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DVS_Bericht_374LP

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2021<br />

<strong>DVS</strong>-BERICHTE<br />

Unterwassertechnik


Seit 1965 erfolgreich untergetaucht<br />

- Ausführung sämtlicher Unterwasserarbeiten<br />

- Meisterbetrieb<br />

- Herstellerbetrieb nach <strong>DVS</strong> 1801<br />

- DNV-GL geprüfte Unterwasserschweißer<br />

- DNV-GL Zulassung für Schiffbesichtigungen<br />

- Execution of all underwater works<br />

- Masterbusiness<br />

- Manufacturer according to <strong>DVS</strong> 1801<br />

- DNV-GL tested underwater welder<br />

- DNV-GL Approval for ship inspections<br />

Mutzeck GmbH<br />

GF Axel Mutzeck<br />

Am Wiesengrund 17<br />

24211 Schellhorn und<br />

24148 Kiel / Marinearsenal<br />

Telefon 0 43 42 / 8 38 24<br />

Telefax 0 43 42 / 8 72 41<br />

E-Mail: info@unterwasserkrause.de<br />

www.unterwasserkrause.de


Unterwassertechnik 2021<br />

Vorträge der gleichnamigen 8. Fachtagung<br />

in Hamburg am 16. November 2021<br />

Veranstalter:<br />

<strong>DVS</strong> – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte<br />

Verfahren e. V., Düsseldorf


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.<br />

<strong>DVS</strong>-<strong>Bericht</strong>e Band<br />

ISBN 978-3-96144-159-4 (Print)<br />

ISBN 978-3-96144-160-0 (E-Book)<br />

Die Vorträge wurden als Manuskript gedruckt.<br />

Alle Rechte, einschließlich Übersetzungsrecht, vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung dieses<br />

Bandes oder von Teilen desselben nur mit Genehmigung der <strong>DVS</strong> Media GmbH, Düsseldorf.<br />

© <strong>DVS</strong> Media GmbH, Düsseldorf ⋅ 2021<br />

Herstellung: Print Media Group GmbH, Hamm


Vorwort<br />

Die Anforderungen und Möglichkeiten der Unterwassertechnik unterliegen ständiger Veränderungen und<br />

erfordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Die aktuellen politischen Prioritäten in den Bereichen<br />

der Energieerzeugung und der Rohstoffgewinnung machen das deutlich. Insbesondere in den<br />

Küstenregionen und im offenen Meer stellen die durch den Klimawandel bedingten Veränderungen die<br />

Akteure vor besondere Herausforderungen. Die nationalen und internationalen Weiterentwicklungen und<br />

Projekte in diesen Sektoren erfordern es, dass alle mit diesen Themen beschäftigten Parteien sich<br />

regelmäßig über aktuelle Möglichkeiten austauschen und Neuerungen sowie Entwicklungstendenzen<br />

informieren.<br />

Aufgrund der pandemischen Situation kann die Veranstaltung dieses Jahr leider nicht in dem bewährten<br />

Konzept mit Industrieausflug, Vorabendempfang und Tagung am Elbcampus durchgeführt werden. Der<br />

Programmkommission und dem Veranstalter ist es jedoch ein besonderes Anliegen, auch unter diesen<br />

außergewöhnlichen Bedingungen die Kontinuität der Tagungsreihe zu bewahren und einen Austausch<br />

von Informationen sowie die Aufrechterhaltung des Netzwerks innerhalb der Unterwassertechnik weiter<br />

zu ermöglichen. Mit der 8. Tagung wollen wir daher wieder allen fachlich Interessierten eine Plattform<br />

bieten, sich zu informieren und sich im Rahmen der Veranstaltung mit Diskussionsbeiträgen und Fragen<br />

aktiv am Themenbereich der Unterwassertechnik zu beteiligen und auszutauschen.<br />

Dieses Jahr umfasst das Tagungsprogramm die folgenden Schwerpunktthemen<br />

– Herausforderungen der Tiefseetechnik<br />

– Aktuelles und Ausblicke in Wissenschaft und Forschung<br />

– Neues aus Regelwerken<br />

– Rückbau unter Offshore-Bedingungen.<br />

Schon traditionell sind neben den Vorträgen auch das Knüpfen neuer Kontakte und der<br />

Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmenden ein zentrales Anliegen des Veranstalters.<br />

Der <strong>DVS</strong> – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V. und die Mitglieder der<br />

Programmkommission<br />

– Bundesanstalt für Wasserbau, BAW, Karlsruhe,<br />

– Corroconsult GmbH, Hamburg,<br />

– DNV, Hamburg,<br />

– EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Hamburg,<br />

– GSI mbH, NL SLV Hannover, Hannover,<br />

– KWE Ing.-Büro, Oldenburg,<br />

– Leibniz Universität Hannover,<br />

– SUBSEA Global Solutions, Miami/USA,<br />

wünschen Ihnen eine interessante und informative Veranstaltung und mit dem vorliegenden<br />

Vortragsband auch über die Veranstaltung hinaus viele Erkenntnisse beim Lesen, Nachschlagen und<br />

Recherchieren.<br />

Dipl.-Ing. D. Engel<br />

Vorsitzender der<br />

Programmkommission<br />

Dipl.-Ing. A. Janssen<br />

<strong>DVS</strong> e. V.<br />

Forschung und Technik


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort<br />

Eröffnungsvortrag<br />

A. Koschinsky, Bremen<br />

Tiefseebergbau - Chancen und Risiken einer zukünftigen Gewinnung kritischer metallischer<br />

Rohstoffe vom Meeresboden .................................................................................................................. 1<br />

Tiefseetechnik<br />

E. L. Toups, Edinburgh, R. Morrison, Aberdeen, UK/Scotland<br />

Entwicklung eines Mikro-Habitat Hyperbar-Schweißsystems ........................................................... 7<br />

Forschung<br />

I. Lendiel, J. Klett, T. Wolf, E. Schmidt, T. Hassel, Hannover-Garbsen<br />

Doppelmantelfülldraht – Eine Entwicklung zum kontinuierlichen nassen Schweißen unter<br />

Wasser ..................................................................................................................................................... 24<br />

T. Hassel, J. Klett, I. Lendiel, T. Wolf, Garbsen<br />

Wasserstoff beim nassen Schweißen –<br />

Warum ist das eigentlich ein Problem und ist das lösbar?............................................................... 30<br />

U. Drechsel, O. Heins, Hamburg<br />

Technische Herausforderungen schwimmende Windenergieanlagen .......................................... 36<br />

Anwendungen aus der Praxis<br />

R. Rösler, Hamburg<br />

Rückbau Utgrunden Offshore Wind Farm .......................................................................................... 43<br />

C. Steiner, Sande<br />

Sanierung einer Leitwand im Zuge einer Schleusensanierung mittels eines<br />

verschieblichen Tauchkastensystems/Caisson ................................................................................ 45<br />

G. Fenzel, Nürnberg<br />

Unterwasser-Roboteranwendung(en) in der Kerntechnik ............................................................... 50


Praxisnahe Unterwasseranwendungen<br />

E. Epperlein, Hannover<br />

Sanierung eines Leitwerkes durch Schweißarbeiten unter Wasser .............................................. 53<br />

