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277.TIROL - Juli 2022

Ausgabe 7, Juli 2022

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DIE EIERLEGENDE<br />

WOLLMILCHSAU<br />

Ein Plädoyer für die Gemeindemitarbeiter*innen<br />

EIN STÜCK<br />

DIGITALISIERTE<br />

GESCHICHTE<br />

Tiroler Zeugen der Zeit<br />

AUSGABE 7 | JULI <strong>2022</strong><br />

MODELLREGION<br />

BEWEGTES TIROL<br />

Der Name ist Programm


Zusammenfinden<br />

Unternehmen benötigen geeignete Standorte und Gemeinden sind<br />

auf wirtschaftlich gesunde Betriebe angewiesen.<br />

EISENKIES Immobilien und Projektentwicklung GmbH hat als<br />

Gewerbe-Projektentwickler die Anforderungen des anzusiedelnden<br />

Unternehmens mit den Vorstellungen der jeweiligen Gemeinde in<br />

Einklang zu bringen und zusammenzuführen.<br />

Verlässlicher Partner<br />

für Tiroler Gemeinden<br />

bezahlte Anzeige<br />

Tratzbergsiedlung, Jenbach<br />

Multifunktionsgebäude mit 10 Mietwohnungen, 8 Kindergartengruppen,<br />

2 Kinderkrippengruppen, 2 Gewerbeeinheiten<br />

Wohn­ und Pflegeheim Haus Maria, Natters<br />

40 Pflegebetten, 8 Tagesbetreuungsplätze, 14 Einheiten<br />

für betreubares Wohnen, 1 Arztpraxis<br />

Haus der Generationen, Volders<br />

Multifunktionsgebäude mit 13 betreubaren Mietwohnungen,<br />

8 Kindergartengruppen, 4 Kinderkrippengruppen,<br />

Vereinsräumlichkeiten<br />

STANDORTKONZEPT<br />

NUTZUNGSKONZEPT<br />

PROJEKTENTWICKLUNG<br />

IMMOBILIENVERWERTUNG<br />

Kindergarten Elisabethinum, Axams<br />

6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />

Sozialzentrum „Gepflegtes Wohnen“, Mayrhofen<br />

80 Pflegebetten, Räumlichkeiten für Sozialsprengel<br />

und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde<br />

Kindergarten St. Paulus, Innsbruck<br />

3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />

Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk<br />

Betreubares Wohnen, Haiming<br />

18 betreubare Mietwohnungen<br />

Einsatzzentrum, Schönwies<br />

Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung<br />

Sozialzentrum „Ankematen“, Kematen<br />

21 betreubare Mietwohnungen, Räumlichkeiten für Lebenshilfe,<br />

Sozialsprengel und Physiotherapie, 1 Arztpraxis<br />

Ein Unternehmen der EISENKIES GRUPPE<br />

NEUE HEIMAT TIROL: Erste Adresse für Tirols Gemeinden<br />

Nicht nur wenn es um leistbaren Wohnraum für die Tirolerinnen und Tiroler geht, ist die NEUE HEIMAT TIROL<br />

die erste Wahl für die Tiroler Gemeinden. Auch bei der Errichtung von kommunalen Einrichtungen ist sie ein<br />

gefragter und verlässlicher Partner.<br />

eisenkies-immobilien.at<br />

NEUE HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH . Gumppstraße 47 . 6020 Innsbruck . neueheimat.tirol


4 GemNova.inside<br />

GemNova.inside<br />

5<br />

Die Summe ist<br />

mehr als ihre<br />

Einzelteile<br />

Jede Gemeinde besteht aus unzähligen dieser Einzelteile.<br />

Straßen, Gebäude, Bürger*innen, Mandatar*innen, Wälder,<br />

Bäche, Gemeindemitarbeiter*innen, Gesetze, Schulen uvm. Erst<br />

wenn man diese Einzelteile zusammenfügt, entsteht wirklich<br />

Gemeinde. Erst wenn dies alles gesamthaft betrachtet wird und<br />

die Einzelteile ineinandergreifen, entsteht ein Gefühl des Miteinanders;<br />

ein Gefühl des „Ich bin Teil eines größeren Ganzen und<br />

fühle mich wohl“.<br />

Das ist aus unserer Sicht die wichtigste<br />

Aufgabe von Bürgermeister*innen und<br />

Mandatar*innen sowie auch von Mitarbeiter*innen<br />

in den Gemeindeverwaltungen<br />

– die Gemeinde lebenswerter zu machen<br />

und den sozialen Zusammenhalt zu stärken;<br />

die Gemeinde so zu organisieren, dass<br />

sich die Bürger*innen aber auch die Unternehmen<br />

wohl fühlen.<br />

Diesen Spagat zu schaffen ist nicht immer<br />

einfach; es gibt unterschiedliche Interessen<br />

in einer Gemeinde, es gibt finanzielle<br />

Grenzen und rechtliche Herausforderungen.<br />

Vieles ist ein Kompromiss, der sogenannte<br />

kleinste gemeinsame Nenner. Die<br />

Verantwortlichen in der Politik und in der<br />

Verwaltung wissen, dass sich viele Zahnräder<br />

drehen, wenn sich eines in Bewegung<br />

setzt.<br />

Wir als GemNova arbeiten nun schon seit<br />

über 12 Jahren sehr intensiv mit den Tiroler<br />

Gemeinden zusammen und haben uns viel<br />

mit diesen oben beschriebenen Thematiken<br />

beschäftigt. Wir haben viele Gespräche<br />

geführt, viel diskutiert und darüber nachgedacht<br />

und glauben zwischenzeitlich, dass<br />

wir diese Mechanismen recht gut kennen<br />

und einschätzen können.<br />

Als Unternehmen des Tiroler Gemeindeverbandes<br />

sehen wir uns primär als kommunale<br />

Berater*innen. Gemeinden bei den<br />

unzähligen Herausforderungen zu unterstützen<br />

und zu begleiten, sehen wir als<br />

unseren Auftrag. Dabei folgen wir unter<br />

anderem der Prämisse, immer das große<br />

Ganze, die Zusammenhänge im Auge<br />

zu behalten; also zu wissen, wie sich die<br />

Zahnräder bewegen, wenn wir etwas verändern.<br />

Es genügt eben nicht, ein Produkt<br />

zu platzieren, ohne zu wissen, wie sich dieses<br />

in den Gemeindekosmos einfügt.<br />

Für diese Arbeit, welche die Kenntnis über<br />

komplexe kommunale Gebilde und Strukturen<br />

voraussetzt, haben wir ausgewiesene<br />

Expert*innen im Haus. Sie kümmern sich<br />

professionell und engagiert seit mehreren<br />

Jahren um die Herausforderungen in den<br />

Gemeinden. Sie nehmen diese Herausforderungen<br />

gerne an und erarbeiten mit den<br />

Gemeinden Lösungen, die sie dann auch<br />

umsetzen. Auch hier zählt das Miteinander<br />

im Sinne der Überschrift.<br />

Alois Rathgeb<br />

Niki Kraak


INHALT<br />

GemNova.inside<br />

tirol.hat Recht<br />

tirol.wissen<br />

DIE EIERLEGENDE<br />

WOLLMILCHSAU<br />

SEITE 8 - 13<br />

HILFE, SCHON WIEDER<br />

ETWAS NEUES<br />

SEITE 14 - 15<br />

04 Die Summe ist mehr als<br />

ihre Einzelteile<br />

DOSSIER<br />

DIGITALE GEMEINDE<br />

32 Grüne Wettbewerbsbeschränkungen:<br />

Klimawandel im Kartellrecht<br />

34 Alles eine Frage<br />

der Planung<br />

64 Neues Buch zum Tiroler<br />

Bau- und Raumordnungsrecht<br />

65 Licht im Förderdschungel<br />

tirol.blickt zurück<br />

08 Die eierlegende<br />

Wollmilchsau<br />

tirol.politik<br />

36 Die digitale Gemeinde<br />

Verwaltung zukunftsfit<br />

gestalten<br />

66 Ein Stück digitalisierte<br />

Geschichte<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

38 Die ersten hundert Tage<br />

14 Hilfe, schon wieder etwas<br />

Neues!<br />

16 Zentrale Elemente der<br />

Organisationsentwicklung<br />

19 Daten, Daten, Daten...<br />

tirol.digital<br />

tirol.kooperiert<br />

40 Die Mobilität der Zukunft<br />

steht unter Strom<br />

42 Preisralley am Energiemarkt<br />

tirol.ist schön<br />

68 „Modellregion bewegtes<br />

Tirol“ - der Name ist<br />

Programm<br />

70 Hoppla, hab ich da gedacht<br />

76 Football macht Schule<br />

78 G‘sund in Serfaus, Fiss und<br />

Ladis<br />

tirol.bildet<br />

DATEN,<br />

DATEN,<br />

DATEN...<br />

SEITE 19<br />

20 Also, alles was Recht ist<br />

22 Podcasts<br />

45 Wasser.Erbe.Tirol<br />

80 Chancengerechtigkeit als<br />

Chance für Alle<br />

82 Wie heißt das Zauberwort?<br />

tirol.modern und innovativ<br />

24 ZUKUNFT GEMEINDE -<br />

Agenda 2030<br />

84 Israa, Antonio und Marlene<br />

88 Ferien mit der GemNova<br />

tirol.bunt und vielfältig<br />

90 Willkommen in Tirol<br />

ZENTRALE ELEMENTE DER<br />

ORGANISATIONSENTWICKLUNG<br />

SEITE 16 - 18<br />

tirol.kulturell<br />

GemNova.Menschen<br />

28 Der Unternehmenskünstler<br />

30 Die Zeitung für<br />

Ihre Gemeinde<br />

55 Das Märchen vom<br />

unendlichen Wachstum<br />

56 Gern gelesen<br />

tirol.denkt weiter<br />

60 Nachhaltiges Bauen<br />

92 „Darüber möchte ich<br />

eigentlich nicht reden.“<br />

tirol.traditionell<br />

94 Schon mal von<br />

Trompe-l‘oeil gehört?<br />

DOSSIER<br />

DIGITALE GEMEINDE


8 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

9<br />

Ein Plädoyer für die<br />

Gemeindemitarbeiter*innen<br />

ZUM AUTOR<br />

ALOIS RATHGEB<br />

Alois Rathgeb ist Gründer und<br />

Geschäftsführer der GemNova.<br />

Kontakt: a.rathgeb@gemnova.at<br />

Die eierlegende<br />

Wollmilchsau<br />

Haben Sie schon einmal die eier legende<br />

Wollmilchsau kennengelernt?<br />

Ich schon, tatsächlich.<br />

Das ist schon einige Jahre her und ich<br />

treffe sie regelmäßig wieder.<br />

Das kam so: Als quasi Quereinsteiger<br />

durfte ich vom ersten Tag der GemNova<br />

mit an Bord sein. Na ja, mir ging es wie<br />

vielen anderen. Die Gemeinde – eh alles<br />

easy cheesy. Beamte – was soll da schon<br />

dabei sein? Mit dieser vorgefertigten<br />

Meinung fuhr ich dann in die Gemeinden.<br />

Und da ist sie mir begegnet, schon beim<br />

ersten Gespräch, als ich bei einem Amtsleiter<br />

saß.<br />

Morgens Bauverhandlung, gleich danach<br />

ins Altersheim, um nach dem Rechten<br />

zu schauen. Dann schnell ins Amt und<br />

die neuesten dienstvertragsrechtlichen<br />

Themen lesen, um einen Dienstvertrag zu<br />

machen. In der Schule gibt es Probleme<br />

mit der Heizung und mit der Reinigung,<br />

da muss er dann auch hin und bei der Sanierung<br />

der Wasserleitung gibt es ein<br />

Problem mit den Grundeigentümern.<br />

Macht ja nichts, danach kann er sich<br />

dann bei der Vorbereitung für die nächste<br />

Gemeinderatssitzung etwas ent spannen,<br />

sind ja eh nur 36 Tagesordnungspunkte.<br />

Ach ja, der Bauhofmitarbeiter wollte ein<br />

Gespräch wegen dem Traktor. Da fällt<br />

ihm noch ein, dass die Feuerwehr auf<br />

die Rückmeldung wartet wegen dem<br />

neuen – kostet ja nur 400 Tsd. Euro –<br />

Tanklöschfahrzeug. Mittagspause. Ist<br />

schon einiges weitergegangen heute.<br />

Als ich das so höre – und ich rede von keinem<br />

Einzelfall – wird mir bewusst: Das ist<br />

sie, diese eierlegende…. Oder zumindest<br />

wird es von ihm erwartet, diese zu sein.<br />

Und in den anderen Abteilungen in den<br />

Gemeinden sieht es ja nicht viel anders<br />

aus.<br />

Das war vor 12 Jahren. Die Rahmenbedingungen<br />

haben sich seither nicht gebessert.<br />

Ganz im Gegenteil, die Herausforderungen<br />

sind noch viel komplexer und<br />

größer geworden. Das Ad-hoc-Management<br />

für Pandemien und Flüchtlingsbewegungen<br />

kommt dann noch obendrauf.<br />

Wie würde Georg aus<br />

unserem Magazin vom<br />

letzten Jahr sagen?<br />

„Rums bums.<br />

I bin fertig!“<br />

Und wie sieht die Zukunft aus? Es schaut<br />

nicht wirklich nach einer Entspannung der<br />

Situation aus, eher das Gegenteil ist der<br />

Fall. Wir beobachten schon lange, dass auf<br />

die Gemeinden immer noch mehr Aufgaben<br />

abgewälzt werden bzw. Aufgaben<br />

dazukommen. Allein auf die Kinderbetreuung<br />

und Pflege kommen laufend neue Herausforderungen<br />

zu, die es abzuarbeiten<br />

gilt. Die Budgets entwickeln sich oft nicht<br />

im gleichen Ausmaß mit, auch das stellt<br />

die Gemeindeverwaltungen und die Politik<br />

vor immer neue Themen. Die steigende<br />

Flut an Gesetzen und Vorschriften kann<br />

von kleinen Gemeinden nicht mehr überblickt<br />

werden und somit steigt natürlich<br />

die Gefahr von unbeabsichtigten Fehlern<br />

und somit auch Haftungsfragen weiter an.<br />

Auf der anderen Seite ist auch zu be ­<br />

obachten, dass sich der Arbeitsmarkt<br />

massiv verändert hat. Aktuell ist es sehr<br />

schwierig, überhaupt noch Personal zu<br />

finden. Gute Leute verdienen in der Privatwirtschaft<br />

oftmals deutlich mehr und<br />

es benötigt schon gute Argumente, diese<br />

für die Arbeit in der Gemeinde zu gewinnen.<br />

Diese künftigen Entwicklungen sind<br />

vielen bewusst und viele schlaue Köpfe<br />

zerbrechen sich dieselbigen, um Lösungen<br />

zu finden.


10 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

11<br />

Eine Lösung liegt<br />

auf der Hand:<br />

Die Schaffung<br />

einer effizienten<br />

Verwaltung<br />

Eine effiziente Verwaltung spart Zeit<br />

und Kosten, bietet Rechtssicherheit<br />

und sichert Strukturen und Abläufe für<br />

die Zukunft. Leider ist es immer noch<br />

üblich, dass Zettel von A nach B getragen<br />

werden, dass Briefe händisch gefaltet und<br />

kuvertiert und zur Post gebracht werden.<br />

Auch müssen Akten oft händisch ko piert<br />

und für Sitzungen vorbereitet werden<br />

oder Dokumente werden ausgedruckt,<br />

abgelegt, um sie dann wieder zu suchen.<br />

Fehlende klare Strukturen und Prozesse<br />

führen immer zu deutlich mehr Arbeit und<br />

damit verbunden auch zu höheren Kosten.<br />

Eine moderne Verwaltung arbeitet mit<br />

Strukturen und Prozessen und sauberen<br />

Daten. Damit werden Mitarbeiter*innen<br />

in der Verwaltung direkt entlastet. Damit<br />

kann man quasi schon mal aufs Milchgeben<br />

verzichten.<br />

Prozess- und Qualitätsmanagement<br />

Im Grunde geht es dabei um drei übergeordnete<br />

Themenbereiche:<br />

• Prozess- und Qualitätsmanagement<br />

• Datenmanagement<br />

• Kommunale Software zur<br />

Absicherung<br />

Software GeOrg<br />

Datenmanagement<br />

Nur im Zusammenwirken dieser drei<br />

Bausteine kann die Verwaltung nachhaltig<br />

effizient gestaltet werden. Ohne Prozessund<br />

Qualitätsmanagement nützt die kommunale<br />

Software nichts. Die kommunale<br />

Software nützt nichts, wenn die Daten<br />

nicht eindeutig und sauber sind usw.<br />

Was ist mit den<br />

drei Begriffen<br />

gemeint?<br />

1<br />

Prozess- und<br />

Qualitäts management<br />

Im Prozess- und Qualitätsmanagement<br />

geht es um Organisation, Prozesse,<br />

Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.<br />

In der Gemeinde muss<br />

es eine klare Organisationsstruktur mit<br />

klaren Zuständigkeiten und Verantwortungen<br />

geben. Darauf abgestimmt sollten<br />

die Prozesse genau beschrieben und<br />

möglichst standardisiert werden. Die rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen geben dabei<br />

die Leitlinien vor. Dadurch werden Abläufe<br />

deutlich einfacher und auch schneller, die<br />

Fehlerhäufigkeit wird minimiert und es<br />

ist immer klar, wer für was zuständig ist.<br />

Das alles wirkt sich direkt positiv auf die<br />

Zeitressourcen der Mitarbeiter*innen aus<br />

und schafft damit Freiräume.<br />

Wenn hier die Rede von Qualität ist,<br />

dann kommt diese durch Prozess- und<br />

Qualitätsmanagement auch direkt bei<br />

den Bürger*innen an. Verfahren werden<br />

schneller und vor allem auch wesentlich<br />

transparenter für alle. Transparenz<br />

ist das, was sich Bürger*innen von der<br />

Gemeinde wünschen und auch erwarten<br />

können. Prozess- und Qualitätsmanagement<br />

kann das sicherstellen.<br />

Das alles kann im Zuge von Verwaltungschecks<br />

oder eben auch durch Prozessund<br />

Qualitätsmanagementprojekte erarbeitet<br />

und umgesetzt werden.<br />

2Datenmanagement<br />

„Daten sind das Öl der Zukunft“, sagt man<br />

so salopp. Dem ist so, aber nur wenn die<br />

Daten eindeutig und sauber sind. Die<br />

Gemeinden haben den Luxus, dass die<br />

notwendigen Daten in den Registern<br />

liegen. Sei es im ZMR (Zentrales Melderegister),<br />

im AGWR (Adress-, Gebäudeund<br />

Wohnungsregister), im UR (Unternehmensregister),<br />

im GB (Grundbuch) und<br />

anderen. Das heißt, Gemeinden benötigen<br />

keine eigenen Datenbanken. Oder noch<br />

klarer: Gemeinden sollten keine eigenen<br />

Datenbanken haben und pflegen. Hier<br />

sind Fehler vorprogrammiert und Fehler<br />

führen zu zusätzlicher Arbeit und Ineffizienz.<br />

Also zu mehr Zeitaufwand und zu<br />

höheren Kosten.<br />

Für die Gemeindemitarbeiter*innen fallen<br />

durch saubere und eindeutige Daten viele<br />

händische, oft sehr mühsame Abstimmungsarbeiten<br />

weg. Durch eine deutliche<br />

Steigerung des Automatisierungsgrades<br />

werden wiederum Ressourcen für andere<br />

Tätigkeiten geschaffen.<br />

Datenanalysen in Gemeinden, die wir sehr<br />

einfach machen können, zeigen, dass bis<br />

zu ⅔ der Daten fehlerhaft sind. Dabei<br />

kann man der Verwaltung nichts vorwerfen;<br />

das sind Fehler, die sich im Laufe<br />

der Jahre einschleichen, wenn man selbst<br />

Daten pflegt und das in mehreren Datenbanken.<br />

Eine Bereinigung dieser Daten ist<br />

essenziell, um eine effiziente Gemeindeverwaltung<br />

sicherstellen zu können. Was<br />

dabei auch nicht außer Acht gelassen<br />

werden darf, ist, dass falsche Daten vielfach<br />

zu falschen Vorschreibungen führen<br />

und diese damit nicht rechtsgültig sind.


12 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

3<br />

Wir<br />

Kommunale Software zur<br />

Absicherung<br />

Wenn Prozesse, Strukturen und Daten<br />

passen, dann ist es wichtig, dies langfristig<br />

durch eine moderne kommunale<br />

Software abzusichern. Eine Kommunalsoftware<br />

ist dazu da, Prozesse digital<br />

abzubilden und Prozesse durchgängig<br />

und sauber umzusetzen. Das spart Zeit<br />

und Geld und garantiert nebenbei noch<br />

Rechtssicherheit.<br />

Das Loslösen von Routinetätigkeiten,<br />

welche eine moderne Software übernimmt,<br />

schafft Freiräume in den Verwaltungen,<br />

sorgt für weniger Fehler und<br />

damit mehr Rechtssicherheit, was für<br />

Mitarbeiter*innen in der Verwaltung eine<br />

deutliche Entlastung darstellt.<br />

„<br />

Vom<br />

verfluchen jeden<br />

Tag diese Software.<br />

Wir verfluchen sie,<br />

weil sie uns zwingt<br />

sauber zu arbeiten.<br />

zeitlichen Aspekt her dauern diese<br />

Schritte zwischen sechs und neun<br />

Mo nate. Und wenn man noch einen draufsetzen<br />

will, kann sich die Verwaltung<br />

sogar ISO-zertifizieren lassen; das wäre<br />

auch ein klares Signal und Statement<br />

nach außen.<br />

Klare Strukturen und Prozesse, gepaart<br />

mit sauberen Daten und einer modernen<br />

Software schaffen Vertrauen; Vertrauen<br />

innerhalb der Verwaltung und Vertrauen<br />

Richtung Politik und Bürger*innen. Wir<br />

dürfen schon einige solcher Projekte in<br />

den unterschiedlichsten Stadien begleiten.<br />

Auch wenn es herausfordernd ist, er ­<br />

kennen die Mitarbeiter*innen in der Verwaltung<br />

die Vorteile und bestätigen uns<br />

dies auch in vielen Gesprächen.<br />

Wir<br />

bleiben wir<br />

selbst.<br />

WIR ALLE SIND GEMEINDE.<br />

Zusätzlich ist das die Voraussetzung für<br />

die Kommunikation mit den Bürger*innen.<br />

Nur mit klaren Prozessen und sauberen<br />

Daten kann eine moderne Bürger*innen-Kommunikation<br />

umgesetzt werden.<br />

Dr. Benedikt Erhard, Bürgermeister von<br />

Lans, meinte dazu in einem spannenden<br />

Videobeitrag: „Wir verfluchen jeden Tag<br />

diese Software. Wir verfluchen sie, weil<br />

sie uns zwingt sauber zu arbeiten.“<br />

Um das Plädoyer für die Gemeindemitarbeiter*innen<br />

abzuschließen: Die<br />

Gemeindemitarbeiter*innen sind eine<br />

wesentliche Säule für erfolgreiche<br />

Gemeindearbeit. Gemeindemitarbeiter*innen<br />

sind vielfach wirklich eierlegende<br />

Wollmilchsäue und wie Sie wissen: Die<br />

sind rar auf der Welt und gehören gehegt<br />

und gepflegt.<br />

Wir<br />

vertrauen<br />

einander.<br />

Videobeitrag:<br />

GeOrg in der<br />

Gemeinde Lans<br />

Wir sind davon überzeugt, dass Menschen selbstbestimmt handeln können. Wir erwarten von allen<br />

Kolleg*innen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihr Tun darauf ausrichten, einen gesellschaftlichen<br />

Beitrag zu leisten. Wir sind alle gleich, wir unterscheiden nicht nach Funktion und<br />

Verantwortlichkeit und begegnen allen mit Wertschätzung. Wir lieben und leben Vielfalt in all ihren<br />

Farben und bleiben bei unserem Handeln authentisch. Jede Person, die diese Grundsätze mitträgt,<br />

kann innerhalb unseres Rahmens mitgestalten, sich einbringen, eigenverantwortlich und eigenorganisiert<br />

handeln und dabei individuelle Wege wählen.


14 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

15<br />

Hilfe,<br />

Aber warum ist das so? Die Reaktion auf<br />

Veränderung ist ein Mechanismus, der<br />

tief in uns verankert ist. Immerhin hat<br />

das Abwägen von Risiken und Gefahren<br />

uns über Jahrtausende das Überleben<br />

gesichert. Das Bekannte, Bewährte gibt<br />

uns Sicherheit und schützt uns vor Enttäuschungen<br />

oder Verletzungen. Selbst<br />

wenn wir wissen, dass etwas Altbewährtes<br />

nicht gut für uns ist oder uns<br />

in irgendeiner Form belastet, neigen wir<br />

dazu, eine Veränderung zu vermeiden.<br />

Gefördert wird diese Verhaltensweise<br />

durch unsere Biologie. Lernen wir etwas<br />

neu, muss Energie aufgewandt werden.<br />

Wir aber sind auf Energiesparen programmiert<br />

– sprich faul.<br />

Neues Smartphone ok, aber Update<br />

nein danke!<br />

Wie unterschiedlich wir auf oft unvermeidliche<br />

Veränderungen reagieren, verdeutlicht<br />

ein kleines Beispiel: Der Bauamtsleiter<br />

Mair hat sich kürzlich ein<br />

neues Auto gekauft. Die vielen elektronischen<br />

„Helfer“ an dem Wagen gefallen<br />

schon wieder<br />

etwas Neues!<br />

Wir Menschen lieben Gewohnheiten. Alles, was unsere Routine durcheinanderbringt,<br />

empfinden wir als störend. Deswegen stehen wir Veränderungen skeptisch<br />

gegenüber. Prasselt zu viel Neues auf uns ein, verschließen wir uns oder<br />

lehnen es ganz ab. Das geschieht im privaten Leben ebenso wie im beruflichen.<br />

Dabei macht es keinen Unterschied, ob man in der freien Wirtschaft tätig ist<br />

oder in der kommunalen Verwaltung.<br />

ihm: Bevor er zur Arbeit fährt, stellt er<br />

jeden Morgen sein Navi ein, um mögliche<br />

Staus zu umfahren. Dann verbindet<br />

er sein Smartphone, das sein Bub für<br />

ihn programmiert hat, mit dem Cockpit<br />

des Autos. An der Gemeinde angekommen<br />

parkt Herr Mair sein Auto in<br />

der Tiefgarage. Hier unterstützen ihn<br />

die Sensoren des Parkassistenten. Alles<br />

ganz normal. Doch kaum ist Herr Mair<br />

an seinem Schreibtisch, geht der Ärger<br />

los. Schon wieder wurden Verordnungen<br />

geändert, in die sich Mair erst einlesen<br />

muss. Als nächstes funktio niert die neue<br />

Telefonanlage nicht so, wie sie soll – die<br />

Bedienung ist für ihn einfach zu kompliziert.<br />

Zu allem Überfluss hat die IT übers<br />

Wochenende diverse Updates durchgeführt,<br />

die die gewohnte Routine beim<br />

Benutzen der Software durcheinanderbringt.<br />

Alles Änderungen, die Herrn Maier<br />

bei seiner alltäglichen Arbeit belasten.<br />

Dabei gehören Veränderungen zum Leben,<br />

ob sie einem nun gefallen oder nicht.<br />

Sie sind die einzig wahre Konstante.<br />

Besonders bei technischen<br />

Neuerungen hat es<br />

zu jeder Zeit Widerstände<br />

gegeben. Sei es bei der<br />

Einführung des Telefons,<br />

des Lichts, des Autos<br />

oder der Eisenbahn.<br />

Bei letzterer beispielsweise warn ten<br />

Ärzte wegen der „unglaublichen“ 35<br />

km/h Reisegeschwindigkeit vor geistiger<br />

Verwirrtheit, Fieber oder gar dem Verlust<br />

von Gliedmaßen. Heute schmunzeln<br />

wir darüber und benutzen die Bahn wie<br />

selbstverständlich. Doch im Gegensatz<br />

zu „früher“, wo sich lediglich alle paar<br />

Jahrzehnte nennenswerte Neuerungen<br />

etabliert haben, hat das Tempo heute er ­<br />

heblich zugelegt. Treiber sind die Entwicklungen<br />

in der Technologie, die nicht nur die<br />

Technik selbst verändern, sondern Einfluss<br />

auf das gesamte Leben haben.<br />

Davon ist die Verwaltung nicht ausgenommen.<br />

So erinnert sich der 47-jährige<br />

Christian Lechner, Verantwortlicher des<br />

Bereichs Digitalisierung und Personaldienstleistung<br />

bei der GemNova: „Als ich<br />

vor meiner Zeit bei der GemNova Amtsleiter<br />

wurde, arbeitete mein Vorgänger im<br />

Gemeindeamt noch mit einem Registerkasten.<br />

Darin befanden sich Karteikarten,<br />

auf die er handschriftliche Vermerke eintrug.<br />

Zu dieser Zeit erfolgte gerade die<br />

Umstellung auf ein EDV-System und die<br />

damit verbundene Einführung von digitalen<br />

Registerkästen wie beispielsweise<br />

das Zentrale Melderegister (ZMR) oder<br />

das Adress-Gebäude-Wohnungsregister<br />

(AGWR). Sie sind eigentlich nichts anderes<br />

als ein elektronischer Registerkasten, aufgebaut<br />

nach dem Prinzip der Karteikarten.<br />

Mir fiel es leicht, damit umzugehen, aber<br />

meinem Vorgänger und Ausbildner war<br />

das suspekt.“<br />

Veränderungen machen nicht vor der<br />

Gemeindeverwaltung halt<br />

Seither hat sich auch in den Gemeindestuben<br />

viel getan. Nicht nur Gesetze,<br />

Vorga ben und Aufgaben ändern sich ständig.<br />

Die Technik entwickelt sich auch hier<br />

weiter. Und weil sie laufend voranschreitet,<br />

folgen wieder neue Gesetze, Vorgaben<br />

und Aufgaben. Eine Atempause scheint<br />

es nicht zu geben. So manche verzweifeln<br />

innerlich. Statt sich mit den Veränderungen<br />

auseinanderzusetzen, resignieren viele<br />

und stecken zum Schutz den Kopf in den<br />

Sand. „In meiner Ar beit habe ich dabei<br />

zwei Grundtypen kennengelernt. Zum einen<br />

gibt es Menschen, die haben wirklich<br />

Angst vor Veränderungen und Zukunft.<br />

Dann gibt es diejenigen, die den ‚inneren<br />

Schweinehund‘ nicht überwinden wollen.<br />

Letztlich ist beides keine Lösung. Wenn<br />

Veränderung keine Akzeptanz finden,<br />

werden Entwicklungen ausgebremst, die<br />

Arbeit wird erschwert, Fehler schleichen<br />

sich ein, die Qualität sinkt und was viel<br />

schlimmer ist, die Mitarbeiter*innen leiden<br />

in vielerlei Hinsicht“, sagt Christian<br />

Lechner.<br />

Aber wie gelingt es, Veränderungen<br />

erfolg reich zuzulassen? Es ist unerheblich,<br />

ob es sich um neue Arbeitsabläufe, eine<br />

neue Software, einen neuen Arbeitsplatz<br />

oder auch um neue oder scheidende Kolleg*innen<br />

handelt, Fakt ist: Aus alt wird<br />

neu, aus unbekannt wird gewohnt. Alles<br />

ist ein Lernprozess.<br />

Wissenschaftlich gesehen gibt es in<br />

einem Lernprozess fünf Aspekte:<br />

• Zielsetzung: ein klares, positiv formuliertes<br />

Ziel<br />

• Selbsterkenntnis: eigene Stärken<br />

und Schwächen analysieren<br />

• Spaß und Freude am Mitzugestalten<br />

• Wettkampf: sportlich und spielerisch<br />

• Belohnung: muss nicht groß sein,<br />

aber stetig<br />

Dabei hilft es, wenn man sich erinnert, wie<br />

man als Kind etwas erlernt hat – vorausgesetzt<br />

das Erlebnis ist positiv belegt.<br />

Empathie als Schlüssel für erfolgreiche<br />

Veränderungen<br />

„In der Praxis sieht Veränderung in der<br />

Verwaltung oft so aus: Sie wird ‚angeordnet‘.<br />

Nicht aus Böswilligkeit. Irgendwann<br />

ist der Druck einfach zu groß und es<br />

muss etwas verändert werden, weil es<br />

einfach anders nicht mehr geht. So sieht<br />

schließlich oft die Umsetzung aus. Keiner<br />

ist glücklich mit der Situation. Deshalb<br />

ist es elementar, sich gerade bei bevorstehenden<br />

umfassenden Veränderungen<br />

Zeit zu nehmen und alle Mitarbeiter*innen<br />

einzubinden und abzuholen; ob diese<br />

nun direkt oder indirekt betroffen sind.<br />

Der ‚Kaffeeküchenfunk‘ ist nicht zu unterschätzen!<br />

Schließlich haben Verantwortliche<br />

zu erklären, wie das Ziel aussieht.<br />

Also, keine Geheimnisse! Zuhören und<br />

offen sein für Ängste, Sorgen, Vorbehalte<br />

und Empfindungen lautet die Devise. Menschen<br />

sind keine Maschinen. Sie haben<br />

Gefühle, die ernst zu nehmen sind. Das<br />

übersehen wir in der Hektik des Alltags<br />

leicht, ebenso wie wir vergessen, dass<br />

jung und alt unterschiedlich ticken. Sicher<br />

beschreiben Begriffe wie ‚Qua litäts- oder<br />

Changemanagement‘ präziser geplante,<br />

neue Prozesse, die umgesetzt werden sollen.<br />

Doch einfache, verständliche Sprache<br />

ist in solchen Fällen hilfreich und unterstützt<br />

den Dialog auf Augenhöhe. Eigentlich<br />

wie im Privaten“, gibt Christian Lechner<br />

allen mit auf den Weg, die Veränderungen<br />

künftig leichter nehmen wollen.<br />

ZUM AUTOR<br />

JAN SCHÄFER<br />

Jan Schäfer ist Experte für Marketing<br />

und Kommunikation. Er unterstützt seit<br />

2020 die GemNova als Gemeindebetreuer<br />

in Osttirol und war zuletzt<br />

maßgeblich an der Entstehung des<br />

Gemeinde ABC’s beteiligt.<br />

Kontakt: j.schaefer@gemnova.at


16 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

17<br />

Zentrale Elemente der<br />

Organisationsentwicklung<br />

Was wird unter Organisationsentwicklung verstanden? Dies ist nicht ganz einfach zu beantworten.<br />

Bei Entwicklung geht es immer um Veränderung; Veränderungen sollten immer geplant und die<br />

gesamte Organisation inkl. aller Mitarbeiter*innen eingebunden sein. Dieser Prozess verändert<br />

damit die Organisationsstruktur, die Unternehmenskultur und auch das individuelle Verhalten. Zielsetzung<br />

einer solchen Veränderung ist es einerseits, die Leistungsfähigkeit der Organisation zu<br />

erhöhen, andererseits die Entfaltung der einzelnen Organisationsmitglieder zu unterstützen.<br />

Strategie<br />

und Ziele<br />

Den Begriff „Strategie“ könnte man einfach<br />

ausgedrückt mit „WIE“ übersetzen.<br />

Welche Maßnahmen und welche Projekte<br />

setzt man um, damit der Zweck wie auch<br />

die Vision der Organisation realisiert und<br />

damit die beabsichtigten Ergebnisse er ­<br />

reicht werden können?<br />

In der Strategie selbst werden Meilensteine<br />

formuliert; dabei kann der Zeithorizont<br />

kurz-, mittel- bis langfristig sein. Die<br />

Erreichung der Meilensteine muss messbar<br />

gestaltet werden.<br />

Es müssen Ziele für die einzelnen Organisationseinheiten<br />

und Prozesse vereinbart<br />

werden. Anhand dieser Ziele kann nachvollzogen<br />

werden, ob die vorgesehene Ausrichtung<br />

auch tatsächlich geschafft wurde.<br />

Insbesondere die Aufnahme von relevanten<br />

beeinflussbaren Nachhaltigkeitszielen<br />

wird im kommunalen Bereich eine<br />

verstärkte Rolle spielen. Die Agenda 2030<br />

für nachhaltige Entwicklung beinhaltet 17<br />

Nachhaltigkeitsziele (auch „SDGs“ genannt)<br />

mit insgesamt 169 Unterzielen.<br />

Folgende Schlüsselbegriffe werden im Rahmen einer Organisationsentwicklung als zentrale<br />

Elemente betrachtet: Vision und Mission, Strategie und Ziele, Prozesse und Struktur.<br />

Vision<br />

und Mission<br />

ZUM AUTOR<br />

DR. KLAUS KANDLER<br />

MBA (MCI)<br />

Klaus Kandler war 16 Jahre lang Amtsleiter<br />

in der Marktgemeinde Rum und<br />

ist Experte für Gemeinde- und Verwaltungsentwicklung.<br />

Seit Jänner <strong>2022</strong><br />

ist er in der GemNova verantwortlich<br />

für diesen Bereich.<br />

Kontakt: k.kandler@gemnova.at<br />

Diese beiden Begriffe sollten wenn<br />

möglich immer gemeinsam betrachtet<br />

werden. Veränderungen werden deswegen<br />

auch immer mit ihren vorhandenen<br />

Wechselwirkungen zu bewerten sein.<br />

Die Vision ist der Blick in die Zukunft aus<br />

der Innensicht der Organisation: Wohin<br />

möchte sich die Organisation entwickeln?<br />

Diese Frage sollte man unter Einbeziehung<br />

des Organisationszwecks (Mission)<br />

beantworten, denn der beste Kapitän<br />

hilft nichts, wenn er nicht weiß, wohin er<br />

segeln soll. Es geht hier also um eine Richtung<br />

und nicht um die Strategie selbst.<br />

Die Mission betrachtet die Organisation<br />

von außen. Wie wollen wir, dass uns die<br />

Außenwelt sieht? Bei der Beantwortung<br />

dieser Frage geht es um die „Daseinsberechtigung“,<br />

den Nutzen, den die<br />

Kundinnen und Kunden, im kommunalen<br />

Umfeld die Bürger*innen, von der Organisation<br />

haben. Der Zweck gibt damit<br />

auch die Antwort auf die „Sinnfrage“. Dies<br />

könnte beispielsweise eine bedeutende<br />

Rolle spielen, wenn man von (potenziellen)<br />

Mitarbeiter*innen als attraktive*r Arbeitgeber*in<br />

gesehen werden will.<br />

In einer Kurzformel könnte man hinter<br />

dem Begriff „Mission“ das Wort „WOZU“<br />

und hinter dem Begriff „Vision“ das Wort<br />

„WOHIN“ sehen. Durch die Konkretisierung<br />

dieser beiden Begriffe schafft<br />

man die Rahmenbedingungen der Organisationsentwicklung.<br />

Das Beispiel der drei Steinmetze macht<br />

sehr gut deutlich, was eine Vision ist. Drei<br />

Steinmetze arbeiten auf einer Baustelle.<br />

Ein Passant bleibt stehen und fragt sie,<br />

was sie hier tun. Der erste Steinmetz<br />

räumt mürrisch Steine zusammen und<br />

sagt: „Ich verdiene meinen Lebensunterhalt.“<br />

Der zweite Steinmetz klopft mit<br />

wichtiger Miene weiter auf seinen Stein<br />

und antwortet: „Ich liefere die beste Steinmetzarbeit<br />

weit und breit.“ Der dritte<br />

schaut den Passanten mit glänzenden<br />

Augen an und sagt: „Ich baue eine Kathedrale.“<br />

Der erste Steinmetz erkennt<br />

keinen Sinn in seiner Arbeit, der zweite<br />

ist stolz auf seine Arbeit, weiß aber nicht<br />

was das große Ziel ist. Und der dritte hat<br />

eine klare Vision, die ihn begeistert.<br />

VISION : WOZU = MISSION : WOHIN<br />

Prozesse<br />

und Struktur<br />

Zwei wesentliche Bestandteile einer<br />

Organisation sind benötigte Prozesse und<br />

eine geeignete Organisationsstruktur. Man<br />

spricht hier auch von der Ablauforganisation<br />

(= Prozesse) und der Aufbauorganisation.<br />

Während in der Aufbauorganisation die<br />

Rahmenbedingungen festgelegt sind, d. h.<br />

welche Aufgaben von welchen Personen<br />

mit welchen Sachmitteln übernommen<br />

Ziele für nachhaltige Entwicklung<br />

(© Bundesregierung)<br />

werden und mit welchen Rechten Personen<br />

ausgestattet werden, sind in der<br />

Ablauforganisation die innerhalb dieses<br />

Rahmens ablaufenden Arbeits- und Informationsprozesse<br />

geregelt.<br />

Die Aufbauorganisation wird typischerweise<br />

in einem Organigramm dargestellt.<br />

Aufgaben in der Organisation werden in<br />

einzelne Abteilungen und Stellen gegliedert<br />

sowie Hierarchien definiert.


