Perspektiven Abbildung 1. Die deutschsprachige Version des Montreal Cognitive Assessment (MoCA). Copyright Z. Nasreddine MD. Reproduced with permission. It is mandatory to follow the online MoCA © Training and Certification Program to administer and score the MoCA © . Copies are available at www.mocatest.org. 36 1/22 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven Abbildung 2. Der MoCA-Test in deutscher Sprache mit Entscheidungsbaum zur Interpretation (siehe Thomann et al. [57] für Details). rechter Diagnose (timely diagnosis) gesprochen, wenn die Diagnose gestellt wird, sobald betroffene Menschen erstmals beunruhigt sind und Hilfe beanspruchen, nachdem sie selbst, Angehörige oder andere Personen Veränderungen ihrer Kognition, ihres Verhaltens oder ihrer Alltagsbewältigung festgestellt haben [44]. In der Schweiz hat sich der Begriff des «case findings» entsprechend der Empfehlung der Swiss Memory Clinics eingebürgert [45]. «Case finding» bedeutet, dass die Diagnostik dann eingeleitet werden soll, wenn sogenannte «red flags» für das Vorliegen einer Demenzerkrankung vorliegen, d. h.: • wenn der Betroffene selbst Beschwerden schildert. • wenn Angehörigen, Spitex-Mitarbeitenden oder anderen Personen Symptome einer möglichen Demenzerkrankung auffallen. • wenn der betreuende Arzt Hinweise für das mögliche Vorliegen einer Demenzerkrankung hat (Termineinhaltung, Medikamentenmanagement). • wenn Schwierigkeiten bei der Erledigung von Finanzen auftreten (neu vorkommende Mahnungen) oder wenn sich eine Amtsstelle wegen Auffälligkeiten meldet (z. B. Fahrtauglichkeit). • wenn der Betroffene ein Delirium durchgemacht hat. Der Prozess der Früherfassung beginnt demnach nicht mit einem aktiven Suchen nach kognitiven Defiziten über Fragen und Testverfahren, sondern vielmehr mit einer Wachsamkeit für die genannten «red flags». Pentzek M et al. sprechen daher auch bewusst nicht von Früherkennung sondern von Frühwahrnehmung [46]. Hemmeter U et al. haben im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie (Teilprojekt NDS 6.1.) [33] Empfehl ungen in den Bereichen Früherkennung, Diagnostik und Behandlung für die Grundversorgung erarbeitet und publiziert [47]. Sie beziehen sich in diesem Empfehlungsschreiben mehrfach auf die «red flags» und spezifizieren diese in Anlehnung an Bürge M et al. [45] etwas genauer (Tab. 1). Eigen- und Fremdanamnese – Screening-Test zur Beurteilung der Kognition In einer grossen Kohorten-Studie in Deutschland konnte nachgewiesen werden, dass bei nicht demenzbetroffenen Menschen im Alter über 75 Jahren sowohl das Gefühl einer kognitiven Leistungseinbusse wie auch Sorgen, eines Tages eine Demenzerkrankung zu entwickeln, mit einem erhöhten Risiko einhergehen, im Laufe der kommenden Jahre tatsächlich an einer Demenz zu erkranken [48, 49]. Die subjektiv wahrgenommene Einbusse der kognitiven Leistungsfähigkeit allein war nur bei Frauen ein isolierter Prädiktor für die Entwicklung einer späteren Demenz, bei Männern war dies nur der Fall in Kombination mit Sorgen, später eine Demenzerkrankung zu entwickeln. Sobald Hinweise bestehen für das mögliche Vorliegen einer Demenzerkrankung, ist es die Aufgabe des Hausarztes, eine eingehende Anamnese inklusive Frem d- anamnese vorzunehmen. Wenn in dieser hausärztlichen Erstkonsultation ein Screening-Tool zur Erfassung einer evtl. Demenzerkrankung zur Anwendung gelangen soll, eignet sich hierfür am ehesten der in der Memory Clinic Basel entwickelte BrainCheck, zumal dieser Test neben einer direkten kurzen Befragung zusätzlich einen Uhrentest und eine Angehörigen-Befragung enthält. Dieser Test kann als Papier-Bleistift-Test durchgeführt werden, steht aber auch online auf www.braincheck.ch zur Verfügung [50]. Ergibt der BrainCheck, dass weitere Abklärungen indiziert sind, soll in der Hausarztpraxis ausser der Anamnese ebenfalls eine somatische und psychische Befunderhebung erfolgen, ergänzt durch einen kurzen Test, zur Erfassung der neurokognitiven Fähigkeiten. In der Schweiz wird nach wie vor am häufigsten der Mini-Mental Status (MMS)-Test [51] verwendet. Allerdings ist dieser Test allein für die Detektion früher Stadien einer Demenzerkrankung zu wenig sensitiv. Die Ergänzung des MMSE-Tests durch den Uhrentest ist deutlich sensitiver [52]. Seltener gelangen in schweizerischen Hausarztpraxen der MoCA-Test [53], der Trail Making Test (Zahlenverbindungstest) [54] und der DemTec-Test [55] zur Anwendung [22]. Generell wird in den Nationalen Empfehlungen [45] zur neurokognitiven Erstbeurteilung von älteren Personen in der hausärztlichen Praxis das Montreal Cognitive Assessment (MoCA; www.mocatest.org) empfohlen. Die Anwendung ist nicht auf ärztliche Fachpersonen beschränkt; dieser Test kann durchaus auch von anderen geschulten Gesundheitsfachpersonen eingesetzt und ausgewertet werden. Der MoCA-Test wurde für das deutschsprachige Europa von der Memory Clinic der Universitären Altersmedizin FELIX PLATTER Basel normiert [56] und validiert [57]. Zudem wurde eine Umrechnungstabelle von MoCA-Werten zu MMS-Werten (und umgekehrt) entwickelt, um dem Kliniker die Benützung des MoCA zu erleichtern. Diese Informationen stehen auf www.mocatest.ch zur Verfügung. Der MoCA-Test (siehe Abb. 1) besteht aus zwei Teilen: 1. Aufgaben, die dem Patienten vorgelegt werden müssen (Zahlen-Buchstaben alternierend verbinden, Würfel abzeichnen, Zifferblatt zeichnen, Tiere benennen). 2. Aufgaben, die der Untersuchende dem Patienten mündlich stellt. Diejenigen Personen, die 12 oder weniger Jahre Ausbildung – d. h. die Summe aller Schul- und Ausbildungsjahre – haben, erhalten 1 zusätzlichen Punkt. Der maximale Totalscore beträgt 30 Punkte (auch wenn man ≤ 12 Jahre Ausbildung hatte). Der Test untersucht folgende kognitive Bereiche: Visuospatiale Fähigkeiten, Benennen, Gedächtnis (Lernen), Aufmerksamkeit, Sprache, Gedächtnis (Erinnern), Abstraktionsvermögen und Orientierung. Der MoCA und ein entsprechendes Manual sind auf www.mocatest.org nach einer einfachen Registrierung in vielen <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/22 37