U. W. Aschemeier, K. S. Peters, Miami/US<br />

Projektspezifische Qualifizierung von WPS gemäß AWS D3.6M: Underwater Welding Code . 62<br />

A. Mutzek, S. Weishäupl, Schellhorn<br />

Dokumentation Instandsetzung der Tragpfähle auf der Scheermole ............................................ 72<br />

Verfasserverzeichnis .......................................................................................................................... 90<br />

Tauchmayer<br />

GmbH<br />

Industrie- und Bautaucherei,<br />

Bergungen und Hilfe bei Havarien<br />

Unterwassersanierung,<br />

Stahlwasserbau, Spül- und Saugarbeiten,<br />

Schweißen, Schneiden, Bohren<br />

und Sägen unter Wasser<br />

von Stahl, Beton und Holz<br />

Erstellen von UW-Gutachten<br />

und Videodokumentationen<br />

Herstellerqualifikation nach<br />

<strong>DVS</strong> 1801 Klasse UD<br />

Arbeits- und Gesundheitsschutzzertifikat<br />

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Unterwasserbereich<br />

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• Bauwerksprüfung nach DIN 1076, EAU E 193<br />

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• 3-D-Visualisierung von Neu- und Altbauten<br />

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Tiefseebergbau - Chancen und Risiken einer zukünftigen Gewinnung kritischer<br />

metallischer Rohstoffe vom Meeresboden<br />

A. Koschinsky, Jacobs University Bremen<br />

Unter Tiefseebergbau versteht man die Gewinnung von marinen Bodenschätzen wie Manganknollen, Eisenmangankrusten<br />

und Massivsulfiden am Meeresboden. Diese Vorkommen enthalten eine Vielzahl von wertvollen Metallen,<br />

die als wichtige Rohstoffe für eine Reihe von Anwendungen dienen können, wie z.B. elektronischen Geräte,<br />

Technologien für erneuerbare Energien und Baumaterialien. Die enorme Tonnage dieser Rohstoffe auf dem Meeresboden<br />

und die enthaltenen kritischen Metalle haben sie schon vor einigen Jahrzehnten zu einem möglichen Ziel<br />

für den Abbau in naher Zukunft gemacht. Eine zentrale Herausforderung sind neben technischen Herausforderungen<br />

die Umweltauswirkungen, die auftreten werden, und die entscheidende Notwendigkeit, ein besseres Verständnis der<br />

Ökosysteme und ihrer Zusammenhänge zu erlangen, bevor der Betrieb beginnt. Chancen ergeben sich zu Beginn<br />

dieser neuen Industrie durch die Verpflichtung auf den Vorsorgeansatz, die Anwendung eines adaptiven Managements<br />

zur kontinuierlichen Verfeinerung der Abläufe mit dem Ziel eines besseren Schutzes der Umwelt und die<br />

Entwicklung nachhaltiger Technologien für die extraktive Metallurgie und die Abbaugeräte. Der Artikel gibt einen<br />

Überblick über die verschiedenen Vorkommen, den Stand des Wissens bezüglich der Entstehung der Rohstoffe und<br />

möglicher Umweltfolgen eines kommerziellen Abbaus, und stellt Risiken und Chancen eines zukünftigen Tiefseebergbaus<br />

gegenüber.<br />

1 Einleitung<br />

Der Tiefseebergbau bezieht sich auf die Gewinnung von drei Typen von Mineralvorkommen am Meeresboden: Manganknollen<br />

(Mn-Knollen), Eisenmangankrusten (FeMn-Krusten) und Massivsulfide [1]. Diese verschiedenen Arten<br />

von wertmetallreichen Lagerstätten unterscheiden sich in Bezug auf ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften,<br />

ihre Entstehung, ihre Metallgehalte, geografische Verteilung und mögliche Abbautechnologien sowie den<br />

ökologischen und sozialen Auswirkungen, die mit dem Abbau dieser Vorkommen verbunden sein können. Während<br />

Mn-Knollen und FeMn-Krusten vor allem wegen ihres hohen Gehaltes an Kupfer, Kobalt und Nickel interessant sind,<br />

werden Massivsulfid-Lagerstätten für die Gewinnung von Kupfer, Zink, Gold und Silber in Erwägung gezogen. Einige<br />

Lagerstätten enthalten auch erhebliche Mengen an Seltenen Erden und anderen Hightech-Elementen, die wichtige<br />

Rohstoffe für erneuerbare Energien und die Informationstechnologie sind, aber derzeit nicht als Zielmetalle gelten [2].<br />

Bislang wurden diese Metalle entweder aus terrestrischen Minen oder, in viel geringerem Maße, aus recyceltem<br />

Material gewonnen. Die Deckung des Metallbedarfs einer schnell wachsenden Weltbevölkerung und des Wirtschaftswachstums<br />

von Schwellenländern wird entweder die Erweiterung bestehender Bergbauprojekte oder die Erschließung<br />

neuer Rohstoffquellen erfordern. Diese Entwicklung wird an Land jedoch die bereits ausgeprägten ökologischen<br />

und sozialen Folgen, die Freisetzung von Treibhausgasen und giftigen Abfällen und die Vertreibung lokaler<br />

Bevölkerungsgruppen weiter vorantreiben. Der Tiefseebergbau, der weit entfernt von der Küste stattfinden würde,<br />

wäre jedoch ebenfalls mit nachteiligen Auswirkungen verbunden, die sich jedoch von denjenigen des Landbergbaus<br />

erheblich unterscheiden.<br />

Zur Bewältigung dieser ökonomischen Herausforderungen, zur Sicherung der Wirtschaftsleistung und um eine unabhängige<br />

Metallversorgung zu sichern, haben öffentliche und private Institutionen im vergangenen Jahrzehnt erneut<br />

die Perspektiven des kommerziellen Tiefseebergbaus erkundet, die über mehr als 20 Jahren als nicht wirtschaftlich<br />

eingestuft worden war. Parallel zur Finanzmodellierung, Technologieentwicklung und Umweltforschung ist die Internationale<br />

Meeresbodenbehörde (ISA https://isa.org.jm/) mit der Entwicklung von Regeln und Vorschriften für die Erkundung<br />

und Ausbeutung von Mineralvorkommen in der Tiefsee vorangeschritten. Diese Entwicklung ist einzigartig,<br />

da solche Umweltvorschriften in der Regel erst lange nach der Kommerzialisierung der Tätigkeit nachgerüstet werden,<br />

wie im Fall des terrestrischen Bergbaus. Die Gewährleistung der Entwicklung von wirksamen und effizienten<br />

Regulierungen erfordert eine multidisziplinäre Bewertung des Tiefseebergbaus, einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />

finanzieller Bewertung, sozioökonomischer Folgenabschätzung und der Einhaltung des rechtlichen<br />