18 DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

DOSSIER DIGITALE GEMEINDE<br />

19<br />

Bauamt<br />

Hochbau<br />

Tiefbau<br />

Straßenbau<br />

Raumordnung<br />

Grundstücksänderungen<br />

Widmungsbestätigungen<br />

Erschließungskosten<br />

Kanal/Wasseranschluss<br />

Katastrophenschutz<br />

Lawinenkomission<br />

Kinderspielplätze<br />

Müllentsorgung<br />

Umweltschutz<br />

Feuerpolizei<br />

Muster-Organigramm<br />

(© GemNova)<br />

Die Ablauforganisation kann man als<br />

Flussdiagramm darstellen. Es beginnt<br />

z. B. mit dem ersten Schritt zur Herstellung<br />

eines Produkts bzw. einer Dienstleistung<br />

und es endet mit der Auslieferung<br />

des Produkts bzw. mit der Erbringung der<br />

Dienstleistung. Es wird transparent dargestellt,<br />

in welcher Reihenfolge Aufgaben<br />

erbracht werden und welche Aufgaben<br />

parallel laufen. Die jeweiligen Schritte<br />

werden von Mitarbeiter*innen ausgeführt,<br />

die in den Stellen und Verantwortlichkeiten<br />

der Aufbauorganisation definiert sind.<br />

Schaffung der dazu<br />

geeigneten Struktur<br />

Poststelle<br />

Standesamt<br />

Sozialamt<br />

Friedhof<br />

Schulwesen<br />

Kindergartenwesen<br />

Kinder-/Jugendbetreuung<br />

Fundamt<br />

Meldeamt<br />

Müllsäcke<br />

Wohnungsamt<br />

Veranstaltungsgenehmigung<br />

Wahlen<br />

Förderungen/Zuschüsse<br />

Bürgermeister*in<br />

Amtsleiter*in<br />

Sämtliche genannten Elemente der<br />

Organisationsentwicklung stehen in einer<br />

engen Wechselwirkung zueinander.<br />

In der Organisationsentwicklung wird folgende<br />

Vorgehensweise empfohlen:<br />

Festlegung von Vision<br />

& Mission<br />

Identifikation der benötigten<br />

Prozesse für die<br />

Strategierealisierung<br />

Finanzverwaltung<br />

Amtskasse<br />

Buchhaltung<br />

Gemeindeversicherungen<br />

Grundsteuer<br />

Mahnwesen<br />

Kanal/Wassergebühr<br />

Müllgebühr<br />

Voranschlag<br />

Rechnungsabschluss<br />

Subventionen<br />

Hundesteuern<br />

Kommunalsteuer<br />

Gerne unterstützen wir Sie<br />

hier und helfen Ihnen damit,<br />

flexibler auf Anforderungen<br />

und Gegebenheiten zu reagieren.<br />

Bürger*innenservice<br />

Kinderbetreuungseinrichtungen<br />

Entwicklung der erforderlichen<br />

Strategie (zur Realisierung von<br />

Vision & Mission)<br />

Daten,<br />

Daten,<br />

Daten...<br />

Der Sommer ist da und das Urlaubsziel<br />

steht für die meisten von uns schon<br />

fest. Nach fast 2 Jahren Urlaubsabstinenz<br />

ist die Vorfreude riesig und<br />

was bei vielen von uns jedenfalls zum<br />

Urlaub dazugehört, ist die klassische<br />

Postkarte an die Familie und die Freunde.<br />

Früher war dafür ein Telefonbüchl<br />

mit den Adressdaten im Gepäck mit<br />

dabei und heute sind es die digitalen<br />

Kontakte im Smartphone. Zurück aus<br />

dem Urlaub und wieder mittendrin im<br />

Berufsalltag geht es mit den digitalen<br />

Kontakten und generell digitalen Da ten<br />

weiter.<br />

Daten, Daten, Daten …in unserem<br />

Privatleben wie auch im Berufsleben<br />

In beiden Fällen macht es Sinn, wenn die<br />

Daten schnell und vor allem eindeutig und<br />

korrekt zur Verfügung stehen. Die Postkarte<br />

an die falsche Adresse oder gar<br />

eine Überweisung an den falschen „IBAN“<br />

ist peinlich oder kann im Fall des IBAN<br />

sogar Schaden anrichten.<br />

Wir verlassen uns wie selbstverständlich<br />

auf die Daten, die uns zur Verfügung stehen<br />

und im Falle, dass sie das nicht tun,<br />

wird es oftmals mühsam diese Da ten<br />

korrekt zu recherchieren und diese ak ­<br />

tuell zu halten. Im Laufe der letzten 20<br />

Jahre haben vor allem Bundesministerien<br />

begonnen für Gemeinden di gitale<br />

Register zu schaffen, wo<br />

Daten eindeutig mittels Registerzahl<br />

zentral vorhanden und<br />

vor allem aktuell sind. Hier zu<br />

nennen ist (seit 2004) das<br />

Zentrale Melderegister (ZMR),<br />

welches Zug um Zug mit<br />

dem Gebäude-Wohnungsregister<br />

(GWR) und in<br />

weiterer Folge mit dem<br />

Adress-Gebäude-Wohnungsregister<br />

(AGWR) eingeführt<br />

wurde. Das Finanzministerium hat Finanz­<br />

Online auf Schiene gebracht, die Statistik<br />

Austria führt das Unternehmensregister<br />

(UR), in welchem Firmenbuch, Vereinsregister<br />

etc. vereint sind, und nicht zuletzt zu<br />

nennen ist das Unternehmensserviceportal<br />

(USP), wel ches seit 2020 von Unternehmen<br />

verpflichtend zu nutzen ist.<br />

Man sieht, im Jahr <strong>2022</strong> können die<br />

Gemeinden auf eine Vielzahl an Registern<br />

und die dort vorhandenen eindeutigen und<br />

korrekten digitalen Daten datenschutzkonform<br />

zurückgreifen. Während meiner<br />

fast 20-jährigen Gemeindearbeit habe<br />

ich erfahren, wie mühsam und zeitaufwendig<br />

es ist, ständig manuell Daten zu<br />

pflegen. Nicht nur, dass Gemeinden bzgl.<br />

der Rechtssicherheit Probleme haben –<br />

genannt seien hier beispielsweise falsche<br />

Bescheidadressaten – so macht diese<br />

manuelle Pflege die Gemeindearbeit vor<br />

allem ineffizient und für Fehler anfällig.<br />

Die Gemeindeverwaltung<br />

lebt wie die Privatwirtschaft<br />

von gut strukturierten<br />

und klar definierten<br />

Abläufen und diese Prozesse<br />

setzen korrekte und<br />

eindeutige Daten voraus.<br />

Diese Datenqualität kann selbständig in<br />

der Finanzverwaltung geprüft werden. Wie<br />

oft zum Beispiel kommt ein und dieselbe<br />

Person mehrfach für Buchungsläufe<br />

in Frage? Ist die Datenqualität schlecht,<br />

führt das in weiterer Folge z. B. zu Fehlbuchungen,<br />

falschen Mahnläufen etc. Auch<br />

im Bauamt spielt die Datenqualität eine<br />

große Rolle. Als Beispiel sei hier genannt,<br />

dass es immer wieder vorkommt, dass<br />

verstorbene Personen zu einer Bauverhandlung<br />

geladen werden. Diese Beispiele<br />

zeigen Probleme in der Rechtssicherheit<br />

auf und behindern, wie gesagt, automatische<br />

Abläufe, da man diese Daten ständig<br />

hinterfragen muss.<br />

Nicht zuletzt wird an der Dauer der Verfahren,<br />

ob das erteilte SEPA-Mandat korrekt<br />

verwendet wird oder ob der Bescheid<br />

korrekt ausgestellt wurde, die Qualität der<br />

Gemeindeverwaltung gemessen und von<br />

uns Bürger*innen bewertet – eine automatische<br />

Reaktion, bei welcher wir uns<br />

alle schon selbst ertappt haben.<br />

Das hehre Ziel der Gemeindeverantwortlichen<br />

muss sein, die Abläufe und vor allem<br />

die diesen zugrundeliegenden Daten korrekt,<br />

eindeutig und aktuell zur Verfügung<br />

zu stellen. Die Verwendung der genannten<br />

Register ist damit unabdingbar und kann<br />

jedem nur ans Herz gelegt werden.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. IUR.<br />

CHRISTIAN LECHNER<br />

Christian Lechner kann auf eine 18-jährige<br />

Berufserfahrung als Amtsleiter,<br />

Bauamtsleiter und Finanzverwalter<br />

zurückblicken. Seit nun mehr als vier<br />

Jahren ist er bei der GemNova tätig. Er<br />

ist Experte für Digitalisierungsthemen,<br />

Rechtssicherheit und Datenschutz.<br />

Kontakt: c.lechner@gemnova.at


20 tirol.digital<br />

21<br />

21<br />

Also, alles was Recht ist...<br />

VON CHRISTIAN LECHNER<br />

In den Gemeinden ist immer viel zu tun. Bald rückt zum Beispiel wieder die nächste Fälligkeit<br />

der Gemeindeabgaben näher. Abgaben werden mittels Bescheids abgerechnet – aber wie hat nun<br />

ein rechtskonformer Abgabenbescheid auszusehen? Bei Bescheiden, die an Alleineigentümer*innen<br />

gerichtet sind, gibt es keine großen Probleme und darum wird hier auf diese Situation nicht<br />

näher eingegangen. Aber in Zeiten, in denen Wohnraum teuer ist, wird immer mehr Miteigentum<br />

geschaffen und damit gelten bei der Erstellung rechtskonformer Abgabenbescheide ganz andere<br />

Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen bei Miteigentum sollen nachfolgend aufgezeigt werden.<br />

Mahlzeit!<br />

Mit Jausengeld.at, dem<br />

intelligenten Essensgutschein.<br />

Von welchen Miteigen tümer*innen können<br />

die Abgaben „verlangt“ werden?<br />

Die Bundesabgabenordnung (BAO) bildet die<br />

Rechtsgrundlage für das Abgabenverfahren<br />

der Gemeinde. Der Bürgermeister oder die<br />

Bürgermeisterin ist die Abgabenbehörde<br />

und entscheidet bei Miteigentum, von wem<br />

die Abgabe verlangt wird. Würde diese von<br />

einer Person allein verlangt und die anderen<br />

„verschont“ werden, wäre das in jedem<br />

Einzelfall zu prüfen und zu begründen.<br />

Nicht auszudenken, was das für ein Aufwand<br />

wäre, wobei ein allgemeiner Satz<br />

im Bescheidspruch keine entsprechende<br />

Begründung darstellt. Das bedeutet, dass<br />

der Bescheid an alle Miteigentümer*innen<br />

gerichtet sein sollte, womit allen die<br />

gleichen Rechte und vor allem auch Zahlungspflichten<br />

auferlegt sind. Das ist die ge ­<br />

lebte Gemeindepraxis und zu dieser gibt es<br />

mittlerweile unzählige Entscheidungen des<br />

Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG)<br />

und auch eine Erläuterung der Abteilung<br />

Gemeinden des Landes stellt klar, wie in<br />

diesen Fällen ein Bescheid auszusehen hat.<br />

Wie hat der Abgabenbescheid gegenüber<br />

allen Miteigentümer*innen auszusehen?<br />

Der Bescheid wird einem*r der Miteigentümer*innen<br />

zugestellt (diese*r steht<br />

oben im Adressfeld) und er*sie wird zusammen<br />

mit allen weiteren Miteigentümer*innen<br />

im Bescheidspruch angeführt. Das verlangt,<br />

dass die Daten der Eigentümer*innen<br />

im Buchhaltungsprogramm immer aktuell<br />

gehalten werden müssen. Es gilt zu beachten,<br />

dass zwar nur ein*e Miteigentümer*in<br />

den Bescheid zugestellt bekommt, aber<br />

allen weiteren Miteigentümer*innen durch<br />

ihre jeweilige Nennung im Bescheidspruch<br />

und einem Hinweissatz dieser damit auch<br />

zugestellt ist.<br />

Zusammengefasst heißt das:<br />

• Alle Miteigentümer*innen sind nach<br />

aktuellem Grundbuchstand im Spruch<br />

anzuführen.<br />

• Es muss darauf hingewiesen werden,<br />

dass dieser Bescheid – obwohl nur<br />

an eine Person aus dem Kreis der<br />

Eigentümer*innen zugesendet – an alle<br />

als zugestellt gilt.<br />

Wie sieht das bei Miteigentümergemeinschaften<br />

im Fall von Wohnungseigentum<br />

(WEGs) aus?<br />

Die Eigentümergemeinschaften im Fall von<br />

Wohnungseigentum (WEGs) sind teilrechtsfähig<br />

ausschließlich in ihren Verwaltungsbelangen.<br />

In diesen sind sie berechtigt, die<br />

Vorsteuer geltend zu machen – vorausgesetzt<br />

sie erhalten von der Gemeinde<br />

eine ent sprechende Rechnung im Sinne<br />

des Umsatzsteuergesetzes. Diese Teilrechtsfähigkeit<br />

stellt damit weiters klar,<br />

dass die WEG gar nicht Eigentümer und<br />

damit Bescheidadressatin sein kann. Be ­<br />

scheide sind somit wie beim vorher<br />

beschriebenen Miteigentum auszustellen.<br />

Alle Miteigentümer*innen sind also im<br />

Spruch zu nennen und dies können mitunter<br />

Hunderte sein. Der Hinweis, dass damit<br />

die Zustellung an alle erfolgt ist, darf auch<br />

nicht fehlen. Lediglich die Zustellung er folgt<br />

an die WEG und diese scheint daher im<br />

Adressblock auf.<br />

FAZIT<br />

Die Ausstellung von rechtskonformen<br />

Bescheiden kann die Finanzverwaltung<br />

mit ihren Kapazitäten<br />

an die Grenze der Leistungsfähigkeit<br />

bringen. Man stelle sich vor,<br />

hunderte Miteigentümer*innen<br />

im Bescheidspruch nennen zu<br />

müssen. Deshalb ist es so wichtig,<br />

die Daten der Eigentümer*innen<br />

korrekt und aktuell zu halten und<br />

Abläufe zu definieren, wie diese<br />

Daten am besten aufgerufen,<br />

verwaltet und verarbeitet werden<br />

können.<br />

Im Idealfall wird ein integriertes<br />

System verwendet. Das heißt,<br />

dass die Daten registerbasiert<br />

vorhanden und aktuell sind und<br />

einfach automatisch, ohne eingreifen<br />

zu müssen, am Bescheid<br />

angeführt werden.<br />

So EFFIZIENT und EINFACH<br />

kann’s gehen.<br />

www.jausengeld.at


22 tirol.digital<br />

Podcasts<br />

Eine elegante Möglichkeit zur<br />

Kommunikation mit Bürger*innen<br />

Der Podcast-Host führt durch die Podcast­<br />

Episode und verleiht mit seiner*ihrer Stimme<br />

dem Podcast eine einzigartige Note mit<br />

Wiedererkennungswert.<br />

(© PenguMedia)<br />

Podcast Tipp:<br />

Wir alle sind Gemeinde –<br />

der Kommunalpodcast<br />

Der politisch unabhängige Podcast<br />

versteht sich als Fundgrube<br />

an kommunalen Informationen<br />

und als Wissensvermittlung in<br />

Richtung Gemeinden. Als Gastgeber<br />

beschäftigt sich Alois Rathgeb<br />

gemeinsam mit seinen Gästen<br />

mit den großen und kleinen Herausforderungen<br />

der Gemeinden.<br />

Den Anfang machte der Präsident<br />

des Tiroler Gemeindeverbandes<br />

höchstpersönlich – Mag. Ernst<br />

Schöpf. Jetzt anhören – überall<br />

wo es Podcasts gibt!<br />

Podcasts sind in aller Munde – aber ist<br />

das nur ein kurzer Hype oder sollte man<br />

sich damit beschäftigen? Und, lässt<br />

sich diese Mediengattung auch für die<br />

Kommunikation kommunaler Inhalte<br />

nutzen?<br />

Starten wir mit ein paar Nutzungsdaten:<br />

Laut dem Digital News Report Network<br />

Austria von Reuters haben rund 28 Prozent<br />

der Österreicher*innen im letzten Monat<br />

mindestens einen Podcast gehört; in der<br />

Altersgruppe 18 bis 24 sind es sogar knapp<br />

55 Prozent. Podcasts sind also längst ein<br />

Massenphänomen und keine Nische mehr.<br />

Ein wesentlicher Grund dafür: Der Konsum<br />

von Podcasts entspricht einem modernen<br />

Mediennutzungsverhalten, nämlich jenem,<br />

Inhalte zu konsumieren, wann, wie und wo<br />

man will. Podcasts sind also wie Radio<br />

auf Bestellung und für die Hörer*innen<br />

zudem meist kostenlos. Gehört werden<br />

sie hauptsächlich über bestimmte Apps<br />

(z. B. Apple Podcasts, Spotify, Amazon Podcasts<br />

oder Google Podcasts), aber auch<br />

eine Einbettung auf die eigene Website<br />

ist möglich und sinnvoll.<br />

Das Besondere an Podcasts: Die Hörer*innen<br />

entscheiden sich bewusst für einen<br />

Inhalt, einen Host oder ein Thema<br />

und widmen diesem dann ihre gesamte<br />

Aufmerksamkeit. Besonders oft gehört<br />

werden Podcasts in Situationen, in denen<br />

eine an sich kaum sinnvoll einsetzbare<br />

Zeit für Unterhaltung, Weiterbildung oder<br />

Information genutzt werden kann, wie zum<br />

Beispiel beim Pendeln, beim Sport oder<br />

bei der Hausarbeit. Podcasts sind für viele<br />

auch eine willkommene Gelegenheit, für<br />

eine gewisse Zeit nicht auf ein Display<br />

starren zu müssen.<br />

Die Gemeinde hören<br />

Im Gegensatz zu anderen digitalen Kommunikationskanälen,<br />

bei denen die Aufmerksamkeitsspanne<br />

manchmal lediglich<br />

ein paar Sekunden beträgt, bleiben die<br />

Podcasthörer*innen auch bei längeren<br />

Episoden (eine Podcast-Folge dauert im<br />

Durchschnitt ca. 20 Minuten) zum überwiegenden<br />

Teil bis zum Schluss dran.<br />

Ein weiteres besonderes Merkmal von<br />

Podcast-Konsument*innen: Wenn sie ein<br />

Format erst mal begeistert hat, sind sie<br />

sehr loyal und rufen gerne weitere Folgen<br />

ab. Die Grundvoraussetzungen, kommunale<br />

Themen über das Medium „Podcast“<br />

zu verbreiten, könnten also idealer<br />

nicht sein: Die Bürger*innen interessieren<br />

sich in der Regel sehr für Informationen<br />

aus ihrem unmittelbaren Lebensumfeld.<br />

Wenn dann eine Stimme im vertrauten<br />

Dialekt über Geschichten, Themen oder<br />

Fakten aus ihrem Ort oder ihrer Stadt<br />

spricht, kann auf diesem Wege die Be ziehung<br />

zwischen der Gemeinde bzw. der<br />

Stadt, kommunalen Unternehmen und den<br />

Bürger*innen auf ein neues Niveau gehoben<br />

werden. Dabei eignen sich vor allem<br />

interessante Erzählungen (zum Beispiel<br />

über die Besonderheiten aus der Region)<br />

oder erklärungsbedürftige Inhalte (zum<br />

Beispiel Hintergrundinformationen zu<br />

großen Gemeinde- oder Stadtprojekten).<br />

Wichtig beim Inhalt: Im Vordergrund steht<br />

keine plumpe Werbung und es werden<br />

auch keine Presseaussendungen verlesen.<br />

Weil ehrlicherweise: Wer soll sich das freiwillig<br />

anhören? Die Kunst eines gelungenen<br />

kommunalen Podcast-Formats ist, die<br />

für die Gemeinde oder die Stadt wichtigen<br />

Themen mit einem journalistischen<br />

Zugang so aufzubereiten, dass die einzelnen<br />

Episoden einen echten Mehrwert für<br />

die Hörer*innen bieten. Über die Offenlegung,<br />

dass es sich um einen kommunalen<br />

Podcast handelt, wird einerseits klar und<br />

transparent der Absender ausgeschildert,<br />

gleichzeitig natürlich aber die kompetente<br />

Behandlung bestimmter Themen mit der<br />

Gemeinde oder der Stadt ver knüpft. Und<br />

weil das Medium Podcast erst in den<br />

letzten Jahren ein starkes Wachstum<br />

verzeichnete, ist es für Gemeinden und<br />

Städte noch möglich, Themenfelder zu<br />

besetzen und eine relevante Hörer*innenschaft<br />

aufzubauen.<br />

Was sind also die wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />

für einen kommunalen Podcast?<br />

• Wohlüberlegtes und nachhaltiges<br />

Podcast-Konzept<br />

• Sympathische*r und kompetente*r<br />

Gastgeber*in (Host)<br />

• Gute und interessant aufbereitete<br />

Inhalte<br />

• Professionelles Sound-Design und<br />

gute Tonqualität<br />

• Verfügbarkeit auf allen gängigen<br />

Plattformen<br />

• Zielgerichtetes Marketing für den<br />

Podcast<br />

Zurück zu den eingangs gestellten Fragen:<br />

Nach unserer Einschätzung sind<br />

Podcasts als Audio-on-Demand-Mediengattung<br />

kein kurzer Hype, sondern eine<br />

nachhaltige Möglichkeit für Hörer*innen,<br />

interessante und unterhaltende Inhalte<br />

aufmerksam zu konsumieren. Und aufgrund<br />

der erzielbaren Nähe zwischen dem<br />

Host, den Inhalten und den Hörer*innen<br />

sind Podcasts für Städte, Gemeinden<br />

oder Unternehmen ausgezeichnet dafür<br />

geeignet, kommunale Inhalte über diese<br />

Mediengattung elegant, sympathisch und<br />

effizient zu verbreiten.<br />

Die Kunst eines gelungenen Podcast­<br />

Formats ist, die Themen so aufzubereiten,<br />

dass die einzelnen Episoden einen echten<br />

Mehrwert für die Hörer*innen bieten.<br />

(© Olsacher)<br />

ZUM AUTOR<br />

STEFAN LASSNIG<br />

Stefan Lassnig ist Strategieberater,<br />

Medienunternehmer und Podcast-Host.<br />

Sein Unternehmen „Missing Link“<br />

betreibt selbst Podcasts, konzipiert und<br />

erstellt Podcasts für Unternehmen und<br />

Institutionen („Corporate Podcast“) und<br />

vermarktet über 30 österreichische<br />

Podcast-Formate.<br />

Mehr dazu auf www.missing-link.media


24 tirol.modern und innovativ<br />

tirol.modern und innovativ<br />

25<br />

ZUKUNFT GEMEINDE - Agenda 2030<br />

Starke Vernetzung als Alternative zu Fusionen<br />

Mit dem Strategieprozess „ZUKUNFT GEMEINDE – Agenda 2030“ wurde erstmals versucht, einen<br />

schlüssigen Weg für die kommunale Zukunft zu definieren, der ohne Fusionen auskommt. Der Sukkus:<br />

Insbesondere für die Kleingemeinden braucht es eine zweite Ebene, auf der das unverzichtbare<br />

Spezialwissen mit effizienten Arbeitsprozessen verbunden wird.<br />

ZUM AUTOR<br />

GEORG KEUSCHNIGG<br />

Georg Keuschnigg war Abgeordneter<br />

im Nationalrat und Bundesrat. Nach seinem<br />

Ausscheiden aus dem Bundesrat<br />

wechselte er zum Institut für Föderalismus,<br />

wo er für Politik und Kommunikation<br />

zuständig war. In der GemNova<br />

Dienstleistungs GmbH ist er für die<br />

Durchführung des Strategieprozesses<br />

“ZUKUNFT GEMEINDE - Agenda 2030”<br />

verantwortlich.<br />

Kontakt: g.keuschnigg@gemnova.at<br />

In allen Bundesländern wird die Weiterentwicklung<br />

der Gemeindestrukturen<br />

intensiv diskutiert. Der Druck auf die Kommunen<br />

ist in den vergangenen Jahrzehnten<br />

enorm gestiegen. Die zunehmende<br />

Komplexität vieler Materien sowie die<br />

Verrechtlichung sämtlicher Bereiche<br />

stellt vor allem die Kleingemeinden vor<br />

enorme Herausforderungen. Während<br />

die Leistungen der Daseinsvorsorge über<br />

Gemeindeverbände sowie eine enge<br />

organisatorische und finanzielle Verzahnung<br />

mit der Landesverwaltung flächendeckend<br />

angeboten werden können, sind<br />

die Gemeinden bei der Verwaltung sowie<br />

in der Vor-Ort-Organisation weitgehend<br />

auf sich gestellt. Interkommunale Modelle<br />

sind hier dünn gesät.<br />

Beauftragt wurde der Strategieprozess<br />

vom Land Tirol, dem Tiroler Gemeindeverband,<br />

der GemNova Dienstleistungs<br />

GmbH, der Standortagentur und dem<br />

Management Center Innsbruck. Aufgrund<br />

der umfassenden Bandbreite kommunaler<br />

Aufgaben wurde eine Eingrenzung auf<br />

sechs Bereiche vorgenommen:<br />

1. Politische Gemeinde / Moderne<br />

Bürger*innengemeinde<br />

2. Gemeindeverwaltung<br />

3. Gesundheit und Pflege<br />

4. Kinderbildung und -betreuung<br />

5. Raumordnung und (Wirtschafts-)<br />

Standort<br />

6. Regionale Mobilität<br />

Coronabedingt mussten alle größeren<br />

Diskussionsveranstaltungen abgesagt<br />

werden. An ihre Stelle rückte eine große<br />

Zahl von Einzelgesprächen, in denen<br />

Hintergründe, Alltagssituationen, Pushund<br />

Hemmfaktoren der interkommunalen<br />

Zusammenarbeit, aber auch psychologische<br />

Argumente analysiert wurden. Herzstück<br />

des Prozesses waren die jeweils<br />

drei Workshops der thematischen Arbeitskreise,<br />

an denen Bürgermeister*innen und<br />

Amtsleiter*innen sowie Fachleute aus der<br />

Landesverwaltung, der Wissenschaft und<br />

aus Interessenvertretungen teilnahmen.<br />

Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines<br />

Expert*innenbeirats unter dem Vorsitz<br />

von Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger überprüft.<br />

Moderne Bürger*innengemeinde und<br />

Gemeindeverwaltung<br />

In einer von der GemNova durchgeführten<br />

Umfrage mit einem Rücklauf von rund<br />

11.000 Fragebögen wurde vorab die<br />

Zufriedenheit der Bürger*innen erhoben.<br />

Die Ergebnisse attestierten den Gemeinden<br />

in den Sachbereichen eine gute Performance.<br />

Aufholbedarf besteht aber bei<br />

den weichen Faktoren wie Information,<br />

Beteiligung und Transparenz. Damit ist<br />

auch schon der wunde Punkt erreicht:<br />

Die Gemeinden versinken in der ständig<br />

steigenden Verwaltungsflut. Es wird<br />

immer schwieriger, Kapazitäten für an<br />

den Bürger*innen orientierte Prozesse<br />

freizu spielen. Dazu kommt, dass sich in<br />

Klein gemeinden alles auf ganz wenige<br />

Personen, vielfach in Teilzeit, konzen triert.<br />

Sie sollten neben der Verwaltung die<br />

Einbindung der Bürger*innen garantieren,<br />

komplexe Kommunikationstätigkeiten, aktuell<br />

anstehende Projekte und auch noch<br />

das Ad-Hoc-Management zur Bekämpfung<br />

der Coronapandemie oder zur Unterbringung<br />

von Flüchtlingen übernehmen.<br />

Das Herzstück einer an Bürger*innen<br />

orientierten Gemeindearbeit ist eine<br />

schnelle und serviceorientierte Kommunikation.<br />

Das für die digitalen Kanäle<br />

erforderliche Know-how könnte, wie sich<br />

in den Beratungen im Arbeitskreis herauskristallisierte,<br />

über eine interkommunale<br />

Bündelung der Kräfte aufgebracht<br />

werden. Generell braucht es Unterstützungsstrukturen<br />

– bevorzugt auf regionaler<br />

Ebene – die wie ausgelagerte Gemeindeämter<br />

funktionieren und in denen das<br />

unverzichtbare Spezialwissen mit ef ­<br />

fizienten Abwicklungsprozessen kombiniert<br />

wird.


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tirol.modern und innovativ<br />

27<br />

Vier Kernbereiche der kommunalen Leistungspalette<br />

“Von der Wiege bis zur Bahre” – dieser Leitsatz beschreibt die umfassende Zuständigkeit der Gemeinden. Bei der Konzeption des<br />

Strategieprozesses „ZUKUNFT GEMEINDE – Agenda 2030“ wurde das berücksichtigt und folgende vier Bereiche analysiert und<br />

aufgearbeitet: Gesundheit und Pflege, Kinderbildung und -betreuung, Raumordnung und (Wirtschafts-)Standort sowie regionale<br />

Mobilität. Auf dieser Doppelseite lesen Sie kurze Zusammenfassungen der Ergebnisse.<br />

Gesundheit und Pflege<br />

Gesunde Gemeinde: Ziel des öffentlich geförderten Projekts<br />

„Gesunde Gemeinde“ ist die Steigerung der Zahl der<br />

gesunden Lebensjahre, um den Pflegebedarf möglichst zu<br />

reduzieren. Dabei hat die Gemeinde eine große Aufgabe,<br />

weil sie über den direkten Zugang zur Bevölkerung, zu<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen und zu einer kostengünstigen<br />

Veranstaltungsinfrastruktur verfügt.<br />

Neue Wege in der Pflege: Die Bewältigung und Finanzierung<br />

der steigenden fachlichen Anforderungen sind die zentralen<br />

Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Diese<br />

Thesen zum Bereich „Gesundheit und Pflege“ wurden im<br />

Arbeitskreis definiert:<br />

• Bessere Koordination der Vielzahl unterschiedlicher<br />

Anbieter*innen im Gesundheits- und Pflegesektor<br />

• Über die Förderung des Ehrenamtes die hauptamtlichen<br />

Strukturen entlasten, den Servicegrad steigern und<br />

neben hochspezialisierten medizinischen Leistungen<br />

auch die menschliche Zuwendung fördern<br />

• Effizienzsteigerung bei den Personal- und Sachkosten<br />

der Pflegeeinrichtungen sowie Abstimmung und Spezialisierung<br />

des Angebots<br />

• Die mobilen und stationären Einrichtungen in unterschiedlichen<br />

Organisationsformen vernetzen und zu<br />

starken regionalen Drehscheiben ausbauen<br />

Kinderbildung und -betreuung<br />

Mit der Thematik der Kinderbildung und -betreuung bewegen<br />

sich die Gemeinden mitten in einem sensiblen gesellschaftlichen<br />

Spannungsfeld. Voraussetzung für eine strukturierte<br />

Vorgehensweise ist die Erhebung der sprachlichen und kulturellen<br />

Bedarfe sowie der unterschiedlichen Bildungs- und<br />

Entwicklungsstände von Kindern und Jugendlichen. Dies sind<br />

ein paar Punkte, die im Arbeitskreis besprochen wurden:<br />

• Laufende Weiterbildung und Bewusstseinsbildung<br />

der Gemeindeverantwortlichen für Bildung, Schutz,<br />

Teilhabemöglichkeiten und Chancengerechtigkeit von<br />

Kindern und Jugendlichen<br />

• Vereine und Ehrenamtliche als kulturelle<br />

Brückenbauerinnen fördern<br />

• Laufendes Monitoring in Gemeinden und<br />

Planungsverbänden<br />

• Vertrauen und Akzeptanz für die Angebote aufbauen<br />

(z. B. durch eine gute Willkommenskultur)<br />

• Erarbeitung einer Strategie, gemeinsam mit<br />

Planungsverbänden oder Regionalmanagements<br />

• Enge Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen<br />

Raumordnung und<br />

(Wirtschafts-)Standort<br />

Für eine nachhaltige Stärkung der Planungsverbände spricht<br />

sich der Arbeitskreis „Raumordnung und (Wirtschafts-)<br />

Standort“ aus. Die 2005 eingeführten Planungsverbände<br />

sind das zentrale Instrument der regionalen Raumordnung.<br />

Diese Struktur bietet den geeigneten Rahmen für<br />

strate gische, regionale Planungen sowie für abgestimmte,<br />

regionale Projekte und Gemeindekooperationen. Diese<br />

Planungsverbandsstrukturen sollen verstärkt aktiviert und<br />

weiterentwickelt werden. Hier die wichtigsten Aussagen in<br />

Kurzform:<br />

• Die Planungsverbände verfügen aktuell zum großen Teil<br />

nur über geringe personelle und finanzielle Ressourcen.<br />

Zur Aktivierung und Stärkung der Strukturen sowie für<br />

die Entwicklung von Konzepten und Projekten bedarf<br />

es eines besonderen Engagements und erhöhter Personalressourcen.<br />

Zu diesem Zweck soll eine möglichst<br />

flächendeckende Installierung von vom Land geförderten<br />

Planungsverbandskoordinator*innen erfolgen. Sie<br />

sollen einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung<br />

der Planungsverbände leisten.<br />

• Für jeden Planungsverband sollen regionale Raumordnungskonzepte<br />

und Strategiepläne erstellt werden, in<br />

denen künftige Ziele und Maßnahmen sowie Kooperationsziele<br />

und -möglichkeiten definiert werden.<br />

• Die Planungsverbände sollen zur Plattform der regi o­<br />

nalen Entwicklung weiterentwickelt werden mit einer<br />

intensiven Vernetzung mit den Gemeinden und den<br />

regionalen Stakeholdern. Auf gemeinsame regionale<br />

Planungen und gemeindeübergreifende Projekte soll ein<br />

verstärkter Fokus gelegt werden.<br />

Regionale Mobilität<br />

Eine gut ausgebaute öffentliche Mobilität ist nicht nur ein<br />

Grundbedürfnis der Bevölkerung, sondern auch eine we sentliche<br />

Voraussetzung für die Bewältigung der Folgen des<br />

Klimawandels. Hier die Thesen aus dem Arbeitskreis:<br />

• Eine regionale Betrachtung ist die Voraussetzung für<br />

ein gutes Angebot und eine gute Planung.<br />

• Zuständigkeiten von Bund, Land und Gemeinden klären:<br />

Bund und Land sind für allgemeine Mobilitätsstandards<br />

zuständig, die Gemeinde für die örtliche Feinabstimmung.<br />

• Mobilität ist ein zentrales Raumordnungsthema, insbesondere<br />

bei Großprojekten, Betriebsansiedlungen,<br />

Wohnbauten, Veranstaltungen oder bei Straßenbauprojekten.<br />

• E-Mobilität sollte durch konkrete Infrastrukturen wie<br />

Ladestationen und Abstellmöglichkeiten für E-Bikes und<br />

E-Autos gefördert werden.<br />

• Der Ausbau und die Verbesserung der innerörtlichen<br />

Radinfrastruktur mit der Errichtung und dem Ausbau<br />

von Radabstellanlagen, Radwegenetz, Anbindung an die<br />

Hauptnetze und E-Bike-Ladestationen sollte forciert<br />

werden.<br />

• Wo der konventionelle öffentliche Verkehr nicht mehr<br />

greift, ist die Einsatzmöglichkeit alternativer Angebote<br />

(Anrufsammeltaxi, Rufbusse, Schülergelegenheitsverkehr)<br />

zu prüfen.<br />

• Beteiligungsprozesse zu einem aktiven Element in der<br />

Gemeinde und der Region machen


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tirol.modern und innovativ<br />

