Ausgabe 03-2021
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FLUT <strong>2021</strong> – unsere Branche hilft<br />
hatten. Von den mehr als 3000 beschädigten Gebäuden wurden<br />
mindestens 467 zerstört, darunter fast 200 Wohnhäuser.<br />
Mehrere Kilometer Straßen wurden komplett zerstört, über 73,9<br />
Kilometer Straßen, Wege und Brücken an der Ahr wurden beschädigt.<br />
Eine Richtungsfahrbahn der im Bau befindlichen Ahrquerung<br />
der Bundesstraße 9 bei Sinzig ist durch einen unterspülten<br />
Pfeiler abgesackt und wird daher abgerissen. Auf der<br />
Ahrtalbahn wurden mindestens sieben Eisenbahnbrücken und<br />
rund 20 Kilometer Gleis durch Über- und Unterspülungen zerstört.<br />
(…) Die 1600 bei der Handwerkskammer und Industrieund<br />
Handelskammer angemeldeten Betriebe im Ahrtal erlitten<br />
geschätzte Sachschäden von insgesamt 560 Millionen Euro.“<br />
Nicht nur das Ahrtal traf eine Tragödie. Nicht nur die Menschen<br />
und Unternehmen, die in diesem Bericht erscheinen,<br />
haben Unvorstellbares erlebt und geleistet. Sie stehen hier<br />
als ein Beispiel für den Einsatz vieler. Beim Redaktionsschluss<br />
am 27. August ist das Handynetz stabilisiert, der Strom fließt<br />
teilweise wieder. Die größten Schuttberge sind beseitigt, Straßen<br />
zumindest geschottert und provisorisch befahrbar. Die<br />
Ahr, wieder in ihrem schmalen Bett, kann auf Behelfsbrücken<br />
überquert werden, die das Technische Hilfswerk und die Bundeswehr<br />
gelegt haben. In einigen Gemeinden gibt es wieder<br />
Trinkwasser, andere sind weiterhin auf Tankwagen und die Reinigungsanlagen<br />
des THW angewiesen.<br />
Verzweifelte Menschen dürfen nicht mal aufräumen<br />
Im Ahrtal ist nahezu jeder Ort betroffen. Zum Beispiel Dernau:<br />
In dem beschaulichen Dörfchen mit 1700 Einwohnern sind 20<br />
Häuser komplett zerstört – wieviele so stark beschädigt sind,<br />
dass sie abgerissen werden müssen, ist noch nicht abzusehen.<br />
Auch das ist eine kaum erträgliche Belastung: Die Menschen<br />
versuchen, ihr Haus zu retten, um es am Ende vielleicht doch<br />
aufgeben zu müssen. Und als ob das nicht genug ist, wird<br />
auch die Versicherungsbürokratie zur Bedrohung: Verzweifelte<br />
Eigentümer dürfen ihren Schutt nicht wegräumen, solange die<br />
Versicherungen nicht vor Ort sind. Und wo der Strom zum Aufladen<br />
der Handys fehlt, lassen sich weder Schutt noch Schäden<br />
dokumentieren.<br />
„Aufräumen“ hieß vielfach „plattwalzen“: Wochenlang waren<br />
Bergepanzer im Einsatz. Und so beherrschen nicht die Farben<br />
des Sommers das Bild, sondern leblose staubig-grau-braune<br />
Flächen. Darüber stinkt ein Gemisch aus Kanal, Öl, Benzin,<br />
Chemie und verrottenden organischen Stoffen jeder Art.<br />
Helferin der ersten Stunde: Einsatz privat und als Profi<br />
Monika Hilger führt gemeinsam mit ihrer Schwester Heike die<br />
G. Hilger GmbH, ein Unternehmen für Abfall-, Recycling- und<br />
Kanaldienstleistungen. Als sie am 15. Juli aufwacht in ihrem<br />
gemütlichen Zuhause in Oberzissen rund 15 Kilometer südlich<br />
der Ahr, hat sich die Welt verändert. Zuerst reagiert die private<br />
Monika Hilger: Sie bereitet in ihrem Haus Zimmer für Flutvertriebene<br />
vor, sammelt Kleider, die sie spenden kann, organisiert<br />
und verteilte Suppe für Helfer, die schnell vor Ort sind. Die ersten<br />
Kanaler werden auf dem Boden ihres Wohnzimmers schlafen.<br />
Dann treten die Unternehmerinnen Hilger auf den Plan:<br />
Kanäle klar machen und Abfall jeder Art entsorgen – das ist<br />
ihr Geschäft und genau das ist hier sofort und dringend nötig.<br />
Auch Björn Saemann, Gründer und Chef der KSM Umweltdienste<br />
GmbH & Co. KG aus dem hessischen Bischofsheim,<br />
ist schnell zur Stelle. Die Lage von KSM in Bischofsheim, direkt<br />
in der Mainspitze zwischen Rhein und Main, hat Saemann zum<br />
fluterfahrenen Hochwasserspezialisten gemacht. Saemann,<br />
der auch 2013 beim Einsatz in Dresden gefragt war, kennt<br />
Hilger: Er ruft an, lässt sich die Lage schildern – und bietet<br />
sofortige Unterstützung.<br />
RO-KA-TECH Journal <strong>03</strong> / <strong>2021</strong> | 11