Rahmens [3].<br />

2 Rohstofftypen und ihr Vorkommen<br />

Manganknollen (Bild 1) sind sehr langsam wachsende (mm-cm pro Millionen Jahre), kartoffelförmige Mineralkonkretionen,<br />

die sich durch die Ausfällung von Metallen aus dem Porenwasser von Sedimenten (diagenetische Bildung)<br />

oder Meerwasser (hydrogenetische Bildung) oder einer Kombination beider Prozesse bilden. Sie bestehen hauptsächlich<br />

aus miteinander verwachsenen konzentrischen Schichten von Mangan- und Eisen-Oxiden, in denen sich<br />

während des Wachstums erhebliche Mengen an Wertmetallen angereichert haben [4]. Manganknollen kommen auf<br />

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sedimentbedeckten Tiefsee-Ebenen in Wassertiefen von 3000 bis 6000 m und sind besonders reichlich in der Clarion-Clipperton-Bruchzone<br />

(CCZ), dem Peru-Becken, dem Penrhyn-Samoa-Becken und dem Zentralbecken des Indischen<br />

Ozeans (Bild 2). Rechtlich gesehen befinden sich die Knollen hauptsächlich in der "Area", die im Seerechtsübereinkommen<br />

der Vereinten Nationen (UNCLOS 1982) definiert ist und wie folgt beschrieben wird: "der Meeresboden<br />

und der Meeresuntergrund außerhalb der Gebiete der nationalen Gerichtsbarkeit". In den frühen 2000er Jahren<br />

schloss die ISA 15-Jahres-Verträge mit mehreren europäischen, asiatischen und pazifischen Ländern, die ihnen<br />

das Exklusivrecht zur Erkundung von Sektoren des Meeresbodens im Hinblick auf den Tiefseebergbau einräumten.<br />

Berechnungen [1] besagen, dass das Ressourcenpotenzial von Mn-Knollen in der CCZ deutlich über dem von entsprechenden<br />

terrestrischen Mineralvorkommen liegt. So finden sich allein in der CCZ 21 Milliarden Tonnen Trockenmasse<br />

an Knollen mit 6000 Millionen Tonnen Mangan, 270 Millionen Tonnen Nickel und 44 Millionen Tonnen Kobalt<br />

[2].<br />

Schrifttum<br />

[1] Schrifttumsquelle.<br />

Bild 1. Fotos von Manganknollen (Durchmesser 4-13 cm) aus verschiedenen Regionen des Pazifiks (links), eine ca. 10 dicke<br />

Mangankruste aus dem Zentralpazifik (Mitte) und ein Bruchstück eines Schwarzen Rauchers vom Kermadec-Bogen im Südwest-<br />

Pazifik (Proben: A. Koschinsky, Fotos: N. Fröhberg)<br />

FeMn-Krusten (Bild 1) bestehen aus extrem langsam wachsenden Schichten (mm pro Million Jahre) mit einer Gesamtdicke<br />

von bis 25 cm; die Mangan- und Eisen-Oxide enthalten erheblichen Mengen an Kobalt, Nickel, Kupfer,<br />

Molybdän, Seltenen Erden sowie vielen anderen wertvollen Spurenstoffen [2]. Sie bilden sich hydrogenetisch, also<br />

durch die Ausfällung von Metallen aus Meerwasser an den sedimentfreien Hängen von Seebergen. Krusten mit<br />

bester Metall-Qualität befinden sich hauptsächlich in Wassertiefen von 800 bis 2500 m, insbesondere im westlichen<br />

Zentralpazifik (Bild 2). Dabei finden sie sich im Gegensatz zu Manganknollen nicht nur im Hoheitsgebiet der ISA,<br />

sondern auch in ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) von Inselgruppen oder Küstenstaaten.<br />

Massivsulfid-Lagerstätten bestehen aus Metall-Schwefel-Verbindungen (Bild 1), die massive Strukturen auf und unter<br />

dem Meeresboden in Wassertiefen von etwa 250 bis 4000 m bilden und meist durch eine Fülle von hydrothermalen<br />

Schloten („Schwarzen Rauchern“) am Meeresboden gekennzeichnet sind. Sie treten in geologisch aktiven Gebieten<br />

entlang von Plattengrenzen auf oder in geringeren Tiefen entlang von Vulkanketten und Inselbögen (Bild 2).<br />

Daher kommen Massivsulfide sowohl innerhalb der „Area“ als auch in der AWZ von Insel- oder Küstenstaaten vor.<br />

Sie bilden sich durch die Ausfällung von Metallen durch Wechselwirkung von kaltem, umgebendem Meerwasser mit<br />

heißen hydrothermalen Lösungen, die sehr reich an aus dem Untergrundgestein gelaugten Metallen und Schwefel<br />

sind [1]. Im Gegensatz zu Mn-Knollen und FeMn-Krusten wachsen Massivsulfide viel schneller und bilden dreidimensionale<br />

Strukturen, die sich unregelmäßig in den Meeresboden erstrecken. Obwohl dies eine zuverlässige Bewertung<br />

ihres Ressourcenpotenzials erschwert und ihre Gewinnung erheblich komplizierter macht, könnten diese<br />

Lagerstätten der erste Typ von Tiefseelagerstätten sein, die kommerziell genutzt werden.<br />

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2<br />

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Bild 2. Explorationsgebiete für Mn-Knollen, FeMn-Krusten und Massivsulfide, für die die ISA Verträge mit verschiedenen Ländern<br />

bzw. Organisationen abgeschlossen hat (Quelle: https://www.isa.org.jm/index.php/minerals/exploration-areas)<br />

3 Rohstoffe der Tiefsee und ihre mögliche Gewinnung<br />

Die Europäische Union hat 2017 eine Liste mit 27 kritischen Rohstoffen für die europäische Wirtschaft und die nachhaltige<br />

Entwicklung erstellt. Im Jahr 2018 erstellte der United States Geological Survey eine aktualisierte Liste von<br />

35 kritischen Rohstoffen, die für die wirtschaftliche und nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten wesentlich sind.<br />

In der Regel stammen diese kritischen Rohstoffe nur aus einigen wenigen Ländern. So stammen beispielsweise<br />

60 % der derzeitigen weltweiten Produktion von Roh-Kobalt, einem unverzichtbaren Bestandteil von Lithium-Ionen-<br />

Batterien, aus der Demokratischen Republik Kongo, und der dominierende Lieferant von raffiniertem Kobalt ist China<br />

(mit einem Marktanteil von 80 %). Eine größere Vielfalt bei der Produktion und Aufarbeitung dieser Rohstoffe ist<br />

unerlässlich, um eine sichere Versorgung für kohlenstoffarme Technologien zu gewährleisten. Im Folgenden werden<br />

einige praktische Aspekte des Abbaus von marinen mineralischen Rohstoffen in der Tiefsee sowie mögliche Technologien<br />

vorgestellt [4].<br />

Am Meeresboden gelegene Abbaustandorte benötigen keine Straßen, Erztransportsysteme auf dem Meeresboden,<br />

Wassertransport- oder Stromtransportsysteme, Gebäude, Abfalldeponien oder andere Infrastrukturen, die für Landminen<br />

typisch sind. Außerdem muss kein Abraum entfernt werden werden, da die Lagerstätten am Meeresboden<br />

weitgehend frei zugänglich sind. Ein weiterer entscheidender Faktor für den Tiefseebergbau ist die Tatsache, dass<br />

viele der Lagerstätten, die an einem einzigen Standort im Meer vorkommen, drei oder mehr Metalle von wirtschaftlichem<br />