29<br />

Der Unternehmens-<br />

Künstler<br />

Georg Mühlegger aus Hopfgarten ist ein vielseitiger Mensch. Er lernte die<br />

Bildhauerei, gründete ein Unternehmen, versteht sich als Künstler, tanzt<br />

auf vielen Hochzeiten. Wie er all das unter einen Hut bringt, und von der<br />

Kunst, Menschen zu begeistern, lesen Sie hier.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet<br />

der Mann nicht. Wirft man einen Blick<br />

auf die Homepage seines Unternehmens<br />

(arti.at), so ist da etwa gleich von „meinem<br />

internationalen Ruf als Bildhauer“ die Rede.<br />

In weiterer Folge wird – unter anderem –<br />

auf seine Ausstellungen beim Stanglwirt<br />

in Going oder im Take Five in Kitzbühel<br />

verwiesen. Das Tiroler Unterland als Nabel<br />

Eine Mühlegger´sche Installation<br />

in Ellmau, an der Südseite<br />

des Wilden Kaisers.<br />

(© Bergbahnen Wilder Kaiser)<br />

der Welt. Georg Mühlegger ist kein Mann<br />

der leisen Worte; er weiß, wie man zuspitzt,<br />

sich bestmöglich in Szene setzt, sich professionell<br />

vermarket. Als Künstler, als Bildhauer.<br />

Mittlerweile auch als Unternehmer.<br />

Und ja, darin ist er offensichtlich auch recht<br />

erfolgreich.<br />

Geboren ist der mittlerweile 50-Jährige in<br />

Wörgl, der Vater führte ein Transport- und<br />

Taxiunternehmen, die Mutter war Hausfrau<br />

und betrieb eine kleine Gästepension.<br />

„Ich hab mich eigentlich schon immer für<br />

Kunst interessiert. Auch durch meinen holzbegeisterten<br />

Opa. Er hat mir faszinierende<br />

Einblicke in die Welt des Holzes ermöglicht.<br />

Ich war am liebsten bei ihm, in seiner Werkstatt<br />

in der Wildschönau.“<br />

Die Ausbildung zum Bildhauer absolviert<br />

Mühlegger in der Bildhauerschule in<br />

Elbigenalp, dafür musste er quer durch Tirol<br />

reisen, lebte und büffelte vier Jahre lang im<br />

Internat. „200 Kilometer weit mit Bahn und<br />

Bus ins hinterste Lechtal zu fahren, war<br />

schon eine Herausforderung. Oft bin ich<br />

auch mittels Autostopps übers Hahntennjoch<br />

gedüst, da kommen viele Erinnerungen auf.“<br />

Bereits ein Jahr nach seinem<br />

Abschluss gewinnt er 1991<br />

mit nicht einmal 20 Jahren<br />

den österreichischen Bildhauerwettbewerb.<br />

GeOrg<br />

Mühlegger<br />

RamOna<br />

Mühlegger<br />

„Damit hab ich erstmals ins Künstlersein<br />

hineingeschnuppert. Ich wurde auf Ö3<br />

interviewt, der damalige Wiener Bürgermeister<br />

Zilk war da, es gab großes Medieninteresse.<br />

Das war schon eine ganz neue<br />

Welt für mich.“ Was für den jungen Tiroler<br />

freilich auch ganz klar war: Er wollte von seiner<br />

Kunst auch gut leben können, nicht nur<br />

irgendwie überleben. Große Ansprüche, die<br />

so leicht und flott nicht in die Realität umzusetzen<br />

sind.<br />

Traum und Wirklichkeit<br />

Doch Mühlegger ist fleißig, kreativ, hat natürlich<br />

auch Glück. 1995 gewinnt er bei einem<br />

internationalen Skulptur-Symposium in Lausanne<br />

am Genfer See den ersten Preis. Sein<br />

Kunstwerk nennt sich „Geborgenheit“, stellt<br />

eine Mutter mit Kind dar, stilisiert, in weichen<br />

Formen. Unmittelbar danach wird seine<br />

Skulptur verkauft. Um welchen Betrag vermag<br />

er heute nicht mehr im Detail zu sagen, für<br />

damalige Verhältnisse war es aber zweifellos<br />

sehr viel. „Der Käufer war ein weltbekannter<br />

Pianist, er hat mein Kunstwerk direkt in seiner<br />

Villa am Genfer See aufgestellt. Ein absolutes<br />

Highlight für mich.“<br />

Beispiel einer Installation in<br />

Ellmau, an der Südseite des<br />

Wilden Kaisers. Kunst, so heißt<br />

es ja, kommt von Können.<br />

(© Bergbahnen Wilder Kaiser)<br />

Ein finanzielles Auslangen rein als Künstler<br />

zu finden, ist natürlich so einfach nicht. Nur<br />

die Allerwenigsten, nicht immer die Besten,<br />

schaffen das. Neben Glück und Zufall,<br />

neben dem richtigen Netzwerk und Können,<br />

neben Kreativität, dem richtigen Zeitfenster<br />

gehören da auch noch andere Bausteine<br />

dazu. Auch Mühlegger muss diese Lektion<br />

rasch und gründlich lernen. Um sein Leben<br />

bestreiten zu können, kooperiert er gegen<br />

Ende des vorigen Jahrhunderts mit der österreichischen<br />

EU-Außenhandelsstelle in Brüssel,<br />

arbeitet im Bereich Produktentwicklung<br />

für Swarovski. Letzteres führt auch zu einer<br />

Zusammenarbeit mit André Heller, gemeinsam<br />

realisieren sie das China Projekt „Zu<br />

Gast beim Riesen.“ Dennoch, irgendetwas<br />

fehlt…<br />

2001 entschließt er sich zum Schritt in die<br />

Selbständigkeit, gründet in der Wildschönau<br />

eine eigene Bildhauerwerkstatt. Zuerst als<br />

Ein-Mann-Unternehmen, dann stellt er seinen<br />

ersten Mitarbeiter ein. Die Aufträge<br />

trö p feln, mal sind es viele, dann wieder<br />

recht wenige. Sukzessive erweitert er sein<br />

Angebot: Skulpturen, Kunstobjekte, Inszenierungen,<br />

etwas profaner der Spielplatzbau. „Ich<br />

hab einfach versucht, mich immer breiter<br />

aufzustellen, mein Portfolio zu erweitern.“<br />

2004 schafft er dann den Durchbruch, mit<br />

einer Inszenierung in den Bergen rund um<br />

Söll, an den Nordhängen der Hohen Salve.<br />

Das in Kooperation realisierte Projekt nennt<br />

sich „Hexenwasser“, eine Art Erlebnispark<br />

für Kinder. „Was, das kennst du nicht? Dieses<br />

Projekt erhielt immerhin den Österreichischen<br />

Tourismuspreis.“<br />

“Wenn ein Bereich<br />

einbricht, dann muss<br />

der andere dafür<br />

umsO stärker sein.<br />

Das ist die Kunst des<br />

Wirtschaftens.“<br />

Arti steht für Artist, Künstler<br />

Im Deutschen ist ein Artist gemeinhin<br />

jemand, der im Zirkus auftritt. Im Engli schen<br />

steht Artist für Künstler bzw. Künstlerin. Und<br />

Arti? Nun gut, das ist der Name von Mühleggers<br />

Unternehmen. Natürlich gibt es dazu<br />

eine nette Geschichte und die geht so: „Ich<br />

hab in der Wildschönau immer wieder Tennis<br />

gespielt. Mein damaliger Trainer, der mittlerweile<br />

das japanische Skiteam trainiert,<br />

hat mich Arti gerufen, also Künstler. Mir hat<br />

das gefallen, irgendwie ist das dann auch bei<br />

mir hängengeblieben. Deshalb hab ich meine<br />

Firma Arti genannt, versehen mit einem<br />

schwungvollen Logo. Viele Leute glauben<br />

noch heute, dass Arti mein Vorname ist.“<br />

2007 lässt er sich und sein Unternehmen<br />

in Hopfgarten nieder, südwestlich der Hohen<br />

Salve. Arti ist mittlerweile noch breiter aufgestellt,<br />

es werden auch Wellness-Liegen<br />

hergestellt, Sandstrahl-Arbeiten ange boten,<br />

Kinderspielplätze geplant und errichtet. Der<br />

Künstler als Unternehmer, sozusagen. Und<br />

Mühlegger steht zu seinem künstlerischen<br />

Ansatz. „Wirtschaftlich läuft´s gut, vor allem<br />

gewinne ich damit jene Freiheit im Kopf,<br />

die ich für mein künstlerisches Schaffen<br />

brauche. Das eine bedingt das andere, und<br />

umgekehrt. Eigentlich bin ich ein sehr glücklicher,<br />

ein sehr zufriedener Mensch.“<br />

Corona, Ukraine, Bermudas<br />

Heute beschäftigt er zwischen zehn und fünfzehn<br />

Personen, im Verlauf der Corona-Krise<br />

rückte das Team noch enger zusammen.<br />

„Wir haben da viel miteinander gesprochen,<br />

überlegt, wie es weitergehen soll. Letztendlich<br />

war die Firma nicht einen Tag geschlossen,<br />

es wurde niemand entlassen, wir hatten<br />

keinen einzigen Tag Kurzarbeit.“ Eine<br />

starke Aussage, Respekt. Dann kam der von<br />

Russland ausgelöste Krieg in der Ukraine.<br />

„Wir haben rechtzeitig vorgesorgt, aktuell<br />

ein riesengroßes Warenlager. Wir können<br />

alle Aufträge bedienen, haben keine Angst,<br />

dass ein bestimmtes Material fehlt.“ Von<br />

anderen Unternehmen hört man da ganz<br />

andere Töne.<br />

Privat versteht es der Künstler und Unternehmer<br />

sein Leben zu genießen. Neben dem<br />

Biken frönt er dem Golfsport, jährlich ist er<br />

mit seiner Segelrunde in Kroatien, Griechenland<br />

oder in Sardinien unterwegs. Mit seiner<br />

Frau, die im Büro mitarbeitet, hat er zwei<br />

Kinder, der 15-jährige Sohn wird heuer das<br />

erste Mal in den Betrieb hineinschnuppern,<br />

diesen vielleicht auch übernehmen.<br />

Eigentlich ein schöner, weicher, gut klingender<br />

Schluss für diesen Artikel, doch Mühlegger<br />

will noch etwas anfügen. Bermuda sagt er.<br />

Bermuda, wiederhole ich fragend? „Ja, Bermuda,<br />

die Bermuda Inseln, das Bermuda<br />

Dreieck. Das kennst du doch. Dort habe ich<br />

für den America´s Cup die Kids Area Zone<br />

geplant und errichtet.“ Kurze Pause. „Das ist<br />

eine große Spielanlage, eine tolle Inszenierung,<br />

die nun von allen benutzt werden kann. Und<br />

wir haben alles von Hopfgarten aus gemacht.“<br />

Der Mann scheint wohl über die Kunst, Menschen<br />

zu begeistern, zu verfügen.


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tirol.modern und innovativ<br />

31<br />

Die Zeitung für Ihre Gemeinde<br />

Nein, Sie müssen trotz digitalem Wandel nicht ihre etablierte Gemeindezeitung<br />

durch einen Social-Media-Auftritt ersetzen. Eine moderne Gemeindezeitung kann<br />

auch heutzutage maßgeblich zur gelungenen Kommunikation mit Ihren Bürger*innen<br />

beitragen – es braucht vielleicht nur eine Verjüngungskur und eine übergeordnete<br />

Strategie.<br />

ZUR AUTORIN<br />

NATHALIE KIRCHLER<br />

Nathalie Kirchler verstärkt seit<br />

<strong>2022</strong> das Kommunikationsteam<br />

der GemNova als Grafikerin und<br />

Fotografin.<br />

Die Kommunikation in Gemeinden ist<br />

einem starken Wandel ausgesetzt. War<br />

es früher das Flugblatt und später die<br />

Gemeindezeitung, so blicken wir heute<br />

auf eine Welt der multimodalen Kommunikation.<br />

Schlagworte wie Social<br />

Media, Bewegtbild, bidirektionale Kommunikation<br />

usw. sind im Wirtschaftsleben<br />

längst an der Ta gesordnung.<br />

Immer mehr Gemeinden erkennen<br />

auch, dass es zusehends wichtiger<br />

wird, eine gute Kommunikation<br />

aufzubauen. Bürger*innen wollen<br />

informiert und aufgeklärt werden,<br />

sie wollen involviert werden und<br />

bei Projekten ein gewisses Mitspracherecht<br />

haben.<br />

Bürger*innen ansprechen<br />

Bürger*innen sind auf unterschiedlichsten<br />

analogen und di gitalen<br />

Kanälen unterwegs – abhängig<br />

von persönlichen Vorlieben beim Medienkonsum.<br />

Aus diesem Grund müssen<br />

Gemeinden viele Kanäle bedienen um<br />

ihre Bürger*innen dort anzutreffen, wo<br />

sie sich am liebsten bewegen. Sei es<br />

Facebook, Youtube, E-Mail oder nach<br />

wie vor mit dem „Gemeindeblattl“. Oft<br />

macht es der Mix und die Strategie aus,<br />

ob Kommunikation erfolgreich ist oder<br />

nicht und ob sie schlussendlich bei den<br />

Bürger*innen ankommt. Die Gemeindezeitung<br />

spielt dabei durchaus noch<br />

immer eine zentrale Rolle, die Inhalte<br />

können und sollten jedoch zusätzlich<br />

auch über andere Kanäle ausgespielt<br />

werden.<br />

Dem optischen Erscheinungsbild der<br />

Gemeindezeitung kommt eine entscheidende<br />

Rolle zu. Eine moderne Aufmachung,<br />

hochwertige Bilder, kurze Texte<br />

und Infografiken machen das Blatt<br />

interessant und lesbar. Damit bekommt<br />

es jene Aufmerksamkeit, welche sich<br />

die Gemeinde erwartet.<br />

Sie sind nicht allein<br />

Auf der folgenden Seite beschreiben<br />

wir den Entstehungsprozess einer neuen<br />

Gemeindezeitung. Die Bedürfnisse<br />

jeder Gemeinde sind individuell. Aus<br />

diesem Grund, und um die Flexibilität<br />

für Sie zu erhöhen, können wir Sie bei<br />

einzelnen Schritten unterstützen und<br />

Sie damit gezielt bei jenen Aufgaben<br />

begleiten, für die Sie keine Ressourcen<br />

oder Zeit haben.<br />

Moderne<br />

Bürger*innenkommunikation<br />

Bei der GemNova beschäftigen<br />

wir uns intensiv mit dem<br />

Thema „Mo derne Bürger*innenkommunikation“.<br />

Von der<br />

Gemeindezeitung über die<br />

Gesamtkommunikation bis hin<br />

zu GemeindeTV-Lösungen und<br />

Bürger*innen-Karten. Damit können<br />

wir eine Rund-um-Beratung sicherstellen,<br />

welche zum gewünschten<br />

Erfolg führt.<br />

Schreiben Sie uns oder rufen<br />

Sie uns an – am besten Ihre<br />

zuständige Gemeindebetreuerin<br />

bzw. Ihren zuständigen<br />

Gemeindebetreuer.<br />

Sind mehrere<br />

Personen<br />

an der<br />

Entstehung<br />

der Zeitung<br />

beteiligt?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Redaktionssitzung!<br />

Im Team<br />

legen Sie die<br />

Themen der<br />

kommenden<br />

Ausgabe fest.<br />

Ja<br />

Lektorat!<br />

Für fehlerfreie<br />

Texte.<br />

Ja<br />

Nein<br />

Kein Problem!<br />

Die GemNova<br />

kann Sie gerne<br />

unterstützen.<br />

Die Inhalte<br />

sind fertig!<br />

Sollen wir<br />

nochmal ein<br />

Auge darauf<br />

werfen?<br />

Kann die Gemeinde<br />

alle<br />

Inhalte selbst<br />

liefern?<br />

START<br />

Nein<br />

Soll es ein<br />

komplett<br />

neues Design<br />

geben?<br />

Ja<br />

Grundlayout!<br />

Wir erstellen<br />

Ihnen eine<br />

komplette<br />

Zeitung nach<br />

Ihren Vorgaben.<br />

Logistik!<br />

Wir kümmern uns um<br />

den Versand an alle<br />

Haushalte.<br />

Die neue<br />

Gemeindezeitung<br />

Von der Idee bis<br />

zum Endprodukt<br />

Nein<br />

Nein<br />

Feedback!<br />

Sie erhalten<br />

ein ausführliches<br />

Feedback,<br />

Tipps &<br />

Tricks, wie Sie<br />

Ihre Zeitung<br />

verbessern<br />

können.<br />

ENDE<br />

Kann sich die<br />

Gemeinde um<br />

die Zustellung<br />

kümmern?<br />

Druckabwicklung!<br />

Wir wickeln alles<br />

Technische ab.<br />

Nein<br />

Ja<br />

Will die Gemeinde<br />

den Druck selbst<br />

abwickeln?<br />

Setzen!<br />

Wir setzen<br />

Ihre Texte<br />

und stellen<br />

Sie schön<br />

dar.<br />

Ja Nein<br />

Ja<br />

Kann die<br />

Gemeinde<br />

die Zeitung<br />

setzen?


32 tirol.hat Recht<br />

tirol.hat Recht<br />

33<br />

Grüne Wettbewerbsbeschränkungen:<br />

Klimawandel im Kartellrecht<br />

Klimawandel und Umweltzerstörung<br />

sind existenzielle Bedrohungen<br />

für Europa und die Welt.<br />

Die EU hat sich das Ziel gesetzt,<br />

bis 2050 Klimaneutralität zu<br />

erreichen und mit dem europäischen<br />

„Green Deal“ den Übergang<br />

zu einer modernen, ressourceneffizienten<br />

und wettbewerbsfähigen<br />

Wirtschaft zu schaffen. Dafür<br />

hat die EU-Kommission konkrete<br />

Vorschläge für eine neue Klima-,<br />

Energie-, Verkehrs- und Steuerpolitik<br />

vorgelegt, die in Österreich<br />

zur ausdrücklichen Zulässigkeit<br />

von grünen Wettbewerbsbeschränkungen<br />

geführt hat. Der<br />

Artikel skizziert Anwendungsfälle<br />

und die Umsetzung der neuen<br />

„Klima-Compliance“.<br />

Ziel des Kartellrechts<br />

Das Kartellrecht hat den Zweck, den<br />

freien, redlichen, unverfälschten, wirksamen<br />

Wett bewerb zu schützen sowie<br />

eine effiziente und an den Verbraucher*innen<br />

orientierte Marktversorgung zu<br />

gewährleisten. Absprachen von Unternehmen,<br />

um den Wettbewerb auf einem<br />

Markt einzuschränken oder auszuschalten,<br />

bezeichnet man als Kartell.<br />

Sogenannte „Hardcore-Kartelle“ sind<br />

z. B. Preis-, Quoten-, Produktions-, Kundenoder<br />

Gebietskartelle.<br />

Wettbewerbsbeschränkungen<br />

Nicht alle Vereinbarungen sind verboten.<br />

Insbesondere Kooperationen, die es<br />

Unternehmen erst gemeinsam ermöglichen,<br />

einen Markt zu bedienen, den sie<br />

allein so hätten nicht betreten können, sind<br />

oft zulässig. Wettbewerbsbeschränkungen<br />

fallen dann unter das Kartellverbot, wenn<br />

sie spürbare negative Auswirkungen auf<br />

Preise, Produktionsmenge, Produktqualität,<br />

Produktvielfalt und Innovation haben.<br />

Eine Vereinbarung, die gegen das Kartellrechtsverbot<br />

verstößt, ist nichtig. Darüber<br />

hinaus drohen bei Verstößen erhebliche<br />

Geldstrafen für Unternehmen.<br />

Was sind grüne Wettbewerbsbeschränkungen?<br />

Mit der Novelle im Kartellrecht werden<br />

Absprachen von Unternehmen zum Zweck<br />

einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen<br />

Wirtschaft für zulässig erachtet,<br />

wobei auch die bisherigen Voraussetzungen<br />

erfüllt sein müssen.<br />

Die neue Regelung zielt auf die angemessene<br />

Beteiligung der Verbraucher*innen<br />

ab, die dann als erfüllt anzusehen ist,<br />

wenn der aus der wettbewerbsbeschränkenden<br />

Absprache erzielte Effizienzgewinn<br />

wesentlich zu einer ökologisch nachhaltigen<br />

oder klimaneutralen Wirtschaft<br />

(für die Allgemeinheit) beiträgt, auch wenn<br />

dies unter Umständen erst zeitlich versetzt<br />

– nämlich sogar erst für künftige<br />

Generationen – der Fall sein mag.<br />

Insbesondere sollen grüne Wettbewerbsbeschränkungen<br />

dem Klimaschutz,<br />

der nachhaltigen Nutzung und dem<br />

Schutz von Wasserressourcen, dem Übergang<br />

zu einer Kreislaufwirtschaft sowie<br />

dem Schutz und der Wiederherstellung<br />

der Biodiversität und der Ökosysteme dienen.<br />

Bloße Preis- oder Gebietsabsprachen<br />

– auch wenn diese eine positive Nachhaltigkeitsmaßnahme<br />

durch Produktionsverminderung<br />

darstellen – sind weiter unzulässig.<br />

Welche Anwendungsfälle<br />

gibt es?<br />

Anwendungsfälle von nachhaltigkeitsbezogenen<br />

Innovationen oder Maßnahmen<br />

sind beispielsweise die Verwendung von<br />

Abgas- oder Abwasserfiltern bei der Produktion,<br />

der gemeinsame Vertrieb zur<br />

Reduzierung von Transportkosten, die Produktion<br />

von CO2-freundlicheren Autos, die<br />

Nutzung erneuerbarer Energien, die Emissionsminderung<br />

bei Treibhausgasen, die<br />

Förderung von Reparatur- und Recyclingfähigkeit<br />

von Produkten, die verstärkte<br />

Nutzung von Sekundärrohstoffen oder die<br />

nachhaltige Waldbewirtschaftung.<br />

Auch ein geringerer Strom- und Wasserverbrauch,<br />

die Verwendung von ökologisch<br />

nachhaltigerem Treibstoff oder<br />

kompaktere, weniger Müll erzeugende<br />

Verpackungen sind mögliche Anwendungsbereiche<br />

für grüne Absprachen.<br />

Umsetzung der<br />

Klima-Compliance<br />

Da Unternehmen auch bei einer grünen<br />

Wettbewerbsbeschränkung weiterhin<br />

selbst beurteilen müssen (Selbstveranlagung),<br />

ob sie sich auf diese Ausnahme<br />

vom Kartellverbot berufen können, tragen<br />

sie das Subsumtionsrisiko. Daher<br />

sind Unternehmen angehalten, das<br />

Überwiegen der objektiven Vorteile über<br />

die Nachteile durch die grüne Wettbewerbsbeschränkung<br />

mit einem „Klima-Check“<br />

zu prüfen, festzuhalten und zu<br />

dokumentieren (insbesondere, weil dazu<br />

noch keine Leitlinien der Bundeswettbewerbsbehörde<br />

erlassen wurden).“<br />

In diesem Rahmen kommen Modelle<br />

zur Berechnung von Umweltkosten bzw.<br />

Lebenszykluskosten zur Anwendung,<br />

die üblicherweise nach konkreten Kostensätzen<br />

pro Tonne CO2-Äquivalent<br />

ermittelt werden können. Da (noch) nicht<br />

jeder Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit<br />

in exakten Zahlen dargestellt werden<br />

kann, erscheint grundsätzlich eine völlig<br />

exakte Berechnung nicht notwendig, um<br />

eine entsprechende Abwägung vornehmen<br />

zu können.<br />

Anpassungsdruck auf<br />

Unternehmen<br />

Der Druck zur Anpassung von Unternehmen<br />

wird aufgrund strengerer<br />

Umweltschutzvorschriften steigen,<br />

sodass sie ihr Handeln stärker an Klimaschutzzielen<br />

ausrichten und konkrete<br />

Maßnahmen zur Reduzierung ihres<br />

CO2-Ausstoßes setzen werden müssen.<br />

Mit dem Europäischen Klimaschutzgesetz,<br />

der Taxonomie-Verordnung für<br />

Sustainable Finance, der Verordnung für<br />

nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten<br />

im Finanzdienstleistungssektor,<br />

der Planung von Green Bonds, der De karbonisierung<br />

des Energiesektors, mit dem<br />

Lieferkettengesetz oder den strengeren<br />

CO2-Emissionsnormen für PKWs hat die<br />

EU erste Schritte gesetzt. Aber auch in<br />

der Rechtsprechung des EuGH und des<br />

deutschen Bundesverfassungsgerichts<br />

sind erste Entscheidungen ergangen,<br />

nach denen die Klimaziele verbindlich<br />

einzuhalten sind.<br />

Daher werden Unternehmen im Hinblick<br />

auf die Einhaltung der Klimaziele und vor<br />

allem zur Erreichung einer nachhaltigen<br />

und klimaneutralen Wirtschaft beitragen<br />

müssen, sodass „Klima-Compliance“<br />

für Unternehmen zunehmend wert- und<br />

handlungsbestimmend sein wird.<br />

ZUM AUTOR<br />

RA MAG.<br />

SEVERIN PLATTNER<br />

Severin Plattner ist Rechtsanwalt<br />

bei Heid & Partner Rechtsanwälte<br />

und Experte für Corporate,<br />

Immobilienprojekte<br />

und Baurecht.


34 tirol.hat Recht<br />

ZUM AUTOR<br />

DR. WOLFGANG RAUTH<br />

Wolfgang Rauth ist Leiter des Objekt &<br />

Facility Managements der Bundesimmobiliengesellschaft<br />

in Tirol.<br />

In der Ausgabe 6 dieses Magazins haben unsere<br />

Expert*innen in der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.<br />

(BIG) über die Zustandserfassung mit Hilfe der Software<br />

AiBATROS® berichtet. In diesem Beitrag geht es um die<br />

Umsetzung der daraus abgeleiteten Instandhaltungsmaßnahmen.<br />

Nachdem die im Rahmen der Zustandserfassung<br />

gesammelten Daten in<br />

AiBATROS® eingespielt wurden, ermittelt<br />

das Programm unter Berücksichtigung<br />

von hinterlegten Kennwerten, die<br />

aus bereits abgerechneten Instandhaltungsmaßnahmen<br />

stammen, sogenannte<br />

Standardmaßnahmenpakete.<br />

Diese umfassen die wesentlichen Bauteile<br />

“Fassade und Tragwerk” sowie<br />

“Dach” und die großen Gewerke der<br />

technischen Gebäudeausstattung TGA<br />

- Elektro, HKLS und Aufzug. Je aufwändiger<br />

die Umsetzung des Standardmaßnahmenpaketes<br />

ist, desto größer<br />

ist die Eingriffstiefe und umso mehr<br />

Budget muss vorgesehen werden.<br />

Über eine Schnittstelle werden je nach<br />

Strategie – Not-Instandhaltung, Werterhalt<br />

oder Modernisierung – die ermittelten<br />

Maßnahmenpakete in die von der BIG<br />

eingesetzte Software pitFM® eingespielt.<br />

Die einzelnen Instandhaltungsmaßnahmen<br />

können nun in Jahresbauraten zerlegt<br />

und so an die finanziellen Möglichkeiten<br />

der Gemeinde angepasst werden.<br />

Wenn also zum Beispiel die Fassade<br />

ei ner Volksschule saniert werden muss,<br />

die gesamte Sanierungsmaßnahme aber<br />

die freien Budgetmittel der Gemeinde<br />

sprengen würde, kann das Paket in mehrere<br />

Jahresbauraten aufgeteilt werden.<br />

Im ersten Jahr kann Geld für die Planung<br />

reserviert und in den darauffolgenden<br />

Jahren können die Seiten des Gebäudes<br />

saniert werden. Naturgemäß können<br />

durch diese Mehrjährigkeit Zusatzkosten<br />

entstehen – wie am Fassaden-Beispiel<br />

speziell für das Gerüst – aber wenn es die<br />

budgetäre Situation nicht anders zulässt,<br />

ist das die beste Option.<br />

Alles auf einen Blick<br />

Zum Leistungsspektrum der Kooperation<br />

von BIG und GemNova gehört neben<br />

der gesamtheitlichen Koordination der<br />

Planung solcher Maßnahmenpakete auch<br />

deren Umsetzung. Im Rahmen der technisch<br />

geschäftlichen Oberleitung (TGO)<br />

wird der gesamte Prozess der Planung<br />

und Abwicklung von Baumaßnahmen auf<br />

Basis der wirtschaftlichen Grundlagen<br />

gezielt gesteuert und begleitet. Darunter<br />

fallen unter anderem Leistungen wie<br />

• Beratung und Vertretung des Auftraggebers,<br />

• gesamtheitliche Durchführung von Ausschreibungen<br />

samt Ausarbeitung der<br />

Verträge,<br />

• intensive Zusammenarbeit mit der<br />

örtlichen Bauaufsicht zur Koordination<br />

der Leistungen der Professionist*innen<br />

und Sonderfachleute,<br />

• Prüfung und Freigabe der einlangenden<br />

Rechnungen und<br />

• Schlussabnahme des Bauwerks unmittelbar<br />

nach dessen Fertigstellung.<br />

Alles aus<br />

einer Hand<br />

Für viele Tiroler Gemeinden ist<br />

ein fachgerechtes und gesetzeskonformes<br />

Gebäudemanagement<br />

aufgrund der ohnehin<br />

schon vielfältigen Aufgaben herausfordernd.<br />

Aus diesem Grund<br />

bieten die Bundesimmobiliengesellschaft<br />

und die GemNova Facility<br />

Management Service und Wartung<br />

für Gemeindeimmobilien an.<br />

Bei Interesse steht Ihnen<br />

Mag. Nikolaus Kraak<br />

(n.kraak@gemnova.at) für<br />

Anfragen zur Verfügung.<br />

Sämtliche Aufträge und Rechnungen<br />

der Maßnahmenumsetzung werden<br />

struktu riert digital dokumentiert so wie<br />

die Aus schreibung und Vergabe der<br />

Planungs- und Bauleistungen gemäß<br />

Bundesvergabegesetz (BVergG) ab gewickelt.<br />

Die verlässliche Einhaltung der<br />

wirtschaftlichen, zeitlichen und qualitativen<br />

Vorgaben des Auftraggebers sind<br />

dabei besonders wichtig.<br />

Kontakt: wolfgang.rauth@big.at<br />

Daten zu bekannten<br />

Instandhaltungskosten<br />

Daten aus der<br />

Zustandserfassung<br />

Software<br />

AiBATROS ®<br />

€<br />

Maßnahmen- &<br />

Kostenplanung<br />

Der Mehrwert für die Tiroler Gemeinden<br />

liegt für Nikolaus Kraak, Prokurist bei der<br />

GemNova, auf der Hand: “Gemeinsam mit<br />

den Expertinnen und Experten der BIG können<br />

wir die kommunalen Baumaßnahmen<br />

nicht nur fachlich fun diert und qualitativ<br />

hochwertig begleiten, sondern auch schon<br />

im Vorfeld durch eine Zustandserfassung<br />

und Maßnahmenplanung maßgeschneiderte<br />

Umsetzungsvorschläge erarbeiten.<br />

Dabei können auch die Auswirkungen auf<br />

den laufenden Betrieb der Gemeindeimmobilien<br />

mit einbezogen werden.”


36 tirol.politik<br />

tirol.politik<br />

37<br />

DIE DIGITALE GEMEINDE<br />

VERWALTUNG ZUKUNFTSFIT<br />

GESTALTEN<br />

HEUTE KÖNNEN WIR MIT<br />

DIGITALEN TECHNOLOGIEN<br />

UNSER GESAMTES LEBEN<br />

ORGANISIEREN UND VEREINFACHEN.<br />

© Land Tirol / Cammerlander<br />

Die digitale Gemeinde<br />

Von der Müllentsorgung bis zum Meldewesen<br />

– die Aufgaben der Tiroler<br />

Gemeinden sind vielfältig. Für eine<br />

den Bürger*innen nahe, zukunftsfitte<br />

und effiziente Verwaltung setzen die<br />

Gemeinden in Zusammenarbeit mit<br />

dem Land Tirol auf die Digitalisierung.<br />

Diese bietet Vorteile, sowohl für die<br />

Gemeinden als auch für die Bürger*innen.<br />

Die Digitalisierung schreitet voran: Unzählige<br />

Bereiche unseres Alltags werden von<br />

Computer, Smartphone und Co. erleichtert.<br />

Die Corona-Pandemie hat diese<br />

Entwicklung nochmals beschleunigt; in<br />

Zukunft werden immer mehr Aufgaben<br />

vom analogen in den digitalen Bereich<br />

wandern – auch in der Verwaltung.<br />

Das Land Tirol nimmt bereits jetzt eine<br />

Vorreiterrolle in der Digitalisierung ein.<br />

Mit dem elektronischen Flächenwidmungsplan<br />

Tirol etwa sind wir bis heute<br />

das einzige Bundesland, das Widmungen<br />

vollständig digital und gleichzeitig rechtskräftig<br />

durchführt. Auch das geografische<br />

Informationssystem des Landes Tirol,<br />

TIRIS, sucht in Österreich seinesgleichen.<br />

Die Digitalisierung hat auch in den Tiroler<br />

Gemeindeämtern längst Einzug gehalten.<br />

Mittlerweile werden nahezu alle Arbeitsschritte<br />

– vom elektronischen Akt bis hin<br />

zum digitalen Wasserkataster – digital<br />

erledigt. Auch das Bürger*innenservice<br />

ist weitestgehend digitalisiert.<br />

Jede Tiroler Gemeinde verfügt über eine<br />

eigene Website, auf der wichtige Informationen<br />

zu finden sind; auch Behördengänge<br />

können größtenteils digital abgewickelt<br />

werden. Voraussetzung dafür ist<br />

eine flächendeckende und leistungsfähige<br />

Breitbandinfrastruktur. Viele Tiroler<br />

Gemeinden haben bereits ein voll ausgebautes<br />

Breitbandnetz. Mit Förderungen<br />

in Millionenhöhe unterstützt das Land die<br />

Kommunen beim weiteren Ausbau.<br />

Seien es Fragen der Datensicherheit oder<br />

auch die Angst mit den Veränderungen<br />

nicht mehr Schritt halten zu können, vielen<br />

Menschen bereitet die Digitalisierung<br />

zeitweise Sorgen. Gleichzeitig bietet sie<br />

jedoch enormes Potenzial, sowohl für die<br />

Gemeinden als auch für die Bürger*innen.<br />

So reduzieren standardisierte und digitalisierte<br />

Prozesse etwa den administrativen<br />

Aufwand und sparen Personalressourcen.<br />

Das entlastet die Gemeindestube,<br />

die damit wieder mehr Zeit hat, sich um<br />

wichtige Projekte für die Menschen im Ort<br />

zu kümmern. Gleichzeitig können die Bürger*innen<br />

zahlreiche Aufgaben, die früher<br />

noch den Gang zum Gemeindeamt erfordert<br />

haben, bequem und zeitsparend von<br />

zu Hause aus erledigen. E-Government<br />

ist darüber hinaus effizient und nachhaltig,<br />

weil Zeit, Wege und Papier eingespart<br />

werden können.<br />

Der Status Quo in Sachen Digitalisierung<br />

ist in Tirol vorbildhaft. Auf den Lorbeeren<br />

ausruhen werden wir uns dennoch<br />

nicht: Neben dem Ausbau der digitalen<br />

Infrastruktur sollen künftig weitere „digitale<br />

Workflows“ implementiert werden.<br />

Ein Themenbereich, an dessen schrittweiser<br />

Umsetzung wir aktuell auf Hochdruck<br />

arbeiten, ist die digitale Baueinreichung.<br />

Damit werden fast alle Bereiche<br />

einer zukunftsfitten „digitalen Gemeinde“<br />

abgedeckt sein.<br />

Ihr LR Mag. Johannes Tratter<br />

© <strong>Juli</strong>a Moll<br />

Vom Fax zum<br />

Masterplan Digitalisierung<br />

Digitalisierung ist längst kein Schlagwort<br />

mehr, im Gegenteil, digitale Transformationsprozesse<br />

begleiten unser<br />

Leben wie selbstverständlich. Ich kann<br />

mich noch gut an die Einführung von<br />

Faxgeräten erinnern. Texte konnten mit<br />

diesem neuen Gerät in – für damalige<br />

Verhältnisse – enormer Geschwindigkeit<br />

verschickt werden. Was für eine<br />

Sensation! Heute können wir mit digitalen<br />

Technologien unser gesamtes<br />

Leben organisieren und vereinfachen –<br />

zum Einkaufen, Puls messen, Jalousien<br />

herunterfahren oder Kontostand checken<br />

müssen wir nicht mal mehr von der<br />

Couch aufstehen. Die Pandemie hat das<br />

Tempo des digitalen Fortschritts nochmal<br />

ordentlich angekurbelt. Entwicklungen,<br />

die man erst in zehn Jahren erwartet<br />

hätte, sind jetzt schon eingetreten.<br />

Für die Gemeinden ist es keine leichte<br />

Aufgabe, die Bürger*innen bei diesen<br />

digitalen Transformationsprozessen<br />

bestmöglich zu unterstützen und ihren<br />

Anforderungen an einen zeitgemäßen<br />

Service gerecht zu werden.<br />

In Tirol wurde in den letzten Jahren<br />

gezielt der Ausbau des Glasfasernetzes<br />

forciert. Nicht nur urbane Räume wurden<br />

erschlossen, auch periphere Gebiete<br />

haben mittlerweile eine gute digitale<br />

Infrastruktur. Fast alle Gemeinden haben<br />

eigene Websites, wo sie über die digitale<br />

Amtstafel Bürger*innen über neueste<br />

Projekte und Entwicklungen in der<br />

Gemeinde informieren. Viele wichtige<br />

Schritte in Richtung „digitale Gemeinde“<br />

wurden bereits gesetzt. Wichtig ist es,<br />

jetzt nicht stehen zu bleiben, mit der Zeit<br />

zu gehen und die Chancen und Poten ziale<br />

neuer Technologien zu erkennen und zu<br />

nutzen.<br />

Der Dschungel an übergeordneten Rahmenbedingungen,<br />

Grundsätzen und Initiativen<br />

von EU, Bund und Land oder die<br />

Masse an Anbietern von digitalen Produkten<br />

macht es natürlich nicht einfach,<br />

zu entscheiden, welche Technologien in<br />

welcher Weise eingesetzt werden können,<br />

um einen klaren und langfristigen Nutzen<br />

– wie Vereinfachung von (Verwaltungs-)<br />

Prozessen, Kostensenkung, smarter Bürger*innenservice<br />

– aus der Digitalisierung<br />

zu ziehen.<br />

Der vom Tiroler Gemeindeverband eingereichte<br />

und vom Land Tirol im Zuge eines<br />

digitalen Leuchtturmprojektes geförderte<br />

Masterplan zur Digitalisierung von Tirols<br />

Gemeinden bietet hier Unterstützung.<br />

Darin werden die für die digitale Transformation<br />

nötigen Strukturen und Prozesse<br />

aufgezeigt, Maßnahmen definiert und<br />

auch konkrete Handlungsempfehlungen<br />

für Gemeinden gegeben. Der Masterplan<br />

wird demnächst präsentiert. Seien Sie<br />

gespannt!<br />

Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf


38 tirol.politik<br />

tirol.politik<br />

39<br />

Bürgermeisterin Victoria Weber,<br />

Schwaz<br />

„Natürlich war ich am Anfang vom Wahlergebnis<br />

überrascht, sehr überrascht<br />

sogar. Gleichzeitig habe ich mich geehrt<br />

gefühlt, ich war und bin demütig.“ Dass<br />

die 30-jährige Victoria Weber mit ihrer<br />

offenen Liste den langjährigen Schwazer<br />

Bürgermeister Hans Lintner mit über<br />

1.100 Stimmen Vorsprung ganz klar aus<br />

dem Amt bugstierte, war schon bemerkenswert.<br />

Mit ihr zog auch ein neuer Stil<br />

in die Gemeindepolitik ein. Das Gemeinsame<br />

wurde in den Vordergrund gestellt,<br />

das direkte Gespräch mit den Leuten<br />

ganz bewusst gesucht. „Da zeigt sich<br />

eben auch der Altersunterschied von<br />

vierzig Jahren. Ich gehe an viele Themen<br />

einfach unbedarfter heran, hole ganz<br />

bewusst die Meinung von Andersdenkenden<br />

ein.“<br />

Wobei, ganz so neu ist Victoria Weber<br />

auch nicht. Seit 15 Jahren schon ist sie<br />

politisch aktiv, seit elf Jahren im Gemeinderat,<br />

die beiden letzten Jahre war sie<br />

Die ersten hundert Tage<br />

Wer wählt, entscheidet mit. Bei den Gemeinderatswahlen in Tirol kam es auch deshalb zu teils<br />

sehr überraschenden Ergebnissen. Langjährige Bürgermeister wurden abgewählt, an ihre Stelle<br />

traten junge Gesichter. Wir haben mit drei von ihnen gesprochen. Mit Victoria Weber in Schwaz,<br />

