Jugendlichen in ihrem<br />

Antwortverhalten eingeengt fühlen und deshalb Antworten verweigern<br />

oder verzerrte Informationen im Datenmaterial entstehen. Nachteilig ist jedoch<br />

das Risiko zu bewerten, dass wenig entscheidungsfreudige Jugendliche<br />

eine der Ausweichkategorien wählen, obwohl sie möglicherweise eine<br />

der inhaltlichen Antwortkategorien präferieren (vgl. Porst 2008, S. 81 f.).<br />

In Ergänzung der bisherigen Darstellungen u. a. zu verwendeten Arten von<br />

Fragen, Formulierungsgrundsätzen sowie zum Aufbau der Erhebungsinstrumente<br />

sind im Folgenden testtheoretische Aspekte der Fragebogenkonstruktion<br />

zentral. Im Mittelpunkt stehen insbesondere Ausführungen<br />

zur Validität und Reliabilität. Die Validitätsprüfung konzentrierte sich einerseits<br />

auf eine inhaltliche Analyse der Evaluationsinstrumente, die bereits<br />

im Rahmen der Fragebogenkonstruktion realisiert wurde. Daraus resultierten<br />

die in den vorangehenden Abschnitten erwähnte inhaltliche und<br />

sprachliche Modifizierung der EBwA- und der HIS-Skalen und die ergänzende<br />

Aufnahme von Fragen zu Themen, die noch unzureichend Berücksichtigung<br />

fanden (u. a. Stand beruflicher Exploration, Kristallisationsniveau<br />

des Bildungsweges). Andererseits wurde auch die Konstruktvalidität<br />

überprüft. Ihre Abklärung erfolgte anhand von Faktorenanalysen (Hauptkomponentenanalyse<br />

mit Varimax-Rotation) auf Grundlage der in der<br />

Analysestichprobe erhobenen Daten. Die Spezifizierung der Faktoren<br />

orientierte sich weitgehend an den Dimensionen des EBwA- und des HIS-<br />

Instrumentariums und stützte sich auf diejenigen Variablen, die mittlere<br />

oder hohe Faktorladungen aufwiesen. Items mit geringen Faktorladungen<br />

unter P = 0,3 wurden bis auf wenige Einzelfälle ausgeschlossen. Für die<br />

Zusammensetzung der Skalen wurden also diejenigen Items ausgewählt, die<br />

diese jeweils am besten repräsentierten. Dabei konnten die theoretischen<br />

Konstrukte der EBwA- und der HIS-Skalen nicht vollständig empirisch<br />

rekonstruiert werden. Ergänzend zur Prüfung der Inhaltsvalidität bestätigte<br />

202


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

sich vielmehr eine abweichende Skalenstruktur. Zumindest in Bezug auf die<br />

HIS-Skalen ist dieses Ergebnis kein Novum. Schaeper und Briedis begründen<br />

dies u. a. mit der inneren Heterogenität der Kompetenzbereiche, die<br />

durch ein wenig und unterschiedlich abgegrenztes Konglomerat an Zuordnungen<br />

gekennzeichnet sind (vgl. Schaeper, Briedis 2004, S. 9 f.).<br />

Neben der Betrachtung der Validität erfolgten Reliabilitätsanalysen, die eine<br />

Prüfung der Itemtrennschärfen, der Itemschwierigkeit und der Skalenkonsistenz<br />

einschlossen. Die Entscheidung für die Aufnahme von Items fiel,<br />

insofern diese einen korrigierten Trennschärfekoeffizienten von überwiegend<br />

höher als rjt = 0,389 aufweisen konnten. Eine Überprüfung der Itemschwierigkeiten<br />

zeigte, dass die Beantwortung der Aussagen tendenziell<br />

eher leicht war, woraus aufgrund der erwünschten Zielgruppenadäquatheit<br />

jedoch keine Veränderungen in Hinblick auf die Skalenkonstruktion folgten.<br />

Parallel wird dieser Sachverhalt auch durch die Mittelwerte der Skalen<br />

widergespiegelt. Die Standardabweichungen liegen bei SD = 0,30 bis SD =<br />

0,73 was in Bezug auf einen Teil der Skalen eine eher geringe Antwortvarianz<br />

verdeutlicht und damit eine hohe Einigkeit in der Beantwortung der<br />

Fragen schließen lässt. Zur Bewertung der Skalenkonsistenz wurde der Alpha-Koeffizient<br />

(Cronbachs Alpha) herangezogen. Die einzelnen Skalen<br />

weisen eine befriedigende bis gute Reliabilität90 auf. Bei den modifizierten<br />

Skalen des EBwA-Instrumentariums sind die Koeffizienten vergleichbar<br />

mit den von Seifert und Stangl ermittelten Werten (vgl. Seifert, Stangl o. J.,<br />

S. 3 f.). Die zum Teil deutlichen Unterschiede in der Reliabilität im Preund<br />

Posttest werden nicht als mangelnde Zuverlässigkeit gewertet, sondern<br />

als Hinweis auf tatsächliche Veränderungen in den berufswahlbezogenen<br />

Einstellungen, die von grundher als instabile Merkmale abzusehen sind<br />

(vgl. Bortz, Döring 2006, S. 199). Tabelle 8 gibt einen zusammenfassenden<br />

Überblick über die im Pre- und Posttest eingesetzten Skalen und<br />

ihre statistischen Kennwerte.<br />

Nachfolgend werden die identifizierten Skalen näher charakterisiert und<br />

mit Beispielitems belegt. Jedes der verwendeten Einzelitems mit der dazugehörigen<br />

vierstufigen Ratingskala wurde als Indikator einer Einstellung<br />

89 Der Trennschärfekoeffizient kann Werte zwischen minus eins und eins annehmen. Ein Trennschärfekoeffizient<br />

von kleiner 0,3 wird als niedrig, von 0,3 bis 0,5 als mittel und von größer 0,5<br />

als hoch bezeichnet.<br />

90 Cronbachs Alpha kann zwischen null und eins liegen, wobei Werte ab 0,6 als akzeptabel und<br />

ab 0,8 als hoch definiert werden. Jedoch sollte Alpha bei der Interpretation immer zur Anzahl<br />

der Items in Bezug gesetzt werden. Insbesondere dann, wenn es sich um wenige Items (< 5)<br />

handelt, kann durchaus auch ein Wert von unter 0,6 als akzeptabel angesehen werden (vgl. Kopp,<br />

Lois 2009, S. 57).<br />

203


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

aufgefasst und gemäß der Likert-Technik mit den bereits beschriebenen<br />

Methoden der Testtheorie und Faktorenanalyse geprüft (vgl. Diekmann<br />

2003, S. 210). Aus der Konzipierung nach dem Modell von Likert ergeben<br />

sich zwei gegensätzliche Positionen hinsichtlich des angenommenen Messniveaus:<br />

Einerseits werden Ratingskalen als reine Ordinalskalen angesehen,<br />

was statistische Datenanalysen anhand von metrischen Verfahren ausschließt.<br />

Werden die Antwortmöglichkeiten allerdings, wie bei in der hier<br />

verwendeten Form symmetrisch formuliert, kann andererseits von einer<br />

Äquidistanz in den Antwortmöglichkeiten ausgegangen werden, was eine<br />

Interpretation als Intervallskala erlaubt (vgl. Baur 2008, S. 279 ff.). Das<br />

Dilemma wird unter dem Blickwinkel der statistischen Datenanalyse im<br />

Kapitel 8.5 erneut aufgriffen und mit einer abschließenden Entscheidung<br />

zur Auslegung diskutiert. Zunächst wird nun auf die modifizierten Skalen<br />

mit Quelle im EbwA- und HIS-Instrumentarium eingegangen. Anschließend<br />

folgen Ausführungen zu weiteren Skalen (u. a. SWE-Verfahren).<br />

Die Skala Berufswahlengagement gibt das Ausmaß der Einsicht in die Bedeutung<br />

der ersten Berufsentscheidung und die Bereitschaft, sich mit dem<br />

Problem der eigenen Berufswahl auseinanderzusetzen wieder (vgl. Seifert,<br />

Stangl 1986, S. 157). „Was meine Berufswahl angeht, so wird sich dies früher<br />

oder später von selbst ergeben.“ und „Es ist für mich nicht so wichtig,<br />

für welchen Beruf/welches Studium ich mich entscheide, da ich später<br />

noch immer wechseln kann.“ stellen Beispiele für Items der Testskala dar.<br />

Von der ursprünglich mit fünfzehn Items konstruierten Skala wurden vier<br />

Aussagen unverändert übernommen, weitere drei wurden umformuliert<br />

oder zusätzlich integriert.<br />

Die Skala Sicherheit und Entschiedenheit beschreibt den Entwicklungszustand<br />

Jugendlicher in Hinsicht auf die Sicherheit ihrer Selbsteinschätzung, bezogen<br />

auf ihre berufliche Eignung und ihre beruflichen Interessen. Sie spiegelt<br />

den Kenntnisstand und das Maß an Sicherheit in der Einschätzung der<br />

am meisten in Frage kommenden Berufe und in der realitätshaltigen Abwägung<br />

von Vor- und Nachteilen verschiedener beruflicher Optionen wider<br />

(vgl. Bastian et al. 2007, S. 57 ff.; vgl. Seifert, Stangl 1986, S. 157). Zwei<br />

Beispielitems die für die Skalenkonstruktion herangezogen wurden, lauten:<br />

„Ich weiß nicht recht, was ich tun soll, um die richtige Berufsausbildung/das<br />

richtige Studium zu wählen.“ und „Ich schwanke oft, welche Berufsausbildung/welches<br />

Studium ich einmal ergreifen soll.“ Die ursprüngliche<br />

Skala von Seifert und Stangl wurde von zwölf auf sieben Aussagen reduziert<br />

und diese teilweise in ihrer Formulierung verändert.<br />

204


Tabelle 8: Skalenkennwerte<br />

III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

91 Zu Informationen zu den Einzelitems der Skalen siehe Anhang 14. Die Antworten wurden wie<br />

folgt kodiert: 4=‚stimmt genau’ bis 1=‚stimmt nicht’. Unberück-sichtigt blieb die Antwortvorgabe<br />

‚weiß nicht’. Der Variablenwert wurde als systembedingter fehlender Wert und nicht als<br />

Messwert behandelt, da er keine Aussagen zu den Untersuchungsteilnehmern auf den verschiedenen<br />

Berufswahlreifedimensionen liefert, sondern Informationen darüber, warum kein Messwert<br />

vorliegt (vgl. Kromrey 2002, S. 230; vgl. Kapitel 8.5). Gegensinnig gepolte Items wurden<br />

umkodiert.<br />

[ 91]<br />

205


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Die Skala Informationsbereitschaft und Flexibilität erfasst die Bereitschaft, eigene<br />

Zielsetzungen auch bei ungünstigen Chancen beizubehalten bzw. resignativ<br />

oder begründet aufzugeben sowie die Flexibilität und Kompromissbereitschaft<br />

bei der Berufswahlentscheidung. Antizipatorisch ist auch die berufliche<br />

Weiterbildungsbereitschaft aufgenommen (vgl. Seifert, Stangl 1986,<br />

S. 157 f.). Beispielhaft seien hier Items „Bevor man sich für einen bestimmten<br />

Beruf entscheidet, sollte man herauszubekommen versuchen, was<br />

man in diesem Beruf tun muss und ob einem dieser wirklich liegt.“ und<br />

„Um im Beruf vorwärtszukommen, muss man auch später noch bereit sein,<br />

weiterzulernen.“ genannt. Die Skala mit original fünf Items wurde um eine<br />

weitere Aussage ergänzt und zum Teil sprachlich modifiziert.<br />

Die Skala „Eigenaktivität und Selbstständigkeit bei der Berufswahlentscheidung“<br />

von Seifert und Stangl (1986) fand aufgrund ihrer inhaltlichen<br />

Gestaltung keinen Einsatz. Jedoch wurde ihr Grundgedanke aufgenommen<br />

und die Subskala Eigenverantwortung in der Berufsorientierung mit fünf Items<br />

konstruiert. Diese fokussierte die Einsicht Jugendlicher in die eigene Verantwortlichkeit<br />

für den Schulabschluss und die Berufsorientierung. Anzuführen<br />

sind hier die Beispielitems: „Ich muss meine berufliche Laufbahn in<br />

einem vorgegebenen Rahmen selber mitgestalten.“ und „Ein guter Schulabschluss<br />

ist die beste Voraussetzung für einen guten Berufsstart.“ Die<br />

Einzelitems aller soeben beschriebenen Skalen erforderten von den Befragten<br />

eine Selbsteinschätzung mittels vierstufiger Ratingskala (‚stimmt nicht’,<br />

‚stimmt kaum’, ‚stimmt eher’, ‚stimmt genau’; zusätzlich wurde die Antwortvorgabe<br />

‚weiß nicht’ aufgenommen).<br />

Auch die Skalen des HIS-Instrumentariums wurden nur partiell reproduziert.<br />

Anpassungen erfolgten sowohl in Bezug auf Inhalte, Anzahl und Zuordnung<br />

der Kompetenzen zu den Dimensionen Sachkompetenz, Methodenkompetenz,<br />

Sozialkompetenz und Selbstkompetenz92 Ausgangspunkt für die<br />

Modifizierung stellten Überlegungen dar, welche grundlegenden Kompetenzen<br />

durch die Berufsorientierung zu vermitteln bzw. zu fördern sind.<br />

Hierbei wurde auf die formulierten Intentionen der Berufsorientierung zurückgegriffen<br />

(vgl. Kapitel 6.3.1). Es wurde dabei nicht der Anspruch erhoben,<br />

das Ausmaß vorhandener, für die Arbeitswelt wichtiger und durch Berufsorientierung<br />

geförderter Kompetenzen exakt zu quantifizieren.<br />

Beispielitems für die Skala zur Sachkompetenz mit vier Selbstaussagen sind<br />

‚Wirtschaftskenntnisse und Grundkenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge’.<br />

Für die Skala zur Sozialkompetenz, welche fünf Komponenten um-<br />

92 Zum Verständnis der Kompetenzdimensionen siehe die eingehenden Ausführungen zum<br />

Instrumentarium der HIS-Absolventenstudien zu Beginn des Kapitels.<br />

206


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

fasst, wurden die Items ‚Fähigkeit mit anderen zusammenzuarbeiten’ oder<br />

‚Fähigkeit, die Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen’<br />

herangezogen. Die ‚Fähigkeit, Verantwortung für den Berufsweg zu übernehmen’<br />

und die ‚Kenntnis der eigenen Grenzen/Fähigkeit der realistischen<br />

Selbsteinschätzung’ repräsentieren die sechs Items einbindende<br />

Skala zur Selbstkompetenz und die Fähigkeiten ‚konzentriert und diszipliniert<br />

zu arbeiten’ sowie ‚zur Selbstorganisation und zum selbstständigen Arbeiten’<br />

die zur Methodenkompetenz mit insgesamt sechs Aussagen. Zur Abfrage<br />

der Items wurden wiederum zwei vierstufige Ratingskalen eingesetzt<br />

(‚wichtig’, ‚eher wichtig’, ‚wenig wichtig’, ‚unwichtig’ und ‚in hohem Maße’,<br />

‚in eher hohem Maße’, ‚in eher geringem Maße’, ‚in geringem Maße’; ergänzend<br />

wurde jeweils die Antwortvorgabe ‚weiß nicht’ aufgenommen). Die<br />

Verfahrensweise der HIS-Schulabgängerbefragungen und der HIS-Absolventenstudien<br />

schließt u. a. Abfragen ein, welche Kompetenzen in der<br />

Arbeitswelt von Bedeutung sind und zugleich in welchem Maße die Befragten<br />

nach eigener Einschätzung zum Zeitpunkt der Erhebung selbst über<br />

diese verfügen. Für die vorliegende Untersuchung wurden diese zwei<br />

Fragestellungen leicht modifiziert übernommen (vgl. Schaeper, Spangenberg<br />

2008, S. 162 f.).<br />

Die SWE-Skala wurde in nahezu identischer Form eingesetzt. Mit ihr<br />

gemessen wird die Kompetenzerwartung, also das Vertrauen darauf, Anforderungssituationen<br />

aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können,<br />

wobei der Erfolg der eigenen Kompetenz zugeschrieben wird. Die involvierten<br />

zehn Items waren per vierstufiger Ratingskala zu beantworten<br />

(‚stimmt nicht’, ‚stimmt kaum’, ‚stimmt eher’, ‚stimmt genau’; ergänzend<br />

wurde die Antwortvorgabe ‚weiß nicht’ aufgenommen). U. a. sind Aussagen<br />

wie „Wenn ein Problem auftaucht, kann ich es aus eigener Kraft<br />

meistern.“ oder „Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine Absichten<br />

und Ziele zu verwirklichen.“ im Itemkatalog zur Skalenkonstruktion enthalten.<br />

Die Abfrage berufsbezogener Wertorientierungen erfolgte mit der Skala<br />

Selbstverwirklichung. Im Mittelpunkt standen sechs Items, die das Streben<br />

nach sinnstiftenden Tätigkeiten und nach Umsetzung von familiären und<br />

freizeitbezogenen Interessen thematisieren. Analog den Skalen zur Erfassung<br />

von Einstellungen zur Berufswahl und zur beruflichen Arbeit (EBwA)<br />

verlangten die Aussagen eine Selbsteinschätzung auf Basis einer vierstufigen<br />

Ratingskala (‚stimmt nicht’, ‚stimmt kaum’, ‚stimmt eher’, ‚stimmt<br />

genau’; zusätzlich wurde die Antwortvorgabe ‚weiß nicht’ aufgenommen).<br />

Anzuführen sind hier die Beispielitems: „Beruflich will ich einmal das<br />

207


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

machen, was ich gut kann und was mich wirklich interessiert.“ und „Ich<br />

finde es wichtig, dass man in seinem Beruf das Gefühl hat, etwas Sinnvolles<br />

zu tun.“ 93<br />

Abschließend soll der für die qualitativ ausgerichtete Folgebefragung genutzte<br />

Interviewleitfaden nähere Betrachtung finden. In Ergänzung zum<br />

Pre- und Posttest lag das zentrale Erkenntnisinteresse in Aufschlüssen zu<br />

den Wirkungen der untersuchten Interventionen im Kontext des Berufswahlreifekonzeptes.<br />

Darüber hinaus standen Anregungen der Jugendlichen<br />

zur didaktischen Ausgestaltung der Orientierungsangebote im Mittelpunkt.<br />

Insgesamt folgten die inhaltlichen Schwerpunkte denen der Themenbereiche<br />

der quantitativen Erhebung. Im Einzelnen integrierte der Interviewleitfaden<br />

folgende Aspekte:<br />

� Im Anschluss an die Begrüßung (vgl. Kapitel 8.3.3) waren für den Gesprächseinstieg<br />

soziodemografische Fragen vorgesehen.<br />

� Der erste Teil des Leitfadens diente zur Sondierung des Standes der<br />

beruflichen Exploration und den Plänen für Bildungswege. Es wurde<br />

auf Berufswünsche, Berufswahlgründe und Bewerbungsaktivitäten<br />

eingegangen.<br />

� Ein zweiter Teil konzentrierte sich auf Gründe für und Erwartungen<br />

an die Teilnahme an der jeweiligen Orientierungsmaßnahme.<br />

� Wahrgenommene Entwicklungen und Veränderungen in Folge der<br />

Teilnahme (Interesse an Berufsfeldern, Sicherheit und Entschiedenheit<br />

bezogen auf berufliche Interessen, Entwicklung Wissen über<br />

Berufs- und Arbeitswelt, Kompetenzentwicklung, etc.) wurden in einem<br />

dritten Teil thematisiert.<br />

� Um die Einschätzung des persönlichen Nutzens der Teilnahme ging<br />

es im vierten Teil.<br />

� Weiterhin wurden im fünften Teil eine allgemeine Bewertung der<br />

Interventionen und Vorstellungen über Verbesserungen in der Umsetzung<br />

erbeten.<br />

� Reflexions- und Verabschiedungskomponenten integrierte der letzte<br />

Teil des Leitfadens.<br />

Durch den Interviewleitfaden wurden die genannten Themenbereiche<br />

charakterisiert, aber nicht jede Fragestellung im Einzelnen vorformuliert.<br />

Die Ausformulierung der Fragen erfolgte im Gesprächsverlauf. So war<br />

innerhalb der retrospektiven, bilanzierenden Berichte Raum für individuelle<br />

93 Ein Teil der eingesetzten Items entstammt Untersuchungen von Driesel-Lange et al. (vgl.<br />

Driesel-Lange et al. 2006, S. 12 f.).<br />

208


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Schwerpunktsetzungen gegeben. Einzelne Aspekte wurden explizit angesprochen,<br />

wenn sich die Schülerinnen und Schüler nicht bereits spontan<br />

dazu geäußert hatten. Zum Teil wurde mit Beispielen oder Rückblicken gearbeitet,<br />

um Anregungen zur Entwicklung eigener Ideen und Bewertungen<br />

zu geben. Anders als intendiert war durch die gewählte Vorgehensweise ein<br />

hoher Strukturierungsgrad gegeben. Die Standardisierung durch den Leitfaden<br />

gewährleistete die durchgängige Ansprache forschungsrelevanter<br />

Themen und eine gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse aus mehreren<br />

Interviews. Demgegenüber gelang es nur unzureichend, den Jugendlichen<br />

auf Basis des Interviewleitfadens lediglich eine Orientierung zu vermitteln,<br />

ohne sie in ihrem Antwortverhalten zu stark einzuengen. So verblieben die<br />

Interviews, auch aufgrund zu geringer Nachfragen, zum Teil an der Oberfläche<br />

und entfalteten nicht vollends ihr Potenzial. Eine Testung des Leitfadens<br />

vor dem Einsatz erfolgte nicht, was insbesondere in der eingeschränkten<br />

Verfügbarkeit in Frage kommender Jugendlicher begründet lag.<br />

8.5 Datenaufbereitung und<br />

Auswertungsmethodik<br />

Die im nächsten Kapitel dargelegten quantitativen Ergebnisse beruhen auf<br />

Datenauswertungen, die mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS (Version<br />

11.0) durchgeführt wurden. Ihnen liegen eine Kodierung und Übertragung<br />

der erhobenen Daten in eine Datenmatrix, eine Fehlerkontrolle und -<br />

bereinigung sowie eine Datenaufbereitung (Skalenkonstruktion, etc.; vgl.<br />

Kapitel 8.4) zugrunde. Der Datensatz wurde mittels deskriptiven (z. B.<br />

Beschreibung von Häufigkeitsverteilungen, Berechnung von Lage- und<br />

Streuungsparametern) und induktiven Analysemethoden untersucht.<br />

Bezugnehmend auf die aufgestellten Hypothesen waren die Prüfung von<br />

Veränderungen zwischen dem Pre- und Posttest sowie von Unterschieden<br />

in der Veränderung zwischen den einzelnen Interventionsgruppen und der<br />

Kontrollgruppe zentral. Vereinzelt stand eine Analyse von Zusammenhängen<br />

einzelner Variablen im Fokus.<br />

Jedes statistische Verfahren setzt ein bestimmtes Mindestskalenniveau voraus.<br />

Je höher das Messniveau einer Skala, desto mehr Rechenoperationen<br />

können Einsatz finden. Wie bereits im Kapitel 8.4 angedeutet, sind hier<br />

Daten auf ordinalem Skalenniveau problematisch. Während für nominale<br />

und intervallskalierte Variablen eine Reihe von leistungsfähigen Analyseverfahren<br />

existiert, ist dies bei ordinalen nicht der Fall. Auch wenn es mathematisch<br />

unzulässig ist, ordinalskalierte Daten wie intervallskalierte zu be-<br />

209


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

handeln, ist dies ein in den Sozialwissenschaften häufig gewählter, wenn<br />

auch nicht unumstrittener Weg. Oftmals sind die Standpunkte zu dieser<br />

Verfahrensweise jedoch uneindeutig bzw. widersprüchlich. Anzuführen<br />

sind in diesem Zusammenhang beispielsweise Bortz (vgl. Bortz 1993, S. 27)<br />

und Atteslander (vgl. Atteslander 2008, S. 243). Von Baur wird die bestehende<br />

Kontroverse treffend als „Ordinalskalenproblem“ bezeichnet (vgl.<br />

Baur 2008, S. 279). Für die hier vorliegende Arbeit erfolgte die Lösung dieses<br />

Konfliktes, indem intervallskalierte Daten angenommen und damit von<br />

der ‚strengen’ messtheoretischen Auffassung abgewichen wurde. Zu begründen<br />

ist die Entscheidung für diese Option mit den eingesetzten Antwortvorgaben,<br />

welche die Annahme einer Aquidistanz der ordinalen Werte<br />

rechtfertigen. Ohnehin erscheint Rohwer und Pötter „die Vorstellung, in<br />

irgendeiner absoluten Weise von ‚Unterschieden’ oder ‚Abständen’ zwischen<br />

Merkmalswerten sprechen zu können, von vornherein verfehlt“<br />

(Rohwer, Pötter 2002, S. 135). Sie begründen dies mit der individuellen<br />

Perspektive, die der Unterscheidung zwischen Ordinal- und Intervallskala<br />

zugrunde liegt. Baur konstatiert in diesem Zusammenhang, dass die Fehlergefahr<br />

bei der Berechnung von Datenmustern gering ist, wenn ordinalskalierte<br />

Variablen als intervallskaliert interpretiert werden. Sie verweist ferner<br />

auf die Möglichkeit, dass das Informationspotential, welches in einer Untersuchung<br />

angelegt ist, infolge der wenigen analytischen Verfahren für ordinalskalierte<br />

Merkmale nicht ausgeschöpft wird (vgl. Baur 2008,<br />

S. 282 ff.). Trotz dieser Argumente bleibt in der vertretenen Position ein<br />

Angriffspunkt für die Ergebnisse der Studie bestehen.<br />

Gemäß der skizzierten Haltung basierte die Prüfung der Veränderungsund<br />

Unterschiedshypothesen bei den als intervallskaliert eingestuften Itemsets<br />

mit Quelle im SWE-Verfahren bzw. im EbwA- und HIS-Instrumentarium<br />

auf Grundlage von zweifaktoriellen Varianzanalysen mit Messwiederholungsfaktor.<br />

Auf Ordinalskalenniveau wurden Differenzwerte<br />

zwischen der abhängigen Variablen zum zweiten Messzeitpunkt und der<br />

zum ersten Messzeitpunkt ermittelt, woran sich der Mann-Whitney U-Test<br />

(Kontrollgruppe und gesamte Interventionsgruppe) bzw. der Kruskal-<br />

Wallis H-Test (Kontrollgruppe und Einzelinterventionen) anschlossen. Bei<br />

Nominalskalen wurden die Häufigkeitsverteilungen im Pre- und Posttest<br />

über Kreuztabellen mit Chi2-Statistiken verglichen. Aufgrund der zum Teil<br />

sehr geringen Fallzahlen in den Interventionsgruppen wurden die Berechnungen<br />

nicht für alle Orientierungsangebote durchgeführt. Eine Beschränkung<br />

auf deskriptive Auswertungen erfolgte, wenn weniger als acht Datensätze<br />

vorlagen.<br />

210


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Zusammenhänge wurden mittels Chi2-Statistik bei Kreuztabellierung<br />

(Nominalskalenniveau) bzw. Korrelationsberechnungen (Rangkorrelationen<br />

auf Ordinalskalenniveau, Produkt-Moment-Korrelationen auf Intervallskalenniveau)<br />

berechnet. Aufgrund der Nachrangigkeit von Zusammenhangsfragestellungen<br />

sind diese nur in Einzelfällen und ausschließlich<br />

für die Interventions- und Kontrollgruppe insgesamt, nicht aber differenziert<br />

nach Orientierungsmaßnahmen überprüft worden.<br />

In die statistische Analyse flossen nur gültige Antworten ein. Fragebögen,<br />

bei denen mehrer Fragen komplett unausgefüllt waren, blieben von der<br />

Nettoevaluationsstichprobe ausgeschlossen (vgl. Kapitel 9.1). Einzelne unbeantwortete<br />

Aussagen wurden als sogenannte ‚system missing values’ behandelt,<br />

d. h. die entsprechenden Felder im Datensatz wurden freigelassen<br />

(vgl. Lück, Baur 2008, S. 21). Die Antwortvorgabe ‚weiß nicht’ wurde teils<br />

als fehlender Wert, teils als ‚akkurate’ Information definiert, je nach inhaltlichem<br />

Interesse und methodischem Vorgehen bei der Datenanalyse (vgl.<br />

Fußnote 91). Signifikanzprüfungen im Kontext der Verifizierung oder Falsifizierung<br />

der Hypothesen orientieren sich an p-Werten bis 0,05 (signifikant).<br />

Eine Veränderung zwischen den Messzeitpunkten bzw. ein Unterschied<br />

zwischen den Gruppen wird demnach nur dann als bedeutsam anerkannt,<br />

wenn die Irrtumswahrscheinlichkeit maximal 5% beträgt.<br />

Die Auswertung der Antworten auf offene Fragen des Pre- und Posttests<br />

geschah induktiv, d. h. Auswertungskategorien wurden aus dem vorliegenden<br />

Datenmaterial selbst gewonnen. Für jedes Themenfeld, welches die<br />

Befragten benannten, erfolgte die Erzeugung einer neuen Kategorie. Sofern<br />

bereits passende Kategorien bestanden, wurde in diese zugewiesen. In<br />

einem zweiten Arbeitsschritt wurden einzelne inhaltlich ähnliche Kategorien<br />

zusammengefasst und deren Titel angepasst (vgl. Kuckartz et al. 2009,<br />

S. 78 f.). Nach der Reduktion und Kategorisierung der einzelnen Kernaussagen<br />

wurden die Antworten der Jugendlichen zum Teil erneut durchgesehen<br />

und auf ihre Zuordnung geprüft.<br />

Um die innerhalb der qualitativen Follow-up-Untersuchung geführten<br />

Interviews auswerten zu können, wurden die Audioaufzeichnungen transkribiert.<br />

Vor dem Hintergrund des inhaltlichen statt gesprächsanalytischen<br />

Interesses erfolgte die Transkription der Gespräche in gebräuchlicher<br />

Schriftsprache und ohne Zuhilfenahme eines umfassenden Transkriptionssystems.<br />

Folgende Regeln fanden dabei Anwendung:<br />

(Pause), ähm, naja, etc. Darstellung von Pausenfüllungen<br />

… Auslassungen im Transkript<br />

[Lehrkräfte] Annahme über Wortlaut bei Weglassungen<br />

211


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 8 Primärstatistische Erhebungen<br />

Besonderheiten der gesprochenen Sprache wurden weitgehend vernachlässigt.<br />

Die Transkripte aller Interviews wurden anonymisiert. Die Interviewten<br />

erhielten dazu Decknamen mit integrierten Informationen zum<br />

Geschlecht, zum besuchten Schultyp, zur aktuellen Klassenstufe und zur<br />

genutzten Intervention. Im Anschluss an die Niederschrift wurde das gewonnene<br />

Datenmaterial inhaltsanalytisch untersucht. Die Systematik der<br />

Analyse umfasste drei Phasen. Zunächst wurden auf Basis der forschungsleitenden<br />

Fragestellungen und der aufgestellten Hypothesen sowie in Auseinandersetzung<br />

mit dem transkribierten Material Kategorien für die Auswertung<br />

gebildet. Diese nehmen die Schwerpunkte des Interviewleitfadens<br />

auf und fokussieren u. a. auf<br />

� die individuellen Erwartungshaltungen an die Interventionen,<br />

� die bisherigen Aktivitäten der beruflichen Exploration,<br />

� das Kristallisationsniveau des Bildungs- und Berufsweges sowie<br />

Berufswünsche,<br />

� die Entwicklungen und Veränderungen in Folge der Interventionsteilnahme<br />

(Interesse an Berufsfeldern, Sicherheit und Entschiedenheit<br />

bezogen auf berufliche Interessen, Entwicklung Wissen über Berufsund<br />

Arbeitswelt, Kompetenzentwicklung, etc.),<br />

� die generelle Einschätzung der Einschätzung der Interventionen und<br />

Verbesserungspotenziale.<br />

Durch das theoriegeleitet am Material entwickelte Kategoriensystem, welches<br />

gleichzeitig als Auswertungsleitfaden diente, erfolgte die Festlegung<br />

der Merkmale, die in einem zweiten Schritt in einem Querschnitt durch die<br />

Interviews herausgefiltert wurden (vgl. Mayring 2007, S. 473). Dazu wurden<br />

in allen Gesprächen diejenigen Textstellen, die einer der definierten Kategorien<br />

zuzuordnen waren, extrahiert. Das Kategoriensystem wurde offen<br />

gehandhabt, sodass durch Modifikationen und Kategorienneubildungen<br />

auch Themen Beachtung fanden, die im Auswertungsleitfaden unberücksichtigt<br />

waren (induktive Kategorienbildung). Eine tiefergehende Kodierung,<br />

z. B. durch die Verwendung zusätzlicher Unterkategorien erfolgte<br />

nicht, da durch den Interviewleitfaden bereits ein erheblicher Strukturierungsgrad<br />

vorgegeben war. Nach Bildung des endgültigen Kategoriensystems<br />

wurden den einzelnen Komponenten in einem dritten Schritt die<br />

entsprechenden Textabschnitte zugeordnet und für die Ergebnisdarstellung<br />

herangezogen.<br />

212


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

9 Ergebnisdarstellung<br />

Die Ergebnispräsentation richtet sich in ihrer Reihenfolge weitgehend an<br />

den forschungsleitenden Fragestellungen und den zugehörigen Hypothesen<br />

aus. Um die Übersichtlichkeit nicht herabzusetzen, stehen die Interventions-<br />

und Kontrollgruppe im Fokus. Auswertungen auf Ebene der Einzelinterventionen<br />

werden nur dann vorgenommen, wenn deutliche Abhebungen<br />

bei einzelnen Orientierungsmaßnahmen vorzufinden sind. Die<br />

nachfolgenden Unterkapitel stützen sich in ihrem Aufbau auf die quantitativen<br />

Ergebnisse. In der Regel 94 erfolgt im jeweils ersten Schritt eine Darlegung<br />

der Resultate des Pretests. Ergänzend wird auf die Veränderungen<br />

vom ersten zum zweiten Erhebungszeitpunkt eingegangen. Ausgewählte<br />

Daten der qualitativen Interviews der Follow-up-Befragung werden an<br />

thematisch passender Stelle mit denen der Fragebogenerhebung zusammengeführt.<br />

Ergänzende Übersichten zu den beschriebenen Ergebnissen<br />

sind in tabellarischer Form dem Anhang beigefügt. Um die analysierten<br />

Daten besser erfassen zu können, sind bei der Darstellung der quantitativen<br />

Resultate stets nur die Ergebnisse > 0 ausgegeben. Bei Prozentangaben<br />

eventuell auftretende Abweichungen von 100% beruhen auf angewandten<br />

Rundungsverfahren.<br />

9.1 Merkmale der Evaluationsstichprobe<br />

Unter Beachtung der Kapazitäten der einzelnen Orientierungsangebote<br />

(vgl. Anhang 5) sah der Stichprobenplan für die Evaluation eine Vollerhebung<br />

in den ‚JobGalaxy’-Maßnahmen, den Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

und ‚Konditorei/Verkauf’ sowie der ‚Schnupperlehre’ vor. In<br />

der Individualität dieser Interventionen liegt es begründet, dass nur von einer<br />

kleinen Zahl von je etwa 6 bis 20 potenziellen Teilnehmenden je Intervention<br />

ausgegangen werden konnte. In Bezug auf die ‚Girls’Day’-<br />

Angebote, die breitenwirksamer, aber auch nutzungsoffen 95 angelegt sind,<br />

wurde auf Grundlage der Einschätzungen in den geführten Experteninterviews<br />

eine Stichprobengröße von je 50 Mädchen angenommen. Für die<br />

Kontrollgruppe sollte mit der Ausgangsstichprobe eine doppelt so hohe<br />

Anzahl an Jungen und Mädchen erfasst werden, um so einkalkulierten Ausfällen<br />

von Untersuchungsteilnehmern gegenzusteuern. Die Spezifika des<br />

94 Zum Teil wurden Sachverhalte nur zu einem Messzeitpunkt erhoben. Hier tritt die beschriebene<br />

Vorgehensweise außer Kraft.<br />

95 D. h. es war keine Anmeldung von den Mädchen erforderlich. Die beiden Angebote konnten<br />

am Veranstaltungstag je nach Interessenlage der Mädchen aufgesucht werden.<br />

213


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Forschungsfeldes zieht es nach sich, dass eine Aussage zur Repräsentativität<br />

der Evaluationsstichprobe im Sinne einer der Grundgesamtheit gleichen<br />

Struktur offen bleiben muss. Zwar ist die Gesamtschülerzahl in bestimmten<br />

Klassenstufen im Untersuchungsgebiet zu ermitteln, aber nicht, inwieweit<br />

die Schülerschaft im Kontext ihrer anthropologischen und soziokulturellen<br />

Voraussetzungen jeweils berufliche Orientierung benötigt oder nicht.<br />

Da die Grundgesamtheit nicht klar abzugrenzen ist, muss auch von einer<br />

fehlenden Allgemeingültigkeit der Ergebnisse ausgegangen werden.<br />

Zwecks der Vermeidung verzerrter Ergebnisse galt es, nur diejenigen Schülerinnen<br />

und Schüler herauszufiltern und in die Auswertungen einzubeziehen,<br />

die im Untersuchungszeitraum keine außerschulische Orientierungsmaßnahme<br />

besuchten. Letztendlich hielt sich ein entsprechender Ausfall<br />

von Untersuchungsteilnehmern jedoch in Grenzen. Insgesamt muss in diesem<br />

Zusammenhang kritisch konstatiert werden, dass der Anspruch an eine<br />

allumfassende Kontrolle intervenierender Faktoren unrealistisch ist. Gerade<br />

unter dem Blickwinkel beruflicher Orientierung als Querschnittsthema und<br />

wenn diese nicht unter dem Etikett der Berufsorientierung identifiziert<br />

werden kann, erscheint es aussichtslos jegliche Einflussbedingungen zu<br />

kontrollieren.<br />

Generell sind Datenerhebungen mit der Problematik konfrontiert, dass es<br />

aus den unterschiedlichsten Gründen nie gelingt, alle nach dem Stichprobenplan<br />

ausgewählten Untersuchungsobjekte, die so genannte Bruttostichprobe,<br />

zu erreichen (vgl. Kuhnke 2005, S. 2). Insofern Ausfälle neutraler<br />

Art sind und diese von der Bruttostichprobe abgezogen werden, wird von<br />

der bereinigten Bruttostichprobe gesprochen. Im vorliegenden Fall können<br />

188 Jugendliche aus den Interventionsgruppen sowie 421 Mädchen und<br />

Jungen aus der Kontrollgruppe der bereinigten Bruttostichprobe zugeordnet<br />

werden (vgl. Tabelle 9; vgl. Anhang 12 f.).<br />

Tabelle 9: Übersicht über die Evaluationsstichprobe<br />

Bereinigte Bruttoevaluationsstichprobe<br />

Nettoevaluationsstichprobe<br />

Teilgruppen<br />

Pretest Posttest<br />

Pre- u.<br />

Posttest<br />

Follow-up<br />

n n<br />

n n<br />

weiblich 130<br />

Kontrollgruppe 421 438 männlich 108<br />

gesamt 238<br />

Interventionsgruppe<br />

188 99<br />

weiblich<br />

männlich<br />

gesamt<br />

55<br />

28<br />

83<br />

5<br />

4<br />

9<br />

gesamt 609 537 321 9<br />

214


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Diese Ausgangsstichprobe reduzierte sich im Posttest in den Interventionsgruppen<br />

auf 99 und erhöhte sich in der Kontrollgruppe auf 438 Personen.<br />

Als Ursachen für die Verringerung des Stichprobenumfangs zwischen dem<br />

Pre- und Posttest von insgesamt 609 auf 537 Jugendliche sind einerseits<br />

methodisch-organisatorische Gründe, wie das Nicht-Erreichen der Untersuchungsteilnehmenden,<br />

zu benennen. Hierzu zählen die krankheitsbedingte<br />

Abwesenheit zum Befragungszeitpunkt oder auch der kurzfristige,<br />

organisatorisch bedingte Ausfall einzelner Klassenteile oder Kursteilnehmer<br />

aufgrund von Bewerbungsgesprächen, Praktika oder Klassenfahrten.<br />

Weitere Ausfälle insbesondere im Kontext der Follow-up-Testung resultieren<br />

aus nicht oder fehlerhaft ausgefüllten Kontaktinformationen, die eine<br />

Ansprache be- oder verhinderten. Andererseits haben immer auch Merkmale<br />

der Befragungspersonen Einfluss auf deren Beteiligung an Erhebungen.<br />

Der Teilnahme an einer Befragung geht immer eine Entscheidungssituation<br />

voraus. Die Beteiligung oder Enthaltung geschieht nach<br />

Abwägung der Kosten und des Nutzens (vgl. Kuhnke 2005, S. 5). Als mögliche<br />

Kosten für die hier befragten Jugendlichen sind denkbar:<br />

� Misstrauen in Hinblick auf die Datenverwendung, die Einhaltung des<br />

Datenschutzes,<br />

� geringe Bereitschaft zur Selbstreflexion/zur Auseinandersetzung mit<br />

der eigenen Person,<br />

� Widerwillen gegenüber dem notwendigen Aufwand, z. B. zur kognitiven<br />

Anstrengung, zur konzentrierten Bearbeitung des Fragebogens,<br />

zur Abgabe des Fragebogens bei der Post,<br />

� hoher Wert einer alternativen Zeitverwendung (Opportunitätskosten),<br />

� Angst vor der Befragungssituation bzw. den inhaltlichen Anforderungen<br />

nicht gewachsen zu sein,<br />

� Preisgabe von vermeintlichen Misserfolgen oder Versagen im Kontext<br />

der Berufsorientierung (vgl. ebd., S. 6).<br />

Den Kosten entgegen stehen folgende Nutzen für die Jugendlichen:<br />

� Interesse am Thema der Befragung,<br />

� Aufgeschlossenheit und generelle Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft,<br />

� Bestehen der Möglichkeit zur Darstellung eigener Erfahrungen und<br />

Erfolge beim Bedürfnis nach Selbstdarstellung,<br />

215


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

� Teilnahme stellt eine angenehmere Alternative zu sonstigen Zeitverwendung,<br />

z. B. im Vergleich zu Unterricht, dar,<br />

� Teilnahmeaufwand wird kleiner empfunden, als der zur Abwehr des<br />

Befragungsansinnens notwendige Mut (vgl. ebd., S. 6).<br />

Infolge der Entscheidung über Kosten und Nutzen der Teilnahme an der<br />

Befragung sind weitere Ausfälle zu verzeichnen, die auf einer Verweigerung<br />

beruhen. Dazu gehören z. B. Lustlosigkeit zum Ausfüllen des Fragebogens<br />

und unvollständig oder unglaubwürdig ausgefüllte Fragebögen. Um die<br />

Ausfälle zu reduzieren, wurden wie bereits beschrieben, u. a. Informationen<br />

über Ziele und Ablauf der Untersuchung und über die Verwendung der<br />

Daten gegeben. Des Weiteren hatten die Schaffung eines positiven Untersuchungsklimas<br />

sowie die Motivation zur Teilnahme, die zielgruppenadäquate<br />

Gestaltung der Erhebungsinstrumente sowie die Sicherung von<br />

Anonymität, auch zwischen den Gruppenteilnehmern selbst, einen hohen<br />

Stellenwert. Dennoch zeigte sich während des Posttests vor allem in den<br />

Interventionsgruppen aber auch in der Kontrollgruppe ein Sättigungseffekt,<br />

der sich zum Teil in einer mangelnden Bereitschaft zur Teilnahme an der<br />

Untersuchung widerspiegelte. Besonders betroffen waren die Interventionen<br />

‚JobGalaxy’ und ‚JobGalaxy Future’. Während die benannten organisatorischen<br />

Probleme (Klassenfahrten, Praktika) als stichprobenneutrale<br />

Ausfälle zu bewerten sind, muss bei Ausfallursachen wie der aktiven und<br />

passiven Verweigerung davon ausgegangen werden, dass sie mit einer<br />

Selektion spezifischer Teilgruppen einhergehen. Damit verbunden sind<br />

Einschränkungen bei der Auswahl von Analysemethoden zur Datenauswertung<br />

und in Hinblick auf die Verallgemeinerbarkeit der gewonnenen<br />

Ergebnisse. Eine detaillierte Analyse der Ausfallgruppen, d. h. eine Quantifizierung<br />

der einzelnen Ausfallursachen sowie der Merkmale der nicht erreichten<br />

Befragungsteilnehmer (z. B. Geschlecht, Alter, Schulart) wurde<br />

aufgrund fehlender Informationen über diese Zielpersonen nicht vorgenommen.<br />

Es lassen sich daher keine Aussagen über Richtung und Ausmaß<br />

möglicher Verzerrungen infolge des Teilnehmerausfalls formulieren.<br />

Um längsschnittliche Aussagen gewährleisten zu können, ist als Basis für<br />

die Auswertung eine Stichprobe, ausschließlich bestehend aus Jugendlichen,<br />

die sowohl am Pre- als auch am Posttest der Untersuchung teilgenommen<br />

haben und deren Angaben verwertbar waren, gebildet worden.<br />

Diese Stichprobe wird nachfolgend als Nettostichprobe bezeichnet. Um die<br />

Hypothesen zur Wirksamkeit schulischer bzw. außerschulischer Berufsorientierung<br />

verifizieren bzw. falsifizieren zu können, sind zudem nur Untersuchungsteilnehmer<br />

der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe<br />

216


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

integriert worden, die zwischen den Messzeitpunkten keine weiteren Orientierungsmöglichkeiten,<br />

z. B. Besuch eines Bewerbungstrainings außerhalb<br />

der schulischen Berufsorientierung, nutzten. Jedoch ist in diesem Zusammenhang<br />

erneut auf die eingangs dargelegte Problematik einer vollständigen<br />

Bedingungskontrolle zu verweisen. Der Nettoevaluationsstichprobe<br />

von insgesamt 321 Schülerinnen und Schülern sind in den Interventionsgruppen<br />

83 Jugendliche zuzuordnen, davon 55 weibliche und 28 männliche<br />

Befragungsteilnehmer. Die Kontrollgruppe umfasste 238 Jugendliche, davon<br />

130 weibliche und 108 männliche. Im Vergleich dazu liegt der Anteil<br />

von Jungen in den Interventionsgruppen um 11% niedriger (insgesamt<br />

34%) und von Mädchen um 11% höher (insgesamt 66%), was nicht zuletzt<br />

daraus resultiert, dass einzelne Orientierungsmaßnahmen ausschließlich auf<br />

Mädchen und junge Frauen ausgerichtet waren (vgl. Abbildung 3). Vergleicht<br />

man die Anteile weiblicher und männlicher Evaluationsteilnehmer<br />

in den beiden Gruppen ohne die Interventionen, die sich ausschließlich an<br />

Mädchen richten, kehrt sich das Bild um: In den Interventionsgruppen finden<br />

sich 15% mehr Jungen (insgesamt 60%) und 15% weniger Mädchen<br />

(insgesamt 40%) gegenüber der Kontrollgruppe.<br />

Abbildung 3: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe nach<br />

Geschlecht<br />

Angaben in %<br />

80<br />

40<br />

0<br />

Geschlecht<br />

55<br />

66<br />

weiblich männlich<br />

45<br />

35<br />

KG (n=238)<br />

IG (n=83)<br />

Generell ist das Geschlechterverhältnis in der Kontrollgruppe (insbesondere<br />

bei den Befragten aus Gymnasien) und in den Orientierungsangeboten<br />

sowohl in der Nettoevaluationsstichprobe als auch in der Bruttoevaluationsstichprobe<br />

unausgewogen. So wurden Interventionen, die sich an beide<br />

Geschlechter richten und technisch-naturwissenschaftliche Inhalte<br />

transportieren, überwiegend von Jungen und jene, in denen hauswirtschaftlich-soziale<br />

Berufsfelder im Mittelpunkt standen, hauptsächlich von Mäd-<br />

217


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

chen wahrgenommen. Dies spiegelt die bereits in Kapitel 2.1 beschriebene<br />

Situation eines geringen Interesses von Mädchen an männerdominierten<br />

und von Jungen an frauendominierten Berufsfeldern wider.<br />

Das Verhältnis zwischen Interventions- und Kontrollgruppe hinsichtlich<br />

des angestrebten Schulabschlusses der Jugendlichen ist homogen. Die<br />

Mehrheit der Schülerinnen und Schüler der Nettoevaluationsstichprobe<br />

visiert einen Realschulabschluss (51%) oder die allgemeine Hochschulreife<br />

(38%) an, d. h. die Befragten gehören hinsichtlich des Bildungsniveaus<br />

schwerpunktmäßig nicht zu bildungsbenachteiligten Gruppen. Die verbleibende<br />

Zahl Jugendlicher plant die Schule ohne Abschluss, mit einem<br />

Hauptschulabschluss oder mit der Fachhochschulreife zu verlassen (11%;<br />

vgl. Abbildung 4).<br />

Abbildung 4: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe nach<br />

angestrebtem Schulabschluss<br />

Angaben in %<br />

218<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1<br />

7<br />

5<br />

4<br />

2<br />

Zeugnis FS einf. HSA qualif. HSA RSA allg. HSR FHSR<br />

Angestrebter Schulabschluss<br />

50<br />

53<br />

38<br />

37<br />

2<br />

1<br />

KG (n=236)<br />

IG (n=83)<br />

Die geschlechtsspezifische Auswertung der Angaben zu den anvisierten<br />

Abschlüssen offenbart ein deutliches Ungleichgewicht bei den Abiturientinnen<br />

und Abiturienten. In beiden Untersuchungsgruppen überwiegt die<br />

Zahl der Mädchen, welche die allgemeine Hochschulreife anstreben, was<br />

die getroffen Aussagen zum Bildungsaufstieg der Mädchen bestätigt (vgl.<br />

Kapitel 2.1). Jede Interventionsgruppe für sich betrachtet, weisen die Schülerinnen<br />

und Schüler der Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und<br />

‚Konditorei/Verkauf’ das größte Spektrum hinsichtlich der verfolgten<br />

Schulabschlüsse auf. Von den Teilnehmenden werden bis zu vier unterschiedliche<br />

Abschlüsse, mit Schwerpunkt im niederen Bereich, angestrebt.<br />

Dieses heterogene Bild wird durch die weiteren Interventionsgruppen nicht<br />

widergespiegelt. Vielmehr konzentrieren sich fast alle Teilnehmenden auf<br />

ein und denselben Bildungsabschluss. So wollen die Mädchen und Jungen,<br />

welche die Orientierungsangebote ‚JobGalaxy’, ‚Schnupperlehre’ und<br />

‚Girls’Day’ [B] wahrgenommen haben die Schule überwiegend mit einem


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Realschulabschluss verlassen. Die Nutzerinnen und Nutzer von ‚JobGalaxy<br />

Future’ und ‚Girls’Day’ [S] visieren in der Mehrzahl das Abitur an. In Bezug<br />

auf die vorliegende Stichprobe wurden demnach nur zum Teil die<br />

durch die Organisatoren gewünschten Zielgruppen erreicht (vgl. Anhang<br />

5). Divergenz ist vor allem bei den Orientierungsmaßnahmen ‚Schnupperlehre’<br />

und dem ‚Girls’Day’ [B] festzustellen.<br />

Um zu prüfen, inwieweit die schulischen Leistungen der Befragungsteilnehmer<br />

in den Teilgruppen vergleichbar sind, wurden die Noten in<br />

Mathematik, Deutsch und Englisch des letzten Zeugnisses herangezogen,<br />

also Fächern, die in allen Schultypen gelehrt werden. In Tabelle 10 sind die<br />

Anteile der Schülerinnen und Schüler nach Geschlecht und angestrebtem<br />

Schulabschluss ausgewiesen, deren Noten besser als ‚befriedigend’ und<br />

schlechter als ‚ausreichend’ waren.<br />

Tabelle 10: Anteile guter und schlechter Schülerinnen und Schüler nach Noten in den Fächern<br />

Mathematik, Deutsch, Englisch in der Kontroll- und der Interventionsgruppe zum<br />

Zeitpunkt des Pretests (Angaben in %)<br />

Teilgruppen Fach<br />

Ma Deu Eng Ma Deu Eng<br />

Anteil besser als Anteil schlechter als n<br />

‚befriedigend’ ‚ausreichend’<br />

Kontroll<br />

gruppe*<br />

gesamt<br />

30 46 41 4<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

männlich<br />

34<br />

25<br />

59<br />

31<br />

46<br />

35<br />

5<br />

2 1 1<br />

124<br />

103<br />

Angestrebter<br />

Schulabschluss<br />

HSA<br />

RSA<br />

HSR<br />

21<br />

28<br />

36<br />

29<br />

37<br />

64<br />

42<br />

30<br />

55<br />

4<br />

6 1<br />

4 24<br />

115<br />

86<br />

Interventionsgruppe<br />

gesamt 39 54 37 3 3<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

männlich<br />

40<br />

36<br />

63<br />

36<br />

50<br />

11<br />

2<br />

4<br />

4 52<br />

28<br />

Zeugnis FS 100 100 100 1<br />

Angestrebter HSA 67 33 40 17 5<br />

Schulabschluss RSA 25 41 27 2 5 44<br />

HSR 52 76 48 29<br />

* keine Teilnehmer, welche das Zeugnis einer Förderschule anstreben, d. h. die Schule ohne<br />

Hauptschulabschluss verlassen<br />

219


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Eine differenzierte Betrachtung der Teilgruppen zeigt, dass die Jungen und<br />

Mädchen der Interventionsgruppe in Mathematik und Deutsch bessere und<br />

in Englisch etwas schlechtere Noten als die der Kontrollgruppe haben.<br />

Auch hier bestätigen sich die Aussagen zum Bildungsaufstieg der Mädchen,<br />

denn ihr Anteil ist im Bereich der besseren Noten höher als der von<br />

Jungen. Auffällig sind die Unterschiede zwischen den Jugendlichen der Interventions-<br />

und Kontrollgruppe, die einen Hauptschulabschluss und die<br />

das Abitur anstreben. Die in Mathematik und Deutsch ausgesprochen guten<br />

Schülerinnen und Schüler überwiegen in der Interventionsgruppe.<br />

Während der Großteil der Untersuchungsteilnehmenden der Interventionsgruppe<br />

die achte oder neunte Klasse besuchte, entstammten die Jugendlichen<br />

der Kontrollgruppe schwerpunktmäßig achten bis zehnten<br />

Klassen (vgl. Abbildung 5). In der Intervention ‚JobGalaxy Future’, die jedoch<br />

auch eine äußerst kleine Stichprobenzahl aufweist, konzentrieren sich<br />

Mädchen und Jungen der zehnten Klassenstufe. Alle anderen Orientierungsmaßnahmen<br />

wurden von Jugendlichen mehrerer, maximal bis zu<br />

sechs verschiedener Klassenstufen wahrgenommen, was mit der gewünschten<br />

Breite an Zielgruppen (vgl. Anhang 5) konform geht. Generell integrierten<br />

die Untersuchungsgruppen einen relativ geringen Anteil von unter<br />

10% an Schülerinnen und Schülern der elften und zwölften Klassen. Die<br />

differenzierte Verteilung wird nicht als problematisch angesehen, da die zu<br />

verifizierenden bzw. zu falsifizierenden Hypothesen nicht auf Unterschiede<br />

im Iststand der Berufswahlreife zu einem Untersuchungszeitpunkt, sondern<br />

auf Veränderungen zwischen dem Pre- und dem Posttest ausgerichtet sind.<br />

Abbildung 5: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe nach<br />

Klassen-/Kursstufen<br />

Angaben in %<br />

220<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

10<br />

25<br />

31<br />

32<br />

37<br />

7. Klasse 8. Klasse 9. Klasse 10. Klasse 11. Kursstufe 12. Kursstufe<br />

Klassen-/Kursstufe<br />

36<br />

14<br />

6<br />

6<br />

2<br />

KG (n=238)<br />

IG (n=83)


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Stärkere Differenzen zwischen Interventions- und Kontrollgruppe sind in<br />

Hinblick auf den Wohnort der Jugendlichen zu finden. Mit jeweils etwa<br />

55% kommen die Mädchen und Jungen der Interventionsgruppe aus der<br />

Stadt Chemnitz und die der Kontrollgruppe aus dem Landkreis Mittelsachsen.<br />

Auf dem zweiten Rang schließen bei den Jugendlichen der Orientierungsmaßnahmen<br />

mit gleichen Prozentwerten der Landkreis Mittelsachsen<br />

und der Erzgebirgskreis an (jeweils 20%). Bei näherer Betrachtung<br />

wird deutlich, dass vor allem Orientierungsmaßnahmen im regionalen Nahraum<br />

genutzt werden. Lediglich Teilnehmerinnen des ‚Girls’Day’ [S] zeigen<br />

größere Mobilität und nehmen längere Anfahrtswege in Kauf. Erklärbar ist<br />

dies mit der Distanz zu weiteren Standorten von Universitäten und Hochschulen<br />

in Sachsen in Kombination mit der Alleinstellung dieser Orientierungsmaßnahme.<br />

Zwar ist die nächste Hochschule lediglich 25 km entfernt<br />

(Hochschule Mittweida), jedoch fand dort im Jahr 2008 keine Beteiligung<br />

am ‚Girls’Day’ statt. In der Kontrollgruppe folgen nach dem Landkreis<br />

Mittelsachsen die Stadt Chemnitz (30%) und der Vogtlandkreis (15%) als<br />

Wohnorte der Jugendlichen. Vereinzelt sind Jugendliche der Nettoevaluationsstichprobe<br />

in den Landkreisen Zwickau oder Leipzig wohnhaft<br />

(ca. 2%; vgl. Abbildung 6). Erwartungsgemäß spiegelt das Bild die räumlichen<br />

Einzugsgebiete der Orientierungsmaßnahmen (vgl. Anhang 5) und<br />

der Schulen wider.<br />

Abbildung 6: Anteile der Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe nach<br />

Wohnort<br />

Angaben in %<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

29<br />

55<br />

55<br />

20<br />

20<br />

Stadt Chemnitz LK Mittelsachsen Erzgebirgskreis Vogtlandkreis LK Zwickau LK Leipzig<br />

Wohnort gruppiert nach kreisfreien Städten und Landkreisen (Gebietsstand 01.08.2008)<br />

15<br />

4<br />

2<br />

KG (n=238)<br />

IG (n=83)<br />

An den aufgeführten Merkmalen Geschlecht, angestrebter Schulabschluss<br />

und besuchter Klassenstufe wird deutlich, dass die Jugendlichen der Interventions-<br />

und der Kontrollgruppe in ihrer Grundcharakteristik weitgehend<br />

221


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

identisch sind. In Hinsicht auf den Wohnort, die Schulleistungen und auf<br />

Ebene der Einzelinterventionen bestehen größere Differenzen, die bei den<br />

nachfolgenden Auswertungen Beachtung finden müssen.<br />

Die qualitativen Interviews der Follow-up-Messung wurden mit fünf Mädchen<br />

und vier Jungen geführt, die eine in die Evaluation integrierte Orientierungsmaßnahme<br />

absolvierten (vgl. Voigt, Horch 2008). Die Schülerinnen<br />

und Schüler besuchten zum Befragungszeitpunkt siebte bis zehnte Klassen<br />

oder die elfte und zwölfte Kursstufe. Sieben von ihnen gingen auf eine Mittelschule,<br />

strebten also einen Haupt- oder Realschulabschluss an. Zwei der<br />

Jugendlichen planten mit dem Abitur die Schule zu beenden. Während vier<br />

der Mädchen und Jungen in der Stadt Chemnitz wohnhaft waren, kamen<br />

die weiteren fünf aus dem Landkreis Mittelsachsen, dem Erzgebirgskreis<br />

und dem Landkreis Zwickau. Die folgenden kurzen Fallporträts vermitteln<br />

ein Bild der Interviewteilnehmerinnen und -teilnehmer:<br />

Schülerin A:<br />

… besucht die 7. Klasse einer Mittelschule in Chemnitz, die als freie Schule<br />

nach den Grundlagen der Montessori-Pädagogik arbeitet. Ihre Berufswünsche<br />

sind Kindergärtnerin, Autorin oder „etwas mit Musik“. Allein, ohne<br />

die Begleitung ihrer Mitschülerinnen, besuchte den ‚Girls’Day’ [S] an der<br />

Technischen Universität. Bereits in der 6. Klasse nutzte sie dieses Orientierungsangebot,<br />

um Berufsfelder kennenzulernen.<br />

Schüler B:<br />

… lernt in der 8. Klasse einer Mittelschule des Landkreises Mittelsachsen.<br />

Er ist sich noch unsicher, in welche berufliche Richtung er gehen will. Vorstellbar<br />

wäre für ihn „etwas mit Computern“ oder der Bereich der Konditorei.<br />

Als einziger seiner Klasse beteiligte er sich in den Ferien am Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’ bei der Handwerkskammer Chemnitz.<br />

Schülerin C:<br />

… geht in die 9. Klasse einer Chemnitzer Mittelschule mit vielfältigen Berufsorientierungsaktivitäten.<br />

Sie nahm, wie auch im Vorjahr, gemeinsam<br />

mit ihrer Klasse am ‚Girls’Day’ [B] in der Bildungs-Werkstatt Chemnitz<br />

gGmbH teil. Am liebsten möchte sie Mechatronikerin oder Kindergärtnerin<br />

werden. Sie meint „Beruf ist Beruf“ und findet es richtig, dass Frauen<br />

auch in Männerberufen arbeiten.<br />

222


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schülerin D:<br />

… ist in der 9. Klasse einer Mittelschule im Landkreis Zwickau. Nach dem<br />

Realschulabschluss will sie die Hochschulreife erwerben. Mit dem Abitur<br />

plant sie eine Ausbildung in einem sozialen Beruf, zur Köchin oder zur<br />

Konditorin. Um sich über diese Berufsbilder zu informieren, absolvierte sie<br />

ihr Betriebspraktikum in einer Küche, wo ihr ein Berufsausbildungsplatz<br />

angeboten wurde. In den Ferien nahm sie, ohne Begleitung einer Freundin<br />

oder eines Freundes, am Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ der<br />

Handwerkskammer Chemnitz teil.<br />

Schüler E:<br />

… besucht die 9. Klasse einer Mittelschule in Chemnitz. Seit der Grundschule<br />

begeistert er sich für Busse, was sich durch ein Betriebspraktikum<br />

noch verstärkte. Zu seinem Traum gehört eine Berufsausbildung im Bereich<br />

Kraftfahrzeugtechnik bei einem regionalen Verkehrsbetrieb. Um sich<br />

über mögliche Berufsbilder zu informieren, hat er sich mit einigen Mitschülern<br />

für das Ferienschnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’ bei der<br />

Handwerkskammer Chemnitz angemeldet.<br />

Schüler F:<br />

… will an einer Mittelschule des Erzgebirgskreises einen Realschulabschluss<br />

erwerben und überlegt, im Anschluss das Abitur abzulegen. Beruflich<br />

orientiert er sich mehr an Institutionen als an spezifischen Berufen. So<br />

könnte er sich vorstellen bei der Deutschen Bahn AG oder der Polizei zu<br />

arbeiten. Mit dem Wunsch, einen Praktikumsplatz zu finden, besuchte er<br />

über zwöf Wochen hinweg die ‚Schnupperlehre’ der Bildungs-Werkstatt<br />

Chemnitz gGmbH. Weitere Klassenkameraden nahmen nicht an dem<br />

Orientierungsangebot teil.<br />

Schülerin G:<br />

… schließt im laufenden Schuljahr die 10. Klasse einer Mittelschule des<br />

Landkreises Mittelsachsen ab. Im Anschluss plant sie einen weiterführenden<br />

Schulbesuch und den Erwerb des Abiturs. Sie hat konkrete berufliche<br />

Vorstellungen und strebt ein Lehramtsstudium mit der Fächerkombination<br />

Sport und Biologie an. Damit ist sie deutlich von ihrer Familie geprägt,<br />

denn auch ihr Vater ist Sportlehrer. Gemeinsam mit zwei Mitschülerinnen<br />

nutzte sie die Intervention ‚JobGalaxy’ der meteor GmbH.<br />

223


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schüler H:<br />

… absolviert die 11. Kursstufe an einem Gymnasium in Chemnitz. Für die<br />

Zukunft hat er ambitionierte Pläne. Nach dem Zivildienst will er seine<br />

Sprachkenntnisse und sein interkulturelles Wissen in Lateinamerika erweitern.<br />

Sein eigentliches Ausbildungsziel ist ein Maschinenbaustudium, welches<br />

er als Grundlage für eine Beratertätigkeit in diesem Bereich sieht.<br />

Durch das Anfertigen einer „Besonderen Lernleistung“ bei der Siemens<br />

AG konnte er erste Erfahrungen im wissenschaftlichen Arbeiten und in der<br />

Arbeitswelt sammeln. Mit seinen Freunden und Gleichaltrigen aus dem<br />

Gymnasium beteiligte er sich an ‚JobGalaxy Future’.<br />

Schülerin I:<br />

… beendet die Schule im laufenden Schuljahr. Die Zwölftklässlerin lernt an<br />

einem Chemnitzer Gymnasium und besuchte wie Schüler H das Orientierungsangebot<br />

‚JobGalaxy Future’. Nach der Schule will sie zunächst ein<br />

Freiwilligenjahr und anschließend ein Studium realisieren. Die Fachrichtung<br />

hat sie noch nicht konkretisiert. Sie denkt an Rechtswissenschaften, Schauspiel<br />

oder Psychologie. Als Studienort bevorzugt sie Potsdam oder Hamburg,<br />

fühlt sich aber momentan noch zu jung, um ihre Heimat zu verlassen.<br />

9.2 Impulsgeber für die Teilnahme an<br />

Orientierungsmaßnahmen<br />

Innerhalb der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings für die Interventionen<br />

kommen zahlreiche Instrumente, wie Flyer, Plakate, Internetseiten<br />

oder Medienmitteilungen zum Einsatz, um Schülerinnen und Schüler zu<br />

werben (vgl. Anhang 5). Welche Anspracheformen zeigen tatsächlich Wirkung?<br />

Aus den im Pretest gemachten Angaben der Jugendlichen ist ein<br />

breites Spektrum an Informationsquellen zu erkennen (vgl. Abbildung 7).<br />

Die Mädchen wurden in erster Linie von schulischen ‚Akteuren’, d. h.<br />

Lehrkräften (54%), Schulleitungen (25%) sowie Mitschülerinnen und Mitschülern<br />

(25%) auf die Maßnahmen hingewiesen. Jedoch dienten auch Medien<br />

(31%) und Freunde 96 (25%) als Impulsgeber für eine Teilnahme. Etwas<br />

anders verhält es sich bei den Jungen. Sie wurden hauptsächlich von<br />

ihren Eltern (46%) informiert, bekamen aber auch Hinweise von Lehrenden<br />

(32%) sowie von befreundeten Gleichaltrigen (27%). Nur untergeordnet<br />

bezogen sie Auskünfte über Medien und die Schulleitung. In wenigen<br />

96 Zu beachten ist, dass die Antwortvorgaben ‚Mitschülerinnen und Mitschüler’ sowie ‚Freunde’<br />

gegebenenfalls für einzelne Befragte wenig trennscharf waren.<br />

224


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Fällen nannten die Schülerinnen und Schüler Quellen, die nicht im Fragebogen<br />

vorgeben waren, wie die Agentur für Arbeit, Messen oder Informationsveranstaltungen<br />

durch die Angebotsträger. Gleich, welches Spektrum<br />

an Informationsmitteln und -wegen von den Organisatoren der Orientierungsangeboten<br />

generell genutzt wird, bei den meisten der Interventionen<br />

zeigen sich eindeutige Tendenzen, über welche Impulsgeber die Befragten<br />

von den Maßnahmen erfahren haben.<br />

Abbildung 7: Informationsquellen über Orientierungsangebote für die Jugendlichen der<br />

Interventionsgruppe (Mehrfachantworten möglich)<br />

Angaben in %<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

25<br />

Schulleitung<br />

9<br />

20<br />

54<br />

Lehrkraft<br />

32<br />

Informationsquellen<br />

47<br />

25<br />

21<br />

25<br />

27 26<br />

14<br />

Mitschüler/in<br />

Freunde<br />

6<br />

Eltern<br />

45<br />

19<br />

4<br />

Bekannte/Verwandte<br />

3<br />

31<br />

Medien<br />

9<br />

24<br />

Mädchen (n=48)<br />

Jungen (n=22)<br />

gesamt (n=70)<br />

Die Hauptinformationsquellen beim Schnupperpraktikum ‚Konditorei/<br />

Verkauf’, den beiden ‚JobGalaxy’- und den ‚Girls’Day’-Interventionen liegen<br />

in der Schule. Die Mädchen, die am ‚Girls’Day’ [B/S] teilnahmen, haben<br />

zusätzlich über die Medien vom Aktionstag erfahren. Rezipientinnen<br />

und Rezipienten des Schnupperpraktikums ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und der<br />