Interesse enthalten. Kleine Lagerstätten können selektiv abgebaut werden, indem das Förderschiff einfach<br />

von einer Lagerstätte zu einer anderen bewegt wird, ohne dass dazwischen liegendes ärmeres Material verarbeitet<br />

werden muss. Daher wird im Vergleich zu terrestrischen Minen weniger Erz benötigt, um die gleiche Menge an Metall<br />

zu gewinnen. Saures Grubenwasser und die Verschmutzung von Gewässern oder Böden werden durch den Tiefseebergbau<br />

vermieden, ebenso wie viele andere Probleme, mit denen man an Land konfrontiert ist, wie die Umsiedlung<br />

von Städten und Dörfern, die Abholzung von Wäldern und die großflächige Absenkung des Grundwasserspiegels.<br />

Der Abbau in der Tiefsee bietet auch die Aussicht auf ein geringeres Risiko für die Arbeiter vor Ort und das<br />

Verhindern von Kinderarbeit. Viele dieser Probleme sind beim Bergbau an Land, insbesondere in Entwicklungsländern,<br />

allgegenwärtig.<br />

Bezüglich der verfügbaren Menge an metallischen Rohstoffen in der Tiefsee ergeben Berechnungen, dass z.B. die<br />

CCZ-Knollen eine größere Menge an Mangan, Nickel, Kobalt und einigen anderen Metallen enthalten als die gesamte<br />

globale terrestrische Reservenbasis. Ähnliche Ergebnisse ergeben sich für FeMn-Krusten, bei den Massivsulfiden<br />

sind genaue Abschätzungen jedoch schwieriger, da sich der Großteil der Lagerstätten unterhalb des Meeresbodens<br />

befindet. Insgesamt gesehen stellen mineralische Lagerstätten in der Tiefsee wichtige Ressourcen für kritische<br />

Metalle dar, die in Zukunft gewonnen werden könnten [4].<br />

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Bevor jedoch der Abbau und die Gewinnung kritischer Metalle vom Tiefseeboden erfolgen kann, ist eine genaue<br />

Exploration erforderlich, um wirtschaftlich rentable Vorkommen zu identifizieren und Abbautechniken müssen getestet<br />

und optimiert werden.<br />

Da Mn- Knollen entweder auf dem Meeresboden oder in den oberen 20 cm der Sedimente liegen, können sie ähnlich<br />

wie Kartoffeln auf dem Feld mit Hilfe eines Kollektorfahrzeugs mit einem mechanischen oder hydraulischen Aufnahmemechanismus<br />

geerntet werden [4] [5]. Im Kollektor wird das Sediment von den Knollen entfernt, die dann auf eine<br />

bestimmte Größe zerkleinert und in eine Pufferkammer am unteren Ende des vertikalen Steigrohrsystems gepumpt<br />

werden. Konsortien aus Südkorea, Indien, China und Europa (Bild 3) haben mehrere dieser Komponenten bis zu<br />

einem halbindustriellen Niveau entwickelt. Der vertikale Transport der Knollen erfolgt entweder mit Zentrifugalpumpen<br />

oder mit Lufthebern. Die Fortbewegung des Kollektors auf dem Meeresboden erfolgt bei den meisten Bergbaumaschinen<br />

über ein Raupenfahrwerk. Das Übertage-Bergbauschiff versorgt alle Unterwassersysteme mit Strom und<br />

steuert sie, außerdem beherbergt es Kapazitäten für die Erzaufnahme, die Lagerung und den Umschlag von Schiff<br />

zu Schiff.<br />

Bild 3. Manganknollenkollektor-Prototyp Patania II (GSR-DEME https://www.deme-group.com/news/deep-seabed-mining-robotpatania-ii-successfully-reconnected-mission-continues),<br />

der im Frühjahr 2021 begleitet durch Umweltuntersuchungen des JPI<br />

Oceans Projektes MiningImpact https://miningimpact.geomar.de/ in der CCZ getestet wurde<br />

Fe-Mn-Krusten sind wesentlich schwieriger abzubauen als Mn-Knollen, da sie fest mit dem Gesteinssubstrat der<br />

Hänge von Seebergen verbunden sind [6]. Bisher wurde kein Machbarkeitskonzept für den Abbau von FeMn-Krusten<br />

und keine entsprechende Technologie entwickelt, die in naher Zukunft an Seebergen eingesetzt werden könnte. In<br />

bisher entwickelten Konzepten für Massivsulfid-Abbau werden Förderwerkzeuge am Meeresboden sowie Steig- und<br />

Hebesysteme eingesetzt, die von der Offshore-Öl- und -Gastechnologie sowie dem Bergbau an Land inspiriert<br />

sind [7].<br />

4 Mögliche Umweltfolgen und soziale Auswirkungen von Tiefseebergbau<br />

Trotz aller wirtschaftlichen Interessen und scheinbaren Vorzüge von Tiefseebergbau ist es in der Anfangsphase<br />

dieser neuen Industrie wichtig, die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Tiefseebergbaus zu bedenken, und<br />

wie diese minimiert werden können, sollte der Abbau mineralischer Rohstoffe in der Tiefsee in Zukunft in industriellem<br />

Maßstab stattfinden. Dabei sind die möglichen Folgen spezifisch für den jeweiligen Rohstofftyp, sein Vorkommen<br />

und die eingesetzte Abbautechnologie (Bild 4). Während bereits über Jahrzehnte zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen<br />

zu möglichen ökologischen Folgen am Meeresboden und in der Wassersäule insbesondere von Manganknollenabbau<br />

durchgeführt wurden (z.B. MiningImpact https://miningimpact.geomar.de/; [8] [9] [10]), wurde der<br />

mögliche Ausstoß von Treibhausgasen durch Tiefseebergbau bisher kaum einbezogen [11], ebenso wie mögliche<br />

soziale und wirtschaftliche Folgen [3].<br />

Manganknollen befinden sich lose im und auf dem Sediment der Tiefsee-Ebenen der Ozeane in einer Umgebung,<br />

die durch hohen Druck, niedrige Temperaturen und eine sehr langsame Dynamik (bio)geochemischer Prozesse gekennzeichnet<br />

ist [4] [5]. Die Knollen dienen als Lebensraum für eine Vielzahl sessiler und mobiler Organismen (z. B.<br />

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Bakterien, Nematoden, Polychaeten, Holothurien, Fische, Korallen, Moostierchen und Schwämme), die sich typischerweise<br />

von Detritus und fäkalen Pellets ernähren, die von Zooplankton produziert werden, das von der Meeresoberfläche<br />

als Meeresschnee herabsinkt. Kollektorfahrzeuge, die über den Meeresboden fahren, zerstören nicht nur<br />

die Knollen und damit den Lebensraum für Organismen, die die Knollen als Hartsubstrat nutzen, sondern wirbeln<br />

auch das Sediment auf, wodurch bodenbewohnende und filtrierende Organismen effektiv bedroht werden. Darüber<br />

hinaus wird erwartet, dass sich die erneute Ablagerung des Schwebstoffs ebenfalls negativ auf diese Organismen<br />

auswirkt, da dies wahrscheinlich mit einer viel höheren Geschwindigkeit geschieht als die natürliche Sedimentation.<br />