Florian Riedl in Steinach am Brenner sowie mit Franz Schneider in Sillian.<br />

© Florian Lechner<br />

Vizebürgermeisterin und nun ist sie<br />

die erste Bürgermeisterin der rund<br />

14.000-Einwohner*innen-Stadt Schwaz.<br />

Eine ihrer ersten Handlungen: Um sich<br />

der neuen Aufgabe voll widmen zu können,<br />

kündigte sie ihren Job bei einer Unternehmensberatung<br />

in Innsbruck.<br />

„Ich möchte meine ganze Kraft, meine<br />

ganze Zeit, mich zu hundert Prozent für<br />

Schwaz einsetzen.“<br />

Wobei die ersten Wochen als Bürgermeisterin<br />

doch einige Aha-Erlebnisse<br />

für Weber bereithielten. „Am Anfang war<br />

ich sicher übereifrig, wollte alles sofort<br />

erledigen. Ich hatte da 14-Stunden-Tage<br />

mit ganz wenigen Pausen.“ Aha-Erlebnis<br />

Nummer zwei: „Ich habe nicht in diesem<br />

Ausmaß gedacht, dass ich in den Augen<br />

der Bevölkerung für alles zuständig bin. Es<br />

kommen so viele verschiedene Anfragen<br />

auf mich zu; angefangen von den Tauben,<br />

die den Balkon belagern, über den Schatten<br />

werfenden Baum vor der Haustüre<br />

bis hin zum Drogenproblem des Nachbarn.“<br />

Weber hat ihre ersten Lektionen<br />

sehr schnell gelernt; mittlerweile weiß sie,<br />

dass bestimmte Prozesse einfach mehr<br />

Zeit brauchen. Und die lässt sie sich auch.<br />

Was sie ebenfalls ganz bewusst hervorhebt<br />

– das gute Verhältnis zu ihrem<br />

Vorgänger. „Hans Lintner ist eines meiner<br />

politischen Vorbilder. Von der Rhetorik,<br />

von der Verhandlungsführung, vom Auftreten<br />

her. Gleichzeitig ist er am Boden<br />

geblieben und hat erst in letzter Zeit an<br />

Zustimmung verloren.“<br />

Bürgermeister Florian Riedl,<br />

Steinach am Brenner<br />

Florian Riedl ist zwar erst 44 Jahre jung,<br />

politisch gesehen aber ein alter Hase. Seit<br />

sieben Jahren schon sitzt er als Abgeordneter<br />

im Tiroler Landtag, seit vier Jahren<br />

ist er zudem Obfrau-Stellvertreter des<br />

ÖAAB Tirols, seit rund hundert Tagen<br />

nun auch noch neuer Bürgermeister der<br />

3.600-Seelen-zählenden-Gemeinde Steinach<br />

am Brenner. Und er ist, zumindest<br />

zeigen dies die Wahlergebnisse, deutlich<br />

beliebter als seine Partei. Während seine<br />

Liste bei der Gemeinderatswahl zwei<br />

Mandate verlor und gerade noch die<br />

absolute Mehrheit behielt, errang er bei<br />

der Bürgermeister-Direktwahl gleich im<br />

ersten Wahlgang über sechzig Prozent.<br />

Gemeindepolitik war Riedl bisher allerdings<br />

ziemlich fremd. „Die vergangene<br />

Periode war ich zwar Ersatzgemeinderat,<br />

allerdings nur bei drei Sitzungen anwesend,<br />

sonst immer verhindert.“ Nachdem<br />

der amtierende Bürgermeister Josef<br />

Hautz aus gesundheitlichen Gründen nicht<br />

© Harald Berger<br />

mehr antrat, der damalige Vizebürgermeister<br />

zuerst ja, dann doch nein zu einer<br />

Kandidatur sagte, sprang Riedl sozusagen<br />

ins kalte Wasser. Er stellte für die Liste<br />

ein völlig neues Team zusammen, in dem<br />

kein einziger der bisherigen Mandatare<br />

aufschien. Klarer und deutlicher kann ein<br />

Bruch mit der Vergangenheit wohl nicht<br />

sein.<br />

Unmittelbar nach seiner Wahl zum<br />

Bürgermeister gab der studierte Geo loge<br />

auch seinen Job bei der Wildbach- und<br />

Lawinenverbauung in Innsbruck auf, ließ<br />

sich außer Dienst stellen – unter Entfall<br />

der Bezüge und mit Rückkehrrecht.<br />

„Ich bin jetzt zu hundert Prozent Politiker,<br />

im Landtag und in der Gemeinde.<br />

Das füllt mich völlig aus.“<br />

Und ja, natürlich ist er etwas blauäugig<br />

in seine neue Funktion gestartet. „Ich<br />

dachte, ich kann gleich am ersten Tag<br />

damit beginnen, unsere Ideen für Steinach<br />

umzusetzen. Aber ich bin dann<br />

ziemlich schnell draufgekommen, dass<br />

wir zuerst die Altlasten der vergangenen<br />

Periode aufarbeiten und neue Strukturen<br />

aufbauen müssen. Das war schon eine<br />

enorme Herausforderung.“<br />

Dass er nun als Bürgermeister greifbarer,<br />

damit auch angreifbarer ist, zeigt er<br />

mit einem kleinen Beispiel auf. „Wenn ich<br />

meinen Sohn im Kindergarten abholte,<br />

brauchte ich dafür früher fünf Minuten.<br />

Jetzt dauert es meist eine halbe Stunde<br />

und mehr. Die Leute haben mir einfach<br />

so viel zu sagen.“<br />

Übrigens: Steinach am Brenner ist jene<br />

Gemeinde, in der heuer Tirols ältester<br />

Bürgermeisterkandidat antrat. Walfried<br />

Reimeir, heute 96 Jahre alt, war bereits<br />

zwischen 1959 und 1986 Bürgermeister<br />

und wollte es eben nochmals wissen. Auf<br />

ihn entfielen diesmal knapp vier Prozent<br />

der Stimmen.<br />

Bürgermeister Franz Schneider,<br />

Sillian in Osttirol<br />

Eigentlich hat Franz Schneider über einen<br />

Mangel an Arbeit nicht zu klagen. Er ist<br />

Landwirt mit etwas über dreißig Stück<br />

Vieh, unterhält eine kleine Skischule, seine<br />

Frau vermietet einige Zimmer am Bauernhof.<br />

Zwölf Jahre lang war er Gemeinderat<br />

im 2.000-Menschen-zählenden-Sillian,<br />

zudem sitzt er nun wieder im Aufsichtsrat<br />

des Tourismusverbandes Osttirol.<br />

„Dass ich als Bürgermeister kandidiere,<br />

hat sich einfach herauskristallisiert. Es ist<br />

ja nicht einfach, gegen einen amtierenden<br />

Bürgermeister anzutreten. Zu Weihnachten<br />

letzten Jahres hab ich dann endgültig<br />

ja gesagt.“<br />

Schneider tritt also gegen seinen nunmehrigen<br />

Vorgänger Hermann Mitteregger<br />

an und gewinnt mit gerade mal 24<br />

Stimmen Vorsprung – bei einer Wahlbeteiligung<br />

von beinahe achtzig Prozent.<br />

„Für mich war das schon überraschend.<br />

Genauso überraschend übrigens, wie vor<br />

sechs Jahren Mitteregger gewonnen hat.“<br />

Dazu muss man wissen, dass Schneider‘s<br />

Liste mit Ausnahme der vergangenen<br />

sechs Jahre immer die Mehrheit im<br />

Gemeinderat hatte und folglich auch den<br />

Bürgermeister stellte.<br />

„Parteipolitik ist für mich aber nicht so<br />

wichtig, ich bin auch nicht der typische<br />

Politiker.“<br />

© Armin Bodner<br />

Nach den ersten Wochen im neuen Amt<br />

ist für den 46-jährigen Schneider natürlich<br />

noch vieles „anders als erwartet.<br />

Ich muss schon noch in diese Funktion<br />

hineinwachsen, auch alle Details, die<br />

tagtägliche Arbeit als Bürgermeister verinnerlichen.<br />

Von außen sieht man ja vieles<br />

gar nicht.“ Klar ist für ihn auch, dass alles<br />

zusammen – Politik und Beruf – zeitlich<br />

sehr fordernd wird. Den Personalstand<br />

seiner Skischule hat er in den vergangenen<br />

Jahren verschiedener Gründe wegen<br />

bereits massiv reduziert (von zwölf auf<br />

zwei Beschäftigte). Landwirt zu sein ist<br />

seine Leidenschaft, doch insgesamt zu<br />

überdenken. „Ich bin gerade dabei, all das<br />

neu aufzustellen.“<br />

Was den neuen Bürgermeister am<br />

meisten freut? „Die interessanten<br />

Gespräche mit den Leuten, die vielen<br />

Ideen, die da auftauchen, die Möglichkeit,<br />

einige davon auch gemeinsam umsetzen<br />

zu können.“ Man darf gespannt sein,<br />

welch konkrete Taten diesen Worten in<br />

den nächsten Monaten folgen werden.<br />

ZUM AUTOR<br />

MAG. REINHOLD OBLAK<br />

Aufgewachsen in Kärnten studierte<br />

er an den Universitäten Wien und<br />

Perugia, Italien. Er war viele Jahre Journalist,<br />

Konzernsprecher, Vorstand und<br />

Aufsichtsrat. Seit 2018 ist er bei der<br />

GemNova in der Unternehmenskommunikation<br />

tätig.<br />

Kontakt: r.oblak@gemnova.at<br />

98


40 tirol.kooperiert<br />

DIE MOBILITÄT DER ZUKUNFT<br />

STEHT UNTER STROM<br />

E-Mobilität und Carsharing werden als<br />

ein Teil der Mobilitätswende gesehen und<br />

seit einigen Jahren kann man einen regelrechten<br />

E-Mobilitätsboom beobachten.<br />

Kein Wunder, dass die Zukunft der Mobilität<br />

somit im wahrsten Sinne des Wortes<br />

unter Strom steht. Da auch Gemeinden<br />

starke Treiber dieser Entwicklung sind,<br />

sollte möglichst rasch über moderne kommunale<br />

Lösungen nachgedacht werden,<br />

um den Trend hin zur Elektromobilität<br />

nicht zu verschlafen. Dabei können drei<br />

regionale Unternehmen, alle im Eigentum<br />

der öffentlichen Hand, die Tiroler Gemeinden<br />

mit jahrelanger Erfahrung tatkräftig<br />

unterstützen.<br />

Unser Mobilitätsverhalten hat sich in den<br />

letzten Jahren stark verändert und ist<br />

immer noch einem stetigen Wandel unterworfen.<br />

Immer mehr nutzen beispielsweise<br />

das E-Bike für den Weg in die Arbeit<br />

oder erledigen den Arztbesuch schnell mit<br />

dem E-Scooter. Unternehmen stellen ihre<br />

Fahrzeugflotten teilweise oder sogar ganz<br />

auf Elektroautos um und auch Gemeinden<br />

ziehen bei diesem Trend immer mehr mit.<br />

Elektromobilität in der Gemeinde als<br />

Imagefaktor<br />

Durch die Verlagerung von fossilen Antrieben<br />

hin zu elektrischen wird ein erheblicher<br />

Beitrag zur Reduktion des Energieverbrauchs<br />

und des CO2-Ausstoßes<br />

im Verkehrsbereich geleistet. Eigentlich<br />

schon Grund genug, um auf diesen Zug<br />

aufzuspringen. Vor allem für Gemeinden<br />

kann an dieser Stelle auch festgehalten<br />

werden, dass E-Mobilität die Lebensqualität<br />

der Bürger*innen steigert und auch<br />

einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung<br />

der Klimaziele leistet. Noch sind<br />

nicht allzu viele Tiroler Gemeinden mit<br />

E-Fahrzeugen ausgestattet, somit kann<br />

die Anschaffung von Elektroautos oder<br />

das Einführen von Carsharing-Konzepten<br />

als einer der ersten Gemeinden durchaus<br />

als positive Imageaufwertung für den<br />

Standort betrachtet werden. Und so kann<br />

aus einer klaren Positionierung als nachhaltige<br />

und innovative Gemeinde ganz<br />

schnell auch ein erfolgreicher und anhaltender<br />

Werbeeffekt erzielt werden.<br />

Moderne Gemeinde,<br />

moderne Lösungen<br />

Wie schaut E-Mobilität in meiner Gemeinde<br />

oder meiner Region zukünftig aus?<br />

Wie kann man übergeordnete Carsharing-Konzepte<br />

entwickeln? Was sind die<br />

besten E-Fahrzeuge und wie funktioniert<br />

eigentlich die Ladeinfrastruktur? Wenn<br />

eine Gemeinde beschließt, sich in Richtung<br />

kommunaler E-Mobilität zu entwickeln,<br />

können all diese und natürlich noch<br />

viele weitere Fragen auftauchen. Die<br />

Antworten darauf können komplex sein<br />

und es braucht sehr viel Wissen und<br />

Erfahrung, um Gemeinden auf ihrem Weg<br />

gesamthaft beraten und begleiten zu können.<br />

Schließlich ist noch kein Meister vom<br />

Himmel gefallen und so braucht auch die<br />

modernste Gemeinde Unterstützung und<br />

Beratung beim Umsetzen von zukunftsfitten<br />

und innovativen Lösungen.<br />

Ein starkes Netzwerk an regionalen<br />

Partnern<br />

Drei Tiroler Unternehmen haben es sich<br />

zum Ziel gemacht, als starker Partner<br />

genau diese Unterstützung für Gemeinden<br />

anzubieten. Die GemNova Dienstleistungs<br />

GmbH, die TIWAG-Tiroler Was sserkraft<br />

AG sowie floMOBIL können auf jahrelange<br />

Erfahrung und vielseitiges Know-<br />

how zurückblicken und ziehen in Punkto<br />

E-Mobilität gemeinsam an einem Strang.<br />

So können künftig gemeinsam Komplettlösungen<br />

für die Tiroler Gemeinden erarbeitet<br />

werden. Vom Konzept über die<br />

Ladeinfrastruktur und Carsharing-Angeboten<br />

bis hin zur Anschaffung von E-Fahrzeugen<br />

und der Vermarktung – alles maßgeschneidert<br />

und aus nur ei ner Hand.<br />

Gesamthafte Beratung als<br />

Erfolgsfaktor<br />

Investitionen in E-Mobilität machen nur<br />

dann Sinn, wenn auch eine entsprechend<br />

hohe Nutzerquote vorhanden ist. Genau<br />

da setzen die Experten und Expertinnen<br />

der GemNova, der TIWAG und von<br />

floMOBIL an – nämlich bei der professionellen<br />

und detaillierten Beratung. Als<br />

Schlüssel zum Erfolg muss nämlich bereits<br />

vor dem Projektstart ein gut durchdachtes<br />

Gesamtkonzept vorhanden sein<br />

und vor allem auch die benötigte Infrastruktur<br />

und die Fahrzeugbeschaffung<br />

selbst (inkl. Fahrzeugauswahl, Finanzierung<br />

und Versicherung) beachtet<br />

werden.<br />

Tue Gutes und sprich auch darüber<br />

Ganz im Sinne dieses Sprichwortes ist<br />

auch die Vermarktung ein wesentliches<br />

Thema. Das beste Konzept funktioniert<br />

nämlich nur dann, wenn das (neue)<br />

Angebot in der Gemeinde auch entsprechend<br />

präsentiert, erklärt und beworben<br />

wird. Auch hier kann man voll und<br />

ganz auf das Dreiergespann GemNova,<br />

TIWAG und floMOBIL setzen – auch bei<br />

der Implementierung von App-Lösungen<br />

für Carsharing, die sich bereits tirolweit<br />

in zahlreichen Gemeinden etabliert und<br />

bewährt haben.<br />

Zusammenfassend kann somit festgehalten<br />

werden, dass es mit richtiger und<br />

professioneller Unterstützung in jeder<br />

Gemeinde gelingen kann, die Zukunft der<br />

kommunalen Mobilität unter Strom zu<br />

stellen.<br />

ZUR AUTORIN<br />

KATHRIN KLINGLER, BA<br />

Kathrin Klingler ist seit <strong>2022</strong> bei der<br />

GemNova im Bereich Kommunikation<br />

und als Projektverantwortliche tätig.<br />

Vorher konnte sie jahrelange Erfahrung<br />

in den Bereichen Marketing, Kommunikation<br />

und Öffentlichkeitsarbeit<br />

sammeln.<br />

Kontakt:<br />

k.klingler@gemnova.at<br />

TlROLER<br />

Blaulichtpolizze<br />

Spezialkonzept für Feuerwehrfahrzeuge<br />

inkl. Aufbauten und Ausrüstungsgegenstände.<br />

Versicherte Sparten: Kfz-Haftpflichtversicherung,<br />

Vollkaskoversicherung, Kfz-Rechtsschutzversicherung<br />

Neuerungen:<br />

• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />

Haftpflichtversicherung auf EUR 20 Mio.<br />

• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />

Rechtsschutzversicherung auf EUR 200.000<br />

• Anhänger können im neuen Versicherungskonzept<br />

aufgenommen werden<br />

Unser Spezialisten-Team erreichen<br />

Sie unter 0512 5313-1701 oder per<br />

mail@tiroler.at.


42 tirol.kooperiert<br />

tirol.kooperiert<br />

43<br />

Wir beschäftigen uns nun schon seit<br />

einigen Jahren mit dem Strom- und<br />

Gasmarkt und konnten in den letzten<br />

Jahren den Gemeinden viel Geld mit<br />

unseren Preisverhandlungen ersparen.<br />

Die Ersparnisse liegen mittlerweile im<br />

zweistelligen Millionenbereich. Zum<br />

Glück konnten wir den Strom bis Ende<br />

<strong>2022</strong> schon vor drei Jahren zu den<br />

damaligen Konditionen sichern. Beim<br />

Gaspreis mussten wir leider deutliche<br />

Preissteigerungen in Kauf nehmen, sie<br />

liegen aber bei der Hälfte des aktuellen<br />

Preises.<br />

Wie sensibel die Märkte sind, zeigen die<br />

wöchentlichen Kursberichte, die wir erhalten<br />

und aufmerksam lesen. Ein Brand<br />

in einem texanischen LNG-Terminal hat<br />

ebenso Einfluss auf die Preise wie die<br />

Verschiebung von Reparaturarbeiten<br />

in französischen Kernkraftwerken. Den<br />

Haupteinfluss hat natürlich nach wie vor<br />

der Ukraine-Krieg und niemand kann ak ­<br />

tuell wirklich sagen, wie es weitergehen<br />

wird.<br />

Eines ist klar: Preise wie in den letzten<br />

Jahren wird es nicht mehr geben. Allein die<br />

Energieeffizienzabgabe verursacht schon<br />

Kosten, die frühere Preise über steigen.<br />

Deshalb ist es jetzt schon wichtig, dass<br />

Gemeinden budgetäre Vorsorge treffen.<br />

Wobei wir aus heutiger Sicht nicht einschätzen<br />

können, mit welchen Preisen wir<br />

rechnen müssen. Dazu sind wir in enger<br />

Abstimmung mit den Lieferanten. Auch<br />

können wir nicht sagen, ob es von Seiten<br />

des Bundes zu Entlastungen oder Unterstützungsmaßnahmen<br />

für die Gemeinden<br />

kommen wird. Und wir können nicht<br />

abschätzen, ob sich die Lage im Herbst<br />

beruhigen wird oder nicht.<br />

Stromjahresprodukte<br />

300<br />

Base [€/MWh]<br />

250<br />

200<br />

150<br />

279,93<br />

219,78<br />

213,90<br />

180,75<br />

168,01<br />

148,50<br />

Peak [€/MWh]<br />

Preisralley am<br />

Energiemarkt<br />

VON ALOIS RATHGEB<br />

+167 %<br />

Öl<br />

+338 %<br />

Kohle<br />

100<br />

50<br />

Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 22 Feb 22 Mrz 22 Apr 22 Mai 22 Jun 22<br />

Base Y 2023 Base Y 2024 Base Y 2025 Peak Y 2023 Peak Y 2024 Peak Y 2025<br />

Quelle: TIWAG<br />

Gaspreise<br />

100<br />

Strom +373 %, Gas +430 %, Öl +167 %, Kohle +338 %.<br />

Das sind die Preisentwicklungen innerhalb der letzten 12 Monate.<br />

Unglaublich, aber wahr. Wer hätte das gedacht und geahnt.<br />

CO2-Steuern, Energieeffizienzkosten und -abgaben, steigende Verbräuche, weniger<br />

Lieferkapazitäten und anderes haben darauf hingedeutet, dass sich am Markt<br />

etwas tun wird. Aber niemand konnte mit diesen Entwicklungen rechnen. Klar,<br />

im Nachhinein ist man immer gscheiter und manch eine*r wird behaupten, das<br />

schon lange gewusst zu haben. Diese Leute findet man meist in der Berateroder<br />

Neiderbranche. Insider und Wissende konnten das in diesem Ausmaß nicht<br />

vorhersehen und haben es auch nicht getan.<br />

+430 %<br />

Gas<br />

+373 %<br />

Strom<br />

€/MWh<br />

75<br />

50<br />

25<br />

10<br />

Jun 21<br />

Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 22 Feb 22 Mrz 22 Apr 22 Mai 22 Jun 22<br />

86,00<br />

81,54<br />

€/t<br />

Gas THE Y 2023 CO2-Emissions EUA Dec <strong>2022</strong><br />

Quelle: TIWAG


tirol.ist schön<br />

45<br />

sozial freundlich<br />

sicher bemüht ehrlich<br />

unkompliziert<br />

fair<br />

beständig<br />

neutral<br />

pflichtbewusst<br />

familienfreundlich<br />

modern flexibel<br />

transparent<br />

schlau lernwillig<br />

vorausschauend<br />

kundenorientiert<br />

kompromissbereit<br />

zielorientiert vorurteilsfrei<br />

hilfsbereit<br />

schnell<br />

dynamisch<br />

lösungsorientiert<br />

kompetent<br />

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WASSER.<br />

ERBE.<br />

TIROL.<br />

Anlässlich des österreichischen TRINK­<br />

WASSERTAGS am 15. Juni <strong>2022</strong> setzt das<br />

Land Tirol gemeinsam mit der Lebensraum<br />

Tirol Holding weitere Initiativen zur<br />

Versorgungssicherheit und zum verantwortungsvollen<br />

Umgang mit dem Tiroler<br />

Trinkwasser. 40 Millionen Euro werden in<br />

Tirol jährlich in die kommunale Trinkwasserversorgung<br />

und Abwasserentsorgung<br />

investiert. Nun sollen die kommunale Zusammenarbeit<br />

gestärkt und konkrete Infrastrukturmaßnahmen<br />

mit einem Förderprogramm<br />

unterstützt werden.<br />

www.ghs-wohnbau.com<br />

HEILWASSERBRUNNEN, KRAMSACH<br />

Der Heilwasserbrunnen in Kramsach<br />

vereint die typischen Kramsacher Elemente<br />

Marmor, Messing und Glas in<br />

einem architektonischen Kunstwerk.


46 tirol.ist schön<br />

tirol.ist schön<br />

47<br />

Tiroler<br />

Brunnen<br />

Brunnen sind fest im Tiroler Gemeindeleben<br />

und Gemeindebild verankert – ob als<br />

Treffpunkt für Alt und Jung, als Wasserstelle<br />

zum Durstlöschen oder als kunstvolle<br />

Installation. Wir haben uns auf den<br />

Weg gemacht und für diese Fotostrecke<br />

Brunnen in ganz Tirol abgelichtet.<br />

Maria Larch bei Gnadenwald – ein<br />

entspannender Kraftort mitten im Wald.<br />

FOTOGRAFIERT VON<br />

NATHALIE KIRCHLER<br />

Die Heilquelle, welche aus dem barocken<br />

Brunnenhäuschen sprudelt, gilt als belebender<br />

Trunk. Dem rechtsdrehenden<br />

Wasser, das dem Brunnen entströmt, wird<br />

bisher keine wissenschaftlich nachweisbare<br />

Heilkraft zugeschrieben. Zahlreiche<br />

Gläubige aus nah und fern holen sich dennoch<br />

regelmäßig das „heilende“ Wasser.<br />

HEILQUELLE, MARIA LARCH<br />

Die sogenannte „Wasserkapelle“ wurde um<br />

1720 erbaut. Die Brunnenschale aus rotem<br />

Hagauer Marmor stammt ebenfalls aus<br />

der Erbauungszeit.


48 tirol.ist schön<br />

tirol.ist schön<br />

49<br />

„<br />

FASNACHTSBRUNNEN, IMST<br />

Imst ist weit über Tirols<br />

Grenzen hinaus als Stadt des<br />

Schemenlaufens, aber auch als<br />

Brunnenstadt bekannt. Mit der<br />

Schaffung und künstlerischen<br />

Ausgestaltung der Brunnensäule<br />

wurde der bekannte<br />

Imster Larvenschnitzer Walter<br />

Zangerle beauftragt.<br />

ERZHERZOGIN MAGDALENA<br />

BRUNNEN, HALL IN TIROL<br />

Erzherzogin Magdalena von<br />

Österreich war die Gründerin<br />

des königlichen Damenstiftes<br />

in Hall.<br />

Wasser ist die wichtigste Grundlage unseres<br />

Lebens raums, deshalb müssen wir unser Trinkwasser<br />

bestmöglich schützen und nützen. Wir<br />

setzen auf eine zukunftstaugliche, krisensichere<br />

und effiziente Wasserversorgung.<br />

LH-Stv. Josef Geisler<br />

Das Tiroler Trinkwasser stammt in den<br />

öffentlichen Anlagen aus insgesamt 2.700<br />

Tiroler Wassergewinnungsstellen, mit mehr<br />

als 90 % aus Quellen und mit weniger<br />

als 10 % aus Brunnen. Mehr als 96 % der<br />

Be völkerung werden aus einer der rund 760<br />

öffentlichen Anlagen sicher mit Trinkwasser<br />

versorgt. Betrieben werden diese Anlagen<br />

großteils von Gemeinden und Genossenschaften.<br />

Zudem gibt es in Tirol noch<br />

4.000 Einzelwasserversorgungsanlagen. In<br />

Summe ist das öffentliche Trinkwassernetz,<br />

das unter der Erde verläuft, 6.400 Kilometer<br />

lang. Dieses umfassende Trinkwassernetz<br />

muss laufend saniert werden, um eine Versorgung<br />

für die kommenden Generationen<br />

sicherstellen zu können.


50 tirol.ist schön tirol.ist schön<br />

51<br />

„<br />

Die Lebensraum Tirol<br />

Holding wurde damit<br />

betraut, einen Maßnahmenkatalog<br />

zu erarbeiten und<br />

eine Bewusstseinsbildung<br />

zum Thema Trinkwasser zu<br />

gestalten und umzusetzen.<br />

Der Kampagnentitel lautet<br />

Wasser.Erbe.Tirol.<br />

Mit dieser jüngsten<br />

Lebensraum­Initiative<br />

möchten wir generationenübergreifend<br />

das Bewusstsein<br />

für unseren heimischen<br />

Wasserschatz sowie den<br />

achtsamen Umgang damit<br />

steigern.<br />

Josef Margreiter, Geschäftsführer<br />

der Lebensraum Tirol Holding<br />

SAUERBRUNN, OBLADIS<br />

In Obladis, auf 1.386 Metern, entspringt<br />

das „Tiroler Sauerwasser“, das schon seit<br />

800 Jahren für seine heilende Wirkung und<br />

als Mineralwasser bekannt ist.


52 tirol.ist schön<br />

MARIENBRUNNEN, KUFSTEIN<br />

Ursprünglich befanden sich am sogenannten<br />

Marktplatz (heute Unterer Stadtplatz)<br />

mindestens drei öffentliche Brunnen, die<br />

die gesamte Wasserversorgung der Innenstadt<br />

gewährleisteten. Von diesen blieb<br />

nur der schöne gusseiserne neogotische<br />

Marienbrunnen aus dem Jahr 1862 übrig.<br />

„<br />

Die Tiroler Gemeinden sind<br />

sich ihrer Verantwortung<br />

für eine krisensichere<br />

Versorgung von Bevölkerung<br />

und Gästen mit hochwertigem<br />

Trinkwasser<br />

bewusst.<br />

Ernst Schöpf,<br />

Präsident Tiroler Gemeindeverband<br />

„Kein Alter, kein Geschlecht,<br />

kein Stand, keine Nation ist von<br />

den Vorteilen ausgeschlossen,<br />

welche die Spar-Casse jedem<br />

Einlegenden anbietet.“<br />

Auszug aus der Gründungsurkunde der Sparkassen.<br />

Unsere Haltung seit 200 Jahren.<br />

#glaubandich<br />

tirolersparkasse.at


tirol.bildet 54<br />

tirol.kulturell<br />

55<br />

vom unendlichen<br />

AUTOR GABRIEL CASTAÑEDA<br />

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Es war einmal ein Wirtschaftssystem,<br />

das durch einen uralten<br />

Fluch immer wachsen musste.<br />

Jedes Jahr musste es um<br />

zwei, drei, oder noch besser um<br />

vier oder fünf Prozent wachsen,<br />

damit alle in diesem Wirtschaftssystem<br />

glücklich und<br />

zufrieden sein konnten. Eine Zeitlang,<br />

da sah es wirklich so aus,<br />

als könnte das junge und kleine<br />

Wirtschaftssystem es schaffen.<br />

Doch irgendwann hatten alle im<br />

Wirtschaftssystem alles. Ein<br />

Auto, eine Waschmaschine, Kleider,<br />

einen Fernseher und später<br />

sogar ein Handy und ein Fahrrad<br />

und einen Campingwagen. Also<br />

begann man den Leuten klar zu<br />

machen, dass sie zwei Autos,<br />

zwei Handys und zwei Fahrräder<br />

kaufen müssen. Und so ging<br />

das jahrelang weiter bis jeder im<br />

Wirtschaftssystem jeweils ein<br />

paar Schuhe fürs Hiken, Joggen,<br />

Wandern, Trekken, Nordic Walken,<br />

Laufen und Cross Fit hatte;<br />

plus ebenso viele Jacken, Hosen<br />

und Rücksäcke. Als wirklich alle<br />

im Wirtschaftssystem jeden<br />

Schas hatten, auch den, den<br />

sie nie im Leben brauchen würden,<br />

wie z. B. Retro-Telefonhörer<br />

fürs Handy oder Massagehelme,<br />

musste das Wirtschaftssystem<br />

aber immer noch wachsen. Also<br />

reicherte man die Böden mit<br />

Nitrat an und züchtete gleichzeitig<br />

Hochleistungsnutztiere, damit<br />

eine Kuh die 1950 noch 2.500<br />

Liter Milch pro Jahr „leisten“<br />

konnte, jetzt plötzlich 7.300 Liter<br />

Milch pro Jahr gab. Doch all das<br />

nützte nichts. Irgendwie schien<br />

es auf Dauer unmöglich zu sein,<br />

auf einem Planeten mit begrenzten<br />

Ressourcen ein unendliches<br />

Wachstum generieren zu können.<br />

Wer hätte das ahnen können?<br />

Und dann standen plötzlich alle<br />

da mit langen Gesichtern und<br />

sahen in ihren Trekking-Schuhen<br />

ziemlich blöd aus der Funktionsunterwäsche.<br />

Und wenn sie nicht<br />

gestorben sind, dann entsorgen<br />

sie den ganzen sinnlosen Mist<br />

noch heute, den sie sich auf<br />

Wish, Amazon und Co zusammengekauft<br />

haben.<br />

#kauftswenigerschas<br />

Gabriel<br />

Castañeda<br />

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ern gelesen<br />

von Landesrat Johannes Tratter<br />

Oliver Twist<br />

Charles Dickens<br />

Onkel Toms Hütte<br />

Harriet Beecher Stowe<br />

Lew Tolstoi verglich „Onkel Toms Hütte“ einmal mit der<br />

Erzählkunst von Charles Dickens. Damit sind wir sogleich bei der<br />

nächsten Buchempfehlung: „Oliver Twist“. Ein weiterer Klassiker<br />

der Weltliteratur, der uns mitnimmt auf die Abenteuer eines Waisenjungen<br />

in der Zeit der Industriellen Revolution. Ganz ähnlich<br />

wie Harriet Beecher Stowe zeigt uns Charles Dickens anhand<br />

einer simplen Geschichte die Missstände in der Gesellschaft der<br />

damaligen Zeit. Oliver Twist schlittert von einer Ausbeutungssituation<br />

in die nächste – die Armut als ständiger Wegbegleiter<br />

hält ihn gefangen.<br />

Durch die anschauliche Erzählung tauchen wir in das dreckige,<br />

graue und grausame London des 19. Jahrhunderts ein, wir fühlen<br />

von Anfang bis Ende mit Oliver mit. Am Ende vermittelt uns<br />

die Lektüre jedoch nicht nur die Zustände von damals, sondern<br />

– und das macht das Buch auch heute noch so spannend und<br />

relevant – öffnet uns auch die Augen für so manche Zustände,<br />

die heute noch vorherrschen.<br />

„Sie sind also die kleine Frau, die das Buch geschrieben hat, das uns diesen großen Krieg gebracht<br />

hat“, sagte US-Präsident Abraham Lincoln 1862 bei einem Treffen zur Autorin Harriet Beecher<br />

Stowe – so erzählt es zumindest die Legende. Ob Präsident Lincoln in dem Buch „Onkel Toms<br />

Hütte“ tatsächlich den Auslöser für den amerikanischen Bürgerkrieg gesehen hat, können wir heute<br />

nicht mehr sagen. Der reale Einfluss des Romans auf den Kriegsausbruch kann auf jeden Fall bezweifelt<br />

werden. Zweifelsfrei ist jedoch der Einfluss von „Onkel Toms Hütte“ auf die Gesellschaft<br />

– sowohl damals als auch heute und auch hier in Österreich.<br />

„Onkel Toms Hütte“ ist nicht grundlos ein Klassiker, der Menschen in seinen Bann zieht, sie fesselt<br />

und berührt. Es sind die Beschreibungen von Menschenverachtung, vom Fehlen der Empathie,<br />

gleichzeitig aber auch von Widerstand und Aufopferung, die uns bewegen und die den Roman zu<br />

einer Pflichtlektüre machen.<br />

Anaconda Verlag, 2012<br />

4,95 Euro<br />

Redaktion Gröls-Verlag, <strong>2022</strong><br />

15,95 Euro<br />

Die offene Gesellschaft und ihre Feinde<br />

Karl Popper<br />

„Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“<br />

von Karl Popper ist keine Gute-Nacht-Lek ­<br />

türe. In ihr rechnet der gebürtige Wiener<br />

mit der langen Tradition totalitären<br />

Denkens ab – von Platon über Hegel bis<br />

zu Marx. Ein beeindruckendes Werk, ein<br />

Plädoyer für Demokratie und offenen<br />

Diskurs. Die Abhandlungen über Poppers<br />

Kritischen Rationalismus sind zahlreich –<br />

der Einfluss auf die Philosophie aber auch<br />

die Politik unbestritten.<br />

Beeindruckend ist jedoch nicht nur das<br />

Werk, auch seine Entstehungsgeschichte<br />

verdient eine Würdigung. Popper floh 1937<br />

von den Nationalsozialisten nach Neuseeland,<br />

er musste viele seiner Verwandten<br />

zurücklassen; 16 Familienmitglieder<br />

wurden im Holocaust ermordet. Im Exil<br />

schrieb Popper dann das Werk „Die offene<br />

Gesellschaft und ihre Feinde“. Der Einfluss<br />

der Zeit ist beim Lesen stets spürbar. In<br />

der neuen Ausgabe des Buches wird die<br />

Entstehungsgeschichte aufgeschlüsselt<br />

und damit ein wichtiger Kontext für den<br />

Inhalt geboten. Lesenswert!<br />

Mohr Siebeck, 2003<br />

29 Euro<br />

Schlafes Bruder<br />

Robert Schneider<br />

tirol.kulturell<br />

Der erste Satz eines Buches ist der wichtigste. Er liefert den ersten Eindruck. Dieser<br />

Satz verrät, wohin die Reise geht, was die Leser*innen erwartet, welchen Grundtenor die<br />

Geschichte einnimmt. Manche ersten Sätze sind unvergesslich und tief im kollektiven<br />

Gedächtnis der Menschheit abgespeichert. Schnell in den Sinn kommen dabei etwa die<br />

ersten Zeilen in „Die Ver wandlung“ von Franz Kafka, in „Vom Winde verweht“ von Margaret<br />

Mitchell oder natürlich in „Moby Dick“ von Herman Melville.<br />

Ein erster Satz ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: „Das ist die Geschichte des<br />

Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte,<br />

nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen.“ Mit „Schlafes Bruder“ hat Robert<br />

Schneider gleich bei seinem Debütroman ein Meisterwerk der Erzählkunst abgelegt. Der<br />

erste Satz erzählt uns dabei bereits die ganze Geschichte. Doch in diesem Buch ist der<br />

Weg das Ziel. Mit seinem einzigartigen, altertümlich anmutenden Schreibstil – durchzogen<br />

von Dialekt und eigenen Wortkreationen – bleibt die Lektüre im Gedächtnis. Die große<br />

Frage, ob das Buch nicht doch einfach eine große ironische Satire ist, muss dabei jeder<br />

für sich beantworten.<br />

57<br />

Reclam, 2020<br />

10,30 Euro


58 tirol.kulturell<br />

tirol.kulturell<br />

59<br />

1984<br />

George Orwell<br />

„Big Brother is watching you“ – das Jahr<br />

1984 aus der Sicht von 1948. George<br />

Orwells bekannte Dystopie über einen<br />

totalitären Überwachungsstaat kennen<br />

die meisten. Auch die überaus gelungene<br />

gleichnamige Verfilmung aus dem Jahr<br />

1984 (und die vielen folgenden Adaptierungen)<br />

wurden Abermillionen Mal gesehen.<br />

Doch auch wenn der Stoff bekannt ist, das<br />

Lesen von 1984 lohnt sich immer wieder.<br />

Suhrkamp, 1974<br />

8,90 Euro<br />

Siddhartha<br />

Hermann Hesse<br />

Wer bin ich? Was ist der Sinn meiner Existenz? Was ist Spiritualität? Wer sich mit<br />

diesen Fragen noch nicht auseinandergesetzt hat, tut dies spätestens nach der Lektüre<br />

von Hermann Hesses Werk „Siddhartha“. Ein Buch voller Spiritualität, in der die<br />

Handlung zur Nebensache wird. Vielmehr beeindrucken die Weisheiten, die Hermann<br />

Hesse in seiner prosaischen Auseinandersetzung mit dem Buddhismus und dem Hinduismus<br />

auf den Seiten versteckt. „Siddhartha“ ist ein Buch, das man immer wieder<br />

lesen kann und dennoch nie gänzlich erfassen wird.<br />

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir dabei folgender Ausschnitt: „Wissen kann<br />

man mitteilen, Weisheit aber nicht. Man kann sie finden, man kann sie leben, man<br />

kann von ihr getragen werden, man kann mit ihr Wunder tun, aber sagen und lehren<br />

kann man sie nicht.“ In gewisser Weise hilft „Siddhartha“ dabei, die Weisheit zu finden.<br />

Dementsprechend gilt bei der Lektüre Vorsicht: Es regt zum Selbstdenken an!<br />

Ullstein Taschenbuch<br />

Verlag, 1994<br />

12,90 Euro<br />

Als Politiker ist es eine meiner Hauptaufgaben,<br />

Visionen für die Zukunft zu entwerfen.<br />

Wohin möchten wir unser Land<br />

bringen? Wie soll die Gesellschaft in zehn<br />

Jahren aussehen? Fragen wie diese be ­<br />

stimmen das politische Handeln. Bücher<br />

wie 1984 bringen bestimmt keine Antworten.<br />

Sie verführen jedoch zum Nachdenken<br />

– über ihre Aussage aber auch<br />

über unsere Zukunft.<br />

Der alte König in seinem Exil<br />

Arno Geiger<br />

Sind wir nur die Summe unserer Erinnerungen? Was bleibt vom Menschen, wenn er<br />

sich selbst vergisst? In „Der alte König in seinem Exil“ befasst sich der Autor Arno<br />

Geiger mit der Beziehung zu seinem Vater. Es ist eine besondere Beziehung, denn der<br />

Vater, August Geiger, ist an Alzheimer erkrankt. Ein tragisches Schicksal, das tausende<br />

Menschen in Österreich jährlich erleiden. Tragisch auch deshalb, da die Angehörigen<br />

der Erkrankten auf tiefste Weise betroffen sind und zusehen müssen, wie ihnen geliebte<br />

Menschen schon vor dem Tod entgleiten.<br />

„Der alte König in seinem Exil“ ist aber keine Geschichte voll Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit.<br />

Es ist eine Geschichte der Annäherung zwischen Vater und Sohn. Eine<br />

Geschichte über einen Mann, der zwar seine Erinnerungen, nicht aber sein Selbst<br />

verliert. Ein erfrischender Blick auf ein immer präsenter werdendes Thema, das leider<br />

jede und jeden ereilen kann. Verfeinert wird der tiefe Einblick in die Wirklichkeit des<br />

Vaters zudem durch den hervorragenden Schreibstil von Arno Geiger. Ein Buch, das<br />

traurig macht, aber auch Hoffnung schenkt.<br />

Hanser, 2011<br />

20 Euro<br />

Fahrenheit 451<br />

Ray Bradbury<br />

Ein weiterer Klassiker der Dystopie-<br />

Lite ratur mit erschreckender Brisanz:<br />

„ Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury.<br />

Das Grundkonzept des Buches schrieb<br />

Bradbury angeblich in nur neun Tagen,<br />

während er im Keller einer Feuerwehrwache<br />

hauste. Dennoch oder gerade<br />

deshalb ist eine spannende, düstere,<br />

mitreisende Geschichte entstanden, die<br />

am Ende vor allem eines zelebriert: Die<br />

gewaltige Kraft der Bücher, des kritischen<br />

Denkens und der freien Meinung.<br />

Gerade im 21. Jahrhundert – dem Zeitalter<br />

des Internets, der Smartphones und der<br />

Filme – sehe ich in „Fahrenheit 451“ eine<br />

Hymne auf das geschriebene Wort und<br />

ein Plädoyer gegen die Berieselung und<br />

Betäubung durch Medien. Wie alle Bü cher<br />

in dieser Liste ist „Fahrenheit 451“ ein<br />

Werk, welches einen beschäftigt – und<br />

das auch noch lange nach dem Zuklappen<br />

des Buchdeckels.<br />

Heyne, 2018<br />

9,90 Euro<br />

EMPFOHLEN VON<br />

LR JOHANNES TRATTER


60 tirol.denkt weiter<br />

tirol.denkt weiter<br />

61<br />

Nachhaltiges<br />

Bauen<br />

AUF IN DIE UMSETZUNG!<br />

Ein Gebäude ist nachhaltig, wenn<br />

Kontext & Architektur<br />

es im Kontext mit dem Ort<br />

steht und sein Umfeld<br />

berücksichtigt.<br />

Kosten<br />

seine Kosten über den<br />

Lebenszyklus betrachtet<br />

optimiert sind.<br />

Energie<br />

es weitgehend mit<br />

erneuerbaren Energien<br />

auskommt.<br />

In der Ausgabe 6 von <strong>277.TIROL</strong><br />

vom April <strong>2022</strong> wurde nachhaltiges<br />

Bauen in seiner Grundbedeutung<br />

erklärt sowie Dimensionen und<br />

Handlungsfelder definiert. Nachhaltiges<br />

Bauen vereint dabei die folgenden<br />

drei Dimensionen:<br />

soziokulturell<br />

Planung & Zielgruppe<br />

die Interessen der Zielgruppen<br />

frühzeitig einbezogen werden.<br />

Handelbarkeit<br />

seine Handelbarkeit zu jedem<br />

Zeitpunkt gewährleistet ist.<br />

Klima<br />

es minimale Treibhausgasemissionen<br />

verursacht.<br />

ökologisch<br />

Nutzung & Raumgestaltung<br />

es hohe Gebrauchs- und<br />

Nutzungsqualitäten aufweist.<br />

Ertragspotenzial<br />

sein Ertragspotenzial in<br />

einem guten Verhältnis zu den<br />

Kosten steht.<br />

Ressourcen- &<br />

Umweltschonung<br />

die Erstellung und der<br />

Betrieb ressourcen- und<br />

umweltschonend erfolgen.<br />

ökonomisch<br />

Wohlbefinden & Gesundheit<br />

es einen guten Komfort und<br />

eine optimale Raumluftqualität<br />

ermöglicht.<br />

Regionalökonomie<br />

es einen positiven<br />

regionalökonomischen<br />

Beitrag liefert.<br />

Natur & Landschaft<br />

das Potenzial von Natur und<br />

Landschaft genutzt wird.<br />

Quelle: www.nnbs.ch/standard-snbs-hochbau<br />

ZUM AUTOR<br />

DI ALOIS ILMER, M.ENG<br />

nachhaltiges<br />

Gebäude<br />

Alois Ilmer lebt mit seiner Familie in einer<br />

Reihenhausanlage in Holzmassiv-Bauweise in<br />

Sistrans, hat Architektur studiert, viele Jahre<br />

als Angestellter und später Selbständiger im<br />

Bereich Entwicklung, Planung und Umsetzung<br />

gearbeitet, immer mit dem Fokus auf einer<br />

umfassenden Betrachtung der Aufgabe und<br />

ein qualitätvolles Ergebnis. In den Jahren 2013<br />

bis 2015 hat er das Masterstudium „Nachhaltiges<br />

Bauen“ absolviert, war einige Jahre an<br />

der Universität Innsbruck als wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter tätig und ist seit März 2020<br />

Projektverantwortlicher bei der GemNova.<br />

Kontakt: a.ilmer@gemnova.at<br />

Nachhaltige Gebäude haben den<br />

Anspruch, dass alle drei Dimensionen<br />

betrachtet werden, ansonsten kann von<br />

nachhaltigen Beiträgen aber nicht von<br />

nachhaltigen Gebäuden gesprochen werden.<br />

Je nach Dimension sind verschiedene<br />

Akteure und Akteurinnen betroffen. Jede*r<br />

muss gesehen bzw. wichtig genommen<br />

werden. Im Miteinander werden durch<br />

eine ganzheitliche Sichtweise viele Vorteile<br />

für alle Beteiligten erreicht (siehe Ausgabe<br />

6, Schutzziele, S. 55). Es kann sein,<br />

dass ein Gebäude in einer Dimension sehr<br />

gut abschneidet, in einer anderen aber<br />

sehr schlecht. Mindeststandards in allen<br />

drei Dimensionen bilden die Grundlage<br />

eines nachhaltigen Konzeptes.<br />

Wie kann man diese drei Dimensionen sehen, messen und/oder bewerten?<br />

Welche „Einheiten“ haben die drei Dimensionen?<br />

Wie erreicht man ein Gesamtergebnis?<br />

Im Folgenden wird zuerst jede Dimension<br />

für sich betrachtet. Das Ergebnis sind qualitative<br />

sowie quantitative Eigenschaften<br />

des Gebäudes, die im Falle einer Gesamtbewertung<br />

(Zertifizierung) bepunktet bzw.<br />

addiert werden und so zu einer aussagekräftigen<br />

Beschreibung des Gebäudes im<br />

Hinblick auf seine Nachhaltigkeit führen.<br />

Um ein klares Bild zu den einzelnen Qualitäten<br />

eines nachhaltigen Gebäudes zu<br />

erhalten, führe ich pro Dimension den<br />

Begriff „Währung“ ein; das ist symbolisch<br />

gemeint, aber am Ende ein greifbarer und<br />

realistischer Zugang. Weiters werden Ziele<br />

und Werkzeuge vorgestellt, die in der<br />

betroffenen Dimension einen gangbaren<br />

Weg und eine Bewertung ermöglichen.


62 tirol.denkt weiter<br />

tirol.denkt weiter<br />

63<br />

Zusammenfassend ist zu beachten, dass<br />

Arten der Zertifizierung:<br />

Ökologische<br />

Dimension<br />

Bei der ökologischen Dimension werden<br />

die Auswirkungen auf unser Ökosystem<br />

betrachtet – vom kleinsten Einfluss am Ort<br />

des Geschehens bis zu den Auswirkungen<br />

auf unseren Planeten Erde.<br />

Die Währung ist in diesem Fall das nicht<br />

sichtbare, geruchlose Treibhausgas<br />

CO2. Ziel ist es, mit der Baumaßnahme<br />

möglichst wenig CO2-Belastung zu<br />

erzeugen und die natürlichen Ressourcen<br />

und unsere Umwelt zu schützen. Das Ziel<br />

kann hier gut benannt werden: Klimaneutralität<br />

über den gesamten Lebenszyklus.<br />

Das heißt, das Bauwerk belastet in<br />

Summe die Atmosphäre überhaupt nicht<br />

mit zusätzlichen Treibhausgasen.<br />

Und wie kann das berechnet werden?<br />

Alle Bau- und Nutzungsmaßnahmen können<br />

in CO2-Äquivalente umgerechnet werden.<br />

Eine sehr einfache Annäherungsmethode,<br />

um die Umweltbelastungen eines<br />

Projektes zu verfolgen, ist der OI3-Index.<br />

Im verpflichtend zu liefernden Energieausweis<br />

kann dieser mitgerechnet werden<br />

(verfügbar für mehrere System- oder<br />

Bilanzgrenzen). Alle, die genaue Angaben<br />

ermitteln wollen, lassen von Spezialisten<br />

und Spezialistinnen eine aussagekräftige<br />

Ökobilanz erstellen.<br />

Ökonomische<br />

Dimension<br />

Die ökonomische Dimension bewertet den<br />

dauerhaften Geldmitteleinsatz.<br />

Die Währung ist hier der Euro. Das Ziel<br />

heißt, die Kosten über den definierten<br />

Lebenszyklus möglichst klein, aber den<br />

Wert hoch zu halten und dafür möglichst<br />

wenig Geld auszugeben.<br />

Und wie schaut hier die Rechnung aus?<br />

Wichtig ist in diesem Fall, dass für alle<br />

Berechnungen die Lebenszykluskosten<br />

herangezogen werden. Diese Kosten bestehen<br />

aus anfänglichen Investitions- und<br />

laufenden Betriebskosten und werden für<br />

eine bestimmte Zeitdauer erhoben. Die<br />

Lebenszykluskostenrechnung ermittelt<br />

die erforderlichen Ausgaben über einen<br />

bestimmten Zeitraum (z.B. 50 Jahre) und<br />

hat zum Ziel, hochwertige, kostenbewusste<br />

Gebäude dauerhaft nutzbar zu machen.<br />

Soziokulturelle<br />

Dimension<br />

Innerhalb der soziokulturellen Dimension<br />

werden quantitative, also messbare, und<br />

qualitative Eigenschaften abgefragt. Hier<br />

stehen der Mensch, seine Gesundheit, die<br />

Zufriedenheit der Nutzer*innen, die Funktionalität<br />

und der kulturelle Wert im Mittelpunkt.<br />

Die Währung könnte ein Wohlbefinden-Faktor<br />

sein, das Ziel ein dauerhaft<br />

hohes Wohlbefinden; das heißt, die Erreichung<br />

eines möglichst hohen Faktors.<br />

Und wie kann das erreicht werden?<br />

Eine breit angelegte Bedarfsplanung ist<br />

die Grundlage jeder vernünftigen Baumaßnahme.<br />

Es folgen die Anforderungen einer<br />

hohen Bestellqualität und ein Wettbewerb<br />

der Ideen. In der Umsetzung ist auf hohe<br />

Behaglichkeit und gesunde Bedingungen<br />

(z. B. operative Temperatur, Luftfeuchtigkeit,<br />

Luftqualität) sowie auf Räume mit<br />

hoher Aufenthaltsqualität (z. B. Proportionen,<br />

Belichtung, Erschließung, Beziehung<br />

von Innen und Außen) zu achten.<br />

• jede Dimension Teil des Prozesses ist,<br />

• sowie erreichbare Ziele definiert und<br />

• Werkzeuge sinnvoll eingesetzt werden.<br />

Die Kosten für diese begleitende Betrachtung<br />

sind zwar mit Blick auf die Schutzziele<br />

zu Beginn eine weitere Ausgabe, aber<br />

eine über den Lebenszyklus sinnvolle und<br />

mit Sicherheit gewinnbringende Investition.<br />

Die Transparenz der verschiedenen<br />

parallel verlaufenden Prozesse, die klare<br />

Struktur in der Planung und der Nutzung<br />

führen zu einer hohen Zufriedenheit unter<br />

den Eigentümer*innen und Nutzer*innen.<br />

Die Vergleichbarkeit im Fall einer Zertifizierung<br />

ist ein weiterer Vorteil.<br />

Für eine Gesamtbetrachtung der Nachhaltigkeit<br />

eines Gebäudes sind in Österreich<br />

mehrere Arten der Zertifizierung<br />

möglich.<br />

klimaaktiv<br />

Klimaaktiv Bauen und Sanieren<br />

steht für Energieeffizienz, ökologische<br />

Qualität, Komfort und Ausführungsqualität.<br />

Unabhängig von<br />

der Gebäudegröße oder der Nutzungsart<br />

ist ein Neubau oder eine<br />

Gebäudesanierung eine große Herausforderung<br />

für die Bauherrinnen<br />

und Bauherren.<br />

www.klimaaktiv.at/bauen-sanieren<br />

ÖGNI<br />

Das Zertifizierungssystem der<br />

ÖGNI ist das einzige, das allen<br />

Aspekten des nachhaltigen Bauens<br />

eine gleich große Bedeutung<br />

zumisst. Es wird laufend an<br />

aktuelle Standards und neueste<br />

Erkenntnisse angepasst und ist<br />

für unterschiedliche Gebäudetypen<br />

anwendbar.<br />

www.ogni.at/leistungen/zertifizierung<br />

naBe<br />

Im Aktionsplan nachhaltige öffentliche<br />

Beschaffung wird auf die<br />

Planung, Nutzung und den Rückbau<br />

von Gebäuden, aber auch auf<br />

die Verwertung der Baurestmassen<br />

als Recycling-Baustoff in den<br />

naBe-Kriterien für den Hochbau<br />

Bezug genommen (mindestens<br />

klimaaktiv-Standard Silber, hohe<br />

Innenraumluftqualität).<br />

www.nabe.gv.at/hochbau<br />

ÖGNB<br />

Total Quality (Bewertungsmethode<br />

der ÖGNB) dokumentiert die<br />

Qualität eines Gebäudes von der<br />

Planung über den Bau bis zur Nutzung<br />

im TQ-Gebäudezertifikat.<br />

Das Zertifikat ist das Endprodukt<br />

des integrierten TQ-Planungs- und<br />

Bewertungsprozesses.<br />

www.oegnb.net/tqb/tq.htm<br />

Expertenmeinung von<br />

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Alexander Passer, MSc<br />

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Alexander Passer, MSc ist Inhaber des Lehrstuhls für „Nachhaltiges Bauen“ an der TU Graz. Im Fokus<br />

stehen die lebenszyklusbasierte Nachhaltigkeitsbewertung sowie emissionsarme, klimarobuste Bauweisen.<br />

Fehlt uns die Ernsthaftigkeit den Tatsachen<br />

ins Auge zu schauen? Wollen<br />

wir langfristig viel mehr Geldmittel<br />

einsetzen, weil wir jetzt kurzfristig<br />

denken?<br />

Ja, wir müssen uns der Verantwortung<br />

bewusst werden. Nach aktuellen Plänen<br />

der EU-Kommission müssen öffentliche<br />

Gebäude (Neubauten) in Österreich ab<br />

2027 Nullemissionsgebäude sein und das<br />

Lebenszyklus-Treib hauspotential muss<br />

nach dem EU-Level(s)-Rahmen berechnet<br />

werden. Darin sind die Treibhausemissionen<br />

aus der Herstel lungs-, Nutzungs- und<br />

der Entsorgungs phase enthalten.<br />

Ein nachhaltiges Gebäude ist nicht nur<br />

energieeffizient, es hat auch geringe<br />

Betriebs- und Wartungskosten und einen<br />

kleinen CO2-Fußabdruck. Dazu kommen<br />

der sozio kulturelle Beitrag, die Funktionalität,<br />

das Wohlbefinden, eine hohe Flexibilität<br />

und die lange Nutzungsdauer.<br />

Nachhaltiges Bauen bietet schon jetzt<br />

die Möglichkeiten, um sinnvoll, vorausschauend,<br />

wirtschaftlich und ökologisch,<br />

im besten Sinne zukunftsfähig zu bauen.<br />

Die Möglichkeiten der Gebäudezertifizierung<br />

bieten umfassend Unterstützung<br />

und Qualitäts sicherung. Die wichtigen<br />

Planungsthemen können anhand der<br />

Nachhaltigkeitskriterien gemeinsam im<br />

Vorfeld bei der Entwicklung diskutiert und<br />

im Zuge des Verfahrens evaluiert werden<br />

und es können Mindestkriterien und Prioritäten<br />

festgelegt werden. Diese vorhandenen<br />

Hilfsmittel bieten eine exzellente<br />

Grundlage. Sie bereits jetzt zu nutzen ist<br />

ein Gebot der Stunde.


§<br />

Neues Buch zum Tiroler<br />

64 tirol.wissen<br />

tirol.wissen<br />

Bau- und Raumordnungsrecht<br />

Der Kufsteiner Bürgermeister, Mag. Martin Krumschnabel, im Zivilberuf<br />

Rechtsanwalt, die Mitarbeiterin der Rechtsabteilung der Stadt<br />

Kufstein, Dr. Edda Obernosterer, sowie der selbständige Immobilientreuhänder<br />

und planende Baumeister in Kufstein, Mag. (FH) Dipl.-Ing.<br />

(FH) Paul Vadasz, haben gemeinsam ein Buch zum Thema „Tiroler<br />

Bau- und Raumordnungsrecht“ veröffentlicht.<br />

Auf über 400 Seiten beschreiben Krumschnabel,<br />

Obernosterer und Vadasz<br />

die wesentlichen Bestimmungen dieser<br />

Rechtsmaterien aus der Sicht der Praxis.<br />

„Es ist uns vor allem darauf angekommen,<br />

die raumordnungsrechtlichen Bestimmungen<br />

speziell aus Sicht der Gemeinde zu<br />

erklären, sodass der Ratgeber vor allem<br />

für zukünftige Mandatare und Mandatar*innen<br />

von Gemeinderäten in ganz<br />

Tirol eine wertvolle Arbeitsgrundlage<br />

sein kann“, so Krumschnabel. Darüber<br />

hinaus sei das Werk aber aufgrund der<br />

zahlreichen Literaturhinweise sowie der<br />

Übersichtspläne und Grafiken auch für<br />

sonstige Praktiker*innen aus Baufirmen,<br />

Architekturbüros oder als erster Einstieg<br />

in die Materie für rechtsberatende<br />

Berufe oder alle Bauwerber*innen ge ­<br />

eignet. Behandelt werden die Grundlagen<br />

der Raumordnung in Tirol, alle Widmungskategorien,<br />

die Erlassung von örtlichen<br />

Raumordnungskonzepten, Flächenwidmungs-<br />

und Bebauungsplänen, die Be bauungsbestimmungen<br />

der Tiroler Bauordnung<br />

sowie das gesamte Bauverfahren<br />

von der Einreichung bis zum Baubescheid.<br />

Weiters werden die Rechte der Gemeindebewohner*innen<br />

und Nachbar*innen<br />

ebenso detailliert dargestellt wie die<br />

Grundlagen der raumordnungsrechtlichen<br />

Verträge.<br />

Das Buch ist bei der Buchhandlung Ögg<br />

in Kufstein am Arkadenplatz so wie<br />

beim Autor Martin Krumschnabel<br />

(rechtsanwalt@krumschnabel.at) zum<br />

Preis von € 64,- zu erwerben.<br />

Licht im<br />

FÖrderdschungel<br />

Welche FÖrdergeber<br />

gibt es?<br />

Welche FÖrderquOte<br />

ist mÖglich?<br />

Welche Fristen<br />

sind zu beachten?<br />

Bei der Finanzierung und Umsetzung von<br />

Projekten sind Gemeinden aufgrund der<br />

oft eingeschränkten finanziellen Mittel auf<br />

Förderungen angewiesen. Förderungen<br />

für Projekte zu erhalten, gestaltet sich<br />

jedoch viel schwieriger, wie auf den ersten<br />

Blick oft angenommen wird. Die Förderlandschaft<br />

wird zudem immer komplexer.<br />

Von der Analyse der Möglichkeiten über<br />

die fachlich richtige Antragstellung und<br />

Prozessabwicklung bis hin zur korrekten<br />

Abrechnung von Förderungen ist es ein<br />

langer Weg. Unzählige Fragen werfen sich<br />

dabei für Gemeinden auf:<br />

Wie erfOlgt die<br />

richtige Antragstellung,<br />

um den<br />

maximalen Output<br />

zu erzielen?<br />

Wie erfOlgt die<br />

kOrrekte Abrechnung,<br />

um alle zugesagten<br />

Mittel<br />

auch tatsächlich<br />

abhOlen zu kÖnnen?<br />

Ist die Gemeinde<br />

antragsberechtigt?<br />

65<br />

Ist das<br />

PROjektvOrhaben<br />

fÖrderfähig?<br />

Auf all diese Fragen versuchen wir eine<br />

Antwort zu geben und die Gemeinden vollumfänglich<br />

zu unterstützen. Gerade in<br />

Zeiten wie diesen, wo alle Fördermöglichkeiten<br />

maximal ausgeschöpft werden sollen,<br />

um das ohnehin schon angespannte<br />

Budget zu entlasten und um Investitionen<br />

tätigen zu können, ist es essenziell,<br />

den Überblick im Förderdschungel<br />

zu bewahren. Ob bei Infrastrukturprojekten,<br />

im Bereich der Digitalisierung oder in<br />

Thematiken rund um Umwelt, Mobilität<br />

und Klima, das Spektrum an unterschiedlichen<br />

Förderprogrammen auf den diversen<br />

Ebenen (Land, Bund, EU) ist weitreichend.<br />

Zudem entscheiden oft Nuancen über einen<br />

positiven oder negativen Förderbescheid<br />

sowie über die Höhe der Förderung.<br />

Gerne unterstützen wir mit unserer<br />

Erfahrung die Gemeinden dabei, sämtliche<br />

Förderpotentiale bestmöglich zu<br />

nutzen.<br />

Kontakt<br />

Maximilian Huber, MA<br />

m.huber@gemnova.at<br />

+43 660 296 89 69


66 tirol.blickt zurück<br />

Franz Gapp aus Sistrans war der erste<br />

Zeitzeuge, der vor unserer Kamera seine<br />

Geschichte erzählt hat. (© GemNova)<br />

Ein Stück<br />

digitalisierte<br />

Geschichte<br />

“Zeitzeugen sind Personen, die von<br />

be stimmten historischen Ereignissen<br />

Zeugnis geben können, weil sie zu der<br />

betreffenden Zeit gelebt haben“, heißt<br />

es auf Wikipedia. Für das Team der<br />

„erlebnis.film“ gehören auch die kleinen<br />

Glücksmomente, einschneidende Erlebnisse,<br />

persönliche Erfolgsgeschichten<br />

oder berufliche oder lokale Ereignisse<br />

dazu. Ältere Menschen haben oft vieles<br />

zu erzählen. Ziel unserer Dokumentationsreihe<br />

„Tiroler Zeugen der Zeit“ ist<br />

es, älteren Menschen die Möglichkeit zu<br />

geben, vor der Kamera über ihr Leben zu<br />

berichten, um einen Teil ihrer Erfahrungen,<br />

Erlebnisse und Erkenntnisse für die<br />

Nachwelt zu erhalten. Bei diesem Projekt<br />

geht es nicht nur um Historisches,<br />

wir versuchen vor allem biographische<br />

Erzählungen in den Mittelpunkt zu rücken<br />

und damit Dinge von der älteren Generation<br />

zu erfahren, die sonst im Verborgenen<br />

bleiben würden. Diese Erzählungen<br />

sollen für die Nachwelt auf Film<br />

gebannt, archiviert und online veröffentlicht<br />

werden. Denn gerade in Zeiten der<br />

Aufarbeitung der Pandemiefolgen erachten<br />

wir es als wichtig, durch Kommunikationsmangel<br />

entstandenen Gefühlen des<br />

Unbehagens, die zu einer Entfremdung<br />

der Gesellschaft geführt haben, entgegenzutreten<br />

und den Dialog zwischen<br />

Alt und Jung mit diesem Archiv wieder in<br />

Bewegung zu bringen.<br />

„Die Tiroler sind lustig,<br />

die Tiroler sind froh;<br />

sie verkaufen ihr Bettchen<br />

und schlafen auf Stroh.“<br />

Mit diesem Ausschnitt eines Volksliedes<br />

be schreibt Franz Gapp den stark ansteigenden<br />

Fremdenverkehr und die damit verbundenen<br />

Folgen in den Gemeinden Aldrans<br />

und Sistrans, die er dort seit 1954 miterlebt.<br />

Seit über 70 Jahren lebt der am 25.01.1931<br />

geborene Aldranser nun in Sistrans und<br />

be richtet in der Pilotfolge unserer Dokumentationsreihe<br />

über seine Vergangenheit.<br />

1950, im Alter von 19 Jahren, bekam er seinen<br />

ersten Lehrerposten an der Volksschule<br />

Rum und war von 1954 bis 1992 Direktor der<br />

Volksschule Sistrans. Anschließend verschlug<br />

es ihn in die Politik, genauer gesagt hatte er<br />

17 Jahre den Posten des Vize- und 12 Jahre<br />

den des Bürgermeisters inne. „Ein Bürgermeister<br />

ist damals und heute dazu da, dass<br />

alles passt. […] Man ist nichts anderes als der<br />

Diener des Volkes […].“ Die Zeit als Politiker<br />

hat Franz Gapp geprägt. Man müsse in diesem<br />

Beruf am Boden bleiben und sich nicht<br />

auf ein Podest stellen lassen. Durch diese<br />

Einstellung gelang es ihm 1992 mit ganzen<br />

77 % wieder ins Amt gewählt zu werden.<br />

Seit Klein auf ist die Musik ein großer Teil<br />

seines Lebens; nicht nur als Musiker, sondern<br />

auch als Organist, Kapellmeister und<br />

im Kirchenchor war Franz tätig. Zwischen<br />

Anekdoten über waghalsige Abenteuer mit<br />

seinem Bruder oder den Besuch der Queen<br />

Elizabeth II erzählt er über für die heutige<br />

Generation längst vergessene Dinge.<br />

Tiroler Zeugen<br />

der Zeit<br />

Eine spannende Ergänzung zur<br />

analogen Dorfchronik.<br />

Mit jeder Person, die unsere Welt<br />

verlässt, geht leider auch eine<br />

große Menge an Wissen und<br />

Erinnerungen aus alten Zeiten<br />

unwiederbringlich verloren. Mit<br />

der Dokumentationsreihe „Tiroler<br />

Zeugen der Zeit“ erzählen ältere<br />

Mitbürger*innen aus ihrer Vergangenheit.<br />

In anspruchsvoll gestalteten<br />

Videos konservieren wir diese<br />

Geschichten für die Zukunft.<br />

Einen kleinen Einblick und weitere<br />

Infos zum Projekt bekommen<br />

Sie hier:<br />

ZUM AUTOR<br />

BERNHARD GARBER<br />

Bernhard Garber ist Geschäftsführer<br />

der erlebnis.film. Er hat jahrelange<br />

Erfahrung in der Tiroler Film- und<br />

Fernsehlandschaft und ist die richtige<br />

Ansprechperson für alle Themen, die<br />

Videoproduktion, Podcast und neue<br />

Medien betreffen.<br />

Kontakt: b.garber@erlebnis.film


68 tirol.sportlich und gesund<br />

„Modellregion bewegtes Tirol“<br />

– der Name ist Programm<br />

Im Zuge dieses Programms sollen jene Menschen<br />

angesprochen werden, die Interesse<br />

haben, aber bis lang noch nicht den richtigen<br />

Zugang zu Bewegung und Sport in ihrer<br />

Gemeinde gefunden haben.<br />

(© Tirol Werbung / Dominik Gigler)<br />

Bewegung ist – neben guter Ernährung<br />

und ausreichend Entspannung – ein<br />

Schlüssel zu Wohlbefinden und Gesundheit.<br />

Und auch wenn die Tiroler*innen<br />

als besonders sportlich gelten, so integriert<br />

ca. ein Drittel der Bevölkerung<br />

nach wie vor viel zu wenig Bewegung in<br />

den Alltag. Das soll sich jetzt durch ein<br />

umfassendes Pilotprojekt der Lebensraum<br />

Tirol Holding und der GemNova<br />

mit Bewegungs- und Sportkoordinator*innen<br />

in ausgewählten Gemeinden<br />

ändern.<br />

Mindestens 10.000 Schritte - so viel sollte<br />

der Mensch im Idealfall täglich machen.<br />

Stattdessen sind die meisten von uns<br />

zu echten Innenraumgewächsen mutiert<br />

und verbringen den Großteil des Tages<br />

im Sitzen und vor einem Bildschirm. Dass<br />

dies der Gesundheit nicht förderlich ist,<br />

ist vielfach wissenschaftlich untersucht<br />

und bewiesen.<br />

Im Zuge des Programmes „Modellregion<br />

bewegtes Tirol“ der Lebensraum Holding<br />

wurde die GemNova als Kooperationspartnerin<br />

für die Etablierung eines Sportbetreuungssystems<br />

für Gemeinden ins Boot<br />

geholt. „Über diese Initiative wollen wir in<br />

unseren Gemeinden noch mehr Tirolerinnen<br />

und Tiroler erreichen und sie für<br />

mehr Bewegung im Alltag begeistern“,<br />

erklärt Ernst Schöpf, Präsident des Tiroler<br />

Gemeindeverbandes. Denn derzeit gebe<br />

es in Tirol abseits der Sportvereine und<br />

Verbände noch keine verbindende Struktur,<br />

welche die Betreuung, Vernetzung und<br />

Erweiterung von Bewegungs- und Sportangeboten<br />

ermögliche, so Schöpf.<br />

Gaben den Startschuss zur Initiative „Modellregion bewegtes Tirol“,<br />

v.l.n.r: Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf, Josef Margreiter (GF<br />

Lebensraum Tirol Holding) sowie Angelika Rafetzeder und Angela<br />

Semrajc von der GemNova (© Lebensraum Tirol Holding / Oss)<br />

Dabei geht es nicht um sportliche<br />

Höchstleistungen, sondern um ein<br />

Bewegungs- und Sportangebot, das<br />

auch für Anfänger*innen attraktiv ist.<br />

Und deshalb ist die Zielgruppe dieses<br />

Pilotprojektes auch nicht in erster Li nie<br />

jene Bevölkerungsgruppe, die ohnehin<br />

schon sportlich unterwegs ist; vielmehr<br />

sollen jene Menschen angesprochen<br />

werden, die Interesse haben, aber bislang<br />

noch nicht den richtigen Zugang zu<br />

Bewegung und Sport in ihrer Gemeinde<br />

gefunden haben.<br />

Egal, ob es eine Runde Nordic Walking,<br />

eine kleine Wanderung oder sanfte<br />

Gymnastik ist – auch moderate Bewegung<br />

führt zu mehr Wohlbefinden durch<br />

gesteigerte Kondition, einem verbesserten<br />

Körpergefühl und einem ausgeglichenen<br />

Geist.<br />

Koordinator*innen als Programmmacher<br />

und Networker<br />

In vielen Gemeinden fehlt es derzeit noch<br />

an personellen Ressourcen, die sich mit<br />

dem Thema „Sport und Bewegung“ auseinandersetzen.<br />

Das soll sich nun mit Hilfe<br />

von sogenannten Bewegungs- und Sportkoordinator*innen<br />

ändern; sie werden vorerst<br />

in ausgewählten Gemeinden tätig.<br />

Nach Analyse von Lücken und Problemfeldern<br />

im Sportangebot der Gemeinden<br />

sollen die Koordinator*innen vor allem<br />

lokale Leistungsträger wie private Anbieter,<br />

Vereine und Schulen vernetzen und so<br />

das Sportangebot noch mehr Menschen<br />

zugänglich machen. Langfristig soll die<br />

Initiative den Gemeinden beim Kostensparen<br />

helfen, da die Bürger*innen durch<br />

mehr Bewegung insgesamt gesünder<br />

und fitter werden und damit wiederum<br />

beispielsweise der Aufwand in der Pflege<br />

gesenkt werden könnte.<br />

„Tirol kann eine Modellregion für gesundes<br />

Leben und Wirtschaften werden.<br />

Dabei steht – neben einer gesunden Natur<br />

und Wirtschaft – vor allem die Gesundheit<br />

der Menschen im Mittelpunkt. Bewegung<br />

ist erwiesenermaßen ein zentraler<br />

Schlüssel dazu, weshalb wir uns zum Ziel<br />

gesetzt haben, Projekte mit Modellcharakter<br />

und Strahlkraft im Bereich Bewegung<br />

und Sport umzusetzen“, erklärt<br />

Josef Margreiter, Geschäftsführer der<br />

Lebensraum Tirol Holding.<br />

So soll dieses Projekt auch dazu beitragen,<br />

über Bewegung und Sport im Ort<br />

die Gemeinschaft zu stärken und die<br />

Gemeinde vom reinen Wohnort zum Lebensmittelpunkt<br />

zu erweitern. Interessierte<br />

Gemeinden, die als Pilotgemeinden<br />

Bewegungs- und Sportkoordinator*innen<br />

etablieren möchten, sind eingeladen sich<br />

bei der GemNova zu melden.<br />

„Modellregion bewegtes Tirol“<br />

ist ein Programm der Lebensraum<br />

Tirol Holding, mit dem Ziel,<br />

modellgebende Projekte im Bewegungs-<br />

und Sportbereich sichtbar<br />

zu machen und umzusetzen.<br />

Neben diesem Gemeindeprojekt<br />

wird eine Sportevent-Strategie für<br />

Tirol entwickelt, die den nachhaltigen<br />

und sinnstiftenden Einsatz<br />

von Sportevents sicherstellen soll.<br />

Im Zuge eines weiteren Projekts<br />

sollen in den Tiroler Schulen die<br />

vielfältigen Sportangebote in der<br />

Region in Form von alpinen Standort-Schulsporttagen<br />

aufgezeigt<br />

werden. Weiters wurde das Sports<br />

Research Lab Tirol – eine gemeinsame<br />

Forschungsinitiative der vier<br />

Tiroler Hochschulen – ins Leben<br />

gerufen und ein Sportnetzwerk<br />

wird in Tirol auf- und ausgebaut.<br />

www.lebensraum.tirol/sport<br />

ZU DEN AUTORINNEN<br />

Angela Semrajc, MA und<br />

Angelika Rafetzeder, MA begleiten die<br />

„Modellregion bewegtes Tirol“ seitens<br />

der GemNova und freuen sich darauf,<br />

gemeinsam mit Bewegungs- und<br />

Sportkoordinator*innen wieder mehr<br />

Menschen in den Tiroler Gemeinden<br />

für Bewegung zu begeistern.


70 tirol.sportlich und gesund<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

71<br />

HOPPLa,<br />

hab ICh da<br />

Gedacht...<br />

In diesen Tagen gibt´s ein ziemliches<br />

G´riss um deine Person, Peter.<br />

Ja, es ist einfach unglaublich. Jeder will<br />

etwas von mir. Interviewanfragen von der<br />

FAZ, von der Süddeutschen. All das nur,<br />

weil ich zufällig achtzig werde. Es gibt<br />

so gar Leute, die kommen einfach bei mir<br />

zu Hause vorbei, klingeln an der Haustüre,<br />

wollen mit mir reden. Eh nur ganz kurz,<br />

wie sie sagen.<br />

Irgendwann<br />

wird mir alles dOch<br />

etwas zu viel, dann<br />

hau ich wieder in die<br />

Berge ab.<br />

Der damals beinahe 75-jährige Peter Habeler<br />

und David Lama in der Eiger Nordwand<br />

(© S. Siegrist)<br />

Kürzlich erreichte mich von Peter Habeler eine<br />

E-Mail. Er war gerade am Großglockner, dann in<br />

Sardinien, auch in Arco zum Klettern. „Ab dem 80er<br />

wird´s hektisch, ruhiger erst ab dem 90er“, schrieb<br />

er. Ein Zeitfenster für unser Interview ist dennoch<br />

rasch gefunden. „Komm bitte um drei Uhr zu mir,<br />

weil vormittags bin ich immer am Berg unterwegs.“<br />

REINHOLD OBLAK IM GESPRÄCH MIT PETER HABELER<br />

Kurz vor deinem 75er warst du mit David<br />

Lama nochmals in der Eiger Nordwand, kurz<br />

vor deinem 80er am Großglockner. Die<br />

Berge bestimmen nach wie vor dein Leben.<br />

Ja, zum Glück. Weil es gibt einfach noch so<br />

viel, was ich nicht kenne. Ich bin noch recht<br />

gut drauf, halte nach wie vor meine 58 Kilo.<br />

Und ich bin wie mein ganzes bisheriges<br />

Leben unglaublich gerne in den Bergen<br />

unterwegs. Es taugt mir einfach in Arco an<br />

den Felsen herumzuturnen oder im Winter<br />

bei mir daheim im Zillertal Skitouren zu<br />

machen. Eigentlich jeden Tag eine Skitour.<br />

Gemeinsam mit dem Klettern ist das mein<br />

Jungbrunnen.


72 tirol.sportlich und gesund<br />

tirol.sportlich und gesund<br />

73<br />

Reinhold Messner und Peter Habeler bei<br />

einem Zwischenstopp in Delhi, nach der Everest-Besteigung<br />

ohne Flaschensauerstoff 1978<br />

(© Archiv Habeler)<br />

© Privat<br />

Den Peter kenne ich seit vielen<br />

Jahren. Er ist nicht nur ein großer<br />

Bergsteiger, sondern auch eine<br />

warmherzige Persönlichkeit. Er<br />

mag die Menschen, behandelt sie<br />

immer respektvoll und herzlich.<br />

Egal ob in Nepal, im Iran oder bei<br />

uns in Österreich. Leider war ich<br />

mit ihm nie auf einer Expedition,<br />

doch auf einer gemeinsamen<br />

Reise zum Damavand hatten wir<br />

eine schöne, intensive und vor<br />

allem lustige Zeit. Sein Humor<br />

ist nämlich eine seiner weiteren<br />

Stärken. Peter zeigt uns außerdem,<br />

dass man auch in höherem<br />

Alter noch fit bleiben und vieles<br />

bewirken kann.<br />

Gerlinde Kaltenbrunner<br />

© Schöffel<br />

Dein Leben beeinflusst haben natürlich<br />

auch Menschen. Reinhold Messner, den du<br />

Mitte der sechziger Jahre in den Dolomiten<br />

kennengelernt hast, war einer von ihnen.<br />

Der Blasl Sepp (Anm.: der Osttiroler Sepp<br />

Mayerl), unser großer Lehrmeister, hat<br />

uns zusammengebracht. Er hat damals<br />

in Finkenberg den Kirchturm eingedeckt<br />

und mich in die Dolomiten mitgenommen.<br />

Reinhold und ich waren einfach<br />

blutsverwandt, da hat es von Anfang an<br />

gepasst. Eigentlich unglaublich, wie sich<br />

all das ergeben und weiterentwickelt hat.<br />

Reinhold hat freilich immer groß gedacht,<br />

gleichzeitig auf so viele Details geachtet.<br />

Vor unserer Besteigung des Hidden Peak<br />

im Alpinstil hat er etwa alles auf ein Blatt<br />

skizziert, einfach so, aus dem Gedächtnis<br />

heraus. Und es hat gestimmt.<br />

1970 solltest du ja mit Reinhold<br />

gemeinsam zum Nanga Parbat fahren.<br />

Du hast dich dann aber für die USA,<br />

für deine damalige Frau Susan entschieden.<br />

Deinen Platz nahm Günther<br />

Messner ein …<br />

… der dann, wie du weißt, tragischerweise<br />

beim Abstieg ums Leben kam. Ich hätte<br />

für diese von Karl Herrligkoffer organisierte<br />

Expedition fünftausend Mark zahlen<br />

müssen, aber ich hatte ja kein Geld, keine<br />

Sponsoren. Darum bin ich damals in die<br />

Skischule vom Pepi Stiegler nach Jackson<br />

Hall in Wyoming geflogen, hab dort als<br />

Skilehrer gearbeitet, Geld verdient.<br />

In dieser Zeit wurde ja auch dein erster<br />

Sohn geboren, den du – Messner zu<br />

Ehren – Reinhold nanntest.<br />

Genau. Es war mir einfach wichtig, so ein<br />

Zeichen zu setzen. Ich bin heute mit meinem<br />

Sohn in recht losem Kontakt. Reinhold<br />

lebt jetzt in Australien, ist dort beim Fernsehen<br />

beschäftigt. Und es geht ihm gut.<br />

Reinhold Messner und du seid eine<br />

unglaublich starke, eine höchst<br />

erfolgreiche Seilschaft gewesen.<br />

Vom Charakter freilich recht unterschiedlich.<br />

Du eher leise und …<br />

Reinhold und ich waren und sind vor<br />

allem echte Partner, Freunde. Ich konnte<br />

mich immer zu hundert Prozent auf ihn<br />

verlassen – und umgekehrt. Gemeinsam<br />

haben wir in all dieser Zeit die prächtigsten<br />

und nachhaltigsten Momente in<br />

Wer so wie ich das Glück hatte,<br />

an Peters Seite jahrzehntelang<br />

alle Facetten des Bergsteigens<br />

kennen zu lernen, mit dem hat<br />

es das Schicksal gut gemeint.<br />

Die Selbstverständlichkeit, mit<br />

welcher er auch das schwierigste<br />

bergsteigerische Problem<br />

löste, die Leichtigkeit, mit der er<br />

die schwierigsten Kletterstellen<br />

meisterte, ist nur den Besten<br />

vorbehalten, zu welchen Peter<br />

zweifelsohne zählt.<br />

Horst Fankhauser<br />

den Bergen erleben dürfen. Nach dem<br />

Everest hat er im Höhenbergsteigen<br />

neue Maßstäbe gesetzt. Ich bin wieder<br />

zurück ins Zillertal und hab als Bergführer<br />

gearbeitet. Sein Lebensweg war<br />

somit ein anderer – ein ungemein beeindruckender.<br />

Als Bergsteiger, als Autor,<br />

als Vortragender, als Politiker, mit seinen<br />

Museen, jetzt als Filmemacher. Er hat<br />

mit allem Erfolg gehabt und – noch wichtiger<br />

– er ist so wie ich noch am Leben.<br />

Weil die meisten meiner Expeditionspartner<br />

sind ja schon lange tot.<br />

Wer heute deinen Namen hört, denkt<br />

sofort an die Besteigung des Everest<br />

ohne Flaschensauerstoff – im Mai<br />

1978. Ärgert es dich eigentlich, vor<br />

allem darauf reduziert zu werden?<br />

Nein, das stört mich überhaupt nicht. Es<br />

gehört ja zu meinem Leben dazu. Außerdem<br />

hat mir der Everest wirtschaftlich weitergeholfen.<br />

Wir haben damals in Mayrhofen in<br />

einer winzigen Wohnung gewohnt, auf 30<br />

m2, meine Frau, mein Sohn Christian und ich.<br />

Das war schon ziemlich beengt. Und plötzlich<br />

kamen da Anfragen für Vorträge, das war in<br />

dieser Form neu für mich. Hoppla, hab ich mir<br />

da gedacht, daraus kann ich etwas machen …<br />

… und hast dafür die Besteigung<br />

weiterer Achttausender aufgegeben.<br />

Klar, das hab ich ja müssen. Vor allem aus<br />

finanziellen Gründen. Als Jugendlicher, frag<br />

mich nicht warum, hatte ich immer Angst<br />

vor der Altersarmut. Und plötzlich diese<br />

Möglichkeit, gut bezahlte Vorträge über<br />

meine Everest-Besteigung zu machen.<br />

Das hat mir natürlich eine wirtschaftliche<br />

Sicherheit gegeben, dafür hab ich gerne<br />

auf andere Achttausender verzichtet.<br />

Außerdem hatte ich einen kleinen Sohn,<br />

eine kleine Familie zu versorgen. Bei Reinhold<br />

war die Situation eine völlig andere,<br />

darum konnte er weitere Expeditionen<br />

unternehmen.<br />

Wer hoch steigt, kann tief in sich blicken.<br />

Was hast du dabei in dir gesehen?<br />

Nach wie vor die unbändige Freude an der<br />

Natur, am Bergsteigen, Skitouren, Klettern.<br />

Diese Lust an der Bewegung wird<br />

mich hoffentlich noch lange antreiben. Vor<br />

allem hab ich wunderschöne Erinnerungen<br />

an meine Bergfreunde, von denen<br />

allerdings die meisten nicht mehr Leben.<br />

Ich weiss nicht<br />

mehr wer genau<br />

das gesagt hat,<br />

aber dieser Satz<br />

stimmt einfach:<br />

Die grÖsste Kunst<br />

beim Bergsteigen<br />

ist, dass man<br />

gesund bleibt<br />

und alt wird.<br />

Eines deiner Markenzeichen war ja die<br />

leichte Ausrüstung, die Schnelligkeit<br />

am Berg. Wenn du heute die Bilder von<br />

den Menschenmassen – etwa am Everest<br />

– siehst, was denkst du dir dabei?<br />

Ich schimpf jetzt nicht mehr laut darüber,<br />

ich nehm´s bedauernd und leise zur Kenntnis.<br />

Wir durften damals am Everest noch<br />

ein goldenes Zeitalter erleben, auch mitgestalten.<br />

Wir waren alleine am Berg unterwegs,<br />

nur auf uns gestellt, hatten keine<br />

Menschenmassen vor und hinter uns. Kein<br />

Handy, keine verlässliche Wettervorhersage,<br />

kein riesengroßes Sicherheitsnetz, keinen<br />

Flaschensauerstoff.<br />

Dafür die wirkliche Herausforderung mit der<br />

Natur, mit dem Berg. Aber das waren eben<br />

andere, völlig andere Zeiten.<br />

Den Peter kenn ich schon ewig.<br />

Ich hab ja bei ihm damals auch<br />

den Bergführerkurs gemacht.<br />

Auch danach haben wir uns<br />

immer wieder getroffen. Er ist<br />

ein ganz großer Bergsteiger, ein<br />

Vorbild für viele. Nicht nur wegen<br />

dem Everest ohne Sauerstoff.<br />

Dass er auch heute noch so aktiv<br />

in den Bergen unterwegs ist,<br />

freut mich sehr.<br />

Kurt Diemberger<br />

© Privat


Der großartige Tiroler Bergsteiger<br />

Hias Rebitsch – den auch Peter<br />

sehr verehrt hat – sagte einmal:<br />

„Es ist nicht schwer ein guter<br />

Bergsteiger zu werden, aber sehr<br />

schwer, ein alter Bergsteiger zu<br />

sein!“ Peter hat es sich nicht<br />

leicht gemacht, ein guter, ja einer<br />

der besten Bergsteiger der Welt<br />

zu werden. Aus seiner Zillertaler<br />

Heimat hat er über den Horizont<br />

hinausgeschaut und hat seinem<br />

Ehrgeiz und seinem Willen seine<br />

großartigen Erfolge zu verdanken.<br />

Peter ist ein Mensch mit großem<br />

Charisma, fröhlich und humorvoll.<br />

Auf vielen gemeinsamen Touren –<br />

und langen Abenden – konnte ich<br />

das immer wieder erleben.<br />

Wolfgang Nairz<br />

© Privat<br />

Mit Lukas Furtenbach mischt heute<br />

ja auch ein Tiroler sehr erfolgreich<br />

bei diesem Everest-Tourismus mit.<br />

Für 200.000 € bietet er eine Privatführung<br />

und höchsten Komfort an.<br />

Ich weiß, ich kenne ihn auch. In 16 Tagen<br />

auf den Everest. Das ist schon gut geplant<br />

und organisiert. Alles durchgehend mit<br />

Fixseilen versichert, die Touristen jümarn<br />

sich da begleitet von Sherpas hinauf,<br />

davor und dahinter viele andere Leute.<br />

Es gibt doch die entsprechenden Fotos<br />

von diesen Menschenschlangen. Ein<br />

Bekannter von mir war erst vor wenigen<br />

Wochen am Gipfel, beim Abstieg hat er<br />

am Hillary Step von einem aufsteigenden<br />

Bergsteiger einen ordentlichen Rempler<br />

erhalten. Fast wäre er abgestürzt. So ist<br />

das heute. Bei 200 Leuten am Gipfel–<br />

tag. Aber was soll´s, ich kann das nicht<br />

ändern.<br />

das Leben ist einfach<br />

lebenswert, auch im<br />

fOrtgeschrittenen alter.<br />

Mit David Lama hat dich viel verbunden.<br />

Du warst sein Entdecker, sein<br />

erster Förderer. Und am Ende ei–<br />

ner jener, die die Trauerrede für ihn<br />

gehalten haben.<br />

Als ich von seinem Tod am Howse Peak in<br />

Kanada erfahren habe, vor drei Jahren, bin<br />

ich zum Weinen gekommen. Mit ihm sind<br />

ja auch der Ötztaler Hansjörg Auer und<br />

der Amerikaner Jess Rosskelley gestorben.<br />

Alle drei ganz tolle Bergsteiger. Ein Foto<br />

von David steht auf meinem Schreibtisch.<br />

Nachdem seine Leiche von Bergrettern<br />

geborgen wurde, schickte mir einer von<br />

ihnen ein Ahornblatt aus dieser Gegend.<br />

Das war für mich schon sehr berührend.<br />

Ich hab David´s gesamten Werdegang verfolgt,<br />

er gehörte fraglos zu den Großen.<br />

Am 22. <strong>Juli</strong> wirst du 80, du bist fit und<br />

gesund. Gibt es etwas, und ich meine<br />

nicht nur Alpinistisches, was du noch<br />

gerne machen würdest?<br />

Ich versuche einfach jeden Tag zu genießen.<br />

Die Triebfeder für alles ist einfach die<br />

Freude an der Bewegung. Klettern schult die<br />

Behändigkeit, das Hirn ist auch be schäftigt,<br />

du musst sehr konzentriert sein. Beim Skitouren<br />

wiederum freue ich mich über den<br />

Rhythmus, über das langsame Höhersteigen,<br />

bis zum höchsten Punkt.<br />

Zur PersOn<br />

Peter Habeler<br />

Peter Habeler wurde am 22. <strong>Juli</strong> 1942<br />

in Mayrhofen im Zillertal geboren. Sein<br />

Vater starb, als er sechs Jahre alt war.<br />

Bereits als Kind war er immer wieder in<br />

den Zillertaler Alpen unterwegs. Er lernte<br />

den Beruf des Glasmalers, legte 1965<br />

als Jahrgangsbester die Bergführerprüfung<br />

ab. Habeler gelangen spektakuläre,<br />

unglaublich schnelle Touren in den Alpen,<br />

in den amerikanischen Rocky Mountains,<br />

im Himalaya. So durchstieg er etwa 1974<br />

die Eiger Nordwand gemeinsam mit Reinhold<br />

Messner in knapp neun Stunden.<br />

1975 schaffte er, ebenfalls mit Messner,<br />

die Besteigung des Achttausenders Hidden<br />

Peak erstmals im Alpinstil. 1978 folg te<br />

die erstmalige Besteigung des Everest ohne<br />

Flaschensauerstoff. Danach er reichte er<br />

noch die Gipfel der Achttausender Nanga<br />

© Bob Carmichael<br />

Alles Gute an einen herausragenden<br />

Kletterer, der sich vor allem<br />

über den Stil seiner Aufstiege definiert<br />

hat. Auch dieser Stil trug<br />

wesentlich zu deiner Reputation<br />

bei, Peter. Dein Leben und deine<br />

Erfolge als Bergsteiger zeigen<br />

eindeutig die Kraft und den Willen,<br />

auch die schwierigsten Ziele<br />

erfolgreich zu erreichen.<br />

Parbat (1985), Cho Oyu (1986) und Kangchendzönga<br />

(1988). Zu seinen Seilpartnern<br />

zählten unter anderem Sepp Mayerl, Hias<br />

Rebitsch, Doug Scott, Marcel Rüedi, Carlos<br />

Buhler, Michael Dacher oder Reinhold<br />

Messner.<br />

1970 war Habeler als Skilehrer in den<br />

USA tätig. Von 1972 bis 1979 arbeitete<br />

er als Ausbildungsreferent im Verband<br />

Österreichischer Berg- und Skiführer,<br />

1980 gründete er seine Skischule im Zillertal.<br />

1995 lernte Habeler den damals<br />

fünf jährigen David Lama im Zillertal kennen<br />

und wurde sein erster großer Förderer.<br />

Peter Habeler hat drei Söhne, Reinhold<br />

(1970), Christian (1977), Alexander (1982)<br />

und lebt mit seiner Lebensgefährtin Jutta<br />

Wechselberger nach wie vor im Zillertal.<br />

Peter ist eine leidenschaftliche,<br />

weltoffene Persönlichkeit.<br />

Unsere Gespräche waren immer<br />

befruchtend und im Gegensatz<br />

zu vielen anderen Leuten hatte<br />

ich nie das Gefühl, das Themen<br />

tabu waren. Unsere Stärken und<br />

Schwächen, unsere Träume und<br />

Ziele haben uns eng miteinander<br />

verbunden. Wie etwa bei unserer<br />

gemeinsamen Expedition am<br />

Kangchendzönga. Uns getroffen<br />

zu haben, gemeinsam klettern<br />

zu dürfen, war für uns beide<br />

Glück und Belohnung. Mein Leben<br />

wurde in den Wochen, die ich mit<br />

Peter verbracht habe, auf vielen<br />

Ebenen bereichert.<br />

Carlos Buhler<br />

© Privat<br />

Lynn Hill


76 tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund<br />

77<br />

Football<br />

macht Schule<br />

Spätestens beim alljährlichen Superbowl zeigt sich,<br />

dass auch in unseren Regionen American Football immer<br />

beliebter wird; aber bei den meisten von uns bleibt<br />

es dann doch beim Zuschauen. Nicht so bei den Swarco<br />

Raiders Tirol, wo schon seit Jahren sehr erfolgreich<br />

Football gespielt wird.<br />

American Football<br />

in Österreich<br />

1984<br />

Seit annähernd 40 Jahren wird<br />

American Football auch in Österreich<br />

gespielt.<br />

64 Vereine<br />

41 American Football und 23 Flag<br />

Football Vereine gibt es mittlerweile<br />

in ganz Österreich.<br />

5.200 Athlet*innen<br />

Über 5.200 Athlet*innen sind in<br />

Vereinen aktiv. Tendenz steigend.<br />

Die Begeisterung für diesen Sport fängt<br />

schon bei den Kleinen an, weshalb die<br />

Stadt Innsbruck, die Swarco Raiders Tirol<br />

und die GemNova gemeinsam ein<br />

Projekt auf die Beine gestellt haben, um<br />

Schüler*innen einen Zugang zu dieser<br />

beliebten Sportart zu ermöglichen.<br />

„Wir möchten Kinder und Jugendliche<br />

über die Schule hinaus für Bewegung<br />

und Sport begeistern und ihnen das Kennenlernen<br />

unterschiedlicher Sportarten<br />

erleichtern“, erklärt die für Bildung und<br />

Sport zuständige Innsbrucker Stadträtin<br />

Elisabeth Mayr. GemNova-Geschäftsführer<br />

Alois Rathgeb ergänzt: „Unsere<br />

Freizeitpädagogen und - pädagoginnen<br />

haben in den vergangenen Wochen an<br />

den Innsbrucker Schulen das Thema<br />

American Football aktiv angesprochen.<br />

Im Rahmen der schulischen Freizeitbetreuung<br />

haben auch schon einige Spieler<br />

in den Schulen vorbeigeschaut, über<br />

ihren Sport erzählt und sich mit den Kindern<br />

ausgetauscht.“<br />

Als Highlight für die interessierten Kinder<br />

fand ein Probetraining gemeinsam mit den<br />

Raiders statt: „Wir freuen uns, dass damit<br />

die Tür zum American Football noch weiter<br />

geöffnet wird, denn Nachwuchs ist die<br />

Basis des Erfolgs und in der Raiders-Familie<br />

immer herzlich willkommen“, unterstreicht<br />

Claudia Nuener, Club-Managerin der<br />

Swarco Raiders, die Freude über das gelungene<br />

Projekt.<br />

Fünffacher Europameister<br />

Das österreichische Junioren-Nationalteam<br />

konnte bereits fünfmal<br />

den Europameistertitel holen.<br />

Quelle: AFBÖ<br />

ZUR AUTORIN<br />

KATHRIN MALINA, DIPL. SOZ. PÄD.<br />

Kathrin Malina arbeitet seit sechs Jahren bei der GemNova und ist<br />

seit 2019 Teil des Bildungspool-Teams. Wenn sie sich nicht gerade<br />

um die Koordination in Kufstein und Umgebung kümmert, trifft<br />

man sie meistens irgendwo beim Berggehen mit ihrem Hund.<br />

Große Freude bei den Kindern beim Probetraining<br />

mit den Swarco Raiders im American<br />

Football Zentrum Innsbruck. (© GemNova)<br />

Kontakt: k.malina@gemnova.at


78 tirol.sportlich und gesund tirol.sportlich und gesund<br />

79<br />

G‘sund in Serfaus,<br />

Fiss und Ladis<br />

Die drei Gemeinden im Oberland sind tirolweit die ersten Kommunen, die<br />

das Projekt „Gesunde Gemeinde“ seit dem Vorjahr Schritt für Schritt<br />

umsetzen. Die ersten konkreten Ergebnisse liegen nun vor, weitere<br />

Gemeinden stehen in den Startlöchern.<br />

Ein kurzer Blick zurück: Vor über 30 Jahren<br />

waren es Gemeinden in der Steiermark<br />

und in Oberösterreich, welche die Idee der<br />

„Gesunden Gemeinde“ aufgriffen und sie<br />

über die Jahre mit Leben füllten. Die ersten<br />

Arbeitskreise wurden gegründet, Inhalte<br />

diskutiert, Schwerpunkte gesetzt und die<br />

konkrete Umsetzung in die Wege geleitet.<br />

Seit dem Vorjahr gibt es nun auch in Tirol<br />

drei Gemeinden, die dem Weg der Steirer<br />

und Oberösterreicher folgen: Fiss, Serfaus,<br />

Ladis. Professionell begleitet werden sie<br />

dabei von einer Arbeitsgemeinschaft, in<br />

welcher der avomed (Arbeitskreis für Vorsorgemedizin<br />

und Gesundheitsförderung),<br />

der Verein Sicheres Tirol und die GemNova<br />

ihre Expertise gebündelt zur Verfügung<br />

stellen sowie den gesamten Prozess<br />

organisieren und begleiten.<br />

Die Kernidee der „Gesunden Gemeinde“<br />

Konkrete Projekte zur Gesundheitsförderung<br />

sollen dort umgesetzt werden,<br />

wo die Bürger*innen leben, lieben und<br />

arbeiten; also direkt in der Gemeinde.<br />

Wichtig ist dabei: Vorschläge sollen nicht<br />

von oben aufgesetzt, sondern von unten<br />

gemeinsam erarbeitet werden.<br />

„Das Konzept der ‚Gesunden Gemeinde‘<br />

ist bewusst sehr weit gefasst. Gesundheit<br />

bedeutet nicht nur die Abwesenheit von<br />

Krankheit, sondern vor allem auch Wohlbefinden<br />

und Lebensqualität. Das reicht<br />

von einer gesunden Ernährung über aktive<br />

Bewegung bis hin zu sozialer Teilhabe“,<br />

erklärt Claudia Hackhofer vom Verein<br />

Sicheres Tirol.<br />

Bereits im Herbst des Vorjahres fanden<br />

in Fiss, Serfaus und Ladis die ersten<br />

Auftaktveranstaltungen statt. Dabei wurde<br />

das Konzept der „Gesunden Gemeinde“<br />

vorgestellt; im Anschluss daran wurden<br />

gleich die ehrenamtlichen Arbeitskreise<br />

gegründet. „Dabei ist es wichtig, dass die<br />

Bürger*innen aktiv einbezogen werden und<br />

Menschen aus verschiedensten Alters- und<br />

Berufsgruppen vertreten sind“, so Brigitte<br />

Mölschl vom avomed. In den einzelnen<br />

Arbeitskreisen galt es zu erheben, was in<br />

der jeweiligen Gemeinde rund um das Thema<br />

Gesundheit tatsächlich gebraucht wird.<br />

Doch wie sehen nun die ersten konkreten<br />

Ergebnisse in diesen drei Tiroler Pilotgemeinden<br />

aus, welche Ideen konnten mittlerweile<br />

umgesetzt werden?<br />

Serfaus<br />

Die Bürgermeister von Serfaus, Fiss und<br />

Ladis freuen sich über die Auszeichnung zur<br />

„Gesunden Gemeinde“: Paul Greiter, Simon<br />

Schwendinger und Hans Pittl<br />

(© Gesunde Gemeinde Tirol)<br />

Dominika Wachter aus Serfaus: „Wir sind<br />

rund 15 Leute, die mit großer Begeisterung<br />

dabei sind. Natürlich haben nicht immer<br />

alle Zeit. Begonnen haben wir mit unserem<br />

Generationencafé.“ Jeden ersten Dienstag<br />

im Monat wird zu einem gemütlichen Beisammensein<br />

ins Kulturzentrum des knapp<br />

1.200 Menschen zählenden Dorfes geladen.<br />

Ob gemeinsames Spielen, leidenschaftliches<br />

Diskutieren, gegenseitiges Helfen –<br />

verschiedenste Veranstaltungen sollen die<br />

unterschiedlichsten Leute aus dem Dorf<br />

anziehen. Im Rahmen des Generationencafés<br />

wird auch die Idee eines Repair-<br />

Cafès umgesetzt, bei dem gebrauchte<br />

Gegenstände gemeinsam wieder aufpoliert<br />

oder repartiert werden. Das kann beim<br />

Fahrrad beginnen und beim Rasenmäher<br />

oder dem Spielzeugauto enden.<br />

Besonders zu erwähnen: Dieses Ge nerationencafé<br />

steht allen offen; es wird<br />

abwechselnd vom Kindergarten, dem<br />

Jugendzentrum und der Volksschule organisiert.<br />

„Allein das schon zeigt, wie breit<br />

aufgestellt wir sind. Wir wollen einfach für<br />

alle Leute in Serfaus ein interessantes und<br />

abwechslungsreiches Programm bieten“,<br />

so Wachter. Der zweite Schwerpunkt in<br />

Serfaus ist eine Vortragsreihe, die sich um<br />

die psychosoziale Gesundheit dreht. Ende<br />

Juni war bereits ein Experte der Caritas zu<br />

Gast im Kulturzentrum, weitere Vorträge<br />

und Workshops sind vorgesehen.<br />

Fiss<br />

Großes Interesse zum Thema Gesundheit<br />

gibt es auch in der 1.000-Einwohner*innen-Gemeinde<br />

Fiss. Christian Kofler ist<br />

dort eine von rund zehn Personen, die sich<br />

besonders stark engagieren: „Wir haben<br />

schon viele Ideen entwickelt, einige da ­<br />

von auch umgesetzt. Doch das ist erst der<br />

Anfang.“ So erhielten etwa die Fisser*innen<br />

vor einigen Wochen die Möglichkeit,<br />

Kräuter und Sträucher gemeinsam bei<br />

einer Gärtnerei in Landeck zu bestellen<br />

– direkte Abholung beim örtlichen Bauhof<br />

inklusive. „Wir haben die Leute über<br />

E-mail darauf aufmerksam gemacht; rund<br />

zwanzig Haushalte haben dieses Angebot<br />

angenommen. Nachdem es noch Nachbestellungen<br />

gibt, wird eine zweite Runde<br />

gedreht“, so Kofler.<br />

Ebenfalls realisiert wurde ein Vortrag einer<br />

Ernährungsexpertin aus Vorarlberg, die im<br />

Kulturzentrum über gesunde Ernährung<br />

informierte. Große Beachtung fanden<br />

zudem die kindgerecht aufbe reiteten<br />

Workshops an der Fisser Volks- und Mittelschule.<br />

Wer die strahlenden Augen<br />

der Kinder gesehen hat, weiß, dass die<br />

Botschaft angekommen ist.<br />

Ladis<br />

Und in Ladis? Auch in dieser etwas über<br />

500 Menschen zählenden Gemeinde<br />

rauchen die Köpfe. Birgit Heiseler leitet die<br />

entsprechende Arbeitsgruppe: „Wir sind<br />

ein Team von rund zehn Personen aus den<br />

unterschiedlichsten Bereichen und mit ganz<br />

speziellen Interessen. Daraus entwickeln<br />

wir nun gemeinsam Ideen.“ Seit 2019 wird<br />

in Ladis an einem Dorfentwicklungsprojekt<br />

gearbeitet, eine breit angelegte Umfrage<br />

in der Bevölkerung wurde ebenfalls schon<br />

gemacht; daran will das Team der „Gesunden<br />

Gemeinde“ nun anschließen.<br />

Und was steht da so alles zur Diskussion?<br />

Eine Kräuterwanderung etwa, eine stärkere<br />

Nutzung der Kneipp-Anlage, der Ausbau<br />

der Fitnesswege oder die intensivere<br />

Nutzung des Leweso-Cafés (Leweso steht<br />

für le benswerte Sonnenterrasse). Birgit<br />

Heiseler: „Mit überschaubarem Aufwand<br />

können wir hier recht viel erreichen. Jetzt<br />

geht es einfach darum, einige dieser Ideen<br />

auch umzusetzen.“ Ach ja: An einer eigenen<br />

Dorfzeitung für Ladis wird derzeit ebenfalls<br />

gearbeitet – mit einem Sonderteil zum Thema<br />

Gesundheit inklusive.<br />

Weitere Gemeinden in den Startlöchern<br />

Nach Fiss, Serfaus und Ladis bekunden<br />

inzwischen einige weitere Gemeinden<br />

in Tirol konkretes Interesse am Projekt<br />

„Gesunde Gemeinde“. So werden etwa in<br />

Kössen, Tarrenz oder Münster schon bald<br />

die entsprechenden Auftaktveranstaltungen<br />

stattfinden. In weiterer Folge sind Vernetzungstreffen<br />

zwischen den teilnehmenden<br />

Gemeinden geplant, Erfahrungen sollen<br />

ausgetauscht, der eine oder andere Tipp<br />

gegeben werden.<br />

ZUR AUTORIN<br />

ANGELA SEMRAJC, MA<br />

Angela Semrajc koordiniert das Projekt<br />

„Gesunde Gemeinde Tirol“ innerhalb<br />

der GemNova. Darüber hinaus ist sie<br />

verantwortlich für das Thema Gesundheit,<br />

dem die GemNova seit 2021 einen<br />

eigenen Unternehmensbereich widmet.<br />

Kontakt:<br />

a.semrajc@gesunde-gemeinde.tirol


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tirol.bildet<br />

81<br />

Wie den Medien zu entnehmen ist, steht<br />

in Österreich die Elementarbildung mit all<br />

ihren Herausforderungen aktuell im Fokus<br />

– besonders in Bezug auf hohe pädagogische<br />

Qualität zur Sicherstellung der<br />

Chancengerechtigkeit von Kindern und<br />

deren Familien. Vor diesem Hintergrund<br />

haben sich Bund und Länder in einer neuen<br />

15a-Vereinbarung darauf geeinigt, in den<br />

kommenden fünf Jahren in die Erweiterung<br />

eines bedarfsgerechten und qualitativ<br />

hochwertigen Bildungs- und Betreuungsangebotes<br />

zu investieren. Darunter fallen<br />

neben dem Gratiskindergarten im letzten<br />

verpflichtenden Kindergartenjahr und der<br />

frühen sprachlichen Förderung auch der<br />

Ausbau von Kindergartenplätzen sowie<br />

Investitionen für Barrierefreiheit.<br />

Im ersten Beitrag der dreiteiligen Reihe zum<br />

Thema Chancengerechtigkeit haben wir<br />

das Vielfaltsmerkmal Mehrsprachigkeit in<br />

den Fokus genommen. Wir haben konkrete<br />

Handlungsoptionen erörtert, wie Gemeinden<br />

in ihrer Rolle als Drehscheibe aller örtlichen<br />

Bildungs- und Sozialeinrichtungen bzw. aller<br />

Vereine den Bildungsweg von Kindern sowie<br />

ihr Familienumfeld positiv unterstützen können.<br />

Der zweite Beitrag informiert zur Chancengerechtigkeit<br />

in Bezug auf Barrierefreiheit<br />

für Kinder und Jugendliche mit körperlichen<br />

oder psychischen Beeinträchtigungen. Es<br />

werden vielfältige Möglichkeiten aufgezeigt,<br />

wie inklusive Gemeinden die Teilhabe ALLER<br />

Menschen in jeglichen Lebensbereichen fördern<br />

können.<br />

Chancengerechtigkeit<br />

als<br />

Chance für ALLe<br />

Der Weg hin zu Bildungschancen führt über die BARRIEREFREIHEIT<br />

– was Kinder und Familien brauchen und wie wir sie als Gemeinde in<br />

ihrem Lebensumfeld begleiten können.<br />

Die Vielschichtigkeit an Herausforderungen<br />

im Kontext der Diversität erkennen<br />

Auf Basis der bereits im ersten Beitrag<br />

erwähnten tirolweiten Bürger*innen-Befragung<br />

von 2020 konnten neben der Mehrsprachigkeit<br />

und kulturellen Vielfalt auch in<br />

Bezug auf die Bedarfe von Familien, Kindern<br />

und Jugendlichen im Bereich Barrierefreiheit<br />

und Teilhabemöglichkeiten qualitative<br />

Daten erhoben werden, die auf aktuell herausfordernde<br />

Lebenssituationen in Gemeinden<br />

zurückzuführen sind. Jede Einrichtung,<br />

die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet,<br />

egal, ob Bildungs-, Sozial- oder Freizeiteinrichtungen,<br />

übernimmt automatisch einen<br />

pädagogischen Auftrag. Zur Erfüllung dieses<br />

Auftrags braucht es unterschiedliche<br />

Qualitätskriterien, um ALLE Kinder und<br />

Jugendlichen individuell fördern zu können.<br />

Gemeinden sind daher laufend gefordert,<br />

die eigenen Strukturen, Prozesse und insbesondere<br />

das Bewusstsein für barrierefreie<br />

Bildung, Betreuung oder Freizeitgestaltung<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Was fehlt aus Sicht von Bürger*innen<br />

bzw. Familien aktuell im Bereich Bildung,<br />

Begleitung und Betreuung von Kindern und<br />

Jugendlichen?<br />

Vor dem Hintergrund der UN-Kinderrechtsund<br />

UN-Behindertenrechtskonvention, des<br />

Behindertengleichstellungsgesetzes und<br />

anderer gesetzlicher Grundlagen betreffend<br />

Barrierefreiheit darf es in keinem Alter zu<br />

Diskriminierung aufgrund einer Behinderung<br />

oder aufgrund von Lern- und Entwicklungserschwernissen<br />

kommen. Barrierefreiheit<br />

beginnt bei Verpflichtungen im Rahmen<br />

baulicher Maßnahmen und endet bei einer<br />

inklusiv gelebten Pädagogik in der Arbeit mit<br />

Kindern und Jugendlichen. Barrierefreiheit ist<br />

umfassend zu garantieren, das heißt, auch<br />

Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung,<br />

psychischen Einschränkungen usw. sind bei<br />

der Umsetzung jeglicher Maßnahmen zu<br />

berücksichtigen.<br />

STRUKTURQUaLITäT<br />

Barrierefreiheit im Kindergarten<br />

für betroffene Kinder<br />

oder Familienangehörige<br />

PrOzessqualität<br />

Inklusive Schule; Teilhabe am<br />

Unterricht für ALLE<br />

Orientierungs -<br />

qualität<br />

Bewusstsein in allen<br />

Vereinen und Einrichtungen<br />

für barrierefreie Angebote<br />

Wenn die individuellen Bedürfnisse der<br />

Familien in unseren Gemeinden nicht<br />

rechtzeitig erkannt werden, besteht<br />

das Risiko der fehlenden Teilhabe und<br />

somit der Chancen-un-gleichheit für die<br />

Betroffenen. Umgekehrt besteht die Chance<br />

zu Barrierefreiheit und Teilhabe, wenn<br />

Bedürfnisse rechtzeitig erkannt und aufgegriffen<br />

werden. Gemeinden in ihrer Rolle<br />

als Interessensvertreterinnen von Kindern,<br />

Jugendlichen und Familien sowie als Brückenbauerinnen<br />

haben die Aufgabe, sich dafür<br />

einzusetzen, Beteiligungsprozesse unter<br />

konkreter Einbindung aller Betroffenen zu<br />

gestalten, um basierend auf den vorhandenen<br />

Bedürfnissen und Bedarfen im unmittelbaren<br />

Lebensumfeld der unterschiedlichen<br />

Zielgruppen adäquate Rahmenbedingungen<br />

und Angebote zu implementieren.<br />

In den Tiroler Gemeinden und Gemeindeverbänden<br />

wird das Bewusstsein in Bezug<br />

auf Barrierefreiheit und Teilhabe ALLER Kinder<br />

und Jugendlichen in jedem Bereich ihres<br />

Lebens (=Inklusion) durch vielfältige Handlungskonzepte<br />

gestärkt. Sie tragen zur gelingenden<br />

Praxis bei. Wertvolle Erfahrungen und<br />

Konzepte werden im Folgenden dargestellt,<br />

um tirolweit allen Gemeinden die Möglichkeit<br />

zu geben, zukunftsorientiert, regional<br />

und überregional voneinander zu lernen; vor<br />

allem dort, wo Inklusion und Barrierefreiheit<br />

als Selbstverständnis noch nicht sichergestellt<br />

ist.<br />

Bewusstseinsbildung im Sinne der Chancengerechtigkeit<br />

von Kindern und Jugendlichen<br />

Um die Sensibilisierung hinsichtlich der<br />

gesetzlich verankerten UN-Konventionen voranzutreiben<br />

bzw. sukzessive in der Praxis<br />

zu verankern, hat sich die Implementierung<br />

von Enthinderungsbeauftragten oder Multiplikator*innen<br />

als zielführend herauskristallisiert.<br />

Mit ihrer Expertise unterstützen sie<br />

die Gemeinden bzw. die Gemeindeverbände<br />

bei der Entwicklung eines Aktionsplans zur<br />

Schaffung von Teilhabemöglichkeiten im Ort.<br />

Zur Gewährleistung, dass tatsächlich alle<br />

Bedürfnisse und Bedarfe zum Thema Barrierefreiheit,<br />

Selbstbestimmung und Teilhabe<br />

von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen<br />

Formen von Behinderung oder<br />

Entwicklungerschwernissen berücksichtigt<br />

werden, hat sich beispielsweise in Reutte<br />

eine bezirksweite, vom Tiroler Monitoringausschuss<br />

begleitete Befragung als hilfreich<br />

erwiesen. Allgemein muss das Bewusstsein<br />

für gelebte Inklusion auf die gesamte<br />

Tourismusregion Tirol umgelegt und<br />

durch entsprechende Angebote in der<br />

Praxis sichtbar gemacht werden.<br />

Bildungsbeteiligung für ALLE Kinder und<br />

Jugendlichen<br />

Als Alternative zu Sonderschulen, die zur<br />

Segregation von Kindern mit sonderpädagogischem<br />

Bedarf führen, wird beispielsweise in<br />

der Marktgemeinde Reutte Inklusion in allen<br />

Regelschulen vorangetrieben. Jedes Kind, egal<br />

wie schwer seine*ihre Behinderung oder Entwicklungserschwernis<br />

ist, kann somit mit<br />

gesunden Kindern zur Schule gehen, was für<br />

seine*ihre Entwicklung förderlich ist. Strukturqualität<br />

für eine gelingende Inklusion in<br />

der Schule oder am Arbeitsplatz kann beispielsweise<br />

durch einen familienentlastenden<br />

Dienst, Kinderassistenz, Schulassistenz für<br />

den Unterricht, Nachmittagsbetreuung sowie<br />

durch Lehrpersonal mit spezifischer Ausbildung<br />

zur Inklusion gewährleistet werden.<br />

Mehrwert durch das Netzwerk Gemeinde<br />

Das Netzwerk „Gemeinde“ birgt viele Ressourcen,<br />

die zielorientiert zum Einsatz kommen<br />

können: In Zusammenarbeit mit Bildungs-,<br />

Sozial-, Gesundheitseinrichtungen<br />

und Vereinen können multisoziale Teams<br />

etabliert werden. Sie setzen sich für betroffene<br />

Familien, Kinder und Jugendliche ein, damit<br />

barrierefreie Rahmenbedingungen geschaffen<br />

werden und eine vollständige Teilhabe am<br />

gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird. Bei<br />

Neu- oder Umbauten kann unter Einbezug<br />

der Expertise von Betroffenen sowie Inklusionsbeauftragten<br />

die Barrierefreiheit in jeder<br />

Hinsicht als Querschnittsmaterie mitgedacht<br />

werden. Netzwerkarbeit über Gemeindegrenzen<br />

hinweg birgt die Chance auf die Etablierung<br />

von Regionalmanagements, welche z.<br />

B. lokale Entwicklungsstrategien oder Finanzierungsmodelle<br />

für Best-Practice-Beispiele<br />

zu gelebter Inklusion erarbeiten und diese<br />

anderen Regionen über eine digitale Austauschplattform<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Gelebtes Ehrenamt als würdigender<br />

Beitrag für den Zusammenhalt unserer<br />

Gesellschaft<br />

Das Ehrenamt als kostenfreies Mittel zur<br />

Bewusstseinsbildung stellt in Tirol eine der<br />

größten Ressourcen dar, wenn es um die<br />

Unterstützung von Menschen und insbesondere<br />

auch um die Förderung von Kindern und<br />

Jugendlichen im Rahmen der Vereinsarbeit<br />

geht. Gemeinwohlprojekte wie YoungStar<br />

(GemNova), die bereits in der Vergangenheit<br />

in Vorzeigeregionen wie dem Zillertal unter<br />

Mitwirkung mehrerer Gemeinden umgesetzt<br />

wurden, bergen mit einem durchdachten<br />

Konzept das große Potential, auch im<br />

Rahmen inklusiver Maßnahmen wirksam zu<br />

sein. Es geht dabei darum, dass sich Jugendliche<br />

in den Dienst von Kindern oder anderen<br />

Jugendlichen mit Behinderung oder Entwicklungserschwernissen<br />

stellen und ihnen mit<br />

ihrer Unterstützung eine Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben im Rahmen ihrer Freizeit<br />

ermöglichen.<br />

ZUR AUTORIN<br />

MAG. NINA<br />

REDLICH-ZIMMERMANN,<br />

MA ECED<br />

Nina Redlich-Zimmermann koordiniert<br />

den Fachbereich Elementarbildung<br />

im GemNova Bildungspool und steht<br />

insbesondere für Fragen rund um das<br />

Thema Kinder- und Sprachenrechte zur<br />

Verfügung.<br />

Kontakt:<br />

n.redlich@gemnova.at


82 tirol.bildet<br />

Wie heißt das<br />

Zauberwort?<br />

Der Begriff „Fachkräftemangel“<br />

wird dieser Tage so inflationär<br />

verwendet, dass man schon fast<br />

von einem Modewort sprechen<br />

könnte, aber nicht im Guten. Eher<br />

als Anwärter auf das Problemwort<br />

des Jahres – und das Problem ist<br />

groß. Man liest sogar schon von<br />

Betrieben, die aufgrund von Personalmangel<br />

schließen müssen. Was<br />

es jetzt braucht, sind aber nicht<br />

Problemwörter, sondern Lösungswörter<br />

oder noch besser Zauberwörter.<br />

Jedes Jahr werden in der Fachkräfteverordnung<br />

des Bundes Mangelberufe für die Beschäftigung<br />

von ausländischen Fachkräften festgelegt.<br />

Für das Jahr <strong>2022</strong> sind 66 Mangelberufe<br />

bundesweit und weitere 20 tirolweit aufgelistet<br />

– deutlich mehr als im Vorjahr. Der Fachkräftemangel<br />

wird zunehmend zu einem großen,<br />

gar bedrohlichen Problem für Unternehmen.<br />

Wie Karlheinz Kopf, Generalsekretär der<br />

Wirtschaftskammer Österreich, in einer<br />

Presseaussendung erklärt, „bleibt der Ar beitsund<br />

Fachkräftemangel die größte Herausforderung<br />

für die heimische Wirtschaft“.<br />

Wie kommt ein<br />

Firmenkurs<br />

zustande?<br />

Handlungsbedarf bestehe in vielen Bereichen.<br />

So müsse bei der Arbeitsmarktreform,<br />

angekündigt für <strong>2022</strong>, der Fokus auf der<br />

schnellen Vermittlung der Arbeitslosen, der<br />

Steigerung der Mobilität am Arbeitsmarkt<br />

oder auf der Qualifizierung der Arbeitslosen<br />

liegen. Bei auslän dischen Fachkräften seien<br />

besonders mangelnde Deutschkenntnisse als<br />

Vermittlungshemmnis durch ein ausreichendes<br />

und passendes Angebot an Deutschkur sen<br />

auszugleichen. Der Forderung nach „ausreichenden<br />

Deutschkursen“ kann mit „mehr<br />

Deutschkursen“ begegnet werden. Wie aber<br />

können Deutschkurse zur Lösung des ar ­<br />

beitsmarktpolitischen Problems des Fachkräftemangels<br />

beitragen, also „passend“ sein?<br />

Das Zauberwort: Berufsspezifische<br />

Deutschkurse<br />

Reguläre Deutschkurse können dem konkreten<br />

Sprachbedarf am Arbeitsplatz nur selten ge ­<br />

recht werden und können allein deshalb schon<br />

kaum als passend bezeichnet werden. Diese<br />

Kurse schließen meistens mit einer Prüfung ab,<br />

weshalb der Schwerpunkt auf der Prüfungsvorbereitung<br />

liegt. Der berufliche Alltag (Situationen<br />

am Arbeitsplatz, konkreter Wortschatz, Dialekt,<br />

usw.) wird höchstens verallgemeinert thematisiert.<br />

Was braucht das<br />

Unternehmen?<br />

Bei einer Betriebsbesichtigung wird eine<br />

Bedarfserhebung durchgeführt. Diese dient<br />

dazu, das Unternehmen und den Fachwortschatz<br />

kennenzulernen. Hier werden auch gemeinsam<br />

konkrete Inhalte und Ziele definiert.<br />

Im von der GemNova Akademie entwickelten<br />

und mittlerweile ausgereiften wie erprobten<br />

Konzept „Deutsch im Alltags- und Arbeitsleben<br />

(DiA)“ steht der Arbeitsalltag im Mittelpunkt<br />

des Kurskonzepts. Diese berufsspezifischen<br />

Deutschkurse werden als offene Kurse für Ar ­<br />

beitnehmer*innen, aber auch als vollindividualisierte<br />

Firmenkurse (für ein oder auch mehrere<br />

Unternehmen gemeinsam) angeboten.<br />

Wie kommt ein Firmenkurs zustande?<br />

Ziel ist es, einen möglichst maßgeschneiderten<br />

Deutschkurs zu gestalten – zeitlich, örtlich und<br />

inhaltlich angepasst an den jeweiligen Betrieb<br />

und seine Mitarbeiter*innen. Die Kurskoordinatorinnen<br />

der GemNova Akademie stimmen sich<br />

dazu eng mit den Unternehmen ab.<br />

Am Ende des Firmenkurses bekommen alle<br />

Teilnehmer*innen ein Zertifikat, dass ihre Teilnahme<br />

an dieser sprachbezogenen Weiterbildung<br />

bestätigt. Sie haben damit nicht nur ein<br />

wertvolles Papier in der Hand. Indem Unternehmen<br />

ihre Mitarbeiter*innen weiterbilden, zeigen<br />

sie ihnen gegenüber Wertschätzung und Vertrauen<br />

und stellen eine vertiefte Bindung her.<br />

Firmendeutschkurse können somit nicht nur<br />

das Vermittlungshemmnis reduzieren, sondern<br />

auch das „Haltepotenzial“ erhöhen.<br />

Was braucht das<br />

Personal?<br />

Es ist wichtig zu wissen, auf welchem<br />

Sprachniveau sich die einzelnen Mitarbeiter*innen<br />

befinden, weshalb die Deutschtrainer*innen<br />

sie in einem standardisierten<br />

Verfahren einstufen. Je nach Ergebnis können<br />

mehrere Gruppen gebildet (z. B. eine Gruppe<br />

für Anfänger*innen, eine für Fortgeschrittene)<br />

oder Formen der Binnendifferenzierung<br />

erarbeitet werden.<br />

Wann findet der<br />

Kurs statt?<br />

Ganz einfach: Das jeweilige Unternehmen legt<br />

die Kurszeiten fest. Je nach Dienstzeiten können<br />

auch Parallelkurse (vor- und nachmittags)<br />

oder Kurse mit an Wechselschichtzeiten angepassten<br />

(sich wöchentlich ändernden) Kurszeiten<br />

organisiert werden.<br />

Was passiert<br />

im Kurs?<br />

Auf Grundlage der Bedarfserhebung<br />

und der Einstufung werden<br />

Unterrichtsmaterialien erstellt.<br />

Die Übungen und Aufgaben<br />

haben den Schwerpunkt auf der<br />

mündlichen Kommunikation.<br />

Die Mitarbeiter*innen erproben<br />

mittels situationsbezogener<br />

Übungen das Sprechen.<br />

Welche<br />

Förderungen<br />

gibt es?<br />

Es wird umfassende<br />

Beratung und Unterstützung<br />

bei der Beantragung<br />

von Förderungen für Firmensprachkurse<br />

geboten.<br />

Wo findet der<br />

Kurs statt?<br />

Der Kurs kann direkt<br />

im Betrieb oder in<br />

betriebsnah gelegenen<br />

Räumlichkeiten stattfinden.<br />

Die GemNova Akademie<br />

unterstützt auch<br />

gerne bei der Organisation<br />

eines passenden<br />

Kursraums.<br />

FAQs zu Firmendeutschkursen<br />

• Die gemeinsame Unterrichtssprache<br />

ist immer Deutsch – es<br />

können also Personen aus verschiedensten<br />

Herkunftsländern<br />

teilnehmen.<br />

• Es werden in den Kursen auch<br />

Dialektausdrücke gelernt und<br />

geübt, damit sich die Fachkräfte<br />

bestmöglich in Tirol zurechtfinden.<br />

• Die Übungen können so differenziert<br />

werden, dass Personen<br />

aus unterschiedlichen Abteilungen<br />

am selben Kurs teilnehmen<br />

können.<br />

• Die Übungen können so differenziert<br />

werden, dass Personen<br />

mit unterschiedlich hohen<br />

Sprachkompetenzen am selben<br />

Kurs teilnehmen können.<br />

ZUR AUTORIN<br />

ÁGNES SCHIN, MA<br />

Ágnes Schin ist Gymnasiallehrerin<br />

für Geschichte, DaF-Lehrerin und<br />

ausgebildete Mentaltrainerin. Für interessierte<br />

Unternehmen steht sie als<br />

Ansprechpartnerin für Deutschkurse<br />

zur Verfügung.<br />

Kontakt:<br />

a.schin@gemnova.at


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85<br />

Israa, Antonio<br />

und Marlene<br />

An Tirols Pflichtschulen steigt der Bedarf an Freizeitpädagog*innen und Schulassistent*innen massiv<br />

an. Doch was macht man in diesem Beruf eigentlich, wie sieht die Arbeit mit den Schüler*innen<br />

konkret aus? Wir haben mit drei Fachkräften – allesamt bei der GemNova beschäftigt – gesprochen;<br />

sie geben uns Einblicke in ihr Leben, erzählen uns von ihrer tagtäglichen Arbeit.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Geboren bin ich, Israa Ali, in Zams, aber aufgewachsen<br />

bin ich in Kairo, also in Ägypten.<br />

Mein Vater lebt schon seit über 36 Jahren<br />

hier in Tirol, ich selbst bin erst 2012 nach<br />

Innsbruck übersiedelt. Hier in Österreich<br />

gibt es einfach viel mehr Möglichkeiten auf<br />

eine bessere Zukunft. Zuerst habe ich in<br />

Innsbruck als Verkäuferin gearbeitet, in<br />

einer Bäckerei. Das war nicht immer<br />

ganz leicht, weil ich aufgrund meines<br />

Glaubens ein Kopftuch trage. Da hat<br />

es dann immer wieder die eine oder<br />

andere dumme Bemerkung gegeben,<br />

ja, ich wurde auch diskriminiert. Das<br />

tut weh, sehr weh. Aber mein Kopftuch<br />

würde ich für nichts auf der<br />

Welt abnehmen.<br />

Mittlerweile arbeite ich halbtags<br />

als Freizeitpädagogin in der Volksschule<br />

Altwilten und in der Mittelschule<br />

Leopoldstraße in Innsbruck.<br />

Ich betreue bis zu 19 Kinder. Das ist<br />

eine kunterbunte Klasse, die Kinder<br />

kommen aus unterschiedlichen Ländern,<br />

etwa aus Serbien, Syrien, der<br />

Türkei. Natürlich sprechen wir hier<br />

nur Deutsch, spielen sehr viel. Ich<br />

versuche, mit den Kindern das<br />

Israa Ali<br />

zu machen, was ihnen gefällt, was sie interessiert;<br />

backen oder kochen in der Küche<br />

oder etwas basteln. Meist sind wir aber<br />

im Freien, zum Beispiel am Tivoli, wo wir<br />

unseren Bewegungsdrang ausleben können.<br />

Da wird getanzt, gespielt, getollt, gelacht.<br />

Einmal hab ich mit den Kindern so eine Vorstellungsrunde<br />

gemacht: Wer bin ich, woher<br />

komme ich, was mag ich? Da geht es auch<br />

darum, Selbstbewusstsein zu zeigen, zu sich<br />

zu stehen. Das hat uns allen total gefallen,<br />

die Kinder haben sich unglaublich gefreut<br />

darüber. Das freut dann auch mich sehr.<br />

Mir selbst ist Bildung, Ausbildung sehr<br />

wichtig. Die Matura hab ich noch in Ägypten<br />

gemacht. Hier in Tirol hab ich erst im März<br />

einen Kurs für Office Management abgeschlossen.<br />

Außerdem bin ich Fachdolmetscherin<br />

für Arabisch-Deutsch. Meinen jetzigen<br />

Mann Ali hab ich in Kairo kennengelernt,<br />

vor vier Jahren ist er dann wegen mir nach<br />

Innsbruck gezogen. Im Oktober werde ich<br />

26, Deutsch spreche ich fast genauso gut<br />

wie Arabisch. Ich höre gerne orientalische<br />

Musik, lese arabische Romane, schaue mir<br />

englische und deutsche Filme an.<br />

Antonio<br />

Arocha Gonzales<br />

Wie du an meinem Namen siehst, komme<br />

ich aus Spanien. Genau genommen aus<br />

Cadiz, in der Region Andalusien. Eine<br />

wirklich sehr schöne Gegend. Mit 30 bin ich<br />

nach Innsbruck gezogen, mittlerweile lebe<br />

ich schon über zwölf Jahre hier. Anfangs<br />

wollte ich nur Deutsch lernen, dann hab<br />

ich hier in Tirol auch zu arbeiten begonnen.<br />

Ich habe unter anderem am Stubaier<br />

Gletscher gearbeitet, bei Speditionen, im<br />

Sales-Bereich – vor allem im Büro.<br />

Seit September des Vorjahres arbeite ich<br />

Vollzeit bei der GemNova. Vormittags als<br />

Schulassistent, nachmittags als Freizeitpädagoge.<br />

Immer in einer anderen Volksschule.<br />

Ich bin „Springer“, das heißt, wenn<br />

jemand plötzlich erkrankt, springe ich ein.<br />

Da klingelt dann um sieben Uhr in der<br />

Früh das Telefon und es heißt: Du, Antonio,<br />

kannst du bitte an diese oder jene Schule<br />

gehen, dich bei der Direktorin melden<br />

und mit dem Lehrer sprechen? Natürlich<br />

werden sie schon vorher infor miert, dass<br />

ich komme. Außerdem habe ich auch eine<br />

Stammschule, die Volksschule Hötting<br />

West.<br />

„Ich versuche mit<br />

den Kindern zu<br />

machen, was ihnen<br />

gefällt.“<br />

Als Schulassistent betreue ich vormittags<br />

immer ein einzelnes Kind mit erhöhtem<br />

Unterstützungsbedarf. Das Wichtigste dabei<br />

ist, eine persönliche Ebene zum Kind aufzubauen,<br />

Vertrauen zu schaffen, unterstützend und<br />

helfend tätig zu sein. Natürlich reagiert jedes<br />

einzelne Kind unterschiedlich: Es gibt lebhafte<br />

und ganz ruhige Kinder, das eine spricht, das<br />

andere schweigt. Dann die Frage, woher kommt<br />

das Kind, mit welcher Muttersprache, welcher<br />

Kultur ist es aufgewachsen?<br />

Oftmals reicht es, einfach neben diesem Kind<br />

zu sitzen, Wärme und Zuneigung auszustrahlen.<br />

Dann kommt es aber auch vor, dass sich drei<br />

Schüler*innen mit ihren drei Schulassistent*innen<br />

in einen eigenen Raum zurückziehen, um<br />

dort gemeinsam etwas zu lesen. Dann gibt es<br />

Schulen, Klassen, in denen zweisprachig unterrichtet<br />

wird. In der Volksschule Saggen etwa<br />

Englisch und Deutsch, in Altwilten und Innere<br />

Stadt etwa Italienisch und Deutsch. Das ist<br />

dann gleich eine noch größere Herausforderung,<br />

macht mir aber sehr großen Spaß. Seit September<br />

war ich an 13 verschiedenen Volksschulen<br />

im Einsatz, da ist Abwechslung garantiert.<br />

Und ja, jede Schule ist eine eigene Welt.<br />

„Jede Schule<br />

ist eine eigene<br />

Welt. Darauf<br />

gilt es sich<br />

einzustellen.“


86 tirol.bildet<br />

Marlene Froidl<br />

Ich bin Teil des Koordinationsteams der<br />

GemNova. Die gegenseitige Hilfe wird da<br />

ganz, ganz groß geschrieben. Wir sind<br />

zehn Koordinator*innen, betreuen insgesamt<br />

rund 500 Kolleg*innen. Also all jene,<br />

die als Freizeitpädagog*innen oder als<br />

Schulassistent*innen für die Gemeinden,<br />

für die Pflichtschulen im Einsatz sind. Bei<br />

uns gilt wirklich, dass die gesamte Kette<br />

nur so stark ist, wie das schwächste<br />

Glied. Und wir sind stark, wirklich stark.<br />

Ich selbst habe bei der GemNova schon<br />

2017 begonnen. Damals noch als Schulassistentin<br />

und Freizeitpädagogin. Ich<br />

war also an den Schulen, habe mit den<br />

Kindern tagtäglich gearbeitet, kenne<br />

die unterschiedlichsten Situationen aus<br />

eigener Erfahrung. Dadurch weiß ich sehr<br />

genau, wo der Schuh drückt, welche Herausforderungen<br />

es gibt. Seit fast zwei<br />

Jahren bin ich jetzt als Koordinatorin tätig,<br />

organisiere, berate, teile ein. In dieser<br />

Funktion bin ich für rund 40 Personen<br />

zuständig, vor allem im Oberland und im<br />

Unterland.<br />

Meine ersten Ansprechpartner sind die<br />

Gemeinden, meist die Bürgermeister*innen<br />

und die Amtsleiter*innen. Diese<br />

melden mir ihren Bedarf, das heißt, wie<br />

viele Freizeitpädagog*innen, wie viele<br />

Schulassistent*innen an den jeweiligen<br />

Schulen ihrer Gemeinde benötigt werden.<br />

Dann beginnt bei uns die Personalsuche.<br />

Entweder greifen wir auf Leute aus<br />

unserem Pool an Bewerber*innen zurück<br />

oder wir schreiben gewisse Stellen neu<br />

aus.<br />

Der nächste Schritt: Ich führe mit den Bewerber*innen<br />

das Erstgespräch, beantworte Fragen,<br />

informiere über die Aufgaben. Wenn das<br />

passt, stellen wir den Kontakt zur Schulleitung,<br />

also zur Direktion her. Wenn die Kandidat*innen<br />

dann an den Schulen ihren Einsatz<br />

beginnen sollen, werden sie bei der GemNova<br />

angestellt . Na ja, und dann geht die eigentliche<br />

Arbeit für die Schulassistent*innen und<br />

Freizeitpädagog*innen erst richtig los.<br />

Mein Job dabei: Ich sorge für die jeweilige Einteilung<br />

an den Schulen, organisiere kurzfristig<br />

Krankenstands- und Ausfallvertretungen.<br />

Dabei kann es ziemlich dynamisch zugehen,<br />

mitunter auch super stressig. Flexibilität und<br />

Spontaneität stehen da schon ganz oben.<br />

Unsere Kolleg*innen erhalten unbefristete<br />

Dienstverträge, allerdings mit dem Zusatz,<br />

dass der Arbeitsort von Jahr zu Jahr wechseln<br />

kann – je nach Bedarf, aber das ist ja klar. Die<br />

Nachfrage nach Betreuer*innen an Schulen<br />

hat in den vergangenen Jahren stark<br />

zugenommen. Wir haben mittlerweile eine<br />

gute Reputation, über die Mundpropaganda<br />

werden wir stark nachgefragt. So etwas freut<br />

uns natürlich, auch weil es eine Anerkennung<br />

unserer Arbeit ist.<br />

Noch zu meiner Person: Ich komme aus<br />

Innsbruck, habe hier 2016 mein Pädagogikstudium<br />

abgeschlossen. Meine Tochter ist<br />

bereits erwachsen, somit kann ich meine<br />

Hobbies intensiv ausleben. Ich bin ein geselliger<br />

Mensch, auch sehr naturverbunden, bin<br />

gerne mit dem Bike unterwegs, im Winter<br />

auch mit Tourenski. Außerdem reise ich sehr<br />

gerne, am liebsten mit unserem Bus.<br />

„Wir sind ein<br />

starkes Team und<br />

helfen uns gerne<br />

gegenseitig.“<br />

Wasser-Serv ces für Gemeinden<br />

Wasser ist ein kostbares Gut, die Trinkwasserversorgung eine unserer wichtigsten Aufgaben. Um die hohe Qualität von Wasser dauerhaft sicherzustellen<br />

sowie das Leitungsnetz laufend instand zu halten bzw. zu erweitern, bietet die IKB folgende Dienstleistungen für Gemeinden an:<br />

Erkennung von Wasserverlusten<br />

Bereits ein kleines Wasserleck von einem Liter pro Sekunde verursacht<br />

einen Wasserverlust von rund 31.000 Kubikmetern pro Jahr.<br />

Sofern das Leck unerkannt bleibt, geht beim aktuellen Wasserpreis<br />

Trinkwasser im Wert von 30.000 Euro sprichwörtlich den<br />

Bach hinunter. Mit der innovativen Wasserverlustanalyse lassen<br />

sich Wasserlecks im Rohrnetz in sehr kurzer Zeit feststellen. Durch<br />

den Einsatz digitaler Geräuschpegellogger kann man Leckbereiche<br />

besser und schneller eingrenzen, Wasserverluste minimieren<br />

und Kosten sparen. Planung, Installation, Durchführung und digitale<br />

Auswertung erfolgen durch die IKB.<br />

Reinigung und Desinfektion<br />

In Trinkwasserbehältern und Quellfassungen lagern sich über<br />

die Jahre häufig Kalk, Sand und Korrosionsschichten ab, die die<br />

Wasserqualität beeinträchtigen. Mit der Reinigung und Desinfektion<br />

von Speicherbehältern und Quellfassungen sorgen wir<br />

dafür, dass im Sinne einer gesicherten Trinkwasserversorgung der<br />

Zustand von Trinkwasseranlagen hygienisch einwandfrei ist. Wir<br />

beseitigen Ablagerungen und Einträge nachhaltig und erhöhen die<br />

Lebensdauer der Anlage somit deutlich.<br />

Unsere Leistungen<br />

Leitungs- bzw. Leckortung<br />

Rund 10 Prozent der ins Rohrnetz eingespeisten Wassermenge<br />

gehen verloren. Die punktgenaue Ortung von erdverlegten<br />

Leitungen sowie vorhandenen Leckstellen bei allen gängigen<br />

Wasserleitungsmaterialien ist Voraussetzung für deren rasche und<br />

effiziente Behebung. Als kommunales Dienstleistungsunternehmen<br />

sind wir da, wenn für das Wasserleitungsnetz rasche Verfügbarkeit<br />

und eine hohe Problemlösungskompetenz erforderlich ist. Der Aufgrabungsbereich<br />

wird von uns vor Ort markiert und abschließend<br />

wird ein digitales Messprotokoll übergeben.<br />

Kamera-Inspektion von Quellen<br />

Eine schnelle Identifikation der Ursache von Mängeln in Quellfassungsanlagen<br />

und deren gezielte Beseitigung sind entscheidend<br />

für die Erhöhung der Lebensdauer unserer Wasserquellen. Rückgänge<br />

von Quellschüttungen sowie Sand und sonstige Einträge im<br />

Trinkwasser müssen dringend analysiert werden. Mit einer trinkwassertauglichen<br />

Spezialkamera können wir Quellfassungen inspizieren<br />

und die Ursachen für Veränderungen in der Wasserqualität<br />

sowie für Schüttungsrückgänge feststellen. Zudem können wir den<br />

örtlichen Verlauf von Quellästen exakt erfassen und somit eine einwandfreie<br />

Trinkwasserversorgung in der Gemeinde sicherstellen.<br />

• Bereitschaftsdienst rund um die Uhr,<br />

an 365 Tagen im Jahr für Sie erreichbar<br />

• Ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />

• Rasche Verfügbarkeit unseres Fachpersonals<br />

• IKB als regionale Partnerin vor Ort<br />

IKB Kontakt<br />

Innsbrucker Kommunalbetriebe AG<br />

Geschäftsbereich Wasser<br />

0512 502-7411<br />

wasser@ikb.at


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tirol.bildet<br />

89<br />

FERIEN MIT DER GEMNOVA<br />

Osterferien. Sommerferien. Herbstferien. Weihnachtsferien. Semesterferien. Im Laufe eines Schuljahres<br />

gibt es für Kinder viele Möglichkeiten, an Ferienbetreuungen teilzunehmen, die von der<br />

GemNova im Auftrag der Gemeinden organisiert und durchgeführt werden.<br />

Eine aktuelle Bestandsaufnahme aus Kufstein.<br />

haben nebenbei einiges zur Arbeit von<br />

Glasmacher*innen erfahren. Ebenfalls<br />

ein wichtiger Aspekt: Den Kindern soll<br />

der persönliche Kontakt mit Kufsteiner<br />

Maler*innen, Künstler*innen, Schriftsteller*innen<br />

oder Sportvereinen ermöglicht<br />

werden.<br />

„Kinder sind so vielseitig interessiert. Wir<br />

wollen ihre Kompetenzen fördern und stärken,<br />

ihnen auch die Augen für Neues öffnen,<br />

Mut und Vertrauen vermitteln. Darum bieten<br />

wir diese Kombination aus Bewegung, Spaß<br />

und Kreativität an“, erklärt Christiane Mayer.<br />

Ganz in diesem Sinne zeigten etwa die beiden<br />

Coaches des Eishockeyclubs „Kufstein<br />

Dragons“, wie man sich am Eis richtig be ­<br />

wegt. Und nachdem die Kinder anschließend<br />

recht hungrig waren, gab es gleich ein gutes<br />

Mittagessen in der Eisarena. Ebenfalls am<br />

Programm: ein Basketball-Schnupperkurs<br />

bei den „Pirlo Kufstein Towers“, einige Tanzeinheiten<br />

bei fit4all und ein kleiner Malkurs<br />

bei der Künstlerin Martina Stöckl.<br />

Worauf die Diplom-Sozialpädagogin der<br />

GemNova ebenfalls sehr großen Wert legt,<br />

ist das soziale Miteinander: „Wie reden wir<br />

miteinander, wie gehen wir miteinander<br />

um, wie können wir uns gegenseitig unterstützen,<br />

uns helfen? Das sind alles Punkte,<br />

die natürlich auch in unser Programm einfließen.“<br />

Übrigens: Derzeit basteln Mayer<br />

und ihr Team gerade am Programm<br />

für die Sommerferien in Kufstein. Was<br />

dabei alles auf die Kinder wartet, wird<br />

noch nicht verraten.<br />

Die Gemeinde – Lebensmittelpunkt der<br />

Familien<br />

Heutzutage ist es nicht mehr für alle<br />

Familien möglich, dass ein Elternteil bei<br />

den Kindern zu Hause bleibt. Daher wird<br />

der Ruf nach einer ganzjährigen Kinderbetreuung<br />

immer lauter und stellt<br />

auch Gemeinden vor Herausforderungen.<br />

Daher unterstützt die GemNova mit<br />

dem Verein GEMeinsam Ferien Gemeinden<br />

dabei, eine Kinderbetreuung in den<br />

Schulferien zu organisieren. Was für Sandra<br />

Wimmer, Projektkoordinatorin von<br />

GEMeinsam Ferien, in diesem Zusammenhang<br />

sehr wichtig ist, ist die hohe<br />

Flexibilität: „Jede Gemeinde ist einzigartig.<br />

Deshalb gibt es auch kein Produkt,<br />

das jeder Gemeinde übergestülpt<br />

werden kann. Entsprechend bekommt<br />

jede Gemeinde ein für sie maßgeschneidertes<br />

Angebot der Ferienbetreuung.“<br />

Diese Flexibilität für die Gemeinden<br />

basiert darauf, dass entweder einzelne<br />

Module wie das Personalmanagement<br />

gebucht werden können oder ein Rundum-sorglos-Paket,<br />

bei welchem von der<br />

Anmeldung, Planung und Durchführung<br />

des pädagogischen Programmes über die<br />

Förderberatung oder Vertretungsorganisation<br />

im Krankheitsfall bis hin zur finalen<br />

Abrechnung alles übernommen wird.<br />

Ziel ist es, gemeinsam mit den Gemeinden<br />

eine lokale, preiswerte und qualitativ<br />

hochwertige Betreuung zur Verbesserung<br />

der Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie anzubieten. Mit dem Angebot<br />

einer pädagogisch wertvollen Betreuung<br />

setzt die Gemeinde ein wichtiges Zeichen<br />

und gewinnt an Familienfreundlichkeit.<br />

GEMeinsam Ferien erleben in Gemeinden<br />

– dem Lebensmittelpunkt der Familien.<br />

ZUR AUTORIN<br />

NATHALIE PEDEVILLA, BA<br />

Nathalie Pedevilla ist seit 2019 Freizeitbetreuerin.<br />

Die 25-jährige Psychologie-Studentin<br />

ist seit den Weihnachtsferien<br />

als Betreuerin im Rahmen des<br />

Ferienexpress in Kufstein tätig.<br />

Christiane Mayer ist seit rund drei Jahren<br />

bei der GemNova tätig. Aufgewachsen in<br />

Hopfgarten im Brixental beschäftigt sich<br />

die Diplom-Sozialpädagogin derzeit vor<br />

allem mit der Organisation der Ferienbetreuung<br />

in Kufstein, besser gesagt,<br />

mit dem Ferienexpress. Allein in den<br />

Weihnachts-, Semester- und Osterferien<br />

wurden in Kufstein bisher stolze 763<br />

Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren<br />

betreut.<br />

„Es ist uns gelungen, ein wirklich<br />

abwechslungsreiches, interessantes, für<br />

die Kinder höchst spannendes Programm<br />

zu erstellen. Das Interesse war dementsprechend<br />

groß; in den Weihnachtsferien<br />

haben knapp 230 Kinder, in den<br />

Semesterferien sogar fast 380 Kinder<br />

teilgenommen. Anmeldungen waren und<br />

sind kurzfristig möglich. Das verlangt<br />

natürlich Improvisationstalent“, erklärt<br />

Mayer lächelnd.<br />

Dass der Ferienexpress in Kufstein dermaßen<br />

gut angenommen wird, hängt<br />

natürlich auch mit dem breiten Angebot<br />

für die Kinder zusammen. „Das Team der<br />

GemNova leistet hier wirklich tolle Arbeit<br />

und der Erfolg gibt uns allen Recht“, freut<br />

sich die Kufsteiner Vizebürgermeisterin<br />

und Initiatorin des Projekts, Brigitta Klein.<br />

Worauf sie besonders stolz ist: Die Ferienbetreuung<br />

beginnt bereits um 6:45<br />

Uhr und endet erst um 17:00 Uhr. Damit<br />

komme man arbeitenden Müttern und<br />

Vätern bewusst sehr entgegen.<br />

Lerne deine Stadt kennen<br />

Unter dem Motto „Lerne deine Stadt<br />

kennen“ wird den Schulkindern „ihr“<br />

Kufstein Schritt für Schritt nähergebracht.<br />

So wanderten beim letzten<br />

Ferienexpress die Kinder gemütlich<br />

am Inn entlang nach Ebbs, um eine<br />

Gärtnerei zu besichtigen. Beim Besuch<br />

von Riedel-Glas konnten die Kinder die<br />

spektakuläre Glashütte bestaunen und<br />

Glückliche Kinder beim Ferienexpress in Kufstein. Da wird<br />

gespielt, gesungen, gelacht. Betreuerin Magdalena Anker (links),<br />

Organisatorin Christiane Mayer (Mitte), Betreuerin Nathalie<br />

Pedevilla (rechts) (© Jungmann-Standortmarketing Kufstein)<br />

Hier geht‘s zum Video


90 tirol.bunt und vielfältig tirol.bunt und vielfältig<br />

91<br />

Willkommen in<br />

Tirol<br />

der Stift<br />

lesen<br />

das Heft<br />

gelb<br />

rot<br />

das Schulfach<br />

der Stundenplan<br />

Thaur hat als eine der ersten Gemeinden in Tirol von der Ukraine geflüchtete<br />