‚Schnupperlehre’ bezogen ihre Hinweise auf die Orientierungsmaßnahmen<br />

in der Mehrzahl über Lehrkräfte und die Eltern. Bei der ‚Schnupperlehre’<br />

informierten auch Freunde. Nicht durchgängig ist das Marketing für Orientierungsmaßnahmen<br />

erfolgreich. Aus Sicht der befragten Jugendlichen<br />

schlagen Bemühungen vor allem aufgrund von institutionenbezogenen und<br />

zielgruppenbezogenen Bedingungen sowie deren mangelnder Kohärenz<br />

zueinander fehl. Innerhalb der Follow-up-Interviews führen sie beispielsweise<br />

die unzureichende Mobiliät der Zielgruppe an:<br />

225


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

226<br />

Schüler B (Mittelschule, 8. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Ich sag mal so. Aus unser Klasse kommen auch viele aus dem Dorf,<br />

und es müssen halt die Fahrtkosten und alles selber getragen werden<br />

und deswegen auch teilweise.“ (Z. 173-175)<br />

Schüler E (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’):<br />

„ … und manche haben ja auch gar kein Auto, also insofern …“<br />

(Z. 173-174)<br />

Zwei Interviewteilnehmerinnen sehen zudem auch eine mangelnde Reifung<br />

oder eine aus unterschiedlichen Ursachen resultierende Demotivation als<br />

Hemmnisse zur Teilnahme an Interventionen:<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Ich denk mal Desinteresse ist da auch vorhanden und so. Vielleicht ist<br />

es auch zu uncool dahinzugehen.“ (Z. 219-220)<br />

„… viele wollen ihre Freizeit ne opfern dafür, und auch es waren vielleicht<br />

auch welche dabei, die jetzt nicht wussten, also die schon irgendwie<br />

eine Lehrstelle hatten, und manche nicht und das war dann vielleicht<br />

auch ausschlaggebend dafür.“ (Z. 226-229)<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Na, ich denke, dass sie noch zu jung sind. Wir gehen mit 15 und 16 gehen<br />

wir raus aus der Schule und müssen schon mit 16 wissen, was wir<br />

das ganze Leben lang machen, welche Ausbildung. Wir müssen dann<br />

gleich eine Ausbildung machen und ich finds ziemlich zeitig. Und jetzt<br />

müssen wir schon mit 15 halt ein Praktikum hier, ein Praktikum da und<br />

halt schon festlegen, was wir machen werden und, dass sie das halt noch<br />

gar nicht wollen. Die wollen sich halt noch gar nicht informieren und die<br />

wollen lieber halt noch ein bissl draußen spielen. Da halt noch irgendwas<br />

machen. Zum Beispiel die Jungs. Ist noch zu zeitig, find ich.“<br />

Z. 195-201)<br />

Im Resümee ist die Rolle der Schule als Informationsvermittler hervorzuheben,<br />

unabhängig davon, ob berufliche Orientierung letztendlich im schulischen<br />

oder, wie bei den untersuchten Interventionen, im außerschulischen<br />

Kontext stattfindet. Weniger unbedeutend ist hingegen, inwieweit die Berufsorientierung<br />

prinzipiell in der Schule Konsolidierung gefunden hat, wie<br />

die nachfolgende Aussage belegt:


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Und die [Lehrkräfte – Anm. d. Verf.] tun auch sagen, das ist so, die tun<br />

das dann auch schönreden, dass wir auch hingehen, sag ich mal. Ja, also<br />

die sind da auch voll dahinter und ja, die finden das auch gut, wenn wir<br />

da mitmachen und unsere Klasse oder aus unserer Klasse kriegt dann<br />

jemand irgendwas, weil er da irgendwo was gewonnen hat oder irgendein<br />

Quiz oder was weiß ich. Ja, da sind dann die Lehrer auch ganz stolz<br />

drauf. Also, die fühlen sich dann halt auch besser.“ (Z. 214-219)<br />

Auch Informationstafeln als eher indirekte schulische Kommunikationsform<br />

können Aufmerksamkeit für Orientierungsangebote wecken. So antwortet<br />

ein Untersuchungsteilnehmer auf die Frage, ob die Schule als Informationsvermittler<br />

agiert:<br />

Schüler E (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’):<br />

„Direkt nicht, aber unten in der, im Foyer hängen solche Blätter dran.“<br />

(Z. 184)<br />

Wenngleich zu diskutieren ist, inwieweit die schulische Berufsorientierung<br />

in den beiden aufgeführten Fällen noch konzeptionell und in ihrer Realisierung<br />

ausbaufähig ist, wird deutlich, dass Schulleitungen sowie Lehrerinnen<br />

und Lehrer enorm dazu beitragen können, dass sich Jugendliche mit<br />

ihrem beruflichen Weg auseinandersetzen. Wie eine Studie des Deutschen<br />

Jugendinstitutes e. V. in Stuttgart und Leipzig zeigt, sehen Direktoren bei<br />

ihren Lehrkräften ein hohes Potenzial, um gelingende Übergänge zwischen<br />

Schule und Arbeitswelt zu gestalten. Sie weisen aber auch auf Grenzen hin<br />

(vgl. Deutsches Jugendinstitut e. V. 2008, S. 12 und S. 31). So sehen sie die<br />

Lehrenden nicht vollumfänglich als kompetente Ratgeber für die berufliche<br />

Zukunftsplanung oder in der Rolle die Schülerschaft nach Beendigung<br />

eines Schuljahres weiter zu begleiten. Doch gerade in diesen Aufgaben<br />

liegt für die Schulen auch ein Mehrwert. Mit einer ganzheitlichen Berufsorientierung<br />

und einer kombinierten Abschluss- und Anschlussorientierung<br />

geht der Aufbau eines positiven Schulimages einher, welches im<br />

Kontext der demografischen Entwicklung und der damit notwendigen<br />

Änderungen in der Schulinfrastruktur, z. B. durch Schulschließungen,<br />

existenzsichernd wirken kann. Die Kooperation ist demnach nicht nur für<br />

Träger von Orientierungsmaßnahmen vielversprechend, um Maßnahmen<br />

auszulasten, sondern gleichfalls für Schulen von Relevanz. Ein positiver<br />

Nebeneffekt ist die stärkere Systematisierung von Berufsorientierung, die<br />

durch die gegenseitige Information und Abstimmung befördert wird.<br />

Durch die Einbindung von Eltern bzw. Elternvertretungen, welche, wie<br />

227


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

aus den hier vorliegenden Ergebnissen und anderen Studien (vgl. Nowotnick,<br />

Voigt 2009, S. 18f; vgl. Hofsäss, Drinck 2010, S. 35) abzulesen ist,<br />

ebenfalls wichtige Impulsgeber sind, erfährt die Weiterentwicklung schulischer<br />

Berufsorientierung weitere Vervollkommnung.<br />

9.3 Erwartungshaltungen an<br />

Interventionen<br />

Schülerinnen und Schüler, die für die Teilnahme an einem der hier untersuchten<br />

Angebote zur beruflichen Orientierung gewonnen wurden, erhoffen<br />

sie sich in erster Linie mehr über Inhalte und Anforderungen in einem<br />

bestimmten Ausbildungsberuf oder Studiengang zu erfahren (vgl. Anhang<br />

15). Etwas mehr als 50% der Schülerinnen und Schüler begründen innerhalb<br />

des Pretests ihre Teilnahme mit diesen Aspekten. Jedem zweiten Mädchen<br />

waren darüber hinaus das Kennenlernen von Ausbildungsberufen<br />

oder Studiengängen sowie der Wunsch, die persönlichen beruflichen Ziele<br />

besser einschätzen zu können, wichtig. Einen Beleg finden diese Anliegen<br />

auch im Rückblick dreier Mittelschülerinnen in den Follow-up-Interviews:<br />

228<br />

Schülerin A (Freie Schule, 7. Klasse, ‚Girls’Day’ [S]):<br />

„Naja, also ich möchte eigentlich Kindergärtnerin werden oder halt so Autorin<br />

oder was mit Musik. Aber es ist ja auch, dass es manchmal nicht<br />

klappt und dann bin ich halt zu dem Girls’Day, damit ich halt auch noch<br />

besser in verschiedene Berufe reingucken kann. Das heißt falls es dann alles<br />

nicht klappt oder ich es dann später nicht mehr möchte.“ (Z. 27-31)<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Also ich hab mir gewünscht, dass ich vielleicht da nach dem Schnupperkurs<br />

weiß, was ich später werden will. Dass ich weiß, ja ich will Konditor<br />

werden oder nein, ich will kein Konditor werden. … Grund, warum ich das<br />

gemacht hab ist, ich wollt halt wissen, was ich da genau mach, ich wollte<br />

wissen, … wie es so abläuft.“ (Z. 70-74)<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Na, ich wollte eigentlich schon, also mich vorbereiten auf einen Beruf und<br />

so, also welche Interessen ich hab und dann auch später, was ich für einen<br />

Beruf ausüben könnte.“ (Z. 71-73)<br />

Für etwa die Hälfte der Jungen stehen hingegen das Gewinnen von Klarheit<br />

über die eigenen Stärken und Schwächen sowie über berufliche Inte-


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

ressen, das Sammeln von praktischen Erfahrungen in der Arbeitswelt, aber<br />

auch das Finden eines Berufes zusätzlich im Vordergrund. In der Followup-Untersuchung<br />

untersetzen dies die Teilnehmer z. B. wie folgt:<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

„Ja, also, Ich hatte ja schon nach einem Praktikumsplatz gesucht, aber ich<br />

bin noch nicht so richtig fündig geworden. Das ist auch ein Grund, warum<br />

ich hier hergekommen bin.“ (Z. 26-28)<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Ähm, ja, Ziele erstmal, wahrscheinlich ein bisschen eine genauere Richtung<br />

zu finden, also beziehungsweise, halt ähm, eine Bestätigung, also vielleicht<br />

auch bewerten zu können irgendwelche Ideen, die ich hatte für die<br />

Zukunft.“ (Z. 78-80)<br />

Je nach Orientierungsmaßnahme unterscheiden sich die Erwartungen der<br />

Schülerinnen und Schüler. Eine Konformität zwischen diesen Vorstellungen<br />

und der spezifischen Charakteristika der Interventionen (vgl. Anhang<br />

5) ist nicht eindeutig zu identifizieren. Jedoch ist bei fast allen Angeboten<br />

das Interesse der Jugendlichen punktuell, also bezogen auf einzelne Aspekte,<br />

besonders hoch. So erwarteten die Teilnehmerinnen des ‚Girls’Day’ [B]<br />

vorrangig Berufe kennenlernen zu können, praktische Erfahrungen zu<br />

sammeln und ihr Wissen zum Thema Bewerbung zu erweitern, während<br />

sich die Rezipientinnen und Rezipienten der ‚Schnupperlehre’ hauptsächlich<br />

für Anforderungen in Unternehmen, ihre individuellen Stärken und<br />

Schwächen und die Erprobung in der Praxis interessierten. Beim Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’ und dem ‚Girls’Day’ [S] kristallisierten<br />

sich keine Erwartungsschwerpunkte heraus. Allen Antwortoptionen wurde<br />

lediglich abgeschwächt zugestimmt. Im Rahmen der Follow-up-Befragung<br />

weist ein Interviewteilnehmer ergänzend zu seinen inhaltlich geprägten Erwartungen<br />

noch auf einen weiteren Grund für seine Teilnahme hin:<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

„Zuerst einmal wollte ich mal gucken, wie das da so ist in den einzelnen<br />

Berufen, was da so los ist, was man machen muss, welche Anforderungen<br />

es gibt und zweitens mein einer Klassenkamerad ging auch mit hin.“<br />

(Z. 80-82)<br />

Die Ergebnisse des Pretests zeigen, dass die Option, bei Orientierungsmaßnahmen<br />

nicht allein erscheinen zu müssen, für viele Jugendliche eine<br />

gewichtige Rolle spielt. Zwei Drittel suchte die in die Untersuchung eingebundenen<br />

Interventionen mit einer Freundin/einem Freund auf. Bei den<br />

229


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Mädchen sind es 71% und bei den Jungen 42%, die eine gemeinsame Teilnahme<br />

mit einer/einem nahestehenden Gleichaltrigen bevorzugen. Jeder<br />

vierte männliche Befragte, aber gerade mal 6% der Schülerinnen ist allein<br />

zu einer der Maßnahmen gekommen (vgl. Anhang 16). Dass Eltern, die<br />

Klassenkameraden oder andere Personen, wie Großeltern, Geschwister<br />

oder andere Verwandte eine untergeordnete Rolle spielen, kann in der Gestaltung<br />

und am Durchführungszeitpunkt der einzelnen Maßnahmen begründet<br />

liegen (vgl. Anhang 5). Bestätigt wird dies in Betrachtung der Werte<br />

für die Einzelinterventionen. So wurden beispielsweise die ‚Girls’Day’-<br />

Interventionen (Unterrichtszeit) vorrangig im Klassenverband oder im<br />

Freundeskreis besucht, die Schnupperpraktika (Schulferien) hingegen allein<br />

oder mit befreundeten Schülerinnen und Schülern.<br />

Inwieweit erfüllen die Interventionen die Erwartungen der Jugendlichen?<br />

Der Posttest zeigt ein überwiegend positiv gefärbtes Bild. Für ein Viertel<br />

der Teilnehmenden stimmt das vorgestellte Bild mit dem tatsächlich Erlebten<br />

überein (vgl. Abbildung 8). Für weitere zwei Drittel sind die eigenen<br />

Erwartungen und die Realität in den Maßnahmen überwiegend kongruent.<br />

Abbildung 8: Aussagen zur Erfüllung von Erwartungen der Jugendlichen in den<br />

Interventionsgruppen an die Orientierungsangebote im Posttest<br />

Angaben in %<br />

230<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1<br />

9<br />

62<br />

26<br />

IG<br />

(n=82)<br />

33<br />

67<br />

Interventionsgruppen<br />

100<br />

10<br />

30<br />

60<br />

5<br />

79<br />

16<br />

13<br />

25<br />

63<br />

44<br />

44<br />

4<br />

81<br />

11 7<br />

JG JGF KFZT SL K/V GD [B] GD [S]<br />

gar nicht<br />

kaum<br />

ziemlich<br />

sehr<br />

Innerhalb der Interventionen zeigen sich starke Differenzen in der Beurteilung.<br />

Während sich für mindestens 60% der Jugendlichen, die ‚JobGalaxy’<br />

oder die beiden Schnupperpraktika nutzten, die Erwartungen ‚sehr’ erfüllten,<br />

besteht bei den Mädchen, die den ‚Girls’Day’ [B] besuchten, mit 44%<br />

ein großer Anteil, der kaum eine Deckungsgleichheit zwischen den eigenen<br />

Vorstellungen über den Mädchen-Zukunftstag und dem tatsächlichen Angebot<br />

sieht. Generell sehen die männlichen Befragten ihre Erwartungen


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

besser erfüllt als die weiblichen. Divergente Erwartungshaltungen können<br />

Ursachen in unzureichender Transparenz von Angeboten, im mangelnden<br />

Informationstransfer seitens der durchführenden Institutionen sowie in<br />

trägerbezogenen Leistungsschwächen haben. Auf Seiten der Jugendlichen<br />

ist ein Grund darin zu suchen, dass vor Beginn der Maßnahmen schlichtweg<br />

keine Notwendigkeit gesehen wurde, sich intensiv mit deren Inhalten<br />

auseinanderzusetzen. Vielmehr wurde eine abwartende Haltung eingenommen:<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Ja, ich fands, also ich hab mir jetzt nicht direkt gesagt, so und so soll es<br />

sein. Weil ich weiß nicht, find ich nicht gut. Aber so, was ich mir so gedacht<br />

hab, fand ich schon gut. Also, wurde schon umgesetzt so.“<br />

(Z. 89-91)<br />

Besonders mit Fokus auf die einzelnen Interviewsequenzen der Follow-up-<br />

Befragung wird deutlich, dass Erwartungshaltungen wenig von der besuchten<br />

Klassenstufe abhängig sind. Die Motive, an Orientierungsmaßnahmen<br />

teilzunehmen, differieren bei Schülerinnen und Schüler der Vorabgangs-<br />

und der Abgangsklassen nur unwesentlich.<br />

9.4 Berufliche Exploration und<br />

Kristallisationsniveau des<br />

Bildungs- und Berufsweges<br />

Um Informationen zum Stand der beruflichen Exploration bei den Jugendlichen<br />

der Interventions- und der Kontrollgruppe zu gewinnen, wurde danach<br />

gefragt, inwieweit sie sich bereits mit der Berufs- und Studienwahl beschäftigten.<br />

Entsprechend der Gedanken entwicklungstheoretischer Modelle<br />

der Berufswahl war davon auszugehen, dass sich die Befragten in unterschiedlicher<br />

Intensität mit ihrer beruflichen Zukunft befassten. Von den<br />

Mädchen und Jungen in den beiden Gruppen haben sich wenigstens 80%<br />

bereits mit ihrer Berufswahl auseinandergesetzt. Unterschiede zwischen<br />

den Jugendlichen, welche ausschließlich die schulische Berufsorientierung<br />

nutzten und denen, die zusätzlich außerschulische Angebote wahrnahmen,<br />

bestehen in der Dauer der Beschäftigung mit dem Thema (vgl. Tabelle 11).<br />

Vor allem die Jungen der Interventionsgruppe gaben an, schon seit<br />

längerem über die Berufswahl nachgedacht zu haben. Bereits Bewerbungen<br />

versandt hatten bislang jedoch nur wenige Jugendliche. Hier zeigen sich die<br />

Schülerinnen und Schüler der Kontrollgruppe aktiver. 11% übermittelten<br />

231


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

potenziellen Arbeitgebern bereits ihre Bewerbungsunterlagen, während es<br />

bei den Jungen und Mädchen der Interventionsgruppen nur 4% sind. Etwa<br />

86% all jener, die bereits Bewerbungen versandten, besuchten die zehnte<br />

Klasse. Positiv zu bewerten ist, dass nur 4% der Befragten einschätzen, sich<br />

noch gar nicht mit der Berufswahl beschäftigt zu haben. Dies sind zum<br />

Großteil Jugendliche, die zum Zeitpunkt der Ersterhebung in der achten<br />

oder neunten Klasse lernten und einen Realschulabschluss bzw. das Abitur<br />

anstrebten. Aufgrund der zahlreichen Lehrplanbezüge zur Berufsorientierung<br />

an sächsischen Schulen (vgl. Kapitel 6.4.3.1) ist es unwahrscheinlich,<br />

dass die Jugendlichen tatsächlich noch keine Berührungspunkte mit<br />

der Thematik hatten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie nach ihrem<br />

Selbstempfinden noch wenig aktiv geworden sind.<br />

Tabelle 11: Stand der Auseinandersetzung mit der Berufswahl in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pretests (Angaben in %)<br />

Teilgruppen Stand der Auseinandersetzung mit dem Thema Berufswahl<br />

seit einiger mit BW be- noch nie mit bereits Be- n<br />

Zeit mit BW fasst, aber BW befasst werbungen<br />

beschäftigt nicht lange<br />

versandt<br />

Kontrollgruppe<br />

g<br />

63 22 4 11 234<br />

Geschlecht<br />

w<br />

m<br />

68<br />

57<br />

20<br />

24<br />

2<br />

6<br />

9<br />

13<br />

130<br />

104<br />

Interventionsgruppe<br />

g 72 18 6 4 81<br />

Geschlecht<br />

w<br />

m<br />

70<br />

75<br />

19<br />

18<br />

8<br />

4<br />

4<br />

4<br />

53<br />

28<br />

39% der Jugendlichen der Interventionsgruppe planten zum Zeitpunkt des<br />

Pretests für die Zeit nach der Schule den Beginn einer Berufsausbildung.<br />

Weitere 18% wollten studieren, 17% stellten sich eine Berufsausbildung<br />

und ein Studium vor, 2% gingen davon aus, dass sie zunächst den Wehr-<br />

oder Zivildienst oder ein Freiwilliges Jahr absolvieren (vgl. Abbildung 9;<br />

vgl. Anhang 17). Obzwar die in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2008 umgesetzten<br />

Befragungen von jeweils rund 1.500 Schulabgängerinnen und<br />

Schulabgängern des Bundesinstitutes für Berufsbildung ähnliche Muster ergeben<br />

(vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2009b, S. 71), zeigen die Follow-up-Inter-views,<br />

dass die Jugendlichen, insofern diese ihren Berufsweg<br />

bereits geplant haben, entgegen der Positionierung zu einzelnen beruflichen<br />

Stationen stets mehrere Bildungs- bzw. Berufsstationen verknüpft denken:<br />

232


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Also, ich geh jetzt nach der Schule aufs Gymnasium. Ich mach dann<br />

drei Jahre lang mein Abitur, und danach möchte ich eigentlich Sport und<br />

Biologie auf Lehramt studieren.“ (Z.11-13)<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Ja, also erstmal wahrscheinlich muss ich ja meinen Zivildienst ableisten.<br />

Das hab ich erstmal vor im Ausland zu machen. In Lateinamerika, um<br />

noch ne, also um erstmal einen ganz anderen Kulturraum kennenzulernen<br />

und eine Sprache mit zu lernen. Und dann, äh, ja Ziel ist eigentlich<br />

dann mal in Maschinenbau, in Richtung Consulting zu gehen. … von<br />

daher ist erstmal so die Richtung schon ziemlich genau vorhanden.“<br />

(Z. 35-40)<br />

Abbildung 9: Ausbildungspläne der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventions-<br />

gruppen zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

Angaben in %<br />

60<br />

40<br />

51<br />

49<br />

42<br />

39<br />

20<br />

0<br />

28<br />

23<br />

22<br />

23<br />

18 18<br />

15<br />

17<br />

14<br />

9<br />

3 2 3<br />

4<br />

6 8<br />

Berufsausbildung Studium B.ausb./Studium WD, ZV, FJ weiß nicht<br />

KG IG KG IG KG IG KG IG KG IG<br />

Geplanter beruflicher Weg<br />

Pretest (n=316)<br />

Posttest (n=316)<br />

Die ambitionierten Zielsetzungen sind einerseits Ausdruck dafür, wie wichtig<br />

den Jugendlichen die schulische und berufliche Ausbildung ist und wie<br />

ausgeprägt ihr Bewusstsein ist, mit niedrigen Schulabschlüssen auf dem<br />

Ausbildungs- und Arbeitsmarkt deutlich schlechter gestellt zu sein.<br />

Andererseits wird deutlich, dass sie berufliche Orientierung durchaus so<br />

verstehen, wie konzeptionell und durch entwicklungstheoretische Berufswahlansätze<br />

angedacht, d. h. als eigenverantwortlich zu bewältigender Prozess,<br />

bei dem kontinuierlich über die nächsten Schritte der Bildungs-, Arbeits-<br />

und Berufsbiografie zu entscheiden ist (vgl. Kapitel 3.2). Die Antwortvorgaben<br />

der quantitativen Erhebung greifen demnach deutlich zu<br />

kurz und vermögen die Vielfalt und Komplexität der von den Schülerinnen<br />

und Schülern gedanklich fixierten Wege nicht abzudecken. Parallel zu den<br />

relativ konkreten Planungen der Befragten gab etwa ein Viertel der Jungen<br />

und Mädchen im Pretest an, noch nicht zu wissen, welchen beruflichen<br />

Weg es nach Verlassen der Schule einschlagen will. Dabei ist der höchste<br />

233


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Anteil von Jugendlichen im Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

festzustellen. Mehr als zwei Drittel von ihnen war hinsichtlich des Berufsweges<br />

noch unentschieden. Die Mädchen und Jungen dieser Intervention<br />

nicht berücksichtigend, verbleiben in den anderen Interventionsgruppen<br />

dennoch 17%, die unschlüssig sind. Rückblickend beschreibt eine Teilnehmerin<br />

ihre Unentschlossenheit wie folgt:<br />

234<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Da es das nahe Ende der Schulzeit [war] hab [ich] mir gedacht, ja, jetzt<br />

müsstet Du halt langsam mal was machen und hatte halt immer keine<br />

Ahnung, was ich machen will nach der Schule. Naja, vielleicht hilft mir<br />

das ja.“ (Z. 84-87)<br />

Davon abgesehen, dass sich die beruflichen Pläne der Jugendlichen in der<br />

Interventions- und Kontrollgruppe generell unterscheiden, tritt der Aspekt<br />

der Unentschlossenheit bei den Teilnehmenden der Orientierungsmaßnahmen<br />

signifikant häufiger und bei den Mädchen und Jungen der Kontrollgruppe<br />

signifikant geringer auf. 97 Unter Rückbezug auf entscheidungstheoretische<br />

Ansätze der Berufswahl ist denkbar, dass die Schülerinnen und<br />

Schüler in den Interventionen gerade aufgrund ihrer ausgiebigeren Auseinandersetzung<br />

mit der Berufswahl und der dabei ‚entdeckten’ Möglichkeiten<br />

verunsichert sind, welche Laufbahnalternativen für sie sinnvoll ist. Mit<br />

der Wahrnehmung eines Angebotes zur beruflichen Orientierung als gezielte<br />

Informationssuche ist dann, wie bei Schülerin I, unter Umständen (immer<br />

wieder) die Hoffnung verbunden, eine Entscheidungshilfe zu haben<br />

und mehr Klarheit über die nächsten Schritte nach Verlassen der Schule zu<br />

gewinnen.<br />

Wenige Monate später, zum Zeitpunkt des Posttests, lassen sich im Vergleich<br />

zwischen der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe in Hinblick<br />

auf diese Entschiedenheit für einen bestimmten beruflichen Weg tatsächlich<br />

Unterschiede konstatieren. Wussten vor der Teilnahme an einem<br />

Berufsorientierungsangebot 23% der Schülerinnen und Schüler nicht, welchen<br />

beruflichen Weg sie einschlagen sollen, waren es mit Abschluss nur<br />

noch 14%. Besonders unentschlossene Jungen gingen aus den Interventionen<br />

mit Plänen hervor, wobei auch die männlichen Befragungsteilnehmer<br />

in der Kontrollgruppe ihre Vorstellungen zwischen den Erhebungszeitpunkten<br />

stärker konkretisieren als die weiblichen.<br />

97 Mittels Chi 2-Test wurden standardisierte Residuen =/> 2,0 sowie statistisch signifikante Verteilungsunterschiede<br />

auf dem 1%-Niveau ermittelt (exakter Test nach Fisher).


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Zur Konstanz, Weiterentwicklung bzw. Änderung ihrer Vorstellungen<br />

reflektieren die in der Follow-up-Erhebung interviewten Jugendlichen beispielsweise:<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Ich hab eigentlich genauso, ich hab eigentlich genau die gleiche Meinung<br />

wie vorher [vor der Teilnahme am Orientierungsangebot – Anm.<br />

d. Verf.]. Ich möchte erst mal meinen Realschulabschluss machen und<br />

dann, wenn ich’s schaff, ein Abitur machen. Und dann gerne schon in<br />

die Richtung Küche oder Konditor gehen.“ (Z. 28-30)<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

„Ja, ich hatte schon überlegt, noch Abitur zu machen, aber das könnte<br />

knapp werden noch aufs Gymnasium zu wechseln. Weil, könnte schwer<br />

werden mit, mit den Zensuren. Ich denk mal schon, dass ich nicht<br />

studiere, sondern gleich ins Berufsleben einsteige.“ (Z. 28-31)<br />

Die detaillierte Aufschlüsselung der interventionsbezogenen Ergebnisse<br />

lässt bei den beiden ‚JobGalaxy’-Maßnahmen sowie dem Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’ eine Angleichung zwischen den vorausgesetzten<br />

Bildungsabschlüssen der im Schwerpunkt thematisierten Berufsbilder<br />

sowie der Berufswegplanung der Jugendlichen erkennen. Sofern Berufsausbildungen<br />

im Vordergrund standen, tendieren die Teilnehmenden<br />

nach Maßnahmebeendigung auch stärker zu einer solchen und gleichfalls<br />

ging die Vorstellung von Studiengängen mit einer Ausrichtung der Jugendlichen<br />

auf eine Hochschulausbildung einher. Dahingegen haben sich die<br />

Teilnehmer der ‚Schnupperlehre’ und des ‚Girls’Day’ [S] zu einer Kombination<br />

von Berufsausbildung mit Studium hinorientiert. Während die Befragten<br />

der ‚Schnupperlehre’ eine höhere Qualifizierung planen, suchen die des<br />

‚Girls’Day’ [S] offensichtlich nach einer andersgearteten Ausbildung. Der<br />

Datenlage nach zu urteilen, verließen die Mädchen und Jungen, die das<br />

Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ nutzten, dieses zum Teil verunsicherter<br />

in Hinblick auf einen Berufsweg als vorher. Die beruflichen Pläne<br />

der Mädchen der zweiten ‚Girls’Day’-Intervention blieben relativ stabil (vgl.<br />

Anhang 17).<br />

235


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

9.5 Bislang genutzte Quellen beruflicher<br />

Orientierung und eingeschätzter<br />

Nutzen<br />

Wie oft und welche Quellen nutzen Jugendliche zur beruflichen Orientierung?<br />

Auf die Frage nach der Zahl der bereits unternommenen Aktivitäten<br />

vermerkte die Hälfte der Mädchen und Jungen der Interventions- und<br />

Kontrollgruppe innerhalb des Pretests vor dem Befragungszeitpunkt etwa<br />

drei- bis fünfmal aktiv geworden zu sein (vgl. Anhang 18). Die recht umfangreichen<br />

Anstrengungen erscheinen vor dem Hintergrund, dass sich ein<br />

Teil der Jugendlichen nach eigener Einschätzung noch nicht lange oder<br />

noch gar nicht mit der Berufswahl beschäftigt hat, wenig plausibel. Einerseits<br />

ist denkbar, dass die Jungen und Mädchen sozial erwünscht antworteten.<br />

Andererseits können die Antworten Ausdruck für die schulische Konsolidierung<br />

der Berufsorientierung sein (vgl. Kapitel 6.4.3). Dafür sprechen<br />

die Aussagen der Kontrollgruppe zum Stellenwert der Thematik im Zeitraum<br />

zwischen Pre- und Posttest. Nach dem Empfinden etwa der Hälfte<br />

der Schülerinnen und Schüler wurde die berufliche Orientierung sehr oder<br />

eher oft in der Schule angesprochen. Vor allem in den Vorabgangsklassen<br />

der Förder- und Mittelschule ist der Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

für sie immer wieder im Unterricht, aber auch außerunterrichtlich<br />

im Schulalltag präsent. Demgegenüber nahmen circa 70% der Gymnasiasten<br />

die berufliche Orientierung an ihrer Schule nur untergeordnet wahr<br />

(vgl. Tabelle 12).<br />

Nach Ansicht der Befragten der einzelnen Schultypen wurden vor allem in<br />

den Fächern Wirtschaft-Technik-Haushalt/Soziales (67%) und Deutsch<br />

(56%), aber auch in Englisch (19%), in Gemeinschaftskunde (17%), in Informatik<br />

(16%) und in Ethik (14%) berufsorientierende Themen aufgegriffen.<br />

Dies spricht für eine Verankerung im Unterricht, reizt die Bezugspunkte,<br />

die das Querschnittsthema hat, aber nicht aus. Mehrheitlich brachten die<br />

Jugendlichen der einzelnen Schultypen den Wunsch nach einer intensiveren<br />

beruflichen Orientierung zum Ausdruck. Untersetzend anzuführen sind die<br />

Aussagen: „Es gab nur sehr wenig Möglichkeiten und Angebote, sich zu informieren.“<br />

(Gymnasiastin, 11. Kursstufe, KGPost), „Die Berufswahl hat<br />

keine Rolle gespielt, nicht so, dass es mir wirklich bewusst war.“ (Gymnasiastin,<br />

11. Kursstufe, KGPost), und „Dass dieses Thema so kurz, nicht so<br />

ausführlich behandelt wurde, obwohl es ja sehr wichtig ist.“ (Mittelschülerin,<br />

10. Klasse, KGPost). Demgegenüber bemängeln die Mädchen und<br />

Jungen auch, dass „alles zwanzigmal durchgekaut wurde“ (Mittelschülerin,<br />

236


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

9. Klasse, KGPost).und sie z. B. in mehreren Fächern Bewerbungen übten.<br />

Kritik findet zudem die überwiegend theoretische Stoffvermittlung, ‚das<br />

viele Erzählen’, ‚das viele Schreiben’, ‚die vielen Unterlagen’. Jeder zweite<br />

Befragte der Kontrollgruppe sieht Bedarf an mehr Einblicken in die Praxis.<br />

In einigen Fällen fanden das Engagement und die Unterstützung der Lehrkräfte<br />

im Orientierungsprozess eine Hervorhebung. So antwortete ein<br />

Schüler auf die offen gestellte Frage, was ihm an der schulischen Berufsorientierung<br />

besonders gefallen hat: „Das uns klar gemacht wurde, dass wir<br />

nicht mehr so viel Zeit haben und dass es unser Leben ist.“ (Mittelschüler,<br />

10. Klasse, KGPost). Dennoch schätzten alles in allem lediglich 54% der<br />

Schülerinnen und Schüler ihre Lehrerinnen und Lehrer als kompetente Ansprechpartnerinnen<br />

und -partner ein. Trotz der Kritikpunkte bewerteten<br />

etwa 90% der Jugendlichen, die einen Hauptschulabschluss anstreben, die<br />

schulische Berufsorientierung insgesamt als zufriedenstellend. Bei den<br />

Schülerinnen, die die Schule mit dem Realschulabschluss verlassen wollen,<br />

sind es rund 80% und bei den Gymnasiasten 36%. Damit findet die in<br />

Kapitel 6.4.2 beschriebene Situation zur Berufsorientierung an Gymnasien<br />

eine deutliche empirische Untermauerung. Die zum Teil noch unzureichende<br />

Offenheit und Ausgestaltung der Berufsorientierung im gymnasialen<br />

Bereich erfährt aus subjektiver Sicht der Schülerschaft Bestätigung.<br />

Tabelle 12: Zwischen Pre- und Posttest durch die Jugendlichen in der Kontrollgruppe wahrgenommene<br />

Häufigkeit der Thematisierung der beruflichen Orientierung im Unterricht<br />

(Angaben in %) 98<br />

Teilgruppen Berufsorientierung war Unterrichtsthema<br />

sehr eher eher gar weiß n<br />

oft oft nicht nicht nicht<br />

oft oft<br />

Kontrollgruppe gesamt 8 39 29 17 7 137<br />

Geschlecht<br />

weiblich<br />

männlich<br />

8<br />

7<br />

35<br />

43<br />

29<br />

29<br />

22<br />

11<br />

5<br />

9<br />

130<br />

107<br />

Angestrebter<br />

Schulabschluss<br />

HSA<br />

RSA<br />

HSR<br />

8<br />

12<br />

2<br />

64<br />

46<br />

23<br />

16<br />

29<br />

34<br />

4<br />

5<br />

35<br />

8<br />

8<br />

6<br />

25<br />

117<br />

93<br />

8. Klasse 13 47 25 7 8 60<br />

Klassenstufe<br />

9. Klasse<br />

10. Klasse<br />

7<br />

6<br />

41<br />

36<br />

29<br />

30<br />

17<br />

20<br />

7<br />

8<br />

76<br />

86<br />

11. Klasse 13 40 47 15<br />

98 Der Fragenkomplex richtete sich ausschließlich an Jugendliche der Kontrollgruppe. Für die Interventionsteilnehmer<br />

liegen keine Daten vor (vgl. Fragebögen im Anhang 7 f.).<br />

237


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Rückblickend auf die eingangs des Kapitels formulierte Frage nach der<br />

Nutzung von Orientierungsangeboten in der Vergangenheit ist zu konstatieren,<br />

dass sich die Jugendlichen in der Interventionsgruppe insgesamt eine<br />

Nuance aktiver geben. Hier zeigt sich eine Konformität zur gleichfalls etwas<br />

intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema Berufswahl bei dieser<br />

Teilgruppe (vgl. Tabelle 11). Hinsichtlich der genutzten Quellen für die<br />

berufliche Exploration können aufgrund der formulierten Fragestellung<br />

keine konkreten Aussagen über die Anzahl von Schülerinnen und Schülern<br />

getroffen werden, von denen einzelne Orientierungsmöglichkeiten wahrgenommen<br />

wurden. Innerhalb der Fragestellung wurden die Punkte ‚Wahrnehmung<br />

von Orientierungsangeboten’ und ‚Bewertung des Nutzens’ in<br />

einer Frage verknüpft, was den Jugendlichen Schwierigkeiten bei Antworten<br />

bereitete. Die Jugendlichen beurteilten Maßnahmen auch dann, wenn<br />

sie diese nicht nutzten. Deutlich wird dies an der Antwortvorgabe ‚Teilnahme<br />

am Girls’Day’. Wenngleich sich der Aktionstag ausschließlich an<br />

Mädchen richtet, äußerten sich Jungen zur Dienlichkeit des Angebotes für<br />

die berufliche Orientierung. Ebenso gaben Jugendliche, die den Abschluss<br />

der Förderschule oder einen (qualifizierenden) Hauptschulabschluss anstreben<br />

Auskunft, wie hilfreich die ‚Teilnahme am ‚Schnupperstudium’ an<br />

Hochschulen’ ist. Aus der Antwortbeteiligung lassen sich so lediglich Tendenzen<br />

im Nutzungsverhalten ablesen. Es wird daher ein Überblick zur generellen<br />

Einschätzung von Angeboten gegeben, unabhängig davon, welche<br />

bzw. ob bei den Jugendlichen individuelle Erfahrungen vorliegen oder<br />

nicht.<br />

Besonders oft gaben die befragten Jugendlichen der Interventions- und<br />

Kontrollgruppe Auskunft zur ‚Sammlung von Informationen über Ausbildungsbetriebe<br />

und Hochschulen’ zur ‚Besichtigung der Arbeitsplätze meiner<br />

Eltern’, zur ‚Durchführung des Betriebspraktikums’ sowie zur ‚Ratsuche<br />

bei meiner Familie’ (vgl. Anhang 19). Es ist daher anzunehmen, dass<br />

die Schülerinnen und Schüler diese Aktivitäten auch am häufigsten realisierten.<br />

Bezugnehmend auf den Einfluss von Müttern und Vätern zeigen andere<br />

Studien adäquate Ergebnisse. Beispielsweise belegen die Leipziger Schulabsolventenstudien,<br />

dass Jugendliche in ihren Eltern, Verwandten und Bekannten<br />

die wichtigsten Ratgeber im Berufsorientierungsprozess sehen (vgl.<br />

Nowotnick, Voigt 2009, S. 18 f.; vgl. Hofsäss, Drinck 2010, S. 35). Nach<br />

der 16. Shell Jugendstudie hat sich die Bindung von Mädchen und Jungen<br />

zu ihren Elternhäusern in den letzten Jahren generell gefestigt. Mütter und<br />

Väter stehen nicht nur in Fragen zum Berufsweg zur Seite, sondern sind in<br />

allen Lebensfragen die wichtigsten Beraterinnen und Berater und gleichfalls<br />

die wesentlichsten Rollenvorbilder (vgl. Albert et al. 2010, S. 46).<br />

238


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Hinsichtlich des Betriebspraktikums untermauert dessen normative Einbettung<br />

eine höhere Antwortbeteiligung (vgl. 6.4.3.1). In deutlich geringerer<br />

Zahl liegen Antworten auf Orientierungsangebote, wie das ‚Schnupperstudium<br />

an Hochschulen’, die ‚Woche der offenen Unternehmen’ oder den<br />

‚Girls’Day’ vor, wohl auch, weil diese Maßnahmen, wenn sie sich nicht an<br />

spezifische Zielgruppen richteten, nicht durchgängig im sozialen Nahraum<br />

der Jugendlichen durchgeführt wurden und damit für diese möglicherweise<br />

schlichtweg unerreichbar waren. 15% der Schülerinnen und Schüler in der<br />

Interventionsgruppe und 16% in der Kontrollgruppe schrieben ergänzend<br />

zu den vorgegebenen Orientierungsmöglichkeiten zusätzliche Varianten,<br />

wie Arbeitsgemeinschaften, selbstorganisierte Praktika, Messen, Tage der<br />

offenen Tür, ehrenamtliche Tätigkeiten und das Internet nieder.<br />

Parallel zu den Ergebnissen des Pretests zeigt auch die Follow-up-<br />

Befragung, dass Jugendliche auf eine Vielfalt an Informationsquellen zurückgreifen.<br />

Trotz einer hohen Individualität in der Nutzung verfügbarer<br />

Unterstützungsoptionen findet die Rolle der Elternhäuser, unabhängig vom<br />

Alter und vom Schultyp der Befragten, erneut besondere Unterstreichung:<br />

Schülerin A (Freie Schule, 7. Klasse, ‚Girls’Day’ [S]):<br />

„Ja, also Hilfe finde ich eigentlich bei meinen Eltern oder wenn ich halt<br />

was über einen bestimmten Beruf wissen möchte, gucke ich halt auch im<br />

Internet oder in Büchern.“ (Z 102-104)<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Und ja, meine Eltern, überhaupt Freundeskreis, Verwandte, Familie,<br />

mit denen rede ich immer mal und lass mir auch Tipps geben. Auch<br />

Leute die studieren in meiner Umgebung, frag ich, wie das so ist und<br />

so.“ (Z. 160-162)<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Mhm, meine Mutti unterstützt mich sehr bei der Berufswahl und halt<br />

auch wegen Praktikum und so. Meine Lehrer, besonders die Frau Siegel,<br />

tu ich halt öfter ansprechen. In der Schule liegen auch ein paar Sachen<br />

aus, wo man sich selber informieren kann wegen Ausbildung und welche<br />

Berufe halt gerade gebraucht werden und welche Ausbildungen halt gut<br />

sind. Oder beim BiZ Berufsinformationszentrum. … [Da – Anm. d.<br />

Verf.] kann man im Internet halt bissl suchen.“ (Z. 156-161)<br />

Von der hier zuletzt zitierten Mittelschülerin wird neben der Familie als<br />

Ressource für Informationen, wie auch für die Kontrollgruppe bereits dargelegt,<br />

ebenso die Lehrerin als Unterstützungskomponente benannt. Trotz<br />

239


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

möglicher fachlicher Defizite wird das pädagogische Handeln von Lehrkräften<br />

bzw. die Schule im Allgemeinen durchgängig von den Schülerinnen<br />

und Schüler der Follow-up-Untersuchung als Hilfe angeführt:<br />

240<br />

Schüler B (Mittelschule, 8. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Wenn ich was wissen will, frag ich in der Schule die Lehrer. Und<br />

manchmal fragt man auch die Klassenkameraden, die dann auch bissl<br />

was wissen, was mich interessieren könnte.“ (Z. 144-146)<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Also in der Schule lag immer mal so Material aus für einzelne Berufe<br />

und so, das hab ich eigentlich auch immer mitgenommen, also im Internet<br />

hab ich dann auch bissl nachgeguckt und sonst, mhm. … Wüßt ich<br />

jetzt ne.“ (Z.191-193)<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Na, also wir haben von der Schule aus, also eine Woche lang, in verschiedene<br />

Berufe reingeschaut, zum Beispiel jetzt als Kindergärtnerin.<br />

Und dann halt, in verschiedenen Schulen waren wir auch, zum Beispiel<br />

in der, ich weiß nicht wie sie heißt, das ist eine Schule, wo man jetzt<br />

Hotelfachfrau, Restaurantfachfrau und so lernen kann. Halt da verschiedene<br />

Sachen angeguckt. Und sonst, waren wir halt bei dem Girls’Day.<br />

Das war aber eine freiwillige Sache.“ (Z. 13-21)<br />

Die Resultate belegen das Bedürfnis der Jugendlichen nach Rat und Unterstützung,<br />

um für ihre berufliche Zukunft Entscheidungen treffen zu können.<br />

Eltern und Lehrkräfte sind nach den vorliegenden Ergebnissen Personen,<br />

die von Schülerinnen und Schülern herangezogen werden, um berufliche<br />

Optionen zu besprechen und den Berufsweg zu planen. Berufsorientierung<br />

ist demnach auch ein interaktiver Prozess (interaktionstheoretischer<br />

Ansatz der Berufswahl), der zwischen den Jugendlichen und Interaktionspartnern<br />

stattfindet und in den die Kenntnisse, Erfahrungen und Erwartungen<br />

der Konversanten einfließen (vgl. Ermert, Friedrich 1990, S. 16 f.).<br />

Doch wie bewerten sie die ihnen darüber hinaus zur Verfügung stehenden<br />

Informationsquellen? Besonderer Mehrwert wurde in der Interventions-<br />

und der Kontrollgruppe dem Betriebspraktikum, der Ratsuche bei der Familie,<br />

der Ferienarbeit und der Informationsrecherche, z. B. im Internet<br />

zugeschrieben (vgl. Abbildung 10).


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Abbildung 10: Einschätzung der Nützlichkeit von in der Vergangenheit genutzten Orientierungsmöglichkeiten<br />

durch die Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe<br />

zum Zeitpunkt des Pretests 99<br />

Angaben in %<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

83<br />

79<br />

75<br />

71<br />

78 78<br />

Orientierungsmöglichkeiten<br />

83 81<br />

63<br />

56<br />

73 72<br />

88 86<br />

Informationssammlung<br />

Besichtigung U/H<br />

Ferienarbeit<br />

Ratsuche Familie<br />

Arbeitsplatz Eltern<br />

BIZ-Besuch<br />

Praktikum<br />

Schnupperpraktikum H<br />

WodoU<br />

GD<br />

Bewerbungstraining<br />

Die Summen der Antwortvorgaben ‚sehr hilfreich’ und ‚eher hilfreich’ ergeben<br />

bei diesen Orientierungsmöglichkeiten nahezu 80% oder mehr, wobei<br />

ausschließlich die Maßnahmen mit hoher Authentizität und Praxisausrichtung,<br />

das Praktikum und die Ferienarbeit, von etwa 50% der Jugendlichen<br />

als besonders nutzbringend empfunden wurden. Demgegenüber waren<br />

der Besuch des Arbeitsplatzes der Eltern, das ‚Schnupperstudium an<br />

Hochschulen’, die ‚Woche der offenen Unternehmen’ oder der ‚Girls’Day’<br />

vor allem aus Sicht der Befragten der Kontrollgruppen, deutlich weniger<br />

ergiebig.<br />

Aufgrund eigener guter Erfahrungen empfiehlt nur ein kleiner Teil der<br />

Jugendlichen ein Orientierungsangebot weiter. In der Interventionsgruppe<br />

gaben 25% der Mädchen und Jungen Auskunft zu einer vor der Erstbefragung<br />

genutzten Maßnahme, in der Kontrollgruppe sind es 18%. Die weiblichen<br />

Befragten sprechen etwas öfter Empfehlungen aus als die männlichen.<br />

Befürwortung finden in erster Linie Orientierungsangebote in Unternehmen<br />

und Hochschulen, wie ‚Tage der offenen Tür’ oder die ‚Woche<br />

der offenen Unternehmen’. Durch die Jugendlichen hervorgehoben wird<br />

zudem die Möglichkeit zur direkten Ansprache von Institutionenvertreterinnen<br />

und -vertretern sowie zur Informationsbeschaffung aus ‚erster<br />

Hand’. Eine Weiterempfehlung erhält auch das Berufsinformationszentrum<br />

der Agentur für Arbeit. Begründet wurde dies mit der verfügbaren Vielfalt<br />

99 In der Abbildung sind die Ergebnisse der Antwortvorgaben ‚sehr hilfreich’ und ‚eher hilfreich’<br />

zur Erhöhung der Übersichtlichkeit zusammengefasst aufgeführt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen<br />

Antwortbeteiligung bezogen auf die Einzelitems ist an dieser Stelle keine gerundete<br />

durchschnittliche Fallzahl ausgewiesen.<br />

44<br />

70<br />

61<br />

79<br />

31<br />

66<br />

65<br />

76<br />

KG<br />

IG<br />

241


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

an Informationen zu Ausbildungen und der Form der Heranführung an die<br />

individuellen Interessensgebiete. Demgegenüber äußert sich eine in der<br />

Follow-up-Erhebung befragte Gymnasiastin über die Schulsprechstunde<br />

der Agentur für Arbeit weniger wohlwollend:<br />

242<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Über die Schule läuft sehr wenig, also momentan noch, ich weiß nicht,<br />

ob sich das noch ändert. Ein, zwei Gespräche mit jemandem vom Arbeitsamt.<br />

Also, mehr so Vorträge, wo wir drinne saßen, zugehört haben<br />

und am Ende rausgegangen sind und nicht mehr wussten als vorher.“<br />

(Z. 157-160)<br />

Einen positiveren Eindruck haben hingegen Messen und Praktika hinterlassen.<br />

Messen verschaffen nach Ansicht der Schülerinnen und Schüler einen<br />

guten Überblick über Berufsausbildungen, Studiengänge, Unternehmen<br />

und Hochschulen. Profitabel werden auch praktische Erfahrungen kombiniert<br />

mit elterlichem Rat, wie nachfolgend von einer Mittelschülerin und<br />

einem Gymnasiasten beschrieben, gesehen. Auf die Frage, wer bzw. was<br />

Einfluss auf die Entwicklung der beruflichen Pläne hatte, antworten sie:<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Ich sag mal viele Praktikas auf jeden Fall. Und ich denk mal auch meine<br />

Eltern, weil ich teilweise schon bei meinen Eltern in der Firma mitarbeite.“<br />

(Z. 39-40)<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Ja, also erstmal mein Praktikum, denk ich. An der TU im Maschinenbau.<br />

Ja, hat mich schon ziemlich darin bestätigt, dass es [der Berufswunsch<br />

– Anm. d. Verf.] eigentlich eine ganz gute Wahl ist, auch so von<br />

der Vielfältigkeit her. Weil ich jetzt nicht so der Mensch bin, der sich auf<br />

einen Bereich spezialisieren kann direkt, sondern halt lieber ein möglichst<br />

breites Feld von den Naturwissenschaften mit dem was ich täglich<br />

mach integrieren möchte. Und zum anderen denke ich bisschen die Arbeit<br />

von meinen Eltern. Also, mein Vater ist auch Consultant und meine<br />

Mutter, naja Versicherungsvertreterin, ist ja auch so eine Art also kundennaher<br />

Beruf und mein Bruder ist jetzt auch in die Richtung und ich<br />

denke, grad so bisschen der Spagat zwischen einer Arbeit, die ziemlich<br />

regelmäßig ist, und viel auch Abwechslung beziehungsweise Kontakt mit<br />

verschiedenen Leuten, ist was, was mich doch ganz gut anspricht.“<br />

(Z. 44-52)<br />

Praktika erfahren auch von anderen Befragten Wertschätzung. Besonders<br />

hilfreich wurde bewertet, dass sie einen intensiven Einblick in Firmen und<br />

Tätigkeitsfelder gewährleisten. So bestätigen auch zwei Interviewteilnehmende,<br />

die sich für eine berufliche Laufbahn im Nahrungsmittelhandwerk<br />

begeistern:


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schüler B (Mittelschule, 8. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Na, wir hatten jetzt, also kurz bevor das Schuljahr zu Ende war von der<br />

Schule das Praktikum. Das hab ich beim Bäcker, bei der Bäckerei gemacht.<br />

… Da konnte ich halt in eine richtige Bäckerei mit reingucken.<br />

Der Alltag ein bisschen, wie es bei denen ist.“ (Z. 136-137)<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Wir hatten [von der Schule aus – Anm. d. Verf.] zwei Wochen Projekt,<br />

Praktikum gehabt. Und da war ich in der Küche, also auch Richtung<br />

Nahrungsmittel und so. Da hab ich zwei Wochen in der Küche gearbeitet.<br />

… Das war für mich sehr wichtig. Ich hab sogar eine Lehrstelle angeboten<br />

bekommen. … Hat sehr viel Spaß gemacht. Und ich hab auch<br />

erfahren halt, man macht auch als Koch auch bissl wie Eis und so, ist<br />

auch bissl was mit Dekorieren etwas Kreatives. Auch also, auch ein bissl<br />

Richtung Konditor.“ (Z. 141-150)<br />

Zum Ausdruck kommt die Herausbildung berufsspezifischer Interessen<br />

aufgrund von Lernerfahrungen und Selbstbeobachtungen gemäß lerntheoretischer<br />

Ansätze der Berufswahl.<br />

9.6 Engagement für die berufliche<br />

Orientierung<br />

Ausgehend davon, dass sich der Großteil der Mädchen und Jungen in der<br />

Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe bereits mit der Berufswahl<br />

beschäftigt und eine Reihe von Informations- und Beratungsangeboten genutzt<br />

hat, war zu erwarten, dass die Ergebnisse der Skala Berufswahlengagement<br />

gleichfalls die Bereitschaft der Jugendlichen zur Auseinandersetzung<br />

mit ihrer beruflichen Zukunft widerspiegeln. Um die Antworten der<br />

Jugendlichen auf negativ formulierte Aussagen, wie „Was meine Berufswahl<br />

angeht, so wird sich dies früher oder später von selbst ergeben.“ oder<br />

„Es ist für mich nicht so wichtig, für welchen Beruf/welches Studium ich<br />

mich entscheide, da ich später noch immer wechseln kann.“ auch mit weiteren<br />

Subskalen der Erhebung vergleichen zu können, wurden die Items<br />

für die nachfolgenden Auswertungen gegensinnig belegt und umkodiert.<br />

Die Mittelwertberechnungen zeigen, dass den Aussagen, welche auf die Bereitschaft<br />

zur Auseinandersetzung mit der Berufswahl abzielen, in den Untersuchungsgruppen<br />

erwartungsgemäß eher zugestimmt wird (�IG-Pre =<br />

243


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

3,30; �IG-Post = 3,05; �KG-Pre = 3,37; �KG-Post = 3,28; vgl. Anhang 20). Im Pretest<br />

ist die Bereitschaft zur Beschäftigung mit der Berufswahl bei den Jugendlichen,<br />

welche die Orientierungsmaßnahme ‚JobGalaxy Future’ nutzen<br />

am ausgeprägtesten (�IG-Pre = 3,52) und alleinig höher als in der Kontrollgruppe.<br />

Während die Mädchen, die ausschließlich von der schulischen Berufsorientierung<br />

profitierten, ein höheres Engagement offenbaren als die<br />

Jungen, sind die Ergebnisse innerhalb der Interventionen, bei denen beide<br />

Geschlechter in die Untersuchung einbezogen werden konnten, konträr.<br />

Die generell geringste Zustimmung zu den Aussagen der Skala zum Berufswahlengagement<br />

geben die Mädchen in der ‚Schnupperlehre’ (�IG-Pre =<br />

2,68). Die Bedeutung, die der Berufswahlentscheidung beigemessen wird<br />

und der Eifer, in die Berufsorientierung zu investieren, sinkt vom Pretest<br />

zum Posttest bei den Schülerinnen und Schülern der Kontrollgruppe<br />

(-0,09) und der Mehrzahl der Interventionen. Ausschließlich der ‚Girls’Day’<br />

[B] (+0,31) wirkt bestärkend auf das berufliche Engagement seiner Teilnehmerinnen.<br />

Die deskriptiv erkennbaren unterschiedlichen Entwicklungen finden in der<br />

durchgeführten zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor<br />

ihre Bestätigung, sofern von inhomogenen Varianzen zum Zeitpunkt<br />

des Posttests abgesehen wird. Der Interaktionseffekt besitzt eine sehr hohe<br />

Signifikanz (p = 0,000). Bei Absenken des Signifikanzniveaus aufgrund der<br />

Varianzinhomogenität wird das strengere 1%-Niveau erreicht. 100 Der statistisch<br />

bedeutsame Unterschied wird jedoch durch seine niedrige Effektstärke<br />

relativiert. Die Interaktion von Gruppen- und Zeitfaktor klärt rund<br />

11% der Varianz auf. 101 Zusammenfassend ist demnach zu konstatieren,<br />

dass die Mehrzahl der befragten Jugendlichen zwischen den Messzeitpunkten<br />

an Berufswahlengagement verlor, Ursachen aber nur in geringem Maße in<br />

der Teilnahme an einer Orientierungsmaßnahme zu suchen sind. Welche<br />

Faktoren sind dann maßgeblich dafür, dass die Mädchen und Jungen der<br />

anstehenden Berufswahl mit mehr Gleichgültigkeit gegenübertreten? Im<br />

Rahmen der Follow-up-Befragung wurden von mehreren Jugendlichen<br />

zeitliche Aspekte zur Erklärung ihres individuellen Standes und Engagements<br />

im Berufsorientierungsprozess herangezogen. Mangelnde zeitliche<br />

Ressourcen hinderten zum einen an der Teilnahme an Einzelterminen von<br />

Interventionen, wie eine Gymnasiastin beschreibt:<br />

100 Im Posttest liegt die Signifikanz bei pPost = 0,001. Im Pretest zeigt der Levene Test auf Gleichheit<br />

der Fehlervarianzen in den Gruppen heterogene Varianzen, die deutlich nicht signifikant<br />

sind (pPre = 0,356).<br />

101 Während die Zugehörigkeit zu einer der Untersuchungsgruppen (unter Abstraktion vom Zeitraum<br />

zwischen Pre- und Posttest betrachtet) 7% der Varianz aufklärt und mit p = 0,001 signifikant<br />

ist, verantwortet der Zeiteffekt (unter Absehung von der Differenzierung der Gruppen) unter<br />

2% der Gesamtvarianz und ist auf dem 5%-Niveau signifikant.<br />

244


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Es gab dann, zwei Termine …, da hatte ich aber beide Male keine Zeit.<br />

Da war ich nicht da, oder so, also konnte das nicht wahrnehmen.“<br />

(Z. 15-17)<br />

Zum anderen spielen Zeitaspekte auch bezogen auf Bewerbungen eine Rolle.<br />

So antworteten eine Mittelschülerin und ein Mittelschüler auf die Frage,<br />

ob sie sich bereits für eine Berufsausbildung beworben haben:<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Zur Zeit nicht, weil, ja weil ich keine direkte Ausbildung jetzt machen<br />

will, sondern eher so ein BGJ oder so ähnlich und ja, das wollte ich jetzt<br />

so in den Ferien machen.“ (Z. 51-53)<br />

Schüler E (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’):<br />

„Das werd ich diese Ferien noch angehen. Aber ich hatte schon ein<br />

Praktikum, wie gesagt bei der CVAG und bei Autoteile Unger auch<br />

noch.“ (Z. 49-50)<br />

In Zusammenhang mit zeitlichen Aspekten nicht zu vernachlässigen ist<br />

darüber hinaus eine möglicherweise durch die Interventionen vermittelte<br />

Einsicht, dass in der jeweils aktuellen Phase der Berufsorientierung jeder/jedes<br />

Einzelnen schlichtweg nicht der richtige Zeitpunkt ist, um aktiver<br />

zu werden. Dies trifft vor allem zu, wenn bei den Jugendlichen klare Vorstellungen<br />

zum beruflichen Weg existieren, wie in der folgenden Aussage<br />

eines Teilnehmers, der seinen Zivildienst bzw. ein Freiwilligenjahr im Ausland<br />

und im Anschluss ein Studium plant, zum Ausdruck kommt:<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Studium geht ja erst mit dem Zeugnis Zwölfte. Also wäre dann<br />

nächstes Jahr erst. … Bewerbung für das freiwillige soziale Jahr läuft<br />

schon. Hab ich auch schon fertig. … Ist halt noch nicht so weit fortgeschritten,<br />

dass sie jetzt schon direkt die Plätze verteilen.“(Z. 61-63)<br />

Wie bereits festgestellt, löst die intensive Auseinandersetzung mit Fragen<br />

der Berufswahl nicht zwangsläufig die von Ermert und Friedrich beschriebene<br />

‚produktive Verunsicherung’ aus (vgl. Ermert, Friedrich 1990, S. 33;<br />

vgl. Kapitel 2.2), sondern mitunter Lethargie und Motivationsprobleme.<br />

Auch eine Resignation oder eine Übersättigung mit berufsorientierenden<br />

Themen könnten demnach die Ursache für ein verringertes Berufswahlengagement<br />

sein. Eine Gymnasiastin meint in der Follow-up-Erhebung in<br />

diesem Kontext:<br />

245


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

246<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Also, ich habe zu Hause den dicken Studienführer liegen und ich habe<br />

auch zu Hause so ein Heft übers FSJ, aber ich hab in beides noch nicht<br />

wirklich reingeguckt. Mir fehlt der Elan.“ (Z. 53-55)<br />

Die junge Frau plant, im Anschluss an ein Freiwilligenjahr zu studieren.<br />

Ihre Wunschstudiengänge sind vielseitig und reichen von Rechtswissenschaften<br />

über Psychologie bis zum Schauspiel. Jedoch verbindet sie jeden<br />

Studiengang mit einer Reihe von Bedenken und Zweifeln. Offenbar besteht<br />

für sie im Sinne differenzialpsychologischer Berufswahltheorien die Herausforderung,<br />

persönliche Eigenschaften Merkmalen von Berufe zuzuordnen<br />

und unter dem Aspekt einer langfristigen Berufslaufbahnplanung eine<br />

sinnvolle Entscheidung zu treffen.<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Naja, ich bin, ich hab immer son bisschen Angst […] Also, es interessiert<br />

mich schon einiges, aber zum Beispiel Jura, wird immer gesagt, ist<br />

sehr trocken und ich brauch eigentlich immer ein bisschen Power oder<br />

so. Schauspiel denk ich nicht, dass ich da das so weit bringe, dass ich<br />

richtig damit was anfangen kann und für mein Leben lang. Und naja,<br />

Psychologie interessiert mich eigentlich auch, aber ich weiß, dass ich jemand<br />

bin, ders mit nach Haus nimmt, also könnte ich es eigentlich rein<br />

theoretisch auch nicht machen.“ (Z. 29-35)<br />

Vor dem Hintergrund dieses Beispiels wird im Kapitel 9.9 überprüft, inwiefern<br />

zwischen der Sicherheit und Entschiedenheit im Orientierungsprozess sowie<br />

dem Berufswahlengagement eine Wechselbeziehung besteht.<br />

9.7 Berufswahlbezogene Wertorientierungen<br />

und Einstellungen<br />

Für die Berufswahl sind den Jugendlichen zum Zeitpunkt des Pretests und<br />

des Posttests vor allen Dingen ein geringes Risiko der Arbeitslosigkeit sowie<br />

eine gute Bezahlung wichtig. Die beruflichen Möglichkeiten erfahren<br />

demnach, wie es allokationstheoretische Ansätze implizieren, durch ökonomische<br />

Einflüsse eine Einschränkung. Etwa 90% 102 der Jugendlichen in<br />

der Interventions- und in der Kontrollgruppe stimmen diesen Kriterien für<br />

die Berufswahl zu (vgl. Anhang 21). Die schlechte wirtschaftliche Lage und<br />

die eigene finanzielle Unabhängigkeit stellen demnach die Hauptsorgen un-<br />

102 Integriert sind hier die Antworten auf die Merkmalsausprägungen ‚stimmt eher’ und ‚stimmt<br />

genau’.