Bild 4. Überblick über marine Rohstoffvorkommen, Abbauverfahren und Auswirkungen. Positive und negative Auswirkungen sind<br />

in grün bzw. rot dargestellt. Auswirkungen in Klammern weisen auf potenzielle Auswirkungen hin, die gut oder schlecht sein<br />

können, abhängig von externen Faktoren, wie z. B. der Verfügbarkeit wirksamer politischer Maßnahmen oder Initiativen zum<br />

Aufbau von Kapazitäten. Auswirkungen ohne Klammern sind sicher. Quelle: [12]<br />

FeMn-Krusten bieten festes Substrat für sessile filtrierende Taxa (z. B. Korallen, Schwämme) und eine Vielzahl mobiler<br />

Taxa, darunter Stachelhäuter, Tintenfische und Foraminiferen [6] [13]. Die Verteilung der Arten und die Zusammensetzung<br />

der Gemeinschaften variieren je nach Faktoren wie Wassertiefe, Strömung und Art des Substrats. Untersuchungen<br />

haben ergeben, dass die Seeberge wesentlich mehr Biomasse beherbergen als die Hänge der Kontinentalränder<br />

in derselben Tiefe. Die Entfernung der Krusten würde unweigerlich zu einer weitreichenden Zerstörung<br />

großer Lebensräume führen. Darüber hinaus könnte der Abbau von Krusten Partikelfahnen erzeugen, einschließlich<br />

resuspendierter Sedimente und abgeschliffener Krustenpartikel. Da sich auf Seebergen jedoch nur Sedimente auf<br />

Plateaus und in Spalten ansammeln, werden Größe und Verteilung der Partikelfahne wahrscheinlich viel kleiner sein<br />

als die durch den Knollenabbau erzeugte Fahne.<br />

Massivsulfid-Ablagerungen, insbesondere aktive hydrothermale Schlotfelder, bieten einzigartige Lebensräume für<br />

eine Vielzahl von hochspezialisierten Organismen (z. B. Garnelen, Röhrenwürmer und Bakterien) [7] [14]. Viele dieser<br />

Arten sind auf eine gut funktionierende symbiotische Beziehung mit bestimmten anderen Arten angewiesen. Die<br />

Auswirkungen des Massivsulfid-Bergbaus werden wahrscheinlich standortspezifisch sein, da die lokalen abiotischen<br />

Bedingungen variieren, einschließlich des Substrattyps, der Wassertiefe, der Temperatur, und der Zufuhr partikulärer<br />

organischer Stoffe von der Oberfläche. Insgesamt wird die vom Bergbau betroffene Fläche kleiner sein als die vom<br />

Knollen- oder Krustenbergbau beeinflusste Fläche, da sich die Abbautätigkeit größtenteils in den Untergrund erstrecken<br />

würde. Aufgrund der Einzigartigkeit einzelner aktiver Schlote würde der deren Abbau jedoch das Risiko bergen,<br />

seltene Lebensraumtypen und endemische Arten zu zerstören. Außerdem müssten aufgrund der geringeren Größe<br />

der Vorkommen wahrscheinlich mehr Standorte abgebaut werden. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass inaktive<br />

Schlotstandorte in Zukunft bevorzugt abgebaut werden, da sie größere Erzvorkommen bieten können und technisch<br />

einfacher abzubauen sind als aktive Schlotstandorte. Zwar ist zu erwarten, dass die Fauna hier der umgebenden<br />

Tiefseefauna der Region ähnlicher ist, da die typische Schlotfauna nur an aktiven Schlotstandorten überleben kann,<br />

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doch erschwert die geringe Anzahl ökologischer Studien an inaktiven Lagerstätten eindeutige Bewertungen der potenziellen<br />

Umweltauswirkungen des Bergbaus.<br />

5 Schlusswort<br />

Unabhängig von der Entscheidung für oder gegen den Tiefseebergbau sollte die Erforschung der Tiefsee-Ökosysteme<br />

und der potenziellen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Tiefseebergbaus fortgesetzt<br />

werden, da die vergangenen Jahrzehnte gezeigt haben, dass das Interesse an den Mineralvorkommen in der<br />

Tiefsee in regelmäßigen Abständen wiederkehren kann und künftige Generationen über eine solide Wissensgrundlage<br />

verfügen sollten, um Entscheidungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Fakten treffen zu können. Außerdem<br />

bietet sich für die europäische Industrie hier die Möglichkeit, durch möglichst umweltfreundliche Technologien<br />

Maßstäbe für internationale Umweltstandards zu setzen und zusammen mit der Politik und der Wissenschaft die<br />

Regulierungen der ISA und nationaler Tiefseebergbauvorhaben in nachhaltiger Weise zu unterstützen. Auf Basis der<br />

Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen kann gezielt Technologie entwickelt werden, die potentielle<br />

Schäden am Meeresboden und in der Wassersäule verringert oder ganz verhindert. Ebenso wichtig sind Sensoren<br />

und andere Technologien zur Überwachung der Meeresumwelt während und nach durchgeführten Abbauprojekten,<br />

um mögliche Umweltschäden zu erkennen und gegensteuern zu können.<br />

Schrifttum<br />

[1] Petersen, S. et al. (2016): News from the Seabed-Geological Characteristics and Resource Potential of Deep-<br />

Sea Mineral Resources. Marine Policy 70, 175–87.<br />

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6<br />

<strong>DVS</strong> 374


Entwicklung eines Mikro-Habitat Hyperbar-Schweißsystems<br />

E. L. Toups, Edinburgh; R. Morrison, Aberdeen, UK/Scotland<br />

Immer älter werdende Nordsee-Jackets, gepaart mit hohen Dauerbelastungen, Fertigungsfehlern, hoher Auslastung<br />

und einer geringen Redundanz führen schließlich zu Dauerrissen. Die Hochseebedingungen in der Nordsee<br />

verschärfen das Problem zusätzlich. Wird der Zustand nicht intensiv überwacht, können sich Ermüdungsrisse durch<br />

die gesamte Materialdicke und entlang des Umfangs einer Strebe recht schnell fortsetzen - schlussendlich versagt<br />

die Strebe. Bei einem Verlust an struktureller Integrität haben die Betreiber zwei Möglichkeiten; teure Reparaturen<br />

unter Wasser oder aber die Stilllegung des Bauwerkes/Anlage.<br />

DCN Diving erkannte diese Marktlücke und untersuchte alternative Reparaturstrategien, die zur Entwicklung des von<br />

DCN patentierten µ-Habitat Schweißsystems führten. Mit der Entwicklung von µ-Habitaten ist es nun möglich,<br />

schneller zu reagieren, Unterwasser-Reparaturen schneller und mit garantierter Qualität auszuführen, und das zu<br />

einem Bruchteil der Kosten bisher üblicher, angefertigter oder modularer Habitates.<br />

Durch die geringere Größe können wir die Kosten für Herstellung, Produktion und Handhabung des µ-Habitats<br />

vermindern. Außerdem reduziert der geringere Footprint die Installationszeit, vereinfacht die Abdichtung und das<br />

