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Silica-Matrix - Bordeaux

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Foto:<br />

Foto: Jürgen Briickmann interview<br />

36<br />

Welchen Einfluss haben gegebene Bewertungsmethoden<br />

auf die Produktion?<br />

Die Treibhausgasbewertungsmethode für<br />

Bioethanol sagt aus, wie viel Prozent THG<br />

im Vergleich zu Benzin eingespart werden.<br />

Dabei ist die Frage der fossilen Referenz<br />

ganz wichtig, was bedeutet die Emission<br />

von Benzin heute? Ich muss ja irgendeinen<br />

Standard setzen. Ich muss auch über<br />

energetische Wirkungsgrade diskutieren,<br />

weil Greenhouse­Gas­Savings nur ein<br />

Kriterium darstellen, aber ein weiterer<br />

wichtiger Aspekt besteht aus meiner Sicht<br />

darin, wie viel Energie ich in Summe verbrauche.<br />

Ich möchte noch ein paar Kommentare<br />

zu den sogenannten Kraftstoffen<br />

der zweiten Generation abgeben, an denen<br />

wir auch aktiv mitarbeiten. