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KOMPENDIUM-2.0

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Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHCR) -

Technologie diskutiert. Diese chemische Speicherung

von Wasserstoff in Trägerflüssigkeit ermöglicht

Lagerung und Transport bei Umgebungsdruck (1

bar) und Normaltemperatur (20° C). Die Reduktion

von Explosionsgefahr und Kühlbedarf wird mit einer

Verschärfung des Volumenproblems erkauft.

Der Transport eines Energiebetrags von 600 TWh

jährlich erfordert den Transport von 345 Mio. m 3 der

organischen Trägerflüssigkeit. Das entspricht der

Transportkapazität von ca. 600 Tankschiff-Ladungen

mit je 500.000 m 3 . Wenn an jedem Ende der Transportstrecke

ein Dreimonats-Vorrat an LOHC Flüssigkeit

für die Zwischenlagerung vorhanden sein soll,

müssen rund 150 Mio. m 3 LOHC-Trägerflüssigkeit

vorgehalten werden. Das ist das Anderthalbfache

des jährlichen deutschen Rohöl-Imports.

Man könnte auch den Flüssigtransport mit einer

organischen Trägerflüssigkeit in einer Pipeline erwägen.

Bei einer mittleren Strömungsgeschwindigkeit

von 5km/h lassen sich in einem Rohr mit dem

Querschnitt von Nordstream-2 jährlich 45 Mio.

m 3 LOHC transportieren. Für den Transport wären

dann acht Leitungen je Richtung mit einem Stahlbedarf

von 42 Mio. t erforderlich.

Nutzung „überschüssiger“ Energie zur Wasserstoff-Elektrolyse

Eine weitverbreitete Vorstellung besteht darin, dass

man mittels Wasserstoff die „überschüssige“ Produktion

von Windkraft- und PV-Anlagen elegant

nutzen könnte. Leider verkennt diese Idee, wie stark

die Wind- und PV-Stromproduktion schwankt: Die

Überschussproduktion steigt mal auf Werte über

200.000 MW an. Trotzdem sinkt die überschüssige

Leistung regelmäßig auf null. Eine genauere Analyse

10 zeigt, dass für die Dauer von fünf Monaten im

Jahr keine Überschüsse vorhanden sind. Für diesen

Zeitraum würden sämtliche Elektrolyseanlagen

mangels überschüssiger Leistung stillstehen. Wenn

die Wind- und Solarkapazitäten gegenüber heute

verfünffacht werden, entsprechen die Überschüsse

einer Energiemenge von 320 TWh. Um diesen Betrag

zu ernten, müssen Elektrolysekapazitäten von

weit über 100.000 MW geschaffen werden. Aufgrund

der Elektrolyseverluste von rund 30 % entspricht der

elektrolysierte Wasserstoff einem Energiewert von

maximal 220 TWh. Nach Speicherung und Wiederverstromung

bleiben 65 TWh übrig. Das entspricht

der Jahresproduktion von fünf Großkraftwerken.

Erkauft würde diese marginale Strommenge durch

eine Verfünffachung der Wind- und Solarleistung.

Fazit

Zwei fundamentale und unabänderliche physikalische

Kenngrößen machen den Wasserstoff-Transport

aufwändig: Die Gaskonstante und die Dichte

des flüssigen Wasserstoffs. Da die Gaskonstante

ungefähr den vierzehnfachen Wert der Gaskonstante

von Luft hat, bedarf es extrem hoher Drücke, um

größere Mengen gasförmigen Wasserstoff zu speichern.

Die extrem geringe Dichte flüssigen Wasserstoffs

(zahlenmäßig entspricht sie der Dichte von

Styropor) hat zur Folge, dass hunderte Millionen

Kubikmeter zu transportieren sind, um nennenswerte

Energiebeträge zu importieren.

Die Elektrolyse nennenswerter Wasserstoffmengen

im Land scheitert aufgrund der geringen Energiedichte

der strömenden Luft und der Sonneneinstrahlung

letztlich am Flächenbedarf der erforderlichen

Wind- und Solaranlagen. Grüner Wasserstoff aus

deutschem Überschussstrom kann daher energietechnisch

nur eine Nebenrolle spielen und verlagert

die Importabhängigkeit nur in andere Länder. Der

Import großer Wasserstoff-Mengen aus dem Ausland

erweist sich als extrem aufwändig.

Im Kontext neuer Stromerzeugungstechnologien, die

eine kontinuierliche Leistungsbereitstellung bei

geringer Flächeninanspruchnahme erhoffen lassen

(vgl. Abschnitt 6), ist eine größere Bedeutung von

Wasserstoff perspektivisch denkbar.

Sonstige Optionen?

Regelmäßig wird von vermeintlich neuen

bahnbrechenden Ideen berichtet. Ringwallspeicher,

Betonkugeln auf dem Meeresboden

und ähnliche Konzepte geistern immer wieder

durch die Medien. Eine vertiefte Betrachtung

erübrigt sich, da sie einfachen Plausibilitätsprüfungen

nicht standhalten.

Oftmals wird auch die Förderung der

Elektromobilität mit der Hoffnung begründet,

dass eine große Flotte privater E-

Fahrzeuge im Sinne einer “Schwarmintelligenz”

zum Ausgleich von Stromproduktion

und Verbrauch beiträgt Smart Meter würden

genau dann zum Laden animieren, wenn die

Produktion aus Sonne und Wind gerade

ergiebig ist.

Diese Vorstellung wird halbwegs realistisch,

wenn man den Fahrzeugbestand vervielfacht

und den Besitzern der Fahrzeuge jede Autonomie

bezüglich des Einsatzes nimmt. Eine

erheblich zu verstärkende Fahrzeugflotte

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