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

ter den Mädchen und Jungen dar, die sie mit vielen Gleichaltrigen teilen<br />

(vgl. Leven et al. 2010, S. 117). In diesen Faktoren kommt ein starkes Bedürfnis<br />

nach Sicherheit zum Ausdruck. Dahinter stehen der Nutzen des<br />

Berufes für die Gesellschaft, Anerkennung und Achtung im Beruf sowie<br />

der Wunsch nach Aufstieg und Karriere etwas zurück, werden aber noch<br />

von wenigstens 70% der Jugendlichen als wichtig erachtet. Ein differenzierter<br />

Blick auf die Interventionsgruppen zeigt, dass die Einstellungen der Jugendlichen<br />

gegenüber diesen berufsbezogenen Kriterien außer im Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’ zum Teil größeren Schwankungen unterlagen,<br />

wobei deren Richtung von Maßnahme zu Maßnahme verschieden<br />

ist. Die Schülerinnen und Schüler sind demnach in ihren Werteorientierungen<br />

flexibel und zeigen sich gegenüber Impulsen von außen offen. Die geschlechterspezifische<br />

Betrachtung lässt besonders starke Veränderungen<br />

bei der Karriereorientierung der Interventionsteilnehmerinnen erkennen.<br />

Der Wunsch nach Aufstieg verringerte sich zwischen den Befragungszeitpunkten<br />

deutlich (-15%). Denkbar ist, dass die Interventionen bei den<br />

jungen Frauen den Eindruck hinterlassen haben, Beruf und Familie lassen<br />

sich in den vorgestellten Ausbildungsberufen bzw. Studiengängen nicht<br />

vereinbaren. Kinder bedeuten offensichtlich für sie, nicht aber für die<br />

männlichen Gleichaltrigen, ein Karrierehindernis, und eben dies wird von<br />

ihnen antizipiert, was wiederum für Allokationsprozesse spricht. Bestätigt<br />

wird diese Annahme im Follow-up-Interview mit einer Interventionsteilnehmerin,<br />

die ihre Ansprüche an eine Ausbildung so beschreibt:<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Erstens es muss Spaß machen. Also ich muss auch nach einem Jahr<br />

Ausbildung immer noch Spaß an dem Beruf haben, und auch gerne machen.<br />

Und körperliche Belastung, also es darf halt mich nicht kaputt machen<br />

der Beruf. Ich möchte auch Zeit haben für Familie oder wenn ich<br />

halt Familie gründen will, Familie, für Freunde, Freundeskreis Zeit haben.<br />

Und so als Koch hat man am Wochenende keine Zeit. Hab ich<br />

auch gemerkt. Ich hab zwei Wochen habe ich Praktikum gemacht in der<br />

Küche.“ (Z. 43-48)<br />

Signifikante Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen sind bei<br />

den aufstiegs-, sicherheits- und gesellschaftsbezogenen Kriterien ‚Aufstieg<br />

und Karriere’, ‚Nutzen für Gesellschaft’, ‚gute Bezahlung’, etc. jedoch lediglich<br />

bezogen auf Veränderungen in der Einstellung zum Item „Mein<br />

Beruf soll ein geringes Risiko haben, dass ich arbeitslos werde.“ zu finden<br />

(p = 0,012). Die nach schließender Statistik stärksten Veränderungen in der<br />

Zustimmung zur genannten Aussage weisen das Schnupperpraktikum<br />

247


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

‚Konditorei/Verkauf’ (MRIG = 174) und der ‚Girls’Day’ [S] (MRIG = 168)<br />

auf. Die Kontrollgruppe folgt mit einem mittleren Rangplatz von MRKG =<br />

147 (vgl. Anhang 22). 103<br />

Neben den genannten aufstiegs-, sicherheits- und gesellschaftsbezogenen<br />

Einstellungen wurden mit weiteren Fragen die geschlechtstypische Orientierung<br />

bei der Berufswahl sowie die Akzeptanz von Gleichstellung, d. h.<br />

die Einstellung zum Verhältnis zwischen Geschlecht und Berufswelt ermittelt.<br />

Zu den beiden Messzeitpunkten zeichnet sich eine relativ homogene<br />

Beantwortung der Fragen zur Thematik der Gleichstellung als auch der<br />

Geschlechtsorientierung durch die Jugendlichen in der Interventions- und<br />

der Kontrollgruppe ab. Items, in denen Gleichstellung bejaht und Geschlechtsorientierung<br />

verneint wird, finden Zustimmung durch die Schülerschaft,<br />

währenddessen traditionelle Denkweisen in Bezug auf die beiden<br />

Aspekte abgelehnt werden. Beachtenswert ist jedoch, dass sich diese Negierung<br />

vom Pretest zum Posttest bei einzelnen Fragen verringerte und die<br />

Jugendlichen sich stärker mit der Geschlechtsorientierung vereinbarten<br />

bzw. Gleichstellung nicht mehr in gleicher Weise für sich interpretierten.<br />

So wurde den Items „Ich finde, dass Frauen einen Beruf wählen sollten, in<br />

dem viele Frauen arbeiten. Männer sollten hingegen Berufe wählen, die<br />

überwiegend von Männern ausgeübt werden.“ und „Ich denke, für einen<br />

Mann ist beruflicher Erfolg wichtiger als für eine Frau.“ deutlich stärker<br />

und maßgeblich, aber nicht nur, von Jungen zugestimmt. Hervorzuheben<br />

ist hier das Orientierungsangebot ‚Schnupperlehre’, bei dem die Bestätigung<br />

der beiden Aussagen um bis zu 60% stieg.<br />

Mögliche Ursachen für die Einstellungsänderungen könnten in der Dominanz<br />

von männlichen Auszubildenden und Ausbildern in den Orientierungsmaßnahmen,<br />

die im technischen Bereich angesiedelt waren, zu suchen<br />

sein. Die institutionellen Bedingungen unter denen die Interventionen stattfinden,<br />

spiegeln ein traditionelles Rollenverständnis wider, an dem sich die<br />

103 Bei der Berechnung der Differenzwerte und der Durchführung des Kruskal-Wallis-Tests wurden<br />

nur Interventionen mit wenigstens acht Fällen einbezogen. Bei Berücksichtigung nur der Interventionen<br />

mit einer Fallzahl höher 15, erhöht sich die Signifikanz auf p < 0,002. Beim eingesetzten<br />

Berechnungsmodell unberücksichtigt bleiben die Niveauunterschiede, die schon zum<br />

Zeitpunkt des Pretests in den Untersuchungsgruppen bestanden. Alle Antwortvorgaben der<br />

ordinalskalierten Skala von ‚stimmt genau’ bis ‚stimmt nicht’ einbezogen, haben die mittleren<br />

Rangplätze der Gruppen eine Spannweite von MRIG = 92 bis MRIG = 174. Die Ergebnisse der<br />

Analyse der Häufigkeiten und des Kruskal-Wallis-Tests der Differenzwerte zwischen den Messzeitpunkten<br />

sind nicht vergleichbar, da im ersten Fall zum einen die Antwortmöglichkeiten<br />

‚stimmt genau’ und ‚stimmt eher’ zusammengefasst wiedergegeben sind. Änderungen im Antwortverhalten<br />

bei diesen beiden Niveaustufen sind demnach nicht ablesbar. Zum anderen sind<br />

ablehnende Meinungsäußerungen nicht abgebildet. Beides findet aber im zweiten Fall Beachtung.<br />

248


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Jungen und Mädchen im Ergebnis sozialer Lernprozesse oder von Allokation<br />

möglicherweise bewusst oder unbewusst orientieren. Gegenüber den<br />

Aussagen „Ich finde, dass Frauen einen Beruf wählen sollten, in dem viele<br />

Frauen arbeiten. Männer sollten hingegen Berufe wählen, die überwiegend<br />

von Männern ausgeübt werden.“ und „Ich denke, für einen Mann ist beruflicher<br />

Erfolg wichtiger als für eine Frau.“ integrierten andere Items Positionen,<br />

die eher als Option, denn als Verbindlichkeit formuliert waren (z. B.<br />

„Frauen sollten auch traditionell männliche Berufe wie z. B. Ingenieur oder<br />

Informatiker wählen.“). Es lässt sich mutmaßen, dass die Jugendlichen<br />

Gleichstellung zwar akzeptieren und generell nichts gegen die ‚Ausnahme<br />

von der Regel’ einzuwenden haben, letztendlich aber dennoch zum klassischen<br />

Weg tendieren. Selbst dann, wenn Jugendliche bereits vor der Teilnahme<br />

an einer Intervention eigene Erfahrungen in frauen- bzw. männeruntypischen<br />

Berufsfeldern sammeln konnten und die Intervention als Bestärkung<br />

erleben, einen geschlechtsuntypischen Beruf zu wählen, wird eine<br />

mit dem Rollenbild in Konformität stehende Alternative mitgedacht. So<br />

meint ein Mädchen in der Follow-up-Befragung, die am ‚Girls’Day’ [B]<br />

teilnahm:<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Naja, ich sag mal durch die Teilnahme bei dem Girls’Day ist halt mehr<br />

der Beruf KFZ-Mechatronikerin in den Vordergrund gerutscht. Ja, aber<br />

warum sollen Mädchen nicht so einen Beruf machen, wie Männer zum<br />

Beispiel? Also ich finds, ich finds richtig.“ (Z. 103-106)<br />

„Viele … getrauen sich ja auch nicht so einen Männerberuf zu machen.<br />

Aber dort [beim ‚Girls’Day’ – Anm. d. Verf.] haben sie ja gesagt, das es<br />

was Normales ist und von daher denk ich auch mal, so, dass es nichts<br />

Schlimmes sein sollte, wenn man da halt als Mädchen, irgendwo arbeitet<br />

… Ja, also ich fand es sehr motivierend.“ (Z. 132-136)<br />

„Ich hab schon vorher [vor der Teilnahme am ‚Girls’Day’ – Anm. d.<br />

Verf.] immer so gedacht, so technisch. Weil meine Eltern haben eine<br />

Firma und seit meinem siebenten Lebensjahr mach ich da halt mit immer.<br />

Und ja, ich fand das schon vorher total genial. Ja, aber halt es wurde<br />

immer drauf eingeredet: Du als Mädchen, das geht doch nicht. Und<br />

[da] ab ich gesagt, ne es geht doch. Und ja es geht eben. Ja, ich find es<br />

nichts Schlimmes und es ist ein Beruf wie Friseuse oder was weiß ich.<br />

Beruf ist Beruf.“ (Z. 179-184)<br />

Zum Zeitpunkt des Interviews schwankt die Schülerin zwischen einer<br />

technischen und einer erzieherischen Berufsausbildung, was letztendlich<br />

wohl auch aus den von ihr so prägnant zum Ausdruck gebrachten Interaktionsprozessen<br />

mit ihrem sozialen Umfeld resultiert. Es zeigt sich, dass das<br />

249


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Wissen um die eigenen Fähigkeiten gepaart mit der Unterstützung bzw.<br />

Toleranz durch die Familie, durch Gleichaltrige und im weiteren Beziehungsgefüge<br />

eine wesentliche Rolle spielen, wenn es darum geht, die Orientierung<br />

auf eine Ausbildung oder ein Berufsfeld aufrecht zu erhalten und<br />

umzusetzen. Gerade eine geschlechtsuntypische Berufswahl kann enormen<br />

sozialen Druck nach sich ziehen, sowohl dem Beruf, als auch dem Geschlecht<br />

gerecht zu werden. Um innere Konflikte zu vermeiden ist einerseits<br />

die eigene Geschlechterrolleneinstellung, als auch die Einstellung des<br />

sozialen Umfeldes wichtig (vgl. Sobiraj et al. 2010, S. 136 f.). Fördernd ist<br />

daher, wie das Beispiel belegt, wenn Modelle moderner Berufstätigkeit von<br />

Frauen und Männern nicht als Besonderheit, sondern als ‚Normalität’ und<br />

Selbstverständlichkeit Integration in didaktisches Handeln im Feld der Berufsorientierung<br />

und generell in den pädagogischen Alltag finden. Parallel<br />

ist die Konstanz und ‚Robustheit’ geschlechtsspezifischer Berufsorientierungen<br />

im Blick zu behalten, denn sie verweist auf eine Tiefendimension<br />

kultureller Leitbilder und sozialisatorischer Prägung, die im Widerspruch zu<br />

vordergründigem pädagogischen Steuerungsillusionen steht.<br />

Es ist zu resümieren, dass die Orientierungsmaßnahmen Änderungen in<br />

den geschlechts- und gleichstellungsorientierten Einstellungen bewirkten,<br />

wiewohl diese nicht zwingend mit den eigentlichen Intentionen der Interventionen<br />

in Konformität stehen. Neben den deskriptiven Auswertungen<br />

belegt der Kruskal-Wallis-Test der Differenzwerte signifikante Unterschiede<br />

zwischen den Untersuchungsgruppen bezogen auf Einstellungsänderungen<br />

bei fünf der sieben Items zur Gleichstellung und Geschlechtsorientierung.<br />

Auffällig sind hierbei die ‚Schnupperlehre’ und der ‚Girls’Day’ [B].<br />

Wie die tabellarische Übersicht im Anhang 22 wiedergibt, besitzen die beiden<br />

Interventionen abwechselnd den höchsten bzw. niedrigsten Wert, d. h.<br />

sie weisen die stärkste Stabilität oder Veränderung auf. Jedoch ist zu beachten,<br />

dass bei einem hohen Ausgangsniveau der Zustimmung zu den einzelnen<br />

Items im Pretest nur wenig Spielraum für Steigerungsmöglichkeiten im<br />

Posttest (und damit hohe mittlere Rangplätze) bestehen.<br />

Ergänzend zu den dargelegten Kriterien wurde mit der Skala Selbstverwirklichung<br />

das Streben nach sinnstiftenden Tätigkeiten und nach Umsetzung<br />

von familiären und freizeitbezogenen Interessen thematisiert. An den Mittelwerten<br />

der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe im Pretest und<br />

im Posttest ist abzulesen, dass der Wunsch nach Selbstverwirklichung bei<br />

den Jugendlichen ausgeprägt ist (vgl. Anhang 23). Die Werte verringerten<br />

sich zwischen den Messzeitpunkten geringfügig (IG: - 0,07; KG: - 0,04).<br />

Die Unterschiede zwischen den Interventionsgruppen sind gering. Rein deskriptiv<br />

gesehen, sind voneinander abweichende Entwicklungen in den Un-<br />

250


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

tersuchungsgruppen erkennbar. Die Ergebnisse der zweifaktoriellen Varianzanalyse<br />

mit Messwiederholungsfaktor zeigen jedoch, dass die Differenzen<br />

zwischen den Gruppen, der Zeiteffekt, wie auch die Interaktion zwischen<br />

den Gruppen und dem Faktor Zeit nur maximal 3,5% der Varianz<br />

aufklären und jeweils nicht signifikant sind. Die Mittelwertunterschiede<br />

können demnach das Resultat von Zufallsschwankungen statt der Interventionen<br />

sein.<br />

9.8 Interesse an Berufsfeldern und<br />

Ausbildungswünsche<br />

Innerhalb des Pretests wurde auch das Interesse der Schülerinnen und<br />

Schüler an verschiedenen Berufsfeldern erfragt. Die insgesamt 27 vorgegebenen<br />

Bereiche sind in den Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe<br />

heterogen aufgenommen worden. Während die Mädchen insbesondere die<br />

Berufsfelder ‚Musik, Bewegung, Sport’, ‚Nahrung’ und ‚Gastronomie’ präferierten,<br />

zielte die Wissbegierde der Jungen auf die Gebiete ‚Informatik’<br />

und ‚Metall, Maschinen’. In Gegenüberstellung der durch die Interventionen<br />

vorrangig thematisierten Berufsbereiche und die Interessenschwerpunkte<br />

der Teilnehmenden der Orientierungsangebote zeigen sich nur teilweise<br />

Übereinstimmungen. Lediglich bei den Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

und ‚Konditorei/Verkauf’ äußern beide Geschlechter ein<br />

mehrheitliches Interesse an adäquaten Berufsbereichen, wie ‚Fahrzeuge’<br />

und ‚Nahrung’. Bei der ‚Schnupperlehre’ interessierten sich die Jungen für<br />

die Berufsfelder ‚Elektrotechnik’ und ‚Metall, Maschinen’ also jene, die mit<br />

dem inhaltlichen Fokus der Intervention auf metalltechnische und elektrotechnische<br />

Berufe konform gehen (vgl. Anhang 24). Dahingegen bestand<br />

von Seiten beider Geschlechter geringes Interesse an den ebenfalls in das<br />

Orientierungsangebot integrierten Informationen zu Berufen der ‚Planung,<br />

Konstruktion’ sowie ‚Verwaltung, Wirtschaft’. Die bevorzugten Berufsbereiche<br />

weisen darauf hin, dass eine Annäherung von Mädchen an männerdominierte<br />

und von Jungen an frauendominierte Berufe noch wenig realisiert<br />

ist. Fraglich ist, ob die Jugendlichen tatsächlich Orientierungsmaßnahmen<br />

besuchen, welche inhaltlich auf Berufsfelder abzielen, für die sie<br />

nicht begeistern, oder ob einzelne Berufsfelder nur deshalb in den Antworten<br />

keine Berück-sichtigung fanden, weil sie zu abstrakt formuliert waren<br />

und nicht dem Vorstellungsvermögen der Jugendlichen entsprachen. Antwort<br />

liefern die konkreten Berufs- und Studienwünsche, welche die Mädchen<br />

und Jungen äußerten. Die Teilnehmenden der Befragung waren aufgefordert,<br />

bis zu drei Wunschausbildungen anzugeben. Der Großteil der<br />

Mädchen und Jungen in den Interventionsgruppen nahm im Pretest zwei<br />

konkrete Benennungen vor (37%), gefolgt von Jugendlichen, die drei (23%)<br />

251


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

oder keinen beruflichen Wunsch formulierten (22%, vgl. Anhang 25). Ein<br />

ähnliches Verhältnis ist in der Kontrollgruppe vorzufinden, wenngleich der<br />

Anteil derjenigen Schülerinnen und Schüler ohne einen Wunschberuf oder<br />

ein Wunschstudium hier nur etwa 10% einnimmt. Die Abweichungen in<br />

den Gruppen sind nicht signifikant, d. h. es lässt sich nicht schlussfolgern,<br />

dass Jugendliche ohne einen Berufs- oder Studienwunsch häufiger eine<br />

Orientierungsmaßnahme nutzen, als Gleichaltrige mit konkreten beruflichen<br />

Vorstellungen. Der höhere Anteil derjenigen, die bereits greifbare<br />

Wünsche haben, ist vielmehr auf das Gros der Mädchen und Jungen zurückzuführen,<br />

die sich zum Zeitpunkt des Pretests bereits mit der Berufswahl<br />

auseinandergesetzt haben. Jugendliche, die sich zum ersten Messzeitpunkt<br />

noch nicht mit ihrer beruflichen Zukunft befassten, haben signifikant<br />

häufiger noch keine Wunschausbildung. 104 Die Analyse derjenigen Jugendlichen,<br />

bei denen sich noch kein konkretes Berufsbild manifestiert hat,<br />

zeigt, dass es sich hierbei vor allem um Mädchen und Jungen handelt, welche<br />

in der achten oder neunten Klasse lernten und den Realschulabschluss<br />

anstrebten bzw. die eine neunte oder zehnte Klasse besuchten und die<br />

Schule mit dem Abitur verlassen wollten. In den Interventionsgruppen<br />

überwiegt leicht und nicht signifikant der Anteil der Mädchen, welche noch<br />

beruflich unentschieden sind, während es in der Kontrollgruppe die Jungen<br />

sind. Mit Beendigung der Orientierungsangebote verfügt die Hälfte der Jugendlichen,<br />

die im Pretest noch keine Wunschausbildung benannte, über<br />

wenigstens einen Favoriten, während es bei den Schülerinnen und Schülern,<br />

die keine Intervention wahrnahmen diesbezüglich so gut wie keine<br />

Veränderungen gab. Das Verhältnis derjenigen in der Interventions- und<br />

der Kontrollgruppe ohne berufliche Vorstellungen hat sich demnach angeglichen<br />

und liegt nun bei 11% (KG) bzw. 13% (IG). Alle Interventionen<br />

zusammen betrachtet ist dieses Ergebnis maßgeblich den Mädchen zuzuschreiben.<br />

Die am häufigsten genannten Berufswünsche bestätigen zum einen die geschlechtsspezifischen<br />

Wünsche nach technischen Berufen bei den Jungen<br />

und zum anderen die nach sozialen und kommunikativen bei den Mädchen<br />

(vgl. Tabelle 13). 105 Übereinstimmend begeistern sich die weiblichen Befragten<br />

der Interventions- und der Kontrollgruppe sehr stark für die Be-<br />

104 Mittels Chi 2-Test wurden standardisierte Residuen = 3,0 sowie statistisch signifikante Verteilungsunterschiede<br />

auf dem 5%-Niveau ermittelt (Chi 2 nach Pearson).<br />

105 In die Auswertung wurden alle von den Befragten angegebenen Wunschberufsausbildungen<br />

und -studiengänge, unabhängig von der Reihenfolge ihrer Nennung, aufgenommen und in eine<br />

Rangordnung gebracht. Zum Teil wurden die Angaben der Jugendlichen in korrigierter Form<br />

verarbeitet, dass heißt es wurde statt des Wortlautes der Jugendlichen die offizielle Berufsbezeichnung<br />

verwendet. Beispielhaft sind die von den Mädchen favorisierten Berufsausbildungen<br />

zur Erzieherin bzw. Gesundheits- und Krankenpflegerin zu nennen, die u. a. als Kindergärtnerin<br />

und Krankenschwester niedergeschrieben wurden.<br />

252


Tabelle 13: Am häufigsten genannte Wunschausbildungen der Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe im Pre- und Posttest (Mehrfachantworten<br />

in Form einer Rangliste möglich)<br />

III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

253


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

rufsfachschulausbildung zur Erzieherin. Es folgen die betrieblichen Berufsausbildungen<br />

zur Restaurantfachfrau, zur Konditorin und zur Hotelfachfrau<br />

bei den jungen Frauen in den Orientierungsmaßnahmen und zur<br />

Gesundheits- und Krankenpflegerin (schulische Berufsausbildung) sowie<br />

zur Verkäuferin (betriebliche Berufsausbildung) bei den Schülerinnen ohne<br />

Intervention. Bei den Jungen sind die drei am häufigsten genannten<br />

Wunschberufsausbildungen, wenngleich mit unterschiedlicher Rangfolge<br />

versehen, identisch.<br />

Oowohl in der Interventionsgruppe als auch bei der Kontrollgruppe gaben<br />

die Befragten die dualen Berufsausbildungen zum Kraftfahrzeugmechatroniker<br />

zum Mechatroniker und zum Tischler an. In der Kontrollgruppe<br />

wurde neben der Tischlerausbildung mit gleicher Häufigkeit die Berufsausbildung<br />

zum Zerspanungsmechaniker und zum Kaufmann im Einzelhandel<br />

notiert. Die Prioritätensetzung lässt sich bis auf den Ausbildungsberuf<br />

Konditor/in demnach nicht mit den inhaltlichen Schwerpunkten in den Interventionen<br />

erklären.<br />

Die im Kapitel 2.1 beschriebene Orientierung Jugendlicher auf ein eingeschränktes<br />

Spektrum an Ausbildungen spiegelt sich in diesen Angaben<br />

wider. Alle genannten betrieblichen Wunschberufsausbildungen finden sich<br />

auch in der Liste der deutschlandweit zwanzig am stärksten besetzten Ausbildungsberufe<br />

(vgl. Anhang 1 f.). Hinsichtlich der Studiengänge ist ein analoges<br />

Bild vorzufinden. Bis auf das Studium der Journalistik bei den Jungen<br />

stimmen alle von den Jugendlichen benannten Studienrichtungen mit dem<br />

bundesweiten ‚Berufswahlmuster’ überein. Bei beiden Geschlechtern der<br />

Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe rangiert das Studium der<br />

Medizin auf dem ersten Platz. Die Mädchen favorisieren des Weiteren u. a.<br />

das Studium der Erziehungswissenschaft (Pädagogik) und der Rechtswissenschaft,<br />

die Jungen das der Informatik und des Maschinenbaus.<br />

Auffällig bei den Nennungen der Jugendlichen ist der insgesamt hohe Differenzierungsgrad<br />

in Bezug auf die Berufswünsche. Wenn auch nicht bis<br />

ins letzte Detail den offiziellen Berufsbezeichnungen entsprechend, benennen<br />

beide Geschlechter fast ausschließlich konkrete und gemessen an ihren<br />

Voraussetzungen (z. B. angestrebter Schulabschluss) passende Berufe. So<br />

führten z. B. Schülerinnen und Schüler, welche die Schule ohne Abschluss<br />

oder mit einem Hauptschulabschluss verlassen wollen, in der Regel keinen<br />

Berufswunsch an, der ein Hochschulstudium erfordert. Gleichfalls sind<br />

keine Selbstexklusionseffekte zu beobachten. D. h. Mädchen und Jungen,<br />

welche die Schule beispielsweise ohne Abschluss oder mit einem Hauptschulabschluss<br />

verlassen wollten und deren Notendurchschnitt in den<br />

Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch schlechter als ‚befriedi-<br />

254


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

gend’ war, schlossen sich nicht selbst von Berufen aus, deren Zugangsvoraussetzungen<br />

mindestens einen guten Hauptschulabschluss erfordern und<br />

legitimierten dies vor dem Hintergrund ihrer erreichten persönlichen<br />

Leistung. Kein Jugendlicher mit den genannten Bildungsvoraussetzungen<br />

nannte einen Werkerberuf nach §66 BBiG und §42m HwO. Nur in wenigen<br />

Fällen wurden Berufsbezeichnungen so abstrakt formuliert wie diese<br />

Benennungen: „etwas mit Kindern, im Büro“ (Mittelschülerin, 8. Klasse,<br />

KGPre) oder „irgendetwas mit Design (Kunst), was mit Menschen, Grafik“<br />

(Mittelschülerin, 8. Klasse, IGPre). Ebenso war das Wissen um mögliche<br />

Berufsausbildungen so groß, dass nur wenige nicht zwischen Aus- und<br />

Weiterbildungen zu unterscheiden vermochten. So sind beispielsweise auch<br />

die Weiterbildungsberufe Nageldesigner/in und Solartechniker/in als<br />

Wunschausbildungen benannt worden.<br />

Zurückblickend auf die festgestellte teilweise mangelhafte Übereinstimmung<br />

zwischen Interessen an spezifischen Berufsfeldern und den innerhalb<br />

der Interventionen thematisierten beruflichen Bereiche schreibt sich bezogen<br />

auf die konkreten Wunschberufe der Jugendlichen in den Interventionen<br />

ein analoges Bild fort. Wie auch bei den Berufsbereichen decken sich<br />

bei den Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und ‚Konditorei/Verkauf’<br />

sowie der ‚Schnupperlehre’ die genannten Wunschberufe gut<br />

mit den thematischen Schwerpunkten der Interventionen. Bezogen auf das<br />

Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’ nennen 80% der in die Evaluationsstichprobe<br />

einbezogenen Jugendlichen einen adäquaten Beruf106, beim Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ sind es 75% und bei der<br />

‚Schnupperlehre’ 65%. Dahingegen liegen die Übereinstimmungen bei den<br />

‚JobGalaxy’-Orientierungsmaßnahmen bei unter 35% und bei den ‚Girls’<br />

Day’-Interventionen bei unter 25%. Nur eine geringe Anzahl von Jugendlichen<br />

führte demnach einen Wunschausbildung mit inhaltlichem Bezug<br />

zur jeweiligen Intervention an (z. B. Berufe aus dem Bereich der Metalltechnik,<br />

Kraftfahrzeugtechnik, Bau/Ausbau, Elektrotechnik, Mechatronik,<br />

Informatik, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik beim ‚Girls’Day’ [B]; vgl.<br />

Anhang 5). Die befragten Mädchen und Jungen nutzen folglich tatsächlich<br />

106 Als adäquate Berufe bezogen auf das Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’ werden neben<br />

dem Berufsbild Kraftfahrzeugmechatroniker/in, z. B. der ebenso in der Orientierungsmaßnahme<br />

vorgestellte alternative Beruf des/der Zweiradmechanikers/in eingeordnet. Beim<br />

Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ gilt dies für die Berufe Konditor/in, Bäcker/in und<br />

Verkäufer/in. Bei den weiteren Interventionen fanden die Berufe Beachtung, die in Übereinstimmung<br />

mit den anvisierten Berufen und Berufsfeldern standen. Bei der ‚Schnupperlehre’ sind<br />

dies beispielsweise Berufe aus den Bereichen Metalltechnik, Elektrotechnik, Technisches Zeichnen/Bauzeichnen,<br />

Elektropneumatik, Mechatronische Systeme, CNC-Technik, Photovoltaik,<br />

Verwaltung.<br />

255


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Orientierungsmaßnahmen, welche inhaltlich auf Berufsfelder abzielen, für<br />

sie sich teilweise (noch) nicht begeistern können, wie das folgende Beispiel<br />

eines Teilnehmers der ‚Schnupperlehre’ belegt:<br />

256<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

„Ich hab im Internet schonmal bei der Bahn recherchiert. Die haben<br />

ganz interessante Berufe. Zum Beispiel klingt zwar jetzt simpel, aber<br />

Lokführer war ganz gut. Was mich auch interessiert hätte, die Logistik,<br />

also Schenker und so. Das wär schon cool.“ (Z. 35-38)<br />

Seine Berufswünsche dürften in der Orientierungsmaßnahme erwartungsgemäß<br />

keine Resonanz gefunden haben. Dennoch gab er in der Follow-up-<br />

Untersuchung an, an der ‚Schnupperlehre’ teilgenommen zu haben, um Inhalte<br />

und Anforderungen in Ausbildungen kennenlernen zu können. Diese<br />

Motivation teilt er mit mehr als der Hälfte der im Pretest befragten Jugendlichen<br />

(vgl. Kapitel 9.3). Offensichtlich ist die eingeschränkte Begeisterung<br />

für bestimmte Berufsfelder und adäquate Ausbildungen in Verbindung mit<br />

der Absicht, mehr über deren Inhalte und Anforderungen zu erfahren für<br />

die Interventionsteilnehmer keineswegs ein Widerspruch, sondern vielmehr<br />

eine Entscheidungshilfe im Orientierungsprozess.<br />

Um zu prüfen, inwieweit sich im Zeitverlauf das Interesse der Jugendlichen<br />

an Berufsfeldern entwickelt hat, wurden sie gefragt, ob ihre diesbezügliche<br />

Wissbegierde durch Anstieg, Konstanz oder Abnahme geprägt ist. 107 Von<br />

Bedeutung im Kontext der Fragestellung der Arbeit ist dabei vor allem der<br />

Interessenzuwachs in den Berufsfeldern, die durch die Orientierungsmaßnahmen<br />

in den Blickpunkt gerückt wurden. Festzustellen ist, dass alle<br />

Jugendlichen, gleichgültig ob sie an einer Orientierungsmaßnahme teilnahmen<br />

oder nicht, über ein gestiegenes Interesse in den zentralen Berufsfeldern<br />

berichten. Der prozentuale Anteil liegt in den Interventionsgruppen,<br />

außer im Bereich ‚Wirtschaft und Verwaltung’, stets höher als in der Kontrollgruppe<br />

und beträgt bis zu 25% (vgl. Anhang 26). Bezogen auf die einzelnen<br />

Interventionen zeigen die Jugendlichen vielmehr einen breit gestreuten<br />

als einen punktuell auf einzelne Berufsfelder ausgerichteten Interessenanstieg.<br />

Dies resultiert zum Teil daraus, dass durch die Interventionen ein<br />

breites Feld von Berufsgruppen und Arbeitsfeldern angesprochen wurde<br />

(z. B. ‚Schnupperlehre’). Demgegenüber bringen die Schülerinnen und<br />

Schüler, welche die Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und ‚Kon-<br />

107 Die konkrete Frage lautete in den Interventionsgruppen „Wie hat sich Dein Interesse an den<br />

folgenden Berufsfeldern durch Deine Teilnahme am Aktionstag/am Projekt entwickelt?“ und in<br />

den Kontrollgruppen „Wie hat sich Dein Interesse an den folgenden Berufsfeldern seit unserer<br />

ersten Befragung im Januar 2008/Februar 2008 entwickelt?“.


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

ditorei/Verkauf’ nutzen, also Angebote die sich auf einzelne Berufsfelder<br />

konzentrierten, einen relativ punktgenauen Interessenzuwachs in den<br />

Zweigen ‚Fahrzeuge’ und ‚Elektrotechnik’ bzw. ‚Nahrung’ und ‚Verkauf’<br />

zum Ausdruck.<br />

Die innerhalb des Posttests angegebenen Wunschausbildungen belegen<br />

Veränderungen in den präferierten beruflichen Wünschen. Diese gehen<br />

aber überwiegend nicht mit der intendierten Richtung der Orientierungsmaßnahmen<br />

konform. Hinzu kommt, dass sich auch das Interesse an im<br />

Pretest bevorzugten und durch die Maßnahmen thematisierten Berufen<br />

teilweise verringert. So benennen nunmehr beim Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’ nur noch 62% (-13%) und bei der ‚Schnupperlehre’<br />

55% (-10%) einen adäquaten Wunschberuf. Bei den ‚JobGalaxy’-<br />

Orientierungsmaßnahmen (unter 35%) sowie bei den ‚Girls’Day’-<br />

Interventionen (unter 25%) ist der Zuspruch in etwa gleich geblieben. Lediglich<br />

die Jugendlichen, die das Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

nutzen, haben nach wie vor ein sehr starkes Interesse am Berufsbereich,<br />

das sich im Verlauf der Intervention von 80% auf 90% noch steigerte.<br />

Im Vergleich der Entwicklungen in den Interventionsgruppen und der<br />

Kontrollgruppe ist die Instabilität in den beruflichen Präferenzen kein spezifisches<br />

Resultat einzelner Orientierungsmaßnahmen. Vielmehr ist es teilgruppenübergreifend<br />

zu identifizieren. Auf direkte Nachfrage zum Einfluss<br />

der Orientierungsmaßnahmen auf ihre Berufsfindung gab jeder zweite<br />

Jugendliche der Interventionsgruppe und jeder dritte der Kontrollgruppe<br />

im Posttest an, nun zu wissen, welche Ausbildung auf keinen Fall für die<br />

individuelle Berufswahl relevant ist. Ein Interviewteilnehmer der Followup-Befragung<br />

formuliert in diesem Zusammenhang:<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

In der Orientierungsmaßnahme „musste man sich mit Metall befassen.<br />

Das hab ich schon als Ferienarbeit gemacht bei …, Elektro GmbH, weil,<br />

ich mach noch Ferienarbeit dort. Aber so richtig als zukünftiges Berufsleben<br />

könnte ich mir das nicht vorstellen. Weil, das ist nicht so mein<br />

Ding.“ (Z. 65-68)<br />

Das verringerte Interesse bei einzelnen Orientierungsangeboten ist grundsätzlich<br />

nicht negativ zu werten. Es deutet auf Lernprozesse hin, in deren<br />

Folge die Mädchen und Jungen ihr Selbst neu orientieren. Wenn Jugendliche<br />

nach dem Kennenlernen einzelner Berufe feststellen, dass diese nicht<br />

ihren Vorstellungen entsprechen und sich Berufswünsche in Konsequenz<br />

daraus auflösen, ist viel erreicht, um einem Berufsausbildungs- oder Studienabbruch<br />

zu einem späteren Zeitpunkt vorzubeugen. Jedoch ist kritisch<br />

257


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

anzumerken, dass die Zielstellung, Jugendliche für Berufe oder Berufsbereiche<br />

zu begeistern, denen diese bisher unvoreingenommen oder nicht<br />

aufgeschlossen gegenüberstanden, verfehlt wurde bzw. nicht so weit reichte,<br />

dass die Mädchen und Jungen ihre erstgenannte Wunschausbildung zugunsten<br />

dieser Berufe änderten (vgl. Anhang 27). Deutlich wird dies am<br />

Beispiel einer in der Follow-up-Erhebung befragten Teilnehmerin der Intervention<br />

‚JobGalaxy Future’:<br />

258<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Also, ich hatte weder vorher noch hab ich jetzt ein Bild. Es ist ziemlich<br />

lange her, also es ist nicht viel hängengeblieben. Ich weiß auch gar nicht<br />

mehr, was die da über das Ingenieurzeugs geredet haben. Aber es hat auf<br />

jeden Fall was mit Physik zu tun, das weiß ich.“ (Z. 74-77)<br />

Ich dachte, „dass ich dann hinterher genau weiß, was ich studieren will.<br />

Das war aber nicht.“ (Z. 97-98)<br />

In den sechs von sieben Orientierungsmaßnahmen, die auf das Kennenlernen<br />

technischer Berufe und Berufsfelder ausgerichtet waren, ergab die<br />

Gegenüberstellung der erstgenannten beruflichen Präferenz im Pre- und<br />

Posttest nur bei insgesamt 3% der Rezipienten eine Änderung von einem<br />

nichttechnischen in einen technischen Ausbildungswunsch oder von keinem<br />

in einen technischen Ausbildungswunsch. Dahingegen ist bei 21% im<br />

Zeitverlauf eine Korrektur von einem technischen in einen nichttechnischen<br />

Berufswunsch oder von keinem in einen nichttechnischen zu verzeichnen.<br />

Bei der Kontrollgruppe trifft dies nur auf 8% der Jugendlichen<br />

zu. 5% der Teilnehmenden an den Interventionen konnten in technischen<br />

Berufsfeldern umorientiert werden. Da dies jedoch auch bei nichttechnischen<br />

Wunschberufsausbildungen/Wunschstudiengängen der Fall war,<br />

sind Ursachen für den Wandel beruflicher Präferenzen nicht eindeutig in<br />

den Orientierungsmaßnahmen zu finden. Auffällig ist ebenso, dass sich in<br />

der Gesamtentwicklung fast keine Änderungen hinsichtlich der am häufigsten<br />

genannten Wunschausbildungen nachweisen lassen. Zwar gaben 26%<br />

der Mädchen und 41% der Jungen der Interventionsgruppen im Posttest<br />

an, infolge ihrer Teilnahme Berufe neu kennengelernt zu haben. Bei der<br />

‚Schnupperlehre’ bestätigte dies sogar jede/jeder Zweite. Demgegenüber<br />

trafen in der Kontrollgruppe nur 8% diese Aussage. Konstant begeisterten<br />

sich die Mädchen, die eine Orientierungsmaßnahme wahrnahmen, für die<br />

Ausbildungsberufe Erzieherin, Konditorin, Restaurantfachfrau und die<br />

Studiengänge Medizin und Erziehungswissenschaften, wobei sich lediglich<br />

der Zuspruch, den die Berufsausbildung zur Konditorin erfuhr, direkt auf<br />

das Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ zurückführen lässt. Auch


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

bei den Mädchen der Kontrollgruppe zeigte sich bis auf Rangverschiebungen<br />

innerhalb der Messzeitpunkte keine Änderung in den am meisten<br />

favorisierten Berufen. Die Jungen der Untersuchungsgruppen konzentrierten<br />

sich nach wie vor auf die Berufsausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker.<br />

Im Gegensatz zur Berufsausbildung zur Konditorin besitzt<br />

der Faktor ‚Intervention’ bei diesem Favoriten keine Erklärungskraft. Jedoch<br />

zeigt sich bei den männlichen Befragten, die ein Orientierungsangebot<br />

nutzten, eine größere Ausdifferenzierung in den Wunschausbildungen<br />

als in der Kontrollgruppe, denn neben dem Beruf des Kraftfahrzeugmechatronikers<br />

erhielt keine Ausbildung mehr als drei Nennungen. Anders<br />

hingegen in der Kontrollgruppe. Hier änderten sich die zweit- und drittplatzierten<br />

Berufsausbildungen im Vergleich zum Pretest, wenngleich diese<br />

immer noch zu den deutschlandweit am stärksten besetzten gehören (vgl.<br />

Anhang 1). Hinsichtlich der Studiengänge sind ein Wechsel in der Rangfolge<br />

und zusätzlich eine Erweiterung des Spektrums der favorisierten Fachrichtungen<br />

zu erkennen. Treffsicher fällt die Entscheidung der Jungen zugunsten<br />

der ‚Hitliste’ der Studiengänge aus (vgl. Anhang 3).<br />

9.9 Sicherheit und Entschiedenheit<br />

hinsichtlich beruflicher Interessen<br />

Aus der partiell vorhandenen Instabilität der Berufswünsche und den quantitativ<br />

wie qualitativ ermittelten Erwartungen der Jugendlichen an die Interventionen<br />

ist abzulesen, dass sie über mehr oder weniger fundierte Vorstellungen<br />

über Berufe und Berufsfelder verfügen, es ihnen aber aus entscheidungstheoretischem<br />

Blickwinkel zum Teil an Entschlossenheit fehlt, den<br />

Schritt einer adäquaten Berufsausbildung oder eines entsprechenden Studiums<br />

zu gehen. Gleiches belegt die Skala Sicherheit und Entschiedenheit bezogen<br />

auf berufliche Interessen. Die Items der Skala, beispielhaft stehen „Ich<br />

weiß überhaupt nicht, welche Berufe/welches Studium für mich in Frage<br />

kommen.“ und „Ich schwanke oft, welche Berufsausbildung/welches<br />

Studium ich einmal ergreifen soll.“ wurden zu beiden Messzeitpunkten in<br />

der Kontrollgruppe im Mittelwert mit ‚stimmt kaum’ beantwortet<br />

(�KG-Pre = 2,17; �KG-Post = 2,16; vgl. Anhang 28). In der Interventionsgruppe<br />

ist der Mittelwert jeweils sichtlich höher, was auf weniger gefestigte berufliche<br />

Vorstellungen bei den Mädchen und Jungen schließen lässt<br />

(�IG-Pre = 2,46; �IG-Post = 2,52). Geschlechterspezifische Ungleichheiten<br />

nicht berücksichtigt, veränderte sich die Sicherheit und Entschiedenheit der<br />

Jugendlichen in den beiden Untersuchungsgruppen insgesamt nur gering-<br />

259


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

fügig. Während in der Kontrollgruppe die Ungewissheit der Befragten<br />

schwach abnahm (-0,01), stieg sie bei den Teilnehmenden der Orientierungsmaßnahmen<br />

leicht (+0,06). In den Einzelinterventionen zeigten sich<br />

deutliche Unterschiede in der Richtung und im Niveau der Entwicklung<br />

von Messzeitpunkt zu Messzeitpunkt. Während bei der ‚Schnupperlehre’,<br />

beim ‚Girls’Day’ [B] und bei ‚JobGalaxy’ die Verunsicherung der Jugendlichen<br />

anstieg, war bei den restlichen Interventionen insgesamt ein Ausbau<br />

der Entschiedenheit für den beruflichen Weg festzustellen. Insbesondere<br />

die Mädchen gehen aus Interventionen mit technisch-naturwissenschaftlicher<br />

Ausrichtung und einer Umsetzung an realen Orten der Ausbildung,<br />

wie beim Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und der<br />

‚Schnupperlehre’, gefestigt hervor. Möglicherweise trägt die Kombination<br />

der beiden didaktischen Aspekte gerade bei den jungen Frauen zu mehr<br />

Gewissheit hinsichtlich ihrer beruflichen Vorstellungen bei, sei es im Sinne<br />

einer positiven Verstärkung, wenn das Vorgefundene in Konformität zu<br />

den individuellen Interessenlagen und Fähigkeiten steht oder aber durch<br />

die Feststellung, dass Berufs- und Arbeitsfelder nicht zu den eigenen Wünschen<br />

passen. Dies würde uneingeschränkt an die im Kapitel 2.4 skizzierte<br />

Forderung von Mädchen anknüpfen, Lehrinhalte und Berufspraxis besser<br />

zu verbinden und eine anschauliche Berufsorientierung mit mehr Praxiskontakten<br />

zu arrangieren.<br />

Gegenläufig zu diesen geschlechterbezogen Differenzen sind die Befunde<br />

der zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass der Unterschied zwischen den Gruppen und der Zeiteffekt<br />

keinerlei Erklärungskraft für die Gesamtvarianz der abhängigen Variablen<br />

Sicherheit und Entschiedenheit haben. Der Interaktionsfaktor klärt<br />

3,5% der Varianz auf, ist jedoch ein Effekt, der nicht signifikant ist. Die<br />

Mittelwertunterschiede zwischen den Messzeitpunkten sind demnach eher<br />

zufälligen Schwankungen als den Interventionen zuzurechnen. Dass die<br />

Teilnahme an einer der Orientierungsmaßnahmen nur eine geringe festigende<br />

Wirkung auf die Jugendlichen hat, bestätigt sich auch in der Followup-Befragung.<br />

Mehrheitlich sind Aussagen wie „Ich schwank noch.“ (Schülerin<br />

D) oder „Eigentlich bin ich mir nicht so richtig sicher.“ (Schüler B)<br />

anzutreffen. Beispielhaft stehen die nachstehenden Ausführungen einer<br />

Teilnehmerin des ‚Girls’Day’ und eines Teilnehmers der ‚Schnupperlehre’:<br />

260<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

„Konkrete nicht, aber zuerst wollte ich zur Polizei und dann hab ich halt<br />

bei der, wollt ich’s halt bei der Bahn probieren, aber bis jetzt konnt ich<br />

mich noch nicht entscheiden.“ (Z. 44-46)


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Na, bis jetzt hab ich noch so die Richtung Mechatronikerin oder eben<br />

dann komplett irgendwie was anderes. So jetzt irgendwas mit Kindern,<br />

wie Kindergärtnerin oder ja oder halt in `nem, in `nem, ja sag ich mal<br />

Heim nicht direkt. Aber so ja, na schon eine Art Heim für Kinder oder<br />

eben halt auch was mit behinderten Kindern dann. Was ich aber auch<br />

noch nicht weiß, dann würde ich vielleicht in die Richtung ein BGJ machen,<br />

weil ich`s eben noch nicht weiß, was ich direkt machen will. Oder<br />

halt `ne Fachhochschule besuchen.“ (Z. 27-33)<br />

Die Vielzahl an beruflichen Optionen der Mittelschülerin verdeutlichen,<br />

wie weit diese von einer Entscheidung für eine Ausbildung entfernt ist. Offen<br />

ist für sie nicht nur das Berufsfeld, sondern gleichfalls die Form der Berufsausbildung<br />

(schulisch, betrieblich). Das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ),<br />

als Teil Übergangssystems, sieht sie weniger als ‚Notlösung’ und ‚Warteschleife’,<br />

sondern vielmehr als Freiraum, um ihren beruflichen Weg klarer<br />

identifizieren zu können. Eine Teilnehmerin des Schnupperpraktikums<br />

‚Konditorei/Verkauf’ setzt die Orientierungsmaßnahme in direkten Bezug<br />

zu ihrem persönlichen Entscheidungsprozess:<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Wie gesagt, mein Wunsch ist noch immer nicht erfüllt, noch nicht so<br />

richtig. Weil ich weiß ja immer noch nicht richtig, was ich werden will.<br />

Aber ich fand das schon ganz gut, dass ich das gemacht hab. Ich würd<br />

auch so was gerne wieder machen, wenn ich, oder ich würd auch empfehlen<br />

sowas zu machen. Es hat halt nichts irgendwie ausgewirkt auf<br />

mein, auf meine Entscheidung. Ich bin immer noch geteilter Meinung.<br />

So, ich schwanke noch ein bissl.“ (Z. 79-83)<br />

Deutlich wird einerseits die Enttäuschung über die mangelnde Unterstützungskraft<br />

der Intervention bei der beruflichen Entscheidung. Andererseits<br />

sieht die Schülerin dennoch einen Mehrwert für sich, aus dem die Motivation<br />

zur Teilnahme an weiteren Maßnahmen zur beruflichen Orientierung<br />

und zur Weiterempfehlung des Schnupperpraktikums an Gleichaltrige<br />

resultiert. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die befragten Jugendlichen<br />

auch mit dem Abstand von bis zu zehn Monaten zwischen Post- und<br />

Follow-up-Testung keine oder nur wenig merkliche Fortschritte hinsichtlich<br />

ihrer Gewissheit über berufliche Präferenzen vollzogen haben. Jedoch<br />

ist kritisch anzumerken, dass die Komplexität und Mehrstufigkeit von Entscheidungen<br />

bei der Berufswahl, wie sie aus entscheidungstheoretischem<br />

Blickwinkel charakterisiert wird (vgl. Kapitel 4.3), mit dem genutzten methodischen<br />

Instrumentarium nicht erfasst wurde.<br />

261


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Abschließend ist, worauf bereits in Kapitel 9.6 verwiesen wurde, auf die<br />

Wechselbeziehung zwischen dem Faktor Berufswahlengagement und der Sicherheit<br />

und Entschiedenheit einzugehen. Es konnte zu beiden Messzeitpunkten<br />

für die Interventions- und Kontrollgruppe ein schwacher bis mittlerer negativer<br />

signifikanter Zusammenhang ermittelt werden. In der Tendenz<br />

sinkt mit zunehmender Unentschlossenheit das berufliche Engagement 108.<br />

D. h. je mehr Zweifel die Jugendlichen haben, ob der im Augenblick von<br />

ihnen präferierte Beruf der richtige für sie ist, oder sie sich nicht zwischen<br />

verschiedenen, sie interessierenden Berufsmöglichkeiten entscheiden können,<br />

umso teilnahmsloser bzw. ohnmächtiger stehen sie ihrer Berufswahl<br />

gegenüber.<br />

9.10 Einschätzung individueller<br />

beruflicher Chancen<br />

Die Jugendlichen blickten in der Mehrheit positiv in ihre berufliche Zukunft.<br />

Ihre generellen Chancen auf eine Berufsausbildung oder ein Studium<br />

schätzten über zwei Drittel der Kontrollgruppenteilnehmer zu den beiden<br />

Messzeitpunkten gut bis sehr gut ein. Circa 25% gehen von schwierigen<br />

Bedingungen aus (vgl. Abbildung 11, vgl. Anhang 29). Demgegenüber beurteilen<br />

in den Interventionsgruppen mit rund 80% deutlich mehr Schülerinnen<br />

und Schüler im Pre- und Posttest ihre Möglichkeiten optimistisch.<br />

Im Vergleich zu den Ergebnissen der Shell-Jugendstudien (vgl. Langness<br />

et al. 2006, S. 75; vgl. Leven et al. 2010, S. 115) sehen sie folglich etwas zuversichtlicher<br />

in die Zukunft. Mädchen bewerten ihre Aussichten im Preund<br />

Posttest deutlich öfter als die Jungen als eher gut, während mehr<br />

männliche Befragte von sehr guten oder mittelmäßigen Chancen ausgehen.<br />

Die in Kapitel 2.1 beschriebene Chancenungleichheit auf dem Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt spiegelt sich demnach in den hier geäußerten Erwartungen<br />

der Mädchen an ihren beruflichen Einstieg (noch) nicht wider.<br />

Interessant ist, dass die Jugendlichen der Kontrollgruppe, die sich zum<br />

Zeitpunkt der Ersterhebung bereits beworben haben, signifikant häufiger<br />

von sehr guten Chancen auf eine Berufsausbildung/ein Studium ausgehen,<br />

dieser Zusammenhang jedoch nicht in der Interventionsgruppe zu<br />

108 Interventionsgruppe: rIG-Pre = -0,363; r 2 IG-Pre = 0,132; pIG-Pre = 0,001; rIG-Post = -0,550; r 2 IG-Post =<br />

0,303; pIG-Post = 0,000; Kontrollgruppe: rKG-Pre = - 0,465; r 2 KG-Pre = 0,212; pKG-Pre = 0,000; rKG-Post =<br />

-0,481; r 2 KG-Post = 0,231; pKG-Post = 0,000; Berechnet wurde die Produkt-Moment-Korrelation mit<br />

dem Korrelationskoeffizienten nach Pearson.<br />

262


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

beobachten ist. 109 Die Interventionsteilnehmer betrachten ihre Situation<br />

demnach deutlich kritischer als die Gleichaltrigen in der Kontrollgruppe.<br />

Sie sehen ihre eigenen Bewerbungsaktivitäten in geringerem Maße als alleiniges<br />

Erfolgskriterium, sondern denken zugleich die objektiven Gegebenheiten<br />

auf dem Ausbildungsmarkt mit. Für beide Gruppen konnten keine<br />

statistisch bedeutsamen Korrelationen zwischen der Einschätzung der<br />

Chancen und dem angestrebten Bildungsabschluss ermittelt werden.<br />

Abbildung 11: Einschätzung individueller berufsbezogener Chancen durch die Jugendlichen in<br />

der Kontroll- und der Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pre- und des<br />

Posttests<br />

Anzahl in %<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

63<br />

63<br />

25 26<br />

21<br />

11 8 1 9<br />

14<br />

sehr gut eher gut eher nicht gut<br />

KG IG KG IG KG IG<br />

Einschätzung der Chancen<br />

78<br />

78<br />

Pretest (n=316)<br />

Posttest (n=314)<br />

Ein Vergleich der Beurteilung der Chancen zu den Messzeitpunkten offenbart,<br />

dass die Teilnehmenden der Interventionsgruppen diese nicht nur generell<br />

höher bewerten, sondern dass sich ihre Einschätzung während der<br />

Maßnahmen hin zu einer optimistischeren Wahrnehmung verändert hat.<br />

Die Interventionsgruppen als Gesamtheit betrachtet, bestehen diesbezüglich<br />

signifikante Unterschiede zur Kontrollgruppe. 110 Der mittlere Rangplatz<br />

der Interventionsgruppen liegt um 18% höher als der der Kontrollgruppe<br />

(MRIG = 177, MRKG = 149). Die Interventionen einzeln der Kontrollgruppe<br />

gegenübergestellt, sind die deutlichsten Veränderungen hin zu<br />

einer positiven Einschätzung ihrer beruflichen Möglichkeiten bei Nutzenden<br />

der ‚JobGalaxy Future’-Maßnahme, gefolgt von denen der ‚Schnupperlehre’<br />

auszumachen. Jedoch liegen keine signifikanten Gruppenunterschiede<br />

vor. Lediglich die Mädchen und Jungen des Orientierungsangebotes<br />

109 Mittels Chi 2-Test wurden in der Kontrollgruppe zu beiden Messzeitpunkten standardisierte<br />

Residuen > 3,0 sowie statistisch signifikante Verteilungsunterschiede auf dem 5%-Niveau ermittelt.<br />

110 Die Prüfung der Veränderung erfolgte mittels Berechnung des Differenzwertes und des<br />

Mann-Whitney U-Test. Der ermittelte Unterschied ist auf dem 1%-Niveau signifikant.<br />

263


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

‚JobGalaxy’ grenzen sich ab. Im Vergleich zur Kontrollgruppe bestehen<br />

hier die geringsten Unterschiede in der Entwicklung der Beurteilung der eigenen<br />

Chancen.<br />

Die in der Follow-up-Erhebung Befragten geben ein breites Spektrum an<br />

Einschätzungen wieder. Die Jugendlichen bewerten ihre Chancen im<br />

Spektrum von „Eigentlich ziemlich gut.“ (Schüler B) bis „Also nicht so<br />

super gut. So im Mittelfeld.“ (Schüler E). Klassifizierungsoptionen bezogen<br />

auf die Einzelinterventionen und auf die Geschlechtszugehörigkeit sind<br />

nicht erkennbar. Wie begründen die Mädchen und Jungen ihre zum Teil<br />

skeptische Sichtweise? Vorrangig werden die in Kapitel 2.3 beleuchteten<br />

Passungsprobleme angeführt. So sieht die nachfolgend zitierte junge Frau<br />

einen beruflichen Mismatch, also eine Diskrepanz zwischen ihrem Studienwunsch<br />

und dem Angebot an freien Studienplätzen:<br />

264<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Also ich hoff mal, dass es dann ziemlich gut ist dann später. Also es<br />

studieren ja ziemlich viele Sport, und deswegen, weiß ich noch nicht, ob<br />

das dann auch klappt. (Z. 40-42)<br />

Ebenso wird von den Teilnehmenden der Orientierungsangebote ein<br />

Qualifikationsmismatch, d. h. eine Ungleichheit zwischen den eigenen<br />

Leistungsvoraussetzungen und den Qualifikationsanforderungen in den<br />

Wunschberufen angesprochen. Auf die Frage, was eine Rolle spielt, um die<br />

beruflichen Pläne umzusetzen zu können, antwortet ein Mittelschüler, der<br />

sich für eine Arbeit im Bereich der Informationstechnologie bzw. im Nahrungsmittelhandwerk<br />

interessiert:<br />

Schüler B (Mittelschule, 8. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Der Schulabschluss halt. Für Computer brauch man halt, muss ich<br />

noch bissl besser sein. Werd ich jetzt erstmal sehen.“ (Z. 34-35)<br />

Sowohl ein berufliches als auch Qualifikationsmismatch erkennt eine Teilnehmerin<br />

des ‚Girls’Day’ [B]. Bezogen auf ihre beruflichen Chancen sagt<br />

sie:<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Also, KFZ-Mechatronikerin denke ich mal eher schlecht, weil da werden<br />

wenige gesucht bzw. werden schon gesucht, aber da gucken sie halt<br />

sehr genau auf die Zensuren. Und ja, die sind nicht so gut. Ja, aber ansonsten<br />

so, denke ich eigentlich schon, dass ich Chancen hab, wie groß,<br />

keine Ahnung.“ (Z. 58-61)


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Während die voran stehenden Aussagen eine Orientierung an den tatsächlichen<br />

oder vermeintlichen Anforderungen in Berufen bzw. Berufsfeldern<br />

widerspiegeln, wurden auch Meinungen geäußert, die weniger auf einer<br />

Ausrichtung an arbeitsweltbezogenen Kriterien sondern auf einem Vergleich<br />

mit den Mitbewerberinnen und Mitbewerbern basieren. Eine Gymnasiastin<br />

äußert zur Frage, wie sie ihre Chancen sieht:<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Naja, so wie alle anderen auch, denk ich. Also, ich bin jetzt nicht so<br />

schlecht oder so gut, dass ich da jetzt irgendwie sagen kann, ich krieg auf<br />

jeden Fall einen Studienplatz oder ich krieg nie einen, aber ich denk so<br />

schlecht siehts nicht aus.“ (Z. 59-61)<br />

Auch die Verbesserung der individuellen Aussichten beschäftigt die<br />

Jugendlichen. Ein junger Mann äußert:<br />

Schüler E (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’):<br />

„Also, ja das denk ich bestimmt, dass man da mehr Chancen hat, wenn<br />

man da mehr Lehrgänge hat und so.“ (Z. 86-87)<br />

Dies zeigt auf, dass in der Teilnahme an Orientierungsangeboten eine Strategie<br />

gesehen wird, die eigene Ausgangsposition zu optimieren und aktiv<br />

zum Gelingen des Übergangs zwischen Schule und Arbeitswelt beizutragen.<br />

Ingesamt dokumentieren vor allem die Ergebnisse der Follow-up-<br />

Befragung den Druck unter dem die Jugendlichen stehen. Die Idee, die beruflichen<br />

Pläne ohne Schwierigkeiten umsetzen zu können, ist ihnen fremd.<br />

Zwar löst dies nicht zwingend Zukunftspessimismus aus, aber zumindest<br />

Unsicherheit was den Erfolg bei der Bewältigung der bevorstehenden Statuspassage<br />

angeht.<br />

9.11 Arbeitswelt- und<br />

berufsbezogenes Wissen<br />

Wie aufgezeigt, haben sich wenigstens 80% aller befragten Mädchen und<br />

Jungen im Berufsorientierungsprozess bereits mit der anstehenden Wahl<br />

eines Ausbildungsberufes oder eines Studienganges beschäftigt. In den<br />

Interventionsgruppen verfügen mehr als 75% und in der Kontrollgruppe<br />

90% bereits über einen oder mehrere konkrete Berufswünsche. Im Bedürfnis<br />

nach Erweiterung des arbeitswelt- und berufsbezogenen Wissens und<br />

nach einer fundierten Berufswahl finden sich die Hauptmotive der Wahrnehmung<br />

von Orientierungsangeboten. Von der Teilnahme an einer Inter-<br />

265


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

vention erhoffen sich etwas über 50% der Schülerinnen und Schüler mehr<br />

über Inhalte und Anforderungen in bestimmten Ausbildungen zu erfahren.<br />

Darüber hinaus ist es Anliegen nahezu jeder/jedes Zweiten Einblicke in<br />

Unternehmen und Hochschulen sowie in institutionelle Arbeitsabläufe zu<br />

gewinnen (vgl. Kapitel 9.3). Die Jugendlichen begegnen damit aktiv ihren<br />

Defiziten u. a. in Hinblick auf potenzielle Ausbildungsbetriebe bzw.<br />

Arbeitgeber während oder nach dem Studium, denn auf die Frage nach den<br />

Schülerinnen und Schüler bekannten Unternehmen gaben im Pretest nur<br />

31% in den Interventionsgruppen und 39% in der Kontrollgruppe eine<br />

Antwort. Bezogen auf Hochschulen waren es mit 36% und 42% etwas<br />

mehr der Befragten. Die Antwortbeteiligung ist kaum davon abhängig, ob<br />

sich die Jugendlichen bereits mit der Berufswahl auseinandergesetzt und einen<br />

Berufswunsch haben oder nicht. Sie ist vielmehr durch die geplanten<br />

beruflichen Wege nach der Schule sowie individuellen Voraussetzungen,<br />

wie dem angestrebten Schulabschluss geprägt. Vor allem in Interventionen,<br />

die mit Jugendlichen aus Gymnasien besetzt sind, können Aussagen zu bekannten<br />

Hochschulen getroffen werden (vgl. Anhang 30). Im Posttest<br />

bleibt das Antwortverhalten in der Interventions- und Kontrollgruppe nahezu<br />

gleich. Lediglich bei den Rezipienten der Orientierungsmaßnahmen<br />

ist ein geringer Anstieg von 5% bei den Nennungen von Unternehmen<br />

(5%) zu verzeichnen.<br />

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen in den Untersuchungsgruppen, die<br />

Antworten gaben, hat innerhalb des Pretests bis zu zwei Unternehmen und<br />

mehr als zwei Drittel bis zu zwei Hochschulen abrufbereit im Gedächtnis.<br />

Nur wenige Schülerinnen und Schüler wissen von vier oder mehr Unternehmen<br />

(IG: 8%; KG: 11%) und Hochschulen (IG: 11%; KG: 18%). In<br />

den Angaben der Jugendlichen spiegelt sich, zumindest in Bezug auf die<br />

Firmen ein breites Spektrum wider. Sie konzentrieren sich nicht auf einige<br />

wenige regional populäre Betriebe, sondern zeigen in ihren Antworten<br />

vielmehr die gesamte Vielfalt ortsansässiger Kleinst-, kleinerer und mittlerer<br />

Unternehmen diverser Branchen auf. So werden im Pretest in den Interventionsgruppen<br />

50 und in der Kontrollgruppe mehr als 200 verschiedene<br />

Arbeitgeber konkret benannt. Die Teilnehmenden der Orientierungsmaßnahmen<br />

haben insgesamt von elf, die in den Schulen befragten Mädchen<br />

und Jungen von 17 Hochschulen Kenntnis. Darüber hinaus führte vor allem<br />

die Kontrollgruppe häufig berufliche Schulzentren an. Unklar bleibt,<br />

ob diese von den Jugendlichen fälschlicherweise den Status einer Hochschule<br />

zuerkannt bekommen haben oder die Schulen, weil sie in Vollzeitunterricht<br />

(Berufsfachschule) oder in Teilzeitunterricht (Berufsschulen) zu<br />

266


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Berufsabschlüssen führen, als Unternehmen eingeordnet wurden. Allein die<br />

Nennung der berufsbildenden Schulen zeigt abermals bestehende Wissensdefizite<br />

der Jugendlichen auf.<br />

Sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe besteht zum<br />

Zeitpunkt des Pretests die Tendenz eine höhere Anzahl von Unternehmen<br />

und Hochschulen anzugeben als innerhalb der Folgeerhebung. Jedoch bestätigt<br />

jede zweite Teilnehmerin und jeder zweite Teilnehmer der Interventionen<br />

an anderer Stelle der Befragung Einblicke in Unternehmen und<br />

Hochschulen erhalten zu haben. Demgegenüber waren es in der Kontrollgruppe<br />

nur etwa jede/jeder Siebte. Dieser Widerspruch lässt auf eine verringerte<br />

Motivation zur Beantwortung der offen gestellten Frage schließen,<br />

gleichwohl auch festzustellen ist, dass im Posttest zumindest in den Interventionsgruppen<br />

eine höhere Bandbreite an Einrichtungen niedergeschrieben<br />

wurde.<br />

Im Kontext der Fragestellung nach den Unternehmen und Hochschulen<br />

wurden die Mädchen und Jungen zusätzlich zur Frage nach ihrer Wunschausbildung<br />

um Auskunft nach Berufsbildern, die aus ihrer Sicht gute Zukunftschancen<br />

haben, gebeten. Auch hier gibt es zu den ersten beiden<br />

Messzeitpunkten enorme Antwortausfälle. In der Kontrollgruppe liegen<br />

Antworten von 38% im Pretest und 34% im Posttest vor. In den Interventionsgruppen<br />

sind es mit 24% bzw. 30% weniger. Im Vergleich zu den ausschließlich<br />

die schulische Berufsorientierung Nutzenden sind die Teilnehmenden<br />

der Orientierungsmaßnahmen demnach vom ersten Messzeitpunkt<br />

zum zweiten Messzeitpunkt rein quantitativ aussagekräftiger. Qualitativ bestehen<br />

jedoch wenige Unterschiede zwischen den Gruppen. Vorrangig<br />

werden die von den Jugendlichen anvisierten Wunschausbildungen als zukunftsträchtig<br />

eingestuft. Diese liegen, wie bereits in Kapitel 0 dargestellt<br />

wurde, nur zum Teil in den Bereichen Maschinen- und Werkzeugbau, Metallerzeugung<br />

und -bearbeitung sowie Elektrotechnik, d. h. jenen Berufsfeldern,<br />

in denen in der Untersuchungsregion eine verstärkte Nachfrage nach<br />

Facharbeitern, Meistern und Ingenieuren besteht (vgl. Behr 2008,<br />

S. 5 ff.). Mitunter verwendeten die Jungen und Mädchen Umschreibungen<br />

wie ‚technische Berufe’ oder ‚Berufe, die viel mit Metall zu tun haben’, was<br />

auf Konkretisierungsschwierigkeiten oder aber auch auf Probleme, unter<br />

der Fülle an zukunftsträchtigen Berufen auszuwählen, schließen lässt.<br />

Gleichfalls werden in den Interventionsgruppen und in der Kontrollgruppe<br />

Ausbildungen wie Kraftfahrzeugmechatroniker/in, Verkäufer/in, Kaufmann/Kauffrau<br />

im Einzelhandel, Jurist/in oder Architekt/in genannt, in<br />

denen ein Bewerberüberhang vorherrscht (vgl. Uhly et al. 2008, S. 17). Zukunftschancen<br />

werden demnach von den Jugendlichen nicht nur im Sinne<br />

267


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

von Fachkräftebedarf definiert. Dies kommt auch in den Antworten auf die<br />

offene Frage im Pretest, was die Schülerinnen und Schüler unter guten Zukunftschancen<br />

verstehen, zum Ausdruck. Diese Fragestellung wurde sehr<br />

weitläufig und mitunter nicht in Reflexion der Frage nach ‚Ausbildungsberufen<br />

und Studiengängen mit guten Zukunftschancen’ verstanden. Das ermittelte<br />

Kategoriensystem konzentriert sich auf drei inhaltliche Richtungen.<br />

Die Jugendlichen erläuterten erstens ihre Gedanken zu Charakteristika zukunftsreicher<br />

Ausbildungsberufe und Studiengänge, zweitens zur Bedeutung<br />

von Zukunftschancen für die eigene Person und drittens zu individuellen<br />

Einflussmöglichkeiten auf beruflichen Erfolg. Ausgewertet wurden<br />

nicht nur die Antworten der intendierten erstgenannten Betrachtungsweise,<br />

sondern auch die weiteren Assoziationen der Befragten.<br />

Äußerungen zum zukünftigen Bestand und bleibenden Bedarf an spezifischen Berufsbildern,<br />

wie beispielsweise „Einen guten Beruf zu finden, der nicht von<br />

heute auf morgen untergeht.“ (Mittelschülerin, 10. Klasse, IGPre) oder „Der<br />

Beruf wird auch in der Zukunft gut laufen und ich habe Hoffnung auf lange<br />

Arbeit.“ (Mittelschüler, 9. Klasse, IGPre) wurden dem Schwerpunkt der<br />

Charakteristika zugeordnet. Grundlagen für die Zukunftsfähigkeit von Berufen<br />

werden von den Schülerinnen und Schülern in der Weiterentwicklung<br />

und Modifizierung von Berufsbildern entsprechend gesellschaftlicher Entwicklungen<br />

gesehen. Neben dem Bedarf an Berufsbildern wurde das geringe<br />

Risiko arbeitslos zu werden den Merkmalen zukunftsträchtiger Berufe<br />

zugeordnet. In diesem Kontext ist auch die langfristige Existenz von Unternehmen,<br />

als Voraussetzung eines kontinuierlichen Angebotes an<br />

Arbeitsplätzen, von den Befragten benannt worden. Beides wurde in der<br />

Kategorie Arbeitsplatzsicherheit zusammengefasst.<br />

Aussagen wie „Dass in dem Betrieb, wo ich ausgebildet werde, sie mich<br />

auch übernehmen.“ (Mittelschüler, 10. Klasse, KGPre) bzw. „Dass ich einen<br />

Studienplatz in Sachsen bekomme und danach einen Arbeitsplatz in meiner<br />

Region.“ (Gymnasiastin, 11. Kursstufe, KGPre) zeugen davon, dass berufliche<br />

Optionen für die Befragten dann gute personenbezogene Zukunftschancen<br />

bergen, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit/Chance zum Erlangen eines<br />

Berufsausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatzes besteht.<br />

Die Bedeutung von Zukunftschancen für die eigene Person wird maßgeblich<br />

auch von finanziellen Aspekten, die mit Ausbildungsberufen und Studiengängen<br />

einhergehen geprägt. Löhne werden als Basis zur Existenzsicherung<br />

bzw. für ein Leben mit Annehmlichkeiten verstanden. Vereinzelt<br />

werden Aspekte wie ein sicheres Einkommen, ausbleibende Lohnkürzungen<br />

und die Absicherung im Alter als bedeutungsvoll für die persönlichen<br />

Zukunftschancen definiert. Alle finanziellen Gesichtspunkte wurden<br />

in der Kategorie Verdienst summiert.<br />

268


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Zum stärker individuumsbezogenen definierten Verständnis gehören neben<br />

Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten vor allem auch die Chance auf<br />

Selbstverwirklichung im Beruf. Die Adäquatheit des Ausbildungsberufes<br />

oder Studienganges mit den eigenen Interessen und Freude im beruflichen<br />

Alltag prägen diesen Blickwinkel. Es geht um die Identifikation mit dem<br />

Beruf, darum „einen Beruf zu finden, der zu mir passt und mit dem ich<br />

mein Leben leben kann“ (Gymnasiastin, 7. Klasse, IGPre) und „dass man<br />

seine gesteckten Ziele erreicht und dass man alles geschafft hat, was auf der<br />

‚eigenen Liste’ stand“ (Mittelschüler, 8. Klasse, KGPre). Verschriftlicht wurde<br />

zudem der Wunsch neben beruflichen Zielen auch familiäre Pläne realisieren<br />

zu können. Kategorisiert wurden entsprechende Bekundungen unter<br />

dem Etikett Vereinbarkeit von Familie und Beruf.<br />

Dem Schwerpunkt der individuellen Einflussmöglichkeiten auf die berufliche<br />

Zukunft wurden Aussagen über Noten und Abschlüsse als Basis für<br />

den Erhalt eines Berufsausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatzes und dem<br />

gewünschten Verdienst zugeordnet. Zusammengefasst wurden entsprechende<br />

Gedanken in der Kategorie Bildungsvoraussetzungen.<br />

Aussagen, die nicht in die genannten Kategorien integriert werden konnten,<br />

sind in Tabelle 14 als ‚sonstige’ Antworten erfasst. Sie wurden häufig von<br />

einem, maximal von zwei Probanden niedergeschrieben. Beispiele lauten:<br />

„Ich verstehe unter einer guten Zukunftschance, dass der Beruf nur von<br />

Menschen gemacht werden kann und nicht von Maschinen, als dass man<br />

dort gebraucht wird.“ (Mittelschülerin, 8. Klasse, KGPre) oder „Dass man<br />

mehrere Wege im Beruf einschlagen kann.“ (Mittelschüler, 8. Klasse,<br />

KGPre) Angaben, aus denen zu schlussfolgern war, dass die Fragestellung<br />

vollkommen falsch interpretiert wurde, sind nicht in die Auswertung einbezogen<br />

worden. „Wie meine Chancen im späteren Leben auf Beruf, Familie,<br />

Geld usw. stehen“ (Mittelschüler, 9. Klasse, KGPre) ist beispielhaft für solche<br />

Antworten heranzuziehen.<br />

Im Gegensatz zu den Fragen nach Unternehmen und Hochschulen sowie<br />

zukunftsorientierten Wunschausbildungen äußerten zu den Berufen mit<br />

guten Zukunftschancen wesentlich mehr Mädchen und Jungen ihre Ansichten.<br />

In den Interventionsgruppen antworteten 78% und in der Kontrollgruppe<br />

83%. Wie aus Tabelle 14 ersichtlich wird, konzentrieren sich die<br />

Jugendlichen mit ihren Antworten auf alle drei inhaltlichen Richtungen,<br />

also Charakteristika zukunftsreicher Ausbildungsberufe und Studiengänge,<br />

Bedeutung von Zukunftschancen für die eigene Person sowie die individuellen<br />

Einflussmöglichkeiten auf den beruflichen Erfolg. Es überwiegen<br />

jedoch allokationstheoretische personenbezogene Erwägungen. So definie-<br />

269


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

ren die Mädchen und Jungen der Interventions- und der Kontrollgruppe<br />

Berufe mit Zukunftschancen in erster Linie über die Wahrscheinlichkeit<br />

bzw. Chance einen Berufsausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatz zu erhalten<br />

und über gute Verdienstmöglichkeiten. Besonders häufig wird das ‚Finden’<br />

bzw. ‚Bekommen’ einer Berufsausbildungsstelle, Studienplatzes oder<br />

einer Anstellung von den Jugendlichen der Kontrollgruppe als Kennzeichen<br />

herangezogen. Nachrangig, aber immer noch weit voran, ordnen<br />

sich in beiden Teilgruppen Definitionskriterien ein, die sich auf die Nachhaltigkeit<br />

von Ausbildungsberufen und Studiengänge ausrichten, wie ein<br />

geringes Risiko arbeitslos zu werden oder der langfristige Bedarf und damit<br />

Bestand von Berufsbildern. Im Verständnis der Schüler der Interventionsgruppen<br />

bieten berufliche Optionen mit guten Zukunftschancen an weiterer<br />

Stelle die Möglichkeit zur Karriere als Berufserfolg im Sinne von Aufstieg<br />

sowie zur Selbstverwirklichung. Bei den Jugendlichen der Kontrollgruppe<br />

folgen individuelle Leistungsvoraussetzungen als Kriterium. Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

werden nur in geringem Maße als charakteristisch für zukunftsreiche Berufe<br />

verstanden. Im Kontext der hier abgefragten Definition von Zukunftschancen<br />

bestehen demnach auffällige Parallelen zu den bereits im Kapitel<br />

9.7 dargelegten Favoriten berufswahlbezogener Wertorientierungen.<br />

Tabelle 14: Charakteristika von Berufen mit Zukunftschancen aus Sicht der Jugendlichen in der<br />

Kontroll- und der Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pretests (Angaben in %,<br />

Mehrfachantworten möglich)<br />

270<br />

Teilgruppen Berufe mit guten Zukunftschancen zeichnen sich aus durch:<br />

Kontrollgruppe<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppen<br />

Geschlecht<br />

Bestand/Bedarf<br />

Arbeitsplatzsicherheit<br />

Chance zum<br />

Erlangen Stelle<br />

gutem Verdienst<br />

AufstiegsmöglichkeitenWeiterbildungsmöglichkeiten<br />

Selbstverwirklichung<br />

Vereinbarkeit<br />

Familie und Beruf<br />

Bildungsvoraussetzungen<br />

g 16 21 41 23 9 2 10 4 13 8 196<br />

w 14 22 46 23 10 1 13 4 15 8 114<br />

sonstige<br />

m 18 21 35 23 9 4 6 5 10 7 82<br />

g 17 18 28 28 15 5 11 3 11 11 65<br />

w 18 15 25 35 13 8 15 5 10 9 40<br />

m 16 24 32 16 20 4 12 16 25<br />

n


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Der Vergleich der Aussagen der Geschlechter der Kontrollgruppe und der<br />

