28.06.2022 Aufrufe

Kaviar Geschichten

Wussten Sie schon, dass noch in den 50er Jahren kaspische Fischer Kaviar unter ihre Mahlzeiten rührten, weil der eiweißreiche Fischrogen eine billige und sättigende Komponente war? Heutzutage gehört Kaviar zu den edelsten Lebensmitteln, um das sich viele Mythen und Geschichten ranken. Christoph Moeskes, Journalist und Autor, widmet sich in seinem neuen Buch kurzweilig und informativ der Welt des Kaviars - angefangen beim Weltmarkt und Monopolen über Wilderei und Schmuggel bis hin zu Schutz und Zucht.

Wussten Sie schon, dass noch in den 50er Jahren kaspische Fischer Kaviar unter ihre Mahlzeiten rührten, weil der eiweißreiche Fischrogen eine billige und sättigende Komponente war? Heutzutage gehört Kaviar zu den edelsten Lebensmitteln, um das sich viele Mythen und Geschichten ranken. Christoph Moeskes, Journalist und Autor, widmet sich in seinem neuen Buch kurzweilig und informativ der Welt des Kaviars - angefangen beim Weltmarkt und Monopolen über Wilderei und Schmuggel bis hin zu Schutz und Zucht.

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Iran<br />

Von Schuppen, Hunden und einem weisen Ajatollah<br />

Das Elburs-Gebirge trennt in einem gewaltigen Bogen die iranische<br />

Küste entlang des Kaspischen Meers vom Rest des Landes. Über die<br />

gewundenen Pässe, auf denen selbst im Sommer Schnee liegt, quälen<br />

sich täglich Kolonnen von Lastwagen und Autos hinauf. Dann endlich,<br />

wenn die Fahrzeuge den höchsten Punkt erreicht haben, rollen sie hinab<br />

in den »shomal«, den Norden, wie die Iraner das Gebiet am Kaspischen<br />

Meer nennen. Es ist ein Hinübergleiten in eine andere Welt: grün, offen,<br />

dicht bevölkert. Der »shomal« hat so gut wie nichts mit dem übrigen<br />

Iran gemeinsam. Nieselregen benetzt die Teefelder. In den Garküchen<br />

dampft Rote Bete. Irgendwie scheint Russland nicht weit zu sein. Das<br />

Kaspische Meer plätschert milde. Weit draußen schwimmen die Störe.<br />

Am 27. September 1981 setzte sich vom »shomal« ein Kühlwagen in<br />

Bewegung. Das Fahrzeug quälte sich über die gewundenen Pässe des<br />

Elburs-Gebirges, passierte das staubige Teheran und hielt schließlich<br />

vor dem vogelumzwitscherten Büro des Revolutionsführers Ajatollah<br />

Khomeini in Ghom, dem Zentrum der schiitischen Geistlichkeit. Die<br />

Beamten der staatlichen Fischereigesellschaft Shilat wollten Gewissheit:<br />

Dürften sie weiter Stör fangen? Oder verstößt die <strong>Kaviar</strong>produktion<br />

gegen die Gesetze des Islam?<br />

Seit zwei Jahren warteten die Beamten auf ein klärendes Wort. Nach<br />

dem Sturz des Schahs waren die luftdicht verpackten Gebinde in ein<br />

politisches Vakuum geraten. Die meisten Fischer und <strong>Kaviar</strong>-Meister<br />

arbeiteten zwar weiter wie bisher. Doch der Rogen landete nicht im<br />

staatlichen Export, sondern wurde vorsichtshalber in den Kühlhäusern<br />

eingelagert oder auf abenteuerlichen Wegen außer Landes geschmuggelt.<br />

Höchste Zeit zu erfahren, wie der Revolutionsführer zum <strong>Kaviar</strong><br />

steht. Dafür hatten die Fischereibeamten je ein Exemplar des Hausen,<br />

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