vsao Journal Nr. 1 - Februar 2022
Norm - Von Schrauben bis Sellerie Psycholeptika - Manager des eigenen Schlafes Demenz - Früherkennung in der Praxis Politik - Zulassungsstopp: das Zahlenrätsel
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Politik<br />
Glaubt, was Ihr wollt (?)<br />
I<br />
ch bin geimpft und geboostert. Nicht weil ich ein Impffan<br />
bin, der die nächste Gelegenheit zu einer Spritze kaum<br />
erwarten kann. Sondern weil mir dies nach allem, was ich<br />
gehört und gelesen habe, vernünftig erscheint und ich es<br />
bisher als einzigen Ausweg aus der Pandemie sehe. In meinem<br />
Umfeld kenne ich mehrere Personen, die sich nicht haben<br />
impfen lassen. Wie wir alle mittlerweile zur Genüge wissen,<br />
bietet das Thema erhebliches Konfliktpotential. Ich schätze es<br />
darum, dass ich bisher die Beziehung zu Leuten, die mir wichtig<br />
sind, trotz Gesprächen auch zu diesem Thema nicht verloren<br />
habe. Ein Punkt dabei ist mir aber speziell hängengeblieben.<br />
Ich bin ein medizinischer Laie, und selbst wenn<br />
ich mich über ein medizinisches Thema informiere,<br />
bin ich mir bewusst, dass ich<br />
noch kein halber Arzt bin. Für medizinische<br />
Entscheidungen bin ich auf<br />
den Rat von Fachleuten angewiesen.<br />
Ich überlege selbst und ich entscheide<br />
am Ende selbst. Aber die<br />
Fachmeinungen zu medizinischen<br />
Fragen bleiben für mich zentral.<br />
Unsere Medien haben immer und<br />
immer wieder über die schwierige<br />
Situation in den Spitälern berichtet,<br />
insbesondere auf den Intensivstationen.<br />
Die Aussagen dazu stammten oft<br />
von direkt betroffenen Ärztinnen und Ärzten<br />
verschiedener Fachrichtungen und aus<br />
fast allen Regionen der Schweiz. Inhaltlich sagten<br />
alle das Gleiche: Die Lage in den betroffenen Kliniken sei<br />
sehr angespannt oder sogar mehr als dies, das Personal extrem<br />
gefordert und zahlenmässig immer weniger. Solche Berichte<br />
deckten sich mit Rückmeldungen aus meinem persönlichen<br />
medizinischen Umfeld.<br />
Auf den<br />
Punkt<br />
gebracht<br />
Zahlen zeigen, und mit der Einschätzung der Expertinnen und<br />
Experten des Bundes.<br />
Hinzu kommt: Wir sind in der Schweiz. Vergleiche mit Diktaturen<br />
sind absurd. Hier gibt es keine gleichgeschaltete und<br />
staatlich unterdrückte Ärzteschaft, in der sich niemand zu<br />
äussern wagt. Das Gleiche gilt für unsere Medien. Das war vor<br />
der Pandemie so und ist es immer noch. Wenn die Berichte<br />
aus den Intensivstationen erfunden wären, würden wir das<br />
erfahren, und zwar öffentlich, direkt und nicht durch Gerede<br />
über drei Ecken von Leuten, die angeblich die wahre Wahrheit<br />
kennen.<br />
Natürlich hilft es nicht, wenn ein Nationalrat<br />
mit seiner saloppen Aussage<br />
«In Inten sivstationen ist es immer<br />
tragisch» die aktuellen Berichte aus<br />
den Spitälern negiert und verharmlost.<br />
Das ist billiger Populismus<br />
und verantwortungslos. Und es<br />
hilft auch nicht, dass die Kommunikation<br />
aus Bundesbern nicht<br />
immer widerspruchsfrei und<br />
nachvollziehbar ist. Klar passieren<br />
auch da Fehler. Das ist gar nicht<br />
anders möglich. Es dürfte jedoch die<br />
Akzeptanz in der Bevölkerung nicht<br />
mindern, wenn solche offen eingestanden<br />
und transparent korrigiert würden.<br />
Aber noch einmal: Wir sind in der Schweiz.<br />
Wie kann man hier alle diese Berichte und Warnungen<br />
ignorieren und ernsthaft anzweifeln, dass die Lage in den<br />
Spitälern prekär ist…?!?<br />
Bild: zvg<br />
Mit ziemlichem Erstaunen habe ich in den eingangs erwähnten<br />
Gesprächen festgestellt, dass diese Aussagen teilweise schlicht<br />
nicht geglaubt werden. Das hätte ich so nicht erwartet. Es ist<br />
ja nicht so, dass ein oder zwei Ärztinnen oder Ärzte irgendwo<br />
in der Schweiz ein Problem für das gesamte Schweizer Gesundheitswesen<br />
heraufbeschwören. Da wäre ich auch zurückhaltend<br />
und würde denken, dass es wohl nicht so schlimm sein kann.<br />
Die Schilderungen erfolgten aber flächendeckend, regelmässig<br />
sachlich und direkt von den Fachleuten vor Ort. Die Ärztinnen<br />
und Ärzte wollen nicht mehr Patienten für sich «generieren»,<br />
sondern weniger. Die Warnungen deckten sich zudem mit dem<br />
Gesamtbild, das die von Behörden und Spitälern publizierten<br />
Simon Stettler,<br />
Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 1/22 9