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SELTENE ERKRANKUNGEN

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Lesen Sie mehr auf www.seltenekrankheiten.de<br />

EINE UNABHÄNGIGE KAMPAGNE VON MEDIAPLANET<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 1<br />

<strong>SELTENE</strong> <strong>ERKRANKUNGEN</strong><br />

DIE WAISEN DER MEDIZIN.<br />

„Meine Erkrankung<br />

hat mich stark<br />

gemacht“<br />

Nadine Großmann ist Biochemie-<br />

Doktorandin und erforscht ihre<br />

eigene Erkrankung FOP.<br />

NICHT VERPASSEN:<br />

Spinale Muskelatrophie<br />

Patientin Carolin über<br />

ein Leben zwischen<br />

Einschränkung und<br />

Selbstbestimmung.<br />

Seite 12<br />

Hypoparathyreoidismus<br />

Ursachen und<br />

Folgen fehlender<br />

Nebenschilddrüsen.<br />

Seite 20


2<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

VERANT-<br />

WORTLICH<br />

FÜR DEN<br />

INHALT<br />

IN DIESER<br />

AUSGABE:<br />

MIRIAM<br />

HÄHNEL<br />

Vier Millionen Menschen<br />

in Deutschland<br />

leben mit einer seltenen<br />

Erkrankung. Vier Millionen<br />

Gründe, um die Forschung<br />

beständig voranzutreiben!<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

08<br />

Plötzlich (fast) blind<br />

Andreas verlor mit 33<br />

Jahren fast vollständig seine<br />

Sehfähigkeit.<br />

online<br />

Kristina Mayer hat akute<br />

hepatische Porphyrie<br />

und erzählt ihre persönliche<br />

Geschichte.<br />

Industry Manager Health: Miriam Hähnel<br />

Geschäftsführung: Richard Båge (CEO),<br />

Philipp Colaço (Managing Director),<br />

Franziska Manske (Head of Editorial<br />

& Production), Henriette Schröder<br />

(Sales Director) Designer: Elias Karberg<br />

Mediaplanet-Kontakt: redaktion.de@<br />

mediaplanet.com Coverbild: Privat<br />

Artikel, die mit mit Unterstützung<br />

gekennzeichnet sind, sind keine neutrale<br />

Mediaplanet-Redaktion.<br />

facebook.com/<br />

MediaplanetStories<br />

@Mediaplanet_germany<br />

Please recycle<br />

Geske Wehr<br />

Vorsitzende<br />

der Allianz<br />

Chronischer<br />

Seltener<br />

Erkrankungen<br />

(ACHSE)<br />

e. V.<br />

DANKE,<br />

dass Sie dem Thema Seltene Erkrankungen und vor<br />

allem den vier Millionen betroffenen Kindern und<br />

Erwachsenen in Deutschland Ihre Aufmerksamkeit<br />

schenken. Die letzten Monate waren vor allem durch<br />

die Corona-Pandemie geprägt, die die „Waisen der<br />

Medizin“ einmal mehr in den Schatten gestellt hat. Es<br />

wird Zeit, den vielen chronisch kranken Kindern und<br />

Erwachsenen, die in der Pandemie vor zusätzlichen<br />

Herausforderungen gestanden haben, wieder mehr<br />

Gehör zu schenken! Dabei möchte ich gern die Patientenselbsthilfe<br />

stärker in Ihr Blickfeld rücken.<br />

Gerade bei den Seltenen<br />

Erkrankungen, wo es<br />

an Wissen und Expertise<br />

mangelt, es nur wenige<br />

Therapien und Behandlungsmethoden<br />

gibt, ist die Patientenselbsthilfe<br />

eine stützende Säule! Ehrenamtliche<br />

Kräfte, zumeist Eltern kranker Kinder<br />

oder selbst erkrankte Menschen,<br />

übernehmen Aufgaben, die unser<br />

Gesundheitssystem nicht stemmt<br />

oder stemmen kann. Ich berichte<br />

Ihnen kurz aus meinem Verein, der<br />

Selbsthilfe Ichthyose. Erst kürzlich<br />

konnten wir einer Familie helfen,<br />

die uns nur per Zufall gefunden hat,<br />

nachdem sie bereits mehr als ein<br />

Jahr lang Untersuchungen über ihr<br />

Kind ergehen lassen musste, ohne<br />

Ergebnis. Als betroffene Mutter kenne<br />

ich die verzweifelte Suche nach<br />

Antworten. Der kleine Junge leidet<br />

an einer schweren Form von Ichthyose.<br />

Diese angeborene Verhornungsstörung<br />

erfordert mehrmals täglich<br />

sehr aufwendige Pflege der Haut,<br />

damit es nicht zu Verhärtungen bis<br />

hin zur Unbeweglichkeit kommt.<br />

Die Selbsthilfe hätte Antworten zum<br />

Umgang mit der Erkrankung gehabt<br />

und darauf, wie sich die Erkrankung<br />

weiterentwickelt, dass mit der richtigen<br />

Pflege ein mehr oder weniger<br />

normales Leben des Kindes möglich<br />

ist. Der Familie wäre viel Leid erspart<br />

geblieben.<br />

So wie unsere Selbsthilfe stehen<br />

auch andere Verbände ratsuchenden<br />

Betroffenen zur Seite. Viele Verbände<br />

haben sich weltweit vernetzt, weil<br />

so noch mehr Wissen ausgetauscht<br />

werden kann und Kräfte gebündelt<br />

werden können. Sie arbeiten an Leitlinien<br />

mit, damit das Wissen rund<br />

um die Behandlung der Erkrankung<br />

erweitert wird, denn sie verfügen<br />

über ein enormes Erfahrungswissen.<br />

Selbsthilfeverbände unterstützen<br />

und beraten, geben seelischen<br />

Halt, tragen dazu bei, dass richtige<br />

Diagnosen gestellt werden und<br />

Forschung vorangetrieben wird. Es<br />

ist an der Zeit, dass diese Leistung<br />

anerkannt wird – öffentlich und mit<br />

struktureller Förderung.<br />

Was darüber hinaus in Politik und<br />

Gesundheitswesen getan werden<br />

sollte, damit Menschen mit chronischen<br />

seltenen Erkrankungen länger<br />

und besser leben können, erfahren<br />

Sie auf Seite 3.<br />

Ich wünsche Ihnen viele „Aha-<br />

Erlebnisse“ beim Lesen dieser<br />

Ausgabe - und bitte erzählen Sie es<br />

weiter. Danke!


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 3<br />

Unsere<br />

Liste mit<br />

konkreten<br />

Forderungen<br />

ist lang.<br />

Sie können<br />

sie hier<br />

nachlesen:<br />

www.achseonline.de/<br />

de/was_tut_<br />

ACHSE/4-<br />

Millionen-<br />

Gruendejetzt-zuhandeln.<br />

php<br />

Vier Millionen Gründe,<br />

jetzt zu handeln<br />

In Deutschland leben vier Millionen Menschen, die von<br />

einer der etwa 8.000 verschiedenen und oftmals sehr<br />

komplexen Seltenen Erkrankungen betroffen sind,<br />

darunter vor allem viele Kinder. Die Erkrankungen gehen<br />

mit schwerwiegenden körperlichen und geistigen Einschränkungen<br />

einher, viele Menschen sind ihr Leben lang<br />

auf pflegerische Unterstützung angewiesen.<br />

Text Mirjam Mann<br />

Aufgrund der Vielzahl<br />

der Erkrankungen,<br />

die für sich genommen<br />

in geringen<br />

Zahlen vorkommen, ist das<br />

Interesse, daran zu forschen,<br />

gering oder mit hohem Aufwand<br />

und Kosten verbunden,<br />

sodass es kaum Therapien und<br />

Behandlungsmöglichkeiten<br />

gibt. Das wenige Wissen zu<br />

den einzelnen Erkrankungen<br />

liegt in nur wenigen Händen.<br />

Betroffene sind oft Jahre auf<br />

der Suche nach einer richtigen<br />

Diagnose und erleben dabei<br />

wahre Odysseen. In Beruf,<br />

Schule oder Gesellschaft<br />

finden sie oft keine Anerkennung.<br />

Um die Waisen der Medizin<br />

– wie die Betroffenen auch<br />

genannt werden – in den Fokus<br />

der Politik, Wissenschaft,<br />

Forschung und Medizin zu<br />

rücken und die Lebenslage der<br />

Menschen zu verbessern – gar<br />

Leben zu retten –, hat sich vor<br />

17 Jahren die ACHSE<br />

gegründet. Unter deren<br />

Dach kommen heute über<br />

130 Patientenorganisationen<br />

zusammen und teilen ihr<br />

Erfahrungswissen. Mit ihrem<br />

Netzwerk aus Vertreterinnen<br />

und Vertretern aus den Bereichen<br />

Medizin, Wissenschaft,<br />

Forschung sowie Kontakten<br />

im Gesundheitswesen ist die<br />

ACHSE zugleich Anker und<br />

starke Stimme der Menschen<br />

mit Seltenen Erkrankungen,<br />

die in Deutschland leben.<br />

Vier Millionen Menschen<br />

sind vier Millionen Gründe<br />

für unseren Einsatz. Aus<br />

Anlass der Bundestagswahl<br />

hat die ACHSE ein umfassendes<br />

Positionspapier für die<br />

kommende Legislaturperiode<br />

verfasst. Es enthält nicht nur<br />

Forderungen, sondern konkrete<br />

Maßnahmen, die dazu<br />

beitragen sollen, die Leben<br />

von Menschen mit chronischen<br />

seltenen Erkrankungen<br />

zu verbessern.<br />

Es gibt darin zwei Kernforderungen:<br />

Zum einen die<br />

nach strukturierten Patientenpfaden.<br />

Diese bilden<br />

die Behandlung und Pflege<br />

eines Patienten mit einer<br />

definierten Erkrankung ab.<br />

Wir fordern gut beschriebene<br />

und öffentlich zugängliche<br />

Mirjam Mann<br />

Geschäftsführerin<br />

der Allianz<br />

Chronischer<br />

Seltener<br />

Erkrankungen<br />

(ACHSE) e. V.<br />

Patientenpfade mit konkreten<br />

Handlungsanweisungen. Sie<br />

können für den Arzt verdeutlichen,<br />

wie der ideale Weg eines<br />

Patienten ist, denn Menschen<br />

mit Seltenen Erkrankungen<br />

irren oft lange durch unser<br />

Gesundheitssystem. Auf diese<br />

Weise sollen auch Ärzte, die<br />

nicht auf diese Erkrankungen<br />

spezialisiert sind, wissen, wie<br />

sie weiter vorgehen können.<br />

Denn auch wenn es mittlerweile<br />

35 Zentren für Seltene<br />

Erkrankungen gibt, in denen<br />

Ärzte vernetzt arbeiten –<br />

Patienten mit unerklärlichen<br />

Symptomen gehen zuerst zum<br />

Hausarzt, vielleicht noch zum<br />

Facharzt. Der weitere Weg des<br />

Patienten sollte nicht vom<br />

einzelnen Engagement des<br />

jeweiligen Arztes abhängen<br />

müssen. Sein Weg in das Zentrum<br />

und zu einer richtigen<br />

Diagnose oder Behandlung<br />

sollte sichergestellt werden.<br />

Unsere zweite Forderung<br />

knüpft daran an: Wir möchten<br />

Betroffenen einen Case Manager<br />

auf Rezept ermöglichen,<br />

was eine Gesetzesänderung<br />

erforderlich macht. Wir möchten,<br />

dass alle Menschen mit<br />

einer chronischen Erkrankung<br />

jemanden an die Seite gestellt<br />

bekommen, der ihnen hilft,<br />

alle notwendigen Schritte<br />

einzuleiten: zum Beispiel<br />

Pflegeleistungen oder Hartz-<br />

IV-Zusatzleistungen zu beantragen.<br />

Nicht jeder Mensch<br />

hat treusorgende Angehörige<br />

um sich und das Gesundheitssystem<br />

ist so komplex, dass es<br />

für Laien schwer verständlich<br />

ist. Die Betroffenen benötigen<br />

eine Art Bauleiter, der sich um<br />

alles kümmert. Denn sie selbst<br />

haben genug mit ihrer Erkrankung<br />

zu tun.<br />

Wir freuen uns außerdem über<br />

Ihre Unterstützung unserer<br />

Social-Media-Kampagne<br />

#4MillionenGründe.


4<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Leben mit ITP<br />

In Deutschland leben derzeit rund 16.000 Patienten mit Immunthrombozytopenie<br />

(ITP). Bei dieser Erkrankung erkennt das Abwehrsystem des Körpers die<br />

eigenen Blutplättchen (Thrombozyten) fälschlicherweise als Fremdkörper und<br />

baut diese vermehrt ab. Im Interview spricht Prof. Dr. Axel Matzdorff, Chefarzt<br />

der Abteilung für Innere Medizin II an der Asklepios Klinik Uckermark, über die<br />

seltene Autoimmunerkrankung.<br />

Text<br />

Franziska Manske<br />

Prof. Dr.<br />

Axel Matzdorff<br />

Chefarzt der Abteilung<br />

für Innere Medizin II an<br />

der Asklepios Klinik<br />

Uckermark<br />

ITP gehört ja zu den seltenen<br />

Erkrankungen: Wie<br />

äußert sich die Erkrankung<br />

und wie wird sie diagnostiziert?<br />

Man unterscheidet die ITP<br />

bei Erwachsenen und bei<br />

Kindern. Kinder haben häufig<br />

einen akuteren und schwereren<br />

Verlauf, haben häufiger<br />

Blutungen. Das Erfreuliche<br />

ist, dass 90 Prozent der Kinder<br />

spontan ausheilen, die Erkrankung<br />

geht nach wenigen<br />

Wochen vorbei. Bei den Erwachsenen<br />

ist es umgekehrt<br />

– rund 90 Prozent entwickeln<br />

einen chronischen Verlauf<br />

und nur rund zehn Prozent<br />

eine spontane Heilung.<br />

Bei einem Drittel der<br />

Patienten treten stecknadelkopfgroße<br />

Einblutungen<br />

(Petechien) der Haut und<br />

Schleimhäute sowie blaue Flecken<br />

auf. Schwere Blutungen<br />

in den Kopf, die Augen, andere<br />

Organe oder dass man eine<br />

Transfusion braucht, sind<br />

zum Glück selten. Bei zwei<br />

Drittel der Patienten ist die<br />

ITP eine Zufallsdiagnose, die<br />

durch eine Blutuntersuchung<br />

beim Arzt auffällt.<br />

Über welche Belastungen im<br />

Alltag berichten Ihre ITP-<br />

Patienten am häufigsten?<br />

Neben den genannten<br />

Symptomen belasten vor<br />

allem Fatigue, eine bleierne<br />

Müdigkeit und anhaltende<br />

Erschöpfung, und die Angst<br />

vor schweren Blutungen<br />

die Betroffenen sehr. Hinzu<br />

kommen die engmaschigen<br />

Kontrollen beim Arzt,<br />

die Zeit kosten und gerade<br />

für ältere Menschen sehr<br />

aufwendig sind. Denn um<br />

den Erfolg der ITP-Behandlung<br />

beurteilen zu können,<br />

müssen die Blutplättchenwerte<br />

zu Therapiebeginn<br />

besonders engmaschig,<br />

d. h. mitunter alle paar Tage<br />

kontrolliert werden. Wenn<br />

sich die Thrombozytenzahl<br />

erholt und stabilisiert hat,<br />

können die Kontrollintervalle<br />

immer weiter ausgedehnt<br />

werden. Dann sind nur noch<br />

alle 2–4 Wochen oder gar<br />

Monate ein Arztbesuch und<br />

eine Überprüfung der Blutplättchenzahl<br />

notwendig.<br />

Welche Therapieoptionen<br />

gibt es, und können Patienten<br />

mit der passenden<br />

Therapie wieder ein „normales“<br />

Leben führen?<br />

Ein weitestgehend normales<br />

Leben ist möglich, wenn die<br />

Therapie bei Betroffenen<br />

anschlägt, was zum Glück zu<br />

90 Prozent der Fall ist. Nach<br />

der Diagnose der ITP erfolgt<br />

die Behandlung in aufeinanderfolgenden<br />

Schritten.<br />

1 Erstlinientherapie<br />

Patienten werden standardmäßig<br />

mit Kortikosteroiden<br />

(Nichtmediziner sagen<br />

häufig „Kortison“) in hoher<br />

Dosierung behandelt. Bei<br />

Bedarf kommen zusätzlich<br />

Immunglobuline und<br />

Thrombozytenkonzentrate<br />

zum Einsatz.<br />

2Zweitlinientherapie<br />

Wenn mit der Erstlinientherapie<br />

keine ausreichende<br />

oder anhaltende<br />

Steigerung der Blutplättchenzahl<br />

erreicht wird oder<br />

die Mittel vom Patienten<br />

schlecht vertragen werden,<br />

kann der Einsatz von<br />

Thrombopoetin-Rezeptor-<br />

Agonisten oder eines für


Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 5<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 5<br />

die ITP zugelassenen neuen<br />

Milz-Tyrosinkinase-Hemmers<br />

ins Auge gefasst wer-<br />

die ITP zugelassenen neuen<br />

Milz-Tyrosinkinase-Hemmers<br />

ins Auge gefasst werden.<br />

Auch die Entfernung<br />

der Milz (Splenektomie)<br />

den. Auch die Entfernung<br />

stellt eine Therapieoption<br />

der Milz (Splenektomie)<br />

dar,<br />

stellt<br />

wird<br />

eine<br />

heute<br />

Therapieoption<br />

aber nur<br />

noch<br />

dar, wird<br />

selten<br />

heute<br />

angeboten.<br />

aber nur<br />

3noch selten angeboten.<br />

Drittlinientherapie<br />

Sprechen Drittlinientherapie<br />

behandlungsbedürftige<br />

Sprechen Patienten behandlungsbedürftige<br />

die Zweitlinientherapie<br />

Patienten auch<br />

auch<br />

auf<br />

nicht auf die an Zweitlinientherapie<br />

oder erleiden sie immer<br />

nicht wieder an oder einen erleiden Rückfall, sie immer<br />

wieder kann auf einen verschiedene<br />

Rückfall,<br />

dann<br />

Medikamente, dann kann auf sogenannte<br />

verschiedene<br />

Immunsuppressiva, Medikamente, sogenannte zurückgegriffen<br />

Immunsuppressiva, werden, die zurückgegriffen<br />

in werden, der Transplan-<br />

die norma-<br />

normalerweistationslerweise<br />

oder in der Krebsmedizin<br />

Transplantations-<br />

oder werden, Krebsmedizin um das<br />

eingesetzt<br />

körpereigene eingesetzt werden, Abwehrsystem um das<br />

zu körpereigene unterdrücken. Abwehrsystem<br />

Ziel ist<br />

auch zu unterdrücken. hier, die Bildung Ziel ist von<br />

auch hier, die Bildung von<br />

Autoantikörpern und somit<br />

den übermäßigen Blutplättchenabbau<br />

zu verhindern. In<br />

Autoantikörpern und somit<br />

den übermäßigen Blutplättchenabbau<br />

zu verhindern. In<br />

den späteren Therapielinien<br />

ist die Milzentfernung eine<br />

den späteren Therapielinien<br />

häufigere Therapieoption.<br />

ist die Milzentfernung eine<br />

häufigere Therapieoption.<br />

Warum ist es so wichtig,<br />

Warum dass ITP-Patienten ist es so wichtig, ihre<br />

dass Erkrankung ITP-Patienten kennen ihre und<br />

Erkrankung sich mit dem kennen Arzt austauschen<br />

mit können? dem Arzt austau-<br />

und<br />

sich<br />

schen Die ITP können? ist eine seltene<br />

Die Erkrankung ITP ist eine und seltene der Arzt<br />

Erkrankung sieht in seiner und Praxis der Arzt viele<br />

sieht andere in Erkrankungen,<br />

seiner Praxis viele<br />

andere die häufiger Erkrankungen, sind und mit<br />

die denen häufiger sich sind logischerweise<br />

und mit<br />

denen besser er auskennt. sich logischerweise<br />

Mit einer<br />

besser seltenen auskennt. Erkrankung Mit einer auf<br />

seltenen dem Laufenden Erkrankung zu bleiben, auf<br />

dem ist schon Laufenden schwierig. zu bleiben, Der<br />

ist ITP-Patient, schon schwierig. der den Der ganzen<br />

ITP-Patient, Tag mit seiner der Erkrankung<br />

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Tag konfrontiert mit seiner ist, Erkrankung weiß schon<br />

konfrontiert ist, weiß schon<br />

innerhalb kürzester Zeit<br />

sehr viel darüber – manchmal<br />

sogar mehr als der<br />

innerhalb kürzester Zeit<br />

sehr viel darüber – manchmal<br />

sogar mehr als der<br />

Arzt. Das liegt daran, dass<br />

sich Betroffene viel mehr<br />

Arzt. Das liegt daran, dass<br />

damit auseinandersetzen<br />

sich Betroffene viel mehr<br />

damit<br />

und informieren.<br />

auseinandersetzen<br />

Sie sind<br />

und<br />

in Selbsthilfegruppen,<br />

informieren. Sie sind<br />

tauschen<br />

Selbsthilfegruppen, sich mit anderen tau-<br />

aus,<br />

in<br />

schen wissen, sich wo mit Experten anderen sitzen, aus,<br />

wissen, holen sich wo Experten Zweitmeinungen sitzen,<br />

holen ein. Das sich ist Zweitmeinungen<br />

sehr wichtig und<br />

ein. trägt Das sehr ist sehr positiv wichtig zur Arzt- und<br />

trägt Patienten-Kommunikation<br />

sehr positiv zur Arzt-<br />

Patienten-Kommunikation<br />

bei.<br />

bei.<br />

Am 25.09. findet der erste<br />

Am nationale 25.09. findet ITP-Patiententag<br />

der erste<br />

nationale als virtuelle ITP-Patiententag<br />

Veranstaltung<br />

als im virtuelle Internet Veranstaltung<br />

statt und Prof.<br />

im Matzdorff Internet statt hofft, und dass Prof. noch<br />

Matzdorff viele weitere hofft, folgen dass noch – denn<br />

viele Aufklärung weitere folgen ist das – A denn und O,<br />

Aufklärung bei jeder seltenen ist das A Erkrankung.<br />

jeder seltenen Erkran-<br />

und O,<br />

bei<br />

kung.<br />

Aufklärung<br />

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– bei<br />

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jeder<br />

und<br />

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seltenen<br />

– bei jeder<br />

seltenen<br />

Erkrankung.<br />

Erkrankung.<br />

©Novartis<br />

ITP Immunthrombozytopenie –<br />

eine Autoimmunkrankheit nimmt Lebensqualität<br />

Häufiges Nasen- oder Zahnfleischbluten,<br />

eine Neigung zu blauen Flecken oder kleine<br />

Einblutungen unter der Haut (Petechien)<br />

können Anzeichen für eine Immunthrombozytopenie,<br />

kurz ITP, sein. ITP ist eine<br />

Erkrankung des blutbildenden Systems,<br />

von deren chronischer Form in Deutschland<br />

etwa 16.000 Menschen betroffen sind. 1 Das<br />

körpereigene Abwehrsystem erkennt die<br />

eigenen Blutplättchen (Thrombozyten) und<br />

ihre Vorläuferzellen fälschlicherweise als<br />

Fremdkörper und beginnt sie abzubauen.<br />

So entsteht ein Thrombozytenmangel,<br />

durch den es zu Störungen der Blutgerinnung<br />

kommt. Dies kann wiederum zu einer<br />

erhöhten Blutungsneigung mit den oben<br />

aufgeführten Folgen führen. Hinzu kommen<br />

für viele Patienten nicht sichtbare Symptome,<br />

wie Müdigkeit und starke Erschöpfungszustände<br />

(Fatigue). Der Erfolg einer ITP-Therapie<br />

sollte daher nicht allein an der Thrombozytenzahl<br />

gemessen werden, sondern auch<br />

nicht sichtbare Symptome beachten.<br />

Mit der passenden ITP-Therapie die<br />

Blutplättchenzahl erhöhen und die<br />

Lebensqualität verbessern<br />

Für die Behandlung der ITP stehen unterschiedliche<br />

Therapien zur Verfügung: Nach<br />

der Diagnose wird standardmäßig mit einer<br />

Kortisontherapie gestartet. Bei einem Großteil<br />

der Patienten kann damit nach kurzer Zeit<br />

ein Anstieg der Blutplättchen erzielt werden.<br />

Sollte dies nicht gelingen oder die Medikamente<br />

vom Patienten schlecht vertragen<br />

werden, kann in einem zweiten Schritt auf<br />

eine Therapie mit Thrombopoetin-Rezeptor-<br />

Agonisten (TPO-RAs) oder einen für die ITP<br />

ANZEIGE<br />

zugelassenen Milz-Tyrosinkinase-Hemmer<br />

umgestellt werden. TPO-RAs können die Produktion<br />

der Blutplättchen im Knochenmark<br />

anregen, Milz-Tyrosinkinase-Hemmer können<br />

den Abbau der Blutplättchen verringern. In<br />

Ausnahmefällen kann die operative Entfernung<br />

der Milz (Splenektomie) helfen. Die ITP<br />

verläuft oft individuell sehr unterschiedlich, ob<br />

und wie die ITP behandelt wird, sollte gemeinsam<br />

von Arzt und Patient getroffen werden.<br />

Beim 1. Nationalen ITP-Patiententag<br />

stehen die Fragen der Patienten im Mittelpunkt.<br />

Auf großes Interesse im Vorfeld<br />

stießen die Workshops zum Umgang<br />

mit Erschöpfung und Müdigkeit sowie<br />

die Frage, ob eine Therapiefreiheit auch<br />

bei chronischer ITP möglich ist. In Kürze<br />

finden Sie die Vorträge auch auf<br />

www.leben-mit-itp.de<br />

1)<br />

Onkopedia-Leitlinie Immunthrombozytopenie https://<br />

www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/immunthrombozytopenie-itp/@@guideline/html/index.html,<br />

zuletzt aufgerufen am 23.06.2021


6<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Geerbte Attacken<br />

Akute hepatische Porphyrien sind eine Gruppe seltener metabolischer Erkrankungen,<br />

die bei den Betroffenen starke Beschwerden hervorrufen und den Alltag stark beeinträchtigen<br />

können. Wie bei vielen seltenen Erkrankungen müssen Ärzte bei der Diagnosefindung<br />

medizinische Detektivarbeit leisten, um Patienten helfen zu können. Ein<br />

Gespräch mit Nils Wohmann und Dr. Ilja Kubisch vom Porphyriezentrum Chemnitz.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Nils Wohmann<br />

Porphyriezentrum<br />

Chemnitz<br />

Dr. Ilja Kubisch<br />

Porphyriezentrum<br />

Chemnitz<br />

Das komplette<br />

Interview sowie<br />

einen Patientenbericht<br />

lesen Sie<br />

unter:<br />

seltenekrankheiten.de<br />

Von akuter hepatischer Porphyrie<br />

(AHP) hat Otto Normal-<br />

Bürger wahrscheinlich noch<br />

nie etwas gehört. Was passiert<br />

im Körper Betroffener?<br />

Generell sind sogenannte Porphyrine<br />

lebenswichtige biochemische<br />

Bausteine für Pflanzen,<br />

Tiere und Menschen. Sie haben<br />

die Fähigkeit, elektromagnetische<br />

Strahlung im Lichtspektrum<br />

zu absorbieren und die<br />

aufgenommene Energie wieder<br />

abzugeben. Bei den tierischen<br />

und damit auch den menschlichen<br />

Zellen bilden sie zusammen<br />

mit Eisen Häm-Moleküle.<br />

Diese sind als Hämo- beziehungsweise<br />

Myoglobin essenziell<br />

für die Sauerstoffversorgung<br />

im Körper. Auch als Bestandteil<br />

vieler Enzyme sind Porphyrine<br />

von grundlegender Bedeutung<br />

für den geregelten Ablauf von<br />

Stoffwechselprozessen, besonders<br />

in der Leber.<br />

Bei Porphyrien handelt es<br />

sich um acht verschiedene,<br />

meist angeborene Stoffwechselerkrankungen.<br />

Bei den<br />

Betroffenen gibt es jeweils<br />

einen Defekt eines Enzyms<br />

der Hämsynthese. In der Folge<br />

kommt es zur Anhäufung von<br />

Zwischenprodukten. Durch<br />

ihre Ablagerungen in Haut,<br />

Leber und Nervensystem<br />

treten verschiedene Symptome<br />

auf.<br />

Wie äußert sich eine AHP<br />

konkret?<br />

Wie der Name schon sagt,<br />

leiden die Patienten oft unter<br />

akuten Attacken. Es kommt zu<br />

Übelkeit, Erbrechen, diffusen<br />

Bauchschmerzen, aber<br />

auch zur Ausstrahlung in den<br />

Rücken oder die Beine. Dazu<br />

kommen mögliche psychische<br />

Beschwerden, auch ein roter<br />

Urin zählt zu den Symptomen.<br />

Lähmungen in Armen oder<br />

Beinen, Krampfanfälle oder<br />

Atembeschwerden führen dann<br />

zur Aufnahme auf die Intensivstation.<br />

Atemlähmungen oder<br />

Herzrhythmusstörungen sind<br />

mögliche lebensbedrohliche<br />

Komplikationen.<br />

Wo liegt die Schwierigkeit bei<br />

der Diagnosefindung, und gibt<br />

es Verwechslungsmöglichkeiten<br />

mit anderen Erkrankungen?<br />

Die eben beschriebenen<br />

Symptome legen natürlich<br />

Verwechslungen nahe. Die<br />

größte Schwierigkeit liegt darin,<br />

dass ein Arzt nicht sofort an<br />

diese seltene Erkrankung denkt.<br />

Die Diagnose im Labor mit einer<br />

Urinprobe ist dann an sich nicht<br />

kompliziert.<br />

Handelt es sich um eine erblich<br />

bedingte Erkrankung?<br />

Ja, die akuten hepatischen<br />

Porphyrien werden<br />

autosomal-dominant vererbt.<br />

Frauen im Alter zwischen 20<br />

und 30 Jahren sind anfälliger<br />

dafür. Da spielen hormonelle<br />

Veränderungen im Rahmen des<br />

Monatszyklus eine entscheidende<br />

Rolle. Circa eine von 100.000<br />

Personen kann daran erkranken.<br />

Sinnvoll ist nach einer Diagnose<br />

daher die genetische Untersuchung<br />

der gesamten Familie.<br />

Auf diese Weise lassen sich bei<br />

Betroffenen die auslösenden<br />

Faktoren leichter meiden und<br />

die Beratung verbessern.<br />

Gibt es die Möglichkeit, AHP<br />

zu behandeln?<br />

Entscheidend ist, wie gesagt,<br />

eine frühe Diagnose. Danach<br />

kann man die Faktoren beseitigen,<br />

die Attacken auslösen:<br />

Nikotin, Alkohol, Stress, Ernährung,<br />

Fasten oder Medikamente.<br />

Hier ist die Aufklärung wichtig.<br />

Idealerweise ist sogar der Patient<br />

besser informiert als der nächste<br />

behandelnde Arzt, gerade wenn<br />

es um die bisherige Behandlung<br />

mit Medikamenten geht.<br />

Bei den Medikamenten gibt es<br />

seit 2020 ein innovatives<br />

Präparat. Es hemmt selektiv die<br />

messenger-RNA des ersten<br />

Enzyms der Hämsynthese in der<br />

Leber und senkt nachweislich<br />

chronische Symptome, die<br />

Schubhäufigkeit und den Bedarf<br />

an Hämarginat.


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Gen-Stilllegung mit RNA<br />

Die Ursache der meisten seltenen<br />

Erkrankungen liegt im<br />

Erbgut. Mit konventionellen<br />

Behandlungsmethoden<br />

lassen sich häufig nur die<br />

Symptome lindern. Das Prinzip<br />

der RNA-Interferenz<br />

ermöglicht einen neuen Ansatz,<br />

mit dessen Hilfe sich<br />

die Aktivität einzelner Gene<br />

gezielt regulieren lässt.<br />

Genetisch bedingte Erkrankungen<br />

können so ursächlich<br />

therapiert werden –<br />

ohne dabei das Erbgut zu<br />

verändern.<br />

Kurze RNA-Stränge (orange) teilen<br />

der Zelle mit, welche mRNA (grün)<br />

gezielt abgebaut werden soll.<br />

Im vergangenen Jahr hat eine neue Klasse<br />

von Impfstoffen auf Basis von Boten-RNA<br />

(Messenger-RNA, mRNA) ihren Durchbruch<br />

erlebt. Durch das Einbringen von<br />

mRNA in die Zellen erhalten diese den<br />

Bauplan für ein bestimmtes Virus-Protein,<br />

das sie dann selbst herstellen. Gegen<br />

diese Proteine erzeugt das Immunsystem<br />

anschließend eine Immunantwort. mRNA<br />

gibt es in jeder Zelle in Hülle und Fülle.<br />

Ihre natürliche Funktion ist es, die im Erbgut<br />

gespeicherten Protein-„Baupläne“ an<br />

die Protein-„Fabriken“, die Ribosomen,<br />

zu übermitteln. Diese Transportfunktion<br />

macht die mRNA zu einem Ziel für neue<br />

therapeutische Ansätze – weit über Impfstoffe<br />

hinaus.<br />

Viele seltene Erkrankungen gehen<br />

zurück auf Mutationen im Erbgut. Dadurch<br />

können etwa die Baupläne für wichtige<br />

Proteine fehlerhaft sein. Diese „defekten“<br />

Proteine können zu schweren Komplikationen<br />

im Stoffwechsel führen, zum Beispiel<br />

wenn sie toxisch wirken, wie bei der akuten<br />

hepatischen Porphyrie, oder aufgrund<br />

ihrer veränderten Struktur Ablagerungen<br />

(Amyloid) bilden, die wiederum die Funktionsfähigkeit<br />

der Organe beeinträchtigen<br />

können, zum Beispiel bei der ATTRv-<br />

Amyloidose.<br />

RNAi-Medizin: Eine neue Klasse<br />

von Arzneimitteln<br />

Vor gut 20 Jahren entdeckten Forschende<br />

einen natürlichen Mechanismus, mit dem<br />

Zellen die Aktivität einzelner Gene steuern<br />

können. Dieser Mechanismus wird als<br />

RNA-Interferenz (RNAi) bezeichnet. Für ihre<br />

Forschung erhielten die US-Wissenschaftler<br />

Andrew Z. Fire und Craig C. Mello im Jahr<br />

2006 den Medizin-Nobelpreis. Die Entdeckung<br />

der RNA-Interferenz legte den<br />

Grundstein für eine völlig neue Klasse von<br />

Arzneimitteln.<br />

Die Grundidee ist simpel. Die Aktivität<br />

eines für eine Erkrankung ursächlichen<br />

Gens wird einfach herunterreguliert. Dies<br />

geschieht, indem der Informationsträger<br />

– die mRNA – abgebaut wird, bevor er die<br />

Ribosomen erreicht. Mittels des zelleigenen<br />

Mechanismus der RNA-Interferenz lässt sich<br />

präzise genau jene mRNA deaktivieren, die<br />

den fehlerhaften Bauplan überträgt. Um<br />

diesen Prozess zu aktivieren, wird eine kurze<br />

RNA-Sequenz in die Zellen eingebracht.<br />

Diese teilt der Zelle mit, welche mRNA<br />

abgebaut werden soll. Im Ergebnis wird die<br />

Produktion der krankheitsverursachenden<br />

Proteine erheblich reduziert. Ein Vorteil der<br />

RNA-Interferenz: Im Gegensatz zu einer<br />

Gentherapie wird nicht in das Erbgut eingegriffen.<br />

Setzt man die Behandlung aus, wird<br />

das betreffende Protein wieder hergestellt.<br />

Das Potenzial der RNAi zum Wohle von<br />

Patienten nutzbar machen – mit dieser<br />

Vision wurde 2002 das biopharmazeutische<br />

Unternehmen Alnylam Pharmaceuticals<br />

gegründet. Seither hat Alnylam mehr als<br />

drei Milliarden US-Dollar in die Entwicklung<br />

von RNAi-Therapeutika investiert. Seit 2018<br />

wurden bereits drei RNAi-Therapeutika zur<br />

Behandlung seltener, genetisch bedingter<br />

Erkrankungen in Europa zugelassen. Weitere<br />

sind in Entwicklung. Perspektivisch<br />

lassen sich mit RNAi-Therapeutika nicht<br />

nur genetische Erkrankungen behandeln,<br />

sondern potenziell auch Herz- und Stoffwechselkrankheiten,<br />

Infektionskrankheiten<br />

und Erkrankungen des zentralen Nervensystems.<br />

Dies ist ein gutes Beispiel, wie von<br />

der Forschung an seltenen Erkrankungen<br />

mittelfristig auch viele weitere Patienten<br />

profitieren können.<br />

Erfahren Sie mehr über RNA-Interferenz<br />

und die Forschung von Alnylam unter<br />

alnylam.de.<br />

08.2021 PH1-DEU-00041


8<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Plötzlich<br />

(fast)<br />

blind<br />

Als Andreas 33 Jahre alt ist, bekommt<br />

er Probleme mit den Augen. Er geht<br />

zum Augenarzt und erhält den<br />

Verdacht Hirntumor. Dass eine seltene<br />

Erkrankung dahintersteckt, ahnte zu<br />

diesem Zeitpunkt niemand. Heute hat<br />

der Elektromeister ein Sehvermögen<br />

von einem Prozent. Um welche<br />

Erkrankung es sich handelt und wie<br />

sich sein Alltag verändert hat,<br />

erzählt er im Interview.<br />

Andreas, welche Augenerkrankung<br />

haben Sie?<br />

Ich habe die seltene Augenerkrankung<br />

Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie<br />

(LHON). Das ist eine genetische<br />

Erkrankung der Nervenzellen des<br />

Auges, die vor allem junge Männer<br />

betrifft. Sie tritt in Deutschland nur<br />

circa 80-mal pro Jahr als Neuerkrankung<br />

auf.<br />

Wie haben Sie gemerkt, dass etwas<br />

mit Ihren Augen nicht stimmt, und<br />

welche Beschwerden traten auf?<br />

Im September 2019 traten Sehbeschwerden<br />

auf, ich sah teilweise verschwommen<br />

und ging zum Optiker,<br />

weil ich vermutete, dass ich eine neue<br />

Brille benötige. Beim Sehtest konnte<br />

ich kaum die Zahlen erkennen. Der<br />

Optiker reinigte extra das Gerät, da er<br />

nicht glauben konnte, dass ich kaum<br />

etwas sah. Doch mit dem Gerät war<br />

alles in Ordnung. Er schickte mich<br />

zum Augenarzt, der sämtliche Untersuchungen<br />

machte und mich dann<br />

per Notfallüberweisung ins Krankenhaus<br />

schickte wegen des Verdachts<br />

auf Hirntumor. Zum Glück bestätigte<br />

sich die Diagnose nicht. Doch warum<br />

ich immer schlechter sehen konnte,<br />

wusste immer noch niemand.<br />

Wie lange hat es gedauert, bis die<br />

Diagnose LHON gestellt wurde, und<br />

was hat die Diagnose für Ihr Leben<br />

bedeutet?<br />

Es ging wochenlang hin und her und<br />

die ständig neuen Verdachtsdiagnosen<br />

machten mich wahnsinnig. Die ständige<br />

Angst und die immer größer werdende<br />

Unsicherheit haben mich sehr<br />

viel Kraft gekostet. Im Oktober kam<br />

dann der erste Hinweis auf LHON, was<br />

dann auch durch einen genetischen<br />

Test bestätigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt<br />

hatte ich noch eine Sehkraft von<br />

vier bis fünf Prozent. Doch das ging<br />

weiter bergab. Heute habe ich eine Sehkraft<br />

von einem Prozent. Mein Leben<br />

war quasi von heute auf morgen nicht<br />

mehr das gleiche. Ich brauchte sehr<br />

lange, um mich mit meinem neuen<br />

Leben zu arrangieren. Lange wollte ich<br />

es nicht wahrhaben und habe mich<br />

immer gefragt: Warum ich?<br />

Text Franziska Manske Foto privat<br />

Wie sieht Ihr Alltag mit der Erkrankung<br />

aus, und fühlen Sie sich als<br />

Patient mit einer seltenen Augenerkrankung<br />

gut versorgt?<br />

Ich lebe in einer Kleinstadt im ländlichen<br />

Raum. Hier ist man auf das<br />

Auto angewiesen. Doch natürlich kann<br />

ich mich als fast blinder Mensch<br />

nicht mehr hinters Steuer setzen.<br />

Auch der Alltag mit der Familie hat<br />

sich natürlich verändert und auch die<br />

Arbeit. Doch ich habe das große Glück,<br />

dass sowohl meine Frau als auch mein<br />

Arbeitgeber, bei dem ich als Kalkulator<br />

arbeite, immer hinter mir standen und<br />

stehen. Zudem habe ich mich an die<br />

PRO RETINA gewandt, die mir sehr<br />

viele Hilfestellungen an die Hand gegeben<br />

hat und nach wie vor gibt. Nicht<br />

allein zu sein, ist ein gutes Gefühl.<br />

Ich muss vierteljährlich zum Arzt, der<br />

mir mein Medikament verschreibt.<br />

Zudem stehe ich mit sechs weiteren<br />

Patienten auf der Warteliste für eine<br />

derzeit noch nicht zugelassene<br />

Therapie. Ich hoffe täglich auf den<br />

Anruf.


Das LHON-Patientenregister<br />

Forschung und Medizin mit Patienten vernetzen.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 9<br />

Der Datenschutz ist uns wichtig.<br />

Die Datensätze werden pseudonymisiert.<br />

Die Daten liegen auf geschützten<br />

Servern in Deutschland,<br />

die medizinischen auf einem anderen<br />

als die persönlichen.<br />

Dr. Sandra<br />

Jansen<br />

Projektmanagerin<br />

und Leitung<br />

Patientenregister<br />

des<br />

PRO RETINA<br />

Deutschland<br />

e. V.<br />

Was verbirgt sich hinter dem<br />

LHON-Patientenregister von<br />

PRO RETINA?<br />

Das LHON-Patientenregister von<br />

PRO RETINA ist eine Datenbank,<br />

über die wir online Daten zur LHON<br />

erfassen, die Forscher, Augenärzte<br />

und Neurologen einsehen können.<br />

Sie wird angeschlossen an unser<br />

Patientenregister mit generellen<br />

Daten zu Netzhauterkrankungen.<br />

Aber wir bringen darüber auch Betroffene<br />

und Ausrichter klinischer<br />

Studien zusammen. Unser Ziel<br />

ist es, einen Standard für Diagnostik<br />

und Therapie bei LHON zu<br />

entwickeln. Und mein persönliches<br />

Anliegen ist es, den Leidensdruck<br />

der Patienten zu reduzieren.<br />

Welche Vorteile hat ein Patient,<br />

der sich im Patientenregister<br />

eintragen lässt, und wie werden<br />

die Daten genutzt?<br />

LHON ist eine komplexe Krankheit,<br />

die wir verstehen wollen. Es geht<br />

um Erkenntnisgewinn,<br />

der elementar zu einer Verbesserung<br />

von Diagnose und Therapie<br />

beiträgt. Gerade bei LHON dauert<br />

es oft lange bis zur Diagnose. Bevor<br />

die richtige Diagnose steht, ist das<br />

Augenlicht meist fort, denn die<br />

Sehfähigkeit sinkt im Schnitt in<br />

drei Monaten unter zehn Prozent.<br />

Hinzu kommt, dass die Daten bis<br />

jetzt nur dezentral vorliegen. Die<br />

Lösung ist das zentrale Register, das<br />

alle Informationen bündelt.<br />

Was sind die Herausforderungen<br />

bezüglich eines Patientenregisters,<br />

speziell wenn es sich um<br />

eine seltene Erkrankung wie<br />

LHON handelt?<br />

Die Herausforderung liegt schon in<br />

der Seltenheit der Erkrankung.<br />

Freiwillige für das Patientenregister<br />

zu finden, gestaltet sich dann schon<br />

etwas schwieriger. Aber bei dem<br />

LHON-Patientenregister handelt es<br />

sich um eine multizentrische<br />

Registerstudie. D.h. momentan<br />

haben wir 14 Augenkliniken in<br />

Deutschland unter Vertrag, die für<br />

uns LHON-Patienten ins Register<br />

aufnehmen.<br />

Weitere Infos unter:<br />

www.pro-retina.de<br />

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Sie sehen was, was sie nicht sehen.<br />

Menschen mit der seltenen Augenkrankheit Lebersche Hereditäre Optikusneuropathie leiden unter verschiedenen<br />

Einschränkungen ihres Sehvermögens – bis hin zur Erblindung. Chiesi setzt sich für die Betroffenen ein.<br />

Erfahren Sie mehr über unser Engagement im Bereich der seltenen Erkrankungen: www.chiesi.de/seltene-erkrankungen


10<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Gentherapie bei LHON<br />

Die seltene erbliche Augenkrankheit LHON soll Studien zufolge erstmals<br />

ursächlich behandelt werden können. Durchgeführt wurden die randomisierten,<br />

placebokontrollierten, doppelblinden Studien an sieben Zentren weltweit,<br />

darunter am LMU Klinikum München (Friedrich-Baur-Institut an der Neurologischen<br />

Klinik und Augenklinik) unter der Leitung von Prof. Thomas Klopstock.<br />

Im Interview spricht er über den aktuellen Stand der Forschung.<br />

Text Paul Howe<br />

Prof. Dr. med.<br />

Thomas<br />

Klopstock<br />

Friedrich-Baur-<br />

Institut an der<br />

Neurologischen<br />

Klinik der<br />

Ludwig-Maximilians-Universität<br />

(LMU)<br />

Können Sie uns kurz<br />

die Erkrankung LHON<br />

beschreiben?<br />

Die Lebersche Hereditäre<br />

Optikus-Neuropathie<br />

(LHON) ist mit einer Häufigkeit<br />

von ca. 1:30.000 eine der<br />

häufigsten mitochondrialen<br />

Erkrankungen. Die Erkrankung<br />

kann in jedem Alter<br />

auftreten. In der akuten<br />

Phase beschreiben die<br />

Patienten eine schmerzlose<br />

subakute Verschlechterung<br />

des zentralen Sehens, häufig<br />

auch des Farbensehens, die<br />

i. A. zunächst monokulär<br />

beginnt und dann innerhalb<br />

weniger Wochen oder Monate<br />

auch das zweite Auge<br />

betrifft. In der Mehrzahl der<br />

Fälle bleibt eine hochgradige<br />

Die Diagnosestellung<br />

gelingt oft nicht auf Anhieb.<br />

Entscheidend ist daher, an die<br />

Möglichkeit einer LHON zu<br />

denken.<br />

permanente Sehverschlechterung,<br />

insbesondere des<br />

zentralen Sehens, zurück.<br />

Die klinisch-ophthalmologische<br />

Diagnosestellung<br />

gelingt oft nicht auf Anhieb,<br />

meist wird zunächst unter<br />

der Verdachtsdiagnose einer<br />

Optikusneuritis weitere<br />

Diagnostik und Therapie<br />

veranlasst. Entscheidend ist<br />

daher, an die Möglichkeit<br />

einer LHON zu denken,<br />

und möglichst schnell den<br />

einfachen und kostengünstigen<br />

Gentest aus dem Blut zu<br />

veranlassen.<br />

Warum ist das Auge für<br />

eine Gentherapie bestens<br />

geeignet?<br />

Die derzeit per Gentherapie<br />

adressierten Augen-Erkrankungen<br />

sind auf Netzhaut<br />

und Sehnerv beschränkt.<br />

Das heißt: Man kann die<br />

Gentherapie lokal in das<br />

Auge und somit direkt in<br />

die Nähe der Zellen injizieren,<br />

wo sich die Wirkung<br />

entfalten soll. Zudem ist das<br />

Auge ein „immun-privilegiertes“<br />

Organ, d.h. es ist<br />

sehr unwahrscheinlich, dass<br />

die lokale Injektion in das<br />

Auge zu einer systemischen<br />

Immunreaktion führt.<br />

Gentherapien wecken<br />

großes Interesse. Was<br />

können Sie zur Sicherheit<br />

einer solchen Therapie<br />

sagen?<br />

Das größte Risiko besteht<br />

bei systemisch verabreichten<br />

Gentherapien in einer<br />

überschießenden<br />

Immunreaktion auf<br />

Bestandteile des Gentherapie-Vektors,<br />

meist auf den<br />

Trägervirus. Die inzwischen<br />

meist verwendeten<br />

Adeno-assoziierten Virus-<br />

Vektoren (AAV-Vektoren)<br />

sind diesbezüglich bereits<br />

viel weniger immunogen<br />

als früher verwendete Vektoren,<br />

doch auch bei AAVbasierten<br />

Gentherapien<br />

können Immunreaktionen<br />

auftreten. Bei lokaler<br />

Verabreichung in das Auge<br />

ist diese Gefahr deutlich<br />

geringer. Insgesamt gilt:<br />

Auch wenn die Gentherapien<br />

heutzutage relativ<br />

sicher sind, muss jeder<br />

Ansatz in Studien neu<br />

geprüft werden.<br />

Da bei der Gentherapie<br />

defekte Gene ausgetauscht<br />

oder repariert<br />

werden, wird das Problem<br />

sozusagen an


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 11<br />

der Wurzel gepackt. Können Sie<br />

schon etwas zur Wirksamkeit der<br />

Therapie bei LHON sagen, und wie<br />

nachhaltig die einmal erzielten<br />

Verbesserungen sein könnten?<br />

Die Gentherapie wurde inzwischen<br />

bei LHON-Patienten mit der Mutation<br />

G11778A in mehreren klinischen<br />

Studien untersucht. Die einmalige,<br />

unilaterale, intravitreale Injektion<br />

des Gentherapie-Vektors (ND4-cDNA<br />

verpackt in rekombinanten Adenoassoziierten<br />

Virus 2, rAAV2) war in<br />

zwei Phase-3-Studien gut verträglich<br />

und wirksam. Bei 37 LHON-Patienten,<br />

die die Injektion 6-12 Monate nach<br />

Symptombeginn erhielten, fand sich<br />

nach 96 Wochen eine Verbesserung<br />

der Sehkraft des injizierten Auges um<br />

im Mittel 15 Buchstaben auf der Sehtafel<br />

und des kontralateralen Auges<br />

um 13 Buchstaben. Als Erklärung für<br />

den kontralateralen Effekt fand sich<br />

in Primatenversuchen ein Transfer<br />

des Gentherapie-Konstrukts über die<br />

Sehnervenkreuzung. Ähnlich positive<br />

Ergebnisse fanden sich bei weiteren<br />

38 Patienten mit unilateraler Injektion<br />

weniger als sechs Monate nach<br />

Symptombeginn. Auch nach mehrjähriger<br />

Nachverfolgung schneiden<br />

die behandelten Patienten deutlich<br />

besser ab als im natürlichen Verlauf<br />

der Erkrankung. Eine Zulassung des<br />

Gentherapeutikums ist beantragt.<br />

Aktuell ist die Therapie in Deutschland<br />

noch nicht verfügbar. An wen<br />

können sich Patienten wenden, um<br />

möglichst frühzeitig behandelt zu<br />

werden?<br />

Die randomisierten Studien sind<br />

erfolgreich beendet, eine Zulassung<br />

ist bei der EMA beantragt. Um die<br />

Zeit bis zur Zulassung zu überbrücken,<br />

planen wir ein sog. Expanded-<br />

Access-Programm (EAP). Solche<br />

Programme bieten Patienten mit<br />

Krankheiten, für die es noch keine<br />

Behandlungsmöglichkeiten gibt,<br />

Zugang zu Präparaten außerhalb von<br />

klinischen Studien und vor der<br />

Einführung des Medikaments.<br />

Patienten mit LHON und der Mutation<br />

11778 können sich per E-Mail an<br />

fbi@med.uni-muenchen.de wenden.<br />

LHON betrifft<br />

hauptsächlich Jugendliche<br />

und junge Erwachsene,<br />

vorwiegend Männer.<br />

Die Erkrankung ist mit<br />

einem schmerzlosen,<br />

plötzlichen Verlust des<br />

zentralen Sehvermögens<br />

in einem Auge und einer<br />

rasch einsetzenden<br />

Beeinträchtigung des<br />

zweiten Auges verbunden<br />

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INNOVATIVE THERAPIEANSÄTZE<br />

BEI <strong>SELTENE</strong>N NETZHAUT<strong>ERKRANKUNGEN</strong><br />

Gensight Biologics, ein Biopharma-Unternehmen aus Frankreich, hat sich auf die Forschungsarbeit<br />

an neurodegenerativen Augenerkrankungen und Erkrankungen des zentralen Nervensystems<br />

spezialisiert. Die innovativen Therapieansätze fokussieren sich dabei besonders auf<br />

Patienten mit Leberscher hereditärer Optikusneuropathie (LHON) und Retinis Pigmentosa.<br />

International und auch unter Beteiligung deutscher Forscher wird derzeit eine neue, noch<br />

nicht zugelassene Gentherapie klinisch erprobt, die sich speziell auf ProbandInnen fokussiert,<br />

die an der schwersten klinischen Form der LHON (ND4-LHON) erkrankt waren. Die Ergebnisse<br />

sind vielversprechend und bilden die Grundlage für den Zulassungsantrag und die<br />

Freigabe für den Einsatz an qualifizierten Zentren für Seltene Erkrankungen.


12<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Meine<br />

Realität<br />

ist hier<br />

und jetzt<br />

Carolin hat spinale<br />

Muskelatrophie (SMA).<br />

Seit ihrem ersten Lebensjahr<br />

hat das sowohl ihr Leben als<br />

auch das ihrer Familie komplett<br />

verändert. Im Interview<br />

gibt sie uns einen Einblick in<br />

ihren Alltag, der eigentlich<br />

ziemlich normal ist.<br />

FOTO: @CAROLIN.CORALINART<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Sie sind von der seltenen Erkrankung<br />

SMA betroffen. Wann wurde die Erkrankung<br />

bei Ihnen diagnostiziert?<br />

Meine Eltern stellten erste Auffälligkeiten<br />

fest, als ich mit ca. sechs Monaten<br />

nicht anfing, zu krabbeln oder mich<br />

selbstständig zu drehen. Damals<br />

hieß es jedoch noch, ich sei „einfach<br />

etwas faul“, und so begann für meine<br />

Eltern eine regelrechte Odyssee. SMA<br />

war zu diesem Zeitpunkt noch kaum<br />

erforscht, konnte erst seit wenigen<br />

Jahren dem richtigen Chromosom<br />

zugeordnet werden. Bei mir wurden<br />

sehr viele Tests gemacht und anfangs<br />

wussten die Ärzt*innen wohl nicht so<br />

genau, wonach sie überhaupt suchen.<br />

Für meine Familie bedeutete das monatelange<br />

Ungewissheit. Mittels einer<br />

Muskelbiopsie konnte dann schließlich<br />

die richtige Diagnose gestellt<br />

werden. Da war ich ein Jahr alt. Heute<br />

geht das viel einfacher. Es reicht eine<br />

kleine Blutentnahme und schon weiß<br />

man, was Sache ist.<br />

Wie hat sich die Erkrankung auf Ihr<br />

Leben ausgewirkt?<br />

Natürlich wirkt sich die SMA sehr stark<br />

auf mein Leben aus, da ich in jeder<br />

Lebenssituation auf die Unterstützung<br />

von anderen angewiesen bin. Ich sitze<br />

im Rollstuhl, kann mittlerweile nicht<br />

mal mehr einen Arm heben und brauche<br />

unterwegs beispielsweise immer<br />

eine Begleitung.<br />

Gleichzeitig ist Selbstbestimmung<br />

ein wichtiges Thema für mich und ich<br />

versuche, mein Leben so unabhängig<br />

wie nur möglich zu gestalten. Oft ist<br />

es aber auch gar nicht meine Behinderung,<br />

die mich davon abhält, sondern<br />

vielmehr die deutsche Bürokratie oder<br />

fehlende Inklusion.<br />

Ich würde sagen, meine SMA hat<br />

mich darauf vorbereitet, dass man im<br />

Leben nicht immer das bekommt, was<br />

man gerade möchte. Meine Erkrankung<br />

hat mir beigebracht, mich mit<br />

Gegebenheiten zu arrangieren, auf die<br />

ich keinen Einfluss habe, und dennoch<br />

nach Möglichkeiten zu suchen, wie ich<br />

meine Ziele erreichen kann. Wer weiß,<br />

vielleicht hätte ich ohne diese Diagnose<br />

im Ausland studiert oder eine Weltreise<br />

gemacht. Alles Dinge, die sich als Rollstuhlfahrerin<br />

doch etwas schwieriger<br />

gestalten. Aber egal ob mit oder ohne<br />

Behinderung, man kann das Leben<br />

nie vorhersagen. Ich weiß nicht, wo


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 13<br />

ich heute ohne SMA wäre. Allerdings<br />

interessiert es mich auch nicht (mehr).<br />

Meine Realität ist hier und jetzt.<br />

Sie leben nun bereits seit Jahren mit<br />

der Erkrankung. Wie sieht Ihr Alltag<br />

derzeit aus, und fühlen Sie sich medizinisch<br />

gut versorgt?<br />

Tatsächlich würde ich meinen Alltag<br />

als ziemlich normal beschreiben. Ich<br />

arbeite im Homeoffice und mache in<br />

meiner Freizeit all die Dinge, die für<br />

junge Frauen selbstverständlich dazugehören:<br />

Reisen, Konzerte besuchen,<br />

Freund*innen treffen oder shoppen<br />

gehen. Momentan wohne ich noch<br />

bei meinen Eltern, aber Ende nächsten<br />

Jahres möchte ich in eine eigene<br />

Wohnung ziehen.<br />

Was die medizinische Versorgung<br />

betrifft, bin ich zufrieden und fühle<br />

mich in meiner lokalen Klinik stets<br />

gut aufgehoben. Dort bin ich bereits<br />

seit meiner Kindheit Patientin, und<br />

weil mich das Personal so gut kennt,<br />

kann ich nun auch als Erwachsene<br />

noch dort behandelt werden. Allerdings<br />

lebe ich in einer ländlichen<br />

Gegend und deswegen mangelt es<br />

leider an Spezialist*innen, die bei einer<br />

seltenen Erkrankung weiterhelfen<br />

können. Die meisten Neurolog*innen<br />

verweisen einen nur an große Unikliniken,<br />

die meistens Hunderte von Kilometern<br />

entfernt sind. Wenn ich also<br />

beispielsweise ins Schlaflabor muss<br />

oder eine neue Therapie beginne, ist<br />

das mit viel Aufwand verbunden. Ich<br />

würde mir wünschen, dass die Versorgung<br />

auf dem Land genauso gut wäre,<br />

wie in der Stadt.<br />

Welche Rolle spielt für Sie die Vernetzung<br />

mit anderen Betroffenen?<br />

Ich empfinde den Austausch mit<br />

anderen Betroffenen als sehr bereichernd!<br />

Mit meinen Freund*innen,<br />

die ebenfalls SMA haben, kann ich<br />

Lebensqualität<br />

und Glück<br />

haben nichts<br />

mit Muskelkraft<br />

zu tun!<br />

über Dinge sprechen, die sonst<br />

niemand versteht. Immerhin machen<br />

sie die gleichen Erfahrungen, werden<br />

mit den gleichen Problemen konfrontiert<br />

und können sich deswegen<br />

besser in meine Gefühlswelt hineinversetzen.<br />

Außerdem helfen wir uns<br />

häufig gegenseitig, wenn es um<br />

medizinische Themen, Hilfsmittel,<br />

Rechtliches etc. geht.<br />

Die Welt bewegen trotz<br />

Spinaler Muskelatrophie<br />

Unabhängig im Leben stehen – das<br />

wünschen sich alle Eltern für ihre Kinder.<br />

Doch was, wenn das Kind aufgrund einer<br />

seltenen Muskelerkrankung nicht stehen<br />

kann? „Wenn meine Tochter etwas erreichen<br />

will, dann gibt sie alles“ – davon ist<br />

Klaus, Vater einer SMA-Patientin, felsenfest<br />

überzeugt. Trotz SMA sind sie eine<br />

normale Familie – mit einer normalen, nur<br />

anders normalen, Tochter.<br />

Menschen mit Spinaler Muskelatrophie<br />

(SMA), einer erblich<br />

bedingten neuromuskulären<br />

Krankheit, leben ihr Leben<br />

oft seit frühster Kindheit anders: Dinge,<br />

die selbstverständlich scheinen – laufen,<br />

gehen, stehen – sind für sie schwierig oder<br />

gar unmöglich. Wie bei einem komplexen<br />

Mechanismus, dem ein Zahnrad fehlt und<br />

der deswegen stillsteht, fehlt dem Körper<br />

„Sie ist ein normales Kind<br />

– eines, das natürlich ab<br />

und an mal zusätzliche<br />

Unterstützung braucht.“<br />

ein für Bewegung essenzielles Eiweiß. Ohne<br />

dieses Eiweiß sterben bestimmte Nervenzellen<br />

im Rückenmark – und damit bricht die<br />

Kommunikation zu den Muskeln ab.<br />

Für Betroffene äußert sich dies in Muskelschwäche<br />

und Muskelschwund, viele sind<br />

auf einen Rollstuhl angewiesen. Bei manchen<br />

SMA-Patienten können die Beeinträchtigungen<br />

anfangs geringer sein – die Zahnräder<br />

drehen sich mit Mühe weiter. Unter der<br />

Oberfläche schreitet die Erkrankung jedoch<br />

immer weiter voran. Ein Lichtblick: Moderne<br />

Therapien können das Voranschreiten<br />

verlangsamen. Und die Betroffenen denken<br />

ANZEIGE<br />

nicht daran aufzugeben: „Tomke ist ein ganz<br />

normales elfjähriges Mädchen – aufgeweckt<br />

und fröhlich“, so Klaus über seine Tochter, die<br />

seit dem ersten Lebensjahr Symptome von<br />

SMA aufweist.<br />

Rund 1.600 Menschen in Deutschland<br />

trotzen täglich dieser schweren Erkrankung.<br />

Viele davon sind sehr jung und müssen ihren<br />

Weg durchs Leben mit SMA noch finden. „Es<br />

ist natürlich eine etwas andere Kindheit“, so<br />

Klaus. „Ich glaube aber, sie wachsen ganz<br />

normal auf – sie wachsen trotzdem sehr<br />

glücklich auf.“<br />

Ihre Zukunft werden junge Menschen mit<br />

SMA eigenständig wählen: Im digitalen Zeitalter<br />

haben sie gute Chancen, erfolgreich zu sein,<br />

sich selbst zu verwirklichen und ihre Unabhängigkeit<br />

zu bewahren. Und ein wenig Unterstützung<br />

braucht jeder von uns ab und an.<br />

Mehr Informationen zum Leben mit SMA,<br />

Alltagstipps oder News aus der Forschung<br />

gibt es auf www.FaceSMA.de.