Entwässern offshore und spart so Zeit und Kosten.<br />

Wir verwenden eine Kombination von Faktoren für Produktentwicklung, Methoden zur Verbesserung von Verfahren<br />

wie AGILE 1 , SCRUM 2 und durchdachtes Design. Das vermindert die Rüstzeit und macht das System<br />

reaktionsschnell und dennoch flexibel. Zusätzlich setzen wir ein erfahrenes und speziell hierfür vorgesehenes<br />

Projektteam in Kombination mit standardisierten Produkten ein, was die Reaktionszeiten für Reparaturen weiter<br />

vermindert.<br />

Für hochqualitative Schweißungen sind eine trockene Umgebung, das Vorwärmen, Reinigen und Schleifen während<br />

des Ablaufs sowie der ungehinderte Zugang unerlässlich. Darüber hinaus validieren wir mit Prototyping,<br />

umfangreichen Funktionstests und Mock-ups das Habitat-Design vor der Inbetriebnahme durch Werksabnahmetests<br />

vor der Mobilisierung, um die ausfallsichere Leistung von µ-Habitat offshore sicherzustellen.<br />

µ-Habitat kann eine entscheidende Rolle bei der Gesamtstrategie zur Verlängerung der Lebensdauer für jede<br />

Offshore-Struktur spielen und letztendlich Kosten, Risiken und Produktionsausfallzeiten im Zusammenhang mit<br />

zukünftigen Unterwasserreparaturen minimieren.<br />

Abbildung 1. µ-Habitat<br />

1 AGILE – project management through iterative &incremental steps to deliver a project throughout its life cycle.<br />

2<br />

SCRUM – Scrum is one of the agile methodologies designed to guide teams in the iterative and incremental delivery of a product.<br />

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1 Einleitung<br />

Dieses Papier beschreibt das Konzept, Design, Aufbau und Tests eines einzigartigen µ-Habitat Systems, um die<br />

Anzahl zugänglicher Reparaturorte an einem typischen Jacket zu maximieren. Primäre und übergreifende Faktoren<br />

für das Design des µ-Habitat waren die Sicherheit der Taucher, die Risikominderung und die Wiederherstellung der<br />

Integrität des PlattformJackets. In zweiter Linie stand die Kostenreduzierung sowohl bei den (CAPEX – capital<br />

expenditure), als auch bei den Projektbetriebskosten (OPEX – operational expenditure).<br />

Zunächst galt es, Lücken im aktuellen Angebot an Technologien zur Reparatur von Unterwasserschweißnähten zu<br />

ermitteln. Somit wurde in einem ersten Schritt untersucht, welche Reparaturtechniken derzeit verfügbar sind und<br />

angewendet werden können. Der nächste Schritt bestand darin, jede Technik gegen die andere objektiv zu bewerten.<br />

Unterwasser-Nassschweißen und hyperbare Schweißreparaturen unter Verwendung konventioneller Habitate sind<br />

die führenden Schweißlösungen, die in der Industrie eingesetzt werden.<br />

2 Bestehende Unterwasser-Schweißreparaturtechnologien<br />

2.1 Konventionelles hyperbares Schweißen<br />

Hyperbares Schweißen: Ein konventionelles Habitat schließt die Reparaturstelle innerhalb des Habitats ein, dichtet<br />

um die defekte Struktur herum ab und entwässert dann den Bereich, indem es das Habitat mit Gas mit dem gleichen<br />

Druck in der Tiefe füllt. Der Taucher/Schweißer, inklusive kompletter Schweißausrüstung, kann die Schweißung im<br />

Trockenen ebenso, wie an der Oberfläche durchführen.<br />

Mehrere Unterwasser-Reparaturmethoden sind in der Lage, qualitativ hochwertige Unterwasser-Schweißnähte zu<br />

erzeugen, die die Schaffung eines Trockenraums zur Durchführung der Reparatur unter Wasser beinhalten.<br />

Konventionelle Trockenraum-Reparaturtechniken haben jedoch die folgenden Einschränkungen:<br />

• Es wird viel Zeit für Entwurf, Fertigung und Inbetriebnahme benötigt<br />

• Hohe Vorkosten<br />

• Oft kundenspezifische Konstruktion für eine bestimmte Schweißstelle oder Knotengeometrie<br />

• Aufwendiger und zeitraubender Aufbau und Abbau vor Ort, was zu einer kostspieligen Reparatur führt<br />

• Eingeschränkter Zugang aufgrund der Größe<br />

SCHUTZRAUM<br />

DICHTUNG<br />

OFFENE UNTERSEITE EINGANG/AUSGANG DICHTUNG<br />

Abbildung 2. Hyperbares Schweißhabitat<br />

2.2 Trockenes Punktschweißen<br />

Die Technik des trockenen Punktschweißens wurde bei Offshore-Strukturreparaturen mit unterschiedlichem Erfolg<br />

eingesetzt. Das Habitat schließt den zu schweißenden Bereich vollständig ein und isoliert ihn von der Umgebung.<br />

Das Habitat wird an der Struktur befestigt und von Wasser befreit. Heizelemente im Inneren des Habitats heizen das<br />

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Grundmetall auf das für das Schweißverfahren erforderliche Niveau vor. Beheiztes Inertgas zirkuliert durch das Habit<br />

und sorgt für eine kontrollierbare Umgebung um den Schweißbereich. Der Taucher/Schweißer schweißt von<br />

außerhalb des Habitats, indem er seine Schweißelektrode durch eine Reihe von kleinen Öffnungen im Habitat<br />

einführt. Im Inneren des Habitats wird eine positive Druckdifferenz aufrechterhalten, die jegliches Eindringen von<br />

Wasser verhindert.<br />

1<br />

9<br />

2<br />

6<br />

3<br />

7<br />

2<br />

8 5<br />

4<br />

1: Elektrode 2: Gasbläschen 3: innere Düse<br />

4: Schweißnaht 5: Lichtbogen 6: transparentes<br />

Gehäuse<br />

7: Hintergrundgas 8: Dichtung 9: Wasser<br />

Abbildung 3. Schematische Darstellung des trockenen Punktschweißprozesses mit Stabelektrode<br />

Das System scheint eine gute, einfache und wirtschaftliche Lösung zu sein. Basierend auf seiner Erfolgsbilanz kann<br />

man sicher sein, eine Schweißnahtreparatur der Klasse B zu erreichen. Der inhärente Nachteil ergibt sich jedoch<br />

aus der Tatsache, dass das Verbrauchsmaterial beim Übergang in den Trockenraum der feuchten Umgebung<br />

ausgesetzt ist. Trotz der Beschichtung besteht dadurch ein hohes Risiko, dass Feuchtigkeit in die Schweißnaht<br />

eindringt. Die Wärmebehandlung nach dem Schweißen ist eine mögliche Lösung, aber der Grad des Erfolgs bei der<br />

Entfernung von Restwasserstoff aus der Schweißnaht ist schwer zu quantifizieren und noch schwerer zu messen.<br />

Weitere Herausforderungen und Einschränkungen bei dieser Technik können Folgendes beinhalten:<br />