Interventionsgruppe offenbart zum Teil heterogene Einstellungen der<br />

weiblichen und der männlichen Befragungsteilnehmenden. In der Kontrollgruppe<br />

zeigt sich ein überwiegend homogenes Bild im Verständnis der<br />

Mädchen und Jungen. Lediglich bezogen auf die Wahrscheinlichkeit bzw.<br />

Chance einen Berufsausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatz zu erhalten<br />

und auf die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung bestehen wesentliche<br />

Unterschiede im Stellenwert der diesen Definitionskriterien zugemessen<br />

wird. Die Schülerinnen gewichten diese Aspekte wesentlich höher.<br />

Zumindest in Hinblick auf die Bedeutung der Selbstverwirklichung<br />

herrscht in der Interventionsgruppe ein identisches Bild vor. Auch hier<br />

definieren die Mädchen gute Zukunftschancen stärker als die Jungen über<br />

Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung. Gleichfalls wird von den<br />

Rezipientinnen der Orientierungsmaßnahmen der Verdienst mehr als<br />

doppelt so hoch als Kriterium bewertet als von ihren männlichen<br />

Altersgenossen. Dahingegen definieren die Jungen Berufe mit guten<br />

Zukunftschancen deutlich mehr als die Mädchen über Arbeitplatzsicherheit,<br />

Aufstiegsmöglichkeiten und über die Chance eine Berufsausbildungsstelle,<br />

Studienplatzes oder einer Anstellung zu erhalten.<br />

Wie bewerten die Jugendlichen nun konkret ihr Wissen über Inhalte, Anforderungen<br />

und Arbeitsabläufe in den sie interessierenden Ausbildungsberufen<br />

und Studiengängen sowie über Bewerbungsverfahren und Formen<br />

der Erwerbsarbeit? Erfüllen sich die Erwartungen der Teilnehmenden an<br />

den Interventionen mehr über Berufe und die Arbeitswelt zu erfahren? Im<br />

Pretest ist die Beurteilung der Kenntnisse durch die Schülerinnen und<br />

Schüler der Interventions- und der Kontrollgruppe hinsichtlich der genannten<br />

Aspekte vergleichbar (vgl. Anhang 31). Das individuelle Wissen über<br />

Inhalte und Anforderungen präferierter Berufe sowie über Bewerbungsverfahren<br />

wird von etwas mehr als 60% als ‚sehr gut’ oder ‚eher gut’ eingeschätzt,<br />

wobei der Großteil Erweiterungsspielraum für das eigene Wissen<br />

sieht. Etwas weniger selbstbewusst äußern sich die Jungen und Mädchen in<br />

Hinblick auf Arbeitsabläufe in Unternehmen bzw. den Studienablauf an<br />

Hochschulen und auf Erwerbsformen. Lediglich zwischen 45% und 52%<br />

gaben an ‚sehr gut’ oder ‚eher gut’ informiert zu sein. Nahezu durchgängig<br />

bewerten mehr männliche als weibliche Befragte ihr Wissen als angemessen.<br />

Im Posttest wird der individuelle Wissensstand von mindestens 80%<br />

der Interventionsteilnehmer als sehr und eher gut deklariert. In der Kontrollgruppe<br />

und bei den weiblichen Rezipienten der Orientierungsmaßnahmen<br />

sind es hingegen maximal 66%.<br />

271


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Nach dem Mann-Whitney U-Test liegen die mittleren Ränge der Jungen in<br />

den Interventionsgruppen bezogen auf Veränderungen im Wissen um die<br />

einzelnen Aspekte stets um 16-36% höher als bei den Mädchen. Bis auf die<br />

Kenntnisse über Arbeitsabläufe in Unternehmen sind die Unterschiede<br />

zwischen den Geschlechtern im Informationszuwachs auf dem 5%-Niveau<br />

signifikant. 111 Der U-Test der Werte der Kontrollgruppe zeigte keine signifikanten<br />

Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Das von den Jungen<br />

im Pre- und Posttest subjektiv ausgezeichnet empfundene Wissen muss<br />

nicht zwingend dem objektiven Tatbestand entsprechen, sondern kann<br />

auch das Resultat vielfach in Studien untersuchter männlicher Selbstüberschätzung<br />

in Bezug auf die eigenen Leistungen und Begabungen sein. Dagegen<br />

spricht jedoch, dass die männlichen Teilnehmer der Orientierungsmaßnahmen<br />

auf die direkte Nachfrage zum Einfluss der jeweiligen Intervention<br />

auf ihren Berufsorientierungsprozess den Interventionen tatsächlich<br />

auch größtenteils einen höheren Mehrwert zuschreiben als die weiblichen<br />

(vgl. Kapitel 9.16).<br />

Abschließend hervorzuheben sind die durch den H-Test nach Kruskal und<br />

Wallis ermittelten Differenzen zwischen den Interventionen. Die in<br />

Tabelle 15 dargestellten mittleren Rangplätze bezogen auf Veränderungen in<br />

der Einschätzung des Informationsgrades über Inhalte, Anforderungen und<br />

Arbeitsabläufe in den die Jugendlichen interessierenden Ausbildungsberufen<br />

und Studiengängen sowie über Bewerbungsverfahren und Formen der<br />

Erwerbsarbeit geben einen Einblick in die Stärken und Schwächen der einzelnen<br />

Interventionen 112.<br />

Im Falle der Veränderungen im Wissen um Inhalte liegen lediglich die mittleren<br />

Rangplätze des Schnupperpraktikums ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und der<br />

‚Schnupperlehre’ höher als bei der Kontrollgruppe. In Hinblick auf die Anforderungen<br />

gestaltet sich das Bild nahezu analog. Bei den Veränderungen<br />

in den Kenntnissen über Arbeitsabläufe nehmen alle in die statistischen Berechnungen<br />

einbezogenen Orientierungsangebote einen höheren Rangplatz<br />

als die Kontrollgruppe ein. Die höchsten mittleren Ränge werden erneut<br />

von den Maßnahmen ‚Schnupperlehre’ und dem Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’ eingenommen. Den Zuwachs an Wissen über Er-<br />

111 Die mittleren Rangplätze der Geschlechter bezogen auf Veränderungen in den Antworten auf<br />

die einzelnen Items sind: Kenntnisse über Inhalte von Ausbildungsberufen/Studiengängen MRw<br />

= 33, MRm = 43, p = 0,048; Kenntnisse über Anforderungen von Ausbildungsberufen/Studiengängen<br />

MRw = 35, MRm = 46, p = 0,024; Kenntnisse über Arbeitsabläufe in Unternehmen<br />

MRw = 35, MRm = 41, p = 0,249; Kenntnisse über verschiedene Formen der Erwerbsarbeit als<br />

Möglichkeit der Existenzsicherung MRw = 29, MRm = 39, p = 0,023; Kenntnisse über Bewerbungsverfahren/Bewerbungsabläufe<br />

MRw = 33, MRm = 43, p = 0,032.<br />

112 Aufgrund der zum Teil sehr geringen Fallzahlen in den Interventionsgruppen wurden die<br />

Berechnungen wiederum nur für Orientierungsangebote, für die wenigstens acht Datensätze vorlagen,<br />

durchgeführt.<br />

272


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

werbsformen im Fokus sind bis auf das Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

bei allen weiteren Interventionen höhere mittlere Rangplätze<br />

als bei der Kontrollgruppe auszumachen. Dies gilt gleichfalls in Bezug auf<br />

den Kenntniszuwachs zur Thematik Bewerbungsverfahren und -abläufe.<br />

Mit fast durchgängig den höchsten mittleren Rängen hebt sich die<br />

‚Schnupperlehre’ klar von den anderen Interventionen ab. 113 Bis auf die<br />

Ungleichheiten in den Veränderungen bei den Arbeitsanforderungen sind<br />

alle Unterschiede zwischen den Gruppen auf dem 1% bzw. 5%-Niveau<br />

signifikant. Als maßgebliche Ursache für das deutliche Voranstehen der<br />

‚Schnupperlehre’ ist ihr zeitlicher Umfang zu vermuten. Zwar unterscheidet<br />

sich das insgesamt zur Verfügung stehende Zeitbudget teilweise nur unwesentlich<br />

von den anderen Maßnahmen. Ein Alleinstellungsmerkmal ist<br />

aber dahingehend vorzufinden, dass die Schülerinnen und Schüler über<br />

zwölf Wochen hinweg die Möglichkeit haben ihre Kenntnisse in einem authentischen<br />

Ausbildungs- und Arbeitsumfeld zu erweitern.<br />

Tabelle 15: Veränderungen im arbeitswelt- und berufsbezogenen Wissen der Jugendlichen in<br />

der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zwischen Pre- und Posttest<br />

Teilgruppen Veränderungen in den Kenntnissen über<br />

Inhalte<br />

Anforderungen <br />

Arbeitsabläufe/Studienabläufe<br />

Formen<br />

der<br />

Erwerbsarbeit <br />

Bewerbungsverfahren,<br />

-abläufe<br />

Pos.* MR Pos.* MR Pos.* MR Pos.* MR Pos.* MR<br />

KontrollgruppeSchnupper-<br />

3 133 3 139 5 130 4 116 3 135<br />

21<br />

0<br />

praktikum<br />

KFZT<br />

1 206 2 148 2 157 5 114 4 116 8<br />

Schnupperlehre<br />

2 176 1 186 1 184 1 180 1 184 19<br />

Girls’Day<br />

[B]<br />

5 106 5 104 4 136 2 133 2 143 8<br />

Girls’Day<br />

[S]<br />

4 127 4 134 3 151 3 123 5 100 22<br />

Signifikanz<br />

(p-Wert)<br />

Signifikanz<br />

bei Einbe-<br />

0,005 0,061 0,023 0,003 0,005 267<br />

ziehung der<br />

Interventionen<br />

mit n>15<br />

0,041 0,035 0,005 0,000 0,001 251<br />

* Position des mittleren Rangplatzes<br />

113 Beim eingesetzten Berechnungsmodell unberücksichtigt bleiben die Niveauunterschiede, die<br />

schon zum Zeitpunkt des Pretests in den Untersuchungsgruppen bestanden.<br />

114 Es ist die gerundete durchschnittliche Fallzahl für alle Einzelitems angegeben.<br />

n 114<br />

273


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Noch intensiver kommen die Wirkungen der Maßnahmen in den im Posttest<br />

direkt abgefragten Beurteilungen der Interventionsteilnehmer zum<br />

Ausdruck. Etwa ein Drittel der Jugendlichen gab an, durch die Orientierungsmaßnahmen<br />

Berufsausbildungs- und Studieninhalte sowie deren Anforderungen<br />

kennengelernt zu haben sowie besser über Arbeitsabläufe informiert<br />

zu sein (vgl. Anhang 15). Ebenfalls ein Drittel schätzt ein, etwas<br />

über die Aussichten und Chancen einer Berufsausbildung bzw. eines Studiums<br />

erfahren und gleichfalls die Möglichkeit zum Sammeln praktischer Erfahrungen<br />

eingeräumt bekommen zu haben. Bei den Mädchen und Jungen,<br />

die ausschließlich die schulische Berufsorientierung nutzen, konstatiert nur<br />

etwa ein Zehntel besser über Aspekte wie Berufsausbildungs- und Studieninhalte,<br />

deren Anforderungen sowie Arbeitsabläufe Bescheid zu wissen.<br />

Dagegen werden der Wissenserwerb zum Verdienst in einer abgeschlossenen<br />

Ausbildung (je ca. 10%), zum Thema Bewerbung (je ca. 30%) sowie<br />

über Kontaktstellen bei denen Informationsmaterialien zur Berufsorientierung<br />

bezogen werden können (je ca. 30%), in den Teilgruppen relativ homogen<br />

bewertet. Hier, wie auch bezogen auf die Fähigkeit zur Einschätzung<br />

individueller beruflicher Interessen und Ziele, sind die Effekte von<br />

schu-lischer Berufsorientierung und Interventionen vergleichbar.<br />

Konträr zu den aufgezeigten Ergebnissen stehen die in der Follow-up-<br />

Befragung zum Ausdruck gebrachten Standpunkte der Jugendlichen, die<br />

eher keine Erweiterung des berufs- und arbeitsweltbezogenen Wissens erkennen<br />

lassen. Zu ihrem Erkenntnisgewinn reflektieren die Mädchen und<br />

Jungen u. a. wie folgt:<br />

274<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Ich glaube, es waren drei oder vier Tage, drei dürften es gewesen sein.<br />

Immer von früh um neun oder acht bis um drei ungefähr, glaub ich.<br />

Und waren halt großteils erstmal so Orientierung, wie generell die Wege<br />

nach dem Abitur aussehen können. Ja, dann, ja halt mehr auf Bewerbung<br />

erstmal fixiert beziehungsweise Studien ein bisschen mit angeschnitten<br />

was es für Möglichkeiten es gibt, weil man das ja auch großteils<br />

schon mit in der Schule hatte beziehungsweise von der Uni ab und zu<br />

schon mal mitbekommen hat. Also, gerade bei uns an der Schule ist ja<br />

vom Praktikum her sowieso an der Uni vorgesehen und da hatten wir<br />

dann auch schon mal so Material gekriegt über Studiengänge, die es hier<br />

gibt. Und ansonsten halt Bewerbungsgespräche so ein bisschen simuliert,<br />

dann Teamworktraining und (Pause) was haben wir denn noch so<br />

gemacht? Ja, das wär so das Grobe, was mir jetzt grad so einfällt. Es ist<br />

ja jetzt auch schon ein halbes Jahr her.“ (Z. 10-19)


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

„Es war[en – Anm. d. Verf.] da noch die Exkursionen …, wo wir dann<br />

uns noch ein Unternehmen direkt angeguckt haben ein kleineres, dort<br />

mit den Leuten gesprochen haben, über ja so generell Aussichten. … irgendwas<br />

[mit – Anm. d. Verf.] Software machen die, ähm, hier in<br />

Chemnitz auch und ja wir hatten halt da die Chance mit dem Chef zu<br />

sprechen und so ein bisschen über Möglichkeiten bei denen einen Einblick<br />

zu erhalten. Also, auch mit den Mitarbeitern dort noch Kontakt zu<br />

haben.“ (Z. 23 -28)<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Das war, glaub ich, in der zweiten Ferienwoche, in der zweiten Osterferienwoche<br />

und es ging von Montag bis Freitag. Und hab dorthin halt das<br />

ganze Gelände kennengelernt, wo was ist und sind dann reingekommen<br />

in die Küche und die Backstube und haben, haben zuerst halt Rezepte<br />

aufgeschrieben und dann halt angefangen mit beim Plätzchenbacken so<br />

Plätzchen ausge-, na also Teig ausgerollt, Plätzchen, die Formen ausgestochen,<br />

so Kleinigkeiten erstmal kennengelernt, so. Wir haben auch<br />

einen Tag Schokoladen bekommen, hergestellt, dann selber halt Sachen<br />

zusammengesucht, Sachen abgewogen, Teig selber angerührt mit dem<br />

Konditormeister. Waren einen Tag, weiß nicht ganz genau wo, waren<br />

wir halt in der Konditorei, waren drinne in der Backstube haben wir halt<br />

gesehen, wie das halt so aufgebaut ist, wie es abläuft und was dann hergestellt<br />

wird. Und haben halt viel praktische Sachen gemacht, halt praktische<br />

Sachen kennengelernt und ja war schon mal ein bissl informativ.“<br />

(Z. 11-21)<br />

„Ich wusste schon vorher, bevor ich den Schnupperkurs gemacht habe,<br />

dass man nur halt Gebäck macht und halt immer halt. Na, ich wusste<br />

halt schon vorher eigentlich, was man da so macht.“ (Z. 63-65)<br />

Der Teilnehmerin des Schnupperpraktikums ‚Konditorei/Verkauf’ sind<br />

vor allem die praktischen Einblicke und Möglichkeiten des Ausprobierens<br />

in Erinnerung geblieben. Sie bringt jedoch auch klar zum Ausdruck, dass<br />

die in der Orientierungsmaßnahme vermittelten Inhalte, für sie nicht neu<br />

waren. Analog zu ihr reflektieren auch andere in der Follow-up-Erhebung<br />

befragte Jugendliche:<br />

Schüler B (Mittelschule, 8. Klasse, Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Naja, so konnte ich mir halt denken, dass ich ziemlich früh aufstehen<br />

muss und dass halt nicht alles ganz leicht ist. Ist halt auch so gewesen.“<br />

(Z. 65-70)<br />

Ich wollte mich vergewissern, „dass der Beruf halt so ist, wie ich es mir<br />

bis jetzt so gedacht hatte. Da hab ich dann gemerkt, dass es eigentlich<br />

auch so ist.“ (Z. 69-70)<br />

275


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

276<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Also, mein Bild, ich hab dadurch nichts Negatives sag ich mal gelernt<br />

durch den Girls’Day, eher noch mehr so gestärkt sag ich mal, das was<br />

ich wusste.“ (Z. 70-71)<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„War insofern also ziemlich Bestätigung für mich weiter zu machen in<br />

die Richtung und … dann nur mehr oder weniger eine Auffrischung<br />

oder Aktualisierung.“ (Z. 80-83)<br />

Die im Posttest zu findende Wissenserweiterung spiegelt sich demnach innerhalb<br />

der Follow-up-Interviews nur verhalten wider.<br />

9.12 Informationsbereitschaft und<br />

Flexibilität im Berufsorientierungsprozess<br />

Maximal 15% (Pretest) bzw. 27% (Posttest) der Mädchen und Jungen der<br />

Interventions- und Kontrollgruppe schätzen ihr Wissen über Inhalte, Anforderungen<br />

und Arbeitsabläufe in den sie interessierenden Ausbildungsberufen<br />

und Studiengängen sowie über Formen der Erwerbsarbeit als ‚sehr<br />

gut’ ein. Weniger als die Hälfte der befragten Jugendlichen benannte potenzielle<br />

Ausbildungsbetriebe bzw. Arbeitgeber. Die Ergebnisse der Mittelwertberechnungen<br />

der Skala Informationsbereitschaft und Flexibilität legen nahe,<br />

dass die bestehenden Informationsdefizite offensichtlich nicht auf einer<br />

mangelnden Bereitwilligkeit, sich entsprechende Informationen zu beschaffen,<br />

beruhen und die Jugendlichen insgesamt eine hohe Flexibilität und<br />

Kompromissbereitschaft im Berufsorientierungsprozess vorweisen. Die<br />

Einzelitems der Skala, Beispiele sind „Bevor man sich für einen bestimmten<br />

Beruf entscheidet, sollte man herauszubekommen versuchen, was<br />

man in diesem Beruf tun muss und ob einem dieser wirklich liegt.“ und<br />

„Um im Beruf vorwärtszukommen, muss man auch später noch bereit sein,<br />

weiterzulernen.“, erfahren durchschnittlich eine hohe Zustimmung. Die<br />

Mittelwerte der Kontrollgruppe liegen im Pre- und Posttest niedriger als die<br />

der Interventionsgruppe (�KG-Pre = 3,52; �KG-Post = 3,37; �IG-Pre = 3,54;<br />

�IG-Post = 3,52). Am niedrigsten ist die Informationsbereitschaft und Flexibilität<br />

zum ersten Erhebungszeitpunkt beim ‚Girls’Day [S], am ausgeprägtesten<br />

bei ‚JobGalaxy’ (vgl. Anhang 32). Zum zweiten Messzeitpunkt ist die<br />

höchste Informationsbereitschaft und Flexibilität bei den Mädchen und<br />

Jungen des Schnupperpraktikums ‚Kraftfahrzeugtechnik’, die niedrigste bei


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

denen der ‚Schnupperlehre’ zu finden. Die Bereitwilligkeit zur Informationsbeschaffung<br />

und zu Kompromissen im Kontext der Berufswahl sinkt<br />

vom Pretest zum Posttest bei den Schülerinnen und Schülern der Kontrollgruppe<br />

und bei den drei Interventionen ‚JobGalaxy’, ‚Schnupperlehre’ und<br />

Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’. Möglicherweise hatte im Kontext<br />

dieser Maßnahmen und in den Schulen der Prozesscharakter von Berufsorientierung<br />

und damit auch die wiederkehrende Notwendigkeit, berufliche<br />

Entscheidungen zu treffen, zu geringen Stellenwert oder aber den<br />

Mädchen und Jungen wurde suggeriert, dass Informationsbereitschaft und<br />

Flexibilität nicht allein maßgeblich für einen erfolgreichen Übergang zwischen<br />

Schule und Arbeitswelt sind.<br />

Die Ergebnisse der zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor<br />

belegen den differenziellen Entwicklungsverlauf zwischen den<br />

verschiedenen Gruppen. Während die Haupteffekte, also die Zugehörigkeit<br />

zu einer der Untersuchungsgruppen sowie der Zeiteffekt keine Signifikanz<br />

aufweisen, ist der Interaktionseffekt mit p = 0,024 signifikant. Die Wechselbeziehung<br />

von Gruppen- und Zeitfaktor klärt jedoch nur 4% der<br />

Varianz auf. Der Erkenntnisgewinn zum Zusammenwirken der beiden Einflussfaktoren<br />

ist damit insgesamt eingeschränkt.<br />

Abschließend ist auf schwache bis mittlere Korrelationen115 der Informationsbereitschaft<br />

und Flexibilität mit dem ‚beruflichen Engagement’ sowie dem<br />

‚Streben nach sinnstiftenden Tätigkeiten und nach Umsetzung von familiären<br />

und freizeitbezogenen Interessen’ in der Interventions- und Kontrollgruppe<br />

hinzuweisen. Je größer das Berufswahlengagement und je stärker der<br />

Wunsch nach Selbstverwirklichung, desto höher ist in der Tendenz die Informationsbereitschaft<br />

und Flexibilität bei den Jugendlichen beider Teilgruppen. Sie<br />

determiniert die zwei Parameter im Posttest bis zu 38%. 116 Die Wahrscheinlichkeit<br />

für einen Zufall ist mit p = 0,000 stets kleiner als 1%. Ein<br />

systematischer Zusammenhang kann demnach als nachgewiesen angesehen<br />

werden.<br />

115 Berechnet wurde die Produkt-Moment-Korrelation mit dem Korrelationskoeffizienten nach<br />

Pearson.<br />

116 Kontrollgruppe: Berufswahlengagement rKG-Post = 0,291; Selbstverwirklichung: rKG-Post = 0,382;<br />

Interventionsgruppe: Berufswahlengagement rIG-Post = 0,352; Selbstverwirklichung: rIG-Post = 0,620;<br />

Die Stärke des Zusammenhangs steigt vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt.<br />

277


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

9.13 Eigenverantwortung in der<br />

beruflichen Orientierung<br />

Das gezeigte Berufswahlengagement und die hohe Informationsbereitschaft und Flexibilität<br />

der Jugendlichen lässt gleichfalls ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl<br />

für den eigenen beruflichen Weg erwarten. Tatsächlich bestätigen<br />

die Mittelwerte der Skala Eigenverantwortung in der Berufsorientierung die<br />

Einsicht der Mädchen und Jungen, selbst Voraussetzungen für einen gelingenden<br />

Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt schaffen zu müssen.<br />

Aussagen wie „Ich muss meine berufliche Laufbahn in einem vorgegebenen<br />

Rahmen selber mitgestalten.“ und „Ein guter Schulabschluss ist<br />

die beste Voraussetzung für einen guten Berufsstart.“ sind Beispielitems<br />

der eingesetzten Skala.<br />

Im Pretest weisen die Kontrollgruppe (�KG-Pre = 3,63; �KG-Post = 3,56) und<br />

im Posttest die Interventionsgruppe (�IG-Pre/�IG-Post = 3,61) höhere Mittelwerte<br />

auf, wobei die der Jugendlichen in den Orientierungsmaßnahmen unabhängig<br />

von geringen geschlechterspezifischen Unterschieden auf dem<br />

gleichen Niveau verbleiben (vgl. Anhang 33). Die weiblichen und männlichen<br />

Befragungsteilnehmenden im Einzelnen betrachtet, zeigt sich in der<br />

Kontrollgruppe homogen eine schwache Verringerung des individuellen<br />

Pflichtgefühls für die berufliche Zukunft. In der Interventionsgruppe<br />

nähern sich die Geschlechter einander an, wobei die Jungen im Posttest ein<br />

gestärktes Verantwortungsbewusstsein in Hinblick auf die Eigenverantwortung<br />

in der beruflichen Orientierung aufweisen. Die Mittelwerte in den<br />

Einzelinterventionen entwickeln sich von Messzeitpunkt zu Messzeitpunkt<br />

unterschiedlich. Während beim Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’<br />

und der ‚Schnupperlehre’ das Gestaltungsbewusstsein der Teilnehmenden<br />

sinkt, erfolgt bei den weiteren Interventionen eine Steigerung. Die Ergebnisse<br />

der zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor zeigen<br />

jedoch, dass die Differenzen zwischen den Gruppen, der Zeiteffekt,<br />

wie auch die Interaktion zwischen den Gruppen und dem Faktor Zeit nur<br />

maximal 3% der Varianz aufklären und jeweils deutlich nicht signifikant<br />

sind. Die Mittelwertunterschiede können demnach das Resultat von Zufallsschwankungen<br />

sein.<br />

In der Tendenz steigen das Berufswahlengagement, der Wunsch nach Selbstverwirklichung<br />

sowie die Informationsbereitschaft und Flexibilität im Berufsorientierungsprozess<br />

mit der Eigenverantwortung. Innerhalb des Pretests konnten in<br />

der Interventions- und Kontrollgruppe schwache bis mittlere positive Kor-<br />

278


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

relationen zwischen den einzelnen Parametern ermittelt werden, im Posttest<br />

dagegen mittlere bis hohe. 117 Die Korrelationen sind auf dem 1%-<br />

Niveau signifikant. In ihrer Effektstärke am intensivsten ausgeprägte<br />

Wechselbeziehungen bestehen in beiden Teilgruppen zwischen der Eigenverantwortung<br />

und der Informationsbereitschaft und Flexibilität. Die Varianzaufklärung<br />

beträgt hier 55% bei der Interventionsgruppe bzw. 61% bei der<br />

Kontrollgruppe. Keine signifikanten Zusammenhänge bestehen in den<br />

Teilgruppen zwischen der Eigenverantwortung und der Einschätzung der<br />

Chancen auf eine Berufsausbildung bzw. ein Studium. D. h der persönliche<br />

Einsatz und individuelle Leistungen, wie z. B. ein guter Schulabschluss ist<br />

nicht zwangsläufig auch mit der Aussicht auf einen gelingenden Übergang<br />

zwischen Schule und Arbeitswelt verbunden. Hierin bestätigt sich der bereits<br />

in Kapitel 9.10 für die Interventionsgruppe konstatierte fehlende Zusammenhang<br />

zwischen den Bewerbungsaktivitäten und den eingeschätzten<br />

Aussichten auf einen erfolgreichen Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung<br />

bzw. ein Studium.<br />

9.14 Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung<br />

Die Selbstwirksamkeitserwartung ist Ausdruck der subjektiven Überzeugung<br />

aufgrund eigenen Handelns schwierige Anforderungen bewältigen zu<br />

können. Sie beeinflusst u. a. die Auswahl von Handlungen und gezeigte<br />

Anstrengungen. Vor diesem Hintergrund ist zu vermuten, dass die Jugendlichen<br />

der Interventionsgruppen, die sich durch ihre Teilnahme an den einzelnen<br />

Orientierungsmaßnahmen in besonderer Weise der Herausforderung<br />

Berufswahl stellen, über eine höhere allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung<br />

verfügen und diese während den Interventionen durch erworbenes<br />

Wissen (vgl. Kapitel 9.11) noch gestärkt wird. Die berechneten Mittelwerte<br />

(vgl. Anhang 34) zeigen einerseits, dass die Mädchen und Jungen der Interventions-<br />

und Kontrollgruppe zu beiden Messzeitpunkten über eine, wenn<br />

auch nicht sehr ausgeprägte, dann dennoch in der Tendenz hohe allgemeine<br />

Selbstwirksamkeitserwartung verfügen. Andererseits bestehen außerhalb<br />

der Differenzierung der Interventionsgruppe nur geringfügige Unterschiede<br />

117 Kontrollgruppe: Berufswahlengagement rKG-Pre = 0,178; rKG-Post = 0,314; Selbstverwirklichung:<br />

rKG-Pre = 0,367; rKG-Post = 0,464; Informationsbereitschaft: rKG-Pre = 0,498; rKG-Post = 0,618; Interventionsgruppe<br />

Berufswahlengagement rIG-Pre = 0,282; rIG-Post = 0,404; Selbstverwirklichung: rIG-Pre =<br />

0,508; rIG-Post = 0,641; Informationsbereitschaft: rIG-Pre = 0,556; rIG-Post = 0,690; Berechnet wurde<br />

die Produkt-Moment-Korrelation mit dem Korrelationskoeffizienten nach Pearson. Die Stärke<br />

des Zusammenhangs steigt vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt.<br />

279


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

zwischen den Maßnahmteilnehmenden und den Jugendlichen, die ausschließlich<br />

die schulische Berufsorientierung nutzten, wobei erstere jeweils<br />

etwas höhere Werte aufweisen. Insgesamt ergeben sich vom Pretest und<br />

Posttest in der Kontrollgruppe (+0,03) und in der Interventionsgruppe<br />

(+0,08) nur minimale Veränderungen. Auf Ebene der Einzelinterventionen<br />

reicht die Spannbreite der Mittelwerte im Pretest von �IG-Pre = 2,91 beim<br />

‚Girls’Day’ [S] bis �IG-Pre = 3,10 bei ‚JobGalaxy Future’. Auch im Posttest<br />

ist die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung der Teilnehmenden des<br />

‚Girls’Day’ [S], gemeinsam mit ‚JobGalaxy’ mit �IG-Post = 2,95 am niedrigsten,<br />

während die höchsten Werte von Jungen und Mädchen der<br />

‚Schnupperlehre’ erreicht werden (�IG-Post = 3,22). Jedoch setzt sich dieses<br />

Bild bei näherer Betrachtung der geschlechts-spezifischen Veränderungen<br />

in den Maßnahmen nicht fort. Über alle Interventionen, bei denen sowohl<br />

Daten von Jungen als auch von Mädchen ausgewertet werden konnten, ist<br />

jeweils eine disparate Entwicklung bei den männlichen und weiblichen Befragten<br />

zu konstatieren. Die Veränderungen verlaufen in ihrer Richtung unterschiedlich<br />

und sind nicht davon abhängig, ob die Gruppenzusammensetzung<br />

geschlechterhomogen oder -heterogen ist. Einen Gewinn in ihrer<br />

allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung können zum Großteil die Jungen<br />

verzeichnen. Möglicherweise haben sie mehr Erfolgserlebnisse durch die<br />

ihre Leistungsüberzeugung eine stärkere Formung erhält, sei es, weil sie ihre<br />

eigenen Interessen und Meinungen besser durchsetzen konnten oder<br />

weil sie beispielsweise mehr Aufmerksamkeit erhielten.<br />

Die Ergebnisse der zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor<br />

zeigen auf, dass die bestehenden Mittelwertunterschiede lediglich<br />

auf Zufallsschwankungen basieren. Die Differenzen zwischen den<br />

Gruppen, der Zeiteffekt, wie auch die Interaktion zwischen den Gruppen<br />

und dem Faktor Zeit sind nicht signifikant und klären maximal 3% der<br />

Varianz auf. Überprüft wurde ferner der Zusammenhang zwischen der allgemeinen<br />

Selbstwirksamkeitserwartung und der Einschätzung von Chancen<br />

auf eine Berufsausbildung bzw. ein Studium sowie dem empfundenen<br />

Vorbereitungsstand im Berufsorientierungsprozess. Bei der Kontrollgruppe<br />

sind zu den zwei Messzeitpunkten Korrelationen in Hinsicht auf die genannten<br />

Aspekte vorzufinden. Tendenziell fühlen sich die Jugendlichen, die<br />

keine Orientierungsmaßnahmen nutzen und über eine ausgeprägte allgemeine<br />

Selbstwirksamkeitserwartung verfügen, besser auf die Berufswahl<br />

vorbereitet und rechnen sich höhere Chancen nach Verlassen der Schule<br />

aus. Obgleich die Effektstärke der Wechselbeziehungen mit einer Varianzaufklärung<br />

von maximal 10% nur schwach ausgeprägt ist, sind die Zusam-<br />

280


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

menhänge zum Teil hoch signifikant. 118 Nach den vorliegenden Resultaten<br />

können die bisherige Auseinandersetzung mit der Berufswahl, die bereits<br />

genutzten Informationsquellen zur beruflichen Orientierung sowie das<br />

vorhandene arbeitswelt- und berufsbezogene Wissen nicht ursächlich für<br />

diese Befunde sein, denn die Faktoren sind in der Interventionsgruppe identisch<br />

oder gar besser ausgeprägt. Vielmehr ist zu vermuten, dass sich die<br />

Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer noch wenigen Erfahrungen in der<br />

Arbeitswelt selbst überschätzen. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe sind bei<br />

den Mädchen und Jungen, die eine außerschulische Orientierungsmaßnahme<br />

wahrnehmen, lediglich im Posttest schwache signifikante Korrelationen<br />

zum Vorbereitungsstand nachzuweisen. Möglicherweise liegt hierin, neben<br />

den bereits ausgeführten Teilnahmemotiven (vgl. Kapitel 9.3), ein weiterer<br />

Grund, warum Jugendliche an Orientierungsmaßnahmen teilnehmen. Sie<br />

sind trotz besserer Schulnoten und damit günstigeren Ausgangsvoraussetzungen<br />

für den Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt eben nicht wie<br />

die Gleichaltrigen der Kontrollgruppe überzeugt, den Berufsorientierungsprozess<br />

angemessen bewältigen zu können und suchen nach<br />

Unterstützung bei der Aufgabe Berufswahl. Im Zeitverlauf gewinnen sie<br />

das Gefühl, der Herausforderung des Übergangs zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

durch die Berufsorientierung besser gewachsen zu sein.<br />

9.15 Bewertung der Bedeutsamkeit<br />

arbeitsweltbezogener Kompetenzen<br />

und ihrer individuellen Verfügbarkeit<br />

Zur Abfrage, welche Kompetenzen nach Einschätzung der Jugendlichen in<br />

der Arbeitswelt von Bedeutung sind und in welchem Maße sie nach<br />

eigenem Empfinden über diese verfügen, wurden vier Subskalen herangezogen.<br />

Es erfolgte eine Differenzierung zwischen Sachkompetenz, Sozialkompetenz,<br />

Selbstkompetenz und Methodenkompetenz. Für Kenntnisse, Fertigkeiten<br />

und Fähigkeiten, die in fachübergreifenden Bereichen Anwendung finden<br />

können, d. h. Sachkompetenz steht das Beispielitem‚ Wirtschaftskenntnisse<br />

und Grundkenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge’. Sozialkompetenz,<br />

als Synonym für die Fähigkeit zur Kommunikation, zum Informationsaustausch<br />

und zu sozialen Beziehungen, wurde abgebildet durch Items wie<br />

‚mit anderen zusammenzuarbeiten’ oder ‚Sichtweisen und Interessen anderer<br />

berücksichtigen’. Die ‚Fähigkeit, Verantwortung für den Berufsweg zu<br />

118 Chancen: rKG-Pre = 0,224; rKG-Post = 0,328; pKG-Pre = 0,001; pKG-Post = 0,000; Vorbereitung: rKG-Pre =<br />

0,292; rKG-Post = 0,150; pKG-Pre = 0,000; pKG-Post = 0,023<br />

281


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

übernehmen’ und die ‚Kenntnis der eigenen Grenzen/Fähigkeit der realistischen<br />

Selbsteinschätzung’ repräsentieren die Skala zur Selbstkompetenz,<br />

welche individuelle Haltungen ausdrückt. Die Methodenkompetenz bezieht<br />

sich auf Verhaltensweisen bei der Problem- und Aufgabenbewältigung und<br />

fand in Items wie der ‚Fähigkeiten konzentriert und diszipliniert zu arbeiten’<br />

sowie der ‚Fähigkeit zur Selbstorganisation und zum selbstständigen<br />

Arbeiten’ Verankerung.<br />

Welche Kompetenzen erachten die Befragten für die zukünftige Berufsausbildung<br />

oder den angestrebten Studiengang als wichtig? Über alle<br />

vier Kompetenzdimensionen hinweg erkennen die Jugendlichen das auf<br />

dem Ausbildungsmarkt an sie gestellte Anforderungsniveau. Damit schließen<br />

sie an die Debatte zum Thema Ausbildungsreife an und spiegeln die<br />

signalisierten Erwartungen auf Seiten der Unternehmen wider (vgl. Kapitel<br />

2.3). Wie in Abbildung 12 veranschaulicht, werden die Fähigkeitsbereiche<br />

in den beiden Teilgruppen durchgängig als ‚eher wichtig’ mit Tendenz zum<br />

‚wichtig’ bewertet. Das wahrgenommene Anforderungsniveau ist im Preund<br />

Posttest im Bereich der Sozialkompetenzen am höchsten, also jenen<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten, die auch im Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife<br />

zentral sind (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2009b, S. 20 ff.).<br />

Zum Zeitpunkt des Pretests sehen die Jugendlichen der Interventionsgruppen<br />

zudem Sachkompetenzen als relevant für eine Berufsausbildung oder<br />

ein Studium an, also jene Aspekte, von denen sie erwarten, im Rahmen der<br />

Orientierungsangebote mehr zu erfahren.<br />

Abbildung 12: Bewertung der Wichtigkeit von Kompetenzen für die Berufsausbildung oder ein<br />

Studium durch die Jugendlichen in der Kontroll- und der Interventionsgruppe<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests nach Kompetenzbereichen 119<br />

Mittelwert<br />

282<br />

3,6<br />

3,2<br />

2,8<br />

2,4<br />

2<br />

Messzeitpunkt<br />

IG KG IG KG<br />

Pretest Posttest<br />

Sachkompetenz<br />

Sozialkompetenz<br />

Selbstkompetenz<br />

Methodenkompetenz<br />

119 Zur Wahrung der Übersichtlichkeit sind innerhalb der Abbildung keine Fallzahlen angegeben.<br />

Diese sind den im Text angegebenen Anhängen zu entnehmen. Die Antwortvorgaben sind wie<br />

folgt kodiert: 4 = ‚stimmt genau’, 1 = ‚stimmt nicht’.


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Die Mittelwerte der Interventions- und der Kontrollgruppe unterscheiden<br />

sich zu den beiden Messzeitpunkten über alle vier Kompetenzdimensionen<br />

jeweils nur minimal. 120 Im Vergleich der Einzelinterventionen und der<br />

Kompetenzbereiche ist zu diagnostizieren: Die Sachkompetenzen erfahren<br />

vor allem bei den Jugendlichen, welche das Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

nutzen, einen Bedeutungsverlust (-0,43; vgl. Anhang 35).<br />

Zudem sehen sich die Schülerinnen und Schüler, die sich im Nahrungsmittelhandwerk<br />

bzw. im Verkauf beruflich orientierten, mit Abschluss des<br />

Orientierungsangebotes in geringerem Maße mit Anforderungen bezogen<br />

auf die Sozialkompetenz (-0,98) konfrontiert (vgl. Anhang 36 f.). Gleiches<br />

gilt für Teilnehmende der ‚Schnupperlehre’ (-0,60). Die Rezipientinnen und<br />

Rezipienten des ‚Girls’Day’ [S] und des Schnupperpraktikums ‚Konditorei/<br />

Verkauf’ sprechen zudem der Selbstkompetenz auffällig Bedeutung ab (jeweils<br />

-0,45). Für letztere Gruppe ist dies auch in Hinsicht auf die Methodenkompetenz<br />

hervorzuheben (-0,49). Im Vergleich zwischen den Orientierungsmaßnahmen<br />

trägt vor allem der ‚Girls’Day’ [B] dazu bei, dass die<br />

Teilnehmerinnen die Wichtigkeit von Fähigkeiten und Fertigkeiten nach<br />

Abschluss des Angebotes höher bewerten. Gegenüber den Mädchen und<br />

Jungen der anderen Interventionen gewinnen die Sach-, Sozial-, Selbstkompetenz<br />

bei ihnen an Stellenwert.<br />

Wenn es um die Beurteilung der eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und<br />

Kenntnisse geht, zeigt sich folgendes Bild: Grundsätzlich schreiben sich die<br />

Befragten ein recht hohes Kompetenzniveau zu, jedoch liegt dieses deutlich<br />

unter dem wahrgenommenen Anforderungsniveau (vgl. Abbildung 12 und<br />

Abbildung 13). Die Varianz in den Antworten zur Verfügbarkeit der Kompetenzen<br />

unterscheidet sich in der Interventions- und der Kontrollgruppe<br />

nur in geringem Maße von der zur Wichtigkeit. Dies spricht dafür, dass die<br />

Mädchen und Jungen möglicherweise im Sinne sozialer Erwünschtheit<br />

antworteten.<br />

Das beträchtlichste Potenzial sehen die Befragten der beiden Teilgruppen<br />

im Pre- und Posttest in ihrer Sozialkompetenz, das niedrigste in der Sachkompetenz.<br />

Zurück stehen vor allen Dingen Wirtschaftskenntnisse und<br />

Grundkenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge (vgl. Abbildung 14 und<br />

Abbildung 15). Rückblickend auf die Ergebnisse zum arbeitswelt- und berufsbezogenen<br />

Wissen und den zum Teil erheblichen Antwortausfällen<br />

verwundert dieser Umstand nicht. Während in der Interventionsgruppe im<br />

120 Sachkompetenz: �IG-Pre = 3,56; �IG-Post = 3,20; �KG-Pre = 3,20; �KG-Post = 3,15; Sozialkompetenz:<br />

�IG-Pre = 3,55; �IG-Post = 3,28; �KG-Pre = 3,50; �KG-Post = 3,41; Selbstkompetenz: �IG-Pre = 3,37; �IG-Post<br />

= 3,28; �KG-Pre = 3,35; �KG-Post = 3,29; Methodenkompetenz: �IG-Pre = 3,45; �IG-Post = 3,29; �KG-Pre =<br />

3,37; �KG-Post = 3,30<br />

283


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Zeitverlauf eine Steigerung der verfügbaren Sach- und Selbstkompetenz<br />

festzustellen ist, trifft dies bei der Kontrollgruppe nur beim fachlichen Wissen<br />

zu. Besonders die Adressaten des Schnupperpraktikums ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

und die Mädchen und Jungen der ‚Schnupperlehre’ sehen ihre<br />

Fachkenntnisse gestärkt. Die Mittelwerte steigen bei diesen Befragten um<br />

+0,92 und +0,81 (vgl. Anhang 35).<br />

Abbildung 13: Beurteilung der persönlichen Verfügbarkeit von Kompetenzen durch die Jugendlichen<br />

in der Kontroll- und der Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pre-<br />

und des Posttests nach Kompetenzbereichen 121<br />

Mittelwert<br />

284<br />

3,6<br />

3,2<br />

2,8<br />

2,4<br />

2<br />

IG KG IG KG<br />

Pretest Posttest<br />

Messzeitpunkt<br />

Sachkompetenz<br />

Sozialkompetenz<br />

Selbstkompetenz<br />

Methodenkompetenz<br />

Konträr zur Entwicklung der Sachkompetenz nehmen die Mittelwerte der<br />

Skalen zur Sozial- und Methodenkompetenz vom Pretest zum Posttest in<br />

beiden Untersuchungsgruppen ab bzw. bleiben vergleichbar. 122 Jedoch bewerten<br />

auf Ebene der Einzelinterventionen nicht alle Jugendlichen das eigene<br />

Kompetenznivau zum zweiten Messzeitpunkt unverändert. Ein leichter<br />

Anstieg der Mittelwerte der Sozialkompetenz ist bei Jugendlichen, die<br />

an der ‚Schnupperlehre’ (+0,03) und ‚JobGalaxy Future’ (+0,09) teilnahmen<br />

sowie bei den Nutzerinnen des ‚Girls’Day’ [B] (+0,21) zu verzeichnen (vgl.<br />

Anhang 36). Bei den Methodenkompetenzen profitieren die Schülerinnen<br />

und Schüler der beiden Schnupperpraktika, der ‚Schnupperlehre’ und dem<br />

‚Girls’Day’ [B] (bis zu +0,14; vgl. Anhang 38). Auch innerhalb der Followup-Befragung<br />

zeigen sich gegenläufige Positionen zur quantitativ festgestellten<br />

Abnahme verfügbarer Kompetenzen. In den Berichten der Jugendlichen<br />

dominieren Aussagen, die sich auf den Bereich der Sozialkompetenz<br />

beziehen und diesbezügliche Erkenntnisgewinne unterstreichen, wie die<br />

folgenden Interviewpassagen eines Teilnehmers des Schnupperpraktikums<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’ sowie von Teilnehmerinnen des Schnupperpraktikums<br />

‚Konditorei/Verkauf’ und von ‚JobGalaxy Future’ belegen:<br />

121 vgl. Fußnote 119<br />

122 Sozialkompetenz: IG: -0,05 KG: -0,06; Methodenkompetenz: IG: +/-0 KG: -0,04


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Abbildung 14: Beurteilung der persönlichen Verfügbarkeit von Kompetenzen durch die<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe zum Zeitpunkt des Posttests 123 (n=227)<br />

Sachkompetenzen<br />

Wirtschaftskenntnisse<br />

praktische Vorkenntnisse im Beruf<br />

Grundlagenwissen zum Ausbildungsberuf/Studiengang<br />

Spezialwissen zum Ausbildungsberuf/Studiengang<br />

Sozialkompetenzen<br />

positive Selbstdarstellung<br />

Verlässlichkeit<br />

Berücksichtigung Sichtweisen und Interessen anderer<br />

Ausdrucksvermögen<br />

Teamfähigkeit<br />

Selbstkompetenzen<br />

kritisches Denken<br />

realistische Selbsteinschätzung<br />

Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit<br />

Verantwortung für den Berufsweg zu übernehmen<br />

Durchsetzungsvermögen, Beharrlichkeit<br />

Initiative zu ergreifen, sich einzubringen<br />

Methodenkompetenzen<br />

konzentriert und diszipliniert arbeiten<br />

Flexibilität<br />

Kreativität<br />

Wissenslücken erkennen u. schließen<br />

Umgang mit Medien u. Computer<br />

Selbstorganisation u. selbstständiges Arbeiten<br />

18<br />

46<br />

49<br />

47<br />

56<br />

66<br />

66<br />

64<br />

64<br />

70<br />

67<br />

67<br />

70<br />

67<br />

71<br />

74<br />

78<br />

76<br />

77<br />

87<br />

88<br />

68<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Angaben in % verfügbar defizitär<br />

123 Die Kategorie ‚verfügbar’ fasst die Ergebnisse der die Antwortvorgaben ‚in hohem Maße’ und<br />

‚in eher hohem Maße’ zusammen. Unter ‚defizitär’ sind die Resultate auf die Antwortvorgaben<br />

‚in eher geringem Maße’ und ‚in geringem Maße’ gruppiert.<br />

45<br />

43<br />

47<br />

37<br />

25<br />

27<br />

25<br />

28<br />

29<br />

22<br />

31<br />

23<br />

23<br />

28<br />

19<br />

16<br />

18<br />

19<br />

8<br />

9<br />

285


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Abbildung 15: Beurteilung der persönlichen Verfügbarkeit von Kompetenzen durch die<br />

Jugendlichen in der Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Posttests 124 (n= 78)<br />

Grundlagenwissen zum Ausbildungsberuf/Studiengang<br />

286<br />

Spezialwissen zum Ausbildungsberuf/Studiengang<br />

Berücksichtigung Sichtweisen und Interessen anderer<br />

Verantwortung für den Berufsweg zu übernehmen<br />

Selbstorganisation u. selbstständiges Arbeiten<br />

124 vgl. Fußnote 123<br />

Sachkompetenzen<br />

Wirtschaftskenntnisse<br />

praktische Vorkenntnisse im Beruf<br />

Sozialkompetenzen<br />

positive Selbstdarstellung<br />

Verlässlichkeit<br />

Ausdrucksvermögen<br />

Teamfähigkeit<br />

Selbstkompetenzen<br />

kritisches Denken<br />

realistische Selbsteinschätzung<br />

Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit<br />

Durchsetzungsvermögen, Beharrlichkeit<br />

Initiative zu ergreifen, sich einzubringen<br />

Methodenkompetenzen<br />

konzentriert und diszipliniert arbeiten<br />

Flexibilität<br />

Kreativität<br />

Wissenslücken erkennen u. schließen<br />

Umgang mit Medien u. Computer<br />

41<br />

63<br />

62<br />

66<br />

64<br />

68<br />

69<br />

69<br />

72<br />

71<br />

74<br />

73<br />

77<br />

78<br />

76<br />

79<br />

76<br />

82<br />

79<br />

82<br />

89<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Angaben in % verfügbar defizitär<br />

48<br />

30<br />

25<br />

32<br />

29<br />

19<br />

26<br />

23<br />

19<br />

22<br />

17<br />

18<br />

11<br />

21<br />

23<br />

18<br />

20<br />

13<br />

16<br />

14<br />

8


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schüler E (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’):<br />

„Also im Praktikum, da bist du ja allein. Und im Schnupperkurs da bist<br />

du halt mit mehreren zusammen, da kannst du ja auch lernen in der<br />

Gruppe zu arbeiten.“ (Z. 125-126)<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Naja, ich merk schon, dass ich gerne im Team arbeite. Ich arbeite gerne<br />

im Team, aber auch gerne alleine. Und das ist halt, Konditor, ist alles<br />

beides mit verbunden. Und ja, also bei den Fragebögen, die ich ausgefüllt<br />

hab, hab ich halt auch mitbekommen, dass halt nicht nur halt, wie<br />

schnell ich arbeite und so was halt, spielt nicht ne Rolle, sondern halt ob<br />

ich auch im Teamfähigkeit, ob ich auch halt helfe […]. Es waren bestimmte<br />

Sachen, wo ich denk so, ah, spielt auch ne Rolle.“ (Z. 94-99)<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Naja, wir hatten halt viele Selbsteinschätzungstests und diese, dieses<br />

Teamwork und so, wo wir dann zusammen in einer Gruppe auf Zeitdruck<br />

was ausarbeiten mussten. Da hat man halt gemerkt, was man kann<br />

und was man nicht kann. Das zum Beispiel halt, dass mit dem Teamwork<br />

sehr gut klappt. Und dass man halt auch so eine Art Führungsrolle<br />

hat, also zumindest hab ich mich dann immer so die Führungsperson<br />

meistens mit. Ja, das war eigentlich so das.“ (Z. 113-118)<br />

Unabhängig von der jeweiligen inhaltlichen Ausrichtung der Interventionen<br />

gelang es demnach innerhalb der Orientierungsmaßnahmen zur Auseinandersetzung<br />

mit sozialen und kommunikativen Aspekten anzuregen und Hilfestellung<br />

bei der Einschätzung individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

zu geben.<br />

Hinsichtlich der Selbstkompetenz liegen die Mittelwerte der Untersuchungsgruppen<br />

im Pretest auf etwa gleichem Niveau, entwickeln sich jedoch<br />

im Untersuchungsverlauf konträr. Während die Werte der Kontrollgruppe<br />

sinken (-0,04), steigen sie in der Interventionsgruppe minimal<br />

(+0,09). Auch hier sind es in erster Linie Jugendliche der ‚Schnupperlehre’<br />

(+0,29), des Schnupperpraktikums ‚Konditorei/Verkauf’ (+0,29) und von<br />

‚JobGalaxy Future’ (+0,39), die ihre verfügbaren Selbstkompetenzen innerhalb<br />

des Posttests höher bewerten als im Pretest (vgl. Anhang 37). Nach<br />

der zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor unterliegen<br />

die Mittelwertunterschiede der Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz<br />

im Pre- und Posttest zufälligen Schwankungen. Jedoch sind bezogen<br />

auf die Sachkompetenz geringfügige signifikante Effekte zu konstatieren.<br />

287


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Bei gleichzeitiger Signifikanz der Gruppenunterschiede (unter Abstraktion<br />

der Zeit) und des Zeiteffektes zwischen den Gruppen (unter Vernachlässigung<br />

der Differenzierung in den Gruppen) klärt die Interaktion zwischen<br />

Gruppe und Zeit 6,4% der Varianz der abhängigen Variable Sachkompetenz<br />

auf. Der Effekt ist auf dem 1%-Niveau signifikant. 125 Gründe dafür,<br />

dass Effekte der Interventionen nur in geringem Maße nachzuweisen sind,<br />

könnten neben der Tatsache, dass die Kompetenzentwicklung tatsächlich<br />

nicht ausreichend gefördert wurde, auch darin liegen, dass es in den Interventionen<br />

noch zu wenig gelingt, neben der initiierten Auseinandersetzung<br />

mit den individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch eine systematische<br />

Rückmeldung zum persönlichen Entwicklungsstand der Jugendlichen zu<br />

geben. So wird an den drei nachstehenden Aussagen von Schülerinnen und<br />

Schülern in den Follow-up-Interviews deutlich, dass innerhalb der Maßnahmen<br />

zwar eine Rückkopplung in spezifischen Arbeitsprozessen erfolgte,<br />

jedoch erscheinen diese wenig strukturiert und zum Teil alleinig zwischen<br />

den Gleichaltrigen organisiert zu sein.<br />

288<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Na, zum Beispiel jetzt beim Löten oder so. Das wissen ja vorher viele<br />

nicht, dass die das so können. Und dann stehen sie da und können übelst<br />

gut z. B. löten. Und so was find ich dann eigentlich schon, dass es<br />

dann auch hilft, weil vielleicht macht`s ihnen dann auch noch Spaß und<br />

will es dann mal im Beruf auch machen. Von daher hilft das eigentlich<br />

schon. Also, mir hat´s zumindest geholfen.“ (Z. 113-118)<br />

Schüler F (Mittelschule, o. K., ‚Schnupperlehre’):<br />

„Ich konnte mir alles angucken. Wie die Arbeit haben, die haben die uns<br />

auch gezeigt. Wir konnten auch selbst bauen, sollten auch selbst aufbauen.<br />

Und unsere Lehrer [Ausbilder in der Orientierungsmaßnahme], sag<br />

ich mal, haben das dann kontrolliert, ob es richtig war. Und dann konnten<br />

wir halt einschätzen, ob wir dafür geeignet sind oder eben nicht.“<br />

(Z. 117-120)<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Also wir mussten ja hier, haben einen Zettel bekommen und das waren,<br />

und ähm, na, Eigenschaften von also Menschen drauf und [da] sollte<br />

man ankreuzen, was auf uns zutrifft, und was, also mehr oder weniger<br />

und diese Zettel sollten wir dann noch, also, an die Personen, also jetzt<br />

die Studenten haben, ähm, für jede Person noch einen anderen Partner<br />

ausgewählt und die sollten das dann für uns erstmal bestimmten.“<br />

(Z. 129-134)<br />

125 Der Levene Test auf Gleichheit der Fehlervarianzen zeigt zu beiden Messzeitpunkten<br />

heterogene Varianzen, die deutlich nicht signifikant sind.


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Während Schülerin C ihre handwerklichen Fertigkeiten selbst am Ergebnis<br />

ihrer Arbeit misst, bekommt Schüler F über die Bewertung des Ausbilders<br />

eine Rückmeldung. Schülerin G zieht Erkenntnisse über ihre Kompetenzen<br />

aus der Selbsteinschätzung und der Bewertung durch andere Teilnehmende.<br />

Damit Jugendliche lernen, sich selbst einzuschätzen, eigene<br />

Interessen und Neigungen zu erkennen, sich ihrer selbst bewusst werden<br />

und Eigenverantwortung entwickeln können, benötigen sie zielgerichtete<br />

Gespräche, Kompetenzfeststellungs- bzw. -bilanzierungsverfahren und<br />

darauf aufbauend eine individuelle Förderung zur systematischen Kompetenzentwicklung.<br />

Eine solche Verfahrensweise ist jedoch weder in den<br />

Aussagen der Jugendlichen noch in den Interviews mit den Organisatoren<br />

der Interventionen erkennbar.<br />

Die einzelnen Kompetenzdimensionen stehen, wenn zum Großteil auch<br />

nur in geringem Maße, mit den meisten der in den vorangegangenen Kapiteln<br />

betrachteten Elemente der Berufswahlreife in Zusammenhang. Die in<br />

der Interventionsgruppe stärkste Korrelation, ein mittlerer positiver Zusammenhang,<br />

ist im Pre- und im Posttest zwischen verfügbarer Selbstkompetenz<br />

und allgemeiner Selbstwirksamkeitserwartung auszumachen. Mit<br />

anderen Worten: Je höher die Jugendlichen ihre Selbstkompetenz einschätzen,<br />

je höher ist in der Tendenz ihre Selbstwirksamkeitserwartung.<br />

Für den Pretets mit rIG-Pre = 0,623 bedeutet dies, dass die Selbstkompetenz<br />

zu 39% von der Selbstwirksamkeit determiniert wird. Das Ergebnis ist auf<br />

dem 1%-Niveau signifikant und, wenn auch in etwas geringer Effektstärke,<br />

ebenfalls bei der Kontrollgruppe nachzuweisen. Im Gegensatz zur Interventionsgruppe<br />

vergrößert sich der Zusammenhang hier zwischen den<br />

Messzeitpunkten.<br />

Wie eingangs vermutet gilt gleichfalls: Je höher das subjektiv empfundene<br />

Wissen über Inhalte, Anforderungen und Abläufe in Ausbildungen, Unternehmen<br />

und Hochschulen ist, umso höher wird in der Regel die vorhandene<br />

Sachkompetenz bewertet. Dieser Zusammenhang ist in der Interventionsgruppe<br />

besonders ausgeprägt. Während im Pretest Korrelationen maximal<br />

in Höhe von rIG-Pre = 0,398 vorzufinden sind, liegen diese im Posttest<br />

schon bei rIG-Post = 0,558 und damit einer Varianzaufklärung von 31%. Die<br />

Wahrscheinlichkeit für einen Zufallseffekt ist kleiner als 1%. 126 Jedoch<br />

fruchtet eine ausgeprägte Sachkompetenz nur zum Teil im Gefühl, gut auf<br />

die Berufs- und Studienwahl vorbereitet zu sein. Fachkenntnisse tragen<br />

126 Inhalte: rIG-Pre = 0,356; rIG-Post = 0,558; rKG-Pre = 0,372; rKG-Post = 0,270; Anforderungen:<br />

rIG-Pre = 0,375; rIG-Post = 0,538; rKG-Pre = 0,355; rKG-Post = 0,359; Arbeitsabläufe: rIG-Pre = 0,398;<br />

rIG-Post = 0,498; rKG-Pre = 0,310; rKG-Post = 0,442<br />

289


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

nach den Ergebnissen in den beiden Gruppen im Posttest nur zu etwa<br />

einem Fünftel zu einer als ausreichend empfundenen Vorbereitung bei. Der<br />

Zusammenhang vergrößert sich vom Pre- zum Posttest und ist in der Interventionsgruppe<br />

und der Kontrollgruppe zu beiden Messzeitpunkten auf<br />

dem 1%-Niveau signifikant. 127<br />

Zu erwähnen ist darüber hinaus ein Zusammenhang, der an das von Lange<br />

1978 (vgl. Kapitel 2.2) beschriebene Phänomen anknüpft, wonach das faktische<br />

Wissen über verschiedene Aspekte der Berufs- und Arbeitswelt mit<br />

höherer Schulbildung steigt, die Jugendlichen das eigene berufliche Wissen<br />

dann jedoch geringer einschätzen. Sowohl in der Interventions- als auch in<br />

der Kontrollgruppe konnte im Pretest ein schwacher negativer Zusammenhang<br />

von rIG-Pre = -0,267 und rKG-Pre = -0,217 zwischen der verfügbaren<br />

Sachkompetenz und dem angestrebten Schulabschluss ermittelt werden.<br />

D. h. je höher der angestrebte Schulabschluss ist, desto geringer bewerten<br />

die Befragten ihre Sachkenntnisse. Der auf dem 1%- bzw. 5%-Niveau<br />

signifikante Zusammenhang findet sich im Posttest verstärkt wieder mit<br />

rIG-Post = -0,413 und rKG-Post = -0,284. Die Interventionen unterstützen demnach<br />

deutlich den von Lange beschriebenen Sachverhalt.<br />

Während in der Kontrollgruppe schwache signifikante Korrelationen<br />

zwischen den vorhanden Kompetenzen und der Bewertung individueller<br />

Chancen am Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt bestehen, sind<br />

diese bei den gleichaltrigen Maßnahmeteilnehmerinnen und -teilnehmern<br />

nicht zu identifizieren.<br />

An den zuletzt beschriebenen Ergebnissen wird einmal mehr deutlich, dass<br />

die Interventionsteilnehmer anthropologische und soziokulturelle Bedingungen<br />

weitaus weniger als Kriterien für einen erfolgreichen Übergang zwischen<br />

Schule und Arbeitswelt sehen, als die Jugendlichen der Kontrollgruppe<br />

(vgl. Kapitel 9.10 und 9.13).<br />

9.16 Einschätzung der Interventionen<br />

Insgesamt betrachtet, verlassen fast alle Schülerinnen und Schüler die<br />

Orientierungsmaßnahmen mit einer positiven Gesamtbewertung. 39% geben<br />

an, dass ihnen die jeweilige Intervention sehr gut gefallen hat<br />

(vgl. Abbildung 16). Nur eine kleine Gruppe von 4% ist unzufrieden. Auf<br />

Ebene der Einzelinterventionen schnitten ‚JobGalaxy’ sowie die beiden<br />

Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und ‚Konditorei/Verkauf’ bei<br />

127 rIG-Post = 0,436; r 2 IG-Post = 0,190; rKG-Post = 0,424; r 2 KG-Post = 0,180<br />

290


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

den Mädchen und Jungen am Besten ab. Etwa zwei Drittel fanden diese<br />

Maßnahmen vollkommen überzeugend. Die ‚JobGalaxy’-Teilnehmenden<br />

hoben insbesondere das Team- und Bewerbungstraining hervor. Möglichkeiten<br />

zur praktischen Erprobung, zur Herstellung von Produkten oder,<br />

wie es ein Teilnehmer formuliert „Dass wir gleich richtig ran genommen<br />

worden“ (Mittelschüler, 8. Klasse, IGPost), erfuhren auf Seiten der Jugendlichen<br />

der beiden Schnupperpraktika Anklang. Die ‚Girls’Day’-Interventionen<br />

wurden in geringerem Maße sehr positiv beurteilt. Aus ihnen, wie<br />

auch aus der ‚Schnupperlehre’ gehen die Jugendliche am wenigsten zufrieden<br />

hervor. Während sich die Kritikpunkte bei der ‚Schnupperlehre’ ausschließlich<br />

auf inhaltliche Aspekte konzentrieren, nicht gefallen haben den<br />

Teilnehmenden vor allem die Fachbereiche ‚Gesundheit/Pflege’ sowie<br />

‚Metalltechnik’, wird bei den ‚Girls’Day’-Maßnahmen überwiegend Organisatorisches<br />

bemängelt. Beim Angebot, welches auf die Berufsausbildung<br />

fokussierte, sind die Menge an Angebotsstationen und damit verbundener<br />

Zeitdruck, aber zum Teil auch Wartezeiten, wenn weitere Gruppen einzelne<br />

Stationen nicht im vorgegebenen Zeitplan absolvierten, anzuführen.<br />

11% der Mädchen hatten so wenig Freude an der Orientierungsmaßnahme.<br />

Die Teilnehmerinnen wünschten sich mehr Spielraum zum Kennenlernen<br />

der Berufsfelder und Ausprobieren in den Ausbildungswerkstätten sowie<br />

den Praxis- und Experimentierstationen. Ähnliches gilt für die Mädchen,<br />

die sich am ‚Girls’Day’ über Studiengänge informierten. Einerseits fühlten<br />

sie sich durch die Vielfalt an Vorträgen, Workshops und Führungen und<br />

den freundlichen und offenen Umgang sehr angesprochen, andererseits aber<br />

auch unter Druck gesetzt. Die geringe Pausenzeit zwischen den Angeboten<br />

und die zum Teil langen Wege auf dem Campus lösen bei ihnen Unzufriedenheit<br />

aus, wenngleich diese Aspekte authentisch die Rahmenbedingungen<br />

im Studienalltag wiedergeben. Bemängelt wurde darüber hinaus die<br />

teilweise zu lang andauernde und wenig abwechslungsreiche Stoffvermittlung<br />

in den Vorträgen. Sie löste die bei den jungen Frauen mitunter Langweile<br />

aus. Vermisst wurden Informationen zum Studienverlauf und Zugangsvoraussetzungen<br />

für Studiengänge, Auskünfte zu beruflichen<br />

Perspektiven in spezifischen Fachbereichen und Hinweise zu Berufsausbildungen<br />

an der Hochschule. Jede zweite Teilnehmerin der beiden<br />

‚Girls’Day’-Interventionen schätzt ein, dass eigene Interessen und Wünsche<br />

kaum Berücksichtigung fanden. Zudem stufen 22% (‚Girls’Day’ [B]) bzw.<br />

33% (‚Girls’Day’ [S]) das Angebot für die eigene Zielgruppe als kaum ansprechend<br />

ein. Doch auch aus weiteren Maßnahmen heraus wird die Notwendigkeit<br />

gesehen, Angebote stärker an den Interessen der Schülerinnen<br />

und Schüler auszurichten. So sieht eine ‚JobGalaxy’-Teilnehmerin folgende<br />

Potenziale zur Optimierung der Orientierungsmaßnahme:<br />

291


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

292<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Also, naja mehr auf die Berufe eingehen, die die einzelne Schüler also<br />

später ausüben möchten. Aber wir haben tatsächlich nur über Bewerbungen<br />

und so was gesprochen fand ich auch gut, aber jetzt so sag ich<br />

mal die einzelnen Wünsche der Schüler aufgreifen und dann noch nachschlagen<br />

und so.“ (Z. 91-94)<br />

„Man könnte ja den Schüler fragen, was er sich vorstellt für seinen weiteren<br />

Lebensweg und so, an Berufen, und die könnte man ja da noch<br />

mal, auch versuchen, dann, die in einzelnen Betrieben oder so zu besuchen<br />

oder jetzt so im Internet oder in Büchern noch mal darüber<br />

nachzuschlagen, dass die Möglichkeit dann da wäre in Bibliotheken oder<br />

so zu gehen. Das wäre, sag ich mal, eine Möglichkeit um das zu verbessern.“<br />

(Z. 155-160)<br />

Abbildung 16: Bewertung des gefundenen Gefallens an den Orientierungsangeboten durch die<br />

Jugendlichen in den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Posttests<br />

Angaben in %<br />

100<br />

80<br />

60<br />

4<br />

33<br />

40<br />

5<br />

25<br />

11 4<br />

58<br />

67<br />

50<br />

67 81<br />

40<br />

67<br />

60<br />

75<br />

20<br />

0<br />

39<br />

33<br />

45<br />

22<br />

15<br />

IG (n=83) JobG JobG F KFZT Slehre K/V GD [B] GD [S]<br />

Interventionsgruppen<br />

nicht gut<br />

gut<br />

sehr gut<br />

Generell bewerten Mädchen die Orientierungsmaßnahmen deutlich kritischer<br />

als die Jungen. Während den männlichen Befragten die Interventionen<br />

zu je 50% ‚sehr gut’ und ‚gut’ gefallen, sind es bei den weiblichen<br />

nur 33% bzw. 62%. Ausschließlich die Mädchen nehmen gegenüber den<br />

Angeboten zur beruflichen Orientierung auch negative Positionen ein. Ein<br />

Viertel der Teilnehmerinnen der ‚Schnupperlehre’ und ein Fünftel der<br />

Schülerinnen, die zum ‚Girls’Day’ [B] waren, äußerten, dass sie diese Interventionen<br />

wenig interessant fanden. 75% der Teilnehmerinnen der<br />

‚Schnupperlehre’ und allen Mädchen im Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

fiel es sehr oder ziemlich schwer den dargebotenen Informationen<br />

zu folgen. Zusammengenommen sprechen diese Fakten für eine<br />

wenig geschlechtersensible Gestaltung der beiden Maßnahmen. Demgegenüber<br />

gelingt es beim ‚Girl’Day’ wesentlich besser, Inhalte so aufzuberei-


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

ten, dass sie an das Vorwissen der Mädchen anschließen. Hier geben 78%<br />

(‚Girls’Day’ [B]) und 96% (‚Girls’Day’ [S]) an, keine oder kaum Schwierigkeiten<br />

mit den Inhalten erlebt zu haben. Ursächlich ist möglicherweise<br />

auch, dass die Mädchen in der geschlechtergleichen Gruppe nicht mit geschlechtsspezifischen<br />

Rollen- und Kompetenzzuweisungen konfrontiert<br />

wurden.<br />

Dass die Jugendlichen an den Orientierungsmaßnahmen Gefallen gefunden<br />

haben, heißt jedoch nicht, dass sie aus der Teilnahme gleichermaßen persönlichen<br />

Nutzen ziehen. Die Jugendlichen differenzieren zwischen diesen<br />

zwei Aspekten. Wie aus Abbildung 8 und Abbildung 16 abzulesen ist, sind<br />

die Angebote, die den Jugendlichen am meisten gefallen, ‚JobGalaxy’ sowie<br />

die Schnupperpraktika ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und ‚Konditorei/Verkauf’,<br />

auch diejenigen, welche sich am besten mit den Erwartungen der Jugendlichen<br />

decken (vgl. Kapitel 9.3). Dennoch verlässt wenigstens eine/einer,<br />

von den acht bzw. zehn Befragten die Schnupperpraktika auch mit kaum<br />

erfüllten Erwartungen. Beim ‚Girls’Day’ [B] trifft dies immerhin auf vier<br />

von neun Mädchen zu. Für die Berufsorientierung am nützlichsten empfanden<br />

die Schülerinnen und Schüler der beiden Schnupperpraktika ihre<br />

Teilnahme (vgl. Abbildung 17). 70% bzw. 88% bewerten diese Maßnahmen<br />

als sehr hilfreich. Bei der ‚Schnupperlehre’ positioniert sich immerhin noch<br />

jeder Zweite so positiv. Kaum einen Nutzen sehen hingegen je ein Drittel<br />

der ‚Girls’Day’- und der ‚JobGalaxy’-Teilnehmerinnen sowie zwei Drittel<br />

der Befragten von ‚JobGalaxy Future’. Insgesamt bewerten die Mädchen<br />

die Interventionen nicht nur kritischer als die Jungen, sondern sind auch<br />

wesentlich skeptischer, was deren Mehrwert angeht. 36% entdecken für<br />

sich kaum einen oder gar keinen Gewinn, gegenüber 7% bei den männlichen<br />

Befragten. 22% der Schülerinnen, die den ‚Girls’Day’ [B] wahrnahmen,<br />

bringen sogar klar zum Ausdruck nicht zu wissen, was ihnen diese<br />

Intervention brachte. Über ihre Unsicherheit zum Nutzen einzelner Maßnahmekomponenten<br />