14<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

„Meine<br />

Krankheit hat<br />

mich stark<br />

gemacht“<br />

FOTO: PRIVAT<br />

Nadine Großmann ist 29 Jahre alt und Doktorandin für Biochemie an der FU Berlin. Sie forscht an<br />

einer sehr seltenen Erkrankung, von der die meisten wahrscheinlich noch nie gehört haben: Fibrodysplasia<br />

ossificans progressiva (kurz FOP). Das Besondere daran: Nadine Großmann ist selbst betroffen<br />

und erforscht damit ihre eigene Erkrankung. Wir sprachen mit ihr über den Weg bis zur Diagnose, über<br />

Behandlungsfehler und die so wichtige Forschungsarbeit im Bereich der seltenen Erkrankungen.<br />

Sie leben mit der seltenen Erkrankung<br />

FOP. Was ist das für eine Krankheit?<br />

Die FOP ist eine seltene, erbliche Erkrankung.<br />

Sie lässt Knochen an Stellen<br />

wachsen, wo sie nicht hingehören,<br />

sowie Muskeln, Binde- und Stützgewebe<br />

fortschreitend verknöchern, sodass<br />

Erkrankte häufig in ihrer Bewegung<br />

eingeschränkt sind.<br />

Wann haben Sie das erste Mal bemerkt,<br />

dass etwas nicht stimmt?<br />

Mir ist das gar nicht aufgefallen, sondern<br />

meiner Mama. Als ich 13 Jahre alt war,<br />

hat sie bemerkt, dass ich vornübergebeugt<br />

laufe. Schmerzen oder andere<br />

Symptome hatte ich nicht. Wir sind erst<br />

zum Hausarzt und dann zum Orthopäden<br />

gegangen. Keiner konnte die Ursache<br />

für meinen humpelnden Gang herausfinden.<br />

Ich wurde dann zur Uniklinik<br />

geschickt, und durch Röntgenbilder,<br />

auf denen der zusätzliche Knochen zu<br />

sehen war, sowie histologische Untersuchungen<br />

wurde die FOP dann diagnostiziert.<br />

Das war circa ein halbes Jahr nach<br />

dem ersten Arztbesuch. Und das hat sich<br />

dann auch später durch eine genetische<br />

Analyse bestätigt. Die Diagnosefindung<br />

ist für eine sehr seltene Erkrankung wie<br />

FOP sehr kurz. Durchschnittlich dauert<br />

es 18 Monate.<br />

Wie ging es danach weiter: Haben Sie<br />

sich ärztlich gut betreut gefühlt?<br />

Leider gar nicht, denn ich wurde komplett<br />

falsch behandelt.<br />

Inwiefern?<br />

Ich wurde dreimal operiert, was das Allerschlimmste<br />

ist, was man bei einer FOP<br />

machen kann, denn diese OPs können<br />

weitere Knochenschübe auslösen. Das ist<br />

ein Punkt, den ich bis heute nicht verstehe.<br />

Sie haben meine Erkrankung richtig<br />

diagnostiziert, aber komplett falsch<br />

behandelt. Das waren auch keine kleinen<br />

Operationen, sondern sehr komplizierte,<br />

die jeweils rund sieben Stunden gedauert<br />

haben und bei denen auch wichtige Nerven<br />

hätten irreparabel verletzt werden<br />

können.<br />

Was wäre denn die richtige Therapie<br />

Text Franziska Manske<br />

gewesen?<br />

Nur beobachten. Wenn ein akuter Schub<br />

ansteht, kann man versuchen, diesen<br />

mit Kortison zu unterdrücken. Es gibt<br />

zudem verschiedene Medikamente, die<br />

zum Stoppen der Entzündung führen<br />

können. Die Behandlung bei FOP ist sehr<br />

individuell und von Patient zu Patient<br />

unterschiedlich. Eine Therapie oder<br />

Heilung gibt es leider noch nicht.<br />

Wie sind Sie in jungen Jahren mit der<br />

Erkrankung umgegangen?<br />

Es war mir total egal (lacht). Ich habe<br />

mein Leben einfach weitergelebt, machte<br />

alles, worauf ich Lust hatte. Für meine<br />

Eltern war es viel schwerer, weil sie sich<br />

große Sorgen um die Folgen gemacht<br />

haben.<br />

Ihre berufliche Laufbahn ist eng mit Ihrer<br />

Krankheitsgeschichte verbunden.<br />

Wann stand für Sie fest, dass Sie sich<br />

der Forschung an FOP verschreiben<br />

wollen?<br />

Das kam durch meinen Bruder. Er<br />

ist Bioinformatiker und war für seine


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 15<br />

Doktorarbeit in den USA. Dort hat er sich<br />

auf die Suche nach einem FOP-Experten<br />

gemacht und wurde auch fündig. Als ich<br />

ihn in den USA besuchte, hat er ein Treffen<br />

organisiert, und das war für mich ein<br />

Aha-Erlebnis. Seitdem wollte ich auch<br />

etwas zur Forschung an FOP beitragen,<br />

und das mache ich jetzt.<br />

Die Diagnose ist 16 Jahre her. Wie geht<br />

es Ihnen heute?<br />

Es hat sich zum Glück nur wenig verschlechtert,<br />

da ich einen sehr milden<br />

Verlauf habe. Ich bin sehr mobil, lebe allein,<br />

bin selbstständig und gehe arbeiten.<br />

Derzeit habe ich drei Gelenke, die betroffen<br />

sind, doch diese schränken mich in<br />

meinem alltäglichen Leben nicht zu sehr<br />

ein. Natürlich weiß ich nicht, wie meine<br />

FOP in den nächsten Jahren voranschreitet.<br />

Aus diesem Grund genieße ich<br />

das Leben jetzt und denke nicht darüber<br />

nach, was irgendwann sein könnte.<br />

Zudem muss ich sagen, dass mich die Erkrankung<br />

stärker gemacht hat. Wenn ich<br />

Rückschläge habe – beruflich oder privat<br />

–, kann ich das viel besser wegstecken als<br />

früher. Ich schaue immer nach vorn.<br />

Wenn Sie auf Ihre eigene Geschichte<br />

zurückblicken: Was möchten Sie<br />

anderen Betroffenen mit auf den Weg<br />

geben?<br />

Es lohnt sich immer zu kämpfen. Man<br />

sollte Ärzten nicht uneingeschränkt<br />

vertrauen. Ich weiß, das ist hart, aber es<br />

lohnt sich, auch selbst zu recherchieren<br />

und kritisch zu sein. Man muss sehr viel<br />

Eigeninitiative zeigen, denn natürlich<br />

kann nicht jeder Arzt alle 7.000 seltenen<br />

Erkrankungen kennen. Aus diesem<br />

Grund ist es mir auch so wichtig, dass<br />

Patienten gehört werden und eine laute<br />

Stimme haben. Am wichtigsten ist mir<br />

jedoch, dass das größte Merkmal für eine<br />

FOP schon in die U1, also die erste<br />

Untersuchung nach der Geburt eines<br />

Babys, eingeführt wird. Denn ist der<br />

große Zeh verkürzt und/oder nach innen<br />

gebogen, kann das ein Hinweis auf eine<br />

FOP sein und sollte unbedingt genetisch<br />

abgeklärt werden.<br />

Nadine Großmann ist stellvertretende<br />

Vorsitzende des FOP e. V.<br />

Weitere Informationen unter: fop-ev.de<br />

Das ganze Interview lesen Sie auf:<br />

seltenekrankheiten.de<br />

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der IPSEN PHARMA GmbH.<br />

FOP: Die unaufhaltsame Verknöcherung<br />

Die Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) ist eine der seltensten erblichen Erkrankungen. Laut aktueller<br />

Studienlage sind zwischen 0,88 1 und 1,36 2 Menschen pro 1 Mio. Einwohner betroffen, in Deutschland sind<br />

laut der Patientenvereinigung FOP e.V. derzeit 44 Patient*innen bekannt. Die limitierte Zahl der Patient*innen<br />

erschwert die Forschung enorm, da zur Durchführung der erforderlichen Studien eine ausreichend große Zahl<br />

an Patient*innen notwendig ist und die klinische Erprobung möglicher Therapien erhebliche Ressourcen<br />

erfordert. Ein Gespräch mit FOP-Experte Dr. med. Rolf Morhart.<br />

Text Paul Howe<br />

Dr. Morhart, wen trifft die Erkrankung,<br />

wie zeigt sie sich?<br />

Schon bei Neugeborenen weisen verkürzte<br />

und zur Fußaußenseite abgeknickte<br />

große Zehen (sog. Hallux valgus)<br />

auf FOP hin. Im Kleinkindalter zeigen<br />

sich dann häufig faustgroße, gerötete,<br />

überwärmte Beulen vorwiegend am<br />

Kopf, Nacken und Rücken. Dies sind<br />

Entzündungsherde, die in manchen<br />

Fällen aber als Verhärtungen bestehen<br />

bleiben. Dort bildet sich dann fälschlicherweise<br />

zusätzliche Knochensubstanz.<br />

Mit fortschreitendem Alter breiten<br />

sich diese Entzündungsherde auf den<br />

ganzen Körper aus.<br />

Warum ist eine möglichst frühe<br />

Diagnose so wichtig?<br />

Da der Körper der Patient*innen mit<br />

FOP mit jeder Entzündung unbeweglicher<br />

wird und schubweise oder schleichend<br />

in unregelmäßiger Form versteift,<br />

wird der Zustand irgendwann lebensbedrohlich:<br />

In einem schon im Kleinkindalter<br />

verknöcherten Brustkorb kann kein<br />

Herz auswachsen, keine Lunge sich entfalten.<br />

Je eher die Diagnose erfolgt, desto<br />

eher können die Patient*innen bekannte<br />

Auslöser von Entzündungen zu meiden<br />

versuchen. Dazu werden Schäden durch<br />

falsche therapeutische Maßnahmen<br />

bei Fehldiagnosen vermieden. Wir<br />

wissen heute genau, wo der Gendefekt<br />

der FOP liegt. Ein Gentest aller Neugeborenen<br />

mit Hallux valgus könnte sehr<br />

früh zur sicheren Diagnose führen.<br />

Leider ist diese Erkrankung aber bei<br />

Medizinern wie bei Laien weitgehend<br />

unbekannt.<br />

Wie behandeln Sie FOP derzeit?<br />

Die Krankheit ist noch nicht heilbar.<br />

Wir behandeln vorwiegend mit Medikamenten,<br />

die Entzündungen hemmen.<br />

Inzwischen werden aber verschiedene<br />

FOP-Medikamente in klinischen Studien<br />

getestet. Ich sehe deshalb optimistisch in<br />

die Zukunft.<br />

Die Entwicklung und Zulassung eines<br />

solchen Medikamentes ist medizinische<br />

Pionierarbeit, die stets die Betroffenen im<br />

Blick hat. Die Schwierigkeit liegt aber<br />

nach wie vor in der Bereitstellung und<br />

Bündelung der erforderlichen Ressourcen,<br />

um diese Arbeit schneller voranzutreiben<br />

und Patient*innen<br />

entsprechend versorgen zu können.<br />

1<br />

Pignolo et al. 2021; 2 Baujat et al. 2017<br />

ALL-DE-000678


16<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Nicht-dystrophe Myotonien:<br />

Wenn plötzlich alles stillsteht<br />

Nicht-dystrophe Myotonien (NDM) sind eine Gruppe seltener erblicher<br />

Erkrankungen. Das Hauptsymptom: Betroffene sind aufgrund der Krankheit<br />

nicht fähig, die der körperlichen Bewegung dienenden Muskeln (Skelettmuskulatur)<br />

nach der Kontraktion sofort wieder zu entspannen. Dies führt<br />

zu einer Blockade der Muskulatur, welche die Mobilität und Lebensqualität<br />

der Betroffenen negativ beeinflusst. Ein Gespräch mit dem Experten Prof. Dr.<br />

med. Benedikt Schoser.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Prof. Dr. med.<br />

Benedikt<br />

Schoser<br />

Oberarzt<br />

Friedrich-Baur-<br />

Institut an der<br />

Neurologischen<br />

Klinik und<br />

Poliklinik des<br />

LMU Klinikums<br />

München<br />

Wie äußern sich NDM, wie<br />

wirken sie sich auf den<br />

Alltag Betroffener aus und<br />

was sind die Gefahren für<br />

Betroffene?<br />

Zunächst ist vielen Ärzten,<br />

aber auch den Betroffenen<br />

unklar, was mit dem Patienten<br />

bzw. ihnen nicht stimmt.<br />

Sie haben gegebenenfalls<br />

eine recht gute Muskelkraft,<br />

sehen muskulös-sportlich<br />

aus, aber können weder<br />

schnell loslaufen, zum<br />

Beispiel an einer Ampel, im<br />

Sport oder beim Treppensteigen,<br />

noch schnell die<br />

Faust öffnen, Finger schnell<br />

bewegen und verkrampfen<br />

NDM-Patienten wissen oft erst<br />

nach dem Start einer Therapie,<br />

wie sich ein Leben mit weniger<br />

oder gegebenenfalls ohne<br />

Myotonie wirklich anfühlt.<br />

sich beim Schreiben oder<br />

Schneiden. Viele Betroffene<br />

erleben das bereits in früher<br />

Kindheit und werden damit<br />

erwachsen. Sie waren nie<br />

so richtig gut im Schulsport<br />

und anderen sportlichen<br />

Aktivitäten, ein Musikinstrument<br />

spielen war schwierig,<br />

und bei manch einem<br />

war das Schlucken, die<br />

Lidöffnung oder das Kauen<br />

„verkrampft“. Immer wieder<br />

gab es aber auch Phasen, in<br />

denen die bereits genannten<br />

Symptome weniger oder<br />

auch mal kurzfristig gar<br />

nicht vorhanden waren.<br />

Oft wissen die Betroffenen<br />

selbst ja erst nach Start einer<br />

antimyotonen Therapie, wie<br />

sich ein Leben mit weniger<br />

oder gegebenenfalls ohne<br />

Myotonie wirklich anfühlt<br />

und zu welchen körperlichen<br />

Leistungen sie dann<br />

ohne Probleme in der Lage<br />

sind.<br />

Bei seltenen Erkrankungen<br />

ist die Zeit bis zur<br />

Diagnose oft lang, da<br />

sie selbst für erfahrene<br />

Mediziner nicht leicht zu<br />

erkennen sind. Wie lange<br />

dauert es im Schnitt, bis<br />

NDM-Patienten diagnostiziert<br />

werden?<br />

Bis vor wenigen Jahren<br />

waren es in der Regel drei<br />

bis zehn Jahre, bis die Diagnose<br />

gesichert war. Heute<br />

sind es immer noch zwei bis<br />

drei Jahre im Durchschnitt.<br />

Die einzige Möglichkeit,<br />

diese immer noch sehr lange<br />

Zeit zu verkürzen, ist die<br />

kontinuierliche Weiterund<br />

Fortbildung. Denn<br />

um eine Diagnose stellen<br />

zu können, muss man die<br />

Symptome kennen und<br />

zuordnen können, um dann<br />

eine genetische Diagnostik<br />

einzuleiten.<br />

Was sind die Herausforderungen<br />

bei der<br />

Diagnosestellung?<br />

Die Myotonie stellt eine<br />

Dekontraktionshemmung<br />

der Skelettmuskulatur dar.<br />

Dieses Nicht-loslassen-<br />

Können nach einer dynamischen<br />

oder statischen<br />

Muskelanspannung wird oft


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 17<br />

weder von Ärzten noch dem<br />

Patienten selbst verstanden<br />

und adäquat als ein spezifisches<br />

Krankheitssymptom<br />

wahrgenommen und<br />

eingeordnet. Oft berichten<br />

Patienten nur von einem<br />

Muskelschmerz oder einem<br />

Verkrampfungsgefühl der<br />

Muskulatur nach Belastung.<br />

Erst ein Neurologe<br />

oder Neuropädiater wird in<br />

der Regel die Zuordnung<br />

der Symptome zu einem<br />

myotonen Syndrom leisten.<br />

Gegebenenfalls kann dann<br />

die Nadeluntersuchung der<br />

Muskulatur (Elektromyografie,<br />

EMG) bereits eine<br />

Diagnosesicherung liefern.<br />

Die endgültige Diagnosesicherung<br />

erfolgt heute über<br />

eine Genanalyse aus dem<br />

Blut.<br />

Wie sehen die derzeitigen<br />

Therapieoptionen<br />

aus, und können Betroffene<br />

unter Therapie ein<br />

weitestgehend normales<br />

Leben führen?<br />

Wir haben heute unterschiedliche<br />

antimyoton<br />

wirksame Medikamente,<br />

die erfolgreich in der<br />

Behandlung einer Myotonie<br />

eingesetzt werden können.<br />

Durch diese Medikamente<br />

wird der Spannungszustand<br />

der Muskulatur<br />

herabgesetzt und es kommt<br />

zu einer Verbesserung<br />

der Dekontraktion nach<br />

Muskelanspannung, sodass<br />

eine gebesserte dynamische<br />

Kraftentwicklung und<br />

Leistungsfähigkeit erzielt<br />

werden kann. Nicht allen,<br />

aber sehr vielen Betroffenen<br />

hilft die täglich wiederholte<br />

Einnahme dieser Medikamente,<br />

um eine deutlich<br />

verbesserte Lebensqualität<br />

zu erreichen.<br />

Was wünschen Sie sich<br />

bezüglich der Versorgung<br />

von Menschen mit NDM?<br />

Das müssen Sie in erster<br />

Linie die Betroffenen<br />

selbst fragen. Ich wünsche<br />

mir, dass alle Betroffenen<br />

diagnostiziert werden, langfristig<br />

adäquat fachärztlich<br />

versorgt werden und ihnen<br />

eine medikamentöse Therapie<br />

angeboten wird. Die<br />

zusätzlichen Angebote der<br />

Selbsthilfeorganisationen<br />

wie „Mensch und Myotonie<br />

e. V.“ und der „Deutschen<br />

Gesellschaft für Muskelkranke<br />

e. V.“ sind hier sehr<br />

wichtig und sollten allen<br />

Betroffenen bekannt<br />

sein.<br />

Haben Sie die Hoffnung,<br />

dass es irgendwann<br />

eine ursächliche Therapie<br />

geben wird, die die<br />

Erkrankungen heilbar<br />

macht?<br />

Es sind alles sehr seltene<br />

erbliche Erkrankungen, die<br />

zumindest schon eine ganz<br />

gut funktionierende<br />

symptomatische Therapie<br />

haben, das haben wir in<br />

dieser Form für viele andere<br />

Muskelerkrankungen nicht.<br />

Wünschenswert wäre<br />

natürlich auch hier eine<br />

spezifische Gentherapie,<br />

wenn wir die nötige Sicherheit<br />

dann einmal für diese<br />

Therapiemethode haben.<br />

ANZEIGE


18<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Morbus Fabry – das Chamäleon<br />

unter den seltenen Krankheiten<br />

Bei der Erkrankung Morbus Fabry kommt es zur übermäßigen Speicherung von Stoffwechselprodukten.<br />