• Der Schweißprozess insbesondere die Schweißtechnik ist einzigartig und unterscheidet sich völlig vom<br />

traditionellen E-Handschweißen, sodass ein geübter, erfahrener Schweißer eine umfangreiche Schulung<br />

benötigt, bevor eine Reparatur durchgeführt werden kann. Somit stellt die verlängerte Dauer dieser<br />

Schulungs- und Qualifizierungsphase einen zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand für jedes<br />

Reparaturprojekt dar.<br />

• Das Habitat ist außer mit einem kleinen Bleistiftschleifer für kein anderes Werkzeug zugänglich, was einen<br />

erheblichen Nachteil bedeutet. Darüber hinaus hat der Schweißer aus der Qualitätsperspektive keine<br />

Möglichkeit, Unregelmäßigkeiten im Prozess, wie etwa Oberflächenfehler der Schweißnaht,<br />

eingeschlossene Schlacke, Oberflächenporosität, schlechte Stopp-Starts, Lichtbogenzündungen oder<br />

Stapelfehler, zu korrigieren.<br />

• Wenn sich der Schweißbrenner außerhalb des Habitats befindet, ist es nur möglich, maximal 50 % der<br />

Elektrode zu verwenden, was zu doppelt so vielen Stopps-Starts führt und das Potenzial zur Einführung von<br />

Schweißfehlern deutlich erhöht.<br />

2.3 Kofferdamm<br />

Ein Kofferdamm ermöglicht das Schweißen in einer trockenen Luftumgebung, wobei ein Stahlgehäuse um die<br />

Struktur herum abgedichtet wird, aber zur Atmosphäre hin offenbleibt. Die Schweißer betreten den Arbeitsbereich<br />

über die Oberseite der Einheit.<br />

Im Wesentlichen handelt es sich um eine wasserdichte Konstruktion, die den Reparaturort umgibt und zur<br />

Atmosphäre hin offen ist. Das Gehäuse kann nach oben offen sein oder ein geschlossenes Oberteil mit einem<br />

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Zugangsschacht zur Oberfläche (siehe Abbildung 6) haben. Unabhängig davon, ob der Kofferdamm nach oben offen<br />

ist oder einen Zugangsschacht hat, ermöglicht eine wasserfreie Umgebung die Reparaturdurch<br />

Trockenschweißungen unter atmosphärischen Bedingungen (El-Reedy, 2019).<br />

Abbildung 4. Primärer Eingang/Ausgang zum Kofferdamm (links) und typische aufblasbare Dichtung zur flexiblen Installation<br />

(rechts)<br />

DECK/PLATTFORM<br />

OFFENE OBERSEITE<br />

WASSERLINIE<br />

DICHTUNG<br />

SICHERUNG DURCH<br />

DRAHTSEILE<br />

Abbildung 5. Beispiel-Kofferdamm an einem Jacket Rohr installiert, bereit für eine Knotenschweißreparatur<br />

Reparaturen an Schiffsrümpfen mit Hilfe von Kofferdämmen sind üblich. Weniger üblich ist der Einsatz von<br />

Kofferdämmen bei großflächigen Reparaturen von Jackett Rohren. Abbildung 7 zeigt einen Kofferdamm, der bei<br />

einem Reparaturprojekt im Südchinesischen Meer eingesetzt wurde. Bis heute ist kein Fall bekannt, in dem ein<br />

Jacket durch die Anwendung eines Kofferdamms in der Nordsee repariert wurde. Eine Kofferdamm-Reparatur würde<br />

aufgrund der geringen Wassertiefe wahrscheinlich Lufttauchen erfordern.<br />

Eine Kofferdamm-Reparatur stellt viele einzigartige Sicherheitsherausforderungen dar.In Übereinstimmung mit dem<br />

Health and Safety at Work Act ist es notwendig, kontinuierlich nachzuweisen, dass die Risiken für schwere Unfälle<br />

so gering wie vernünftigerweise praktikabel (ALARP – As Low As Resonably Practicable) sind. (UK-<br />

Gesetzgebung, 2015)<br />

Die Einführung eines Kofferdammsystems würde eine „wesentliche Änderung“ des aktuellen<br />

Betriebssicherheitsnachweises bedeuten, da die vordefinierten Gefährdungen diese Aktivität nicht abdecken.<br />

Zusätzlich wirkt sich der Kofferdamm auf die Häufigkeit oder Folgenabschätzung anderer vordefinierter MAH aus,<br />

wie z. B. (UK-Gesetzgebung, 2015):<br />

• Kohlenwasserstoff-Brand oder -Explosionen- Folge eines Riser-Brandes, eines Topsides- oder eines<br />

Bohrlochvorfalls auf dem Kofferdamm<br />

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• Fallende Objekte - Aufprall von herabfallenden Gegenständen auf den Kofferdamm<br />

• Schiffskollisionen - Die direkte Kollision eines fahrenden Arbeitsschiffes mit dem Kofferdamm<br />

• Struktureller Zusammenbruch - Aufgrund der direkten Verbindung mit der bestehenden Primärstruktur<br />

und einer daraus resultierenden vorübergehenden oder dauerhaften Änderung der Lasten oder des<br />

Reaktionsverhaltens<br />

• Arbeiten in engen Räumen -Risiko in Bezug auf Notzugänge/Ausstiegswege<br />

Wenn das bewertete Risiko durch die Durchführung der Reparatur auf andere Weise als mit einem Kofferdamm<br />

verringert oder beseitigt werden kann, sollte der Betreiber dieses tun.<br />

2.4 Nassschweißen<br />

Beim nassen Unterwasserschweißen wird ein Lichtbogen zwischen dem Werkstück und einer wasserdicht<br />

beschichteten Elektrode gezündet, die nur durch das Gas, das durch die vom Schweißlichtbogen verursachte<br />

Zersetzung der Elektrodenumhüllung entsteht, vor dem Wasser geschützt ist.<br />

In vielen Branchen wird das Nassschweißen für die Durchführung von Unterwasserreparaturen eingesetzt.<br />

AWS D3.6M: Der 2017 Underwater Welding Code befasst sich mit den Anforderungen für die Ausführung von<br />

Schweißarbeiten unter Wasser im Nassbereich. Oft wird das Schutzgasschweißen (SMAW) für alle Lagen verwendet<br />

und stellt aufgrund der geringen Ausführungskosten und der Möglichkeit, schwer zugängliche Stellen zu erreichen,<br />

zunächst eine sehr attraktive Option für Schweißreparaturen dar. Die Wahrscheinlichkeit, eine Schweißnaht der<br />

Klasse A nach AWS D3.6M herzustellen, ist jedoch aus folgenden Gründen problematisch:<br />

• Die schnelle Abkühlung, die beim Nassschweißen aufgrund der flüssigen Umgebung auftritt<br />

• Erhöhte Wasserstoffkonzentration sowohl im Schweißgut als auch in der WEZ<br />

• Verminderte Beständigkeit gegen wasserstoffinduzierte Kaltrissbildung HIC<br />

• Wassertiefe bei den meisten Unterwasserreparaturen<br />

Die in der Industrie akzeptierte Grenze für das Nassschweißen liegt bei -30 m Tiefe. Bei weiteren Tiefen erfährt der<br />