äußert eine Teilnehmerin von ‚JobGalaxy Future’:<br />

Schülerin I (Gymnasium, 12. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Also, es war auf jeden Fall sehr gut, was jetzt dieses Teamwork und<br />

diese Bewerbungstests und so, das war auf jeden Fall sehr gut. Damit<br />

hatte ich nicht gerechnet, aber das war schön. Und ja ich dachte halt, es<br />

war wahrscheinlich auch was wir vorher an Information gekriegt haben,<br />

war ein bisschen wenig, und da dachte ich, das ist dann richtig, dass ich<br />

dann hinterher genau weiß, was ich studieren will, das war aber nicht.<br />

Aber der Rest war eigentlich, hat den Anforderungen entsprochen, sag<br />

ich mal.“ (Z. 94-99)<br />

293


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

294<br />

„Ich fands sehr gut. Also, wir haben da halt auch richtig Bewerbungsgespräche<br />

gemacht … wir haben es halt nachgespielt und das, und ich<br />

denk auch, das hilft sich darauf vorzubereiten, man hat ja irgendwie, ist<br />

nicht mehr ganz so ängstlich, denk ich mal.“ (Z 130-133)<br />

Gleichzeitig werden von ihr aber auch die bereits in Kapitel 9.3 angesprochenen<br />

Informationsdefizite als Ursache für Divergenzen zwischen<br />

Erwartungshaltungen und persönlichem Teilnahmegewinn hervorgehoben.<br />

Abbildung 17: Einschätzung der Nützlichkeit der Orientierungsangebote durch die<br />

Jugendlichen in den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Posttests<br />

Angaben in %<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

4<br />

22<br />

5<br />

33<br />

30<br />

5<br />

11<br />

5 12<br />

22<br />

8<br />

67<br />

26<br />

33<br />

35<br />

35<br />

50<br />

88<br />

70<br />

53<br />

33<br />

46<br />

35<br />

33<br />

17<br />

11 8<br />

IG (n=81) JobG JobG F KFZT Slehre K/V GD [B] GD [S]<br />

Interventionsgruppen<br />

4<br />

weiß nicht<br />

gar nicht<br />

kaum<br />

ziemlich<br />

sehr<br />

Das eigene Tätigwerden in der Praxis bietet Jugendlichen die Chance zur<br />

Entwicklung von Kompetenzen und ihrer Identität. Sie müssen an sie gestellte<br />

Arbeitsaufgaben erfüllen, sich in bestehende Teams integrieren und<br />

den arbeitsorganisatorischen Anforderungen gerecht werden. Sie lernen<br />

neue Rollen (z. B. Auszubildender, Führungskraft) kennen, erleben andere<br />

Regeln (z. B. Arbeitszeiten, Arbeitsabläufe) und Rahmenbedingungen (z. B.<br />

Pausenzeiten, langes Stehen, Arbeit im Freien). Welche Besonderheiten<br />

zeichnen sich in der Beurteilung des Praxisbezuges, räumlicher und personeller<br />

Rahmenbedingungen ab? 60% der Teilnehmenden des Schnupperpraktikums<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’ und der ‚Schnupperlehre’ bewerten die<br />

praktischen Einblicke als ausreichend. Bei letztgenanntem Orientierungsangebot<br />

empfanden jedoch auch 25% der Teilnehmerinnen den Praxisbezug<br />

zu gering. Gleiches gilt für wenigstens ein Viertel der Rezipientinnen<br />

des ‚Girls’Day’ [B/S]. Bei den beiden Orientierungsmaßnahmen werden<br />

zudem Möglichkeiten zur praktischen Erprobung vermisst. Die Mehrheit<br />

der Interventionsteilnehmenden empfand die räumlichen Rahmenbedingungen<br />

als geeignet für die Berufsorientierung. Jedoch trug mitunter die<br />

Zusammensetzung der Interventionsgruppen nicht zu einem positiven<br />

Lernklima bei. So meint jeweils ein Drittel der Teilnehmenden des<br />

Schnupperpraktikums ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und des ‚Girls’Day’ [S], dass<br />

ihnen die Gruppenzusammensetzung wenig oder gar nicht gefiel. Zumin-


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

dest beim Schnupperpraktikum könnte ein Grund in der heterogenen Zusammensetzung<br />

der Schülerschaft hinsichtlich der angestrebten Schulabschlüsse<br />

liegen (vgl. Kapitel 9.1). Einerseits kritisierten die Teilnehmenden<br />

dieser Maßnahme, dass „manche sich nicht mit der Aufgabe beschäftigt<br />

haben, die sie bekommen haben“ (Mittelschüler, 9. Klasse, IGPost) und andererseits,<br />

dass einige Schülerinnen und Schüler zu strebsam waren. Hierin<br />

bestätigen sich Spannungen, die auch innerhalb der Experteninterviews mit<br />

den Verantwortlichen für die Orientierungsmaßnahmen zum Ausdruck gebracht<br />

wurden und ihre Ursache in differenziellen anthropologischen und<br />

soziokulturellen Bedingungen der Zielgruppe haben (vgl. Anhang 5). Auch<br />

hinsichtlich des pädagogischen Personals signalisierten die Jugendlichen<br />

zum Teil Probleme. Unzufriedenheiten kommunizierten die Jugendlichen<br />

der ‚Schnupperlehre’, des Schnupperpraktikums ‚Konditorei/Verkauf’ und<br />

des ‚Girls’Day’ [S], gleichwohl bei der letztgenannten Intervention auch<br />

Freundlichkeit und Offenheit wahrgenommen wurde. Alle drei Angebote<br />

wurden von Berufsausbildungsexpertinnen und -experten, wie Facharbeiterinnen<br />

und Facharbeitern sowie Meisterinnen und Meistern mit Ausbildereignungsschein<br />

sowie Hochschulpersonal durchgeführt (vgl. ebd.). Trotz<br />

dieses Tatbestandes ist festzuhalten, dass die Jugendlichen durchgängig bei<br />

allen Orientierungsmaßnahmen Mängel in der Kompetenz der Fachkräfte<br />

feststellten. Diese sind beim ‚Girls’Day’ [B], beim Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’ und den beiden ‚JobGalaxy’-Angeboten als massiv<br />

einzustufen. Zwischen 20% und 30% der Schülerinnen und Schüler bewerten<br />

die involvierten Fachkräfte als inkompetent. Am Beispiel der letztgenannten<br />

Interventionen ist folgendes Dilemma ersichtlich. Einerseits wird<br />

die Berufsorientierung auf ‚Augenhöhe’, d. h. angeleitet und begleitet durch<br />

sehr junge Referentinnen und Referenten, die gerade erst die Hochschulausbildung<br />

abgeschlossen haben oder sogar noch selbst studieren als angenehm<br />

empfunden. Ein Teilnehmer von ‚JobGalaxy Future’ sagte dazu in<br />

der Follow-up-Befragung:<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Und es war auch sehr fundiert, dadurch auch, dass es halt relativ junge<br />

Menschen, die gerade erst das hinter sich haben, was sie uns da vorgestellt<br />

haben, das mitgemacht haben. Und ja hilfreich war es denk ich mal für<br />

Leute, die nicht so ein ziemlich klar definiertes Ziel hatten zu dem Zeitpunkt<br />

auch auf jeden Fall.“ (Z. 117-120)<br />

Andererseits wird aber auch bemängelt, dass diese Berufseinsteigerinnen<br />

und -einsteiger nicht über umfassendes Wissen und einen breiten Erfahrungsschatz<br />

in den vorgestellten Berufsbereichen verfügen. Schüler H<br />

schlägt daher einen stärkeren Methodenmix vor, um inhaltliche Defizite<br />

auszugleichen:<br />

295


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

296<br />

Schüler H (Gymnasium, 11. Klasse, ‚JobGalaxy Future’):<br />

„Ja, wahrscheinlich einfach Erfahrungen, die man aus mehreren Quellen<br />

zusammen, also gerade mit Leuten zu sprechen, die in dem Beruf tätig sind,<br />

also zum Beispiel einigen Leuten bei Siemens direkt und einfach sich das<br />

anzugucken, wie es läuft.“ (Z. 139-141)<br />

An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig Beratung und Begleitung generell<br />

und speziell durch Unterstützer unterschiedlicher Professionen ist.<br />

Sie sollte eine feste Komponente von Orientierungsangeboten und im<br />

Idealfall auch darüber hinaus sein.<br />

Welche Wirkungen erzielen die Maßnahmen bezogen auf den individuellen<br />

Vorbereitungsstand der Jugendlichen? Bereits zum Pretest bekunden 61%<br />

der Interventions- und Kontrollgruppe, gut auf die Berufs- und Studienwahl<br />

vorbereitet zu sein, aber 39% bewerten den eigenen Stand als weniger<br />

zufriedenstellend (vgl. Abbildung 18). Deutlich schlechter als Gleichaltrige<br />

in anderen Maßnahmen beurteilen Jugendliche der Interventionen ‚Job<br />

Galaxy Future’ und ‚Girls’Day’ [B] ihre Situation. Insgesamt heben sich die<br />

Jungen der Interventionsgruppe ab. Eine Mehrzahl von 76% geht zum<br />

ersten Messzeitpunkt von guten persönlichen Bedingungen aus. Nach Abschluss<br />

der Interventionen sind es 93%. Demgegenüber fühlen sich nur etwa<br />

zwei Drittel der Interventionsteilnehmerinnen nach Maßnahmeabschluss<br />

gut vorbereitet. Während sich in der Kontrollgruppe der Anteil<br />

derer, die sich angemessen auf die Berufs- und Studienwahl vorbereitet<br />

fühlen, leicht reduziert, steigt er in der Interventionsgruppe. In der Gesamtheit<br />

betrachtet, bestehen signifikante Gruppenunterschiede. 128 Der<br />

mittlere Rangplatz der Interventionsgruppe liegt um 19% höher als der der<br />

Kontrollgruppe (MRIG = 171, MRKG = 143). Die Interventionen einzeln<br />

der Kontrollgruppe gegenübergestellt, sind die deutlichsten Veränderungen<br />

hin zu einer positiven Einschätzung ihres Vorbereitungsstandes bei den<br />

Teilnehmerinnen von ‚JobGalaxy’ und des ‚Girls’Day’ [B], gefolgt von den<br />

Mädchen und Jungen der ‚Schnupperlehre’ zu konstatieren. Zumindest für<br />

die beiden erstgenannten Interventionen ist dieses Ergebnis zu hinterfragen,<br />

ziehen die Befragten doch einen recht geringen Nutzen aus den Orientierungsangeboten<br />

für sich (vgl. Abbildung 17). Lediglich das Orientierungsangebot<br />

‚Girls’Day’ [S] grenzt sich ab. Hier gestaltet sich die Situation<br />

im Posttest analog der zum Pretest. Die Differenzen zwischen den Gruppen<br />

weisen eine Signifikanz auf dem 1%-Niveau auf.<br />

128 Die Prüfung der Veränderung erfolgte mittels Berechnung des Differenzwertes und des<br />

Mann-Whitney U-Test. Der ermittelte Unterschied ist auf dem 1%-Niveau signifikant. Die Interventionen<br />

einzeln betrachtet, sind keine signifikanten Gruppenunterschiede festzustellen.


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Abbildung 18: Einschätzung des Vorbereitungsstandes im Berufsorientierungsprozess durch<br />

die Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum<br />

Zeitpunkt des Pre- und des Posttests 129<br />

Angaben in %<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

KG<br />

39 39<br />

61 61<br />

50<br />

50<br />

67<br />

33<br />

11<br />

89<br />

22<br />

78<br />

43<br />

57<br />

62<br />

38<br />

IG<br />

JobG<br />

JobG F<br />

KFZT<br />

Slehre<br />

K/V<br />

GD [B]<br />

GD [S]<br />

46<br />

54<br />

41<br />

59<br />

33<br />

67<br />

17<br />

83<br />

33<br />

67<br />

5<br />

100 95<br />

Pretest (n=306) Posttest (n=314)<br />

Untersuchungsgruppen<br />

KG<br />

25<br />

75<br />

33<br />

67<br />

46<br />

54<br />

IG<br />

JobG<br />

JobG F<br />

KFZT<br />

Slehre<br />

K/V<br />

GD [B]<br />

GD [S]<br />

wenig<br />

gut<br />

Mit steigendem Schulabschluss sinkt in der Untersuchungspopulation das<br />

Gefühl gut vorbereitet zu sein. Es bestehen schwach negative Korrelationen<br />

von rPre = -0,271 im Pretest und von rPost = -0,222 im Posttest bei<br />

p = 0,000. Ursachen könnten im noch ausbaufähigen Stellenwert der Berufs-<br />

und Studienorientierung an sächsischen Gymnasien zu suchen sein.<br />

Ferner ist auch auf die Untersuchungsergebnisse von Lange zu verweisen,<br />

wonach Jugendliche mit höherer Schulbildung ihr berufliches Wissen geringer<br />

bewerten (vgl. Lange 1978, S. 89 ff.; vgl. Kapitel 2.2).<br />

Das subjektive Empfinden um den individuellen Stand im Berufsorientierungsprozess<br />

ist umso positiver, je länger sich die Schülerinnen und Schüler<br />

bereits mit der Berufswahl beschäftigt haben. Nach dem Chi2-Test sind Jugendliche<br />

der beiden Untersuchungsgruppen, die bereits Bewerbungen versandt<br />

haben, in der Gruppe derjenigen, die sich sehr gut vorbereitet fühlen,<br />

gegenüber dem Erwartungswert überrepräsentiert. Jungen und Mädchen,<br />

die sich noch nicht lange oder noch gar nicht mit der Berufswahl auseinandergesetzt<br />

haben, sind hingegen bei der ‚gar nicht guten’ oder ‚nicht guten’<br />

Vorbereitung vermehrt vertreten. Die Verteilungsunterschiede sind für<br />

die Kontrollgruppe zu beiden Messzeitpunkten, für die Interventionsgruppe<br />

jedoch nur zum Pretest höchst signifikant. 130 Offensichtlich verlieren die<br />

Jugendlichen während der Orientierungsmaßnahmen an Überzeugung, mit<br />

dem Anfertigen und Versenden von Bewerbungen gleichzeitig gut für die<br />

129 In der Abbildung sind die Antwortvorgaben ‚sehr gut’ und ‚gut’ sowie ‚kaum’ und ‚gar nicht’<br />

zur Wahrung der Übersichtlichkeit gruppiert wiedergegeben.<br />

130 Mittels Chi 2-Test wurden in der Kontrollgruppe zu beiden Messzeitpunkten standardisierte<br />

Residuen > 2,0 sowie statistisch signifikante Verteilungsunterschiede auf dem 1%-Niveau ermittelt.<br />

297


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

anstehende Berufs- und Studienwahl gerüstet zu sein. Hier findet sich eine<br />

Parallele zu den fehlenden Korrelationen zwischen den Bewerbungsaktivitäten<br />

und der Chancenbewertung (vgl. Kapitel 9.10).<br />

Gemessen an den Aussagen der Jugendlichen in der Follow-up-<br />

Untersuchung hat auch die Entwicklung von Vorstellungen über den zukünftigen<br />

Beruf einen wesentlichen Einfluss auf den subjektiv empfundenen<br />

Vorbereitungsstand. Schülerinnen und Schüler ohne konkrete Zukunftspläne<br />

beschreiben ihre Vorbereitung als „ganz schlecht“ (Schülerin I)<br />

oder „momentan noch ungut“ (Schüler F). Dahingegen sehen sich Jugendliche<br />

mit konkretem Berufswunsch oder spezifischen Vorstellungen zu ihrer<br />

Platzierung nach der Schule als zufriedenstellend vorbereitet bzw. nicht<br />

völlig unvorbereitet an. Sie können vermutlich entsprechend differenzialpsychologischer<br />

Ansätze der Berufswahl ihr spezifisches Muster von Persönlichkeitsmerkmalen<br />

eindeutiger den Anforderungen von Berufen zuordnen<br />

und fühlen sich dadurch gut vorbereitet. Eine Mittelschülerin, die<br />

zunächst das Abitur erwerben und im Anschluss ein Lehramtsstudium in<br />

den Fächern Biologie und Sport absolvieren will, antwortet auf die Frage,<br />

wie sie sich auf die Berufswahl vorbereitet fühlt:<br />

298<br />

Schülerin G (Mittelschule, 10. Klasse, ‚JobGalaxy’):<br />

„Wie schon gesagt relativ gut. Ich hab ja jetzt noch Zeit, also in den<br />

nächsten drei Jahren vorbereiten und so, also noch mehr drüber raussuchen<br />

und so.“ (Z. 207-208)<br />

Auch die Interviewten, mit etwas grober definierten beruflichen Plänen wie<br />

Schülerin G, sind zufrieden mit ihrer Situation, aber sehen dennoch Handlungsbedarf:<br />

Schüler B (Mittelschule, 8. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Eigentlich ganz gut, wenn wir in der Schule dann noch die Bewerbungen<br />

durchgehen, dann richtig gut.“ (Z. 157-158)<br />

Schülerin C (Mittelschule, 9. Klasse, ‚Girls’Day’ [B]):<br />

„Naja, es geht so. Ich hab viel zu Hause, vielleicht ab und zu mal reingucken,<br />

würde auch helfen. Aber so, von dem was ich hab, eigentlich<br />

schon gut. Ich will jetzt nicht sagen super, aber schon teilweise gut.“<br />

(Z. 189-191)<br />

Auf die Frage, wie viel die Teilnahme an der Orientierungsmaßnahme dazu<br />

beigetragen hat, dass sich Schülerin D gut vorbereitet fühlt, meint sie:


III EMPIRISCHE ANALYSE DER WIRKSAMKEIT – 9 Ergebnisdarstellung<br />

Schülerin D (Mittelschule, 9. Klasse, Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’):<br />

„Schon ein bisschen. Nicht ausschlaggebend, dass ich jetzt genau weiß<br />

[was ich werden möchte – Anm. d. Verf.]. Aber wie gesagt, gut zu wissen<br />

halt, was dort so gemacht wird.“ (Z. 181-182)<br />

Weitere Antworten verdeutlichen, dass der individuelle Vorbereitungsstand<br />

nicht zwingend durch die Interventionen beeinflusst worden ist. So führt<br />

ein Teilnehmer beispielsweise seine Noten an, die nicht adäquat zu seinem<br />

Berufswunsch sind. Laut der 16. Shell-Jugendstudie hat immerhin ein Viertel<br />

der dort befragten Jugendlichen nach Verlassen der Schule die Erfahrung<br />

gemacht, dass ihre schulischen Leistungen nicht ausreichend für den<br />

Beruf waren, den sie eigentlich lernen wollten (vgl. Leven et al. 2010,<br />

S. 111). Die frühzeitige Einsicht birgt die Chance einer Umorientierung<br />

noch bevor die Statuspassage erreicht ist und wertvolle Zeit für berufliche<br />

Kompromisse verloren gegangen sind.<br />

Positiv zu bewerten ist, dass die Interventionen bei zwei Dritteln der Teilnehmenden<br />

den Impuls auslösten, sich stärker mit der Berufsorientierung<br />

zu beschäftigen. Lediglich die Maßnahmen ‚JobGalaxy Future’ und das<br />

Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’ zeigen ein anderes Bild. Hier<br />

sehen 60% der Befragten kaum einen Anlass sich intensiver beruflich zu<br />

orientieren. 76% der Interventionsteilnehmenden bestätigen zudem, dass<br />

ihr Interesse geweckt sei, zukünftig noch weitere Berufsorientierungsangebote<br />

zu besuchen.<br />

299


IV Schlussbetrachtung<br />

IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Die Ergebnisse des Themenschwerpunktes III Empirische Analyse der Wirksamkeit<br />

von Berufsorientierungsangeboten werden folgend unter Bezug auf die<br />

weiteren Teilkomponenten der Forschungsarbeit in einer Schlussbetrachtung<br />

zusammengeführt. Zentralen Stellenwert haben hierbei die Prüfung<br />

der formulierten Hypothesen wie auch die Entwicklung von Schlussfolgerungen<br />

zur Optimierung der evaluierten berufsorientierenden Interventionen.<br />

Zu Beginn erfolgt eine Rekapitulation zentraler theoretischer Aspekte.<br />

10.1 Rückbezug auf essenzielle<br />

theoretische Aussagen<br />

Die anspruchsvolle Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt mit diskontinuierlichen<br />

Veränderungen und der Schwierigkeit langfristige Entwicklungsprognosen<br />

treffen zu können, erschwert die berufsbiografische<br />

Planung und die Berufseinmündung Jugendlicher stark. Der technologische<br />

Fortschritt und der gesellschaftliche Innovationsdruck sind unkalkulierbar<br />

und lassen biografische Festlegungen riskant und enttäuschungsanfällig<br />

werden. Schülerinnen und Schüler im Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

sind zur Bewältigung eines Spagates zwischen Kontinuität und<br />

Wandel herausgefordert und müssen Ambivalenzen aushalten (vgl. Walther,<br />

Stauber 2007, S. 38). Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und<br />

damit einhergehenden Unsicherheiten müssen trotz unklarer Ziele und<br />

Perspektiven sowie (Bildungs-)Ungleichheiten und damit unterschiedlich<br />

verteilten Startchancen individuell ausgeglichen werden. Sie erfordern die<br />

Bereitschaft zur Ungewissheit, den Mut zum Risiko, den Willen sich kontinuierlich<br />

neu zu orientieren, eine stärkere Verantwortlichkeit zur Gestaltung<br />

des eigenen Lebensverlaufes und die Entschlossenheit, trotz Unsicherheiten<br />

biografische Entscheidungen zu treffen. Alles dies ist zu einem<br />

Zeitpunkt notwendig, der sehr stark von anderen zentralen Entwicklungsaufgaben<br />

überlagert wird, die für die Phase der Adoleszenz charakteristisch<br />

sind.<br />

Aspekte wie Flexibilität, Initiative und Anschlussfähigkeit als wichtige Bewältigungsanforderungen<br />

und -leistungen im Übergang zwischen Schule<br />

301


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

und Arbeitswelt sind es auch, die den Anspruch an die Berufsorientierung<br />

und ihre Komplexität wesentlich erhöhen. Sie stehen im Mittelpunkt eines<br />

neuen ganzheitlichen Verständnisses, welches berufliche Orientierung mit<br />

der Lebensplanung verknüpft. Danach wird die Berufsorientierung immer<br />

weniger als eine kognitive, mechanisch-rationale (Erst-)Berufswahl, sondern<br />

vielmehr als ein eigenverantwortlich zu bewältigender Prozess mit der<br />

Notwendigkeit der stetigen Erweiterung und Vertiefung erworbener<br />

Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten im Sinne eines lebensbegleitenden<br />

Lernens sowie kontinuierlichen Bildungs-, Ausbildungs-, Weiterbildungs-,<br />

Berufs- und Arbeitsplatzentscheidungen definiert. Charakteristisch<br />

für den Bedeutungswandel der Berufsorientierung ist eine breite Palette an<br />

Definitionen und synonym verwendeten Begrifflichkeiten (z. B. Berufsfindung,<br />

Berufswahlprozess). Es mangelt bislang an einer präzisen und breit<br />

akzeptierten begrifflichen Grundlage, die als Arbeitsbasis für Forschung<br />

und Praxis genutzt werden kann.<br />

Gleiches gilt für theoretische Ansätze zur Beschreibung des Ablaufes des<br />

Orientierungsprozesses und einflussnehmender Faktoren. Systematisiert<br />

nach spezifischen Komponenten (z. B. Entscheidung, Entwicklung, Allokation)<br />

beleuchten Berufswahltheorien einzelne Facetten. Sie wurden in der<br />

Vergangenheit einer intensiven Diskussion unterzogen und kontinuierlich<br />

weiterentwickelt. Mehrfach sind Versuche zur Erarbeitung eines bündelnden<br />

Gesamtmodells, einer Art Metatheorie, d. h. eines Ordnungsschemas,<br />

das Aussagen über den Stellenwert und die Verbindungen der bestehenden<br />

Ansätze trifft, unternommen worden. Anzuführen sind beispielsweise die<br />

erarbeiteten Rahmenmodelle von Hoppe (vgl. Hoppe 1980, S. 98) und von<br />

Bußhoff (vgl. Bußhoff 1989, S. 33 ff.). Dennoch finden Berufswahltheorien<br />

bei der Konzeption von Orientierungsangeboten nur verhalten Anwendung<br />

(vgl. Ehlers 2007, S. 41). Dies liegt auch darin begründet, dass ein<br />

Großteil der theoretischen Ansätze den aktuellen Anforderungen an die<br />

Berufsorientierung nur unzureichend Rechnung trägt und keine didaktischen<br />

Gedanken integriert. Mit dem dargelegten Anspruch an die Berufsorientierung<br />

als biografischem Prozess geht die Laufbahnentwicklungstheorie<br />

mit dem Berufswahlreifekonzept am weitesten konform. Die Erlangung<br />

von Berufswahlreife wird als umfassende personale Entwicklung<br />

und Voraussetzung für eine möglichst durchdachte und eigenverantwortliche<br />

Berufswahl angesehen. Sie ist die Fähigkeit und Bereitschaft zur Inangriffnahme<br />

und effektiven Bewältigung des Übergangs zwischen Schule<br />

und Arbeitswelt und wird durch die Feststellung der Ausprägung von Einstellungen,<br />

Fähigkeiten und Verhaltensweisen, wie beispielweise der beruflichen<br />

Planungs-, Explorations- oder Informationsbereitschaft bestimmbar.<br />

302


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Die Resultate der empirischen Untersuchung weisen jedoch auch auf Bezugspunkte<br />

zu den weiteren theoretischen Erklärungsansätzen hin und<br />

sprechen damit für die konzeptionelle Fortschreibung der Rahmenmodelle<br />

zur Berufswahl.<br />

Aus der Begriffsvielfalt, wie auch den verschiedenen theoretischen Ansätzen<br />

resultiert eine große Heterogenität in der Umsetzung der Berufsorientierung.<br />

Die Analyse auf Basis des Lerntheoretischen Modells lässt<br />

hinsichtlich Intentionen, Inhalten, Methoden und Medien, einen großen<br />

Facettenreichtum erkennen. Die Gewichtung der Elemente ist zum einen<br />

stark von den einzelnen Akteuren im Feld der Berufsorientierung sowie ihren<br />

internen und externen Voraussetzungen, zum anderen der/den jeweiligen<br />

Zielgruppe(n) einer berufsorientierenden Intervention beeinflusst. Geltung<br />

für die Gestaltung der Berufsorientierung haben darüber hinaus Formen,<br />

Fakten und Normen, wovon letztere nach Bundes- und Landesebene<br />

zu differenzieren sind. Die Gesetze, Richtlinien und Anordnungen ergänzen<br />

sich teils, oft laufen sie aber auch parallel oder stehen in Widerspruch<br />

zueinander, was erhebliche Auswirkungen auf die Systematik didaktischen<br />

Handelns hat. Durch die Regelungen werden zum einen der Entscheidungsspielraum<br />

in Bezug auf Intentionen, Inhalte, Methoden und Medien,<br />

aber auch die Dauer und der Umfang von Interventionen zum Teil sehr<br />

stark eingeschränkt. Zum anderen ergeben sich durch sie auch Konsequenzen<br />

für die Implementierung von Orientierungsmaßnahmen im schulischen<br />

oder außerschulischen Bereich. Es ist so kein allgemein- und mustergültiges<br />

didaktisches Handeln, kein ‚Königsweg’ der Berufsorientierung beschreibbar,<br />

sondern lediglich eine Vielzahl an Optionen, die immer wieder<br />

neu festzulegen bzw. zu analysieren sind.<br />

Mit Blick auf die schulische Berufsorientierung ist einerseits deren Verankerung<br />

als Fachschwerpunkt (z. B. Arbeitslehre) oder als Querschnittsthema<br />

in allen Unterrichtsfächern als eine gestufte, aber systematische,<br />

nicht zeitlich begrenzte Auseinandersetzung mit Fragen und Problemen der<br />

Arbeitswelt ab der Primarstufe und andererseits eine Konzentration<br />

berufsorientierender Inhalte und Angebote am Ende der Sekundarstufe I<br />

zu konstatieren. Berufsorientierung wird demnach entweder prozessorientierten<br />

entwicklungstheoretischen Modellen gerecht oder aber sie findet Betrachtung<br />

als Entscheidungsprozess mit einer eher punktuellen Ausrichtung<br />

auf den direkten Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt. Die derzeitige<br />

schulische Organisation der Berufsorientierung bleibt so noch allzu oft hinter<br />

dem aktuellen Anspruch von Berufsorientierung zurück. Auch von<br />

Wensierski et al. sehen immer noch eine „Diskrepanz zwischen der erklärten<br />

Programmatik … und der schulischen Realität“ (von Wensierski et al.<br />

303


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

2005, S. 51). Kritik ist jedoch nicht nur an die wenig zielgerichtete Ausgestaltung<br />

vorberuflicher Bildung in den einzelnen Schulformen zu richten.<br />

Defizite sind auch darin zu sehen, dass diese nicht in ausreichendem Maße<br />

an den subjektiven Orientierungen, den individuellen Lebens- und Lernzusammenhängen<br />

und den alltäglichen Erfahrungen des Einzelnen anknüpft<br />

(vgl. Freimuth 1994, S. 35 f.; vgl. Meier 2002, S. 144; vgl. Kahlert, Mansel<br />

2007, S. 7 ff.). Ferner werden die Veränderungen am Arbeitsmarkt sowie<br />

sich wandelnde Anforderungen nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. Rademacker<br />

2002, S. 52). Laut Meier und Hainmüller beschränkt sich die Berufsorientierung<br />

zu sehr auf ‚Institutionenkunde’ (vgl. Meier 2002, S. 144;<br />

vgl. auch Hainmüller 1996, S. 19 ff.). Um sie anschlussfähig auszurichten,<br />

ist weniger Faktenwissen über Unternehmen und Ausbildungsberufe, sondern<br />

die Vermittlung von Kompetenzen für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt<br />

elementar (vgl. von Wensierski et al. 2005, S. 51; vgl. Ausbildungspakt<br />

2006, S. 9; vgl. Kahlert, Mansel 2007, S. 7 ff.; vgl. Ahrens 2007,<br />

S. 200; vgl. Bastian et al. 2007, S. 8 ff.). Die Verzahnung von Schule und<br />

Wirtschaft wird zu wenig forciert (vgl. Müller 2002, S. 182) und die vielfältigen<br />

außerhalb der Schule verorteten Bildungspotenziale nicht komplementär<br />

einbezogen und systematisch aktiviert (vgl. Otto et al. 2004, S. 5).<br />

Natürlich unterscheidet sich die Intensität und Qualität der Berufsorientierung<br />

von Schule zu Schule. Es sind einerseits Schulen mit einem durchstrukturierten<br />

Konzept zur Berufsorientierung und andererseits Schulen<br />

mit einer geringen Zahl und wenig aufeinander abgestimmten Maßnahmen,<br />

über die die einzelnen Lehrkräfte des Kollegiums noch dazu schlecht<br />

informiert sind, zu finden.<br />

Um den Anforderungen an Berufsorientierung nachkommen zu können,<br />

bedarf es entsprechend ausgebildeter Lehrkräfte und Akteure in der Berufsorientierung<br />

(z. B. aus den Bereichen Schulsozialarbeit, Berufseinstiegsbegleitung,<br />

Berufsberatung). Diese verfügen mitunter jedoch über geringe<br />

oder veraltete theoretische, vor allem aber auch praktische Kenntnisse<br />

im Themenfeld (vgl. Beinke 2006, S. 61 ff.). Fach- und Klassenlehrer<br />

haben so gut wie keine Berührungspunkte zur Wirtschaft, woraus sich auch<br />

organisatorische Probleme wie z. B. in Hinblick auf die Ansprache, Gewinnung<br />

und langfristige Bindung von Unternehmen als Kooperationspartner<br />

oder auch auf die Integration außerschulischer Anbieter von Maßnahmen<br />

ergeben. Darüber hinaus konstatiert Butz, dass die Vorbereitung auf die<br />

Arbeitswelt von vielen Lehrkräften nur in eingeschränktem Rahmen als ihre<br />

Aufgabe betrachtet wird, was neben fehlendem fachlichen Wissen zusätzlich<br />

für Widerstand sorgen kann (vgl. Butz 2008a, S. 115; vgl. darüber<br />

hinaus Deutsches Jugendinstitut e. V. 2008, S. 12 und S. 31). Negativ wirkt<br />

304


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

es hier, wenn Berufsorientierung in einer Schule als eng begrenztes und abgegrenztes<br />

Themenfeld definiert wird, weil dann die Zuständigkeit des eigenen<br />

Fachs prinzipiell in Frage steht. Nachträglich ist in diesem Zusammenhang<br />

auch, dass Lehrende traditionell wenig im Team arbeiten, denn<br />

gerade für die fächerübergreifende Verankerung der Berufsorientierung ist<br />

eine gemeinsame Strategie- und Konzeptentwicklung sowie eine enge Zusammenarbeit<br />

im Lehrerkollegium unabdingbar. Darüber hinaus ist auch<br />

die Positionierung der Schulleitung entscheidend. Ist der aktive Rückhalt zu<br />

schwach, lässt sich Berufsorientierung nur schwer als Daueraufgabe etablieren.<br />

Schule in ihrer Gesamtheit ist daher aufgefordert, sich den Veränderungen<br />

von Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt zu stellen und Inhalte,<br />

Methoden und Medien sowie die Konzeption, Organisation und Umsetzung<br />

von Berufsorientierung kontinuierlich dieser Entwicklung anzupassen.<br />

Hier ist das in jüngster Zeit verstärkt gezeigte Engagement, berufliche<br />

Orientierung z. B. auf der Basis von Qualitätsstandards zu optimieren (vgl.<br />

Kapitel 6.4.1 und 6.4.3.5), positiv zu werten. Förderlich für eine schulorganisatorische<br />

Regulierung der Aufgabe Berufsorientierung erscheinen<br />

ferner eine angemessene Ressourcenausstattung (z. B. Schaffung von Funktionsstellen,<br />

Gewährleistung von Abminderungsstunden) sowie die Weiterbildung<br />

und Beratung von Schulen.<br />

Doch nicht nur die schulische Berufsorientierung muss sich der Kritik stellen.<br />

Auch außerschulisch implementierte Interventionen sind zu hinterfragen.<br />

Als Resultat der vielfältigen einflussnehmenden Normen ist ein hohes<br />

Maß an Unübersichtlichkeit vorzufinden, mit der sich letztendlich auch die<br />

Schulen arrangieren müssen, um ihre Angebote zu gestalten. Nicht nur<br />

Kleber et al. bemängeln eine institutionsübergreifende Struktur und Verankerung<br />

der Berufsorientierung und eine fehlende Kontinuität (vgl. Kleber<br />

et al. 2007, S. 3). Auch Wieland und Lexis sehen Defizite, weil Aktivitäten<br />

zu sporadisch sind und keinem ‚roten Faden’ folgen (vgl. Wieland, Lexis<br />

2005, S. 7 zitiert nach Knauf, Oechsle 2007, S. 146). Es gibt große Finanzbudgets,<br />

viele Akteure und zahlreiche Interventionen, aber zu wenig klare<br />

Steuerung und Feldverantwortung. Selbst das Beispiel Sachsen zeigt auf,<br />

dass trotz definierter Zuständigkeit der Landesregierung und der Regionaldirektion<br />

Sachsen der Bundesagentur für Arbeit noch zahlreiche weitere<br />

Institutionen und Gremien das Feld mitbestimmen. Die vielfältige Verankerung<br />

der Berufsorientierung auf Bundes- und Länderebene sowie der<br />

Ebene der Kommunen und Landkreise ist als hinderlich für die wirksame<br />

Abstimmung von Strategien einzuschätzen. Berufsorientierung ist „systematisch<br />

unsystematisch“ (Kleber et al. 2007, S. 1) und bedarf einer Strukturierung,<br />

Koordinierung und Transparenz der Angebote und einer verbes-<br />

305


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

serten Kooperation ihrer Hauptakteure (vgl. Schober 2001, S. 9). Die Bündelung<br />

der Aktivitäten im Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt läuft<br />

„in der Praxis bei weitem nicht linear und gradlinig, sondern eher sprunghaft,<br />

mit Rückschritten, teilweise im Verlauf widersprüchlich sowie regional<br />

völlig unterschiedlich“ (AWO Bundesverband e. V. 2009, S. 10). Dominierend<br />

ist im außerschulischen Bereich die Gestaltung von Berufsorientierung<br />

in Form von zeitlich begrenzten Projekten, statt als kontinuierliche<br />

‚Daueraufgabe’. Die Abhängigkeit und der Wettbewerb um Fördergelder<br />

führen zu einer stärkeren Orientierung an den gesetzten Vorgaben, aber<br />

nicht immer zwingend an den Lücken und am Bedarf der Zielgruppe(n). So<br />

ist in Ballungsräumen oft ein Überangebot an Maßnahmen zur Berufsorientierung<br />

zu finden, und Jugendliche in Schulen werden gezielt von<br />

Projektträgern umworben, während Jungen und Mädchen in anderer regionaler<br />

Lage oder auch gerade aufgrund ihres spezifischen Förderbedarfes<br />

kaum Berücksichtigung finden. Limitierte Projektlaufzeiten verhindern zumeist<br />

den Aufbau nachhaltiger Strukturen. Im Falle von Projekten, die das<br />

Angebotsfeld der Berufsorientierung sehr stark bestimmen, ist das Auslaufen<br />

finanzieller Mittel, wie beispielsweise die der aktuellen ESF-Förderperiode,<br />

besonders problematisch, da tragende Elemente entfallen. Damit<br />

münden die zur Verfügung stehenden Kapazitäten immer wieder in den<br />

Neuaufbau bzw. in die Stabilisierung des Angebots- und Akteurssystems<br />

der Berufsorientierung oder brechen gänzlich weg, statt die qualitative<br />

Weiterentwicklung zu befördern.<br />

Letztlich ist festzuhalten, dass Berufsorientierung in den vergangenen Jahren<br />

einen Bedeutungsgewinn mit einer enormen Ausweitung von didaktischen<br />

Ansätzen, insbesondere in den Bedingungsfeldern zu verzeichnen<br />

hat. Neue Impulse wurden durch Bundesprogramme (z. B. „Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben“<br />

oder „Lernende Regionen - Förderung von Netzwerken“)<br />

sowie landesspezifische Strategien (z. B. „Handlungskonzept<br />

Schule & Arbeitswelt“ Schleswig-Holstein) gegeben. Dennoch ist Berufsorientierung<br />

bei weitem noch nicht als Querschnittsthema anerkannt. Zudem<br />

signalisieren das Auflegen immer neuer Einzelprojekte, aber auch die<br />

Schwierigkeiten, die Jugendliche beim Übergang zwischen Schule und<br />

Arbeitswelt haben, wie beispielsweise die Konzentration auf ein eingeschränktes<br />

Spektrum an Berufsausbildungen und Studiengängen, die Unsicherheit<br />

und Orientierungslosigkeit in Bezug auf die Vielfalt an beruflichen<br />

Optionen, fehlendes Wissen über Berufe und die Arbeitswelt sowie<br />

Berufsausbildungs- und Studienabbrüche, dass die Berufsorientierung in<br />

ihrer aktuellen Form unzureichend greift. Letztendlich sind auch die teilweise<br />

eingesetzten Qualitätskriterien hier nicht dienlich, denn diese sichern<br />

306


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

lediglich die Güte der Absichtserklärungen in Hinblick auf festgesetzte Ziele.<br />

Sie überprüfen indessen nicht, ob die Intentionen auch tatsächlich erreicht<br />

wurden. Dazu ist Berufsorientierung einer Wirkungskontrolle und<br />

Erfolgsbewertung zu unterziehen, die Anpassungsprozesse bzw. Veränderungen<br />

auf der normativen Ebene und im operativen Handlungsfeld nach<br />

sich ziehen. Knauf und Oechsle formulieren in diesem Zusammenhang:<br />

„Wir wissen .. zu wenig darüber, wie hilfreich und wirksam diese Angebote<br />

zur Berufsorientierung für die Jugendlichen sind. Bieten sie verlässliche<br />

Orientierung für die Jugendlichen, oder sind sie selbst ein Element der<br />

neuen Unübersichtlichkeit im Übergang von der Schule in das Studium<br />

und die Ausbildung?“ (Knauf, Oechsle 2007, S. 143 und auch Oechsle<br />

2005, S. 1 f.)<br />

Verglichen mit der hohen Zahl an berufsorientierenden Interventionen ist<br />

eine systematische Wirkungsforschung bislang nicht wahrzunehmen. Wenn<br />

wirkungsorientierte Evaluation überhaupt realisiert wird, dann mehrheitlich<br />

in Bezug auf unterrichtliche oder außerunterrichtliche Orientierungsmaßnahmen<br />

an Schulen. Bezogen auf die hier ausgewerteten Studien ist zu resümieren,<br />

dass diese zwar Einblick über die Stärken und Schwächen der<br />

untersuchten Interventionen geben, berufliche Orientierung aber jeweils<br />

anders definiert und in differenzierter Form operationalisiert ist. Sowohl<br />

die gewählten Messmethoden und -instrumente, als auch der Zeitpunkt der<br />

Erfassung der Wirkungen sind verschieden. Dies zieht gravierende Folgen<br />

für die Vergleichbarkeit von Untersuchungsergebnissen nach sich, denn für<br />

eine solche Gegenüberstellung sind das Vorhandensein eines einheitlich<br />

definierten Anspruchs an Berufsorientierung in Form identischer Zielstellungen,<br />

wie auch die Nutzung gleichartiger Analysemethoden, etc. elementar.<br />

Insgesamt ist festzustellen, dass Orientierungsangebote zwar zumeist<br />

subjektiv positiv bewertet werden, jedoch nur in geringem Maße statistisch<br />

bedeutsame Effekte ermittelt werden konnten.<br />

Dass vorrangig schulisch implementierte Maßnahmen im Fokus wirkungsorientierter<br />

Evaluation stehen, kann zum einen daran liegen, dass mit der<br />

Einrichtung von Schulversuchen massiv in den Schulablauf eingegriffen<br />

wird und damit ein enormer Recht-fertigungs- und Legitimationsdruck besteht.<br />

Zum anderen ist zu vermuten, dass Evaluationsberichte generell nur<br />

ungern publiziert werden, weil negative Ergebnisse mit der Befürchtung<br />

eines Imageschadens und positive mit der Angst vor dem Verlust des<br />

Wettbewerbsvorteils für den jeweiligen Anbieter einhergehen (vgl. Bortz,<br />

Döring 2006, S. 100). Darüber hinaus ist die Ausrichtung auf einzelne<br />

Orientierungsmaßnahmen mit speziellen Wirkungsfragen möglicherweise<br />

307


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

wenig interessant für Fachpublikationen, die auf einen allgemeinen Erkenntnisgewinn<br />

fokussieren (vgl. ebd.). Nach dieser zweiten Argumentationslinie<br />

hat wirkungsorientierte Evaluation in der Vergangenheit durchaus<br />

nicht nur punktuell stattgefunden, sondern ist nur nicht systematisch nachzuvollziehen.<br />

Resümierend ist zu konstatieren: Es sind nur wenige Untersuchungen<br />

zugänglich, deren zentrales und explizites Anliegen die empirische<br />

Bestimmung von Wirkungen der Berufsorientierung ist. Zudem<br />

existieren bislang weder ein breit akzeptiertes Forschungsdesign zur empirischen<br />

Bestimmung von Wirkungen noch ein erprobtes methodisches Repertoire,<br />

mit dem Effekte zuverlässig gemessen werden können. Zur weiteren<br />

Exploration der Wirkungen berufsorientierender Maßnahmen und<br />

zur qualitativen Erweiterung verfügbarer Analysen erfolgte daher eine ergänzende<br />

Evaluation.<br />

10.2 Zusammenfassung empirischer<br />

Ergebnisse und Überprüfung der<br />

Hypothesen<br />

Für die Untersuchung wurde ein kritisch-rationaler, hypothesenprüfender<br />

Ansatz gewählt. Aufgrund dessen, dass aktuell mehrheitlich Wirkungsanalysen<br />

über Orientierungsmaßnahmen in Schulen vorliegen, galt das vorrangige,<br />

aber nicht exklusive Interesse außerschulischen Interventionen. Die<br />

Evaluation konzentrierte sich auf sieben Orientierungsmaßnahmen mit<br />

Durchführungsorten und Einzugsgebieten im Freistaat Sachsen. Bei der<br />

Auswahl der einzelnen Interventionen wurde auf Vielfalt und Differenzierung<br />

hinsichtlich Inhalten, Methoden, Medien, Umfang und zeitlicher<br />

Abfolge fokussiert. Ausgehend vom formulierten Anspruch der Berufsorientierung<br />

und darin implizierten Zielsetzungen, konturierte die Laufbahnentwicklungstheorie<br />

mit dem Berufswahlreifekonzept die evaluationsleitenden<br />

Fragestellungen und die generierten Hypothesen. Zentrale Aspekte<br />

stellten u. a. die Aktivitäten der beruflichen Exploration, das Kristallisationsniveau<br />

des Bildungs- und Berufsweges sowie Berufswünsche, die<br />

Entwicklungen und Veränderungen im Berufswahlengagement, im Wissen<br />

über die Berufs- und Arbeitswelt, im Interesse an Berufsfeldern, in der beruflichen<br />

Entschiedenheit, in der Kompetenzentwicklung sowie in der allgemeinen<br />

Selbstwirksamkeitserwartung dar. Die Evaluation war quasiexperimentell<br />

in einem Pretest-Posttest-Follow-up-Design mit Kontrollgruppen<br />

angelegt. Die ersten beiden Messungen fanden zwischen Oktober 2007 und<br />

Mai 2008 statt. Die Follow-up-Befragung schloss sich zwischen Juni und<br />

308


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

September 2008 an. Die Auswertungen beziehen sich auf insgesamt 321<br />

Jugendliche aus Förderschulen, Mittelschulen und Gymnasien, für die jeweils<br />

Daten zum Pre- und Posttest vorlagen. Neun Mädchen und Jungen<br />

waren in die Folgerhebung involviert. Während 83 Schülerinnen und Schüler<br />

Teilnehmende einer der untersuchten Maßnahmen waren, nutzen 238<br />

ausschließlich die schulische Berufsorientierung.<br />

Der Datensatz wurde mittels deskriptiven und schließenden Analysemethoden<br />

untersucht. Insofern weniger als acht Datensätze pro Orientierungsmaßnahme<br />

vorlagen, erfolgten lediglich deskriptive einzelinterventionsbezogene<br />

Auswertungen. Da es sich um Vollerhebungen handelte,<br />

konnte die Anzahl der Fälle nicht durch Erweiterungen der einzelnen<br />

Bruttostichproben erhöht werden. Die vorgesehene Teilnehmerkapazität<br />

spielte bei der Heranziehung der einzelnen Interventionen eine deutlich zu<br />

geringe Rolle, denn das Nicht-Erreichen von Befragten bzw. die methodisch-organisatorisch<br />

bedingte Verringerung des Stichprobenumfangs<br />

zwischen dem Pre- und Posttest zog Einschränkungen bei der Auswahl<br />

von Analysemethoden zur Datenauswertung und in Hinblick auf die Verallgemeinerbarkeit<br />

der gewonnenen Ergebnisse nach sich. Zwar gehen große<br />

Ausgangsstichproben nicht zwangsläufig mit bestehenden normativen<br />

Vorgaben konform. Entsprechend dem hypothesenprüfenden Ansatz dieser<br />

Evaluation hätte der Aspekt der Teilnehmerzahl, und damit auch der<br />

überhaupt möglichen Fallzahl, dennoch eine höhere Relevanz einnehmen<br />

müssen. So wäre die Aussagekraft der mittels schließenden Analysemethoden<br />

ausgewerteten quantitativen Datensätze auf Ebene der Einzelinterventionen<br />

von vornherein gestärkt worden. Unberücksichtigt blieb ferner, inwieweit<br />

die Resultate durch Selektionsprozesse beruhend auf der nicht<br />

gänzlich übereinstimmenden soziodemografischen Zusammensetzung der<br />

Interventions- und der Kontrollgruppe verzerrt wurden. Zusätzlich ist an<br />

dieser Stelle erneut auf die fehlende Repräsentativität der Stichprobe und<br />

damit auf eine generell mangelnde Allgemeingültigkeit der Ergebnisse zu<br />

verweisen.<br />

Aus forschungsmethodischer Sicht ist des Weiteren zweifellos unbefriedigend,<br />

dass sich die Evaluation lediglich auf den Freistaat Sachsen konzentrierte,<br />

wiewohl durch eine Auffächerung auf weitere Bundesländer und<br />

damit andere normative Rahmenbedingungen noch differenziertere Ergebnisse<br />

zu erwarten gewesen wären.<br />

Die Evaluationsergebnisse lassen darauf schließen, dass Paneleffekte in der<br />

vorliegenden Untersuchung weitgehend vermieden wurden. Die wiederholten<br />

Erhebungen führten nicht dazu, dass die Befragten sich infolge der<br />

309


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Messungen mit der Richtigkeit ihrer Antworten auseinandersetzten, sich ihre<br />

Angaben merken und, unabhängig vom eigentlichen Stimulus, bewusst<br />

Veränderungen kommunizierten. Vorteilhaft wirkten hier möglicherweise<br />

die Zeitspanne zwischen dem Posttest und der Follow-up-Befragung sowie<br />

die umfangreichen Fragebögen, welche die Erinnerungsfähigkeit der Schülerinnen<br />

und Schüler überforderten. Trotzdem sind gerade mit der Länge<br />

der eingesetzten Befragungsinstrumente verbundene Nachteile nicht außer<br />

Acht zu lassen. Im Interesse der Schülerinnen und Schüler hätten sie zielgruppenadäquater<br />

und kürzer gestaltet werden müssen. Trotz des Vermeidens<br />

von Paneleffekten konnten Messfehler nicht vollends ausgeschlossen<br />

werden. Neben der Problematik sozial erwünschter Antworten (bspw. in<br />

Bezug auf die Verfügbarkeit von Kompetenzen) resultierten aus dem Missverständnis<br />

von Fragen (etwa nach Berufsbildern, mit guten Zukunftschancen)<br />

Verzerrungen. Diesbezüglich, wie auch hinsichtlich der Vielfalt<br />

und Komplexität ausgewählter Antwortvorgaben (z. B. zu den Plänen nach<br />

der Schule) erfordern die genutzten Fragebögen eine Korrektur. Bei einem<br />

erneuten Einsatz der entwickelten Messinstrumente wäre gleichfalls zu<br />

überdenken, inwiefern die eingesetzten Wissensbewertungen über konkrete<br />

Sachverhalte (u. a. Arbeitsinhalte, Bewerbungsverfahren) durch Wissenstests<br />

abgelöst werden könnten, umso zu einer höheren Objektivität zu gelangen.<br />

In Zusammenhang mit der Kritik an den verwendeten Fragebögen ist wiederholt<br />

auf Defizite beim Einsatz des Interviewleitfadens und bei der<br />

Durchführung der quantitativen Interviews hinzuweisen. Anders als intendiert,<br />

war durch die gewählte Vorgehensweise ein hoher Strukturierungsgrad<br />

gegeben, durch den es unzureichend gelang, die Befragten in ihrem<br />

Antwortverhalten nicht einzuengen. Auch trotz ausbaufähiger Rückfragen<br />

entfaltete die Follow-up-Erhebung so ihre Leistungsfähigkeit nur begrenzt.<br />

Nicht optimal gelungen ist zudem die Auswahl der Jugendlichen nach der<br />

Strategie des Theoretical Sampling. Die Entscheidungen über die Einbeziehung<br />

einzelner ‚Fälle’ im Prozess der Datenerhebung und -auswertung erfolgte<br />

nicht durchgängig anhand der gesetzten Samplingkriterien, sondern<br />

mitunter schlichtweg nach der Verfügbarkeit einzelner Interviewpartnerinnen<br />

und Interviewpartner. Gerade bei Interventionen mit einer Teilnehmerquote<br />

unter zehn Jugendlichen war die Gewinnung von Probandinnen<br />

und Probanden für die dritte Befragung schwierig und stellte vor dem Interesse,<br />

Vielfalt aufzuzeigen eine zuweilen unlösbare Herausforderung dar.<br />

Hinzukam, dass ein Anreiz zur Teilnahme lediglich durch die Flexibilität<br />

bezogen auf den Befragungsort gegeben werden konnte.<br />

310


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Ungeachtet dieser Problematik muss der Untersuchungszeitraum als zu<br />

knapp bemessen bewertet werden. Das gewählte Evaluationsdesign, mit<br />

der Follow-up-Befragung einzelner Jugendlicher nach drei bis zehn Monaten<br />

nach Beendigung der Orientierungsmaßnahmen, begrenzt das Potenzial<br />

der Studie. Parallel wären das Führen erneuter Experteninterviews mit den<br />

Akteuren in den Orientierungsmaßnahmen sowie die Ergänzung einer<br />

zweiten Folgebefragung nach Verlassen der Schule sinnvoll gewesen, um<br />

die Evaluationsresultate noch sicherer interpretieren und Aussagen über<br />

langfristige Wirkungen treffen zu können. Durch die Erfassung der verschiedenen<br />

subjektiven Bewertungen hätte zudem die Möglichkeit zu<br />

einem Vergleich und zu einer Kontrastierung einzelner Beteiligter bestanden,<br />

was unter Umständen zu anderen Befunden und Schlussfolgerungen<br />

sowie zu mehr Plausibilität in den Interpretationen geführt hätte.<br />

Trotz der genannten Kritikpunkte, die als Ergänzung zu den in den jeweiligen<br />

Kapiteln formulierten Kommentaren zu verstehen sind, stimmen die<br />

Kernergebnisse dieser Studie mit weiteren Untersuchungen überein:<br />

Erstens erfüllt Berufsorientierung den definitorisch an sie gestellten Anspruch<br />

nicht im erwarteten Umfang. Zweitens zeichnet sich die Notwendigkeit<br />

zur Realisierung weiterer bzw. vertiefender Wirksamkeitsanalysen<br />

ab, um fundiertere Aussagen zu den Stärken und Schwächen einzelner<br />

didaktischer Ansätze treffen zu können. Vor allem die festgestellte fehlende<br />

Allgemeingültigkeit der Evaluationsergebnisse wird durch diese Parallelen<br />

erheblich relativiert. Eine Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse,<br />

wie auch der Resultate der Hypothesenprüfung ist den folgenden Abschnitten<br />

zu entnehmen. Sie untergliedert sich thematisch nach den formulierten<br />

Veränderungshypothesen. Jeweils implementiert ist die Begutachtung von<br />

Differenzen zwischen den Untersuchungsgruppen gemäß der aufgestellten<br />

Unterschiedshypothese.<br />

Zu Beginn kann resümiert werden: Berufsorientierung ist für 80% der<br />

Mädchen und Jungen in den Untersuchungsgruppen ein vertrautes Thema.<br />

Analog zu den Grundgedanken entwicklungstheoretischer Modelle zur Beschreibung<br />

des Berufsorientierungsprozesses zeigen die Untersuchungsergebnisse,<br />

dass die befragten Jugendlichen in der Vergangenheit unterschiedliche<br />

zeitliche Ressourcen zur Auseinandersetzung mit ihrer beruflichen<br />

Zukunft aufwendeten. Gleichfalls nutzen sie verschiedene Informationsquellen<br />

für die Orientierung. Mütter und Väter genießen dabei einen<br />

besonderen Stellenwert. Sie stehen den Schülerinnen und Schülern in Fragen<br />

zum Berufs- und Lebensweg zur Seite, fungieren als Ratgeber und<br />

Rollenvorbilder. Neben der Familie erkennen die Jugendlichen auch in<br />

Lehrerinnen und Lehrern sowie generell in der Schule einen Interaktions-<br />

311


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

partner und eine Unterstützungsoption. Nach dem Empfinden etwa der<br />

Hälfte der Mädchen und Jungen der Kontrollgruppe, die an einer Förderoder<br />

Mittelschule lernen, wurden Fragen der beruflichen Orientierung in<br />

der Schule sehr oder eher oft angesprochen. Bei den befragten Gymnasiastinnen<br />

und Gymnasiasten liegt der Anteil gleicher Antworten erheblich<br />

darunter. Insgesamt wünscht sich die Mehrheit der Jugendlichen eine noch<br />

stärkere schulische Verankerung der Berufsorientierung.<br />

An den hier untersuchten Orientierungsmaßnahmen nahmen vor allem<br />

Schülerinnen und Schüler teil, die bereits seit längerem über die Berufswahl<br />

nachgedacht haben. Zugleich ist bei den Teilnehmenden der Interventionen<br />

gegenüber der Kontrollgruppe ein signifikant höherer Anteil an<br />

Mädchen und Jungen vorzufinden, der noch nicht über konkrete berufliche<br />

Vorstellungen nach Verlassen der Schule verfügt. Waren sich vor der Teilnahme<br />

an einem der evaluierten Orientierungsangebote 23% der Jugendlichen<br />

unsicher, welchen beruflichen Weg sie nach Verlassen der Schule<br />

einschlagen sollten, lag dieser Anteil nach Abschluss nur noch bei 14%.<br />

Unentschlossene Mädchen und Jungen gingen demnach mit konkretisierten<br />

Plänen aus den Interventionen hervor. Insofern die Jugendlichen ihren Berufsweg<br />

bereits geplant haben, denken sie zumeist mehrere Bildungs- bzw.<br />

Berufsstationen verknüpft. Sie entwerfen ein mehrstufiges Bild ihrer Bildungs-,<br />

Arbeits- und Berufsbiografie und treffen damit ein wesentliches<br />

Kernelement des aktuellen begrifflichen Verständnisses von Berufsorientierung<br />

und von entwicklungstheoretischen Ansätzen der Berufswahl.<br />

Mit der Teilnahme an Orientierungsangeboten verbinden mehr als 50% der<br />

Jugendlichen den Wunsch, mehr über Inhalte und Anforderungen in bestimmten<br />

Ausbildungen zu erfahren. Hervorzuheben ist, dass es sich dabei<br />

nicht zwangsläufig um die Berufe oder Berufsfelder handeln muss, die von<br />

ihnen persönlich favorisiert werden. Während es den Mädchen ferner wichtig<br />

ist, ihre beruflichen Ziele besser einschätzen zu können, stehen für die<br />

Jungen das Gewinnen von Klarheit über die eigenen Stärken und Schwächen,<br />

das Sammeln praktischer Erfahrungen in der Arbeitswelt, aber auch<br />

das Finden eines Berufes zusätzlich im Vordergrund.<br />

Nach Beendigung der Orientierungsmaßnahmen sieht ein Viertel der Mädchen<br />

und Jungen die Erwartungen als bestätigt an. Zwei Drittel schätzen<br />

ihre Vorstellungen als überwiegend erfüllt ein. Während sich für wenigstens<br />

60% der Jugendlichen, die ‚JobGalaxy’ oder die beiden Schnupperpraktika<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’ und ‚Konditorei/Verkauf’ nutzten, die Erwartungen<br />

‚sehr’ erfüllten, gehen bei 44% der Mädchen, die den ‚Girls’Day’ [B] besuchten<br />

die eigenen Vorstellungen über den Mädchen-Zukunftstag und das<br />

312


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

tatsächliche Angebot deutlich auseinander. Die Teilnehmenden der<br />

Schnupperpraktika sind es auch, die ihre Teilnahme am nützlichsten für<br />

ihre berufliche Orientierung empfanden. 70% bzw. 88% bewerten diese<br />

Maßnahmen als sehr hilfreich. Bei der ‚Schnupperlehre’ positioniert sich<br />

immerhin noch jeder Zweite so positiv. Hingegen sehen je ein Drittel der<br />

‚Girls’Day’- und der ‚JobGalaxy’-Teilnehmerinnen sowie zwei Drittel der<br />

Befragten von ‚JobGalaxy Future’ kaum einen Nutzen für sich. Ergänzend<br />

zu dieser kritischen Bewertung der Schülerinnen und Schüler lassen sich die<br />

aufgestellten Hypothesen wie nachfolgend dargelegt verifizieren bzw.<br />

falsifizieren. Sie werden angenommen bzw. beibehalten, wenn Veränderungen<br />

festzustellen sind und die Hypothese möglich (wahrscheinlich) ist. Dahingegen<br />

werden sie verworfen, wenn Sachverhalte keine Veränderung<br />

oder nicht die erwartete Richtung in der Veränderung zeigen bzw.<br />

zwischen den Untersuchungsgruppen kein Unterschied besteht.<br />

VH 1 Das Berufswahlengagement und die Eigenverantwortung im<br />

Berufsorientierungsprozess erhöhen sich durch die Wahrnehmung<br />

außerschulischer Orientierungsangebote.<br />

Anknüpfend an die Tatsache, dass ein Großteil der Mädchen und Jungen<br />

sich bereits mit der anstehenden Berufswahl auseinandersetzte und Informations-<br />

und Beratungsangebote in Anspruch nahm, belegen auch die Mittelwerte<br />

zu den Skalen zum Berufswahlengagement und zur Eigenverantwortung<br />

die Bereitschaft der Jugendlichen, sich selbstbestimmt mit ihrer beruflichen<br />

Zukunft auseinanderzusetzen. Bezogen auf das Berufswahlengagement ist<br />

zu konstatieren, dass die Jugendlichen der Kontrollgruppe und der Mehrzahl<br />

der Interventionsgruppen vom Pre- zum Posttest ihren Eifer, in die<br />

Berufsorientierung zu investieren und selbst Voraussetzungen für einen gelingenden<br />

Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt zu schaffen, verlieren.<br />

Auch wenn er die Erwartungen seiner Teilnehmerinnen am wenigsten<br />

erfüllt, wirkt lediglich der ‚Girls’Day’ [B] bestärkend auf das berufliche Engagement.<br />

Die durchgeführte zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor<br />

bestätigt differenzielle Veränderungen in den Untersuchungsgruppen.<br />

Der Entwicklungsverlauf in der Kontrollgruppe und den<br />

Interventionsgruppen ist signifikant unterschiedlich (p = 0,000). Das Zusammenwirken<br />

des Zeit- und des Gruppenfaktors klärt jedoch lediglich<br />

rund 11% der Varianz auf. Dass heißt, durch die Wahrnehmung außerschulischer<br />

Orientierungsangebote verändert sich das Berufswahlengagement zwar,<br />

statistisch bedeutsame positive Veränderungen sind jedoch allein für den<br />

‚Girls’Day’ [B] festzustellen. Die Hypothese kann folglich nur für diese Intervention<br />

angenommen werden.<br />

313


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Auch in Hinblick auf die Eigenverantwortung zeigen sich von Messzeitpunkt<br />

zu Messzeitpunkt ungleiche Entwicklungen. Während das Gestaltungsbewusstsein<br />

in der Kontrollgruppe, beim Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’<br />

und der ‚Schnupperlehre’ abnimmt, steigt es bei den weiteren<br />

Interventionen. Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor<br />

zeigt jedoch keine signifikanten Entwicklungsunterschiede zwischen<br />

den Untersuchungsgruppen. Die Steigerung der Eigenverantwortung im Zeitverlauf<br />

kann demnach zufallsbedingt sein. Die Hypothese wird unter Gesichtspunkten<br />

der schließenden Statistik verworfen.<br />

Die Ergebnisse der Follow-up-Untersuchung geben Hinweise auf mögliche<br />

Ursachen für das Ausbleiben der gewünschten Änderungen. So ist denkbar,<br />

dass beispielsweise mangelnde zeitliche Ressourcen oder Motivationsprobleme<br />

infolge einer Übersättigung mit berufsorientierenden Themen negativ<br />

auf die Entwicklung des Berufswahlengagements und der Eigenverantwortung wirken.<br />

VH 2 Es erfolgt eine Veränderung berufswahlbezogener Wertorientierungen<br />

und Einstellungen in Folge der Wahrnehmung von außerschulischen<br />

Maßnahmen zur beruflichen Orientierung.<br />

Die Werteorientierungen der Jugendlichen spiegeln in erster Linie ihr Streben<br />

nach beruflicher Etablierung, finanzieller Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung<br />

wider. Darüber hinaus stehen u. a. auch Anerkennung und<br />

Achtung im Beruf sowie der Wunsch nach Aufstieg und Karriere im<br />

Zentrum ihrer Zukunftsplanung. Die Sichtweisen der Mädchen und Jungen<br />

der Evaluationsgruppen gegenüber den untersuchten aufstiegs-, sicherheitsund<br />

gesellschaftsbezogenen Kriterien, geschlechts- und gleichstellungsbezogenen<br />

Aspekten sowie gegenüber sinnstiftenden Tätigkeiten und der<br />

Umsetzung von familiären und freizeitbezogenen Interessen schwanken in<br />

der Kontroll- wie auch der Interventionsgruppe zwischen den Messzeitpunkten.<br />

Signifikante Gruppenunterschiede bezogen auf Veränderungen<br />

im Antwortverhalten zwischen Pre- und Posttest konnten hinsichtlich dem<br />

Wunsch nach einem Beruf mit geringem Arbeitslosigkeitsrisiko (p = 0,012)<br />

sowie zur Mehrzahl der geschlechts- und gleichstellungsbezogenen Werte<br />

(p = 0,001 bis 0,0005) festgestellt werden. Die Hypothese ist folglich lediglich in<br />

Hinsicht auf einzelne Werteorientierungen anzunehmen. Es ist jedoch zu resümieren,<br />

dass, insofern Einstellungsänderungen nachzuweisen sind, diese nicht<br />

zwingend in die intendierte Richtung gehen. Dies wird insbesondere am<br />

Beispiel der Intervention ‚Schnupperlehre’ und der geschlechtstypischen<br />

Orientierung bei der Berufswahl sowie der Akzeptanz von Gleichstellung<br />

314


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

deutlich: Items, in denen Gleichstellung bejaht und Geschlechtsorientierung<br />

verneint wird, finden im Zeitverlauf immer weniger Zustimmung,<br />

währenddessen traditionelle Denkweisen in Bezug auf die beiden Aspekte<br />

verstärkt werden. Wie auch die Follow-up-Untersuchung zeigt, werden die<br />

Jugendlichen stark durch das Rollenverständnis und die Rollenbilder ihres<br />

sozialen Umfeldes beeinflusst.<br />

VH 3 Durch die Teilnahme werden Veränderungen im Interesse an<br />

den Berufsfeldern und -bildern, die im Fokus der Orientierungsmaßnahmen<br />

standen, ausgelöst.<br />

Die Mehrheit der Jugendlichen in den Untersuchungsgruppen verfügte<br />

zum ersten Befragungszeitpunkt über spezifische berufliche Vorstellungen.<br />

Prägnant ist die Benennung fast ausschließlich konkreter, und gemessen an<br />

den individuellen Voraussetzungen (z. B. angestrebter Schulabschluss), adäquater<br />

Berufe. 22% der Interventionsteilnehmer und 10% der Mädchen<br />

und Jungen, die ausschließlich die schulische Berufsorientierung nutzen,<br />

benannten keine Wunschausbildung. Dabei handelt es sich signifikant<br />

häufiger um Schülerinnen und Schüler, die sich noch nicht mit ihrer beruflichen<br />

Zukunft befassten. Mit Beendigung der Orientierungsangebote verfügt<br />

die Hälfte der Jugendlichen, die im Pretest noch keine Wunschausbildung<br />

angab, über wenigstens einen Favoriten. Eine vergleichbare Entwicklung<br />

ist in der Kontrollgruppe nicht zu beobachten. Die durch die Jugendlichen<br />

kommunizierten Berufswünsche, wie auch das signalisierte Interesse<br />

an Berufsfeldern, spiegeln zwei Aspekte wider, die generell charakteristisch<br />

für die Berufswahl junger Menschen sind. Erstens orientieren sich die<br />

Mädchen sehr stark an frauendominierten und die Jungen an männerdominierten<br />

Berufen. Zweitens berücksichtigen sie mit ihren beruflichen Wünschen<br />

nur ein kleines Spektrum an vorhandenen Optionen.<br />

Hinsichtlich der Berufsfelder, die in den Orientierungsmaßnahmen zentral<br />

waren, berichten alle Jugendlichen, gleichgültig ob sie an einer Orientierungsmaßnahme<br />

teilnahmen oder nicht, zum zweiten Messzeitpunkt über<br />

ein gestiegenes Interesse. Offenbar sind sie generell für ‚Neues’ zugänglich,<br />

auch wenn die Teilnehmenden der Interventionsgruppe ihren Interessenzuwachs<br />

nahezu durchgängig höher einschätzen als die der Kontrollgruppe.<br />

Ferner gaben 26% der Mädchen und 41% der Jungen der Interventionsgruppe<br />

im Posttest an, infolge ihrer Teilnahme Berufe neu kennengelernt<br />

zu haben. In der Kontrollgruppe trafen hingegen nur 8% der Jungen und<br />

Mädchen diese Aussage. Letztendlich ist dennoch zu konstatieren, dass die<br />

Zielstellung, Jugendliche für einzelne, durch die Interventionen in den<br />

315


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Mittelpunkt gestellte Berufe oder Berufsbereiche zu begeistern, verfehlt<br />

wurde bzw. nicht so weit reichte, dass die Mädchen und Jungen ihren erstgenannten<br />