Im Interview erklärt Dr. med. Jessica Kaufeld, Nierenexpertin aus dem Fabry-Zentrum der Medizinischen<br />

Hochschule Hannover, warum das dazu führt, dass sich die Krankheit vielfältig wie ein Chamäleon zeigt.<br />

Dr. med.<br />

Jessica Kaufeld<br />

Fachärztin für Innere<br />

Medizin und<br />

Nephrologie,<br />

Klinik für Nierenund<br />

Hochdruckerkrankungen,<br />

Medizinische<br />

Hochschule<br />

Hannover (MHH)<br />

Text<br />

Doreen Brumme<br />

Warum gilt Morbus Fabry als<br />

das Chamäleon unter den seltenen<br />

Erkrankungen?<br />

Die erblich bedingte Speichererkrankung<br />

Morbus Fabry führt zu<br />

Störungen beim Abbau bestimmter<br />

Fette (Lipide). Insbesondere<br />

das Globotriaosylceramid (kurz<br />

GB 3<br />

) lagert sich übermäßig stark<br />

in einer Vielzahl von Organen<br />

ab. Das beeinträchtigt nach und<br />

nach deren Funktion. Je nachdem<br />

welches Organ betroffen ist,<br />

ergeben sich andere Symptome.<br />

Die Erkrankung erscheint daher<br />

so vielfältig wie ein Chamäleon.<br />

Was passiert bei der Erkrankung<br />

im Körper?<br />

Die Stoffwechselstörung beruht<br />

auf einem Mangel am Enzym<br />

Alpha-Galaktosidase A. Das<br />

sorgt normalerweise dafür, dass<br />

Fettstoffe aufgespalten und verarbeitet<br />

werden können. Morbus-<br />

Fabry-Patient*innen stellen das<br />

Enzym kaum bis gar nicht her.<br />

Dies führt unter anderem zu<br />

Herz-, Nieren- und Nervenproblemen.<br />

Daher spricht man im<br />

weiteren Verlauf auch von einer<br />

Multiorganerkrankung.<br />

Was sind erste Anzeichen für<br />

einen Morbus Fabry?<br />

Klassische Anzeichen sind<br />

beispielsweise Brennschmerzen<br />

in Händen und Füßen und<br />

ein spezieller Hautausschlag<br />

(stecknadelkopfgroße dunkelrotviolette<br />

Papeln). Häufig berichten<br />

Patienten von Herzproblemen<br />

wie Herzrasen, Magenproblemen,<br />

Müdigkeit und Erschöpfung.<br />

Findet man keine gute Erklärung,<br />

sollte man an Morbus Fabry<br />

denken.<br />

Viele Morbus-Fabry-<br />

Patient*innen leiden Jahre,<br />

bis sie endlich ihre Diagnose<br />

bekommen. Woran liegt das?<br />

Die Vielfalt möglicher Symptome<br />

ist immens und viele davon<br />

könnten durchaus auch andere<br />

Ursachen haben. Meist kommt<br />

es erst zur Diagnose, wenn sich<br />

mit Fortschreiten der Erkrankung<br />

immer mehr Beschwerden zeigen<br />

und diese ganzheitlich und von<br />

Mediziner*innen verschiedener<br />

Disziplinen gemeinsam<br />

betrachtet werden. Bei unseren<br />

Patient*innen kann der Leidensweg<br />

bis dahin im Schnitt bis zu<br />

zwölf Jahre dauern.<br />

Wie lässt sich der Leidensweg<br />

abkürzen?<br />

Mit Aufklärung. Denn ein früher<br />

Verdacht könnte schneller zur<br />

sicheren Diagnose und damit zur<br />

Behandlung führen. Wir wissen<br />

längst, dass der Morbus Fabry<br />

von einem Gendefekt verursacht<br />

wird und dass das veränderte<br />

Gen auf dem X-Chromosom der<br />

Geschlechtschromosomen sitzt.<br />

Deshalb könnte auch der Hinweis<br />

eines Familienmitgliedes mit<br />

Symptomen dienlich sein. Oder<br />

das Wissen einer Ärztin oder<br />

eines Arztes darüber, dass zum<br />

Beispiel der Nachweis von Eiweiß<br />

im Urin nicht nur unnormal<br />

ist, sondern ein Anzeichen für<br />

Morbus Fabry sein kann. Wer mit<br />

einem solchen Befund bei uns im<br />

Zentrum nachfragt, sei es der*die<br />

behandelnde Arzt*Ärztin oder<br />

der*die Betroffene selbst, kann<br />

sofort mit der Hilfe und Expertise<br />

eines multidisziplinären Teams<br />

rechnen.<br />

Wie behandeln Sie Morbus<br />

Fabry?<br />

Morbus Fabry lässt sich mit einer<br />

lebenslangen Enzymersatztherapie<br />

als Infusion behandeln. Eine<br />

alternative Therapie besteht in<br />

einer Kapsel zum Einnehmen, die<br />

die Enzymaktivität unterstützt,<br />

aber nur für spezielle Fabry-Patienten<br />

geeignet ist (sog. Chaperontherapie).<br />

Über die Indikation<br />

und die Art der Behandlung<br />

entscheidet das Fabry-Zentrum.<br />

Die Therapien haben möglicherweise<br />

auch Nebenwirkungen, die<br />

ebenfalls durch die Spezialisten<br />

überwacht werden müssen.<br />

Was wünschen Sie Morbus-<br />

Fabry-Patient*innen für die<br />

Zukunft?<br />

Ich wünsche mir schnellere<br />

Diagnosen und damit kürzere<br />

Leidenswege für die<br />

Patient*innen. Ganz weit oben auf<br />

meiner Wunschliste stehen<br />

zudem Therapieformen, die<br />

leichter oder seltener anzuwenden<br />

sind. Weniger Nebenwirkungen<br />

sind ebenso wünschenswert.<br />

Voller Hoffnung schaue ich<br />

derzeit auf die Arbeit der<br />

Kolleg*innen in der Forschung,<br />

denn neue Methoden in der<br />

Diagnostik und den Therapien für<br />

Morbus Fabry sind schon in der<br />

klinischen Erprobung.


Morbus Fabry in der Familie?<br />

Informationen für Betroffene und deren Angehörige<br />

Morbus Fabry ist eine genetische Erkrankung, die über mehrere<br />

Generationen einer Familie vererbt werden kann. Das heißt:<br />

Wenn eine Person in einer Familie die Diagnose Morbus Fabry<br />

hat, können andere Familienangehörige ebenfalls betroffen<br />

sein 1 . Eine ausführliche Analyse des Familienstammbaums<br />

ist daher sehr wichtig für Betroffene und deren Angehörige.<br />

Ich bin betroffen – Was nun?<br />

Ist die Diagnose Morbus Fabry gestellt, dann ist es für Betroffene<br />

wichtig zu wissen, was die eigene Diagnose für Familienangehörige<br />

bedeuten kann und wer aufgrund des Vererbungsmusters ein erhöhtes<br />

Risiko für Morbus Fabry hat. Hier kommt die neue Website www.<br />

fabryfamilytree.de ins Spiel, die Betroffenen umfassende Informationen<br />

und Hilfestellungen an die Hand geben möchte. Dazu gehören<br />

grundlegenden Informationen, wie die Erkrankung vererbt wird und<br />

wer in der Familie ein erhöhtes Risiko hat. Über ein Online Stammbaum-<br />

Tool kann man zusammen mit seinem behandelnden Arzt seinen<br />

individuellen Fabry-Stammbaum erstellen und für die persönliche<br />

Nutzung herunterladen, um Angehörige mit erhöhtem Fabry-Risiko<br />

gezielt informieren zu können. Die Daten werden streng vertraulich<br />

behandelt. Die Website gibt professionelle Hilfestellung, wie man<br />

Angehörige mit erhöhtem Risiko dann darauf ansprechen und sie<br />

aufklären kann. Dazu gehört auch eine Briefvorlage, die man nutzen<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 19<br />

Wenn die Diagnose 18 Jahre dauert<br />

Ein Gespräch mit Conny Rudolph, Morbus-Fabry-Patientin, über die jahrelange Odyssee bis zur<br />

Diagnose ihrer seltenen Erkrankung und ein neues Leben mit der Therapie.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Conny<br />

Rudolph<br />

Morbus-<br />

Fabry-<br />

Patientin<br />

Das ganze<br />

Interview<br />

lesen Sie auf:<br />

seltenekrankheiten.<br />

de<br />

Sie sind Morbus-Fabry-Patientin<br />

und haben einen langen Leidensweg<br />

hinter sich. Wann wurde die<br />

Diagnose gestellt?<br />

Ich habe die Krankheit wohl seit<br />

meiner Kindheit. Die Diagnose<br />

habe ich aber erst Ende 2017<br />

erhalten. Als Kind litt ich unter<br />

Schmerzen, mit Anfang 20 kamen<br />

Migräne und Schmerzkrisen an<br />

Händen und Füßen hinzu. 2003<br />

hatte ich einen Schlaganfall, der zu<br />

spät erkannt wurde. Dann wurden<br />

die Schmerzen immer schlimmer.<br />

Man diagnostizierte eine Ablösung<br />

der Netzhaut, korrigierte den<br />

Befund aber wieder. 2015 war der<br />

berufliche und private Stress so<br />

groß, dass ich wegen Depressionen<br />

medikamentös behandelt wurde.<br />

Allerdings merkte ich, dass die<br />

Antidepressiva meine Schmerzen<br />

minderten. Da wurde meine Neurologin<br />

hellhörig. Daraufhin diagnostizierten<br />

Ärzte jedoch fälschlicherweise<br />

erst MS und dann vaskuläre<br />

Demenz. Irgendwann entschied<br />

sich meine Neurologin für eine<br />

Genomuntersuchung. Sie teilte mir<br />

nach 18 Jahren meine Diagnose<br />

mit: Ich habe Morbus Fabry.<br />

Wie ging es danach weiter?<br />

Ich musste ein halbes Jahr auf<br />

einen Termin in einem medizinischen<br />

Zentrum warten. Dort<br />

teilten die Ärzte mir mit, dass<br />

mein Morbus Fabry nicht krankheitsrelevant<br />

sei, ich bekam keine<br />

Behandlung. 2019 schlug mir meine<br />

Neurologin einen zweiten Versuch<br />

in einem Zentrum in Dresden<br />

vor. Im Juli 2020 wurde ich dann<br />

endlich behandelt, sechsmal in der<br />

Klinik alle 14 Tage. Seit Oktober<br />

2020 therapieren mich Krankenschwestern<br />

bei mir zu Hause. Diese<br />

Therapie mit Medikamenten erhalte<br />

ich nun ein Leben lang.<br />

Wie sieht Ihr Leben nun aus?<br />

Ich bin äußerst zufrieden. Der<br />

Umgang mit meinen Schmerzen ist<br />

um Welten besser. Seit vielen<br />

Jahren kann ich endlich richtig<br />

schlafen. Weitere Infos unter:<br />

www.fabry-shg.org<br />

kann, wenn eine direkte Ansprache sich schwierig gestalten sollte.<br />

Informationen für Familienangehörige<br />

mit erhöhtem Fabry Risiko<br />

Auf der Website gibt es aber auch für Angehörige von Morbus Fabry-Patienten<br />

detaillierte Informationen, die dabei helfen sollen, die<br />

Erkrankung zu verstehen und warum sie selbst ein erhöhtes Risiko haben.<br />

Dabei ist eines sehr wichtig: ein erhöhtes Risiko bedeutet nicht<br />

zwangsläufig, dass man tatsächlich auch betroffen ist. Daher sollten<br />

Angehörige, die laut Stammbaum ein erhöhtes Risiko haben, unbedingt<br />

einen Arzt ansprechen und eine genetische Analyse<br />

durchführen lassen. Das kann der eigene Hausarzt oder aber der Fabry-Spezialist<br />

des betroffenen Angehörigen sein.<br />

Informationen für das Fachpersonal<br />

Aber auch medizinisches Fachpersonal findet auf der Website<br />

Materialien und Hilfestellungen, wenn es darum geht, Fabry-Patienten<br />

oder deren Angehörige zu beraten und aufzuklären.<br />

Dazu gehört ebenfalls die Nutzung des Online Stammbaum-<br />

Tools in Zusammenarbeit mit dem Patienten, sowie weitere<br />

Broschüren, die beim Familienscreening unterstützen sollen.<br />

Informieren Sie sich unter: fabryfamilytree.de und amicusrx.de<br />

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1<br />

GERMAIN DP. ORPHANET J RARE DIS. 2010;5:30


20<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Darf es noch etwas mehr Calcium sein?<br />

Wenn auch nach mehr als einem Jahr nach einer Schilddrüsenoperation<br />

der Calciumspiegel nicht im Normbereich liegt<br />

Eine Schilddrüsenoperation gehört zu den häufigen Eingriffen in Deutschland, der überwiegende<br />

Teil der Betroffenen sind dabei Frauen. Dabei kann es (beabsichtigt oder unbeabsichtigt)<br />

auch zur Entfernung der Nebenschilddrüsen kommen. Da die linsengroßen Organe<br />

aber für die Produktion eines wichtigen Hormons, des Parathormons, zuständig sind, kann<br />

die Folge ihrer Entfernung eine seltene chronische Erkrankung mit dem Namen Hypoparathyreoidismus<br />

