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24<br />
DEBAT TE<br />
Die Debatte<br />
Wer im Buchhandel arbeitet, liest gern – und diskutiert auch gern über Bücher. Deshalb laden wir<br />
jeweils zwei Mitarbeitende von Orell Füssli mit einer Neuerscheinung ihrer Wahl zu einem Streitgespräch<br />
ein. Die verbalen Klingen kreuzen Simon Lüthi und Laura Masakorala vom Stauffacher Bern.<br />
AUFZEICHNUNG UND FOTO: MARIUS LEUTENEGGER<br />
Laura Masakorala, 24,<br />
schloss vor einem Jahr<br />
ihre Lehre zur Buchhändlerin<br />
ab. Seither arbeitet sie in<br />
der Belletristik-Abteilung<br />
im Stauffacher Bern. Daneben<br />
büffelt sie für die Berufsmatura.<br />
«Bücher sind einfach<br />
meine Leidenschaft»,<br />
sagt sie.<br />
Simon Lüthi, 30,<br />
wohnt in Bern. Zwei Jahre<br />
lang arbeitete er in der<br />
Buchhandlung von Orell<br />
Füssli im Bahnhof Bern,<br />
seit Frühjahr 2020 leitet<br />
er im Stauffacher den<br />
Sach- und Fachbuchbereich<br />
im ersten Stock. «Ich lese<br />
querbeet», sagt Simon Lüthi.<br />
Neben Büchern mag er<br />
Reisen, Sprachen, Kochen<br />
und Musik.<br />
Laura, du hast für unsere Debatte «Die Gezeiten gehören<br />
uns» von Vendela Vida ausgesucht. Warum?<br />
Laura Masakorala (LM): Ich erhielt von Hanser ein<br />
Leseexemplar. Diesen Verlag mag ich sehr, die meisten<br />
Bücher, die er veröffentlicht, sind sehr gut. Und dann<br />
hat mich auch das Cover angesprochen.<br />
Wovon handelt das Buch?<br />
LM: Es geht um eine Jugendliche, Eulabee, die in<br />
den 1980er-Jahren San Francisco lebt. «Die Gezeiten<br />
gehören uns» ist ein klassischer Coming-of-Age-Roman,<br />
der vom Erwachsenwerden erzählt. Eulabee<br />
hat eine Freundin, Maria Fabiola. Am Vormittag sind<br />
die beiden zwei brave Schulmädchen, am Nachmittag<br />
ziehen sie herum, gehen zum Strand und an die<br />
Klippen. Um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen,<br />
erfindet Maria Fabiola gern Lügengeschichten. Eine<br />
solche entwickelt sie auch im Zusammenhang mit<br />
der Begegnung mit einem Mann. Sie verschwindet<br />
für ein paar Tage und behauptet anschliessend, sie<br />
sei entführt worden. Eulabee vermutet, dass diese<br />
Geschichte erfunden ist. Doch weil sie sich die Schuld<br />
am Tod ihres Freunds gibt, verschwindet Eulabee<br />
ebenfalls für ein paar Tage – und behauptet dann,<br />
von denselben Leuten entführt worden zu sein wie<br />
Maria Fabiola.<br />
DIE GEZEITEN<br />
GEHÖREN UNS<br />
Vendela Vida<br />
288 Seiten, CHF 33.90<br />
Hanser<br />
MÜLL<br />
Wolf Haas<br />
288 Seiten, CHF 34.90<br />
Hoffmann und Campe<br />
Ein veritabler Krimi!<br />
Simon Lüthi (SL): Nein, wirklich ein Coming-of-<br />
Age-Roman. Das Erwachsenwerden wird sehr gut<br />
beschrieben, in vielen kleinen Anekdoten.<br />
LM: Genau, eigentlich dreht sich «Die Gezeiten<br />
gehören uns» darum, was einen als Jugendliche beschäftigt.<br />
Das sind manchmal Dinge, die den anderen<br />
völlig nebensächlich vorkommen.<br />
Ein Beispiel?<br />
LM: Eulabee geht an ein Fest und setzt sich stark<br />
damit auseinander, was sie anziehen soll. Sie kauft<br />
sich ein neues Kleid und ist extrem stolz darauf – aber<br />
eigentlich nimmt niemand davon Notiz, wie schön sie<br />
sich gemacht hat.<br />
Solche Situationen kennen wir alle …<br />
SL: Genau! Man wird immer wieder an eigene<br />
Erlebnisse aus der Jugend erinnert.<br />
Wie hat dir denn das Buch gefallen, Simon?<br />
SL: Ich weiss, die Zusammenfassung des Buchs<br />
klingt vielleicht nicht so spannend, aber ich habe<br />
diesen Roman wirklich gern gelesen, ich wollte wissen,<br />
wie es den Mädchen ergeht. Nur den Schluss fand ich<br />
nicht so gut. Da gibt es einen Sprung ins Jahr 2<strong>01</strong>9,<br />
Eulabee und Maria Fabiola begegnen einander wieder.<br />
Das hätte ich nicht gebraucht.<br />
LESEN 1/<strong>2022</strong> – ORELLFÜSSLI.CH