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Ulrich H. J. Körtner: Theologische Exegese (Leseprobe)

Systematische Theologie und Bibelexegese gehen heute oftmals getrennte Wege. Einer der Gründe ist die Rehabilitierung des Historismus. In Teilen heutiger Systematischer Theologie spielen religionsphilosophische Reflexionen eine größere Rolle als die Texte der Bibel. Die Studien des vorliegenden Bandes begreifen Bibelexegese als theologisches Unterfangen, das historische und systematische Fragestellungen vereint, und Systematische Theologie als konsequenter Exegese. So vielstimmig, spannungsreich und bisweilen widersprüchlich die in den biblischen Schriften zu vernehmenden Stimmen auch klingen mögen, weisen sie doch über sich hinaus auf einen Konvergenzpunkt, der mit dem Wort „Gott“ benannt wird. Systematische Schriftauslegung versucht diesem Richtungspfeil der biblischen Texte zu folgen.

Systematische Theologie und Bibelexegese gehen heute oftmals getrennte Wege. Einer der Gründe ist die Rehabilitierung des Historismus. In Teilen heutiger Systematischer Theologie spielen religionsphilosophische Reflexionen eine größere Rolle als die Texte der Bibel. Die Studien des vorliegenden Bandes begreifen Bibelexegese als theologisches Unterfangen, das historische und systematische Fragestellungen vereint, und Systematische Theologie als konsequenter Exegese. So vielstimmig, spannungsreich und bisweilen widersprüchlich die in den biblischen Schriften zu vernehmenden Stimmen auch klingen mögen, weisen sie doch über sich hinaus auf einen Konvergenzpunkt, der mit dem Wort „Gott“ benannt wird. Systematische Schriftauslegung versucht diesem Richtungspfeil der biblischen Texte zu folgen.

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IV<br />

Vergebung!<br />

Die fünfte Bitte des Vaterunser im Licht<br />

der paulinischen Rechtfertigungslehre<br />

1 Sündenvergebung im Zentrum<br />

des christlichen Glaubens<br />

Im Zentrum des Christentums steht der Glaube an das durch Jesus<br />

Christus bewirkte Heil. Das Heilsgeschehen wird universal gedacht (vgl.<br />

1Tim 2,4), wobei vorausgesetzt ist, dass alle Menschen und die Welt insgesamt<br />

dieser Rettung aus einem Zustand des Unheils bedürftig sind.<br />

Worin das Heil besteht und auf welche Weise Christus das Heil für alle<br />

Welt bewirkt, wird freilich schon im Neuen Testament auf unterschiedliche<br />

Weise beantwortet. Auch fallen die neutestamentlichen Erklärungen<br />

unterschiedlich aus, wenn nach der Heilsbedeutung des Todes Jesu<br />

gefragt wird. Dass nicht nur das Leben Jesu, seine Predigt und seine irdische<br />

Wirksamkeit, sondern auch sein Tod und seine Auferstehung zum<br />

Heilsgeschehen gehören, steht für den christlichen Glauben außer<br />

Frage. Doch inwiefern der Tod am Kreuz selbst das entscheidende Heilsereignis<br />

ist, wird im Neuen Testament nicht einhellig beantwortet.<br />

Das griechische Wort für Heil ist σωτηρία. Es kann gleichermaßen<br />

Heil wie Rettung, aber auch Bewahrung bedeuten. Σωτηρία wird bisweilen<br />

im Deutschen aber auch mit »Erlösung« übersetzt, was dann zu<br />

der Charakterisierung des Christentums als einer Erlösungsreligion<br />

führt. – Die klassische neuprotestantische Bestimmung des Christentums<br />

als Erlösungsreligion bietet Friedrich Schleiermacher in der zweiten<br />

Auflage seiner Glaubenslehre: „Das Christentum ist eine der teleologischen<br />

Richtung der Frömmigkeit angehörige monotheistische Glaubensweise,<br />

und unterscheidet sich von andern solchen wesentlich<br />

dadurch, daß alles in derselben bezogen wird auf die durch Jesum von<br />

Nazareth vollbrachte Erlösung.“ 1<br />

1 Friedrich Schleiermacher, Der christliche Glauben nach den Grundsätzen

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