sein. Wir sprachen mit der Endokrinologin Priv.-Doz. Dr. med. Dorothee<br />

Maria Baur über Ursachen und Folgen fehlender Nebenschilddrüsen.<br />

Text Hanna Sinnecker<br />

Priv.-Doz. Dr.<br />

med. Dorothee<br />

Maria Baur<br />

Endokrinologin<br />

im Endokrinologikum<br />

Ulm<br />

Frau Dr. Baur, Sie behandeln<br />

unter anderem auch<br />

Patienten, die an einem<br />

chronischen Hypoparathyreoidismus<br />

(kurz Hypopara)<br />

leiden. Wie entsteht diese<br />

Erkrankung?<br />

In drei Viertel der Fälle<br />

entsteht diese Erkrankung<br />

als Folge einer Schilddrüsenoperation<br />

mit beabsichtigter<br />

oder versehentlicher Entfernung<br />

der Nebenschilddrüsen.<br />

Damit kann der Körper<br />

kein Parathormon mehr herstellen.<br />

Ist das Parathormon<br />

mehr als sechs Monate nach<br />

der Operation erniedrigt,<br />

dann spricht man von einem<br />

Häufiger kommt es zu<br />

Ängstlichkeit und Depressionen<br />

und somit zu starken Einschränkungen<br />

im sozialen Leben der<br />

betroffenen Patienten.<br />

chronischen Hypoparathyreoidismus.<br />

Da in Deutschland<br />

mehr Frauen als Männer<br />

an der Schilddrüse operiert<br />

werden, leiden auch mehr<br />

Frauen an dieser Form des<br />

chronischen Hypoparas.<br />

Was passiert dabei im<br />

Körper der Betroffenen?<br />

Fehlt dem Körper Parathormon,<br />

dann kann die Niere<br />

kein aktives Vitamin D3<br />

mehr herstellen. Somit kann<br />

der Körper nicht mehr genügend<br />

Calcium resorbieren<br />

und zur Verfügung stellen.<br />

Der niedrige Calciumspiegel<br />

führt in vielen Organsystemen<br />

zu Symptomen. Sehr<br />

häufig sind Muskelkrämpfe,<br />

Kribbeln in den Extremitäten<br />

und Spasmen (Tetanien).<br />

Das kann auch andere<br />

Muskelsysteme betreffen wie<br />

zum Beispiel im Darm oder<br />

in der Lunge (sogenannte<br />

Bronchospasmen, die sehr<br />

unangenehm sind). Dazu<br />

kommen Müdigkeit, Schlafstörungen<br />

und Konzentrationsstörungen<br />

(sogenannter<br />

„Brain Fog“). Zudem kommt<br />

es häufiger zu Ängstlichkeit<br />

und Depressionen und somit<br />

zu starken Einschränkungen<br />

im sozialen Leben der betroffenen<br />

Patienten.<br />

Wie wird der Hypopara<br />

behandelt?<br />

Das wichtigste Ziel ist es, den<br />

Calciumspiegel anzuheben<br />

und möglichst im unteren<br />

Normbereich konstant zu<br />

halten. Dazu muss dem<br />

Körper das aktive Vitamin<br />

D3 zugeführt werden, da<br />

der Körper es aufgrund des<br />

Parathormonmangels nicht<br />

mehr selbst herstellen kann.<br />

Zudem wird Calcium gegeben,<br />

in verschiedenen oralen<br />

Applikationsformen, zum<br />

Beispiel als Brausetablette<br />

oder in Tablettenform, oder<br />

bei sehr schweren Tetanien<br />

und Beschwerden auch als<br />

intravenöse Gabe. Zudem<br />

hilft die Gabe von Magnesium<br />

und sogenanntem inaktivem<br />

Vitamin D3. Erwachsene<br />

Patienten mit chronischem<br />

Hypopara, die trotz maximaler<br />

konservativer Therapie<br />

nicht ausreichend


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 21<br />

behandelt werden können<br />

und bestimmte Kriterien<br />

aufgrund der Schwere<br />

der Erkrankung erfüllen,<br />

können glücklicherweise seit<br />

wenigen Jahren auch eine<br />

Hormonersatztherapie mit<br />

Parathormon bekommen.<br />

Dieses Medikament müssen<br />

sich Betroffene dann einmal<br />

täglich spritzen. Das führt<br />

oft zu einer Verbesserung<br />

der Einstellung und damit<br />

Linderung der Symptomatik.<br />

In laufenden Studien wird<br />

evaluiert, ob diese Therapie<br />

auch die Entstehung von<br />

Langzeitkomplikationen<br />

der konservativen Therapie<br />

verhindern kann. Gezeigt<br />

werden konnten bereits die<br />

positiven Effekte auf die<br />

Lebensqualität und Reduktion<br />

der Einnahme von Vitamin<br />

D und Calcium unter<br />

Hormonersatztherapie. Die<br />

Möglichkeit, Parathormon<br />

als Hormonersatztherapie<br />

einzusetzen, stimmt mich<br />

als Endokrinologin sehr<br />

hoffnungsfroh.<br />

Warum kann man denn<br />

nicht einfach mehr Calcium<br />

nehmen?<br />

Das ist aus zwei Gründen<br />

nicht unproblematisch.<br />

Erstens wird die orale Gabe<br />

von Calcium oft schlecht vertragen<br />

und führt zu gastrointestinalen<br />

Symptomen.<br />

Zweitens hat die Therapie<br />

mit Calcium und aktivem<br />

Vitamin D weitere Folgen,<br />

wie zum Beispiel den Anstieg<br />

des Phosphatspiegels, sodass<br />

es durch Entstehung von<br />

Calciumphosphatkristallen<br />

zu Ablagerungen in den<br />

Organsystemen kommen<br />

kann, beispielsweise in den<br />

Nieren. Quälend kann somit<br />

die Entstehung von Nierensteinen<br />

sein – und auch<br />

die Verschlechterung der<br />

Nierenfunktion über die Zeit<br />

der Behandlung. Auch im<br />

Gehirn können sich Ablagerungen<br />

bilden, dies nennt<br />

man Morbus Fahr.<br />

Welche Blutwerte sollten<br />

Patientinnen und Patienten<br />

von ihrem Arzt bestimmen<br />

lassen, um festzustellen,<br />

ob es sich um einen chronischen<br />

Hypoparathyreoidismus<br />

handelt, und was<br />

sind Normbereiche?<br />

Die wichtigste Blutentnahme<br />

ist sicherlich die Bestimmung<br />

von Albumin-kontrolliertem<br />

Calciumspiegel, am<br />

besten direkt postoperativ<br />

und im weiteren Verlauf,<br />

sowie die Bestimmung von<br />

Parathormon, anorganischem<br />

Phosphat, Magnesium<br />

sowie 25-OH-Vitamin D3.<br />

Idealerweise sollte unter<br />

Therapie auch die Bestimmung<br />

von Calcium im<br />

24h-Urin erfolgen, um die<br />

Belastung der Nieren zu<br />

überprüfen. Bei der Bestimmung<br />

von Elektrolyten und<br />

Hormonspiegel müssen die<br />

präanalytischen Empfehlungen<br />

beachtet werden, dies ist<br />

von Labor zu Labor unterschiedlich.<br />

Zeigt sich ein<br />

unklar erniedrigter Calciumspiegel,<br />

ist in jedem Fall eine<br />

weitere Abklärung sinnvoll.<br />

In Zusammenhang mit einer<br />

stattgefundenen Schilddrüsenoperation<br />

ist der Verdacht<br />

auf einen<br />

Hypoparathyreoidismus<br />

naheliegend.<br />

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Wenn mit den<br />

Nebenschilddrüsen<br />

die Lebensfreude<br />

entfernt wurde<br />

Erkennen Sie die Symptome<br />

von Hypopara rechtzeitig.<br />

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22<br />

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Mit 3D gegen die EoE<br />

Ein Gespräch mit Prof. Dr. med. Joachim Labenz, Direktor der Inneren Medizin<br />

am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen, über die eosinophile Ösophagitis,<br />

kurz EoE, eine seltene immunvermittelte Erkrankung, bei der die Speiseröhre<br />

chronisch entzündet ist.<br />

Text Dominik Maaßen<br />

Prof. Dr. med.<br />

Joachim<br />

Labenz<br />

Fachabteilung<br />

Innere Medizin,<br />

Diakonie<br />

Klinikum Jung-<br />

Stilling<br />

Was passiert bei der EoE<br />

im Körper der Betroffenen<br />

und wer ist der „typische<br />

EoE-Patient“?<br />

Betroffen sind meistens<br />

junge Männer im Alter von<br />

30 bis 50 Jahren. Nicht selten<br />

leiden sie zum Beispiel<br />

schon unter Heuschnupfen<br />

oder Asthma. Bei Männern<br />

ist das Erkrankungsrisiko<br />

zwei- bis dreimal höher.<br />

Aber auch Frauen, Kinder<br />

oder ältere Menschen können<br />

betroffen sein. Es gibt<br />

verschiedene Beschwerden<br />

wie Brennen hinter dem<br />

Brustbein, Schmerzen<br />

beim Schlucken oder die<br />

Nahrung bleibt sogar in<br />

der Speiseröhre stecken.<br />

Viele Betroffene vermeiden<br />

daher irgendwann<br />

bestimmte Nahrungsmittel,<br />

oft feste Nahrung wie Brot<br />

oder Fleisch. Die Symptome<br />

sind vielfältig und unspezifisch.<br />

Als Gründe vermuten<br />

Experten genetische<br />

Veranlagungen, aber auch<br />

Faktoren aus der Umwelt.<br />

Was sind die Herausforderungen<br />

bei der Diagnosefindung,<br />

und besteht<br />

Verwechslungsgefahr zu<br />

anderen Erkrankungen?<br />

Die EoE wird häufiger mit<br />

anderen Erkrankungen<br />

verwechselt, als man<br />

glaubt. Auch bei der GERD,<br />

der Refluxkrankheit, klagen<br />

Patienten über ein Brennen<br />

hinter dem Brustbein oder<br />

Schluckbeschwerden. Die<br />

GERD tritt aber häufiger auf<br />

und ist deshalb bekannter.<br />

Allerdings muss der Arzt sie<br />

anders behandeln,<br />

ihr Verlauf ist ebenfalls<br />

anders. Verwechselt wird<br />

die EoE außerdem mit<br />

anderen Entzündungen der<br />

Speiseröhre, zum Beispiel<br />

aufgrund einer Pilzinfektion.<br />

Zur Diagnose macht der<br />

Arzt, ein Gastroenterologe,<br />

eine Spiegelung und entnimmt<br />

mindestens sechs<br />

Gewebeproben entlang der<br />

Speiseröhre. Wichtig ist nur,<br />

dass der Patient 14 Tage<br />

vorher keinen Säureblocker<br />

genommen hat, der die<br />

Entzündung unterdrückt.<br />

Danach ist eine Diagnose<br />

recht einfach. Das Problem<br />

ist nur, dass diese relativ<br />

junge Krankheit selbst<br />

unter Ärzten vergleichsweise<br />

unbekannt ist. Beim<br />

Hausarzt fällt die Krankheit<br />

daher oft nicht auf. Dann<br />

startet womöglich eine falsche<br />

Therapie. Mein Appell<br />

ist daher: Wenn ein Patient<br />

unter Schluckbeschwerden<br />

leidet, ein Brennen während<br />

der Mahlzeit spürt,<br />

Nahrung hängen bleibt und<br />

eine Behandlung bisher<br />

nicht zielführend war, dann<br />

sollte man auch an die EoE<br />

denken. Irgendwann fangen<br />

Patienten an, bei der Nahrungsaufnahme<br />

lange zu<br />

kauen oder viel nachzutrinken.<br />

Auch Ärzte können bei<br />

der Anamnese gezielt nach<br />

solchen Verhaltensweisen<br />

fragen.<br />

Wie kann die EoE behandelt<br />

werden, und können<br />

Betroffene unter Therapie<br />

ein beschwerdefreies<br />

Leben führen?<br />

Man fasst die drei Möglichkeiten<br />

unter den „3 D“<br />

zusammen, also Diet, Drugs<br />

und Dilatation. Eine Diät ist<br />

recht kompliziert, weil man<br />

mit ihr potenzielle Allergieauslöser<br />

herausfinden<br />

möchte. Dafür werden erst<br />

Allergene vom Speiseplan<br />

gestrichen und dann wieder<br />

Schritt für Schritt zugeführt.<br />

Die erste Wahl ist daher eine


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 23<br />

medikamentöse Behandlung.<br />

Man wählt ein lokal<br />

wirksames Kortison, ähnlich<br />

wie bei der Behandlung von<br />

Asthma. Rund ein Drittel<br />

der Patienten ist auch initial<br />

erfolgreich mit Säureblockern<br />

behandelbar, allerdings<br />

fehlen aussagekräftige<br />

Daten zum langfristigen<br />

Einsatz. Bei Patienten, bei<br />

denen eine medikamentöse<br />

Therapie nicht möglich oder<br />

ungenügend wirksam ist,<br />

kann der Arzt eine mechanische<br />

Aufweitung der<br />

Speiseröhre, die sogenannte<br />

Dilatation, durchführen. Da<br />

dieser Eingriff aber nicht<br />

die eigentliche Entzündung<br />

bekämpft, wird die Dilatation<br />

grundsätzlich mit<br />

entzündungshemmenden<br />

Medikamenten kombiniert,<br />

um die Beschwerden<br />

dauerhaft zu lindern. Ziel<br />

der Therapie ist, dass die<br />

Patienten wieder einen<br />

geregelten Alltag aufnehmen<br />

können.<br />

Warum ist es so wichtig,<br />

die EoE so früh wie möglich<br />

zu diagnostizieren,<br />

und welche Gefahren<br />

bestehen für Patienten,<br />

die falsch oder gar nicht<br />

diagnostiziert werden?<br />

Wichtig ist für viele Betroffene<br />

sicher erst mal die<br />

Botschaft, dass es aufgrund<br />

dieser Erkrankung keine<br />

Krebsgefahr gibt. Kommt es<br />

jedoch zu einem chronischen<br />

Entzündungsprozess,<br />

kann die Speiseröhre<br />

vernarben und sie wird eng.<br />

Wie schwer das Schlucken<br />

dann fällt, kann sich jeder<br />

vorstellen. Laut Untersuchungen<br />

in der Schweiz<br />

kommt es in 100 Prozent der<br />

Fälle zu solchen gravierenden<br />

Folgen, wenn die<br />

Krankheit über Jahrzehnte<br />

nicht behandelt wurde.<br />

Auch eine Therapie ist in<br />

dieser Art Endzustand nur<br />

noch schwer möglich.<br />

Natürlich kommt hinzu,<br />

dass die Betroffenen im<br />

Alltag sehr unter den Folgen<br />

leiden. Deshalb sollte man<br />

die Krankheit frühzeitig und<br />

damit effektiv behandeln,<br />

um Langzeitschäden zu<br />

vermeiden.<br />

Typische Patientenbilder GERD und EoE<br />

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Frank*, EoE-Patient, erzählt seine Geschichte<br />

Frank ist im Außendienst tätig und viel im Auto unterwegs,<br />

sein Mittagessen verzehrt er daher oft „on the road“. Als<br />

er mal wieder ein Sandwich im Auto isst, verkrampft sich<br />

plötzlich seine Speiseröhre, er kann den Bissen einfach<br />

nicht herunterschlucken. Nach langen fünf Minuten löst<br />

sich der Krampf. Frank denkt, er habe einfach zu schnell<br />

gegessen oder nicht ordentlich gekaut. Aber die Krämpfe<br />

kommen wieder und passieren häufiger. Er geht zum Arzt,<br />

aber wird beschwichtigt: auch der Mediziner ist der Meinung,<br />

dass er sich einfach mehr Zeit beim Essen lassen<br />

solle.<br />

Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass hinter den Krämpfen etwas<br />

anderes stecken muss. Vielleicht eine Reflux-Erkrankung<br />

wie bei seinem Vater? 2015 besucht er daher den Arzt seines<br />

Vaters, aber die Diagnose ist eine ganz andere: Frank<br />

leidet an einer eosinophilen Ösophagitis (meist abgekürzt<br />

als EoE), einer seltenen entzündlichen Erkrankung der<br />

Speiseröhre. Sofort wird er medikamentös eingestellt, die<br />

verschriebenen Protonenpumpenhemmer, die für die EoE<br />

nicht zugelassen und für die Dauertherapie nicht getestet<br />

sind, nutzt er nach Bedarf. Solange er die Medikamente einnimmt,<br />

ist er beschwerdefrei. Setzt er sie ab, kommen die Beschwerden<br />

schon nach wenigen Tagen zurück und beeinträchtigen<br />

seinen Alltag enorm. Einmal kommt es so<br />

weit, dass er beim Abendessen mit Freunden ein Stück<br />

Fleisch nicht schlucken kann. "Es fühlte sich an, als hätte<br />

mir jemand ein Messer in die Brust gestoßen", sagt er. Die<br />

Schmerzen halten zwei Stunden lang an und sind so stark,<br />

dass er sich übergeben muss.<br />

Solche oder ähnliche Geschichten haben viele Betroffene<br />

erlebt, die an einer eosinophilen Ösophagitis leiden.<br />

Seit 2018 gibt es nun das erste, eigens für EoE-Patienten<br />

entwickelte und offiziell zugelassene Medikament,<br />

das die Beschwerden dauerhaft im Zaum hält. Es ist als<br />

Schmelztablette mit Brauseeigenschaften einfach einzunehmen<br />

und lokal in der Speiseröhre wirksam, dadurch ist es<br />

gut verträglich und nebenwirkungsarm. Als Frank von der<br />

Zulassung dieser Therapie hört, kamen ihm die Tränen,<br />

sagt er. Ein deutliches Zeichen, wie groß der Leidensdruck<br />

ist, unter dem Betroffene stehen und wie groß die Hoffnung,<br />

durch diese neue Behandlungsoption ein großes<br />

Stück Lebensqualität zurückzugewinnen.<br />

Wenn Sie mehr zu dieser Erkrankung wissen möchten,<br />

finden Sie auf www.schluckbeschwerden.de umfangreiche<br />

Informationen zur EoE. Für Ärzte und medizinisches<br />

Fachpersonal gibt es zudem ein gesondertes Informationsportal<br />

für Fachkreise.<br />

*Name von der Redaktion geändert


24<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

FOTO: NINA SCHÖNER<br />

Ein gutes Leben trotz<br />

Hämophilie<br />

Jan (31) leidet seit seiner Geburt an Hämophilie A. Schon in seiner Kindheit<br />

