civitas_winter_2021
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TRAUER
AUSTAUSCH
Im Gespräch mit Frau Schimanski, 50 Jahre, Köln-Buchheim
In unserer Kirchengemeinde gibt es seit vielen Jahren einen „Arbeitskreis Trauerpastoral“.
Viele Angebote finden in Kooperation mit dem Hospizverein Köln-Mülheim und der evangelischen
Kirchengemeinde Mülheim am Rhein statt.
Neben dem Trauercafé lädt Katja Schminanski zu „Trauerspaziergängen“ ein. Darüber
und über das, was ihr die Kraft für diese Aufgabe gibt, erfahren wir im folgenden Gespräch
mit ihr.
Sie arbeiten im Hospiz in Köln-Nippes. Was sind da
Ihre Aufgaben?
Die Tätigkeit als Krankenschwester im Hospiz umfasst
verschiedene Aufgaben. Ich unterstütze unsere
Gäste bei der Körperpflege je nach Wunsch und
Bedarf und übernehme die komplette medikamentöse
Behandlung nach ärztlicher Anordnung. So ist
es möglich, Medikamente schnell und zielgerichtet
verabreichen zu können, um die Beschwerden von
schwertstkranken Menschen zu lindern, und verbleibende
Lebenszeit auch lebenswert zu machen. Ich
bin Ansprechpartner für die Angehörigen, Behörden,
Krankenkassen und für alle Belange, die unsere Gäste
angehen. Eine Vermittlung von seelsorgerischen und
ehrenamtlichen Angeboten gehört auch dazu.
Ehrenamtlich leiten Sie ein Trauercafe, arbeiten in
unserer Gemeinde in der Trauerpastoral mit und laden
immer wieder zum Trauerspaziergang ein. Wie
geht so ein Trauerspaziergang, was passiert dabei?
Das Trauercafé ist keine ehrenamtliche Tätigkeit für
das Hospiz. Da ich die Weiterbildung zur Trauerbegleiterin
habe, kann ich dem Hospiz die Möglichkeit
bieten, dieses Angebot zu machen. Im Dienstplan
ist der 1. Donnerstag im Monat ein fester Termin.
Das Trauercafé macht mir große Freude und ist ein
großes Geschenk für mich.
Ich kann ausprobieren, was ich gelernt habe und
mich weiter entwickeln. Zudem lerne ich soviel von
den Gästen des Cafés und bin immer wieder dankbar
für das Vertrauen, welches mir entgegen gebracht wird.
Genauso ist es mit den Trauerspaziergängen.Was
passiert dabei? Einen Spaziergang kennt jeder, und
ich gebe mit dem Vorlesen eines Textes zum Thema
und dem Ritual am Ende dem ganzen einen speziellen
Rahmen.
Ich glaube, es ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren,
die einen Trauerspaziergang besonders machen.
Zum einem, die bewußte Auseinandersetzung mit
der Trauer, jeder hat das gleiche Thema und weiß,
worum es bei diesem Spaziergang geht. Zum anderen
kann die Bewegung in der Natur eine heilsame
Wirkung haben. Die Sinne werden angesprochen,
manch einer findet in Gesellschaft und Bewegung die
Sprache eher wieder als alleine mit seinen Gedanken.
Denn der Austausch mit Menschen, die in der
gleichen Situation sind, wird immer wieder als sehr
erleichternd und unterstützend empfunden.
Das Ritual am Ende, mit dem Suchen und Finden des
"richtigen" Steines, das Beschriften und die Übergabe
an den Rhein, das fließende Gewässer, vertraut und
doch immer anders, bietet einen runden Abschluß.
Wie kommen Sie mit den Erfahrungen von Tod und
Sterben, Abschied nehmen und Trauer zurecht?
Was sind ihre Quellen, die ihnen Kraft zu dieser
Aufgabe geben?
Der Umgang mit dem schweren Themen des Lebens
ist nicht nur belastend, sondern hat eine prägende
und durchaus auch positive Wirkung.
Ich habe gelernt, dass Gesundheit keine Selbstverständlichkeit
ist, und wie zerbrechlich ein Lebenskonzept
sein kann. Dies macht mich demütig dem
Leben gegenüber und hilft mir, das Glück in den
kleinen und alltäglichen Freuden des Lebens zu
sehen und zu finden. Nach dem Motto: Mehr vom
Leben durch Umgang mit dem Tod.
Um mit den vielfältigen Eindrücken zurecht zu
kommen und nicht selber Schaden zu nehmen, ist
auch der Austausch mit den Arbeitskollegen wichtig,
ebenso Supervision unter professioneller Leitung
und die Wahrnehmung der eigenen Grenzen, sowie
die Nutzung von eigenen Ressourcen.
Was gibt mir Kraft und was treibt mich an? Kraft
gibt mir, unter anderem auch der christliche Glaube
und die Überzeugung, dass wir Menschen alle miteinander
verbunden sind.
Wenn wir aufeinander Acht geben und uns gegenseitig
unterstützen, geht es uns gut. Zudem fühle ich
mich vom Leben reich beschenkt mit Liebe, Glaube
und Hoffnung, wie sollte ich davon nichts abgeben?
Ich interessiere mich für Menschen und ihre Geschichten.
Wie sie mit Veränderungen umgehen und
was sich daraus entwickelt. Das finde ich spannend
und freue mich, wenn ich durch meine Begleitung
einen Teil dazu beitragen kann.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Dieses Interview führte Wolfgang Obermann
Informationen zu unserem Trauercafé und dem
Trauerspaziergang finden Sie unter:
www.clemens-mauritius.de/trauerpastoral
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