Wunschausbildungsberuf oder -studiengang zugunsten dieser<br />

änderten. Zwar sind Veränderungen in den präferierten beruflichen<br />

Wünschen nachzuvollziehen. Sie stimmen aber selten mit der intendierten<br />

Richtung der Orientierungsmaßnahmen überein. Lediglich die Interventionen<br />

‚Girls’Day’ [B] und ‚Schnupperlehre’ grenzen sich hier ab. Die Hypothese<br />

kann demnach ausschließlich für diese beiden Angebote zur beruflichen Orientierung<br />

angenommen werden. Trotz der eingeschränkten Verifizierung ist dem<br />

Ergebnis auch ein positiver Aspekt abzugewinnen: Wenn durch die Interventionen<br />

bewirkt wird, dass die Jugendlicher erkennen, dass ihre Vorstellungen<br />

über Voraussetzungen, Anforderungen und Arbeitsbedingungen im<br />

Wunschberuf nicht der Realität entsprechen und so eine Neuorientierung<br />

stattfindet, ist viel erreicht, um einem Berufsausbildungs- oder Studienabbruch<br />

zu einem späteren Zeitpunkt vorzubeugen.<br />

VH 4 Die Sicherheit und Entschiedenheit bezogen auf berufliche<br />

Interessen wird durch die Teilnahme an außerschulischen Orientierungsangeboten<br />

gesteigert.<br />

Die Erwartungen der Jugendlichen an ihre Teilnahme an Interventionen,<br />

die partiell vorhandene Unklarheit über Wege nach Verlassen der Schule<br />

sowie die teilweise Instabilität ihrer Berufswünsche sind Indizien für bestehende<br />

Unsicherheiten, berufliche Interessen auch tatsächlich zu verfolgen.<br />

Diesen Eindruck bestätigen die Mittelwerte der Skala zur Sicherheit und<br />

Entschiedenheit. Insbesondere bei den Mädchen und Jungen der Interventionsgruppen<br />

zeugen sie von wenig gefestigten beruflichen Vorstellungen,<br />

was sich im Verlauf der Interventionen noch verstärkt. Zwar werden sich<br />

die Teilnehmenden der Orientierungsangebote hinsichtlich ihrer beruflichen<br />

Präferenzen mitunter auch gewisser, allerdings zeigt die zweifaktorielle<br />

Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor keine statistisch bedeutsamen<br />

Effekte. Dass die Teilnahme an einer der Orientierungsmaßnahmen<br />

nur eine geringe festigende Wirkung auf die Jugendlichen hat, bestätigte<br />

sich mehrheitlich auch in der Follow-up-Befragung. Die Hypothese ist<br />

folglich zu verwerfen.<br />

316


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

VH 5 Das berufs- und arbeitsweltbezogene Wissen Jugendlicher erhöht<br />

sich durch die Teilnahme an Orientierungsmaßnahmen.<br />

Dass Jugendliche, die noch keinen Berufs- oder Studienwunsch haben,<br />

signifikant häufiger angaben, sich noch nicht mit der Berufswahl beschäftigt<br />

zu haben, deutet darauf hin, dass berufliche Pläne sehr wohl sachlich<br />

begründet sind und auf einer aktiven Auseinandersetzung und einem fundierten<br />

Abwägen basieren. Umso erstaunlicher sind vor diesem Hintergrund<br />

die Ergebnisse zu subjektiv eingeschätzten Kenntnissen, z. B. über<br />

potenzielle Ausbildungsbetriebe bzw. akademische Bildungseinrichtungen<br />

oder über Inhalte, Anforderungen und Arbeitsabläufe. So ist vor allem die<br />

Frage nach Unternehmen oder Hochschulen, an welche die Jugendlichen<br />

Bewerbungen richten könnten, zu beiden Messzeitpunkten durch etwa<br />

60% bis 70% Antwortausfälle in den Untersuchungsgruppen geprägt, was<br />

auf deutliche Wissensdefizite schließen lässt. In den erfolgten Nennungen,<br />

die sich im Untersuchungsverlauf verringern, spiegelt sich bemerkenswerterweise<br />

statt einer eingeengten Sicht auf wenige regional populäre<br />

Betriebe, eine breite Palette an Kleinst-, kleineren und mittleren Unternehmen<br />

ortsansässiger Firmen diverser Branchen wider. Abgesehen vom<br />

lokalen Bezugsrahmen gilt gleiches für den Bereich der Hochschulen.<br />

Das Wissen über Inhalte und Anforderungen präferierter Berufe sowie über<br />

Bewerbungsverfahren wird zum ersten Messzeitpunkt von etwas mehr<br />

als 60% der Mädchen und Jungen der Interventions- und der Kontrollgruppe<br />

als ‚sehr gut’ oder ‚eher gut’ eingeschätzt, wobei der Großteil Erweiterungsspielraum<br />

für das eigene Wissen sieht. Hinsichtlich Abläufen in Unternehmen<br />

und Hochschulen sowie Erwerbsformen gaben 45% und 52%<br />

an ‚sehr gut’ oder ‚eher gut’ informiert zu sein. Von Messzeitpunkt zu<br />

Messzeitpunkt zeigen sich bei den Teilnehmenden der ‚Schnupperlehre’<br />

durchgängig für alle voranstehend genannten Wissensbereiche statistisch<br />

signifikante und von den Entwicklungen in der Kontrollgruppe abweichende<br />

Wissenzuwächse.<br />

Hervorzuheben sind ferner signifikante Entwicklungsunterschiede<br />

zwischen den Mädchen und den Jungen der Interventionsgruppen. Die<br />

männlichen Befragungsteilnehmer profitieren mehr an Wissen als die weiblichen.<br />

Konträr zu den aufgezeigten Ergebnissen stehen die in der Followup-Befragung<br />

zum Ausdruck gebrachten Standpunkte der Jugendlichen. Sie<br />

lassen eher verhalten eine Erweiterung des berufs- und arbeitsweltbezogenen<br />

Wissens erkennen. Dennoch ist die formulierte Hypothese auf Basis der statistischen<br />

Analyseergebnisse anzunehmen.<br />

317


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

VH 6 Aus der Nutzung von Orientierungsangeboten folgt eine Steigerung<br />

der Informationsbereitschaft und der Flexibilität bei Entscheidungen<br />

der Jugendlichen im Berufsorientierungsprozess.<br />

Die befragten Jungen und Mädchen verfügen nach ihrem subjektivem<br />

Empfinden über Wissenslücken hinsichtlich Inhalten, Anforderungen und<br />

Arbeitsabläufen. Weniger als die Hälfte konnte potenzielle Ausbildungsbetriebe<br />

bzw. Arbeitgeber benennen. Dessen ungeachtet zeigen die Mittelwertberechnungen<br />

zur Skala Informationsbereitschaft und Flexibilität, dass die<br />

bestehenden Informationsdefizite nicht auf einer mangelnden Bereitwilligkeit,<br />

sich entsprechende Informationen zu beschaffen oder einer eingeschränkten<br />

Flexibilität und Kompromissbereitschaft im Berufsorientierungsprozess<br />

beruhen. Im Zeitverlauf ist ferner festzustellen, dass sich die<br />

Mittelwerte der Kontrollgruppe und der Interventionsgruppen vom Pretest<br />

zum Posttest verringern. Die zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor<br />

bestätigt einen signifikant unterschiedlichen Entwicklungsverlauf<br />

in den einzelnen Untersuchungsgruppen (p = 0,024). Die<br />

Wechselbeziehung von Gruppen- und Zeitfaktor klärt jedoch nur 4% der<br />

Varianz auf. Die Interventionen haben demnach Einfluss auf die Informationsbereitschaft<br />

und Flexibilität. Im Sinne der aufgestellten Hypothese wirken<br />

jedoch lediglich die ‚Girls’Day’-Interventionen sowie das Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’. Die Hypothese wird folglich nur für diese Interventionen<br />

angenommen.<br />

VH 7 Jugendliche verfügen nach der Nutzung von Orientierungsangeboten<br />

über eine höhere allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung.<br />

Selbstwirksamkeitserwartungen haben im Berufsorientierungsprozess<br />

steuernden Charakter. Sie beeinflussen die Motivation, sich der Herausforderung<br />

der Berufswahl zu stellen, Anstrengungen zu investieren und die<br />

Berufswahl mit dem vorhandenen oder noch zu erwerbendem Wissen sowie<br />

eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgreich zu meistern. Das Vertrauen<br />

der hier befragten Mädchen und Jungen, die mit dem Berufsorientierungsprozess<br />

verknüpften Anforderungen aus eigener Kraft zu bewältigen<br />

und den Erfolg der eigenen Kompetenz zuzuschreiben, ist eher mittelmäßig<br />

ausgeprägt. Auch im Zeitverlauf ändert sich daran sowohl in der<br />

Kontrollgruppe als auch in der Interventionsgruppe wenig. Die zweifaktorielle<br />

Varianzanalyse mit Messwiederholungsfaktor verifiziert die deskriptiven<br />

Ergebnisse. Sie lässt keinen signifikanten Einfluss der Interventionen<br />

auf die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung erkennen. Vielmehr signalisiert<br />

sie, dass die bestehenden Mittelwertunterschiede lediglich auf Zufallsschwankungen<br />

basieren. Die Hypothese wird verworfen.<br />

318


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

VH 8 Die Entwicklung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten<br />

wird gefördert.<br />

Nicht nur Unternehmern bzw. Hochschulangehörigen, auch den hier befragten<br />

Mädchen und Jungen ist die Thematik der Ausbildungsreife ein<br />

Begriff. Sie wissen sehr wohl, welche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten<br />

für einen gelingenden Einstieg in eine Berufsausbildung oder ein<br />

Studium von Bedeutung sind. Besonders im Bereich der Sozialkompetenzen<br />

sehen sich die Jugendlichen der Kontroll- und der Interventionsgruppe mit<br />

hohen Erwartungen konfrontiert. Grundsätzlich schreiben sich die Befragten<br />

ein recht hohes Kompetenzniveau zu, jedoch liegt dieses deutlich unter<br />

dem wahrgenommenen Anforderungsniveau. Potenzial sehen die Jugendlichen<br />

der beiden Teilgruppen zu den beiden Messzeitpunkten vor allem in<br />

ihrer Sozialkompetenz. Dahingegen schätzen sie ihre Sachkompetenz und<br />

hierbei in erster Linie Wirtschaftskenntnisse und Grundkenntnisse wirtschaftlicher<br />

Zusammenhänge als am wenigsten ausgeprägt ein. Hier besteht<br />

eine Parallele zu den Ergebnissen zum arbeitswelt- und berufsbezogenen<br />

Wissen. Im Zeitverlauf zeigen sich hinsichtlich der vier in den Blickpunkt<br />

gerückten Kompetenzdimensionen, Sachkompetenz, Sozialkompetenz,<br />

Selbstkompetenz und Methodenkompetenz, unterschiedliche Entwicklungen<br />

in den Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe.<br />

Signifikante Gruppenunterschiede bezogen auf Veränderungen im Antwortverhalten<br />

zwischen Pre- und Posttest konnten betreffs der Sachkompetenz<br />

ermittelt werden. In nahezu allen Interventionen sehen die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer ihre Fachkenntnisse gestärkt. Das Zusammenwirken<br />

des Zeit- und des Gruppenfaktors klärt 6,4% der Varianz auf<br />

(p = 0,002). Indessen unterliegen die Mittelwertunterschiede der Selbst-,<br />

Sozial- und Methodenkompetenz vom Pre- zum Posttest zufälligen<br />

Schwankungen. Davon abweichend dominierten im Rahmen der Followup-Erhebung<br />

Aussagen, die einen Gewinn an sozialen Kompetenzen thematisierten.<br />

Die Hypothese wird mit Fokus auf die Sachkompetenz unter Gesichtspunkten<br />

der schließenden Statistik angenommen..<br />

Nach der vorliegenden Untersuchung stehen einige Komponenten der Berufswahlreife<br />

in statistisch gesichertem Zusammenhang zueinander, andere<br />

wiederum nicht. Drei hervorhebenswerte Ergebnisse sollen an dieser Stelle<br />

wiederholt werden:<br />

Erstens zeigten die vorgenommenen Zusammenhangsanalysen, dass bei<br />

zunehmender Eigenverantwortung im Berufsorientierungsprozess das Berufswahlengagement,<br />

die Informationsbereitschaft und Flexibilität steigen. D. h., je stärker<br />

sich die Jugendlichen bewusst sind, selbst für ihren schulischen Ab-<br />

319


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

schluss und Anschluss verantwortlich zu sein, desto größer ist ihre Bereitschaft,<br />

sich mit der Berufsorientierung auseinanderzusetzen, Informationen<br />

einzuholen, eigene Zielstellungen zu verfolgen oder gegebenenfalls aufzugeben<br />

sowie den Anforderungen am Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

flexibel gegenüberzutreten.<br />

Zweitens ist zu konstatieren, dass eine unsichere Selbsteinschätzung, bezogen<br />

auf die berufliche Eignung und Interessen, einer positiven und aktiven<br />

Einstellung zur Herausforderung der Berufswahl entgegen wirkt. In der<br />

Tendenz sinkt also mit zunehmender Unsicherheit das berufliche Engagement.<br />

Je mehr Zweifel die Jugendlichen haben, ob der im Augenblick von<br />

ihnen bevorzugte Beruf der richtige für sie ist oder sie sich nicht zwischen<br />

verschiedenen, sie interessierenden, Berufsmöglichkeiten entscheiden können,<br />

umso teilnahmsloser bzw. ohnmächtiger werden sie.<br />

Wenn auch jeweils nur durch schwache Zusammenhänge belegt, lassen die<br />

Analysen zum Dritten den Schluss zu, dass die Interventionsteilnehmer den<br />

Berufsorientierungsprozess mit einem realistischeren Blick wahrnehmen.<br />

Sie sehen ihre eigenen Bewerbungsaktivitäten in geringerem Maße als alleiniges<br />

Erfolgskriterium für Chancen am Ausbildungsmarkt an. Ferner sind<br />

sie, trotz besserer Schulnoten und damit günstigeren Ausgangsvoraussetzungen<br />

für den Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt nicht überzeugt,<br />

den Berufsorientierungsprozess angemessen bewältigen zu können.<br />

D. h. von ihrem persönlichen Einsatz und individuellen Leistungen versprechen<br />

sich die Schülerinnen und Schüler, die Berufsorientierungsangebote<br />

wahrnehmen, weniger gute berufliche Chancen als Gleichaltrige der<br />

Kontrollgruppe.<br />

Die befragten Jugendlichen haben insgesamt gesehen eine nüchterne,<br />

problembewusste Sicht auf den Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt,<br />

sind aber zugleich nicht perspektivlos und zukunftsängstlich. Sie<br />

nutzen bestehende Handlungsoptionen, um ihre Chancen zu verbessern.<br />

Die zum Großteil recht klar von den Schülerinnen und Schülern formulierten<br />

Zukunftsvorstellungen und Wertorientierungen sind Ausdruck dafür,<br />

welchen Stellenwert die schulische und berufliche Ausbildung und ein<br />

Platz in der Gesellschaft für sie hat und wie ausgeprägt ihr Bewusstsein ist,<br />

ohne eigenes Engagement deutlich schlechter gestellt zu sein. Die hier evaluierten<br />

berufsorientierenden Maßnahmen wirken allerdings nur eingeschränkt<br />

unterstützend auf die Entwicklung der Persönlichkeit, von Zukunftsvorstellungen<br />

und generell auf die Ausprägung von Berufswahlreife.<br />

In Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Wirkungsevaluationen zu<br />

anderen Interventionen sind nur in geringem Maße statistisch bedeutsame<br />

Veränderungen nachzuweisen. Auch die qualitative Folgeuntersuchung<br />

320


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

zeigte nur bedingt Effekte. Die Resultate verweisen darauf, dass sich Berufswahlreife<br />

in einem längerfristigen Prozess entwickelt und an soziale und<br />

individuelle Ressourcen gekoppelt ist, was deutlich gegen eine punktuelle<br />

pädagogische Steuerung spricht.<br />

Welche inhaltlichen Desiderata ergeben sich aus diesen Resultaten für weitere<br />

Wirkungsevaluationen? Einerseits ist zu vertiefen, wie und durch welche<br />

didaktischen Komponenten konkret Orientierungsmaßnahmen wirken. Maßgeblich<br />

berufsbezogene, arbeitsweltbezogene und persönlichkeitsbezogene berufsbiografische<br />

Inhaltsaspekte sowie methodische Aspekte sind detailgenauer<br />

zu analysieren. Andererseits ist zu eruieren, wo die Ursachen für das<br />

Ausbleiben von gewünschten Effekten liegen. Es stellen sich u. a. folgende<br />

anschließende Forschungsfragen:<br />

� Wo liegen die Gründe für die Demotivation Jugendlicher im Berufsorientierungsprozess<br />

und für die Abnahme des Berufswahlengagements?<br />

� Was hilft Schülerinnen und Schülern bestehende Unsicherheiten hinsichtlich<br />

beruflicher Präferenzen abzubauen? Welchen Beitrag können<br />

Potenzialanalysen sowie individuelle Förderpläne und Teilnehmerrückmeldungen<br />

leisten?<br />

� Welche Effekte zieht der Zustand der Unentschlossenheit für den<br />

Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt nach sich?<br />

� Welche Auswirkungen haben berufsorientierende Interventionen auf<br />

die Lern- und Leistungsmotivation Jugendlicher?<br />

� Wie wirken verschiedenartige schulische Konzepte zur Berufsorientierung?<br />

� Wie setzt sich die Entwicklung von Berufswahlreife infolge der Wahrnehmung<br />

mehrerer (didaktisch differenzierter) Interventionen fort?<br />

Welche Wechselwirkungen entstehen aus Maßnahmeketten? Welche<br />

Konsequenzen ergeben sich daraus aus zeitlicher Perspektive?<br />

� Wie kann das eingeschränkte Berufswahlverhalten Jugendlicher stärker<br />

aufgeweicht werden? Welche Relevanz hat generell das Geschlecht<br />

als Einflussfaktor auf Berufsorientierungsprozesse?<br />

� Wie passfähig sind die Ergebnisse von Wirkungsanalysen zu den entwickelten<br />

Qualitätskriterien für Berufsorientierung?<br />

� Welche Schlüsse lässt der Rückbezug der Ergebnisse auf die berufswahltheoretischen<br />

Erklärungsansätze zu? Wie sind die Theorien in<br />

einem Rahmenmodell fortzuschreiben und welche didaktischen Konsequenzen<br />

ergeben sich daraus?<br />

321


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Die Evaluation von Wirkungen berufsorientierender Interventionen ist ein<br />

komplexes und aufwendiges Unterfangen. Letztendlich ist daher auch auf<br />

die Notwendigkeit der Entwicklung eines breit akzeptierten Forschungsdesigns<br />

zur empirischen Bestimmung von Wirkungen hinzuweisen. Dies<br />

schließt den Einsatz eines erprobten ‚Methodenbaukastens’ ein, aus welchem<br />

auf Basis der spezifischen Bedingungen der jeweiligen Interventionen<br />

geeignete Instrumente, die Effekte zuverlässig messen, ausgewählt werden<br />

können. Gewinnbringend erscheinen hier die aktuellen Bestrebungen des<br />

Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie des Zentrums für<br />

Europäische Wirtschaftsforschung zur Entwicklung eines Evaluationskonzeptes,<br />

das wissenschaftlichen Standards entspricht (vgl. Kupka, Wolters<br />

2010, S. 38 ff.; vgl. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung 2010,<br />

S. 131 ff.). Insofern Maßnahmen einen positiven Einfluss auf die Berufswahlreife<br />

haben, dieser nachgewiesen und gefördert werden kann, ist ein<br />

wichtiger Schritt vollzogen, den Schwierigkeiten von Jugendlichen am Übergang<br />

zwischen Schule und Arbeitswelt vorausschauend zu begegnen.<br />

Der präventive Analyse- und Bewertungsaufwand steht kostenintensiven<br />

‚Reparaturen’ einer missglückten Einmündung in Ausbildung gegenüber,<br />

und wird durch einen erheblichen Gewinn, vor allem für Schülerinnen und<br />

Schüler, legitimiert.<br />

10.3 Schlussfolgerungen für didaktisches<br />

Handeln im Feld der Berufsorientierung<br />

Trotz der negativen Gesamtbilanz ergeben sich aus den Antworten auf die<br />

Frage nach dem Verhältnis zwischen dem definitorisch festgeschriebenen<br />

Anspruch und darin implizierten Zielsetzungen sowie dem Leistungsvermögen<br />

von berufsorientierenden Aktivitäten eine Reihe von Schlussfolgerungen<br />

für didaktisches Handeln. Sie sind vorrangig im Kontext der untersuchten<br />

Maßnahmen zu betrachten, enthalten aber angesichts der Tatsache,<br />

dass auch andere Studien Schwächen signalisieren gleichfalls generalisierbare<br />

Hinweise zur Optimierung von Interventionen. Das Potenzial, Rückschlüsse<br />

zu ziehen wird durch die Tatsache gemindert, dass nur an wenigen<br />

Stellen Wirkungen nachzuweisen waren. Die dennoch aus den empirischen<br />

Ergebnissen, wie auch den theoretischen Vorüberlegungen abgeleiteten<br />

Handlungsanforderungen zielen auf die Bedingungs- und Entscheidungsfelder<br />

didaktischen Handelns und auf das Situationsgefüge, in welches es<br />

eingebettet ist ab. Bezüglich letzterem ist eine stärkere Systematisierung zu<br />

322


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

fordern. Reformen auf der operativen Ebene sind wenig sinnvoll, solange<br />

der strategische Rahmen nicht dazu in Konformität steht. Allenfalls<br />

könnten nicht hinreichende Teilerfolge erzielt werden. Auf Ebene der institutionellen<br />

Bedingungen werden zentrale Ansatzpunkte für Veränderungen<br />

in einer intensiveren Vernetzung und Kooperation von Akteuren sowie der<br />

Professionalisierung pädagogischen Personals gesehen. Im Rückschluss zu den<br />

Resultaten der vorliegenden Evaluation sind darüber hinaus klarere und<br />

breit akzeptierte Zielstellungen für berufsorientierende Maßnahmen und eine<br />

intensivere Auseinandersetzung mit der Erreichung von Zielen zu empfehlen.<br />

Optimierungspotenzial liegt des Weiteren in einer individualisierteren, geschlechterbezogenen<br />

und noch praxisorientierteren Förderung.<br />

Systematisierung von Angeboten und Systemkopplung<br />

Wie aufgezeigt, fehlt dem Feld der Berufsorientierung jegliches System. Es<br />

ist geprägt durch vielfältige Ziele, Inhalte, Methoden und Medien, durch<br />

eine Vielzahl an Zielgruppen und Akteuren sowie eine Reihe von einflussnehmenden<br />

gesetzlichen Grundlagen und Richtlinien (vgl. Kapitel 1). Während<br />

Schulen zur Systematisierung ihrer Angebote mehr und mehr schuleigene<br />

Konzepte zur Berufsorientierung entwickeln, ist im außerschulischen<br />

Bereich der Aufbau eines aufeinander abgestimmten Systems durch<br />

die vorhandenen Normen auf Ebene des Bundes, des Landes, der Kommunen<br />

und der Landkreise nur eingeschränkt möglich. So ist beispielsweise<br />

die Förderstruktur zu verschlanken sowie stärker aufeinander und in sich<br />

anzupassen. Sie lässt durch strikte Vorgaben kreative didaktische Lösungsansätze<br />

allzu oft in unzureichendem Maße zu und fördert die Schaffung<br />

von Insellösungen statt Verbesserungen in den Gesamtstrukturen am Übergang<br />

zwischen Schule und Arbeitswelt. Wenngleich Bundesprogramme,<br />

wie „Lernende Regionen“, „Jugend stärken“, „Perspektive Berufsabschluss“,<br />

„Lernen vor Ort“ oder „Bildungsketten“ (vgl. Kapitel 6.4.1) unter<br />

dem Stichwort ‚Übergangsmanagement’, die Schaffung regional gesteuerter<br />

verlässlicher Regelsysteme forcieren, weist die Zusammenführung von Einzelmaßnahmen<br />

und der Aufbau von dauerhaften, vernetzten Strukturen für<br />

die Berufsorientierung noch große Lücken auf. Bei den hier untersuchten<br />

Interventionen erfolgte über die eigene Institution hinweg mehrheitlich<br />

keine Abstimmung mit anderen Akteuren der Berufsorientierung. Lediglich<br />

die Organisatoren der ‚Schnupperlehre’ schaffen für einzelne Jugendliche<br />

eine Anschlussoption in Form von Patenschaftsverträgen mit Unternehmen.<br />

Um Berufsorientierung effektiver und ressourcenschonender zu gestalten,<br />

sind die Schnittstellen zwischen den einzelnen Anbietern berufsorientierender<br />

Maßnahmen zu optimieren. Berufsorientierung, verstanden<br />

323


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

als ein Prozess, schließt eine mehrjährige Auseinandersetzung mit den beruflichen<br />

Interessen und Zukunftswünschen ein. Wenige Wochen umfassende<br />

oder sogar nur eintägige Interventionen zu konzipieren, aber auch finanziell<br />

zu fördern, kann dem komplexen Anspruch beruflicher Orientierung<br />

mit ihren integrierten Entwicklungsaufgaben, wie die Untersuchungsergebnisse<br />

belegen, kaum Rechnung tragen. Normative Regelungen schaffen<br />

Vielfalt, aber daraus resultierendes, von außen nach pauschalen<br />

Kriterien festgesetztes didaktisches Handeln trägt nicht zwangsläufig zur<br />

Lösung der skizzierten Schwierigkeiten Jugendlicher am Übergang<br />

zwischen Schule und Beruf bei. Vielmehr ist eine frühzeitig einsetzende,<br />

kohärente, regelhafte Förderstruktur außerhalb von institutionell versäulten<br />

Zuständigkeiten und Finanzierungen vonnöten. Übergänge müssen besser<br />

begleitet und Rückkopplungen zwischen Akteuren arrangiert werden.<br />

Kooperation in der Umsetzung<br />

Schülerinnen und Schülern in einer systematischen Gesamtstruktur verschiedene<br />

Zugänge und Unterstützungsangebote entsprechend ihres individuellen<br />

Bedarfes unterbreiten, aber auch vorhandene Ressourcen vor<br />

dem Hintergrund eines hohen Konkurrenz- und Kostendrucks besser nutzen<br />

zu können, erfordert die Vernetzung unterschiedlicher Akteure. Hervorzuheben<br />

sind in diesem Zusammenhang die Interventionen ‚Schnupperlehre’<br />

und ‚Girls’Day’ [B], die ein breites Spektrum an Kooperationspartnern,<br />

von Unternehmen, über Technologiezentren bis hin zur Agentur für<br />

Arbeit, involvieren (vgl. Anhang 5). Angesichts des hohen Stellenwertes<br />

von Eltern im Berufsorientierungsprozess erstaunt es jedoch, dass Erziehungsberechtigte<br />

lediglich bei den genannten beiden Maßnahmen, und hier<br />

nur im Rahmen der Informations- und Abschlussphasen, eingebunden<br />

werden. Um die Potenziale von Eltern gezielt zu nutzen, sind regelmäßige,<br />

gut strukturierte Kontakte im Sinne einer gleichberechtigten Erziehungsund<br />

Bildungspartnerschaft zu empfehlen. Obgleich in Hinblick auf die Erreichbarkeit<br />

von Eltern oft eine von Enttäuschungen geprägte Haltung vorherrscht,<br />

die zur Folge hat, dass Versuche der Elternaktivierung eingestellt<br />

werden, weil Aufwand und Ertrag im Versuch Eltern einzubinden, nicht<br />

ausgewogen sind (vgl. Thimm, Bothe 2009, S. 29) ist eine stärkere Elternbeteiligung<br />

zu postulieren. Um eine professionelle Durchführung von Orientierungsangeboten,<br />

an denen Eltern mitwirken zu gewährleisten, bedarf<br />

es eigens dafür geschulten Personals (vgl. nachfolgende Ausfüh-rungen),<br />

welches u. a. für unterschiedliche familiäre Lebenslagen sensibilisiert ist<br />

(vgl. Voigt 2010, S. 33). Darüber hinaus ist die Kooperation zwischen schulischen<br />

und außerschulischen Akteuren der Berufsorientierung voranzu-<br />

324


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

treiben. Es fehlt an gegenseitiger Transparenz und aufeinander abgestimmten<br />

didaktischen Konzepten, um so Parallelstrukturen und Unterstützungslücken<br />

zu vermeiden. Die bestehenden regionalen Netzwerke, die Erarbeitung<br />

schuleigener Konzepte der Berufsorientierung, wie auch die derzeitige<br />

Entwicklung beruflicher Schulzentren zu Kompetenzzentren bieten dazu<br />

Potenzial. In Abgrenzung zu den eben genannten Handlungsalternativen ist<br />

vor dem Hintergrund der derzeitigen intensiven Bemühungen zur schulischen<br />

Konsolidierung der Berufsorientierung zudem zu disku-tieren, ob<br />

sich mit einer qualifizierten Verankerung der Thematik in der Schule die<br />

Einbeziehung von wirtschaftsfernen Institutionen (z. B. Bildungs- und Jugendhilfeträger,<br />

Vereine, Krankenkassen) nicht generell erübrigt und sich<br />

so strukturelle Verbesserungen erzeugen ließen.<br />

Spezifizierung von Zielen<br />

Wie die didaktische Analyse der Orientierungsangebote offen legte (vgl.<br />

Kapitel 8.3.1, vgl. Anhang 5) sind die Zielstellungen der evaluierten Orientierungsangebote<br />

zum Teil nur vage formuliert. Hinzu kommt, dass Inhalte,<br />

Methoden und Medien mitunter nur wenig auf diese Ziele abstellen oder<br />

die institutionellen Bedingungen eine Zielerreichung von vornherein nicht<br />

positiv beeinflussen bzw. dieser entgegenstehen. Kritisch zu betrachten ist<br />

in diesem Zusammenhang beispielsweise das Anliegen von ‚JobGalaxy Future’,<br />

über Studienabläufe und -anforderungen informieren und Kontakte<br />

zu Ansprechpartnerinnen und -partnern für die Berufsorientierung herstellen<br />

zu wollen ohne Vertreterinnen und Vertreter ebensolcher Beratungsinstitutionen<br />

bzw. einer Hochschule einzubinden. Didaktisches Handeln im<br />

Feld der Berufsorientierung ist nicht nur durch das Fehlen von expliziten<br />

Zielstellungen und durch eine Heterogenität der Ziele beeinträchtigt, sondern<br />

wird im Kontext von Projektförderung gleichfalls durch eine Kluft<br />

zwischen offiziellen und tatsächlichen Zielen beeinflusst. Notwendig erscheinen<br />

daher eine stärkere Fokussierung auf ein gemeinsames Begriffsund<br />

Zielverständnis über Berufsorientierung sowie der gegenseitige Austausch<br />

darüber. Nur so ist zu gewährleisten, dass unterschiedliche Akteure<br />

mit ihren Angeboten, wenn auch nicht zwangsläufig mit identischer Intention,<br />

in die gleiche Richtung arbeiten und nur so kann überprüft werden<br />

inwieweit Ressourcen auch tatsächlich zur Förderung von Schülerinnen<br />

und Schülern, statt im kritischsten Fall, zur bloßen Existenzsicherung von<br />

Trägern, eingesetzt werden. Als ein geeigneter Orientierungsrahmen zur<br />

Formulierung von Interventionszielen ist das für diese Arbeit zugrunde gelegte<br />

Berufswahlreifekonzept einzuschätzen (vgl. Kapitel 6.3.1). Der Spezifizierung<br />

von Zielstellungen ist eine Konkretisierung der angestrebten Ziel-<br />

325


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

gruppe(n) voranzustellen. Auffällig bei den evaluierten Angeboten ist, dass<br />

nur zum Teil die durch die Organisatoren gewünschten Jugendlichen erreicht<br />

werden und dass bildungsbenachteiligte Mädchen und Jungen lediglich<br />

eine Randgruppe darstellen. Gerade angesichts der Debatte um mangelnde<br />

Ausbildungsreife und vor dem Hintergrund der demografischen<br />

Entwicklung ist es erforderlich, sich in der Berufsorientierung stärker auf<br />

sie zu konzentrieren.<br />

Erfolgskontrolle und Dialog zur Wirksamkeit<br />

Neben dem Vorhandensein abgestimmter Ziele ist auch der Wille zu einer<br />

offensiven Diskussion über eine zeitgemäße Berufsorientierung unabdingbar<br />

für deren Optimierung. Zwar arbeiten alle der hier untersuchten Maßnahmen<br />

mit Rückmeldungen der Teilnehmenden, wirkungsorientierte Evaluationen<br />

werden jedoch nicht durchgeführt. Lediglich die Organisatoren<br />

der ‚Schnupperlehre’ planten, angeregt durch das umgesetzte Experteninterview,<br />

zukünftig eine Verbleibsstatistik über die Nutzerinnen und<br />

Nutzer des Orientierungsangebotes anzulegen. Fraglich ist, warum die Träger<br />

nicht nach verfolgen, was aus den von ihnen geförderten Schülerinnen<br />

und Schülern wird und inwieweit Ergebnisse aus den Befragungen und<br />

Auswertungsgesprächen mit den Teilnehmenden systematisch in die Weiterentwicklung<br />

der Angebote einfließen. Selbst wenn Analysen vorliegen,<br />

trägt die gängige Veröffentlichungspraxis wenig zu einem wechselseitigen<br />

Lernprozess bei. Erfahrungen aus Modellprojekten finden im Allgemeinen<br />

unzureichend Eingang in die Fachöffentlichkeit. Schriftenreihen, Zeitschriften,<br />

Internetauftritte oder Fachtagungen dienen wenig für einen Austausch.<br />

Vor allem bezogen auf die außerschulische Berufsorientierung kann<br />

dies in der gängigen Projektfinanzierung von Angeboten begründet liegen.<br />

Erfolgskontrollen, kontinuierliche Kooperationen und der Aufbau von<br />

Vertrauen sind durch sie erschwert. Der Transfer von Konzepten und Erfahrungen<br />

bleibt durch zeitliche Engpässe und die Befristung von Projekten<br />

oftmals hinter Absichtserklärungen zurück. Qualitätskriterien für die<br />

Berufsorientierung, die z. B. in Sachsen bei der Bewilligung von Maßnahmen,<br />

die über das SGB III und über den Europäischen Sozialfonds als<br />

Maßstab dienen, zeigen zwar Erwartungen von Seiten der Auftraggeber<br />

auf, haben aber im Förderverlauf, beispielsweise im Rahmen von Qualitätskontrollen<br />

keine Relevanz mehr. Wie die hier gewonnenen Evaluationsergebnisse<br />

zeigen, werden durch Orientierungsangebote durchaus Effekte<br />

ausgelöst, Berufswahlreife ist also beeinflussbar. Die Optimierung von Angeboten<br />

muss demnach darauf abheben, Wirkungen gemäß der angestrebten<br />

Richtung zu erzielen. Unabdingbar erscheint es daher einerseits Er-<br />

326


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

kenntnisse über Gelingensbedingungen, aber auch hinderliche Faktoren in<br />

der Gestaltung von Berufsorientierung zu gewinnen und andererseits<br />

Transparenz darüber herzustellen und gegebenenfalls Reformen abzuleiten.<br />

Wenn Effekte eher unterstellt, als untersucht werden, ist dies nicht nur aus<br />

wirtschaftlicher Sicht, sondern vor allem aus pädagogischer unhaltbar.<br />

Finanzielle Mittel sind deplatziert und sollten stattdessen an den Stellen<br />

zum Einsatz kommen, an denen sie tatsächlich wirkungsvoll sind. Dies ist<br />

kurzfristig zwar mit einer Nachjustierung oder unter Umständen Neugestaltung<br />

von Strukturen und Netzwerken verbunden, trägt jedoch langfristig<br />

zu einer erhöhten Angebotsstabilität und zu einer Ressourcenersparnis<br />

bei. Grundlegende Voraussetzungen stellen ein politischer Wille und der<br />

Mut zu Veränderungen auf Seiten von Entscheidungsträgern dar.<br />

Hilfreich für die überregionale Publikation von Forschungsergebnissen,<br />

zum Diskurs über Erfolgsindikatoren zur Berufsorientierung, zum Austausch<br />

über Evaluationsdesigns und -instrumente sowie zum Transfer von<br />

Praxiserfahrungen ist eine adäquat zum „Good Practice Center. Förderung<br />

von Benachteiligten in der Berufsbildung“ des Bundesinstitutes für Berufsbildung<br />

angelegte Plattform anzusehen (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

o. J., o. S.).<br />

Professionalisierung von Akteuren<br />

Ganzheitliche Berufsorientierung und ihre heterogene Zielgruppe setzt<br />

Planungsverantwortliche, Lehrkräfte, Berufsausbildungspersonal und<br />

sozialpädagogische Fachkräfte voraus, die nicht nur in der Lage sind, die<br />

beruflichen Potenziale und den individuellen Unterstützungsbedarf von<br />

Schülerinnen und Schülern zu identifizieren, sondern die gleichfalls über<br />

kontinuierliche theoretische wie praktische Berührungspunkte zur Wirtschaft<br />

verfügen. Speziell Lehrerinnen und Lehrer haben während ihrer<br />

Ausbildung und beruflichen Laufbahn mitunter nie einen Arbeitskontext<br />

außerhalb der Institution Schule kennengelernt. Um die Professionalisierung<br />

von bereits langjährig im Schuldienst tätigen Lehrerinnen und<br />

Lehrern, Referendarinnen und Referendaren wie auch Lehramtsstudierenden<br />

voranzutreiben, ist im Studium, im Referendariat sowie in der Lehrerfortbildung<br />

für die Berufsorientierung zu sensibilisieren sowie Gelegenheit<br />

zu geben, Einsichten und Erfahrungen in Unternehmen, Hochschulen und<br />

andere Einrichtungen zu gewinnen. Methodisch kann dies mittels Vorlesungen<br />

und Seminaren, im Rahmen schulpraktischer Studien oder Lehrerbetriebspraktika<br />

erfolgen. Es werden so nicht nur Impulse für die Einbindung<br />

der Berufsorientierung als fachübergreifendes didaktisches Unterrichtsprinzip<br />

und für die praxisorientierte Gestaltung des Fachunterrichtes<br />

327


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

geliefert, sondern es wird gleichfalls zur Förderung des Dialoges mit außerschulischen<br />

Institutionen sowie zur Entwicklung langfristiger Kooperationen,<br />

z. B. mit Unternehmen, beigetragen. Das aktuelle pädagogische<br />

Studienangebot deutscher Hochschulen steht größtenteils im Missverhältnis<br />

zu den Herausforderungen einer zeitgemäßen Berufsorientierung, was<br />

den Bedarf einer grundlegenden Revision der universitären Studiengänge<br />

offenbart (vgl. Biermann, Buchmann et al. 2009, S. 45).<br />

Doch nicht nur im Kontext der schulischen Berufsorientierung sind Qualifizierungsbedarfe<br />

bei den Fachkräften zu konstatieren. Auch bei den in der<br />

außerschulischen Berufsorientierung tätigen Pädagogen bestehen laut den<br />

extrahierten Ergebnissen Qualifizierungslücken. Diese liegen einerseits im<br />

Wissen über Berufe und in Kenntnissen über die Arbeitswelt. Andererseits<br />

sind sie in mangelnden Erfahrungen in der Arbeit mit den Zielgruppen von<br />

Berufsorientierung zu finden, denn z. B. Ausbilder und Meister werden innerhalb<br />

von Meisterkursen oder der Ausbildereignungsprüfung nur bedingt<br />

oder gar nicht formal qualifiziert im Umgang mit den spezifischen Bedürfnissen<br />

und Kompetenzen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern berufsorientierender<br />

Interventionen. Um den individuellen Prozess der Berufsorientierung<br />

gelingend zu gestalten, ist gleichfalls eine Reflexion des Rollenverständnisses<br />

pädagogischer Akteure notwendig. Unabdinglich sind<br />

moderierende, beratende, begleitende Aufgaben, die institutionenneutral<br />

ausgerichtet sind. Dass ausnahmslos über alle hier untersuchten Orientierungsmaßnahmen<br />

hinweg von den Schülerinnen und Schülern Mängel in<br />

der Kompetenz des eingesetzten pädagogischen Personals gesehen werden,<br />

zeigt den dringenden diesbezüglichen Handlungsbedarf. Der subjektive<br />

Charakter dieser Schlussfolgerung wird dabei durch analoge Forderungen<br />

im Rahmen der OECD-Studien zur Berufsbildung (vgl. Hoeckel, Schwartz<br />

2010, S. 27) und durch die Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik in der<br />

Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft bestärkt (vgl. Sektion<br />

Berufs- und Wirtschaftspädagogik 2009, S. 18 f.). Unabhängig von Qualifikationsanforderungen<br />

gehört zu einem professionellen Orientierungsangebot<br />

ein angemessener Betreuungsschlüssel, der je nach Zielgruppe sowie<br />

Inhalten, Methoden und Medien variieren kann. So wird für die Durchführung<br />

von Potenzialanalysen beispielsweise ein Personalschlüssel von 1:4<br />

empfohlen (vgl. Lippegaus-Grünau, Stolz 2010, S. 25). Ebenso kann aber<br />

auch eine hochindividualisierte Einzelförderung erforderlich sein. Optimierungsbedarf<br />

wird diesbezüglich vor allem bei den beiden ‚JobGalaxy’-<br />

Maßnahmen sowie bei den ‚Girls’Day’-Interventionen gesehen. Kontraproduktiv<br />

sind hierbei normative Rahmenbedingungen, wie förderrechtlich<br />

328


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

geregelte Einstellungsbedingungen, aus denen eine Beschäftigung unter Tarif<br />

und in Teilzeit resultiert. Um dennoch einen hohen Individualisierungsgrad<br />

zu erreichen, ist die Einbindung ehrenamtlichen Engagements zu<br />

empfehlen.<br />

Geschlechterbezogene Gestaltung<br />

In Bezug auf die Inhalte und Methoden der hier untersuchten Orientierungsangebote,<br />

aber auch darüber hinaus ist zu kritisieren, dass diese unsystematisch<br />

geschlechterbezogen gestaltet werden und die bestehenden<br />

Geschlechtsstereotype reproduzieren und stabilisieren. 131 Hinzu kommen<br />

institutionelle Bedingungen, wie eine Dominanz an männlichen Auszubildenden<br />

und Ausbildern in gewerblich-technischen oder ingenieurwissenschaftlich<br />

geprägten Orientierungsmaßnahmen bzw. von weiblichen in<br />

Interventionen mit einem Fokus auf den Verwaltungs-, Dienstleistungsoder<br />

sozialen Bereich, die ebenfalls Ausdruck eines traditionellen Rollenverständnisses<br />

sind, an dem sich die Schülerinnen und Schüler bewusst oder<br />

unbewusst orientieren. In Konsequenz sind die hier evaluierten<br />

Interventionen dahingehend zu überprüfen, ob tatsächlich beide Geschlechter<br />

mit einer identischen Botschaft angesprochen werden und<br />

atypische Interessen, die den traditionellen Vorstellungen widersprechen,<br />

beachtet und gefördert werden. Das unausgewogene Geschlechterverhältnis<br />

(vgl. Kapitel 9.1) in den Interventionen spricht dafür, dass schon in der<br />

Ansprache der Jugendlichen Handlungsbedarf liegt. Wie die Untersuchungsergebnisse<br />

zeigen, lassen sich Mädchen in erster Linie von schulischen<br />

Akteuren motivieren, während bei den Jungen hauptsächlich die<br />

Eltern als Impulsgeber für eine Teilnahme fungieren. In Konsequenz sind<br />

diese Informationsvermittler bei der Öffentlichkeitsarbeit für die Interventionen<br />

gezielt zu instrumentalisieren. Wenn zusätzlich, wie im Falle der<br />

‚JobGalaxy’-Maßnahmen und dem Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’,<br />

von Seiten der Verantwortlichen für die Orientierungsmaßnahmen<br />

offen über Disziplinschwierigkeiten oder Fehlzeiten von Mädchen in<br />

technisch-naturwissenschaftlich ausgerichteten Interventionen aufgrund<br />

mangelnden Interesses gesprochen wird und Interventionen, wie die<br />

‚Schnupperlehre’ dazu beitragen, dass Gleichstellung negiert und Geschlechtsorientierung<br />

gestärkt wird, sind Inhalte und Methoden dringend<br />

neu zu konstituieren. Bildungs- und erste berufspraktische Erfahrungen der<br />

131 Berufsorientierung aus der Geschlechterperspektive beleuchten Studien der Frauenforschung<br />

und feministischen Schulforschung, vgl. z. B. Lemmermöhle-Thüsing et al. 1994; vgl. Geissler,<br />

Oechsle 1996; vgl. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung 1997; vgl. Oechsle<br />

1998; vgl. Lemmermöhle 2002 sowie vgl. Nissen et al. 2003.<br />

329


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Mädchen und Jungen müssen geschlechterbewusster thematisiert sowie im<br />

Kontext unterschiedlicher Lebensperspektiven reflektiert und diskutiert<br />

werden. Im Allgemeinen ist stärker darauf zu achten, dass eingesetzte Medien<br />

keine geschlechterbezogenen Rollenklischees transferieren und die<br />

wirtschaftliche Realität in ihrer Gesamtheit zeigen. Zentrale ökonomische<br />

Begriffe wie Wettbewerb, Markt oder Strukturwandel finden sich zwar in<br />

vielen Lehrmaterialien wieder, werden jedoch oft einseitig dargestellt. Betriebe<br />

sind mit Großkonzernen gleichgesetzt. Ein unternehmerischer Mittelstand<br />

existiert nicht. Hinzu kommt, dass Unternehmen negativ betrachtet<br />

werden. Sie schaffen beispielsweise nur selten Arbeitsplätze, sondern<br />

müssen aufgrund des Strukturwandels häufig Personal entlassen. Wächst<br />

die Wirtschaft, werden Arbeitsplätze geschaffen oder Industrie angesiedelt,<br />

so schreiben die Medien dies weitgehend dem Handeln staatlicher oder<br />

kommunaler Stellen zu (vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2010,<br />

S. 1). Wenngleich beispielsweise die Mediengestaltung nicht im Verantwortungsbereich<br />

der Akteure der Orientierungsmaßnahmen liegt, so können<br />

diese durch die bewusste Auswahl dennoch steuernd auf die Verbreitung<br />

spezifischer Sichtweisen auf Wirtschaft und von Geschlechtsrollenstereotypen<br />

einwirken. Zusätzlich vermögen spezielle Gendertrainings für pädagogisches<br />

Personal einen Beitrag zu einer geschlechterbezogenen Didaktik<br />

zu leisten, die Jungen und Mädchen dabei unterstützt, ihre Interessenschwerpunkte<br />

und Kompetenzen bewusst wahrzunehmen sowie sich<br />

selbstbestimmt zu entfalten.<br />

Individualisierung von Angeboten<br />

Trotz ihrer didaktischen Vielfalt haben die untersuchten Angebote in ihrem<br />

jeweiligen Zuschnitt Reserven. Bei der Konzipierung der Interventionen<br />

wird die Individualität des Berufswahlprozesses vernachlässigt. Dies hat zur<br />

Folge, dass standardisierte Interventionen jeweils nur auf einzelne Jugendliche<br />

passen. Differenzen im Alter, in der Klassenstufe, im Geschlecht, unterschiedliche<br />

berufliche Interessen und Vorerfahrungen, um eine Auswahl<br />

an anthropologischen Bedingungen zu benennen, führen dazu, dass<br />

Jugendliche an ungleichen Standorten ihrer beruflichen Entwicklung<br />

stehen. Wie an den kommunizierten Erwartungen der Schülerinnen und<br />

Schüler deutlich wird, haben diese aber sehr differenzierte Unterstützungsbedarfe,<br />

aus denen sich Spannungen ergeben, wenn sie unberücksichtigt<br />

bleiben. Innerhalb der Interventionen sind demgemäß einerseits individualisierte<br />

Methoden auszubauen. Modulare Konzepte, wie bei der ‚Schnupperlehre’<br />

sowie den ‚Girls’Day’-Interventionen, enthalten geeignete Ansätze.<br />

Möglicherweise ist dabei zusätzlich von Vorteil, wenn unterschied-<br />

330


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

liche Professionen in einem Team zusammenfließen. Dadurch erweitert<br />

sich das Spektrum an Sichtweisen und Persönlichkeiten und die Jugendlichen<br />

haben so mehr Möglichkeiten persönliche Bezugspunkte zu finden.<br />

Andererseits fehlen bislang Komponenten zur Ermittlung der Ressourcen<br />

und Bedürfnisse der Teilnehmenden sowie personenbezogene Rückkopplungsverfahren<br />

unabhängig von Zertifikaten. Lediglich bei der ‚Schnupperlehre’<br />

steht zu Beginn eine Abfrage zu beruflichen Vorstellungen und zu<br />

Kenntnissen über Berufe. Insgesamt fehlen aber Potenzialanalysen, um<br />

verborgene Interessen und Talente der Jugendlichen individuell zu konstatieren.<br />

Aus diesen heraus lassen sich von den Schülerinnen und Schülern<br />

mitbestimmte und mitgesteuerte Zielvereinbarungen treffen und Anhaltspunkte<br />

für eine passgenaue Förderung generieren. Zur Durchführung von<br />

Potenzialanalysen, die an differenzialpsychologischen Aspekten der Berufswahl<br />

ansetzen, bietet sich die Zusammenarbeit mit der Agentur für<br />

Arbeit an. Zum einen liegen bei dieser Institution standardisierte Verfahren<br />

und entsprechende diagnostische Anwendungskompetenzen vor. Zum<br />

anderen wäre so eine Intensivierung der Kooperation zwischen dem Träger<br />

des Orientierungsangebotes und der Agentur für Arbeit erreicht, die dem<br />

Jugendlichen zugute kommt, weil nach Abschluss des Orientierungsangebotes<br />

direkte personenbezogene Anknüpfungspunkte für die Berufsberatung<br />

gegeben sind. Der Aufwand einer Potenzialanalyse, zeitlich sind bei<br />

einigen Verfahren bis zu drei Tagen vorgesehen, ist unter Umständen inkonsistent<br />

zur Dauer der eigentlichen Intervention. Möglichkeiten zur<br />

Realisierung sind daher maßnahmebezogen zu prüfen. Ebenso besteht das<br />

Erfordernis in Orientierungsmaßnahmen an bereits bestehenden Potenzialanalysen<br />

anzuknüpfen. Fragen des Datenschutzes sind dabei im Interesse<br />

der Jugendlichen zu lösen. Der Berufswahlpass (vgl. Kapitel 6.3.4.1 und<br />

6.4.3.2) erscheint als geeignetes und kostengünstiges Medium, um das skizzierte<br />

Verfahren zu erleichtern. Sofern er vorliegt und gut geführt ist, kann<br />

er sowohl im Kontext der schulischen als auch der außerschulischen Berufsorientierung<br />

zum Einsatz kommen und zur Transparenz über den<br />

individuellen Stand im Berufsorientierungsprozess und bisherige Potenzialanalysen<br />

beitragen. Im Ideal erfolgt die Kompetenzfeststellung jedoch vor<br />

Beginn eines Orientierungsangebotes in Kooperation zwischen der Schule<br />

und der Agentur für Arbeit. Daraus ableitend ist in einer Art ‚Lotsenfunktion’,<br />

eine gezielte Empfehlung in eine Intervention zur beruflichen Orientierung<br />

oder andere Unterstützungsstrukturen (u. a. Schulsozialarbeit,<br />

Kompetenzagenturen, Patenprojekte; vgl. dazu Kapitel 1) möglich, was<br />

wiederum die Forderung nach einer intensiveren Netzwerkarbeit und nach<br />

mehr Systematik aufgreift.<br />

331


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

Ausbau von Praxiskontakten sowie von Methoden, die praktische Erfahrungen<br />

ermöglichen<br />

Praxisbezüge sind ein wesentliches Kernelement berufsorientierender<br />

Interventionen. Wie die Evaluationen des Forschungsprojektes „Beruf<br />

fängt in der Schule an“ (vgl. Kapitel 7.2.1) oder des Schulversuches „Abschlussquote<br />

erhöhen – Berufsfähigkeit steigern“ (vgl. Kapitel 7.2.3) belegen,<br />

profitierten die Schülerinnen und Schüler von den praktischen Erprobungsmöglichkeiten<br />

und binden sich häufig an Unternehmen, die ihnen<br />

diese ermöglichen. Auch bei allen hier evaluierten Interventionen besteht<br />

der Anspruch, Einblicke in die Praxis zu vermitteln. Jedoch wird dies<br />

mehrheitlich in Schonräumen, wie Ausbildungswerkstätten oder gar theoretisch<br />

in Klassenzimmern oder Büroräumen, praktiziert. Die Gelegenheit,<br />

dass sich Schülerinnen und Schüler im ‚realen’ Kontext erleben können,<br />

wird überwiegend ausgespart. Allein beim ‚Girls’Day’ [S] lernen die Mädchen<br />

den Studienalltag direkt kennen. Alle weiteren sechs Interventionen<br />

halten Unternehmensexkursionen oder Werkstattbesichtigungen bzw.<br />

Werkstattralleys für ausreichend oder realisierbar, um Einsichten in die<br />

Praxis sicherzustellen. Die Frage nach der methodischen Ausgestaltung von<br />

Praxiskontakten ist vor dem Hintergrund des jeweiligen individuellen Entwicklungsstandes<br />

im Berufsorientierungsprozess und bisherigen praktischen<br />

Erfahrungen der/des Einzelnen sowie verfügbaren Kapazitäten<br />

von Unternehmen zu beantworten. Letztendlich zeigen auch die Interventionen,<br />

bei denen Berufsorientierung in Ausbildungsstätten praktiziert wird,<br />

‚Schnupperlehre’, Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’ oder<br />

‚Girls’Day’ [B], einen Zuwachs beim arbeitsweltbezogenen Wissen der<br />

Teilnehmenden. Es ist jedoch auch zu bedenken, dass ohne die Chance,<br />

sich an betrieblichen Lernorten zu erfahren eine wichtige Facette zur Entwicklung<br />

des beruflichen Selbstbildes und zur Kompetenzentwicklung unberücksichtigt<br />

bleibt. Generell sollte das didaktische Prinzip der Selbsttätigkeit<br />

leitend sein und sich im Einsatz entsprechender Methoden widerspiegeln.<br />

Die Wünsche der Jugendlichen nach mehr Möglichkeiten zur praktischen<br />

Erprobung sowie einem intensiveren Praxisbezug pflichten dem<br />

bei. Angesichts des unter Kapitel 2.1 und Kapitel 0 beschriebenen eingeschränkten<br />

Berufswahlspektrums ist ferner eine weniger deutliche Ausrichtung<br />

der Interventionen an den meist besetzten Ausbildungsberufen (z. B.<br />

Kraftfahrzeugmechatroniker/-in, Verkäufer/-in) anzuregen. Die Konzentration<br />

auf Berufsfelder (z. B. Metalltechnik, Verwaltung/Wirtschaft) statt<br />

auf einzelne Ausbildungsberufe oder Studiengänge offeriert ausreichend<br />

Spielraum, um die Interventionen auf weniger frequentierte und stärker am<br />

Arbeitsmarkt nachgefragte Berufe zu fokussieren. Möglicherweise geben<br />

332


IV SCHLUSSBETRACHTUNG – 10 Abschließende Gesamtbilanz<br />

eher unbekannte und noch nicht mit einem spezifischen Image versehene<br />

Berufe den Jugendlichen besser Anlass, sich mit bislang weniger im Blickpunkt<br />

stehenden beruflichen Optionen auseinanderzusetzen. Die Vorstellung<br />

von Ausbildungsberufen oder Studiengängen bietet gute Ansatzpunkte,<br />

Eltern, Auszubildende oder Studierende (siehe ‚Job-Galaxy’-Maßnahmen)<br />

einzubinden, die ihre jeweiligen Berufe präsentieren. Sowohl die<br />

Kommunikation als auch die Präsentation ist dabei umso motivierender, je<br />

näher sie an den Lebenswelten der Jugendlichen ausgerichtet ist.<br />

333


Verzeichnis der verwendeten<br />

Literatur<br />

Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Abel, Jürgen (2001): Motive für Kurswahlen in der gymnasialen Oberstufe<br />

und Studienfachwahlen. Münster.<br />

Adl-Amini, Bijan (1994): Medien und Methoden des Unterrichts. Donauwörth:<br />

Auer.<br />

Agentur für Arbeit Chemnitz (Hg., 2005): Schnupperpraktikum für Schülerinnen<br />

und Schüler der Abgangs- und Vorabgangsklassen der Mittelschulen.<br />

Chemnitz.<br />

Ahrens, Daniela (2007): Anspruch und Wirklichkeit von Betriebspraktika<br />

als Instrument schulischer Berufsorientierung. In: Kahlert, Heike;<br />

Mansel, Jürgen (Hg.): Bildung und Berufsorientierung. Der Einfluss<br />

von Schule und informellen Kontexten auf die berufliche Identitätsentwicklung.<br />

Weinheim: Juventa, S. 185-203.<br />

Albert, Mathias; Hurrelmann, Klaus; Quenzel, Gudrun (2010): Jugend<br />

2010. Selbstbehauptung trotz Verunsicherung. In: Shell Deutschland<br />

Holding (Hg.): Jugend 2010. Eine pragmatische Generation behauptet<br />

sich. Frankfurt am Main: Fischer, S. 37-51.<br />

Arbeitskreis ‚Girls’Day’ Chemnitz (Hg., 2008): Girls’Day Mädchen-<br />

Zukunftstag in Chemnitz. Chemnitz.<br />

Arnold, Rolf; Gonon, Philipp (2006): Einführung in die Berufspädagogik.<br />

Opladen, Bloomfield Hills: Budrich.<br />

Atteslander, Peter (2008): Methoden der empirischen Sozialforschung. 12.<br />

Aufl. Berlin: Schmidt.<br />

Ausbildungspakt (Hg., 2006): Schule und Betriebe als Partner – Ein Handlungsleitfaden<br />

zur Stärkung von Berufsorientierung und Ausbildungsreife.<br />

Online verfügbar unter http://www.ausbildungspakt-berufsorientierung.de,<br />

zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

AWO Bundesverband e. V. (Hg., 2009): Zwischen Schule und Arbeitswelt<br />

– Freie Träger im Lokalen Übergangsmanagement. Arbeitshilfe zur<br />

strategischen Positionierung freier Träger im Kontext eines Lokalen<br />

Übergangsmanagements. Berlin.<br />

Baethge, Martin; Baethge-Kinsky, Volker (1998): Jenseits von Beruf und<br />

Beruflichkeit? Neue Formen von Arbeitsorganisation und Beschäftigung<br />

und ihre Bedeutung für eine zentrale Kategorie gesellschaftlicher<br />

335


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Integration. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

(MittAB), Jg. 31, H. 3, S. 461-472.<br />

Balzer, Lars (2006): „Wie werden Evaluationsprojekte erfolgreich?“- Ergebnisse<br />

einer Delphistudie. In: Böttcher, Wolfgang; Holtappels,<br />

Heinz Günther; Brohm, Michaela (Hg.): Evaluation im Bildungswesen.<br />

Eine Einführung in Grundlagen und Praxisbeispiele. Weinheim;<br />

München: Juventa, S. 123-135.<br />

Bandura, Albert (1997): Self-efficacy. The exercise of control. New York:<br />

Freeman.<br />

Bank, Volker (1997): Controlling in der betrieblichen Weiterbildung. Über<br />

die freiwillige Selbstbeschränkung auf ein zweckrationales Management<br />

quasi-deterministischer Strukturen. Köln: Botermann & Botermann<br />

(Wirtschafts-, berufs- und sozialpädagogische Texte, 27).<br />

Bank, Volker (2000): Evaluationswissenschaft in methodischer Rekonstruktion.<br />

In: Bank, Volker; Lames, Martin (2000): Über Evaluation. Kiel:<br />

bajOsch-Hein, S. 49-83.<br />

Bank, Volker (2009): Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Epitaph einer Disziplinlosen.<br />

In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online,<br />

Ausgabe 16. Online verfügbar unter http://www.bwpat.de/<br />

ausgabe16/bank_bwpat16.pdf, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Bastian, Johannes; Combe, Arno; Hellmer, Julia; Wazinski, Elisabeth<br />

(2007): Zwei Tage Betrieb - drei Tage Schule. Kompetenzentwicklung<br />

in der Lernortkooperation an Allgemeinbildenden Schulen. Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Baur, Nina (2008): Das Ordinalskalenproblem. In: Fromm, Sabine; Baur,<br />

Nina (Hg.): Datenanalyse mit SPSS für Fortgeschrittene. Ein Arbeitsbuch.<br />

2. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, GWV<br />

Fachverlage GmbH, S. 279-289.<br />

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (2006): Rahmenvereinbarung<br />

über Richtlinien für die Zusammenarbeit von Schule<br />

und Berufsberatung in Bayern vom 18. 07.2006, Nr. III.6-5 S 5305.15-<br />

6.64 975.<br />

Behr, Michael (2008): Fachkräftebedarf und Fachkräfteangebot in Sachsen.<br />

Herausforderungen im demographischen Umbruch. Strategieansätze<br />

und Handlungsfelder Innovation – Jugend – Kultur. Veranstaltung<br />

vom 02.05.2008. Freiberg.<br />

Beicht, Ursula; Granato, Mona (2009): Übergänge in eine berufliche Ausbildung.<br />

Geringere Chancen und schwierige Wege für junge Men-<br />

336


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

schen mit Migrationshintergrund; Expertise des Gesprächskreises<br />

Migration und Integration der Friedrich-Ebert-Stiftung. Herausgegeben<br />

von Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-<br />

Stiftung. Wirtschafts- und Sozialpolitisches Forschungs- und Beratungszentrum.<br />

Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung.<br />

Beicht, Ursula; Granato, Mona (2010): Ausbildungsplatzsuche: Geringere<br />

Chancen für junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund.<br />

BIBB-Analyse zum Einfluss der sozialen Herkunft beim Übergang in<br />

die Ausbildung unter Berücksichtigung von Geschlecht und Migrationsstatus.<br />

Bonn (BIBB Report - Forschungs- und Arbeitsergebnisse<br />

aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung, 15).<br />

Beinke, Lothar (1987): Modellvorschlag zum Berufswahlunterricht. Köln.<br />

Beinke, Lothar (1991): Was macht die Schule falsch? Positionen, Pädagogen,<br />

Bildungsziele. Zürich: Interfrom (Texte + Thesen, 236).<br />

Beinke, Lothar (1992): Berufswahlunterricht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Beinke, Lothar (1999): Berufswahl. Der Weg zur Berufstätigkeit. Bad Honnef:<br />

Bock.<br />

Beinke, Lothar (2006): Berufswahl und ihre Rahmenbedingungen. Entscheidungen<br />

im Netzwerk der Interessen. Frankfurt am Main: Lang.<br />

Beinke, Lothar (2008a): Das Internet - ein Instrument zur Berufsorientierung<br />

Jugendlicher? Frankfurt am Main: Lang.<br />

Beinke, Lothar (2008b): Helfen Praxistage bei der Berufswahl? Frankfurt<br />

am Main: Lang.<br />

Beinke, Lothar; Wascher, Uwe (1993): Unterrichtsthema Berufswahl.<br />

Didaktik und Methodik. Ein Handbuch für den Berufswahlunterricht<br />

in allen Schulformen mit 19 Abbildungen und ausgewählten Vorschlägen<br />

zu weiterer Literatur. Darmstadt: Winklers; Gebrüder<br />

Grimm.<br />

Beinke, Lothar; Lüdke, Christiane; Richter, Heike; Wiegand, Ulrich;<br />

Wascher, Uwe (1991): Betriebspraktika im gewerblich-technischen Bereich<br />

für Mädchen. Mit 78 Literaturstellen. Ehningen bei Böblingen:<br />

expert (Beruf + Bildung, 22).<br />

Bennack, Jürgen (2004): Schulpflicht. In: Keck, Rudolf W.; Sandfuchs,<br />

Uwe; Feige, Bernd (Hg.): Wörterbuch Schulpädagogik. Ein Nachschlagewerk<br />

für Studium und Schulpraxis. 2. Aufl. Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt, S. 426-427.<br />

337


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Bergzog, Thomas (2008): Beruf fängt in der Schule an. Die Bedeutung von<br />

Schülerbetriebspraktika im Rahmen des Berufsorientierungsprozesses.<br />

Bielefeld: Bertelsmann.<br />

Bergzog, Thomas (o. J.): Beruf fängt in der Schule an. Die Bedeutung von<br />

Schülerbetriebspraktika im Rahmen der Berufswahlorientierungsphase.<br />

Forschungsprojekt Nr.: 2.3.102. Online verfügbar unter<br />

http://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/at_23102.pdf, zuletzt geprüft<br />

am 02.01.2012.<br />

Bergzog, Thomas; Hörsch, Karola (o. J.): Beruf fängt in der Schule an - Die<br />

Bedeutung von Schülerbetriebspraktika im Rahmen der Berufswahlorientierungsphase.<br />

Zwischenbericht zum Forschungsprojekt 2.3.102.<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Online verfügbar unter<br />

http://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/zw_23102.pdf, zuletzt geprüft<br />

am 01.01.2011.<br />

Bertelsmann Stiftung (Hg., 2005): Jugend und Beruf. Repräsentativumfrage<br />

zur Selbstwahrnehmung der Jugend in Deutschland. Gütersloh. Online<br />

verfügbar unter http://www.bertelsmann-stiftung.de/bst/de/<br />

media/Studie_Jugend_und_Beruf.pdf, zuletzt geprüft am 01.01.2011.<br />

Beywl, Wolfgang (2005): Wirkungsorientierte Evaluation“ ein Job für<br />

Sisyphos oder für das Orakel von Delphi? Fachtagung: Wirkungsorientierte<br />

Evaluation. Veranstaltung vom 14.11.2005. Göttingen.<br />

Beywl, Wolfgang (2006): Evaluationsmodelle und qualitative Methoden. In:<br />

Flick, Uwe (Hg.): Qualitative Evaluationsforschung. Konzepte -<br />

Methoden – Umsetzung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 92-116.<br />

Biermann, Horst; Buchmann, Ulrike; Friese, Marianne (2009): Professionspolitische<br />

Handlungsbedarfe. In: Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik<br />

in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft<br />

(DGfE) (Hg.): Memorandum zur Professionalisierung des pädagogischen<br />

Personals in der Integrationsförderung aus berufsbildungswissenschaftlicher<br />

Sicht. Bonn: Pahl-Rugenstein, S. 36-46.<br />

Bildungs-Werkstatt Chemnitz gGmbH (Hg., o. J.): Schnupperlehre.<br />

Berufsorientierung in der Metall- und Elektroindustrie. Online verfügbar<br />

unter http://www.perspektive-berufsausbildung.de, zuletzt geprüft<br />

am 01.01.2011.<br />

Bohlen, Elise; Rosner, Regina (2007): Berufsorientierungsprozesse von<br />

Schülerinnen und Schülern. Qualitätsleitlinien. Paderborn.<br />

338


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Bonnemann-Böhner, Adelheid; Welpe, Ingelore; Thege, Britta (Hg., 1994):<br />

Berufe haben (k)ein Geschlecht. Chancen und Hindernisse in der gewerblich-technischen<br />

Berufsausbildung junger Frauen. München:<br />

Hampp.<br />

Bortz, Jürgen (1993): Statistik für Sozialwissenschaftler. 4. Aufl. Berlin:<br />

Springer.<br />

Bortz, Jürgen; Döring, Nicola (2006): Forschungsmethoden und Evaluation<br />

für Human- und Sozialwissenschaftler. 4. Aufl. Heidelberg: Springer.<br />

Böttcher, Wolfgang (2006): Bildungsstandards und Evaluation im Paradigma<br />

der Outputforschung. In: Böttcher, Wolfgang; Holtappels, Heinz<br />

Günther; Brohm, Michaela (Hg.): Evaluation im Bildungswesen. Eine<br />

Einführung in Grundlagen und Praxisbeispiele. Weinheim; München:<br />

Juventa, S. 39-64.<br />

Böttcher, Wolfgang; Holtappels, Heinz Günther; Brohm, Michaela (2006):<br />

Evaluation im Bildungswesen. In: Böttcher, Wolfgang; Holtappels,<br />

Heinz Günther; Brohm, Michaela (Hg.): Evaluation im Bildungswesen.<br />

Eine Einführung in Grundlagen und Praxisbeispiele. Weinheim;<br />

München: Juventa, S. 7-21.<br />

Brauer-Schröder, Margareta; Butz, Bert; Drescher, Harald; Hübner, Manfred;<br />

Lexis, Ulrike (o. J.): Unverzichtbare Qualitätsmerkmale guter Berufsorientierung<br />

nach dem Verständnis des Netzwerkes Berufswahl-<br />

SIEGEL. Vorgelegt von der Arbeitsgruppe SIEGEL Standards. Arbeitsversion.<br />

Braun, Frank; Lex, Tilly (2006): Die Rolle der Jugendsozialarbeit im Übergangssystem<br />