Schweißlichtbogen die nachteiligen Auswirkungen von erhöhtem Druck. Es gibt Aufzeichnungen, in denen<br />

Nassschweißungen in -60m Wassertiefe erfolgreich durchgeführt wurden. Es sind jedoch wahrscheinlich erhebliche<br />

Investitionen erforderlich, um die Schweißzusätze und die Schweißtechnik an die anspruchsvollere Umgebung<br />

anzupassen. (Rowe et al 2002) So oder so sollte das Nassschweißen nicht ausgeschlossen werden.<br />

Weitere Herausforderungen beim Nassschweißen sind:<br />

• Wasserstoff-induzierte Rissbildung: Eine wesentliche Einschränkung beim Unterwasser-Nassschweißen ist<br />

die Anfälligkeit für die Bildung von wasserstoffinduzierter Rissbildung (HIC). Wasserstoffrissbildung entsteht<br />

durch ein anfälliges, d. h. hartes Gefüge, Wasserstoff im Schweißbad und Eigenspannung. Die einzige<br />

Möglichkeit, die Neigung zu HIC abzuschwächen, ist die Verlangsamung der Abkühlgeschwindigkeit, die<br />

Reduzierung der Wasserstoffaufnahme oder die Minimierung der Zugeigenspannungen. Dies ist jedoch<br />

problematisch für Unterwasser-Nassschweißungen, die den Elementen ausgesetzt sind. (Fydrych &<br />

Rogalski 2008)<br />

• Zugeigenspannungen: Zugeigenspannungen sind bei Schweißnähten, die im geschweißten Zustand<br />

belassen werden, üblich. Das effektivste Mittel zur Reduzierung dieser Spannungen ist die Durchführung<br />

einer Wärmebehandlung nach dem Schweißen (PWHT). Es ist jedoch nicht möglich, die PWHT unter<br />

Wasser durchzuführen. Zugeigenspannungen entstehen in Schweißnähten durch die thermische<br />

Ausdehnung beim Schweißen und die anschließende Kontraktion beim Abkühlen. Die Höhe der<br />

Zugeigenspannung in einer Schweißnaht variiert und hängt von mehreren Faktoren ab, d. h. Dicke,<br />

Verbindungsdesign, Wärmeeintrag und Höhe der Einspannung. Diese Spannungen können gleich der<br />

Streckgrenze des Grundmaterials sein. (Fydrych & Rogalski 2013)<br />

• Diffusionsfähiger Wasserstoff: Beim Schweißen unter Wasser ist die Schweißbarkeit von Stahl durch die<br />

Neigung zum Auftreten von HIC und Porosität begrenzt. Wasser als Schweißumgebung stellt eine<br />

zusätzliche Wasserstoffquelle dar und erhöht gleichzeitig die Abkühlgeschwindigkeit der Schweißung. Daher<br />

ist die Begrenzung des diffundier baren Wasserstoffs in Nassschweißungen entscheidend für die<br />

Vermeidung von Rissbildung. Zur Begrenzung der Wasserstoffaufnahme im Schweißgut und in der WEZ<br />

werden unter Wasser verschiedene Methoden und Techniken eingesetzt, z.B. Schweißstrom,<br />

Elektrodenabdichtung und Legierungszusätze in der Elektrodenumhüllung.(Fydrych et al 2015)<br />

• Anfällige Mikrostruktur: Die Abkühlungszeiten von Schweißnähten unter Wasser sind viel kürzer als an der<br />

Oberfläche an Luft. Dieser Wasserabschreckungseffekt erhöht den Härtegrad in der Wärmeeinflusszone und<br />

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erhöht die Eigenspannungswerte. Die Begrenzung von Härtegraden unter 400HV10 erweist sich unter<br />

Wasser als Herausforderung. Hohe Härte und Zugspannungen erhöhen die Neigung zum Auftreten von HIC<br />

in Nassschweißnähten dramatisch. In Stählen mit einer relativ geringen Festigkeit, einem geringen<br />

Kohlenstoffgehalt und einem geringen Kohlenstoffäquivalent können sich leicht Risse bilden. (Fydrych &<br />

Kozak 2006)<br />

3 µ-Habitat<br />

Das µ-Habitat ist ein neues Konzept, bei dem der Taucher/Schweißer seine Arme in ein Paar Handschuhe steckt,<br />

die in den Körper des Habitats integriert sind. Dadurch kann auf traditionelle Weise im Trockenen geschweißt<br />

werden: Ein Konzept, das sich bereits bei der Reparatur von Unterseekabeln bewährt hat. Dieses µ-Habitat isoliert<br />

einen Bereich und bietet eine trockene, kontrollierbare Umgebung zum Schweißen. Ein µ-Habitat hat den Vorteil,<br />

dass man sich nicht mit einer anspruchsvollen Schweißtechnik auseinandersetzen muss, da der Taucher/Schweißer<br />

effektiv so schweißt, wie er es an der Oberfläche tun würde. Das µ-Habitat bietet auch die Möglichkeit, eine NDE<br />

durchzuführen, und zwar im Trockenen, während das Habitat noch an Ort und Stelle ist.<br />

Abbildung 6. µ-Habitat<br />

Obwohl das µ-Habitat noch nicht erprobt war, fand man in der Konzeptionsphase keine Hinweise darauf, dass das<br />

Konzept nicht funktionieren könnte.Bevor jedoch mit dem detaillierten Design und der Herstellung fortgefahren<br />

werden kann, sind noch einige wichtige Herausforderungen zu bewältigen:<br />

• Sicherheitsbedenken bezüglich der Arme des Tauchers im Inneren des Habitats und der Auswirkungen<br />

des Differenzdrucks.<br />

• Die Sicht des Schweißers kann beim Schweißen in Überkopfposition beeinträchtigt sein.<br />

• Die Bestimmung des Schwierigkeitsfaktors der Schweißtechnik angesichts der eingeschränkten<br />

Armbewegung.<br />

4 Taucher-Sicherheit<br />

4.1 Regulatorische Maßnahmen<br />

Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen des (Health & Safety at Work Act 1974, 2019) bezüglich des<br />

Managements der Gefahr schwerer Unfälle (MAH – Major Accident Hazards) auf Offshore-Installationen, die durch<br />

verschiedene Branchenvorschriften festgelegt sind, nämlich The Offshore Installations (Offshore Safety Directive)<br />

(Safety Case etc.) Vorschriften 2015. (UK-Gesetzgebung, 2015) Diese Vorschriften zusammen bestimmen einen<br />

MAH durch Definition innerhalb des Approved Code of Practice. (Health and Safety Executive 2014) Hier sind nicht<br />

alle aufgeführt, aber die für die Diskussion zutreffendste Definition lautet wie folgt:<br />

„Der Ausfall von Lebenserhaltungssystemen für Tauchvorgänge in Verbindung mit der Anlage, das Lösen einer<br />

für solche Vorgänge verwendeten Taucherglocke oder das Einschließen eines Tauchers in einer Taucherglocke<br />

oder einer anderen für solche Vorgänge verwendeten Unterwasserkammer.“ (UK-Gesetzgebung, 2015)<br />

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