bemerkt er außerdem, dass er Transgender ist: „Ich hatte immer zwei<br />

Lasten, die ich mit mir tragen musste.“ Beides wirft dunkle Schatten auf<br />

seine Kindheit und Jugend. Seit einem halben Jahr nimmt Jan moderne<br />

Medikamente gegen die Bluterkrankheit. Zum ersten Mal in seinem Leben<br />

fühlt er sich nun trotz allem frei und sagt: „Du musst versuchen, dich zu<br />

lieben, und mit anderen Menschen respektvoll umgehen.“<br />

Text Paul Howe


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 25<br />

Früher Schicksalsschlag<br />

Jan ist ein aufgeschlossener, freundlicher<br />

und hilfsbereiter Mensch, der gern<br />

mit seinen beiden Hunden spazieren<br />

und zur Arbeit geht. Man sieht ihm<br />

nicht an, welches Schicksal er seit seiner<br />

Geburt mit sich trägt. Als Jan in den<br />

späten 80ern geboren wurde, war recht<br />

schnell klar, dass etwas mit ihm nicht<br />

stimmt. „Ich war gerade geboren, da haben<br />

sie festgestellt, dass ich Hämophilie<br />

habe“, sagt er. Der Säugling bekam einen<br />

Port in die rechte Brust gelegt. Alle zwei<br />

Tage wurde ihm darüber der Blutgerinnungsfaktor<br />

VIII gespritzt – denn dieser<br />

fehlt den Betroffenen.<br />

Erbkrankheit ohne Heilung<br />

Übertragen wird der zugrunde liegende<br />

Defekt auf dem X-Chromosom.<br />

Von Hämophilie A sind also meist nur<br />

Männer betroffen. Jans Eltern mussten<br />

früh lernen, mit ihrem kranken Baby<br />

umzugehen. Alle zwei Tage fuhren sie<br />

mit ihrem neugeborenen Sohn in die<br />

Uniklinik, um ihm über den Port Medikamente<br />

spritzen zu lassen. Dort betreut<br />

Dr. Carmen Escuriola-Ettingshausen<br />

Jan bis heute als Patient im Hämophilie-Zentrum<br />

Rhein-Main. „Wenn wir mit<br />

dem Auto fuhren, egal wohin, habe ich<br />

immer geschrien: 'Nicht auf die Autobahn,<br />

nicht auf die Autobahn!'“, erinnert<br />

sich Jan. Zu groß war die Angst, dass es<br />

wieder in die Klinik geht.<br />

Belastung für Körper und Geist<br />

Bis heute ist Jan diese Angst geblieben –<br />

vor der Klinik und vor allen Dingen vor<br />

den Nadeln. Mit sechs Jahren lernt er<br />

dennoch, sich selbst zu spritzen. Er will<br />

unabhängiger sein. Auch wird ihm auf<br />

seinen Wunsch der Port entfernt, weil er<br />

sich für ihn schämt. Von da an erfolgen<br />

die Injektionen intravenös. Die psychischen<br />

Belastungen lassen Jan aggressiv<br />

und gewalttätig werden. „Wenn du klein<br />

bist, bist du sauer auf alle, weil du siehst,<br />

deine Freunde sind frei und müssen<br />

sich nicht spritzen.“ Zusätzlich fühlt er<br />

sich schon früh als Mädchen in einem<br />

Jungenkörper gefangen. Vielleicht,<br />

so sagt er, führte auch das damals zu<br />

seinem ablehnenden Verhalten, dass er<br />

sich immer falsch fühlte.<br />

Ein Leben mit Schmerzen, Angst und<br />

langfristigen Folgen<br />

So zieht Jan mit 14 schon von zu Hause<br />

aus. Er sehnt sich nach Freiheit, will ein<br />

normales Leben und die Hämophilie<br />

und das ständige Spritzen hinter sich<br />

lassen. Von da an spritzt er sich nur<br />

noch, wenn die Schmerzen kommen.<br />

Er beginnt, Drogen zu nehmen, um sich<br />

zu betäuben, und achtet nicht auf seine<br />

Krankheit. Raubbau am eigenen Körper<br />

und einen großen Fehler nennt er das<br />

heute. Was er damals nicht bedenkt: Die<br />

Folgen der unbehandelten Einblutungen<br />

in die Gelenke bleiben ein Leben<br />

lang. Heute kann Jan kaum rennen<br />

oder springen. Und auch die Angst<br />

vor den Injektionen begleitet ihn bis<br />

heute noch. Selbst seine Ausbildung als<br />

Tierpfleger und sieben Jahre Arbeit im<br />

Tierschutz schaffen es auf Dauer nicht,<br />

ihm ein ausgefülltes und ruhiges Leben<br />

zu geben. Seine Rastlosigkeit treibt ihn<br />

schließlich immer weiter von einem<br />

Beruf zum nächsten, die Schmerzen<br />

und die Hämophilie trägt er dabei stets<br />

mit sich.<br />

Dank innovativer Therapien ein fast<br />

normales Leben<br />

Im Oktober 2019 berichtet ihm Dr. Escuriola-Ettingshausen<br />

zum ersten Mal<br />

von modernen Medikamenten für Hämophilie-A-Erkrankte.<br />

Bereits ein Jahr<br />

zuvor hatte Jan sich für eine Testreihe<br />

neuer Medikamente angemeldet, die<br />

dann aber so nicht stattfinden konnte.<br />

„Ich hätte es gemacht, auch wenn ich<br />

gewusst hätte, dass man sterben kann.<br />

Hauptsache war für mich: nicht mehr<br />

dauernd in die Vene spritzen“, sagt er.<br />

Seine Ärztin stellt ihm die fortschrittlichen<br />

Therapiemöglichkeiten so vor:<br />

„Deutlich seltenere Injektionen als<br />

vorher reichen in der Regel aus, und<br />

das bei einem guten Blutungsschutz.“<br />

Jan spürt die Erleichterung für sein<br />

Leben schnell.<br />

Wie ein neues Leben<br />

Die Angst vor den Spritzen ist nicht<br />

verschwunden. Besonders Blutabnehmen<br />

ist immer noch schlimm, das<br />

macht Jan nur selbst. Nachdenklich<br />

sagt er: „Das, was du erlebt hast, das<br />

bleibt immer. Aber jetzt habe ich<br />

Lebensqualität geschenkt bekommen.“<br />

Mit den fortschrittlichen Medikamenten<br />

fühlt der junge Mann sich stärker<br />

und sicherer. Er hat gelernt, mit der<br />

Hämophilie umzugehen. Schon nach<br />

nur wenigen Monaten mit den modernen<br />

Therapien kann er spürbar besser<br />

laufen und hat weniger Schmerzen<br />

beim Auftreten. Er arbeitet mittlerweile<br />

am Empfang eines Unternehmens,<br />

übernimmt Verantwortung und fühlt<br />

sich aufgehoben. Von den Drogen ist er<br />

lange los. Und auch das Verhältnis zu<br />

seinen Eltern hat Jan repariert. Heute<br />

ist es so gut wie nie zuvor. Dabei hatten<br />

sie jahrelang keinen Kontakt. Doch<br />

inzwischen weiß Jan, was es bedeutet,<br />

wenn jemand für ihn da ist. Und er lebt<br />

endlich eine Freiheit, nach der er sich<br />

lange gesehnt hat. Die neu gewonnene<br />

Lebensqualität lässt ihn entspannter<br />

sein. Er ist glücklicher.<br />

Hoffnung für alle Betroffenen<br />

Auch für seine zweite Last hat Jan<br />

sich nach einer Erleichterung<br />

erkundigt. Tatsächlich gibt es in<br />

Deutschland Ärzte, die transsexuelle<br />

Bluterkranke operieren. Einerseits<br />

möchte Jan diese Möglichkeit<br />

nutzen. Dennoch sagt er: „Man<br />

muss sich vielleicht einfach mit<br />

manchem abfinden. Ich werde mein<br />

Leben so weiterleben, und im<br />

nächsten Leben wird vielleicht alles<br />

besser.“ Auf dem Weg der Besserung<br />

befindet Jan sich schon jetzt mit<br />

den modernen Therapien. „Wenn<br />

ich etwas bestimmen würde“, lächelt<br />

er, „würde ich sagen, man soll den<br />

Betroffenen nur noch diese Medikamente<br />

geben.“<br />

Dieser Beitrag ist nur einer von vielen, die<br />

auf der Website www.mutmachseiten.de<br />

zu finden sind. Der Zweck dieser Website<br />

ist die für Laien verständlich formulierte<br />

Verbreitung positiver Erfahrungsberichte<br />

von erkrankten oder schwer<br />

beeinträchtigten Menschen über ihre<br />

ganz individuellen Therapiewege und die<br />

Förderung des Austausches von Patienten<br />

und Betroffenen über Therapie und<br />

Heilung untereinander.<br />

Instagram.com/mutmachseiten


26<br />

Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de<br />

Hoher<br />

Blutdruck<br />

und<br />

Gewichtszunahme?<br />

Denken Sie<br />

an Cushing!<br />

Das Cushing-Syndrom gehört<br />

zu den seltenen endokrinologischen<br />

Erkrankungen und ist<br />

auch für erfahrene Mediziner<br />

nicht leicht zu diagnostizieren.<br />

Im Schnitt warten Betroffene<br />

drei bis fünf Jahre bis zur Diagnose:<br />

eine Zeit der quälenden<br />

Ungewissheit, die zudem oft<br />

von starken Beschwerden<br />

geprägt ist und die Lebensqualität<br />

der Patient*innen<br />

stark einschränken kann. Wir<br />

sprachen mit Brigitte Martin,<br />

die selbst vom Cushing-Syndrom<br />

betroffen ist.<br />

Text Benjamin Pank<br />

FOTO: PRIVAT


Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 27<br />

Frau Martin, Sie sind betroffen<br />

vom Cushing-Syndrom. Woran<br />

haben Sie gemerkt, dass etwas<br />

mit Ihrer Gesundheit nicht<br />

stimmt?<br />

Im Oktober 1999 habe ich das erste<br />

Mal bemerkt, dass etwas nicht<br />

stimmt. Ich habe stark zugenommen,<br />

besonders am Bauch, bekam<br />

ein sehr rundes Gesicht, Wassereinlagerungen<br />

in den Beinen und Haarausfall,<br />

hohen Blutdruck, Muskelund<br />

Gelenkschmerzen am ganzen<br />

Körper und hatte eine verminderte<br />

Leistungsfähigkeit.<br />

Welche Auswirkungen hatten die<br />

Beschwerden auf Ihren Alltag?<br />

Ich konnte nicht mehr in dem<br />

Umfang arbeiten wie früher. Auch<br />

im Haushalt konnte ich nicht mehr<br />

so zupacken. Fenster putzen oder<br />

volle Wäschekörbe tragen war mit<br />

Schmerzen und Schweißausbrüchen<br />

verbunden. Mein Alltag war definitiv<br />

nicht mehr derselbe.<br />

Sicher sind Sie zum Arzt gegangen:<br />

Wie sah Ihr Weg bis zur<br />

Diagnose aus?<br />

Zuerst bin ich zum Hausarzt gegangen,<br />

der hat mich zum Internisten<br />

geschickt. Der hatte dann<br />

den Verdacht auf Cushing, doch die<br />

Urinwerte belegten diesen Verdacht<br />

nicht. Man muss dazu sagen, dass<br />

man am Anfang der Erkrankung<br />

das Zuviel an Cortisol noch nicht<br />

nachweisen kann. Also ging der<br />

Arztmarathon weiter. Ich war beim<br />

Urologen, beim Radiologen, beim<br />

Gynäkologen. Durch Zufall kam ich<br />

in die Hormonsprechstunde der<br />

Ich war kurz vor der<br />

Verzweiflung, hatte sogar einen<br />

Nervenzusammenbruch.<br />

Inneren Organe. Der Arzt schaute<br />

mich dann an und sagte, dass ich<br />

entweder ein Adenom an der Hypophyse<br />

oder an der Nebenniere habe.<br />

Die Ergebnisse haben den Anfangsverdacht<br />

dann bestätigt: Cushing.<br />

Ich wurde dann ins Krankenhaus<br />

eingewiesen, wo viele Untersuchungen<br />

gemacht wurden. Das war dann<br />

ein richtiger Krankenhausmarathon.<br />

Mittlerweile war klar, dass auf der<br />

linken Seite ein Adenom sitzt, wo<br />

genau, war aber immer noch nicht<br />

klar. Das war sehr zermürbend. Ich<br />

war kurz vor der Verzweiflung, hatte<br />

sogar einen Nervenzusammenbruch.<br />

Obwohl nach wie vor nicht klar war,<br />

ob ich ein Hypophysenadenom<br />

habe, wurde ein OP-Termin geplant.<br />

Ein Vierteljahr später hatte ich dann<br />

endlich die OP. Das war im November<br />

2000. Ich habe auf den besten<br />

Operateur gewartet, und der hat das<br />

Adenom an der Hypophyse ohne<br />

Komplikationen entfernt.<br />

Wie sieht Ihr Leben jetzt aus, wo<br />

Sie eine entsprechende Behandlung<br />

bekommen?<br />

Ich habe nur sechs Jahre Hydrokortison<br />

genommen. Das wurde dann<br />

schleichend abgesetzt. Heute nehme<br />

ich, bis auf Blutdruckmedikamente,<br />

nichts mehr ein. Und es geht mir<br />

sehr gut. Ich führe ein komplett<br />

normales Leben.<br />

Sie sind selbst sehr aktiv in der<br />

Selbsthilfe. Was ist Ihr Antrieb für<br />

dieses Engagement, und welche<br />

Rolle spielt die Vernetzung in der<br />

Selbsthilfe für Sie persönlich?<br />

Ich war damals komplett allein, habe<br />

jedoch durch meine Hartnäckigkeit<br />

innerhalb eines Jahres alles geregelt.<br />

Die meisten Betroffenen brauchen<br />

zehn Jahre und länger, um eine<br />

Diagnose zu bekommen. Das ist fatal,<br />

denn man stirbt nicht am Cushing<br />

selbst, sondern an Herzinfarkt oder<br />

Hirnschlag. Dass es mir heute so gut<br />

geht, liegt auch an dem professionellen<br />

Operateur. Ich möchte Menschen<br />

begleiten, ihnen Mut machen und<br />

ihnen den richtigen Weg weisen. Das<br />

ist mein Antrieb, mich immer wieder<br />

erneut für Menschen mit Cushing<br />

starkzumachen.<br />

0-21-08-2 Stand Aug. 2021<br />

Gerötetes Gesicht (70–90 %)<br />

Mondgesicht<br />

Gerötetes Gesicht<br />

(81–90<br />

(70–90<br />

%)<br />

%)<br />

Häufigkeit klinischer Merkmale<br />

Akne<br />

Mondgesicht<br />

(20–35 %)<br />

(81–90 %)<br />

männlicher Behaarungstyp des Cushing-Syndroms * Akne (20–35 %)<br />

Haarausfall<br />

männlicher<br />

(75<br />

Behaarungstyp<br />

%)<br />

/<br />

Haarausfall (75 %)<br />

Bluthochdruck (70–85 %)<br />

Glukoseintoleranz<br />

Bluthochdruck (70–85<br />

(45–70<br />

%)<br />

%)<br />

erhöhte<br />

Glukoseintoleranz<br />

Blutfettwerte<br />

(45–70<br />

(70<br />

%)<br />

%)<br />

erhöhte Blutfettwerte (70 %)<br />

rote Dehnungsstreifen<br />

(Striae<br />

rote Dehnungsstreifen<br />

rubrae cm) (44–50 %)<br />

(Striae rubrae > 1 cm) (44–50 %)<br />

Zyklusstörungen (70–80 %)<br />

verringerte<br />

Zyklusstörungen<br />

Libido<br />

(70–80<br />

(24–80<br />

%)<br />

%)<br />

verringerte Libido (24–80 %)<br />

Sharma ST, Nieman LK, Feelders RA. Cushing’s syndrome: epidemiology Neigung zu<br />

and<br />

* Sharma<br />

developments<br />

ST, Nieman<br />

in<br />

LK,<br />

disease<br />

Feelders<br />

management.<br />

RA. Cushing’s<br />

Clin<br />

syndrome:<br />

Epidemiol<br />

epidemiology<br />

2015;7:281–93. Blutergüssen<br />

Neigung zu<br />

(35–65 %)<br />

and developments in disease management. Clin Epidemiol 2015;7:281–93. Blutergüssen (35–65 %)<br />

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Depression/emotionale Labilität,<br />

Psychose/Manie,<br />

Depression/emotionale<br />

kognitive<br />

Labilität,<br />

Dysfunktion/<br />

gestörtes<br />

Psychose/Manie,<br />

Kurzzeitgedächtnis<br />

kognitive Dysfunktion/<br />

(70–85 %)<br />

gestörtes Kurzzeitgedächtnis (70–85 %)<br />

Büffelnacken (50 %)<br />

Büffelnacken (50 %)<br />

Muskelschwund,<br />

Muskelschwäche<br />

Muskelschwund,<br />

(60–82 %)<br />

Muskelschwäche (60–82 %)<br />

Nierensteine (21–50 %)<br />

Nierensteine (21–50 %)<br />

Übergewicht oder<br />

Gewichtszunahme<br />

Übergewicht oder<br />

(70–95 %)<br />

Gewichtszunahme (70–95 %)<br />

verringerte Knochendichte oder<br />

Knochenbrüche(40–70<br />

verringerte Knochendichte<br />

%)<br />

oder<br />

Knochenbrüche(40–70 %)

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