Schule-Beruf. In: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.): Übergänge<br />

zwischen Schule und Beruf und darauf bezogene Hilfesysteme<br />

in Deutschland. Bonn, S. 59-65.<br />

Bredemeier de Diego, Inge; Fischer, Jutta; Krieger, Wolfgang (1995): Berufsfindung<br />

und Lebenschancen der heutigen Mädchengeneration.<br />

Analysen zu einem Modellprojekt. Berlin: Wissenschaft und Bildung<br />

(Forschung und Lernen, 4).<br />

Brickenkamp, Ralf (Hg., 1997): Handbuch psychologischer und pädagogischer<br />

Tests. 2. Aufl. Göttingen: Hogrefe.<br />

Brown, Duane (1994): Entscheidungstheoretische Modelle. In: Brown, Duane;<br />

Brooks, Linda (Hg.): Karriere-Entwicklung. Stuttgart: Klett-<br />

Cotta, S. 425-453.<br />

Brown, Duane; Brooks, Linda (Hg.,1994): Karriere-Entwicklung. Stuttgart:<br />

Klett-Cotta.<br />

339


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Budde, Jürgen (2008): Bildungs(miss)erfolge von Jungen und Berufswahlverhalten<br />

bei Jungen/männlichen Jugendlichen. Bonn; Berlin.<br />

Buddensiek, Wilfried (2006): Simulationsspiel. In: Kaiser, Franz-Josef;<br />

Pätzold, Günter (Hg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik.<br />

2. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 441-442.<br />

Bühner, Markus (2010): Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion.<br />

2. Aufl. München: Pearson Studium.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2007): Mit Rückenwind ins Berufsleben -<br />

Partner Berufsberatung. Beratung, Vermittlung und Förderung der<br />

Berufsausbildung. Nürnberg.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2008): Arbeitslosengeld II - Förderung. Online<br />

verfügbar unter http://www.arbeitsagentur.de/nn_549752/<br />

zentraler-Content/A07-Geldleistung/A071-Arbeitslosigkeit/Allgemein/<br />

Alg-II-Foerdermoeglichkeiten.html, Datenstand vom 30.12.2008, zuletzt<br />

geprüft am 01.02.2012.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2009a): Fachliche Grundlagen/Arbeitsgrundsätze<br />

der Berufsorientierung (BO) im Bereich der Sekundarstufe<br />

I und II. Nürnberg.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2009b): Nationaler Pakt für Ausbildung<br />

und Fachkräftenachwuchs – Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife.<br />

Nürnberg.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2010a): Ausbildungsarten. Online verfügbar<br />

unter http://www.arbeitsagentur.de/nn_445288/Navigation/zentral/<br />

Unternehmen/Ausbildung/Ausbildungsarten/Ausbildungsarten-Nav.<br />

html, zuletzt aktualisiert am 08.02.2010, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2010b): Ausbildungsberufe - Reha. Online<br />

verfügbar unter http://www.berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/<br />

search/simple/index.jsp, Datenstand vom 30.12.2010, zuletzt geprüft<br />

am 01.01.2011.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2010c): Organisation. Online verfügbar unter<br />

http://www.arbeitsagentur.de/nn_27200/Navigation/zentral/<br />

Servicebereich/Ueber-Uns/Aufbau-und-Organisation/Aufbau-und-<br />

Organisation-Nav.html, Datenstand vom 25.11.2010, zuletzt geprüft<br />

am 02.01.2012.<br />

Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2011): Berufsinformationszentren. Online<br />

verfügbar unter http://www.arbeitsagentur.de/nn_26266/Navigation/zentral/Buerger/Zwischenzeit/BIZ/BIZ-Nav.html,<br />

Datenstand<br />

vom 17.12.2011, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

340


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Bundesagentur für Arbeit; Freistaat Sachsen (Hg., 2009): Vereinbarung zur<br />

Zusammenarbeit der Sächsischen Staatsregierung und der Regionaldirektion<br />

der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen für den Bereich der<br />

Berufs- und Studienorientierung. Dresden.<br />

Bundesanstalt für Arbeit; Landesarbeitsamt Sachsen (Hg., 2001): Vereinbarung<br />

über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung im<br />

Freistaat Sachsen vom 11.06.2001. Chemnitz.<br />

Bundesanstalt für Arbeit (Hg., 2002): Richtig beraten. Anregungen Techniken.<br />

Grundwerk individueller Beratung. 3 Bände. Nürnberg: Bundesanstalt<br />

für Arbeit (2).<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg., o. J.): Good Practice Center. Förderung<br />

von Benachteiligten in der Berufsbildung. Online verfügbar unter<br />

http://www.good-practice.de, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg., 2009a): BIBB-Planspielforum. Online<br />

verfügbar unter http://www.bibb.de/de/29264.htm, zuletzt geprüft<br />

am 02.01.2012.<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg., 2009b): Datenreport zum Berufsbildungsbericht<br />

2009. Informationen und Analysen zur Entwicklung der<br />

beruflichen Bildung. Bonn.<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg., 2011): Liste der staatlich anerkannten<br />

Ausbildungsberufe. Stand 01.08.2011. Bundesinstitut für Berufsbildung.<br />

Online verfügbar unter http://www2.bibb.de/tools/aab/<br />

aabberufeliste.php, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2003): Berufsorientierung<br />

heute. Bielefeld. Online verfügbar unter http://www.sowionline.de/reader/berufsorientierung/akteure-bmbf.htm,<br />

zuletzt geprüft<br />

am 02.01.2012.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2004): Die Strategie<br />

für das Lebenslange Lernen verwirklichen. Ausstellungskatalog zur<br />

Konferenz „Regionale Netzwerke für Lebenslanges Lernen“. Berlin,<br />

08./09.11.2004. Bonn, Berlin.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2006): Praxis und<br />

Perspektiven zur Kompetenzentwicklung vor dem Übergang Schule-<br />

Berufsbildung. Ergebnisse der Entwicklungsplattform 2 „Kompetenzentwicklung<br />

vor dem Übergang Schule-Berufsbildung“. Bonn;<br />

Berlin. (Schriftenreihe zum Programm „Kompetenzen fördern - Berufliche<br />

Qualifizierung für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf<br />

(BQF-Programm)“, Band IIb).<br />

341


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2008a): Berufsbildungsbericht<br />

2008. Bonn; Berlin. Online verfügbar unter<br />

http://www.bmbf.de/pub/bbb_08.pdf,zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2008b): Berufsorientierung<br />

in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten.<br />

Basisdaten des Berufsorientierungsprogramms des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung. Bonn, Berlin.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2008c): Berufsorientierungsprogramm<br />

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.<br />

Bonn, Berlin.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2008d): Ergebnisse<br />

der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation. Berlin. (Schriftenreihe<br />

zum Programm „Kompetenzen fördern - Berufliche Qualifizierung<br />

für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf (BQF-<br />

Programm)“, Band IV).<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2008e): Lernende Regionen<br />

– Förderung von Netzwerken. Programmdarstellung. Bonn;<br />

Berlin.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2009): Berufsbildungsbericht<br />

2009. Bonn, Berlin.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2010a): Berufsbildungsbericht<br />

2010. Bonn, Berlin.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2010b): Bildungsketten.<br />

Online verfügbar unter http://www.bmbf.de/de/14737.php, zuletzt<br />

geprüft am 01.10.2010.<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg., 2009):<br />

Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland.<br />

Berlin.<br />

Bundesregierung (Hg., o. J.): Europäischer Sozialfonds in Deutschland.<br />

Online verfügbar unter www.esf.de, zuletzt geprüft am 01.01.2011.<br />

Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Bundesverbandes<br />

der Deutschen Industrie e. V., des deutschen Industrie- und<br />

Handelskammertages, des Zentralverbandes des Deutschen Handwerkes,<br />

des Bundesverbandes der Freien Berufe, des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung, des Bundesministeriums für Arbeit und<br />

342


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Soziales und der Bundesagentur für Arbeit (2008): Gemeinsames<br />

Handeln zeigt deutliche Erfolge. Pressemitteilung vom 13.10.2008.<br />

Nürnberg.<br />

Bußhoff, Ludger (1987): Berufswahl. In: Bundesanstalt für Arbeit (Hg.):<br />

Handbuch zur Berufswahlvorbereitung. Nürnberg: TransMedia,<br />

S. 176-185.<br />

Bußhoff, Ludger (1989): Berufswahl. Theorien und ihre Bedeutung für die<br />

Praxis der Berufsberatung. 2. Aufl. Stuttgart, Berlin, Köln: Kohlhammer.<br />

Butz, Bert (2006): Berufsorientierung an Schulen mit Ganztagsangebot. Eine<br />

Expertise im Auftrag des BLK-Verbundprojektes „Lernen für den<br />

Ganztag“ (Brandenburg). Ahrensburg.<br />

Butz, Bert (2008a): Berufsorientierung als Schulentwicklungsaufgabe. Das<br />

Setzen externer Impulse zur Verbreitung eines ganzheitlichen Verständnisses<br />

von Berufsorientierung. In: Wissenschaftliche Begleitung<br />

Programms Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben (Hg.): Berufsorientierung<br />

als Prozess. Persönlichkeit fördern, Schule entwickeln, Übergang<br />

sichern. Unter Mitarbeit von Gerd-Ewald Famulla, Bert Butz und<br />

Sven Deeken et al. Baltmannsweiler: Schneider (Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben,<br />

5), S. 105-141.<br />

Butz, Bert (2008b): Grundlegende Qualitätsmerkmale einer ganzheitlichen<br />

Berufsorientierung. In: Wissenschaftliche Begleitung Programms<br />

Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben (Hg.): Berufsorientierung als Prozess.<br />

Persönlichkeit fördern, Schule entwickeln, Übergang sichern. Unter<br />

Mitarbeit von Gerd-Ewald Famulla, Bert Butz und Sven Deeken et al.<br />

Baltmannsweiler: Schneider (Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben, 5),<br />

S. 42-62.<br />

Butz, Bert; Deeken, Sven (2010): Berufsorientierung. Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Expertise im Auftrag des Good Practice Center<br />

(GPC) im Bundesinstitut für Berufsbildung. Herausgegeben von Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung. Bonn.<br />

Cremers, Michael; Puchert, Ralf; Mauz, Elvira; Chwalek, Doro-Thea<br />

(2008): So gelingt aktive Jungenförderung. Neue Wege für Jungs startet<br />

Netzwerk zur Berufs- und Lebensplanung. Bericht der wissenschaftlichen<br />

Begleitforschung. Bielefeld: Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit<br />

e. V.<br />

Dammer, Karl-Heinz (2002): Die institutionelle Trennung beruflicher und<br />

allgemeiner Bildung als historische Bürde der Berufswahlorientierung.<br />

343


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

In: Schudy, Jörg (Hg.): Berufsorientierung in der Schule. Grundlagen<br />

und Praxisbeispiele. Bad Heilbrunn, Opladen: Klinkhardt , S. 33-50.<br />

Dauenhauer, Erich (1978): Der Berufskundeunterricht. Eine berufswissenschaftliche<br />

und berufspädagogisch-fachdidaktische Handreichung für<br />

die Sekundarstufe I und die berufliche Grundbildung. 2. Aufl. Rinteln:<br />

Merkur.<br />

Decker, Franz; Kreuchauf, Klaus (1982): Von der Schule ins Berufsleben.<br />

Ein Schüler-Lern- und Arbeitsbuch zur Berufswahl und Berufskunde.<br />

Lehrerheft. Paderborn: Schöningh.<br />

Dedering, Heinz (1994): Einführung in das Lernfeld Arbeitslehre. München:<br />

Oldenbourg.<br />

Dedering, Heinz (1996): Arbeitslehre in der Sekundarstufe I. In: Dedering,<br />

Heinz (Hg.): Handbuch zur arbeitsorientierten Bildung. München:<br />

Oldenbourg, S. 253-280.<br />

Dedering, Heinz (2002): Entwicklung der schulischen Berufsorientierung in<br />

der Bundesrepublik Deutschland. In: Schudy, Jörg (Hg.): Berufsorientierung<br />

in der Schule. Grundlagen und Praxisbeispiele. Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt , S. 17-31.<br />

Dedering, Heinz (2005): Berufs- und Arbeitsorientierung. In: Rauner, Felix<br />

(Hg.): Handbuch Berufsbildungsforschung. Bielefeld: Bertelsmann,<br />

S. 216-222.<br />

Deutscher Bildungsrat (1970): Strukturplan für das Bildungswesen.<br />

Empfehlungen der Bildungskommission. Bonn.<br />

Deutsche Gesellschaft für Evaluation (2008): Standards für Evaluation. 4.<br />

Aufl. Köln: Deutsche Gesellschaft für Evaluation.<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund - Bundesvorstand, Bereich Jugend (Hg.,<br />

2009): Ausbildungsreport 2009. Berlin.<br />

Deutscher Industrie- und Handelstag (Hg., o. J.): Die Hauptschule. Berlin.<br />

Deutsches Jugendinstitut e. V. (Hg., 2008): Förderangebote im letzten<br />

Pflichtschuljahr und ihr Beitrag zum Gelingen von Übergängen. Eine<br />

Untersuchung in Stuttgart und Leipzig. Zusammenfassung. München.<br />

Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V. (Hg.,<br />

2007): Produktionsschulen. Mythos und Realität in der Jugendsozialarbeit.<br />

Berlin.<br />

Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V. (Hg.,<br />

2009): Neue Arbeitsmarktpolitische Instrumente für Jugendliche. Berlin.<br />

344


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Dewey, John; Handlin, Oscar; Correll, Werner (Hg., 1963): Reform des Erziehungsdenkens.<br />

Eine Einführung in John Deweys Gedanken zur<br />

Schulreform. Weinheim: Beltz.<br />

Dewey, John; Hylla, Erich; Oelkers, Jürgen (1993): Demokratie und Erziehung.<br />

Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. Weinheim:<br />

Beltz.<br />

Diekmann, Andreas (2003): Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden,<br />

Anwendungen. 10. Aufl. Hamburg: Rowohlt.<br />

Dimbath, Oliver (2003): Entscheidungen in der individualisierten Gesellschaft.<br />

Eine empirische Untersuchung zur Berufswahl in der fortgeschrittenen<br />

Moderne. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.<br />

Dimbath, Oliver (2007): Die (Be-)Deutung schulischer Berufsorientierung.<br />

Eine Analyse des Einflusses von Lehrerinnen und Lehrern auf die Berufswahl.<br />

In: Kahlert, Heike; Mansel, Jürgen (Hg.): Bildung und Berufsorientierung.<br />

Der Einfluss von Schule und informellen Kontexten<br />

auf die berufliche Identitätsentwicklung. Weinheim: Juventa, S. 163-<br />

183.<br />

Dostal, Werner; Stooß, Friedemann; Troll, Lothar (1998): Beruf – Auflösungstendenzen<br />

und erneute Konsolidierung. In: Sonderdruck aus:<br />

Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (MittAB),<br />

Jg. 31, H. 3, S. 438-460.<br />

Driesel-Lange, Katja; Hany, Ernst (2005): Berufsorientierung am Ende des<br />

Gymnasiums: Die Qual der Wahl. Bericht aus dem Forschungsprojekt<br />

„Evaluation von Lehreraktivitäten zur Förderung geschlechtsunabhängiger<br />

Berufswahlorientierungen im Bereich Naturwissenschaft und<br />

Technik“, gefördert vom Thüringer Kultusministerium. Herausgegeben<br />

von Bärbel Kracke und Ernst Hany. Universität Erfurt. Erfurt.<br />

(Schriften zur Berufsorientierungsforschung, 1).<br />

Driesel-Lange, Katja; Hany, Ernst (2006): Berufsorientierung in der gymnasialen<br />

Mittelstufe: Wie effektiv sind einzelne Unterrichtsstunden? Bericht<br />

aus dem Forschungsprojekt „Evaluation von Lehreraktivitäten<br />

zur Förderung geschlechtsunabhängiger Berufswahlorientierungen im<br />

Bereich Naturwissenschaft und Technik“, gefördert vom Thüringer<br />

Kultusministerium. Herausgegeben von Bärbel Kracke und Ernst<br />

Hany. Universität Erfurt. Erfurt. (Schriften zur Berufsorientierungsforschung,<br />

2).<br />

345


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Driesel-Lange, Katja; Dietrich, Julia; Hany, Ernst (2006): Interventionen<br />

zur Berufsorientierung in der gymnasialen Mittelstufe: Fördern Trainings<br />

die Berufswahlkompetenz? Abschlussbericht zum Forschungsprojekt<br />

„Evaluation von Lehreraktivitäten zur Förderung geschlechtsunabhängiger<br />

Berufswahlorientierungen im Bereich Naturwissenschaft<br />

und Technik“, gefördert vom Thüringer Kultusministerium.<br />

Herausgegeben von Bärbel Kracke und Ernst Hany. Universität Erfurt.<br />

Erfurt. (Schriften zur Berufsorientierungsforschung, 3).<br />

Druckrey, Petra (2007): Qualitätsstandards für Verfahren zur Kompetenzfeststellung<br />

im Übergang Schule – Beruf. Herausgegeben von Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung und Institut für Maßnahmen zur Förderung<br />

der beruflichen und sozialen Eingliederung e. V. Bonn, Moers.<br />

Ebach, Judith (2006): Die Erweiterung der beruflichen Orientierung von<br />

Schülerinnen am Beispiel des Ada-Lovelace-Projekts. In: Endepohls-<br />

Ulpe, Martina; Jesse, Anja (Hg.): Familie und Beruf - weibliche Lebensperspektiven<br />

im Wandel. Frankfurt am Main: Lang, S. 67-82.<br />

Eberhard, Verena; Scholz, Selina; Ulrich, Joachim Gerd (2009): Image als<br />

Berufswahlkriterium. Bedeutung für Berufe mit Nachwuchsmangel.<br />

In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, H. 3, S. 9-13.<br />

Ehlers, Jan (2007): Mentoring im Prozess der Berufsorientierung - eine<br />

theoriegeleitete Analyse seiner Möglichkeiten. In: Ehlers, Jan; Kruse,<br />

Nikolas (Hg.): Jugend-Mentoring in Deutschland. Patenschaftsprogramme<br />

im Handlungsfeld Berufsorientierung und Berufswahl. Norderstedt:<br />

Books on Demand, S. 13-141.<br />

Ehrenthal, Bettina; Eberhard, Verena; Ulrich, Joachim Gerd (2005): Ausbildungsreife<br />

- auch unter den Fachleuten ein heißes Eisen. Ergebnisse<br />

des BIBB-Expertenmonitors. Bonn. Online verfügbar unter<br />

http://www.bibb.de/de/21840.htm, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Eichner, Renate (1996): Praxisbezogenheit und Handlungsorientierung in<br />

der Bayerischen Arbeitslehre-Konzeption. Möglichkeiten und Grenzen<br />

der Verwirklichung im Rahmen eines kooperativen Ansatzes im<br />

Lernfeld Arbeitslehre. Augsburg.<br />

Ermert, Johannes; Friedrich, Horst (1990): Berufsorientierung am Gymnasium.<br />

Analyse, Dokumentation, Handreichung. Bergisch Gladbach:<br />

Hobein (Wirtschafts- und berufspädagogische Schriften, 8).<br />

Erpenbeck, John; von Rosenstiel, Lutz (Hg., 2007): Handbuch Kompetenzmessung.<br />

Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen<br />

346


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis.<br />

2. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.<br />

Esser, Friedrich Hubert (2007): Berufsbildung in der Wissensgesellschaft –<br />

Anknüpfungspunkte für Reformen. Gütersloh: Bertelsmann.<br />

Esser, Martin (1987): Berufliche Beratung. In: Bundesanstalt für Arbeit<br />

(Hg.): Handbuch zur Berufswahlvorbereitung. Nürnberg: TransMedia,<br />

S. 114-119.<br />

Famulla, Gerd-Ewald (1985): Wozu Berufe? Über die Zukunft des Berufskonzepts<br />

von Arbeit. In: arbeiten+lernen, H. 39, S. 2-7.<br />

Famulla, Gerd-Ewald (2001): Berufsorientierung im Strukturwandel von<br />

Ausbildung, Arbeit und Beruf. Einleitungsvortrag zum „2. Hauptschultag<br />

- Kongress Berufsorientierung“, durchgeführt vom Ministerium<br />

für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes<br />

Schleswig-Holstein. Veranstaltung vom 11.10.2001. Kiel. Online verfügbar<br />

unter http://www.swa-programm.de/texte_material/swa_<br />

vortraege/vortrag_kiel.pdf, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Famulla, Gerd-Ewald (2004): Berufsorientierung als Bildungsstandard?<br />

5. Fachtagung SWA-Programm: Gute Beispiele zur Berufsorientierung<br />

in Potsdam. Veranstaltung vom 29./30.09.2004. Potsdam.<br />

Famulla, Gerd-Ewald; Butz, Bert; Deeken, Sven; Jensen, Marion; Michaelis,<br />

Ute; Möhle, Volker et al. (Hg., 2003): Vom Konzept zur Kompetenz<br />

in der Berufsorientierung. Zwischenergebnisse des Programms „Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben“.<br />

Flensburg.<br />

Feller, Gisela (1996): Berufswahl: Berufswunsch oder Wunschberuf? Retrospektive<br />

Betrachtungen von Auszubildenden und Vergleiche an der<br />

ersten und zweiten Schwelle. In: Schober, Karen; Gaworek, Maria<br />

(Hg.): Berufswahl: Sozialisations- und Selektionsprozesse an der<br />

ersten Schwelle. Dokumentation eines Workshops des Instituts für<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit in<br />

Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendinstitut und dem Bundesinstitut<br />

für Berufsbildung am 13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung BeitrAB 202/1996), S. 173-186.<br />

Fix, Wolfgang (1989): Juniorenfirmen. Ein innovatives Konzept zur Förderung<br />

von Schlüsselqualifikationen. Berlin: Schmidt (Ausbildung, Fortbildung,<br />

Personalentwicklung, 29).<br />

Flick, Uwe (2005): Triangulation in der qualitativen Forschung. In: Flick,<br />

Uwe; Kardorff, Ernst von; Steinke, Ines (Hg.): Qualitative Forschung.<br />

Ein Handbuch. 6. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 309-318.<br />

347


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Frauenbüro der Stadt Göttingen und Projektgruppe Berufsorientierung<br />

(Hg., 2004): Dokumentation Fachtag „Berufs- und Lebensplanung für<br />

Mädchen und Jungen“. Aktuelle Aspekte aus Wissenschaft und Praxis.<br />

Northeim.<br />

Frauen geben Technik neue Impulse e. V. (Hg., 2004): Girls’Day – Mädchen-Zukunftstag.<br />

Von null auf hunderttausend. 4 Jahre Mädchen-<br />

Zukunftstag. Bielefeld.<br />

Freimuth, Angelika (1994): „Nicht für die Schule, für´s Leben lernen wir“ -<br />

Der Einfluß von Schule auf die Berufswahl von Mädchen. In: Bonnemann-Böhner,<br />

Adelheid; Welpe, Ingelore; Thege, Britta (Hg.): Berufe<br />

haben (k)ein Geschlecht. Chancen und Hindernisse in der gewerblich-technischen<br />

Berufsausbildung junger Frauen. München:<br />

Hampp, S. 35-65.<br />

Freitag, Hans-Werner (2009): Ausgewählte Daten zur Berufsbildungs- und<br />

Hochschulstatistik des Bundesamtes für Statistik. Wiesbaden. Mails<br />

vom 20.05.2009 und 04.06.2009 an Jana Voigt.<br />

Frey, Karl (1990): Die Projektmethode. 3. Aufl. Weinheim: Beltz.<br />

Fußangel, Kathrin; Schulz-Zander, Renate; Kemna, Pierre (2006): „workshop<br />

zukunft“ - Ergebnisse der projektspezifischen Evaluation. Ergebnisse<br />

der Begleitforschung zu berufsvorbereitenden Maßnahmen<br />

mit digitalen Medien. In: Böttcher, Wolfgang; Holtappels, Heinz<br />

Günther; Brohm, Michaela (Hg.): Evaluation im Bildungswesen. Eine<br />

Einführung in Grundlagen und Praxisbeispiele. Weinheim; München:<br />

Juventa, S. 213-244.<br />

Gaudig, Hugo (1969): Die Schule der Selbsttätigkeit. 2. Aufl. Regensburg:<br />

Klinkhardt.<br />

Geissler, Birgit; Oechsle, Mechtild (1996): Lebensplanung junger Frauen.<br />

Zur widersprüchlichen Modernisierung weiblicher Lebensläufe.<br />

Weinheim: Dt. Studien-Verlag.<br />

Gericke, Naomi; Krupp, Thomas; Troltsch, Klaus (2009): Unbesetzte Ausbildungsplätze<br />

– warum Betriebe erfolglos bleiben. Ergebnisse des<br />

BIBB-Ausbildungsmonitors. Herausgegeben von Bundesinstitut für<br />

Berufsbildung. Bonn (BIBB Report - Forschungs- und Arbeitsergebnisse<br />

aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung, 10).<br />

Gesellschaft für Arbeit, Technik und Wirtschaft im Unterricht (Hg., 1981):<br />

Arbeit, Technik, Wirtschaft. Das Verhältnis von Fachwissenschaft<br />

und Didaktik - Konsequenzen für Studium und Unterricht. Bericht<br />

der 3. Fachtagung der Gesellschaft für Arbeit, Technik und Wirtschaft<br />

348


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

im Unterricht e. V. in Hagen vom 22. bis 24.10.1980. Unter Mitarbeit<br />

von Gerhard Himmelmann. Bad Salzdetfurth ü. Hildesheim: Franzbecker.<br />

Glaesser, Judith (2007): Berufseintritt ohne Ausbildung. Individuelle und<br />

soziale Einflussfaktoren. In: Mansel, Jürgen; Kahlert, Heike (Hg.): Arbeit<br />

und Identität im Jugendalter. Die Auswirkungen der gesellschaftlichen<br />

Strukturkrise auf Sozialisation. Weinheim: Juventa, S. 79-92.<br />

Hainmüller, Bernd (1996): Arbeitserfahrung als Methode der Berufsorientierung.<br />

Ein Vergleich englischer und deutscher Konzepte unter Berücksichtigung<br />

der Aktionsprogramme der Europäischen Gemeinschaft<br />

zum Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Frankfurt am<br />

Main u. a: Lang (Freiburger Beiträge zur Erziehungswissenschaft und<br />

Fachdidaktik, 1).<br />

Hammer, Karsten; Ripper, Jürgen; Schenk, Thomas (2009): Leitfaden<br />

Berufsorientierung. Praxishandbuch zur qualitätszentrierten Berufsund<br />

Studienorientierung an Schulen. Gütersloh: Bertelsmann.<br />

Haubrich, Karin; Preiß, Christine (1996): Auf der Suche nach beruflicher<br />

Identität - junge Frauen im Berufsfindungsprozeß. In: Schober, Karen;<br />

Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisations- und Selektionsprozesse<br />

an der ersten Schwelle. Dokumentation eines<br />

Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendinstitut<br />

und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 77-95.<br />

Hedtke, Reinhold; Weber, Birgit (2008): Lehrplandatenbank. Online verfügbar<br />

unter http://www.lehrplaene.org, zuletzt geprüft am<br />

02.01.2012.<br />

Heimann, Paul (1962): Didaktik als Theorie und Lehre. In: Die deutsche<br />

Schule, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Bildungspolitik und<br />

pädagogische Praxis, Jg. 54, H. 9, S. 407-427.<br />

Herzog, Walter; Neuenschwander, Markus P.; Wannack, Evelyne (2006):<br />

Berufswahlprozess. Wie sich Jugendliche auf ihren Beruf vorbereiten.<br />

Bern: Haupt (PRISMA - Beiträge zur Erziehungswissenschaft aus<br />

historischer, psychologischer und soziologischer Perspektive, 2).<br />

349


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung<br />

(Hg., 2007): Qualitätsstandards zur Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit<br />

bei der Schaffung und Besetzung von Ausbildungsplätzen<br />

in Hessen (OloV). Wiesbaden.<br />

Heublein, Ulrich; Schmelzer, Robert; Sommer, Dieter (2005): Studienabbruchstudie<br />

2005. Die Studienabbrecherquoten in den Fächergruppen<br />

und Studienbereichen der Universitäten und Fachhochschulen. Herausgegeben<br />

von HIS Hochschul-Informations-System. Hannover.<br />

(A1/2005).<br />

Hillmert, Steffen (1996): Berufswahl, Jugend, Kultur. Zur Konzeption und<br />

Anwendung eines integrativen soziologischen Forschungsansatzes.<br />

Regensburg: Roderer (Theorie und Forschung, 446).<br />

Hoeckel, Kathrin; Schwartz, Robert (2010): Lernen für die Arbeitswelt.<br />

OECD-Studien zur Berufsbildung. Deutschland.<br />

Hofmann-Lun, Irene (2007): Schülerfirmen: produktionsorientiertes Lernen<br />

an allgemein bildenden Schulen. In: Deutscher Paritätischer<br />

Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V. (Hg.): Produktionsschulen.<br />

Mythos und Realität in der Jugendsozialarbeit. Berlin, S. 49-55.<br />

Hofsäss, Thomas; Drinck, Barbara (2010): Förderschülerinnen und Förderschüler<br />

am Übergang zwischen Schule und Arbeitswelt. Bericht zur<br />

Basiserhebung des Schulabsolventenlängsschnitts. Erarbeitet im<br />

Rahmen der Förderinitiative 1 im Programm „Perspektive Berufsabschluss“<br />

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Unter<br />

Mitarbeit von Michael Brock. Herausgegeben von Koordinierungsstelle<br />

„Regionales Übergangsmanagement Leipzig“. Leipzig.<br />

Holland, John L. (1997): Making Vocational Choices. A Theory of Vocational<br />

Personalities and Work Environments. 4. Aufl. Odessa.<br />

Hoppe, Manfred (1980): Beruforientierung. Studien zur Praxis der Arbeitslehre.<br />

2. Aufl. Weinheim: Beltz.<br />

Hoppe, Manfred (2006): Laborunterricht. In: Kaiser, Franz-Josef; Pätzold,<br />

Günter (Hg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt, S. 311-312.<br />

Hübner, Manfred (2006): Erkundung. In: Kaiser, Franz-Josef; Pätzold,<br />

Günter (Hg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik. 2. Aufl.<br />

Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 235-236.<br />

Huisinga, Richard; Lisop, Ingrid (1999): Wirtschaftspädagogik. Ein interdisziplinär<br />

orientiertes Lehrbuch. München: Vahlen (Vahlens Handbücher<br />

der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften).<br />

350


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Hundt, Dieter (2003): Tradition – Innovation – Vision. Rede von Dr. Dieter<br />

Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände<br />

e. V. Festakt zu 50 Jahre Schule-Wirtschaft. Veranstaltung<br />

vom 08.09.2003. Berlin.<br />

Humboldt, Wilhelm von (1959): Bildung und Sprache. Eine Auswahl aus<br />

seinen Schriften. Besorgt von Clemens Menze. Paderborn: Schöningh.<br />

Hustedt, Henning (1998): Veränderungen in den kognitiven Leistungsvoraussetzungen<br />

der Schulabgänger. In: Dostal, Werner; Parmentier,<br />

Klaus; Schober, Karen (Hg.): Mangelnde Schulleistungen oder überzogene<br />

Anforderungen. Zur Problematik unbesetzter/unbesetzbarer<br />

Ausbildungsplätze. Dokumentation eines Workshops in der Bundesanstalt<br />

für Arbeit am 16.10.1997. Nürnberg (IAB Beiträge zur Arbeitsmarkt-<br />

und Berufsforschung, BeitrAB 216), S. 261-168.<br />

Imdorf, Christian (2005): Schulqualifikation und Berufsfindung. Wie Geschlecht<br />

und nationale Herkunft den Übergang in die Berufsbildung<br />

strukturieren. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2010): Schulbuchanalyse. Einseitige<br />

Sicht auf die Wirtschaft. Pressemitteilung vom 15/16.03.2010. Köln.<br />

Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. (Hg., 2009): Resilienz<br />

und Bewältigungsstrategien von jungen Menschen mit Migrationshintergrund<br />

beim Übergang von Schule in Ausbildung. Zusammenfassung<br />

der Studie und Handlungsempfehlungen. Frankfurt am Main.<br />

Isserstedt, Wolfgang; Middendorff, Elke; Kandulla, Maren; Borchert, Lars;<br />

Leszczensky, Michael (2010): Die wirtschaftliche und soziale Lage der<br />

Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009. Herausgegeben<br />

von Bundesministerium für Bildung und Forschung. Berlin,<br />

Bonn.<br />

Jenschke, Bernhard (2006): Berufsberatung. In: Kaiser, Franz-Josef;<br />

Pätzold, Günter (Hg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik.<br />

2. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 102-105.<br />

Kahlert, Heike; Mansel, Jürgen (2007): Bildung und Berufsorientierung von<br />

Jugendlichen in Schule und informellen Kontexten. In: Kahlert, Heike;<br />

Mansel, Jürgen (Hg.): Bildung und Berufsorientierung. Der Einfluss<br />

von Schule und informellen Kontexten auf die berufliche Identitätsentwicklung.<br />

Weinheim: Juventa, S. 7-16.<br />

Kaiser, Franz-Josef; Pätzold, Günter (Hg., 2006): Wörterbuch Berufs- und<br />

Wirtschaftspädagogik. 2. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

351


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Kelle, Udo; Erzberger, Christian (2006): Stärken und Probleme qualitativer<br />

Evaluationsstudien - ein empirisches Beispiel aus der Jugendhilfeforschung.<br />

In: Flick, Uwe (Hg.): Qualitative Evaluationsforschung. Konzepte<br />

- Methoden - Umsetzung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S.<br />

284-300.<br />

Kerschensteiner, Georg (1968): Der pädagogische Begriff der Arbeit. In:<br />

Kerschensteiner, Georg: Texte zum pädagogischen Begriff der Arbeit<br />

und zur Arbeitsschule. Ausgewählte pädagogische Schriften, Bd. 2,<br />

besorgt von Georg Wehle. Paderborn: Schöningh, S. 46-62.<br />

Kleber, Michael; Borner, Joachim; Collasch, Ulf (2007): Dessauer Erklärung<br />

zur nachhaltigen Berufsorientierung. Bildung braucht Kontinuität,<br />

Berufsorientierung braucht Systematik: „Wir können es uns nicht<br />

leisten, Berufsorientierung dem Zufall zu überlassen.“. Dessau. Online<br />

verfügbar unter http://www.agora-des-lernens.de/dessauer-erklaerung,<br />

zuletzt geprüft am 01.01.2011.<br />

Kleinegees, Udo (2010): Ausgewählte Daten zur Berufsbildungsstatistik des<br />

Bundesamtes für Statistik. Wiesbaden. Mail vom 26.11.2010 an Jana<br />

Voigt.<br />

Klevenow, Gerd-Holger (1996): Geschlechtsspezifische Interessenschwerpunkte<br />

und berufliche Orientierungen in der Phase der Berufswahlvorbereitung.<br />

In: Schober, Karen; Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl:<br />

Sozialisations- und Selektionsprozesse an der ersten Schwelle. Dokumentation<br />

eines Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

der Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit<br />

dem Deutschen Jugendinstitut und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 97-112.<br />

Klevenow, Gerd-Holger (2000): Klassifikation von Ausbildungsberufen als<br />

Basis für Berufsorientierung. Hamburg (Beiträge zur Arbeitsmarktund<br />

Berufsforschung BeitrAB 235/2000).<br />

Klippert, Heinz (1987): Berufswahl-Unterricht. Handlungsorientierte Methoden<br />

und Arbeitshilfen für Lehrer und Berufsberater. Weinheim:<br />

Beltz.<br />

Knauf, Helen; Oechsle, Mechthild (2007): Berufsfindungsprozesse von<br />

Abiturientinnen und Abiturienten im Kontext schulischer Angebote<br />

zur Berufsorientierung. In: Kahlert, Heike; Mansel, Jürgen (Hg.): Bil-<br />

352


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

dung und Berufsorientierung. Der Einfluss von Schule und informellen<br />

Kontexten auf die berufliche Identitätsentwicklung. Weinheim:<br />

Juventa, S. 143-162.<br />

Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. (Hg.,<br />

o. J.): Projektskizze der wissenschaftlichen Begleitung von Neue Wege<br />

für Jungs. Evaluation 2009-2010. Online verfügbar unter<br />

http://www.neue-wege-fuer-jungs.de/Neue-Wege-fuer-Jungs/<br />

Forschung/Evaluation-2009-2010, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. (Hg.,<br />

2008): „Ich will das und das ist mein Weg!“ - junge Frauen auf dem<br />

Weg zum Technikberuf. Qualitative Interviews mit ehemaligen<br />

Girls’Day-Teilnehmerinnen in Ausbildung und Studium. Unter Mitarbeit<br />

von Wenka Wentzel. Bielefeld: Kompetenzzentrum Technik -<br />

Diversity - Chancengleichheit.<br />

Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. (Hg.,<br />

2010): Zukunft gestalten. Mit dem Girls’Day zu Ausbildung und Studium.<br />

Bielefeld: Kompetenzzentrum Technik - Diversity - Chancengleichheit.<br />

Kopp, Johannes; Lois, Daniel (2009): Faktorenanalyse und Skalierung.<br />

Chemnitz.<br />

Köppl, Gerhard (1994): Berufserstwahl. Analyse der Berufswahlsituation;<br />

didaktisch-methodische und organisatorische Antworten; unterrichtspraktische<br />

Beispiele - projektorientierter Unterricht. Regensburg:<br />

Wolf.<br />

Krekel, Elisabeth M.; Ulrich, Joachim Gerd (2009): Jugendliche ohne Berufsabschluss.<br />

Handlungsempfehlungen für die berufliche Bildung.<br />

Kurzgutachten. Berlin.<br />

Kremer, H.-Hugo; Sloane, Peter F. E (Hg., 2001): Konstruktion, Implementation<br />

und Evaluation komplexer Lehr-Lernarrangements – Fallbeispiele<br />

aus Deutschland, Niederlande und Österreich im Vergleich,<br />

Paderborn: EUSL (Wirtschaftspädagogisches Forum, 20).<br />

Kress, Ulrike (1998): Vom Normalarbeitsverhältnis zur Flexibilisierung des<br />

Arbeitsmarktes. Ein Literaturbericht. Nürnberg. (Mitteilungen aus der<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung MittAB, 3/1998).<br />

Kromrey, Helmut (2002): Empirische Sozialforschung. Modelle und Methoden<br />

der standardisierten Datenerhebung und Datenauswertung.<br />

10. Aufl. Opladen: Leske + Budrich.<br />

353


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Kromrey, Helmut (2006): Empirische Sozialforschung. Modelle und Methoden<br />

der standardisierten Datenerhebung und Datenauswertung.<br />

11. Aufl. Stuttgart: Lucius & Lucius.<br />

Kron, Friedrich W. (2004): Grundwissen Didaktik. 4. Aufl. München:<br />

Reinhardt.<br />

Kruse, Nikolas (2007): Mentoring zur Unterstützung Jugendlicher bei der<br />

Berufsorientierung und Berufswahl - eine empirische Untersuchung.<br />

In: Ehlers, Jan; Kruse, Nikolas (Hg.): Jugend-Mentoring in Deutschland.<br />

Patenschaftsprogramme im Handlungsfeld Berufsorientierung<br />

und Berufswahl. Norderstedt: Books on Demand, S. 143-243.<br />

Kuckartz, Udo (2006): Quick and dirty. Qualitative Methoden der drittmittelfinanzierten<br />

Evaluation in der Umweltforschung. In: Flick, Uwe<br />

(Hg.): Qualitative Evaluationsforschung. Konzepte - Methoden - Umsetzung.<br />

Orig.-Ausg. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 267-283.<br />

Kuckartz, Udo; Ebert, Thomas; Rädiker, Stefan; Stefer, Claus (2009): Evaluation<br />

online. Internetgestützte Befragung in der Praxis. Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Kühnlein, Gertrud; Paul-Kohlhoff, Angela (1996): Die Entwicklung von<br />

Berufswahlorientierungen und Lebenskonzepten bei Mädchen und<br />

jungen Frauen. Offene Fragen der Berufsbildungsforschung. In:<br />

Schober, Karen; Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisationsund<br />

Selektionsprozesse an der ersten Schwelle. Dokumentation eines<br />

Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendinstitut<br />

und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 113-125.<br />

Kuhnke, Ralf (2005): Methodenanalyse zur Panelmortalität im Übergangspanel.<br />

Arbeitsbericht im Rahmen der Dokumentationsreihe: Methodische<br />

Erträge aus dem „DJI-Übergangspanel“. Halle.<br />

Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt; Regionaldirektion Sachsen-<br />

Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit (2007): Vereinbarung<br />

über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung zwischen<br />

dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt und der Regionaldirektion<br />

Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit,<br />

Bekanntmachung vom 31.01.2007, 24-82117.<br />

354


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Kultusministerkonferenz (1969): Empfehlungen zur Hauptschule. Beschluss<br />

der 131. Sitzung vom 3./4.07.1969. In: betrifft: erziehung,<br />

H. 8.<br />

Kultusministerkonferenz, Bundesanstalt für Arbeit, Hochschulrektorenkonferenz<br />

(1992): Gemeinsame Empfehlung der Kultusministerkonferenz,<br />

der Bundesanstalt für Arbeit und der Hochschulrektorenkonferenz<br />

über die Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und<br />

Studienberatung im Sekundarbereich II.<br />

Kultusministerkonferenz; Bundesagentur für Arbeit (Hg., 2004): Rahmenvereinbarung<br />

über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung<br />

zwischen der Kultusministerkonferenz und der Bundesagentur<br />

für Arbeit.<br />

Kupka, Peter; Wolters, Melanie (2010): Erweiterte vertiefte Berufsorientierung.<br />

Überblick, Praxiserfahrungen und Evaluationsperspektiven.<br />

Nürnberg. (IAB Forschungsbericht - Aktuelle Ergebnisse aus der Projektarbeit<br />

des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung,<br />

10/2010).<br />

Lames, Martin (2000): Evaluationsforschung in historischer und zeitgenössischer<br />

Betrachtung. In: Bank, Volker; Lames, Martin (2000): Über<br />

Evaluation. Kiel: bajOsch-Hein, S. 3-47.<br />

Lamnek, Siegfried (2005): Qualitative Sozialforschung. Lehrbuch. 4. Aufl.<br />

Weinheim: Beltz.<br />

Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. (LSJ Sachsen) – Koordinierungsstelle<br />

Berufswahlpass Sachsen (Hg., o. J.a): Lehrplanbezüge<br />

zum Berufswahlpass. Gymnasium. Dresden. Online verfügbar<br />

unter http://www.sasj.de/bwp/pages/material_arbeitshilfen.html, zuletzt<br />

geprüft am 02.01.2012.<br />

Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. (LSJ Sachsen) –<br />

Koordinierungsstelle Berufswahlpass Sachsen (Hg., o. J.b): Lehrplanbezüge<br />

zum Berufswahlpass. Mittelschule. Dresden. Online verfügbar<br />

unter http://www.sasj.de/bwp/pages/material_arbeitshilfen.html, zuletzt<br />

geprüft am 02.01.2012.<br />

Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. (LSJ Sachsen) –<br />

Koordinierungsstelle Berufswahlpass Sachsen (Hg., o. J.c): Lehrplanbezüge<br />

zum Berufswahlpass. Schule zur Lernförderung. Dresden. Online<br />

verfügbar unter http://www.sasj.de/bwp/pages/material_arbeitshilfen.html,<br />

zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

355


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. (LSJ Sachsen) –<br />

Koordinierungsstelle Berufswahlpass Sachsen (Hg., 2007): Berufsorientierung<br />

mit Berufswahlpass. Handreichung für Lehrerinnen und<br />

Lehrer an Mittelschulen und Förderschulen in Sachsen. Dresden.<br />

Landesarbeitsstelle Schule – Jugendhilfe Sachsen e. V. (LSJ Sachsen) –<br />

Koordinierungsstelle Berufswahlpass Sachsen (Hg., 2011): Übersicht<br />

Schulen mit Berufswahlpass in Sachsen. Stand: 01.09.2011. Dresden.<br />

Online verfügbar unter http://www.berufswahlpass-sachsen.de/<br />

downloads/Uebersicht_Schulen.pdf, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Lange, Elmar (1978): Berufswahl. Eine empirische Untersuchung der Berufswahlsituation<br />

von Hauptschülern, Realschülern und Abiturienten.<br />

München: Fink.<br />

Langness, Anja; Leven, Ingo; Hurrelmann, Klaus (2006): Jugendliche<br />

Lebenswelten: Familie, Schule, Freizeit. In: Shell Deutschland Holding<br />

(Hg.): Jugend 2006. Eine pragmatische Generation unter Druck.<br />

Frankfurt am Main: Fischer, S. 49-101.<br />

Lappe, Lothar (1996): Einführendes Statement zur Generaldiskussion: Berufswahlforschung<br />

vor den Ansprüchen der Beratungspraxis. In:<br />

Schober, Karen; Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisationsund<br />

Selektionsprozesse an der ersten Schwelle. Dokumentation eines<br />

Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendinstitut<br />

und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 315-323.<br />

Lemmermöhle, Doris (2002): Arbeitslehre und berufsorientierende Bildung<br />

aus der Geschlechterperspektive. In: Schudy, Jörg (Hg.): Berufsorientierung<br />

in der Schule. Grundlagen und Praxisbeispiele. Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt , S. 125-141.<br />

Lemmermöhle-Thüsing, Doris; Müller, Regina; Arndt, Silke (1994): Wir<br />

werden was wir wollen! Schulische Berufsorientierung (nicht nur) für<br />

Mädchen. „Frauenberufe“ - Zukunftsberufe? Eine Themeneinheit für<br />

den berufsorientierenden Unterricht. Herausgegeben von Ministerium<br />

für Gleichstellung von Frau und Mann des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen. Düsseldorf.<br />

Leven, Ingo; Quenzel, Gudrun; Hurrelmann, Klaus (2010): Familie, Schule,<br />

Freizeit: Kontinuitäten im Wandel. In: Shell Deutschland Holding<br />

356


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

(Hg.): Jugend 2010. Eine pragmatische Generation behauptet sich.<br />

Frankfurt am Main: Fischer, S. 53-128.<br />

Lippegaus-Grünau, Petra; Stolz, Iris (2010): Handreichung zur Durchführung<br />

von Potentialanalysen im Berufsorientierungsprogramm (BOP)<br />

des BMBF. Herausgegeben von Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt-<br />

und Sozialpolitik GmbH (INBAS). Offenbach am Main<br />

(Berichte und Materialien, 19).<br />

Lippegaus-Grünau, Petra; Mahl, Franziska; Stolz, Iris (2010a): Berufsorientierung.<br />

Programme und Projekte von Bund und Ländern, Kommunen<br />

und Stiftungen im Überblick. München, Halle: Deutsches Jugendinstitut<br />

e. V.<br />

Lippegaus-Grünau, Petra; Mahl, Franziska; Stolz, Iris (2010b): Berufsorientierung.<br />

Programm- und Projektbeispiele von Bund und Ländern,<br />

Kommunen und Stiftungen. München, Halle: Deutsches Jugendinstitut<br />

e. V.<br />

Lohrenz, Hubert (2004): Schülerrolle-Schülerpersönlichkeit. In: Keck, Rudolf<br />

W.; Sandfuchs, Uwe; Feige, Bernd (Hg.): Wörterbuch Schulpädagogik.<br />

Ein Nachschlagewerk für Studium und Schulpraxis. 2. Aufl.<br />

Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 395-396.<br />

Lück, Detlev; Baur, Nina (2008): Vom Fragebogen zum Datensatz. In:<br />

Fromm, Sabine; Baur, Nina (Hg.): Datenanalyse mit SPSS für Fortgeschrittene.<br />

Ein Arbeitsbuch. 2. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften, GWV Fachverlage GmbH, S. 18-52.<br />

Lüders, Christian (2006): Qualitative Evaluationsforschung - was heißt hier<br />

Forschung. In: Flick, Uwe (Hg.): Qualitative Evaluationsforschung.<br />

Konzepte - Methoden - Umsetzung. Orig.-Ausg. Reinbek bei Hamburg:<br />

Rowohlt, S. 33-62.<br />

Lumpe, Alfred (2002): Der Berufswahlpass. Ein Instrument zum selbstorganisierten<br />

und eigenverantwortlichen Lernen. In: Schudy, Jörg (Hg.):<br />

Berufsorientierung in der Schule. Grundlagen und Praxisbeispiele. Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt, S. 253-260.<br />

Lumpe, Alfred (2006): Von der Abschlussorientierung zur Anschlussorientierung.<br />

Aufsatz von OSchR Dr. A. Lumpe, BBS Hamburg, Projektleiter<br />

des Nordverbunds, anlässlich der Fachtagung von „Startpunkt<br />

Schule“ in Lüneburg am 05/2006.<br />

Luther, Martin (1531/1908): Predigt am 17. Sonntag nach Trinitatis, nachmittags.<br />

In: Luther Martin: D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe.<br />

34. Band Zweite Abteilung. Weimar, S. 298-308.<br />

357


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Manstetten, Rudolf (1983): 2. Kapitel Historische Entwicklung. In: Twardy,<br />

Martin (Hg.): Kompendium Fachdidaktik Wirtschaftswissenschaften.<br />

Düsseldorf: Verlagsanstalt Handwerk (Wirtschafts-, Berufs- und<br />

Sozialpädagogische Texte, Band 3), S. 76-110.<br />

Martial, Ingbert von (1996): Einführung in didaktische Modelle.<br />

Baltmannsweiler: Schneider.<br />

Mayring, Philipp (2007): Qualitative Inhaltsanalyse. In: Flick, Uwe; Kardorff,<br />

Ernst von; Steinke, Ines (Hg.): Qualitative Forschung. Ein<br />

Handbuch. 5. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.<br />

Meier, Bernd (2002): Biographisch orientierte Berufswahl. In: Schudy, Jörg<br />

(Hg.): Berufsorientierung in der Schule. Grundlagen und Praxisbeispiele.<br />

Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 143-156.<br />

Meyer-Haupt, Klaus (1996): Einführendes Statement zur Generaldiskussion:<br />

Berufswahlforschung vor den Ansprüchen der Beratungspraxis.<br />

In: Schober, Karen; Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisationsund<br />

Selektionsprozesse an der ersten Schwelle. Dokumentation eines<br />

Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen<br />

Jugendinstitut und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 309-313.<br />

Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa des Landes Schleswig-Holstein;<br />

Ministerium für Bildung und Frauen des Landes Schleswig-Holstein<br />

(Hg., o. J.): Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt. Präventive und<br />

flankierende arbeitsmarkt- und bildungspolitische Maßnahmen gegen<br />

Jugendarbeitslosigkeit und für mehr Ausbildungs- und Berufsreife.<br />

Kiel.<br />

Müller, Wolfgang (1983): Die Förderung der Berufsreife und der Berufswahlreife.<br />

Eine empirische Untersuchung zur erzieherischen Wirksamkeit<br />

der vorberuflichen Förderung berufs(wahl)unreifer Jugendlicher.<br />

Heidelberg: Esprint (Schriftenreihe Wirtschaftsdidaktik, Berufsbildung<br />

und Konsumentenerziehung, 3).<br />

Müller, Wolfgang (2002): Abitur - und dann? Berufsorientierung in der<br />

Gymnasialen Oberstufe. In: Schudy, Jörg (Hg.): Berufsorientierung in<br />

der Schule. Grundlagen und Praxisbeispiele. Bad Heilbrunn, Opladen:<br />

Klinkhardt, S. 175-190.<br />

358


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Nerdinger, Friedemann W; Blickle, Gerhard; Schaper, Niclas (2008):<br />

Arbeits- und Organisationspsychologie. Mit 32 Tabellen. Heidelberg:<br />

Springer.<br />

Neubert, Andreas (2003): Juniorenfirmen: Vom Prototypen eines neuen<br />

berufsbildenden Lehr-Lernkonzeptes zur ausdifferenzierten Lernform.<br />

In: Woll, Helmut (Hg.): Juniorenfirmen und unternehmerische<br />

Kompetenz. München: Buch und Media Gesellschaft für Buch- und<br />

Mediendienstleistungen, S. 45-60.<br />

Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hg., 1997): Berufswahl<br />

ist mehr … Lebensplanung gehört dazu! Eine Handreichung<br />

zur Auseinandersetzung mit Geschlechtsrollen für Schule (Sekundarbereich<br />

I) und Jugendarbeit. Hannover.<br />

Niemeyer, Beatrix (2002): Begrenzte Auswahl. Berufliche Orientierung von<br />

Jugendlichen mit schlechten Startchancen. In: Schudy, Jörg (Hg.): Berufsorientierung<br />

in der Schule. Grundlagen und Praxisbeispiele. Bad<br />

Heilbrunn, Opladen: Klinkhardt, S. 207-220.<br />

Nissen, Ursula; Keddi, Barbara; Pfeil, Patricia (2003): Berufsfindungsprozesse<br />

von Mädchen und jungen Frauen. Erklärungsansätze und empirische<br />

Befunde. Opladen: Leske + Budrich.<br />

Nowotnick, Anja; Voigt, Jana (2009): Leipziger Mittelschülerinnen und<br />

Mittelschüler auf dem Weg von der Schule in die Arbeitswelt. Kurzfassung<br />

des Leipziger Schulabsolventenlängsschnitts, erarbeitet im<br />

Rahmen der Förderinitiative 1 im Programm „Perspektive Berufsabschluss“<br />

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Herausgegeben<br />

von Koordinierungsstelle „Regionales Übergangsmanagement<br />

Leipzig“. Leipzig.<br />

Oechsle, Mechtild (Hg., 1998): Die ungleiche Gleichheit. Junge Frauen und<br />

der Wandel im Geschlechterverhältnis. Opladen: Leske + Budrich<br />

(Geschlecht und Gesellschaft, 14).<br />

Oechsle, Mechthild (2001): Berufsorientierung und Lebensplanung. Vortrag<br />

im Rahmen der Siegel-Verleihung des Projektes „Siegel berufswahl-<br />

und ausbildungsfreundliche Schule“. Veranstaltung vom<br />

09.02.2001. Gütersloh.<br />

Oechsle, Mechthild (2005): Berufsorientierung in unübersichtlichen Zeiten.<br />

Vortrag auf der Fachtagung Berufsberatung – Schule. Veranstaltung<br />

vom 24.10.2005. Bochum. Online verfügbar unter http://www.unibielefeld.de/soz/personen/oechsle/downloads/Vortrag_Berufsorientierung_14.12.05.pdf,<br />

zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

359


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Oestreich, Paul (1921): Die elastische Einheitsschule – Lebens- und<br />

Produktionsschule. Berlin.<br />

Otto, Gunter (1985): Medien der Erziehung und des Unterrichts. In: Otto,<br />

Gunter; Schulz, Wolfgang (Hg.): Methoden und Medien der Erziehung<br />

und des Unterrichts. Stuttgart: Klett-Cotta (Enzyklopädie Erziehungswissenschaft,<br />

4), S. 74-107.<br />

Otto, Hans-Uwe; Rauschenbach, Thomas (Hg., 2004): Die andere Seite der<br />

Bildung. Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Parsons Frank (1909): Choosing a Vocation. Boston: Houghton Mifflin.<br />

Pätzold, Günter (2008): Übergang Schule – Berufsausbildung. In: Helsper,<br />

Werner; Böhme, Jeanette (Hg.): Handbuch der Schulforschung. 2.<br />

Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 593-610.<br />

Pfeifer, Harald; Wenzelmann, Felix (2009): Kosten und Nutzen der Berufsausbildung<br />

in Deutschland. Ergebnisse der BIBB-<br />

Betriebsbefragung 2007. BIBB-Fachtagung „Die Ausbildungsentscheidung<br />

von Betrieben - Ökonomische Forschungsansätze und Analysen“<br />

am 23./24.09.2009 in Bonn. Bonn.<br />

Pleiß, Ulrich (1982): Wirtschaftspädagogik, Bildungsforschung, Arbeitslehre.<br />

Heidelberg: Esprint (Schriftenreihe Wirtschaftsdidaktik, Berufsbildung<br />

und Konsumentenerziehung, 1).<br />

Porst, Rolf (2008): Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften.<br />

Programmstelle beim Bundesinstitut für Berufsbildung für das Programm<br />

Jobstarter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Hg.,<br />

2008): Jobstarter Regional. Matching professionell gestalten. Bonn.<br />

(3. Jg., H. 7, Ausg. 1/2008).<br />

Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Projektträger<br />

für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg.,<br />

2005): Neue Kooperationen zwischen Schule und Arbeitswelt. Bonn.<br />

Rademacker, Hermann (2002): Schule vor neuen Herausforderungen.<br />

Orientierung für Übergänge in eine sich wandelnde Arbeitswelt. In:<br />

Schudy, Jörg (Hg.): Berufsorientierung in der Schule. Grundlagen und<br />

Praxisbeispiele. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 51-68.<br />

Rademacker, Hermann (2009): Berufsorientierung - eine Pflicht der Schule?<br />

In: Bonekamp, Waltraud; Kruse, Wilfried (Hg.): Schulische Arbeitswelt<br />

und Berufsorientierung und kommunale Koordinierung.<br />

360


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Tagungsbericht zum Jahresforum der Weinheimer Initiative am<br />

05.11.2008 in Dortmund. Dortmund, S. 24-32.<br />

Ramm, Michael (2001): Berufswahl, Berufsperspektiven und Existenzgründungen.<br />

Berufliche Orientierungen von Studierenden. Herausgegeben<br />

von Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bonn.<br />

Rat der Europäischen Union (2009): Entschließung des Rates vom<br />

27.11.2009 über einen erneuerten Rahmen für die jugendpolitische<br />

Zusammenarbeit in Europa (2010-2018). (2009/C 311/01).<br />

Ratschinski, Günter (o. J.): Berufswahlkompetenz. Hannover.<br />

Rekus, Jürgen (2004): Unterrichtsprinzipien. In: Keck, Rudolf W.; Sandfuchs,<br />

Uwe; Feige, Bernd (Hg.): Wörterbuch Schulpädagogik. Ein<br />

Nachschlagewerk für Studium und Schulpraxis. 2. Aufl. Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt, S. 498-500.<br />

Rohwer, Götz; Pötter, Ulrich 2002): Methoden sozialwissenschaftlicher<br />

Datenkonstruktion. Weinheim: Juventa.<br />

Rudowicz, Wolfgang (1996): Das Schülerbetriebspraktikum als Informations-<br />

und Entscheidungshilfe für Berufswähler und Berufswählerinnen<br />

oder Ursache von Desorientierung und Zukunftsfrust. In: Schober,<br />

Karen; Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisations- und<br />

Selektionsprozesse an der ersten Schwelle. Dokumentation eines<br />

Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen<br />

Jugendinstitut und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 247-256.<br />

Sächsisches Landesamt für Familie und Soziales (Hg., 2002): Orientierungshilfe<br />

zur außerschulischen Jugendbildung. Aufgaben und Qualitätskriterien<br />

außerschulischer Jugendbildung im Freistaat Sachsen.<br />

Verabschiedet vom Landesjugendhilfeausschuss am 27.03.2002.<br />

Chemnitz. Online verfügbar unter http://www.slfs.sachsen.de/lja/<br />

service/pdf/lja_oh_asjb_02.pdf, zuletzt geprüft am 11.08.2008.<br />

Sächsisches Landesamt für Familie und Soziales (Hg., 2003): Fachempfehlung<br />

zur Schulsozialarbeit im Freistaat Sachsen. Vom Landesjugendhilfeausschuss<br />

beschlossen am 12.11.2003. Chemnitz.<br />

Sächsisches Staatsinstitut für Bildung und Schulentwicklung (Hg., 1996):<br />

Handreichung für die Mittelschule. Berufsorientierung an der Mittelschule.<br />

BLK-Modellversuch „Berufsorientierender Unterricht an Mit<br />

361


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

telschulen im Freistaat Sachsen unter Einschluss von Betriebspraktika<br />

unter Berücksichtigung der Förderung von Berufstätigkeiten für Mädchen“.<br />

Radebeul.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hg., 2009): Fit für die Zukunft.<br />

Mittelschulen und Gymnasien in Sachsen. Dresden. Online verfügbar<br />

unter http://www.sachsen-macht-schule.de/pdf/br_fit_fuer_die_zukunft09.pdf,<br />

zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hg., o. J.): Landesservicestelle<br />

Schule-Wirtschaft. Sachsenweites Netzwerk als Dach und Dienstleister<br />

für alle Akteure im Bereich Schule-Wirtschaft. Faltblatt. Dresden.<br />

Online verfügbar unter http://www.sachsen-machtschule.de/schule/download/download_smk/sw_fb.pdf,<br />

zuletzt geprüft<br />

am 02.01.2012.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport (Hg.) (o. J.a): Kernziele<br />

der Klassenstufen. Dresden. Online verfügbar unter http://www.<br />

sachsen-macht-schule.de/schule/download/download_smk/sw_<br />

kernziele.pdf, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport (Hg., o. J.b): Schuleigenes<br />

Konzept zur Berufs- und Studienorientierung. Teil A: Leitfaden<br />

zur Konzeptentwicklung. Dresden. Online verfügbar unter<br />

http://www.sachsen-macht-schule.de/schule/download/download_<br />

smk/sw_leitfaden_konzeptentwicklung.pdf, zuletzt geprüft am<br />

02.01.2012.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport (Hg.) (o. J.c): Qualitätssiegel<br />

für Berufs- und Studienorientierung. Dresden. Online verfügbar<br />

unter http://www.sachsen-macht-schule.de/schule/5501.htm,<br />

zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport (Hg., 2010a): Das Abitur<br />

am allgemeinbildenden Gymnasium. Die Jahrgangsstufen 11 und<br />

12. Dresden. Online verfügbar unter https://publikationen.<br />

sachsen.de/bdb/showDetails.do?id=3172465, zuletzt geprüft am<br />

02.01.2012.<br />

Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport (Hg., 2010b): Viele<br />

Wege zum Erfolg. Das Sächsische Schulsystem. Dresden. Online verfügbar<br />

unter https://publikationen.sachsen.de/bdb/showDetails.<br />

do?id=39555, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Schaeper, Hilde; Briedis, Kolja (2004): Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen<br />

und Hochschulabsolventen, berufliche Anforderungen und<br />

362


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Folgerungen für die Hochschulreform. Projektbericht. Herausgegeben<br />

von HIS Hochschul-Informations-System GmbH. Hannover.<br />

Schaeper, Hildegard; Spangenberg, Heike (2008): Absolventenbefragungen<br />

- Erfassung relevanter Kompetenzen für Studium und Beruf. In:<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg.): Kompetenzerfassung<br />

in pädagogischen Handlungsfeldern. Theorien, Konzepte und<br />

Methoden. Bonn, Berlin, S. 161-175.<br />

Schanne, Rénier (1990): Berufsanalyse als Weg zur fundierten Berufsorientierung.<br />

Pilotstudie am Beispiel der Entwicklung und Evaluation der<br />

Informationsbroschüre „Der Kraftfahrzeugmechaniker“. Nürnberg<br />

(Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung BeitrAB 135/1990).<br />

Schelsky, Helmut (1957): Die skeptische Generation. Eine Soziologie der<br />

deutschen Jugend. Düsseldorf, Köln.<br />

Schelten, Andreas (2004): Einführung in die Berufspädagogik. 3. Aufl.<br />

Stuttgart: Steiner.<br />

Schilling, Johannes (2008): Didaktik/Methodik sozialer Arbeit. Grundlagen<br />

und Konzepte. 5. Aufl. München: Reinhardt.<br />

Schlemmer, Elisabeth (2008): Was ist Ausbildungsfähigkeit? Versuch einer<br />

bildungstheoretischen Einordnung. In: Schlemmer, Elisabeth;<br />

Gerstberger, Herbert (Hg.): Ausbildungsfähigkeit im Spannungsfeld<br />

zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis. Wiesbaden: VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften, S. 13-33.<br />

Schmid, Reinhard; Barmettler, Claire (2001): Wegweiser zur Berufswahl.<br />

Ein Arbeitsbuch für Jugendliche bei ihrer ersten Berufswahl. Bielefeld:<br />

Bertelsmann.<br />

Schober, Karen (2001): Berufsorientierung im Wandel – Vorbereitung auf<br />

eine veränderte Arbeitswelt. Vortrag bei der 2. Fachtagung von „Schule<br />

- Wirtschaft/Arbeitsleben“. Veranstaltung vom 30./31.05.2001.<br />

Bielefeld. Online verfügbar unter http://www.sowi-online.de/reader/<br />

berufsorientierung/schober.htm, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Schober, Karen; Rauch, Angela (1996): Geschlechtsspezifisches Rekrutierungsverhalten<br />

westdeutscher Betriebe bei der Ausbildung und Beschäftigung<br />

von Auszubildenden und Fachkräften in anerkannten<br />

Ausbildungsberufen. In: Liesering, Sabine; Rauch, Angela (Hg.): Hürden<br />

im Erwerbsleben. Aspekte beruflicher Segregation nach Geschlecht.<br />

Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 198/1996), S. 17-45.<br />

363


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Schudy, Jörg (Hg., 2002): Berufsorientierung in der Schule. Grundlagen<br />

und Praxisbeispiele. Bad Heilbrunn, Opladen: Klinkhardt.<br />

Schulz, Wolfgang; Treder, Michael (1985): Prinzipien der Erziehung und<br />

des Unterrichts. In: Otto, Gunter; Schulz, Wolfgang (Hg.): Methoden<br />

und Medien der Erziehung und des Unterrichts. Stuttgart: Klett-Cotta<br />

(Enzyklopädie Erziehungswissenschaft, 4), S. 121-130.<br />

Schulz-Zander, Renate; Bauer, Karl-Oswald; Fußangel, Kathrin; Kemna,<br />

Pierre; Preussler, Annabell (2005): Evaluation des Projekts „workshop<br />

zukunft“. Endbericht. Herausgegeben von Institut für Schulentwicklungsforschung<br />

(IFS) der Universität Dortmund. Dortmund.<br />

Schulze, Theodor (1978): Methoden und Medien der Erziehung. München:<br />

Juventa.<br />

Schwarzer, Ralf; Jerusalem, Matthias (Hg., 1999). Skalen zur Erfassung von<br />

Lehrer- und Schülermerkmalen. Dokumentation der psychometrischen<br />

Verfahren im Rahmen der Wissenschaftlichen Begleitung des<br />

Modellversuchs Selbstwirksame Schulen. Berlin.<br />

Schwertner, Angelika (2010): Anzahl der Ausbildungsberufe. Nürnberg.<br />

Mail vom 05.08.2010 an Bärbel Nöhring.<br />

Scriven, Michael (1991): Evaluation Thesaurus. Newbury Park: Sage.<br />

Seifert, Karl Heinz (1987): Berufswahlreife. In: Bundesanstalt für Arbeit<br />

(Hg.): Handbuch zur Berufswahlvorbereitung. Nürnberg: TransMedia,<br />

S. 186-198.<br />

Seifert, Karl Heinz (1991): Studienwahl und Studienbewältigung. Ergebnisse<br />

der Laufbahnforschung bei Maturanten und Studenten. In: Schilling,<br />

Michael; Turrini, Hans (Hg.): Zur Entwicklung von akademischen<br />

Berufen, Studienmotivationen und Universitätsstudien. Untersuchungen,<br />

Überlegungen, Orientierungshilfen. 2. Aufl. Wien, Klagenfurt:<br />

Kärntner (Studien- und Berufswahl, 2), S. 86-110.<br />

Seifert, Karl Heinz (1993): Zur prädiktiven Validität von Berufswahlreifeinstrumenten.<br />

In: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie,<br />

Jg. 37, H. 4, S. 172-182.<br />

Seifert, Karl Heinz; Stangl, Werner (o. J.): Fragebogen „Einstellungen zur<br />

Berufswahl und beruflichen Arbeit“ (EbwA-HS). Handanweisung.<br />

Online verfügbar unter http://www.stangl-taller.at/STANGL/<br />

WERNER/BERUF/TESTS/EBWA/EBwAHandanweisung.pdf, zuletzt<br />

geprüft am 02.01.2012.<br />

364


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Seifert, Karl Heinz; Stangl, Werner (1986): Der Fragebogen Einstellungen<br />

zur Berufswahl und beruflichen Arbeit. In: Diagnostica, Jg. 32, H. 2,<br />

S. 153-164.<br />

Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik in der Deutschen Gesellschaft<br />

für Erziehungswissenschaft (Hg., 2009): Memorandum zur Professionalisierung<br />

des pädagogischen Personals in der Integrationsförderung<br />

aus berufsbildungswissenschaftlicher Sicht. Bonn: Pahl-Rugenstein.<br />

Settelmeyer, Anke; Erbe, Jessica (2010): Migrationshintergrund. Zur Operationalisierung<br />

des Begriffs in der Berufsbildungsforschung. Herausgegeben<br />

von Bundesinstitut für Berufsbildung. Bundesinstitut für Berufsbildung.<br />

Bonn (Schriftenreihe des Bundesinstituts für Berufsbildung,<br />

112).<br />

Skrobanek, Jan (2009): Migrationsspezifische Disparitäten im Übergang<br />

von der Schule in den Beruf. München, Halle: Deutsches Jugendinstitut<br />

e. V.<br />

Sloane, Peter F. E.; Twardy, Martin; Buschfeld, Detlef (2004): Einführung<br />

in die Wirtschaftspädagogik. 2. Aufl. Paderborn: Eusl.<br />

Sobiraj, Sonja; Korek, Sabine; Weseler, Daniela; Tanner, Grit (2010): Männer<br />

in ge-schlechtsuntypischen Berufen: Stand der Forschung und<br />

Herausforderungen für die Zukunft. In: Rigotti, Thomas; Korek,<br />

Sabine; Kathleen Otto et al. (Hg.): Gesund mit und ohne Arbeit.<br />

Lengerich: Pabst Science Publishers, S. 133-146.<br />

Solga, Heike; Kohlrausch, Bettina; Kretschmann, Claudia; Fromm, Sabine<br />

(2010): Evaluation des Projekts „Abschlussquote erhöhen – Berufsfähigkeit<br />

steigern“. Abschlussbericht. Herausgegeben von Soziologisches<br />

Forschungsinstitut (SOFI) an der Georg-August-Universität<br />

Göttingen. Nürnberg. (IAB Forschungsbericht - Aktuelle Ergebnisse<br />

aus der Projektarbeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung).<br />

