08.04.2022 Aufrufe

lass fallen anker

Ausgabe 2022 von "lass fallen anker" der Deutschen Seemannsmission e.V. in Hamburg

Ausgabe 2022 von "lass fallen anker" der Deutschen Seemannsmission e.V. in Hamburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

CORONA

Den Piks gibt’s noch längst

nicht in jedem Hafen

Von: Dr. med. Clara C. Schlaich

Die Ärztin und Präsidentin der Deutschen Seemannsmission über das Impfen

Doc, can I still work after the vaccination?“

wollen viele Seeleute

kurz vor der Corona-Impfung

wissen. Manchmal antworte ich: „Sure,

if you don’t die“ . . . und Anspannung und

Ängste lösen sich in Gelächter, während

das Erinnerungsfoto gemacht wird.

Gesundheit und Arbeitsfähigkeit – „fit

for duty“ – sind für die Seeleute untrennbar

verbunden. Mit der Corona-Impfung

verknüpft sich die Hoffnung, gesund arbeiten

und heil wieder nach Hause kommen

zu können, keine Selbstverständlichkeit

für Seeleute in der Pandemie.

Infektionskrankheiten breiten sich

in einem Wechselspiel von gesellschaftlichen

und biologischen Faktoren aus.

Genau so wichtig wie die großen Errungenschaften

der Medizin, Antibiotika,

antivirale Medikamente und Impfstoffe

sind Arbeits- und Wohnverhältnisse, Armutsbekämpfung.

Die besten HIV-Medikamente

nützen nichts, wenn sich Menschen

aus Angst vor Diskriminierung

weder testen noch behandeln lassen,

Hepatitis C kann geheilt werden, besser

ist die Verhütung schon durch den

Spritzentausch in Gefängnissen. Kinderlähmung

kann durch eine Impfung

ausgerottet werden, die Impfkampagnen

versagen aber da, wo die Menschen

kein Vertrauen in das staatliche Handeln

haben. Und in der Corona- Pandemie,

was zählt da für Seeleute?

Wir kennen die Corona-Situation auf

den Schiffen nur aus anekdotischen Berichten,

aus persönlichen Gesprächen.

Wie hoch die Krankheitslast an Bord

wirklich ist (Inzidenz, Hospitalisierung,

Todesfälle), können wir nur erahnen.

Unterschätzt werden oft die „Nebenfolgen“:

Seit Jahren Landgangverbot, das

zur Normalität zu werden droht, Reisebeschränkungen,

fehlende Ablösung am

Ende des Vertrags.

Seeleute werden noch viele Jahre mit

den Auswirkungen der Corona-Pandemie

im Schiffsverkehr zu tun haben. Auch

dann noch, wenn für uns in Europa schon

eine gewisse Normalität wieder eingekehrt

ist, wird es weiter zu Ansteckungen

an Bord kommen. Solange bis auch

in den Herkunftsländern die Ausbreitung

der Krankheit gehemmt ist, Impfung und

Behandlung zur Verfügung stehen.

Der Rettungsanker für Seeleute in der

Corona-Pandemie ist eine wirksame Impfung.

Auf Zugang zu Behandlung oder

auch nur Lieferung von Sauerstoff an

Bord ist nicht in allen Häfen zu rechnen.

Trotz vieler Willenserklärungen haben

viele Seeleute immer noch keine

Corona-Impfung erhalten, oft fehlt es

an Folge- und Auffrischungsimpfungen.

Und auch unter Seeleuten gibt es Vorbehalte,

Ängste und Sorgen, vor allem aber

Informationsbedarf rund um die Corona-

Impfung. Impfangebote gibt es weltweit

bisher nur in wenigen Häfen, zum

Beispiel in den USA, Kanada, Austra lien,

China, Singapur und einigen EU-Staaten.

Die International Christian Maritime

Association (ICMA) führt eine Liste der

weltweiten Impfangebote in Häfen.

In Deutschland wurde erst mit der

Neufassung der Corona-Impfverordnung

zum 1. September 2021 klargestellt, dass

auch Seeleute auf Schiffen in deutschen

Seehäfen und Binnengewässern zum

Kreis der Anspruchsberechtigten auf

Schutzimpfungen gegen das Corona virus

SARS-CoV-2 gehören [Coronavirus-Impfverordnung

§ 1 (4)].

In deutschen Seehäfen erfolgen die

Impfangebote oft in Kooperation mit

den Stationen der Deutschen Seemannsmission.

Da geht es mehr als um Räume

und Logistik: Impfkampagnen gelingen

nur, wenn die Menschen Vertrauen in

die Impfangebote haben. In den Clubs

der Seemannsmission können die Seeleute

anders als bei der Impfung an Bord

auch mal eine Arbeitspause einlegen, ins

Grüne sehen, festen Boden unter den Füßen

erleben, mit den Liebsten chatten. Da

bleibt die Impfung in guter Erinnerung.

Klar ist: die Impfangebote in den

Häfen, in den Seemannsclubs müssen

bis zum Ende der weltweiten Corona-

Pandemie aufrecht erhalten werden,

für die Seeleute und für die weltweite

Coronabekämpfung.

Foto: DSM Bremen

Liste der Häfen mit Impfangeboten: https://icma.as/vaccines/

30

LASS FALLEN ANKER

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!