Frauen und Kinder aufgenommen. Vom Bürgermeister bis hin zu den einzelnen<br />

Dorfbewohner*innen haben alle engagiert zusammengearbeitet, um den ankommenden<br />

Menschen einen möglichst guten Start in der Gemeinschaft zu bieten.<br />

VON NATALIE NAGL<br />

Die Kinder der Volksschule Kramsach<br />

haben fleißig gesammelt und gebastelt.<br />

(© GemNova)<br />

blau<br />

schreiben<br />

grün<br />

Wie der Thaurer Bürgermeister Christoph<br />

Walser im Interview erklärt (siehe<br />

QR-Code), hat Thaur schon sehr lange<br />

eine Beziehung zu ukrainischen Fa milien<br />

im Ort. Viele Männer arbeiteten<br />

bis Kriegsbeginn als Erntehelfer in der<br />

Gemeinde. Als die Männer den militärischen<br />

Dienst antreten mussten,<br />

haben die ansässigen Landwirte und<br />

Landwirtinnen die Aktion gestartet, die<br />

Frauen und Kinder ihrer Erntehelfer nach<br />

Tirol zu holen. Für die ankommenden<br />

Menschen wurde gespendet, gesammelt,<br />

es wurden Unterkünfte, Schul- und Kindergartenplätze<br />

oder auch Deutschkurse<br />

organisiert – und das alles in Rekordzeit.<br />

Was Rekordzeit bedeutet, lässt sich gut<br />

am Beispiel der Deutschkurse zeigen.<br />

zwei<br />

Interview mit Bürgermeister<br />

Christoph Walser aus Thaur<br />

Dienstag<br />

drei<br />

der Zug<br />

das Gemeindeamt<br />

Mittwoch<br />

eins<br />

der Kindergarten<br />

der Meldezettel<br />

Montag<br />

Ad-hoc-Deutschkurse<br />

Eine der ersten und wichtigsten Maßnahmen<br />

für Bürgermeister Christoph Walser<br />

war die Organisation von Deutschkursen<br />

für die ukrainischen Kinder und Jugendlichen,<br />

damit sie so schnell wie möglich<br />

in der Schule und im Kindergarten integriert<br />

werden können. So bekam die<br />

GemNova Akademie an einem Montag<br />

Anfang März eine Nachricht vom Thaurer<br />

Amtsleiter Wolfgang Winkler mit der<br />

Bitte um schnellstmögliche Organisation<br />

von Deutschkursen für die kommenden<br />

zwei Wochen. Gesagt. Getan. Keine 24<br />

Stunden später, am Dienstag, fanden sich<br />

Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 20<br />

Jahren sowie die Deutschtrainer*innen der<br />

GemNova Akademie in den Räumlichkeiten<br />

des Radfahrvereins Thaur ein, um den<br />

organisatorischen Rahmen abzustecken,<br />

sich kennenzulernen und um bereits erste<br />

deutsche Wörter zu lernen. Wenige Zeit<br />

später wurde zudem ein Deutschkurs an<br />

mehreren Samstagen für ca. 40 ukrainische<br />

Frauen organisiert. Ziel dieser Kurse<br />

war es, die geflüchteten Personen sprachlich<br />

zu unterstützen, damit sie sich in<br />

Tirol bestmöglich zurechtfinden und einleben<br />

können. Dementsprechend lag der<br />

Fokus auf der Vermittlung von Begriffen<br />

und Redemitteln, die in der Schule, beim<br />

Einkaufen, in Kontakt mit Behörden, beim<br />

Arzt und ganz allgemein im Alltag wichtig<br />

sind.<br />

Mit vollem Einsatz dabei – die<br />

Deutschtrainer*innen der GemNova<br />

Akademie (© GemNova)<br />

der Supermarkt<br />

der Bus<br />

der Arzt<br />

Unterstützung für die Kleinsten<br />

Sehr schnell reagieren musste man auch<br />

im Kindergarten Thaur, wie die Leiterin<br />

Simone Stebegg erzählt: „In den Kindergarten<br />

Thaur zogen in den letzten Wochen<br />

24 ukrainische Flüchtlingskinder ein. Teilungsräume<br />

und Vereinsräume wurden zu<br />

Räumen der Begegnung umgestaltet. Die<br />

Hilfsbereitschaft war groß. So hatten wir<br />

nicht nur das Glück einen Raum anbieten<br />

zu können, sondern auch Menschen,<br />

welche die Kinder in dieser schweren Zeit<br />

abholen und begleiten konnten. In guter<br />

Zusammenarbeit mit der GemNova<br />

und mit Unterstützung von zwei pensionierten<br />

Kindergartenpädagoginnen und<br />

russisch sprechenden Frauen hatten wir<br />

die Möglichkeit, für die Kinder einen Ort<br />

des Ankommens, des Kennenlernens und<br />

des Friedens zu schaffen.“<br />

Natürlich ist es wichtig, den administrativen<br />

und organisatorischen Rahmen für<br />

die Betreuung der Kinder zu schaffen,<br />

aber die Herausforderungen auf emotionaler<br />

Ebene dürfen dabei nicht vergessen<br />

werden, wie Stebegg ergänzt:<br />

„Trauer, Sorge, Angst und Frustration<br />

waren deutlich spürbar. Auch wir hatten<br />

Sorge, dieser neuen Situation nicht<br />

gewachsen zu sein. Rückblickend ist<br />

es uns aber sehr gut gelungen, die Kinder<br />

täglich abzuholen und zu unterstützen.<br />

Die Kinder fühlen sich wohl und besuchen<br />

sehr gerne ihre Gruppe.“<br />

Eine ganz besondere Willkommensgeste<br />

kam von den Schüler*innen der Volksschule<br />

Kramsach. Sie haben bei ihrem<br />

Bücher-Flohmarkt Spenden für geflüchtete<br />

ukrainische Familien in Tirol gesammelt<br />

und Sorgenpüppchen gebastelt. Ein Teil<br />

der Spenden in Form von Gutscheinen<br />

und ein paar Sorgenpüppchen erreichten<br />

auch die Kindergartenkinder in Thaur. „In<br />

der Gemeinschaft wurden die Sorgenpüppchen<br />

den Kindern übergeben. Dabei<br />

wurde nicht nur die Freude sichtbar, die<br />

Püppchen gaben ihnen auch die Möglichkeit<br />

mit Ängsten und Sorgen umzugehen“,<br />

so Stebegg.<br />

Willkommenskultur wird in Thaur also<br />

großgeschrieben. Ohne dem Engagement<br />

des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten<br />

(vom Amtsleiter bis zur Kindergartenleiterin),<br />

der örtlichen Vereine und<br />

speziell der Bürger*innen, die mit Sachund<br />

Geldspenden unterstützt haben, wäre<br />

es für die Menschen aus der Ukraine kein<br />

halb so guter Start hier in Tirol gewesen.<br />

Große Freude über die Sorgenpüppchen<br />

bei den ukrainischen<br />

Kindern (© Kindergarten Thaur)


92 GemNova.Menschen<br />

Oula Aldaly hat in Innsbruck eine neue<br />

Heimat gefunden. Ihre Flucht vor dem<br />

Bürgerkrieg in Syrien ist Vergangenheit,<br />

Tirol und ihre beiden Kinder die Zukunft.<br />

(© GemNova)<br />

GemNova.Menschen<br />

93<br />

„Darüber möchte ich<br />

eigentlich nicht reden.“<br />

2015 flüchteten hunderttausende Menschen vor dem Bürgerkrieg in Syrien.<br />

Oula Aldaly war eine von ihnen. Heute lebt sie mit ihren beiden Kindern in Innsbruck<br />

und arbeitet als Freizeitpädagogin und Schulassistentin. Hier ist ihre Geschichte.<br />

„Eigentlich möchte ich über all das nicht<br />

mehr reden. In Syrien passieren noch<br />

immer ganz schreckliche Dinge. So viele<br />

Tote, so viel Blut, Elend und Leid. Wenn<br />

ich jetzt die furchtbaren Bilder aus der<br />

Ukraine sehe, kommt das alles wieder<br />

hoch. Ich bin dankbar und glücklich,<br />

dass mir die Flucht vor dem Bürgerkrieg<br />

geglückt ist, dass ich heute hier in Tirol<br />

leben und arbeiten darf.“ Wenn Oula Sätze<br />

wie diese spricht, wird ihre Stimme ganz<br />

leise. Ihr Blick ist nicht mehr auf mich<br />

ge richtet, geht vielmehr in ihr Inneres.<br />

VON REINHOLD OBLAK<br />

Und dann entstehen diese Pausen, in<br />

denen niemand mehr etwas sagt.<br />

Im Oktober 1984 wird Oula in Da maskus,<br />

der Hauptstadt Syriens, geboren. Auch<br />

damals schon gab es im Land immer wieder<br />

Aufstände und Proteste, 1982 etwa das<br />

Massaker von Hama, bei dem tausende<br />

Zivilpersonen starben. Der damalige<br />

syrische Präsident Hafiz-al-Assad baute<br />

seine Machtposition aus, es folg te eine<br />

umfangreiche Verhaftungswelle. In diesem<br />

Umfeld wächst Oula in einer kleinen<br />

durchaus privilegierten Familie auf, der<br />

Vater arbeitet als Hilfs-Ingenieur, die Mutter<br />

als Lehrerin.<br />

„Ich hatte die Möglichkeit in Damaskus<br />

Journalismus zu studieren, hab außerdem<br />

sehr viel gelesen.“ Oula arbeitet als<br />

Designerin im Marketingbereich, kurze<br />

Zeit sogar als Moderatorin im staatlichen<br />

Fernsehen. 2011 nehmen die Proteste<br />

und Aufstände gegen die syrische<br />

Diktatur unter dem Noch-immer-Machthaber<br />

Baschar-al-Assad zu, die Lage wird<br />

immer verworrener, unübersichtlicher, der<br />

Bürgerkrieg immer heftiger. Zuweilen ist<br />

es nahezu unmöglich zu erkennen, welche<br />

Gruppe wofür kämpft. Auch weil sich die<br />

verschiedenen Oppositionsgruppen gegenseitig<br />

bekämpfen.<br />

Folter wird systematisch<br />

eingesetzt,<br />

tausende<br />

Menschen werden<br />

getötet, es gibt<br />

viele Massaker.<br />

Seitdem sind rund<br />

13 Millionen Menschen<br />

innerhalb<br />

und außerhalb des<br />

Landes auf der<br />

Flucht.<br />

Ich hatte Angst um mein Leben.<br />

„Der Bürgerkrieg hat auch unsere Familie<br />

direkt getroffen, bis zu meiner Flucht war<br />

es für mich sehr schwer in Damaskus.“<br />

Oula verliert ihren Job, engagiert sich<br />

als Sozialarbeiterin für Flüchtlinge in<br />

Damaskus, hilft auch in einem Waisenheim<br />

aus. „Ehemalige Arbeitskollegen von<br />

mir kamen ins Gefängnis, zwei von ihnen<br />

sind dort gestorben. Auch ich hatte große<br />

Angst um mein Leben, die Unsicherheit im<br />

Land war riesengroß“, erinnert sich Oula<br />

mit leiser Stimme. „Ich mag diese ganzen<br />

Sachen am liebsten vergessen“, fügt sie<br />

dann noch leiser hinzu.<br />

Ihr jüngerer Bruder Ahmad flüchtete be ­<br />

reits 2011 nach Berlin, studiert dort mittlerweile<br />

Informatik. Im Frühjahr 2015<br />

flieht dann auch ihr Mann nach Österreich,<br />

er kommt letztendlich nach Tirol. „Im<br />

November bin ich dann mit meinem Sohn<br />

Laich und meiner Schwägerin nachgekommen.<br />

Unsere Flucht ging über den Libanon,<br />

die Türkei, Griechenland nach Tirol.<br />

Anfangs haben wir in einem Flüchtlingsheim<br />

in Mieming gewohnt, alles war neu,<br />

ungewohnt. Aber wir waren endlich sicher,<br />

hatten nicht mehr diese große Angst.<br />

Außer in meinen Träumen, da ist dann<br />

alles wieder hochgekommen.“<br />

In Syrien habe ich<br />

Journalismus studiert.<br />

Jetzt arbeite<br />

ich in Tirol als Freizeitpädagogin<br />

und<br />

Schulassistentin.<br />

Und bin zufrieden.<br />

Ihre Eltern, ihre Schwester und ihr älterer<br />

Bruder blieben in Syrien. „Natürlich hat es<br />

da heftige Diskussionen innerhalb unserer<br />

Familie gegeben, letztendlich aber haben<br />

sie meine Flucht akzeptiert. Besonders<br />

für meine Eltern<br />

war das anfangs<br />

nicht ganz einfach<br />

zu verstehen. Viel<br />

mehr möchte ich<br />

dazu gar nicht mehr<br />

sagen.“ In Mieming<br />

beginnt Oula<br />

schon zwei Wochen<br />

nach ihrer Ankunft<br />

Deutsch zu lernen.<br />

Sie will verstehen,<br />

was die Menschen<br />

hier sagen,<br />

will mitreden, Teil ihrer Welt werden. „Ich<br />

bin eine offene, kommunikative Frau, ich<br />

nehme gerne am Leben teil, freu mich<br />

auch darauf, Neues zu lernen und zu verstehen.<br />

Die Sprache ist der erste ganz<br />

wichtige Schlüssel dazu.“<br />

Ein Jahr nach ihrer Ankunft in Tirol,<br />

2016 also, wird ihre Tochter Lara Rita<br />

in Innsbruck geboren, zwei Jahre später<br />

ihre Ehe geschieden. „Ich bin dann mit<br />

meinen beiden Kindern nach Innsbruck<br />

gezogen, hab als Verkäuferin gearbeitet,<br />

damit meinen Lebensunterhalt verdient.<br />

Es war sicher keine ganz einfache Zeit,<br />

als Mama mit zwei<br />

kleinen Kindern,<br />

aber wir haben es<br />

geschafft.“<br />

Mittlerweile arbeitet<br />

Oula ganztags<br />

als Schulassistentin<br />

und Freizeitpädagogin<br />

bei der<br />

GemNova. Und das<br />

bereits seit 2019. Wie sie dazu gekommen<br />

ist, ist wieder eine eigene Geschichte:<br />

„Über eine Freundin hörte ich, dass an<br />

einer Volksschule eine Schulassistentin<br />

gesucht wird. Es gäbe da ein Kind, das<br />

Wer als Flüchtling<br />

ins Land kommt,<br />

startet nicht bei<br />

null. Man startet<br />

unter null.<br />

eine besondere Betreuung braucht.<br />

Klar, das hat mich gleich interessiert. In<br />

weiterer Folge stellte sich heraus, dass<br />

die of fene Stelle genau an jener Volksschule<br />

war, die mein Sohn besucht. Kurz<br />

vor den Ferien spielte mein Sohn in einem<br />

Theaterstück der Schule mit, die Direktorin<br />

war auch dort. Ich bin dann mit ihr<br />

ins Gespräch gekommen, hab sie auf die<br />

offene Stelle angesprochen und dann hat<br />

mich die Direktorin gleich an die GemNova<br />

verwiesen. Nur wenige Tage später hatte<br />

ich dann diesen Job“, erzählt sie heute<br />

lachend.<br />

Seit kurzem unterrichtet Oula zusätzlich<br />

vier Stunden die Woche Arabisch an der<br />

Volkshochschule in Innsbruck. „Meine beiden<br />

Kinder sprechen natürlich Deutsch,<br />

mein Sohn versteht Arabisch recht gut,<br />

meine Tochter redet Arabisch noch besser<br />

als Deutsch.“ Und ja, sie und ihre Kinder<br />

sind in Tirol angekommen, fühlen sich hier<br />

auch zu Hause, sind hier daheim.<br />

Und Syrien? „Durch meine Flucht kann ich<br />

nicht in meine alte Heimat zurückkehren.<br />

Vor zwei Jahren ist mein älterer Bruder<br />

Rabie in Damaskus an einem Herzinfarkt<br />

gestorben. Er war erst 36 Jahre alt.<br />

Für mich gab es keine Möglichkeit zum<br />

Begräbnis zu fahren. Ich muss dir wohl<br />

nicht sagen, wie es mir dabei ergangen<br />

ist.“<br />

Heuer im Herbst<br />

beginnt Oula übrigens<br />

eine Ausbildung zur<br />

Sozialpädagogin. Bildung<br />

ist ihr nach wie<br />

vor sehr wichtig. „In<br />

Syrien hab ich bereits<br />

studiert, hatte<br />

eine gute Ausbildung,<br />

einen interessanten<br />

Job, viele Freunde. All das musste ich mir hier<br />

in Tirol erst wieder aufbauen. Mit meinen<br />

beiden Kindern.“


94 tirol.traditionell<br />

tirol.traditionell<br />

95<br />

Das Wandbild des Heiligen Florians ist eine Schenkung an<br />

die Gemeinde und die Freiwillige Feuerwehr Schlaiten.<br />

(© Sigfried Schusteritsch / Gemeinde Schlaiten)<br />

SchOn<br />

mal vOn<br />

TrOMpel‘Oeil<br />

gehÖrt?<br />

Nein? Vielleicht kennt nicht jede*r den<br />

Begriff, aber wohl nahezu jede*r hat ein<br />

Trompe-l‘oeil schon einmal irgendwo<br />

gesehen – ob im Schwimmbad, im Foyer<br />

eines Hotels oder an einer Hauswand.<br />

Die Rede ist von Illusionsmalerei, eine<br />

Form der Wandmalerei. Trompe-l‘oeil<br />

(gesprochen: Tromp‘löh) ist Französisch<br />

und heißt so viel wie „Täusche<br />

das Auge“, weil diese Bilder eine Dreidimensionalität<br />

vermitteln, die nicht<br />

vorhanden ist.<br />

VON<br />

JAN SCHÄFER<br />

In Tirol gibt es nur wenige Maler*innen,<br />

die diese Kunst in Perfektion beherrschen.<br />

Einer von ihnen ist der Osttiroler Malermeister<br />

Sigfried Schusteritsch, genannt<br />

Sigi. Wenn man ihn das erste Mal in seinem<br />

Malerberufsgewand trifft und er sich<br />

bescheiden mit „Sigi Schusteritsch, Malermeister<br />

aus Schlaiten“ vorstellt, wird man<br />

eher an klassische Malerarbeiten denken<br />

als an Kunstwerke. Im Prinzip ist das<br />

durch aus der richtige Gedankengang. Denn<br />

der Osttiroler hat einen eigenen Fachbetrieb<br />

für Malerarbeiten jeglicher Art. Dazu<br />

zählen eben diese Wandmalereien, die<br />

Sigfried<br />

Schusteritsch<br />

von Lüftl- über Ornament- bis Illusionsmalerei<br />

reichen. Der Schlaitener macht<br />

darum kein großes Aufheben. Für ihn sind<br />

diese Bilder und Ornamente nichts weiter<br />

als Malerfacharbeiten. Aber genau diese<br />

zeichnen den Malermeister aus und haben<br />

ihn über die Jahre zu einer Institution in<br />

Osttirol werden lassen.<br />

Vom geistigen Auge über Fixpunkte<br />

entstehen großflächige Wandmalereien<br />

Eine besondere Ausbildung für Trompe-l‘oeil-Malereien<br />

hat er nicht. „Ich habe<br />

ganz normal den Beruf des Malers erlernt.<br />

Illusionsmalerei, wie auch plastische<br />

Malerei und Architekturmalerei bildeten<br />

Schwerpunkte in dieser Ausbildung. Das<br />

war’s eigentlich“, erinnert sich Sigi. Dass<br />

eines Tages gegen Ende der Lehrzeit sein<br />

Interesse für diese Facharbeiten geweckt<br />

wurde, ist einem TV-Beitrag zu verdanken.<br />

Gezeigt wurde das Portrait eines Illusionsmalers,<br />

der sich durch enorme Nachfrage<br />

die Aufträge aussuchen und damit das<br />

tun konnte, wozu er Lust hatte. Da Sigi ein<br />

kreativer Mensch ist, der Freude an der<br />

Arbeit mit Farben und den sich dadurch<br />

ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten<br />

hat, wollte er ebenfalls in diese Richtung<br />

gehen. Allerdings gab es anfangs keine<br />

Nachfrage. Wollte Sigi plastische Motive<br />

im Rahmen von Malerarbeiten einbringen,<br />

musste er die Kundinnen und Kunden<br />

direkt darauf ansprechen. Die Zeit war<br />

dafür noch nicht reif. Schließlich war es<br />

der Zufall, der dem Malermeister den<br />

ersten Auftrag für illusionistische Raumgestaltung<br />

brachte. Der Besitzer einer Pension<br />

im Ort hatte im Spa eines Hotels in<br />

Nordtirol perspektivische Landschaftsbilder<br />

gesehen. Das wollte der Pensionsbetreiber<br />

unbedingt auch für seinen eigenen<br />

Wellnessbereich haben und sprach Sigi<br />

darauf an. Für den Osttiroler war das nicht<br />

nur die erste große Wandmalerei, es war<br />

der ersehnte wichtige Referenzauftrag.<br />

„Natürlich ging es danach nicht Schlag auf<br />

Schlag. Aber mit der Zeit sprachen sich<br />

die Arbeiten sowie die Qualität herum“,<br />

erzählt Schusteritsch.<br />

Gefragt, wie seine Wandbilder entstehen,<br />

antwortet Sigi: „Nun, das kommt immer<br />

auf die Situation an. Manchmal kommt<br />

spontan eine Idee durch das Zusammenspiel<br />

von Raum, Licht, Architektur und<br />

dem, was zur Persönlichkeit des Kunden<br />

passt. Ich lasse mich dabei durch das Bild<br />

leiten, das ich vor meinem geistigen Auge<br />

habe, bis sich alles real zusammengefügt<br />

hat. Zur Orientierung dienen mir lediglich<br />

ein paar Fixpunkte, die ich zu Beginn der<br />

Arbeiten auf die zu gestaltende Wand<br />

auftrage. Aber genauso mache ich mir<br />

Gedanken vorab und zeichne Skizzen,<br />

wie ein Bild aussehen könnte, wie es in<br />

den Raum passt, wie die perspektivischen<br />

Dimensionen aussehen müssen, welche<br />

Farben in welcher Intensität die Illusion<br />

perfekt machen.“<br />

Beim Entstehen der dreidimensionalen<br />

Motive kombiniert der Malermeister verschiedene<br />

Pinsel- und Airbrushtechniken.<br />

Farben spielen dabei eine zentrale<br />

Rolle. Deswegen setzt der Osttiroler auf<br />

Farben aus Naturpigmenten, die aus verschiedensten<br />

Gesteinen und Erden gewonnen<br />

werden. Diese Farben überzeugen<br />

durch ihre Langlebigkeit, Farbechtheit und<br />

Farbintensität.<br />

Ein frisches Floriansbild für die Feuerwehr<br />

der Gemeinde Schlaiten<br />

In 25 Jahren hat Malermeister Schusteritsch<br />

für Pensionen, Hotels und zahlreiche<br />

Privatiers die verschiedensten<br />

dreidimensionalen Motive an Wände<br />

gezaubert. Die Aufträge brachten ihn auch<br />

ins Ausland; nach Italien, in die Schweiz,<br />

nach Deutschland und Frankreich. Und<br />

Gemeinden? Eine einzige! Dazu hat Sigi<br />

eine amüsante Geschichte zu erzählen:<br />

„Vor einigen Jahren siedelten meine Frau<br />

und ich von Lienz nach Schlaiten, wo wir<br />

ein Haus gebaut hatten. Jedes Mal, wenn<br />

ich zu unserem Haus fuhr, kam ich an der<br />

Feuerwehr vorbei. An deren Hausfassade<br />

befand sich ein Floriansbild, an dem der<br />

Zahn der Zeit nagte. Das Motiv wirkte<br />

so ‚blass‘, dass der Künstler in mir wachgerüttelt<br />

wurde.“ Nach Rücksprache mit<br />

dem Feuerwehrkommandanten und dem<br />

Bürgermeister, ob er einen neuen Heiligen<br />

Florian malen dürfe, machte sich Sigi<br />

ans Werk und schenkte es schließlich der<br />

Gemeinde.<br />

Bürgermeister Ludwig Pedarnig erinnert<br />

sich heute noch gern an diese doch<br />

eher ungewöhnliche Anfrage: „Es stimmt,<br />

das Bild des Heiligen Florian am Feuerwehrgebäude<br />

war über die Jahre durch<br />

Witterungseinflüsse in Mitleidenschaft<br />

gezogen worden. Es wurde im Jahre 1990<br />

im Zuge der Errichtung eines Zubaus zum<br />

Feuerwehrgerätehaus angebracht. Das<br />

Angebot von Sigi Schusteritsch, das Bild<br />

als Geschenk für die Kameradschaft der<br />

Freiwilligen Feuerwehr Schlaiten erneuern<br />

zu wollen, wurde daher auch von der<br />

Gemeinde Schlaiten gerne angenommen.<br />

Als Bürgermeister freut es mich natürlich,<br />

wenn sich Bürger*innen so engagieren<br />

und damit auch ihre Verbundenheit<br />

gegenüber der Gemeinde zum Ausdruck<br />

bringen. Es ist schon bemerkenswert,<br />

was Sigi da geleistet hat.“ Für den Malermeister<br />

aus Schlaiten war es nach seinen<br />

Worten keine große Sache. Er hat einfach<br />

Freude am Malen von Bildern auf großer<br />

Fläche, die das Auge täuschen und plastisch<br />

erscheinen. Und wenn man sich Zeit<br />

nimmt und die Arbeiten in Ruhe anschaut,<br />

dann sieht man die Hingabe, mit der diese<br />

Illusionen entstehen.


ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />

Zusammenfinden<br />

Unternehmen benötigen geeignete Standorte und Gemeinden sind auf wirtschaftlich gesunde<br />

Betriebe angewiesen. Daher ist es die vordringlichste Aufgabe von EISENKIES Immobilien und<br />

Projektentwicklung GmbH, als Gewerbe – Projektentwickler, die Anforderungen der anzusiedelnden<br />

Unternehmen mit den Vorstellungen und Möglichkeiten der jeweiligen Gemeinde in Einklang zu<br />

bringen und zusammenzuführen.<br />

Ing. Josef Mair<br />

Geschäftsführer EISENKIES Immobilien<br />

und Projektentwicklung GmbH<br />

(© EISENKIES / DK Fotografie)<br />

Angedachte Nutzungen von Grundstücksflächen,<br />

welche sich einerseits auf Grund<br />

der Lage, der Verkehrsanbindung und<br />

der infrastrukturellen Versorgung als<br />

Gewerbeflächen eignen würden und<br />

andererseits die dazu erforderlichen<br />

Umwidmungen und die raumordnerischen<br />

Genehmigungen benötigen,<br />

führen zwangsweise zu Diskussionen,<br />

welche in den einzelnen Gemeinden<br />

und teilweise in der Öffentlichkeit<br />

ausgetragen werden. Es zeigt sich<br />

bereits zu diesem Zeitpunkt, dass es<br />

durch eine fach- und sachlich zu wenig<br />

vorbereitete Vorgangsweise, unter den<br />

Beteiligten zu einer unterschiedlichen<br />

Beurteilung und Einschätzung der Fakten<br />

kommt. Es besteht dabei die Gefahr,<br />

dass dieser Interessenskonflikt auf<br />

emotionaler Ebene ausgetragen wird<br />

und die Sachlichkeit für das Projekt an<br />

Bedeutung verliert.<br />

Für den Gewerbe – Projektentwickler<br />

gilt daher, mit größtmöglicher Seriosität<br />

und Offenheit von Beginn des Projektes<br />

an, die Gemeinden und Behörden in<br />

die Überlegungen miteinzubeziehen.<br />

Es gilt Verständnis für die Ansiedlung<br />

des Unternehmens, aber auch für die<br />

Rahmenbedingungen der örtlichen und<br />

überörtlichen Raumordnung aufzubringen<br />

– kein einfaches Unterfangen.<br />

Für den Entwickler von Gewerbeprojekten<br />

hat sich einiges geändert: der ganze<br />

Prozess ist aufwendiger, umfangreicher<br />

und zeitlich langwieriger geworden. Man<br />

benötigt viel mehr Zeit und Aufwand,<br />

von der politischen Willensbildung bis<br />

zu dem Punkt, an dem das Projekt<br />

genehmigungsfähig ist. Darauf hat man<br />

sich eingestellt und auch die nötige<br />

Ausdauer dafür.<br />

Diese Entwicklungen erfordern es,<br />

dass das Projekt in seiner Gesamtheit<br />

mit konkreten Projektstudien, Visualisierungen<br />

und fundierten Kennzahlen<br />

präsentiert wird. Ebenso erfolgt in zahl ­<br />

reichen Fällen eine Firmenpräsentation<br />

des ansiedelungswilligen Unternehmens.<br />

Der Bedarf von Gewerbeflächen hat in<br />

den letzten Jahren enorm zugenommen,<br />

was durch die zahlreichen Suchfragen<br />

von inländischen und ausländischen<br />

Unternehmen belegt wird. Bereits beim<br />

Erstkontakt wird eine Grobanalyse der<br />

Anforderungen und Vorstellungen des<br />

suchenden Unternehmens durchgeführt<br />

und dabei schon zu diesem Zeitpunkt<br />

eine Selektierung der möglichen<br />

Standorte erledigt.<br />

Durch die Knappheit von möglichen<br />

Gewerbeflächen hervorgerufen, kommt<br />

es immer öfters vor, dass im Interesse<br />

der Grundstückeigentümer und der<br />

Gemeinde eine Optimierung der Flächen<br />

samt optimaler Verkehrserschließung<br />

eingeleitet wird. Dies erfolgt vielfach<br />

im Rahmen der Baulandumlegung,<br />

bei der die Zusammenarbeit und das<br />

Zusammenfinden von Gemeinde und<br />

Eigentümer noch stärker gefordert<br />

sind. Dieses Verfahren erfordert die<br />

Bereitschaft zu Kompromissen und<br />

Zugeständnissen, bietet aber auch<br />

gleichzeitig die Möglichkeit einer<br />

optimalen Form und Erschließung des<br />

jeweiligen Grundstückes als Voraussetzung<br />

für eine Umwidmung.<br />

In einzelnen Fällen kam es in letzter<br />

Zeit auch zu Kontaktaufnahmen<br />

durch Gemeinden, welche in ihrem<br />

Eigentum eventuell künftig genutzte<br />

Grundstücksflächen haben und diese<br />

einer gewerblichen Nutzung zuführen<br />

wollen. In einem solchen Fall werden<br />

sämtliche vorhandene Suchanfragen<br />

mit den Überlegungen der Gemeinde<br />

abge glichen. Anschließend erfolgt die<br />

Zusammenführung der Interessenten<br />

mit der Gemeinde.<br />

Ziel einer umfassenden Raumordnung<br />

und daher auch einer optimalen<br />

Projektentwicklung muss es sein, die<br />

einzelnen Anforderungen und Aufgaben<br />

bestmöglichst abbilden und umsetzen zu<br />

können, getragen von dem Bewusstsein<br />

mit Grund und Boden sehr behutsam<br />

und vorausblickend vorzugehen. Es<br />

gilt daher mit Feingefühl, Verständnis<br />

und fairer Zusammenarbeit ein<br />

„ZUSAMMENFINDEN“ zu ermöglichen.<br />

Infos und Kontakt:<br />

www.eisenkies-immobilien.at<br />

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IMPRESSUM:<br />

Herausgeber, Medieninhaber<br />

und Verleger: GemNova Dienstleistungs<br />

GmbH | Adamgasse 7a,<br />

A-6020 Innsbruck, office@gemnova.<br />

at, +43 (0) 50 4711, www.gemnova.<br />

at, © <strong>2022</strong>. Herstellung und Druck:<br />

Alpina Druck GmbH, www.alpinadruck.com.<br />

Auflage: 13.000 Stück.<br />

Anzeigenverkauf: Mag. Bernhard<br />

Müssiggang, www.bmw-agentur.at.<br />

Konzept: Mitspieler – Kommunikation<br />

& Gestaltung, www.mitspieler.at.<br />

Gestaltung und Layout: Nathalie<br />

Kirchler. Textkorrekturen: Natalie<br />

Nagl, MA. Redaktionsschluss:<br />

08.06.<strong>2022</strong>. Mit „Entgeltliche Einschaltung“<br />

gekennzeichnete Artikel<br />

sind bezahlte Informationen und<br />

fallen nicht in die Verantwortlichkeit<br />

der Redaktion. Für Satz und<br />

Druckfehler übernehmen wir keine<br />

Haftung.<br />

Tratzbergsiedlung, Jenbach<br />

Multifunktionsgebäude mit 10 Mietwohnungen, 8 Kindergartengruppen,<br />

2 Kinderkrippengruppen, 2 Gewerbeeinheiten<br />

Wohn­ und Pflegeheim Haus Maria, Natters<br />

40 Pflegebetten, 8 Tagesbetreuungsplätze, 14 Einheiten<br />

für betreubares Wohnen, 1 Arztpraxis<br />

Haus der Generationen, Volders<br />

Multifunktionsgebäude mit 13 betreubaren Mietwohnungen,<br />

8 Kindergartengruppen, 4 Kinderkrippengruppen,<br />

Vereinsräumlichkeiten<br />

Die GemNova bemüht sich um eine<br />

gendersensible Sprache in all ihren<br />

Texten. Dies umfasst die Ansprache<br />

nicht nur des männlichen und<br />

weiblichen Geschlechts, sondern<br />

auch des dritten Geschlechts. Dies<br />

sind Personen, die sich nicht in das<br />

binäre Geschlechtssystem „männlich“<br />

und „weiblich“ einordnen lassen<br />

(wollen).<br />

Kindergarten Elisabethinum, Axams<br />

6 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />

Sozialzentrum „Gepflegtes Wohnen“, Mayrhofen<br />

80 Pflegebetten, Räumlichkeiten für Sozialsprengel<br />

und Tagespflege, Zentralgarage für Gemeinde<br />

Kindergarten St. Paulus, Innsbruck<br />

3 Kindergartengruppen, 2 Kinderkrippengruppen<br />

Fotos: NHT/2quadr.at, Oss, Pauli, Vandory, Renderwerk<br />

Betreubares Wohnen, Haiming<br />

18 betreubare Mietwohnungen<br />

Einsatzzentrum, Schönwies<br />

Einsatzzentrum für die Feuerwehr und Bergrettung<br />

Sozialzentrum „Ankematen“, Kematen<br />

21 betreubare Mietwohnungen, Räumlichkeiten für Lebenshilfe,<br />

Sozialsprengel und Physiotherapie, 1 Arztpraxis<br />

Regionalität und Umweltverträglichkeit<br />

sind uns ein Anliegen.<br />

NEUE HEIMAT TIROL: Erste Adresse für Tirols Gemeinden<br />

Nicht nur wenn es um leistbaren Wohnraum für die Tirolerinnen und Tiroler geht, ist die NEUE HEIMAT TIROL<br />

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Mario Mair<br />

Eigentümer<br />

Mairaum e.U.<br />

Resselstraße 33<br />

A-6020 Innsbruck<br />

T +43 512 / 312 293 - - 0<br />

office@mairaum.at<br />

www.mairaum.at

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