Solga, Heike; Kretschmann, Claudia (2010): Follow-up-Studie zur Evaluation<br />

des Projekts „Abschlussquote erhöhen – Berufsfähigkeit steigern“.<br />

Discussion Paper SP I 2010-503. Herausgegeben von Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für Sozialforschung. Berlin.<br />

Speck, Karsten (2005): Schulsozialarbeit. Begriffklärung und Bestandsaufnahme.<br />

In: Unsere Jugend, Jg. 57, H. 3, S. 99-109<br />

Stamm Margrit (2007): Geboren 1988: Bildungslaufbahnen und berufliche<br />

Identität von Jugendlichen in der Schweiz. In: Kahlert, Heike; Mansel,<br />

Jürgen (Hg.): Bildung und Berufsorientierung. Der Einfluss von Schu-<br />

365


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

le und informellen Kontexten auf die berufliche Identitätsentwicklung.<br />

Weinheim: Juventa, S. 83-100.<br />

Stark, Werner; Schubert, Christoph; Fitzner, Thilo (1997): Jugendberufshilfe<br />

im Kontext von Arbeitsgesellschaft und Berufsbildungspolitik. Eine<br />

Fachtagung. Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig: Klett-Cotta (Protokolldienst/Evangelische<br />

Akademie Bad Boll, 97,20). S. 105<br />

Stauber, Barbara (2007): Zwischen Abhängigkeit und Autonomie: Junge<br />

Erwachsene und ihre Familien. In: Stauber, Barbara; Pohl, Axel; Walther,<br />

Andreas (Hg.): Subjektorientierte Übergangsforschung. Rekonstruktion<br />

und Unterstützung biografischer Übergänge junger Erwachsener.<br />

Weinheim: Juventa, S. 129-154.<br />

Steinke, Ines (2007): Gütekriterien qualitativer Forschung. In: Flick, Uwe;<br />

Kardorff, Ernst von; Steinke, Ines (Hg.): Qualitative Forschung. Ein<br />

Handbuch. 5. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 319-331.<br />

Steinwendner, Margitta (2007): Übersicht zu Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung<br />

im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer<br />

Chemnitz. Chemnitz.<br />

Stiftung Demokratische Jugend (Hg., o. J.): Bundesinitiative „wir … hier<br />

und jetzt“. Online verfügbar unter http://www.wir-hier-und-jetzt.de,<br />

zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Stiftung der Deutschen Wirtschaft e. V. (Hg., o. J.): „Zeig, was Du kannst!<br />

Erfolgreich ins Berufsleben starten“.<br />

Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland (Hg., 2011):<br />

Akkreditierte Studiengänge. Zentrale Datenbank - Statistik. Online<br />

verfügbar unter http://www.hs-kompass2.de/kompass/xml/akkr/<br />

akkr_nach_hstyp_a.htm. Datenstand 30.12.2011, zuletzt geprüft am<br />

02.01.2012.<br />

Stockmann, Reinhard (2006a): Evaluation und Qualitätsentwicklung. Eine<br />

Grundlage für wirkungsorientiertes Qualitätsmanagement. Münster:<br />

Waxmann (Sozialwissenschaftliche Evaluationsforschung, 5).<br />

Stockmann, Reinhard (2006b): Qualitätsmanagement und Evaluation im<br />

Vergleich. In: Böttcher, Wolfgang; Holtappels, Heinz Günther;<br />

Brohm, Michaela (Hg.): Evaluation im Bildungswesen. Eine Einführung<br />

in Grundlagen und Praxisbeispiele. Weinheim; München: Juventa,<br />

S. 23-38.<br />

Stooß, Friedemann (1987): Beruf. In: Bundesanstalt für Arbeit (Hg.):<br />

Handbuch zur Berufswahlvorbereitung. Nürnberg: TransMedia,<br />

S. 101-113.<br />

366


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Stooß, Friedemann (1985): Verliert der ,Beruf‘ seine Leitfunktion für die<br />

Integration der Jugend in die Gesellschaft? In: Mitteilungen aus der<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (MittAB), Jg. 18, H. 2, S. 197-208.<br />

Stratmann, Karlwilhelm (1993): Die gewerbliche Lehrlingserziehung in<br />

Deutschland. Modernisierungsgeschichte der betrieblichen Berufsbildung.<br />

Frankfurt am Main: Gesellschaft zur Förderung arbeitsorientierter<br />

Forschung und Bildung (Berufserziehung in der ständischen Gesellschaft,<br />

1).<br />

Stratmann, Karlwilhelm (1999): Berufserziehung und sozialer Wandel.<br />

Frankfurt am Main: Gesellschaft zur Förderung arbeitsorientierter<br />

Forschung und Bildung.<br />

Strauss, Anselm; Corbin, Juliet (1996): Grounded Theory. Grundlagen qualitativer<br />

Sozialforschung. Weinheim: Beltz.<br />

Super, Donald E. (1957): The psychology of careers. an introduction to vocational<br />

development. New York: Harper and Brothers.<br />

Super, Donald E. (1980): A life-span, life-space approach to career development.<br />

In: Journal of Vocational Behavior, H. 16, S. 282-298.<br />

Super, Donald. E. (1981): Approaches to occupational choice and career<br />

development. In: Watts, A. G.; Super, Donald E.; Kidd, J. M. (Hg.):<br />

Career development in Britain. Cambridge: Hopson, S. 7-51.<br />

Super, Donald E. (1994): Der Lebenszeit-, Lebensraumansatz der Laufbahnentwicklung.<br />

In: Brown, Duane; Brooks, Linda (Hg.): Karriere-<br />

Entwicklung. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 211-280.<br />

Tenberg, Ralf (2006): Didaktik lernfeldstrukturierten Unterrichts Theorie<br />

und Praxis beruflichen Lernens und Lehrens. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Tenorth, Heinz-Elmar; Tippelt, Rudolf (Hg., 2007): Lexikon Pädagogik.<br />

Weinheim: Beltz.<br />

Thege, Britta (1994): Strukturelle Aspekte des geschlechtsspezifisch getrennten<br />

Ausbildungs- und Arbeitsmarktes. In: Bonnemann-Böhner,<br />

Adelheid; Welpe, Ingelore; Thege, Britta (Hg.): Berufe haben (k)ein<br />

Geschlecht. Chancen und Hindernisse in der gewerblich-technischen<br />

Berufsausbildung junger Frauen. München: Hampp, S. 23-34.<br />

Thiel, Thomas (2008): Berufseinstiegsbegleiter. Veranstaltung vom<br />

06.11.2008. Dresden. Veranstalter: Sächsisches Staatsministerium für<br />

Kultus.<br />

367


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Thimm, Karlheinz; Bothe, Marius (2009): Elternarbeit als notwendige Ressource<br />

zur Sicherung eines gelingenden Übergangs von der Schule in<br />

den Beruf. Durchgeführt durch das Institut für Innovation und Beratung<br />

an der Evangelischen Fachhochschule Berlin e. V. im Auftrag<br />

des Projektvorhabens RÜM Berlin der SPI Consult GmbH, gefördert<br />

durch das BMBF im Rahmen des Programms „Perspektive Berufsabschluss“.<br />

Berlin.<br />

Thüringer Koordinierungsstelle „Naturwissenschaften und Technik für<br />

Schülerinnen, Studentinnen und Absolventinnen“ (Hg., 2001): Und<br />

morgen erfolgreich im Beruf … Ein Beitrag zur Berufswahlvorbereitung<br />

an Thüringer Schulen. Ilmenau.<br />

Trojahner, Iris (2008): Entwicklung von Qualitätskriterien für die Berufsund<br />

Studienorientierung. Wissenschaftliche Begleitung der Arbeit der<br />

Landesservicestelle Schule-Wirtschaft. Dresden. (Dresdner Beiträge<br />

zur Wirtschaftspädagogik, 4/2008).<br />

Trojahner, Iris (2009): Informationen zu den Qualitätskriterien für die Berufs-<br />

und Studienorientierung. Leitfaden für Antragsteller (ESF).<br />

Dresden.<br />

Uhly, Alexandra; Lohmüller, Lydia; Arenz, Ute M. (2008): Schaubilder zur<br />

Berufsbildung. Strukturen und Entwicklungen in der dualen Berufsausbildung<br />

Deutschlands. Herausgegeben von Bundesinstitut für<br />

Berufsbildung. Bonn.<br />

Voigt, Jana (2007a): Schnupperlehre. Berufsorientierung in der Metall- und<br />

Elektroindustrie. Interview mit Kirsten Karnstädt. Am 24.10.2007 in<br />

Bildungs-Werkstatt Chemnitz gGmbH.<br />

Voigt, Jana (2007b): Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’ und<br />

Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’. Interview mit Margitta<br />

Steinwendner. Am 12.11.2007 in Handwerkskammer Chemnitz.<br />

Voigt, Jana (2007c): Schnupperpraktikum ‚Kraftfahrzeugtechnik’. Interview<br />

mit Thomas Markert. Am 19.11.2007 in Handwerkskammer Chemnitz.<br />

Voigt, Jana (2008a): ‚Job Galaxy’ und ‚Job Galaxy Future’. Interview mit<br />

Franziska Freund. Am 03.01.2008 in Technische Universität Chemnitz.<br />

Voigt, Jana (2008b): ‚Schnupperlehre’. Interview mit Claudia Schilde. Am<br />

08.02.2008 in BWC Bildungs-Werkstatt Chemnitz gGmbH.<br />

Voigt, Jana (2008c): Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’. Interview<br />

mit Ulrich Kleeberg. Am 15.02.2008 in Handwerkskammer Chemnitz.<br />

368


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Voigt, Jana (2010): Eltern und Berufsorientierung. Ergebnisbericht einer<br />

Erhebung zu Wünschen und Bedarfen an Informations- und Beratungsangebote.<br />

Erarbeitet im Rahmen der Förderinitiative 1 im Programm<br />

„Perspektive Berufsabschluss“ des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung. Herausgegeben von Koordinierungsstelle<br />

„Regionales Übergangsmanagement Leipzig“. Leipzig.<br />

Voigt, Jana; Horch, Gesa (2008): Interviews mit Teilnehmenden der Orientierungsangebote<br />

‚JobGalaxy’, ‚JobGalaxy Future’, Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’, Schnupperpraktikum ‚Konditorei/Verkauf’,<br />

‚Schnupperlehre’, ‚Girls’Day’ [B], ‚Girls’Day’ [S]. Chemnitz,<br />

Flöha, Hainichen, Neukirchen.<br />

Wahler, Peter; Witzel, Andreas (1996): Berufswahl - ein Vermittlungsprozeß<br />

zwischen Biographie und Chancenstruktur. In: Schober, Karen;<br />

Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisations- und Selektionsprozesse<br />

an der ersten Schwelle. Dokumentation eines Workshops des<br />

Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für<br />

Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendinstitut und<br />

dem Bundesinstitut für Berufsbildung, 13./14.07.1995. Nürnberg<br />

(Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung BeitrAB 202/1996),<br />

S. 9-35.<br />

Walter, Sibylle; Walther, Andreas (2007): „Context matters“: Anforderungen,<br />

Risiken und Spielräume im deutschen Übergangssystem. In:<br />

Stauber, Barbara; Pohl, Axel; Walther, Andreas (Hg.): Subjektorientierte<br />

Übergangsforschung. Rekonstruktion und Unterstützung biografischer<br />

Übergänge junger Erwachsener. Weinheim: Juventa, S. 65-<br />

96.<br />

Walther, Andreas; Stauber, Barbara (2007): Übergänge in Lebenslauf und<br />

Biographie. Vergesellschaftung und Modernisierung aus subjektorientierter<br />

Perspektive. In: Stauber, Barbara; Pohl, Axel; Walther, Andreas<br />

(Hg.): Subjektorientierte Übergangsforschung. Rekonstruktion und<br />

Unterstützung biografischer Übergänge junger Erwachsener. Weinheim:<br />

Juventa, S. 19-40.<br />

Weinert, Franz E. (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen –<br />

eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, Franz E. (Hg.):<br />

Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim, Basel, S. 17-31.<br />

Wensierski, Hans-Jürgen von; Schützler, Christoph; Schütt, Sabine (2005):<br />

Berufsorientierende Jugendbildung. Grundlagen, empirische Befunde,<br />

Konzepte. Weinheim: Juventa.<br />

369


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Wentzel, Wenka (2008): Wie beeinflusst der Girls’Day – Mädchen-<br />

Zukunftstag Strategien zur Nachwuchsgewinnung in Unternehmen<br />

und Institutionen? Herausgegeben von Kompetenzzentrum Technik-<br />

Diversity-Chancengleichheit e. V. Bielefeld.<br />

Wentzel, Wenka (2009): Evaluation des Girls’Day – Mädchen-Zukunftstags<br />

2009. Zusammenfassung der Ergebnisse. Herausgegeben von Kompetenzzentrum<br />

Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Bielefeld.<br />

Westdeutscher Handwerkskammertag (Hg., 2002): Gründe für Ausbildungsabbrüche.<br />

Ergebnisse einer repräsentativen EMNID-Befragung<br />

von Jugendlichen, Ausbildern und Berufskolleglehrern. Düsseldorf.<br />

Online verfügbar unter http://www.handwerk-nrw.de/fileadmin/<br />

user_upload/hp_whkt/downloads/aus-weiterbildung/ziellauf-brosch<br />

_emnidbefragung_download.pdf, zuletzt geprüft am 02.01.2012.<br />

Westhoff, Gisela (1996): Berufliche Vorstellungen, Erfahrungen und Entscheidungen<br />

von Schulabgängerinnen und Schulabgängern. Aktuelle<br />

Beobachtungen zur Berufswahl an der ersten Schwelle. In: Schober,<br />

Karen; Gaworek, Maria (Hg.): Berufswahl: Sozialisations- und Selektionsprozesse<br />

an der ersten Schwelle. Dokumentation eines<br />

Workshops des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der<br />

Bundesanstalt für Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen<br />

Jugendinstitut und dem Bundesinstitut für Berufsbildung,<br />

13./14.07.1995. Nürnberg (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

BeitrAB 202/1996), S. 137-151.<br />

Wieland, Clemens (2005): Qualität beSIEGELn: Siegel Berufswahl- und<br />

ausbildungsfreundliche Schule und Netzwerk Berufswahl-SIEGEL.<br />

Online verfügbar unter http://www.netzwerk-berufswahlsiegel.de/<br />

uploads/tx_jpdown-loadbox/PraesentationBerufswahl-SIEGEL.pdf,<br />

zuletzt geprüft am 06.08.2008.<br />

Winkler, Michael (2003): Wie vorbereitet ist die Jugend auf Arbeit und Beruf?<br />

Ergebnisse und Perspektiven aus der Kompetenzforschung. Vortrag<br />

anlässlich der 4. Fachtagung des Programms „Schule – Wirtschaft/Arbeitsleben“.<br />

Veranstaltung vom 18.09.2003. Neukirchen-<br />

Pleiße. Online verfügbar unter www.swa-programm.de/tagungen/<br />

neukirchen/vortrag_winkler.pdf, zuletzt geprüft am 12.01.2011.<br />

Will, Hermann; Winteler, Adolf; Krapp, Andreas (1987): Von der Erfolgskontrolle<br />

zur Evaluation: In: Will, Hermann; Winteler, Adolf; Krapp,<br />

Andreas (Hg.): Evaluation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung.<br />

Konzepte und Strategien. Heidelberg, S. 11-42.<br />

370


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Wissenschaftliche Begleitung des Programms „Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben“<br />

(Hg., (2007): Innovative Wege in Arbeit und Beruf. Beiträge<br />

von Berufsorientierungsprojekten. Unter Mitarbeit von Gerd Ewald<br />

Famulla, Volker Möhle und Bert Butz et al. Baltmannsweiler: Schneider<br />

(Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben, 1).<br />

Wissenschaftliche Begleitung Programms Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben<br />

(Hg., 2008a): Berufsorientierung als Prozess. Persönlichkeit fördern,<br />

Schule entwickeln, Übergang sichern. Unter Mitarbeit von Gerd<br />

Ewald Famulla, Bert Butz und Sven Deeken et al. Baltmannsweiler:<br />

Schneider (Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben, 5).<br />

Wissenschaftliche Begleitung des Programms „Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben“<br />

(Hg., (2008b): Partner der Schule - Berufs- und Lebensweltvorbereitung.<br />

Beiträge von Berufsorientierungsprojekten. Unter Mitarbeit<br />

von Gerd Ewald Famulla, Volker Möhle und Bert Butz et al.<br />

Baltmannsweiler: Schneider (Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben, 2).<br />

Woll, Helmut (2003): Das Juniorenfirmenkonzept: Von einer handlungsorientierten<br />

Lernstrategie zur unternehmerischen Selbstständigkeit. In:<br />

Woll, Helmut (Hg.): Juniorenfirmen und unternehmerische Kompetenz.<br />

München: Buch und Media Gesellschaft für Buch- und Mediendienstleistungen,<br />

S. 39-44.<br />

Wottawa, Heinrich; Thierau, Heike (1998): Lehrbuch Evaluation. 2. Aufl.<br />

Bern: Huber.<br />

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) GmbH (Hg.,<br />

2010): Vorstudie zur Evaluation von Fördermaßnahmen für Jugendliche<br />

im SGB II und SGB III. Endbericht. Mannheim.<br />

371


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

Gesetzestexte<br />

(2005): Berufsbildungsgesetz. BBiG, vom 23.03.2005 (BGBl., S. 931), zuletzt<br />

geändert durch Artikel 15 Absatz 90 des Gesetzes vom<br />

05.02.2009 (BGBl., S. 160).<br />

(2005): Gesetz über die Hochschulen des Landes Brandenburg (Brandenburgisches<br />

Hochschulgesetz). BbgHG, in der Fassung der Bekanntmachung<br />

vom 6. Juli 2004 (GVBl., S. 394), geändert durch Art. 1 des<br />

Gesetzes vom 23. November 2005 (GVBl., S. 254).<br />

(2008): Schulgesetz für den Freistaat Sachsen. SchulG, rechtsbereinigt mit<br />

Stand vom 01.08.2008.<br />

(2008): Sozialgesetzbuch (SGB). Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe,<br />

in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.12.2006 (BGBl.,<br />

S. 3134) zuletzt geändert durch Artikel 105 des Gesetzes zur Reform<br />

des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten.<br />

(2009): Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung). HwO,<br />

in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.09.1998 (BGBl., S. 3074;<br />

2006, S. 2095), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom<br />

17.07.2009.<br />

(2009): Niedersächsisches Schulgesetz. NSchG, in der Fassung vom<br />

03.03.1998 (Nds. GVBl., S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 1 des<br />

Gesetzes vom 18.06.2009 (Nds. GVBl., S. 278).<br />

(2009): Schulgesetz für das Land Berlin. SchulG, vom 26.01.2004 (GVBl.,<br />

S. 26), zuletzt geändert durch Artikel I des Gesetzes vom 02.03.2009<br />

(GVBl., S. 62).<br />

(2009): Sozialgesetzbuch (SGB ). Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil, vom<br />

11.12.1975 (BGBl., S. 3015) zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes<br />

über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises (E-<br />

LENA-Verfahrensgesetz) vom 28.03.2009 (BGBl., S. 634).<br />

(2009): Sozialgesetzbuch (SGB). Zweites Buch (II) - Grundsicherung für<br />

Arbeitsuchende, vom 24.12.2003 (BGBl., S. 2954) zuletzt geändert<br />

durch Artikel 8 und 9 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung<br />

und Stabilität in Deutschland vom 02.03.2009 (BGBl., S. 416).<br />

(2009): Sozialgesetzbuch (SGB). Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung, vom<br />

24.03.1997 (BGBl., S. 594) zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes<br />

über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises<br />

(ELENA-Verfahrensgesetz) vom 28.03.2009 (BGBl., S. 634).<br />

372


Verzeichnis der verwendeten Literatur<br />

(2009): Sozialgesetzbuch (SGB). Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe, vom<br />

27.12.2003 (BGBl., S. 3022; 2004 BGBl., S. 3305), in Kraft ab<br />

01.01.2005) zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes zur Regelung<br />

des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.07.2009<br />

(BGBl., S. 2495).<br />

(2009): Bayerisches Hochschulgesetz. BayHSchG, vom 23. Mai 2006<br />

(GVBl., S. 245, BayRS 2210-1-1-WFK), zuletzt geändert durch § 1 des<br />

Gesetzes vom 7. Juli 2009 (GVBl., S. 256)<br />

Richtlinien<br />

(2000): Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus<br />

zur Durchführung von Betriebspraktika im Freistaat Sachsen.<br />

VwV-Betriebspraktika, vom 13.07.2000.<br />

(2007): Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und des<br />

Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur<br />

Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten<br />

Vorhaben der Förderperiode 2007-2013. ESF-Richtlinie SMS/SMUL,<br />

vom 31.07.2007.<br />

(2007): Richtlinie zur Berufsorientierung an allgemein bildenden Schulen.<br />

VV Berufsorientierung, Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für<br />

Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern vom<br />

07.07.2007.<br />

(2007): Verwaltungsvorschrift für Praktika zur Berufs- und Studienorientierung<br />

an allgemeinbildenden Schulen des Ministeriums für Kultus,<br />

Jugend und Sport Baden-Württemberg, vom 28.07.2007.<br />

(2008): Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus<br />

über Sponsoring, Werbung, Spenden, Erhebungen, Wettbewerbe<br />

und den Warenverkauf an Schulen. VwV Sponsoring, Spenden und<br />

Erhebungen an Schulen, vom 23.07.2008.<br />

(2009): Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung<br />

von aus dem Europäischen Sozialfonds mitfinanzierten Projekten<br />

im Geschäftsbereich des SMK. SMK-ESF-Richtlinie, vom<br />

10.08.2007, geändert durch Richtlinie vom 24.02.2009 (SächsABl.<br />

S. 511) mit Wirkung vom 06.03.2009.<br />

(2009): Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und<br />

Arbeit und des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und<br />

Landwirtschaft zur Förderung von aus dem Europäischen Sozialfonds<br />

mitfinanzierten Projekten der beruflichen Bildung und Fachkräfteentwicklung.<br />

ESF-Richtlinie Berufliche Bildung, vom 16.01.2009.<br />

373


Anhang<br />

Anhang<br />

Anhang 1: Männliche Auszubildende 2000, 2004, 2008 in den<br />

zwanzig am stärksten besetzten Ausbildungsberufen ..........378<br />

Anhang 2: Weibliche Auszubildende 2000, 2004, 2008 in den<br />

zwanzig am stärksten besetzten Ausbildungsberufen ...........379<br />

Anhang 3: Männliche Studierende im Wintersemester 2000/2001,<br />

2004/2005, 2007/2008 in den zwanzig am stärksten<br />

besetzten Studiengängen ...........................................................380<br />

Anhang 4: Weibliche Studierende im Wintersemester 2000/2001,<br />

2004/2005, 2007/2008 in den zwanzig am stärksten<br />

besetzten Studiengängen ...........................................................381<br />

Anhang 5: Charakteristika der in die Evaluation<br />

einbezogenen Orientierungsmaßnahmen ...............................382<br />

Anhang 6: Leitfaden Experteninterview.....................................................391<br />

Anhang 7: Fragebogen Pretest Interventionsgruppen .............................394<br />

Anhang 8: Fragebogen Pretest Kontrollgruppe ........................................398<br />

Anhang 9: Fragebogen Posttest Interventionsgruppen............................402<br />

Anhang 10: Fragebogen Posttest Kontrollgruppe ......................................406<br />

Anhang 11: Leitfaden zur Follow-up-Befragung von<br />

Teilnehmenden der Orientierungsangebote ...........................410<br />

Anhang 12: Untergliederte Übersicht der Kontrollgruppen<br />

der Evaluationsstichprobe.........................................................413<br />

Anhang 13: Untergliederte Übersicht der Interventionsgruppen der<br />

Evaluationsstichprobe................................................................414<br />

Anhang 14: Übersicht der Skalenitems.........................................................415<br />

Anhang 15: Erwartungen der Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen an Orientierungsmaßnahmen<br />

im Pretest und eingeschätzter Einfluss<br />

auf die Berufsfindung im Posttest............................................418<br />

Anhang 16: Begleitpersonen bei der Wahrnehmung von Orientierungsangeboten<br />

bei den Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pre- und des<br />

Posttests .......................................................................................420<br />

375


Anhang<br />

Anhang 17: Ausbildungspläne der Jugendlichen zum Zeitpunkt<br />

des Pre-tests in der Kontrollgruppe und den<br />

Interventionsgruppen ................................................................421<br />

Anhang 18: Anzahl der von den Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des<br />

Pretests genutzten Orientierungsmöglichkeiten ....................422<br />

Anhang 19: Einschätzung bislang genutzter Orientierungsmöglichkeiten<br />

durch die Jugendlichen der Kontrollgruppe und<br />

den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pretests .......423<br />

Anhang 20: Engagement der Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen im Berufsorientierungsprozess<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests...............424<br />

Anhang 21: Berufswahlbezogene Wertorientierungen und<br />

Einstellungen der Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des<br />

Pre- und des Posttests................................................................425<br />

Anhang 22: Veränderungen in den berufswahlbezogenen<br />

Wertorientierungen und Einstellungen der Jugendlichen<br />

in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Posttests.....................................................426<br />

Anhang 23: Wunsch nach Selbstverwirklichung der Jugendlichen in<br />

der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum<br />

Zeitpunkt des Pre- und des Posttests......................................427<br />

Anhang 24: Präferierte Berufsfelder der Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen im Pretest ................428<br />

Anhang 25: Anzahl der von den Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen benannten Wunschberufe<br />

und -studiengänge zum Zeitpunkt des Pre- und des<br />

Posttests.......................................................................................430<br />

Anhang 26: Veränderungen in den durch die Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

präferierten Berufsfeldern im Posttest ....................................431<br />

Anhang 27: Veränderung des erstgenannten Wunschausbildungsberufes<br />

oder -studienganges der Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zwischen Pre- und Posttest.......................................................432<br />

Anhang 28: Sicherheit und Entschiedenheit bezogen auf berufliche<br />

Interessen der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und<br />

den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pre- und<br />

des Posttests................................................................................433<br />

376


Anhang<br />

Anhang 29: Einschätzung der Chancen auf eine Berufsausbildung oder<br />

ein Studium durch die Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Preund<br />

des Posttests ........................................................................434<br />

Anhang 30: Anzahl der von den Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen genannten<br />

Unternehmen und Hochschulen zum Zeitpunkt des<br />

Pre- und des Posttests................................................................435<br />

Anhang 31: Einschätzung des individuellen arbeitswelt- und<br />

berufsbezogenen Wissens durch die Jugendlichen in<br />

der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttest...............................436<br />

Anhang 32: Informationsbereitschaft und Flexibilität im<br />

Berufsorientierungsprozess der Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum<br />

Zeitpunkt des Pre- und des Posttests.....................................438<br />

Anhang 33: Eigenverantwortung für die Berufsorientierung der<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests.....439<br />

Anhang 34: Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung der Jugendlichen<br />

in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests..............440<br />

Anhang 35: Einschätzung der Wichtigkeit von Sachkompetenz für<br />

die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten<br />

Studiengang und der individuellen Verfügbarkeit bei<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests.....441<br />

Anhang 36: Einschätzung der Wichtigkeit von Sozialkompetenz für<br />

die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten<br />

Studiengang und der individuellen Verfügbarkeit bei<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests.....442<br />

Anhang 37: Einschätzung der Wichtigkeit von Selbstkompetenz<br />

für die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten<br />

Studiengang und der individuellen Verfügbarkeit bei<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests.....443<br />

Anhang 38: Einschätzung der Wichtigkeit von Methodenkompetenz<br />

für die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten<br />

Studiengang und der individuellen Verfügbarkeit bei<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests.....445<br />

377


Anhang<br />

Anhang 1: Männliche Auszubildende 2000, 2004, 2008 in den zwanzig am stärksten besetzten Ausbildungsberufen<br />

378<br />

[ 132]<br />

132 Stand: 31.12.; Dargestellt sind hier und in den Anhängen 2, 3 und 4 die zum Zeitpunkt der<br />

Auswertung vom Statistischen Bundesamt lieferbaren Daten, z. T. nach eigener Berechnung (vgl.<br />

Freitag 2009; vgl. Kleinegees 2010).


Anhang 2: Weibliche Auszubildende 2000, 2004, 2008 in den zwanzig am stärksten besetzten Ausbildungsberufen<br />

Anhang<br />

379


Anhang<br />

Anhang 3: Männliche Studierende im Wintersemester 2000/2001, 2004/2005, 2007/2008 in den zwanzig am stärksten<br />

besetzten Studiengängen<br />

380


Anhang 4: Weibliche Studierende im Wintersemester 2000/2001, 2004/2005, 2007/2008 in den zwanzig am stärksten<br />

besetzten Studiengängen<br />

Anhang<br />

381


Anhang<br />

Anhang 5: Charakteristika der in die Evaluation einbezogenen Orientierungsmaßnahmen<br />

133 Die Reihenfolge der Orientierungsmaßnahmen ist chronologisch nach dem jeweiligen Zeitpunkt<br />

des Posttests ausgerichtet (vgl. Abbildung 2).<br />

382<br />

[ 133]


Anhang<br />

383


Anhang<br />

384


Anhang<br />

385


Anhang<br />

386


Anhang<br />

387


Anhang<br />

388


Anhang<br />

389


Anhang<br />

390


Anhang 6: Leitfaden Experteninterview<br />

Leitfaden Experteninterview<br />

Anhang<br />

Datum: …………………………………… Uhrzeit: ………………………………………<br />

Ort: …………………………………………………………………...................................................<br />

Anbieter, Träger: …………………………………………………………………………………<br />

Angebot: …………………………………………………………………………………….........<br />

Interviewpartner/in: ……………………………………………………………………………..<br />

Funktion: ………………………………………………………….....................................................<br />

Dauer des Interviews: …………………………………………….......................................................<br />

Arbeitsklima während des<br />

Interviews:<br />

sehr gut<br />

eher gut<br />

eher nicht<br />

gut<br />

gar nicht gut<br />

Einschätzung, Zwischenfälle, etc.: ………………………………………………………................<br />

………………………………………………………………………...................................................<br />

………………………………………………………………………...................................................<br />

………………………………………………………………………...................................................<br />

………………………………………………………………………...................................................<br />

Interviewauftakt<br />

� Begrüßung<br />

� Information zum Anliegen und zu den Interviewschwerpunkten<br />

(Zielgruppe, Ziele, Ablauf und Inhalte, Ergebnisse und Erfahrungen)<br />

� Einholung Aufnahmebereitschaft, Zusicherung Anonymität<br />

391


Anhang<br />

Institutionelle Rahmenbedingungen<br />

� Wie lautet die offizielle Bezeichnung der Orientierungsmaßnahme?<br />

� Wer ist Träger des Angebotes?<br />

� Was sind die Kernaufgaben des Trägers?<br />

Beschreibung des Orientierungsangebotes<br />

� Bitte beschreiben Sie das bei Ihnen verortete Orientierungsangebot!<br />

Zielgruppe<br />

� Wen genau sprechen Sie mit der Orientierungsmaßnahme an<br />

(Geschlecht, Klassenstufe, Entwicklungsstand, Vorkenntnisse, Interessen;<br />

Motivation, Migrationshintergrund Schultyp, Bezugsgruppen)?<br />

� Wie ist die Zusammensetzung der Gruppe in der Regel?<br />

� Wie viele Jugendliche werden erreicht?<br />

� Wie erfolgt der Zugang zu den Teilnehmenden (Freiwilligkeit/Zuweisung,<br />

Zugangsvoraussetzungen Öffentlichkeitsarbeit,<br />

�<br />

Standorte (lokal, regional, national) und räumliche Reichweite des Angebots)?<br />

Wie werden die Jugendlichen zur Teilnahme motiviert<br />

(finanzielle/materielle Anreize)?<br />

Intentionen und Inhalte<br />

� Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Orientierungsangebot? Welche<br />

Funktion soll das Orientierungsangebot erfüllen?<br />

� Erzählen Sie bitte den Ablauf beispielhaft (zeitlicher Umfang, Auftakt/Endveranstaltung,<br />

thematische Schwerpunkte, Kooperationen,<br />

Berücksichtigung der Interessen, Berufswünsche, Erfahrungen der<br />

Jugendlichen)!<br />

Methoden und Medien<br />

� Welche Lernorte/Lernumgebungen werden integriert?<br />

� Welche Methoden werden eingesetzt, um die Inhalte anzugehen und<br />

die Ziele zu erreichen? (Organisationsformen, Aktionsformen, didaktische<br />

Prinzipien, z. B. handlungsorientiert/kognitiv, gruppenorientiert/einzelfallspezifisch)?<br />

� Welche Medien werden eingesetzt (Buch, Bild, Ton, Film, Maschinen,<br />

Modelle)?<br />

392


� Erfolgt eine geschlechtersensible Ausrichtung?<br />

Anhang<br />

� Welche Rolle spielt Authentizität/Intensität des Arbeits- und Lebensweltbezuges?<br />

� Wie erfolgt eine Kooperation/Einbeziehung wichtiger Personengruppen<br />

und Institutionen (Unternehmen, Eltern, Hochschule, Berufsschulen)?<br />

Erfolg und Wirksamkeit des Orientierungsangebotes<br />

� Was sind Qualitätskriterien/Erfolgsindikatoren für das Orientierungsangebot?<br />

� Wie erfolgt die Ergebniskontrolle?<br />

� Wie ist die Wirksamkeit des Angebotes anhand ausgewählter Indikatoren<br />

(Welche?) einzuschätzen? Was erleben Sie persönlich als Erfolg?<br />

� Welche Stärken und Schwächen zeigen sich Was fördert/was<br />

behindert den Erfolg?<br />

� Welche Weiterentwicklungen des Orientierungsangebotes wären<br />

denkbar?<br />

Maßnahmespezifische Rahmenbedingungen und Ressourcen<br />

� Wann startete das Orientierungsangebot erstmalig?<br />

� Gab es einen Auslöser für die Durchführung der Maßnahme? Welche<br />

besonderen lokalen/regionalen/nationalen Ausgangslagen und Handlungsbedingungen<br />

spielen eine Rolle (statistische Daten, Marktanalysen,<br />

Erfahrungen aus anderen Projekten etc.)?<br />

� Gibt es Instrumente und Rahmenkonzepte zur Berufsorientierung,<br />

auf welchen die Entwicklung basierte?<br />

� Welche finanziellen/förderpolitischen Rahmenbedingungen gibt es<br />

für Ihre Orientierungsmaßnahme?<br />

� Welche personellen Voraussetzungen müssen für das Projekt erfüllt<br />

sein? Wie ist die interne Organisation/Arbeitsteilung? Welchen fachlichen<br />

Hintergrund hat das Personal?<br />

Interviewabschluss<br />

� Gibt es sonst noch etwas, was wichtig zur Orientierungsmaßnahme ist?<br />

� Dank und Verabschiedung<br />

393


Anhang<br />

Anhang 7: Fragebogen Pretest Interventionsgruppen<br />

394


Anhang<br />

395


Anhang<br />

396


Anhang<br />

397


Anhang 8: Fragebogen Pretest Kontrollgruppe<br />

Anhang<br />

398


Anhang<br />

399


Anhang<br />

400


Anhang<br />

401


Anhang 9: Fragebogen Posttest Interventionsgruppen<br />

Anhang<br />

402


Anhang<br />

403


Anhang<br />

404


Anhang<br />

405


Anhang 10: Fragebogen Posttest Kontrollgruppe<br />

Anhang<br />

406


Anhang<br />

407


Anhang<br />

408


Anhang<br />

409


Anhang<br />

Anhang 11: Leitfaden zur Follow-up-Befragung von Teilnehmenden der<br />

Orientierungsangebote<br />

Leitfaden Follow-up-Befragung<br />

Datum: ……………………………………... Uhrzeit: …………………………………….<br />

Ort:<br />

…………………………………………………………………………………………………...<br />

Angebot: ………………………………………………………………………...............................<br />

Interviewpartner/in: ……………………………………………………………………………..<br />

Schule:<br />

……………………………………………………………………….................................................<br />

Dauer des Interviews: ……………………………………………………........................................<br />

Arbeitsklima während<br />

des Interviews:<br />

410<br />

sehr gut<br />

eher gut<br />

eher nicht<br />

gut<br />

gar nicht gut<br />

Einschätzung, Zwischenfälle, etc.: ………………………………………………………………<br />

…………………………………………………………………………………………………...<br />

…………………………………………………………………………………………………...<br />

…………………………………………………………………………………………………...<br />

.…..………………………………………………………………………………………………<br />

Interviewauftakt<br />

� Begrüßung<br />

� Information zum Anliegen und zu den Interviewschwerpunkten<br />

� Einholung Aufnahmebereitschaft, Zusicherung Anonymität


Anhang<br />

Was lässt sich denn aktuell zu Deiner Berufswahl sagen? Welche<br />

Pläne hast Du nach Beendigung der Schule?<br />

� derzeitiger Wunschausbildungsberuf/Wunschstudiengang und Einflussfaktoren<br />

auf die Entscheidung für den Berufswunsch<br />

� Sicherheit mit einer eventuell bereits getroffenen Entscheidung<br />

� Schritte hin zu einer Entscheidung bzw. zu einer bestimmten Ausbildung<br />

� Einschätzung der Chancen auf eine Berufsausbildung/auf ein Studium<br />

Was waren Deine Gründe für die Teilnahme an Titel ?<br />

� Ziele, Absichten, Wünsche, Erwartungen, die mit der Teilnahme verbunden<br />

waren<br />

Inwiefern haben sich diese Wünsche und Erwartungen tatsächlich<br />

erfüllt?<br />

� Nachfrage wenn negativ: Verbesserungsvorschläge<br />

Wie schätzt Du insgesamt die Bedeutung von Titel für Deine Berufswahl<br />

ein? Welche Entwicklungen/Veränderungen haben sich in<br />

Folge der Teilnahme bei Dir eingestellt?<br />

� Wissen über Berufs- und Arbeitswelt (Berufe, Inhalte von Berufen/Studium,<br />

Arbeitsabläufe)<br />

� Einstellungen zur Berufs- und Arbeitswelt<br />

� Interesse an Berufsfeldern und an Wunschberufen<br />

� Sicherheit und Entschiedenheit in Bezug auf die beruflichen Präferenzen<br />

� Selbsteinschätzung von beruflichen Eignungen und Interessen, Zielen<br />

� Kompetenzentwicklung<br />

� Informationsbereitschaft, Bereitschaft, sich mit Problem der Berufswahl<br />

(weiter) auseinanderzusetzen<br />

Was sind Deiner Meinung nach die wichtigsten Erfahrungen, die Du<br />

durch Titel erlangen konntest?<br />

411


Anhang<br />

In wieweit findest Du das Berufsorientierungsangebot insgesamt<br />

hilfreich für die Berufswahlentscheidung?<br />

� Einschätzung des individuellen Nutzens<br />

� Bewertung im Vergleich zu anderen Angeboten (z. B. BiZ) und Informationsquellen<br />

(z. B. Lehrende, Eltern, Freunde)<br />

� Wahrnehmung weiterer Orientierungsangebote nach dem Posttest<br />

und generell sowie Einschätzung<br />

� Teilnahme an Orientierungsmaßnahmen im Freundes-/Bekanntenkreis<br />

und (vermeintliche) Gründe für Nutzung/Nichtnutzung<br />

� Ausrichtung von Titel auf spezifische Berufe und Berufsfelder (u. a.<br />

technisch-naturwissenschaftliche Berufe) – Motivation für Entscheidung<br />

für oder gegen Beruf/ Berufsfeld<br />

� momentane Einschätzung der Vorbereitung auf die Berufswahl/Berufsleben<br />

Fallen dir Verbesserungsmöglichkeiten/Vorschläge ein, wie man Berufs-<br />

und Studienorientierungsangebote noch attraktiver für Jugendliche<br />

gestalten könnte?<br />

Interviewabschluss<br />

� Gibt es sonst noch etwas, was wichtig zur Orientierungsmaßnahme ist?<br />

� Dank und Verabschiedung<br />

412


Anhang 12: Untergliederte Übersicht der Kontrollgruppen der<br />

Evaluationsstichprobe<br />

Teilgruppen<br />

Bereinigte Bruttoevaluationsstichprobe<br />

Pretest Posttest<br />

n n<br />

Kontrollgruppe 421 438<br />

Mittelschule „An der Mulde“,<br />

Rochlitz<br />

Johann-Gottlieb-Fichte-Schule,<br />

Mittweida<br />

Mittelschule „Am-Flughafen“,<br />

Chemnitz<br />

Mittelschule „G. E. Lessing“,<br />

Lengenfeld<br />

Mittelschule Milkau,<br />

Erlau, OT Milkau<br />

Albert-Schweitzer-Mittelschule,<br />

Chemnitz<br />

Johann-Mathesius-Gymnasium,<br />

Rochlitz<br />

Martin-Luther-Gymnasium,<br />

Frankenberg<br />

Johann-Wolfgang-von-Goethe-<br />

Gymnasium, Chemnitz<br />

Karl-Schmidt-Rottluff-<br />

Gymnasium, Chemnitz<br />

Parkschule, Förderschule für<br />

Lernbehinderte, Auerbach<br />

43 42<br />

36 37<br />

40 37<br />

44 44<br />

36 40<br />

43 45<br />

39 45<br />

53 52<br />

42 39<br />

28 50<br />

17 7<br />

Anhang<br />

Nettoevaluationsstichprobe<br />

Pre- u.<br />

Posttest<br />

n<br />

gesamt 238<br />

weiblich 130<br />

männlich 108<br />

gesamt 25<br />

weiblich 17<br />

männlich 8<br />

gesamt 22<br />

weiblich 14<br />

männlich 8<br />

gesamt 13<br />

weiblich 4<br />

männlich 9<br />

gesamt 29<br />

weiblich 14<br />

männlich 15<br />

gesamt 26<br />

weiblich 11<br />

männlich 15<br />

gesamt 26<br />

weiblich 13<br />

männlich 13<br />

gesamt 29<br />

weiblich 18<br />

männlich 11<br />

gesamt 33<br />

weiblich 25<br />

männlich 8<br />

gesamt 16<br />

weiblich 5<br />

männlich 11<br />

gesamt 13<br />

weiblich 7<br />

männlich 6<br />

gesamt 6<br />

weiblich 2<br />

männlich 4<br />

413


Anhang<br />

Anhang 13: Untergliederte Übersicht der Interventionsgruppen der<br />

Evaluationsstichprobe<br />

414<br />

Teilgruppen<br />

Bereinigte Bruttoevaluationsstichprobe<br />

Pretest Posttest<br />

n n<br />

Interventionsgruppe 188 99<br />

JobGalaxy 19 9<br />

JobGalaxy Future 17 3<br />

Schnupperpraktikum<br />

‚Kraftfahrzeugtechnik’<br />

10 10<br />

Schnupperlehre 33 33<br />

Schnupperpraktikum<br />

‚Konditorei/Verkauf’<br />

8 8<br />

Girls’Day [B] 36 9<br />

Girls’Day [S] 65 27<br />

Nettoevaluationsstichprobe<br />

Pre- u. Follow-<br />

Posttest up<br />

n n<br />

gesamt 83 9<br />

weiblich 55 5<br />

männlich 28 4<br />

gesamt<br />

weiblich<br />

6 1<br />

gesamt 3 2<br />

weiblich 1 1<br />

männlich 2 1<br />

gesamt 10 1<br />

weiblich 2<br />

männlich 8 1<br />

gesamt 20 1<br />

weiblich 4<br />

männlich 16 1<br />

gesamt 8 2<br />

weiblich 6 1<br />

männlich 2 1<br />

gesamt<br />

weiblich<br />

9 1<br />

gesamt<br />

weiblich<br />

27 1


Anhang 14: Übersicht der Skalenitems<br />

Skala Items<br />

Berufswahlengagement <br />

Selbstverwirklichung<br />

Sicherheit<br />

und Entschiedenheit<br />

hinsichtlich<br />

der beruflichen<br />

Interessen<br />

Anhang<br />

� Ich finde es ziemlich blöd, mich jetzt schon mit meinem späteren Beruf<br />

zu beschäftigen.<br />

� Es interessiert mich wenig, an Betriebsbesichtigungen oder Betriebspraktika<br />

teilzunehmen.<br />

� Solange ich noch in die Schule gehe, zerbreche ich mir nicht den Kopf<br />

über meine Berufswahl/ Studienwahl.<br />

� Es ist für mich nicht so wichtig, für welchen Beruf/welches Studium ich<br />

mich entscheide, da ich später noch immer wechseln kann.,<br />

� Es ist für mich vor der Berufswahl weniger wichtig zu wissen, wie die<br />

Berufsaussichten eines Berufes sind.<br />

� Da ich weiß, welchen Beruf ich am liebsten ergreifen möchte, brauche ich<br />

mich nicht (mehr) damit zu beschäftigen, welche beruflichen Möglichkeiten<br />

es sonst noch gibt.<br />

� Was meine Berufswahl angeht, so wird sich dies früher oder später von<br />

selbst ergeben.<br />

� Mir ist es wichtig, dass ich neben meinem Beruf auch noch Zeit für meine<br />

Familie haben werde.<br />

� Ich finde es wichtig, dass KollegInnen am Arbeitsplatz gut miteinander<br />

auskommen.<br />

� Das wichtigste an meinem späteren Beruf ist, dass ich ihn interessant finde.<br />

� Ich möchte neben meiner Arbeit auch noch genügend Zeit für meine<br />

Freizeit haben.<br />

� Ich finde es wichtig, dass man in seinem Beruf das Gefühl hat, etwas<br />

Sinnvolles zu tun.<br />

� Beruflich will ich einmal das machen, was ich gut kann und was mich<br />

wirklich interessiert.<br />

� Ich weiß überhaupt nicht, welche Berufe/welches Studium für mich in<br />

Frage kommen.<br />

� Ich schwanke oft, welche Berufsausbildung/welches Studium ich einmal<br />

ergreifen soll.<br />

� Ich habe noch keine Ahnung, wie es einmal sein wird, wenn ich arbeiten<br />

gehe.<br />

� Ich weiß nicht recht, was ich tun soll, um die richtige Berufsausbildung/<br />

das richtige Studium zu wählen.<br />

� Ich weiß nicht recht, wie ich die Berufsausbildung /das Studium bekommen<br />

kann, die/das ich eigentlich möchte.<br />

� Ich denke oft daran, was ich einmal beruflich machen könnte, aber ich<br />

habe mich noch nicht für eine bestimmte Tätigkeit entschieden.<br />

� Ich weiß nicht recht, wie ich mich auf meinen späteren Beruf vorbereiten<br />

soll.<br />

415


Anhang<br />

416<br />

Skala Items<br />

Informationsbereitschaft<br />

und<br />

Flexibilität<br />

im Berufsorientierungsprozess <br />

Eigenverantwortung<br />

in der Berufsorientierung<br />

Allgemeine<br />

Selbstwirksamkeitserwartung<br />

� Ich möchte möglichst viel über verschiedene Berufe wissen, damit ich<br />

mich für den richtigen Beruf entscheide.<br />

� Die Wahl des Berufsweges muss sehr gründlich überlegt werden.<br />

� Bevor man sich für einen bestimmten Beruf entscheidet, sollte man herauszubekommen<br />

versuchen, was man in diesem Beruf tun muss und ob<br />

einem dieser wirklich liegt.<br />

� Es ist besser, sich für mehrere Berufe zu interessieren, da man oft nicht<br />

weiß, ob man in seinem Wunschberuf einen Ausbildungs-/Studienplatz<br />

bekommt.<br />

� Um im Beruf vorwärtszukommen, muss man auch später noch bereit<br />

sein, weiterzulernen.<br />

� Wenn ich in meinem Wunschberuf nicht unterkommen kann, werde ich<br />

mich nach einem anderen Beruf umschauen, der zu mir passt.<br />

� Es ist wichtig, dass ich mich vor einer Bewerbung gründlich über das<br />

Berufsbild informiere, für das ich mich interessiere.<br />

� Ich muss meine berufliche Laufbahn in einem vorgegebenen Rahmen<br />

selber mitgestalten.<br />

� Die Wahl des Berufsweges muss sehr gründlich überlegt werden.<br />

� Ich muss selbst eine Menge dafür tun, damit ich später einen guten Beruf<br />

habe.<br />

� Ich bin selbst verantwortlich dafür, wie es mit mir nach der Schule weitergeht.<br />

� Ein guter Schulabschluss ist die beste Voraussetzung für einen guten Berufsstart.<br />

� Wenn sich Widerstände auftun, finde ich Mittel/Wege, mich durchzusetzen.<br />

� Die Lösung schwieriger Probleme gelingt mir immer, wenn ich mich<br />

darum bemühe.<br />

� Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine Absichten und Ziele zu<br />

verwirklichen.<br />

� In unerwarteten Situationen weiß ich immer, wie ich mich verhalten soll.<br />

� Auch bei überraschenden Ereignissen glaube ich, dass ich gut mit ihnen<br />

zurechtkommen werde.<br />

� Schwierigkeiten sehe ich gelassen entgegen, weil ich meinen Fähigkeiten<br />

immer vertrauen kann.<br />

� Was auch immer passiert, ich werde schon klar kommen.<br />

� Für jedes Problem kann ich eine Lösung finden.<br />

� Wenn eine neue Sache auf mich zukommt, weiß ich, wie ich damit umgehen<br />

kann.<br />

� Wenn ein Problem auf mich zukommt, habe ich meist mehrere Ideen, wie<br />

ich sie lösen kann.


Skala Items<br />

Geforderte/<br />

verfügbare<br />

Sachkompetenz<br />

Geforderte/<br />

verfügbare<br />

Sozialkompetenz<br />

Geforderte/<br />

verfügbare<br />

Selbstkompetenz<br />

Geforderte/<br />

verfügbare<br />

Methodenkompetenz<br />

Anhang<br />

� Spezielles fachliches Wissen zum Ausbildungsberuf/Studiengang<br />

� Breites Grundlagenwissen zum Ausbildungsberuf/Studiengang<br />

� praktische Vorkenntnisse im Beruf<br />

� Wirtschaftskenntnisse und Grundkenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge<br />

� Fähigkeit mit anderen zusammenzuarbeiten (Team)<br />

� Fähigkeit, sich ausdrücken zu können<br />

� Fähigkeit, die Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen<br />

� Verlässlichkeit<br />

� Fähigkeit, sich selbst (positiv) darzustellen<br />

� Fähigkeit, Initiative zu ergreifen, sich einzubringen<br />

� Durchsetzungsvermögen, Beharrlichkeit<br />

� Fähigkeit, Verantwortung für den Berufsweg zu übernehmen<br />

� Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit<br />

� Kenntnis der eigenen Grenzen/Fähigkeit der realistischen<br />

Selbsteinschätzung<br />

� Fähigkeit zu kritischem Denken<br />

� Fähigkeit zur Selbstorganisation und zum selbstständigen Arbeiten<br />

� Kenntnisse im Umgang mit Medien und Computer<br />

� Fähigkeit eigene Wissenslücken zu erkennen und zu schließen<br />

� Kreativität<br />

� Fähigkeit sich auf veränderte Umstände einstellen zu können<br />

� Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten<br />

417


Anhang<br />

Anhang 15: Erwartungen der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen an<br />

Orientierungsmaßnahmen im Pretest und eingeschätzter Einfluss auf die Berufsfindung im<br />

Posttest (Angaben in %)<br />

134 Wiedergegeben sind ausschließlich die Nennungen auf die Antwortvorgabe ‚stimmt genau’.<br />

Nicht alle vorgebenen Aspekte wurden sowohl im Pretest als auch im Posttest abgefragt, wodurch<br />

Lücken in der Darstellung entstehen. Es ist die gerundete durchschnittliche Fallzahl für<br />

alle Einzelitems angegeben.<br />

418<br />

[ 134]


Anhang<br />

419


Anhang<br />

Anhang 16: Begleitpersonen bei der Wahrnehmung von Orientierungsangeboten<br />

bei den Jugendlichen in der Kontroll- und der<br />

Interventionsgruppe zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

(Angaben in %, Mehrfachantworten möglich)<br />

420<br />

Teilgruppen Begleitung<br />

Kontrollgruppe<br />

(Vergangenheit)<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

(Vergangenheit)<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

(aktuell)<br />

Geschlecht<br />

allein<br />

Klasse<br />

Freund/<br />

Freundin<br />

Eltern<br />

Großeltern<br />

jemand anderes<br />

g 21 33 32 50 1 1 136<br />

w 15 38 43 51 74<br />

m 27 27 19 48 3 2 62<br />

g 15 46 39 34 2 4 59<br />

w 15 38 45 33 6 40<br />

m 16 63 26 37 5 19<br />

g 12 11 62 5 11 76<br />

w 6 10 71 4 10 52<br />

m 25 13 42 8 13 24<br />

n


Anhang<br />

Anhang 17: Ausbildungspläne der Jugendlichen zum Zeitpunkt des Pretests<br />

in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

(Angaben in %)<br />

421


Anhang<br />

Anhang 18: Anzahl der von den Jugendlichen in der Kontrollgruppe und<br />

den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pretests genutzten<br />

Orientierungsmöglichkeiten (Angaben in %)<br />

Teilgruppen Anzahl n<br />

1-2 3-5 6-10<br />

mehr als<br />

10<br />

Kontrollgruppe g 25 50 22 3 225<br />

422<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy<br />

Future<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZT<br />

Schnupperlehre<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

Girls’Day [B]<br />

Girls’Day [S]<br />

w 22 50 27 2 124<br />

m 29 50 17 4 101<br />

g 17 51 28 4 78<br />

w 13 52 29 6 52<br />

m 23 50 27 26<br />

g<br />

w<br />

67 17 17 6<br />

g 100 3<br />

w 100 1<br />

m 100 2<br />

g 22 33 33 11 9<br />

w 50 50 2<br />

m 29 29 43 7<br />

g 21 74 5 19<br />

w 75 25 4<br />

m 27 73 15<br />

g 14 29 57 7<br />

w 20 40 40 5<br />

m 100 2<br />

g<br />

w<br />

13 50 38 8<br />

g<br />

w<br />

4 65 27 4 26


Anhang 19: Einschätzung bislang genutzter Orientierungsmöglichkeiten durch die Jugendlichen der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pretests (Angaben in %)<br />

Anhang<br />

135 Antworten auf die Vorgaben ‚wenig hilfreich’ und ‚gar nicht hilfreich’ sind zur Wahrung der<br />

Übersichtlichkeit in der Darstellung ausgespart.<br />

[ 135]<br />

423


Anhang<br />

Anhang 20: Engagement der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den<br />

Interventionsgruppen im Berufsorientierungsprozess zum<br />

Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

424<br />

Teilgruppen<br />

Berufswahlengagement 136<br />

�<br />

Pretest<br />

SD<br />

Posttest<br />

� SD<br />

n<br />

Kontrollgruppe g 3,37 ,54 3,28 ,57 232<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy Future<br />

w 3,48 ,41 3,37 ,54 128<br />

m 3,25 ,64 3,16 ,58 104<br />

g 3,30 ,55 3,05 ,79 83<br />

w 3,25 ,59 3,24 ,64 55<br />

m 3,39 ,46 2,70 ,94 28<br />

g<br />

w<br />

3,36 ,85 2,98 ,90 6<br />

g 3,52 ,22 3,24 ,64 3<br />

w 3,29 2,57 1<br />

m 3,64 ,10 3,57 ,40 2<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZM<br />

g<br />

w<br />

m<br />

3,20<br />

3,00<br />

3,26<br />

,38<br />

,42<br />

3,13<br />

3,14<br />

3,12<br />

,67<br />

,76<br />

10<br />

2<br />

8<br />

g 3,27 ,62 2,37 ,83 20<br />

Schnupperlehre w 2,68 ,71 2,36 ,64 4<br />

m 3,41 ,52 2,37 ,88 16<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

g<br />

w<br />

m<br />

3,36<br />

3,31<br />

3,50<br />

,70<br />

,83<br />

,10<br />

3,18<br />

3,33<br />

2,71<br />

,98<br />

,76<br />

1,82<br />

8<br />

6<br />

2<br />

Girls’Day [B]<br />

g<br />

w<br />

3,14 ,73 3,45 ,31 9<br />

Girls’Day [S]<br />

g<br />

w<br />

3,35 ,40 3,33 ,45 27<br />

136 Zum Wortlaut der Einzelitems der Skala siehe Anhang 14. Die Antwortvorgaben sind wie<br />

folgt kodiert: 4 = ‚stimmt genau’, 1 = ‚stimmt nicht’.


Anhang 21: Berufswahlbezogene Wertorientierungen und Einstellungen der Jugendlichen in der Kontrollgruppe<br />

und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests (Angaben in %)<br />

Anhang<br />

137 Abbgebildet sind die Summen der Zustimmungen zu den Antwortvorgaben ‚stimmt eher’ und<br />

‚stimmt genau’. Zur Formulierungen der Items siehe Anhang 14. Umkodierungen wurden nicht<br />

vorgenommen. Sofern einzelne Items nicht beantwortet wurden, ist die gerundete durchschnittliche<br />

Fallzahl angegeben.<br />

[ 137]<br />

425


Anhang<br />

Anhang 22: Veränderungen in den berufswahlbezogenen Wertorientierungen und Einstellungen der<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Posttests<br />

426<br />

[ 138]<br />

138 Es ist die gerundete durchschnittliche Fallzahl für alle Einzelitems angegeben.


Anhang<br />

Anhang 23: Wunsch nach Selbstverwirklichung der Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt<br />

des Pre- und des Posttests<br />

Teilgruppen<br />

Wunsch nach Selbstverwirklichung 139<br />

Pretest Posttest<br />

� SD � SD<br />

Kontrollgruppe g 3,55 ,33 3,51 ,39 235<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy Future<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZT<br />

Schnupperlehre<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

Girls’Day [B]<br />

Girls’Day [S]<br />

w 3,57 ,32 3,50 ,40 129<br />

m 3,53 ,33 3,51 ,39 106<br />

g 3,62 ,32 3,55 ,37 83<br />

w 3,62 ,32 3,52 ,35 55<br />

m 3,62 ,32 3,60 ,39 28<br />

g<br />

w<br />

3,72 ,46 3,62 ,42 6<br />

g 3,50 ,44 3,50 ,44 3<br />

w 3,83 3,83 1<br />

m 3,33 ,47 3,33 ,47 2<br />

g 3,67 ,44 3,85 ,18 10<br />

w 3,58 ,59 3,60 ,12 2<br />

m 3,69 ,44 3,92 ,13 8<br />

g 3,64 ,25 3,41 ,43 20<br />

w 3,71 ,28 3,08 ,33 4<br />

m 3,63 ,24 3,50 ,42 16<br />

g 3,71 ,25 3,52 ,27 8<br />

w 3,75 ,23 3,53 ,32 6<br />

m 3,58 ,35 3,50 2<br />

g<br />

w<br />

3,49 ,30 3,53 ,41 9<br />

g<br />

w<br />

3,60 ,30 3,54 ,32 27<br />

139 Zum Wortlaut der Einzelitems der Skala siehe Anhang 14. Die Antwortvorgaben sind wie<br />

folgt kodiert: 4 = ‚stimmt genau’, 1 = ‚stimmt nicht’. Gleiches gilt für die Anhänge 28 und 32 ff.<br />

n<br />

427


Anhang<br />

Anhang 24: Präferierte Berufsfelder der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen im<br />

Pretest (Angaben in %)<br />

140 Die Antworten auf die Merkmalsausprägungen ‚sehr hoch’/‚eher hoch’ sowie ‚eher niedrig’/‚kein<br />

Interesse’ sind zur besseren Übersichtlichkeit gruppiert ausgewertet.<br />

428<br />

[ 140]


Anhang<br />

429


Anhang<br />

Anhang 25: Anzahl der von den Jugendlichen in der Kontrollgruppe und<br />

den Interventionsgruppen benannten Wunschberufe und<br />

-studiengänge zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

(Angaben in %)<br />

430


Anhang 26: Veränderungen in den durch die Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

präferierten Berufsfeldern im Posttest (Angaben in %)<br />

Anhang<br />

431


Anhang<br />

Anhang 27: Veränderung des erstgenannten Wunschausbildungsberufes oder -studienganges der Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zwischen Pre- und Posttest (Angaben in %)<br />

432


Anhang<br />

Anhang 28: Sicherheit und Entschiedenheit bezogen auf berufliche Interessen<br />

der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

Teilgruppen Sicherheit und Entschiedenheit<br />

Pretest Posttest<br />

� SD � SD<br />

Kontrollgruppe g 2,17 ,70 2,16 ,69 233<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy Future<br />

w 2,11 ,67 2,78 ,70 128<br />

m 2,24 ,74 2,15 ,69 105<br />

g 2,46 ,65 2,52 ,75 83<br />

w 2,60 ,66 2,48 ,68 55<br />

m 2,20 ,57 2,60 ,87 28<br />

g<br />

w<br />

1,95 ,76 2,59 ,74 6<br />

g 2,38 ,59 2,33 ,86 3<br />

w 2,86 3,14 1<br />

m 2,14 ,61 1,93 ,71 2<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZT<br />

g<br />

w<br />

m<br />

2,45<br />

3,50<br />

2,20<br />

,81<br />

,71<br />

,62<br />

2,40<br />

2,77<br />

2,30<br />

,79<br />

0,80<br />

,82<br />

10<br />

2<br />

8<br />

g 2,39 ,66 2,79 ,81 20<br />

Schnupperlehre w 3,24 ,17 2,54 ,60 4<br />

m 2,18 ,55 2,85 0,85 16<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

g<br />

w<br />

m<br />

2,34<br />

2,29<br />

2,50<br />

,53<br />

,46<br />

,91<br />

2,24<br />

2,20<br />

2,36<br />

,62<br />

,42<br />

1,31<br />

8<br />

6<br />

2<br />

Girls’Day [B]<br />

g<br />

w<br />

2,67 ,61 2,89 ,76 9<br />

Girls’Day [S]<br />

g<br />

w<br />

2,61 ,61 2,53 ,71 27<br />

n<br />

433


Anhang<br />

Anhang 29: Einschätzung der Chancen auf eine Berufsausbildung oder ein<br />

Studium durch die Jugendlichen in der Kontrollgruppe und<br />

den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pre- und des<br />

Posttests (Angaben in %)<br />

434


Anhang 30: Anzahl der von den Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen genannten<br />

Unternehmen und Hochschulen zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests (Angaben in %)<br />

Anhang<br />

435


Anhang<br />

Anhang 31: Einschätzung des individuellen arbeitswelt- und berufsbezogenen Wissens durch die Jugendlichen in der<br />

Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests (Angaben in %)<br />

141 Antworten auf die Vorgaben ‚eher nicht gut bekannt’, ‚gar nicht bekannt’ sowie ‚weiß nicht’<br />

sind zur Wahrung der Übersichtlichkeit in der Darstellung ausgespart. Es ist die gerundete<br />

durchschnittliche Fallzahl für alle Einzelitems angegeben.<br />

436<br />

[ 141]


Anhang<br />

437


Anhang<br />

Anhang 32: Informationsbereitschaft und Flexibilität im Berufsorientierungsprozess<br />

der Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den<br />

Interventionsgruppen zum Zeitpunkt des Pre- und des<br />

Posttests<br />

438<br />

Teilgruppen Informationsbereitschaft und Flexibilität<br />

Pretest Posttest<br />

� SD � SD<br />

Kontrollgruppe g 3,52 ,36 3,37 ,48 236<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy Future<br />

w 3,51 ,36 3,40 ,46 130<br />

m 3,52 ,35 3,34 ,51 106<br />

g 3,54 ,35 3,52 ,40 82<br />

w 3,53 ,37 3,51 ,44 54<br />

m 3,57 ,32 3,53 ,34 28<br />

g<br />

w<br />

3,83 ,33 3,64 ,46 6<br />

g 3,50 ,44 3,50 ,44 3<br />

w 4,00 4,00 1<br />

m 3,25 ,12 3,25 ,12 2<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZT<br />

g<br />

w<br />

m<br />

3,60<br />

3,42<br />

3,65<br />

,28<br />

,12<br />

,30<br />

3,72<br />

3,57<br />

3,76<br />

,25<br />

,33<br />

,24<br />

10<br />

2<br />

8<br />

g 3,58 ,33 3,32 ,42 20<br />

Schnupperlehre w 3,71 ,28 3,02 ,45 4<br />

m 3,55 ,34 3,40 ,39 16<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

g<br />

w<br />

m<br />

3,56<br />

3,49<br />

3,75<br />

0,43<br />

0,50<br />

,12<br />

3,42<br />

3,32<br />

3,67<br />

,59<br />

,65<br />

,47<br />

7<br />

5<br />

2<br />

Girls’Day [B]<br />

g<br />

w<br />

3,56 ,26 3,57 ,43 9<br />

Girls’Day [S]<br />

g<br />

w<br />

3,42 ,37 3,56 ,37 27<br />

n


Anhang 33: Eigenverantwortung für die Berufsorientierung der<br />

Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

Teilgruppen Eigenverantwortung für die berufliche Orientierung<br />

Pretest Posttest<br />

Anhang<br />

� SD � SD<br />

Kontrollgruppe g 3,63 ,30 3,56 ,43 236<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy Future<br />

w 3,63 ,31 3,58 ,38 130<br />

m 3,62 ,30 3,53 ,50 106<br />

g 3,61 ,29 3,61 ,39 83<br />

w 3,62 ,28 3,62 ,40 55<br />

m 3,57 ,30 3,61 ,37 28<br />

g<br />

w<br />

3,61 ,46 3,77 ,41 6<br />

g 3,33 ,44 3,39 ,54 3<br />

w 3,83 4,00 1<br />

m 3,08 ,12 3,08 ,12 2<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZT<br />

g<br />

w<br />

m<br />

3,61<br />

3,58<br />

3,62<br />

,36<br />

,12<br />

,40<br />

3,79<br />

3,58<br />

3,85<br />

,21<br />

,12<br />

,20<br />

10<br />

2<br />

8<br />

g 3,48 ,42 3,43 ,47 20<br />

Schnupperlehre w 3,63 ,21 3,04 ,67 4<br />

m 3,44 ,46 3,53 ,37 16<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

g<br />

w<br />

m<br />

3,81<br />

3,81<br />

3,82<br />

,11<br />

,13<br />

,02<br />

3,57<br />

3,46<br />

3,92<br />

,59<br />

,65<br />

,12<br />

8<br />

6<br />

2<br />

Girls’Day [B]<br />

g<br />

w<br />

3,61 ,20 3,81 ,15 9<br />

Girls’Day [S]<br />

g<br />

w<br />

3,59 ,30 3,63 ,28 27<br />

n<br />

439


Anhang<br />

Anhang 34: Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung der Jugend-lichen in<br />

der Kontrollgruppe und den Interventions-gruppen zum Zeitpunkt<br />

des Pre- und des Posttests<br />

440<br />

Teilgruppen Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung<br />

Pretest Posttest<br />

� SD � SD<br />

Kontrollgruppe g 2,87 ,41 2,90 ,43 235<br />

Geschlecht<br />

Interventionsgruppe<br />

Geschlecht<br />

JobGalaxy<br />

JobGalaxy<br />

Future<br />

w 2,84 ,42 2,86 ,43 129<br />

m 2,89 ,41 2,96 ,43 106<br />

g 2,97 ,38 3,05 ,44 82<br />

w 2,99 ,37 2,97 ,43 54<br />

m 2,95 ,39 3,21 ,43 28<br />

g<br />

w<br />

3,04 ,28 2,95 ,28 6<br />

g 3,10 ,36 3,21 ,18 3<br />

w 2,80 3,30 1<br />

m 3,25 ,35 3,17 ,24 2<br />

Schnupperpraktikum<br />

KFZT<br />

g<br />

w<br />

m<br />

2,96<br />

3,15<br />

2,91<br />

,39<br />

,21<br />

,43<br />

3,01<br />

2,83<br />

3,05<br />

,51<br />

,04<br />

,56<br />

10<br />

2<br />

8<br />

g 3,00 ,41 3,22 ,41 20<br />

Schnupperlehre w 3,35 ,24 3,03 ,43 4<br />

m 2,92 ,40 3,26 ,40 16<br />

Schnupperpraktikum<br />

K/V<br />

g<br />

w<br />

m<br />

2,99<br />

2,94<br />

3,10<br />

,24<br />

,28<br />

3,03<br />

2,86<br />

3,45<br />

,34<br />

,21<br />

,07<br />

7<br />

5<br />

2<br />

Girls’Day [B]<br />

g<br />

w<br />

3,01 ,39 3,09 ,54 9<br />

Girls’Day [S]<br />

g<br />

w<br />

2,91 ,41 2,95 ,48 27<br />

n


Anhang 35: Einschätzung der Wichtigkeit von Sachkompetenz für die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten Studien<br />

gang und der individuellen Verfügbarkeit bei Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

Anhang<br />

441


Anhang<br />

Anhang 36: Einschätzung der Wichtigkeit von Sozialkompetenz für die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten Studien<br />

gang und der individuellen Verfügbarkeit bei Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

442


Anhang 37: Einschätzung der Wichtigkeit von Selbstkompetenz für die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten Studien<br />

gang und der individuellen Verfügbarkeit bei Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventionsgruppen<br />

zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

Anhang<br />

443


Anhang<br />

Anhang 38: Einschätzung der Wichtigkeit von Methodenkompetenz für die zukünftige Berufsausbildung/den angestrebten<br />

Studiengang und der individuellen Verfügbarkeit bei Jugendlichen in der Kontrollgruppe und den Interventions<br />

gruppen zum Zeitpunkt des Pre- und des Posttests<br />

444

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