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50 Jahre Landkreis Weilheim-Schongau

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an der Tagesordnung, im Gegensatz zu anderen berufstätigen Müttern bekamen<br />

die Landwirtinnen bis 1987 kein Erziehungsgeld. Dann führte der Bundeslandwirtschaftsminister<br />

zusätzlich die „Bäuerinnenrente“ ein, bei der Landwirtinnen durch<br />

Nachzahlung einen Rentenanspruch erwarben. Anfangs waren dies 25 Mark pro<br />

Kind. Bis heute spielen Frauen in der Landwirtschaft eine unverzichtbare Rolle.<br />

Strukturwandel in Zahlen<br />

Entwicklung der Landwirtschaft (Vergleich 1972 / 2019)<br />

Durchschnittsbetrieb 1972 2019<br />

Landwirtschaftliche Fläche 15,72 ha 28,9 ha<br />

Anzahl der Betriebe 2272 585<br />

Rinder pro Halter 28,4 59,6<br />

Rinder gesamt 64.524 34.866<br />

Milchleistung pro Kuh 4319 l 7582 l<br />

Viehpreise damals und heute (Vergleich 1972 / heute)<br />

Viehart 1972 2021<br />

Bullen 25<strong>50</strong> DM 1973 Euro<br />

Kühe 1944 DM 1255 Euro<br />

Jungrinder 1236 DM 686 Euro<br />

Kuhkälber 457 DM 301 Euro<br />

Stierkälber 482 DM 423 Euro<br />

Mode im Stall<br />

Frauen leisten in der Landwirtschaft zum Teil Männerarbeit – sind jedoch immer<br />

noch weiblich. Dies bewiesen 30 Landwirtinnen aus dem Pfaffenwinkel im Jahr<br />

2000 auf dem Zentrallandwirtschaftsfest in München. Bei einer Modenschau demonstrierten<br />

sie, was Bäuerinnen<br />

über die Jahrzehnte bei der Arbeit, am<br />

Festtag und in der Freizeit trugen. In<br />

gestreiften Stallkleidern mit Kopftuch,<br />

Schürze und handgemachten Holzschuhen;<br />

in originaler Tracht mit Sonntagsmieder,<br />

jedoch auch in Schlaghose<br />

mit Plateauschuhen wandelten<br />

die Landfrauen auf dem Laufsteg und<br />

begeisterten damit das Münchner Publikum.<br />

Damals übliches Stallgewand<br />

Die BSE-Krise im <strong>Landkreis</strong><br />

Als im November 2000 der „Rinderwahnsinn“ nach Deutschland<br />

schwappte, war unter den ersten fünf an BSE erkrankten<br />

Tieren eine Kuh aus Rottenbuch, bayernweit war sie das<br />

zweite Tier. Das sechs <strong>Jahre</strong> alte Rind stammte aus einem Stall<br />

mit 35 Tieren und musste getötet werden. Anfangs wurden<br />

noch einzelne kranke Tiere selektiert – doch schon im März<br />

2001 wurden im Verdachtsfall ganze Ställe geräumt: Die<br />

Tiere wurden getötet, zu Tiermehl verarbeitet und dann verbrannt.<br />

Selbst neugeborene Kälber blieben nicht verschont:<br />

Für die Landwirte im <strong>Landkreis</strong> bedeutete die BSE-Seuche<br />

eine Katastrophe: ökonomisch wie emotional, auch wenn<br />

die gekeulten Tiere durch die Tierseuchenkasse ersetzt wurden.<br />

Innerhalb von drei bis vier <strong>Jahre</strong>n wurden alle Bestände<br />

ausgetauscht. Manche Betriebe stellten als Reaktion auf Bio<br />

um, jedoch gaben auch viele die Landwirtschaft zumindest<br />

als Haupterwerb auf.<br />

Melkroboter als Zukunft<br />

Der erste Melkroboter wurde im <strong>Landkreis</strong> am 20. März 2001<br />

eingerichtet. Michael Kocher aus Polling entschied sich für<br />

seinen Demeterbetrieb mit etwa 60 Kühen dafür. Sein Beweggrund:<br />

mehr Flexibilität und weniger körperliche Belastung.<br />

Allein die Zeit für Melken betrug rund 28 Stunden pro<br />

Woche, in der Erntezeit kaum zu schaffen.<br />

Es dauerte einige Tage, bis das Gerät installiert war: „Die Monteure hatten noch nie<br />

einen Melk roboter eingebaut.“ Andere Landwirte belächelten ihn für die Innovation.<br />

„Aber die haben heute entweder selbst einen Melkroboter oder den Betrieb<br />

aufgegeben.“ Die Überwachung funktionierte noch per Telefonleitung, heute per<br />

Handy. Probleme bereiteten englischsprachige Fehlermeldungen –<br />

Kocher behalf sich mit dem Wörterbuch. Die ersten Kühe hatten<br />

sich nach wenigen Tagen daran gewöhnt, dass sie freiwillig<br />

zum Melken gingen und nicht mehr zu festen Uhrzeiten,<br />

die letzten Kühe hatten es nach einem Monat gelernt. Die<br />

Anschaffung war teuer und finanzielle Förderung gab es<br />

für Kocher damals nicht. „Aber ohne den Roboter müsste<br />

ich das Vieh weggeben“, sagt Kocher. Heute wird bei<br />

rund 60 Prozent von neu errichteten Milchbetrieben<br />

ein Melkroboter installiert – im <strong>Landkreis</strong> sind 162 in<br />

Betrieb, die Anschaffung beträgt etwa 1<strong>50</strong>.000 Euro.<br />

„Ab der Gebietsreform kamen Leute aus allen<br />

Richtungen des neuen <strong>Landkreis</strong>es <strong>Weilheim</strong>-<br />

<strong>Schongau</strong> zusammen. Und die musste man<br />

erst zusammenbringen. Wenn wir dann einen<br />

Ausflug mit den Landfrauen oder mit dem<br />

Bauernverband machten, fuhren wir immer<br />

mit zwei Bussen: im einen die <strong>Schongau</strong>er,<br />

im anderen die <strong>Weilheim</strong>er. Spätestens beim<br />

Essen lautete die Devise: Alle an einen Tisch!<br />

Und plötzlich verstanden sich alle wunderbar.<br />

Es entstanden über die <strong>Jahre</strong> viele und wertvolle<br />

Freund schaften über die alten Grenzen<br />

hinweg. Wir haben alle profitiert von der Einigung<br />

des <strong>Landkreis</strong>es.“<br />

Christa Off<br />

ehemalige Kreisbäuerin<br />

39<br />

LANDKREIS<br />

WEILHEIM-SCHONGAU

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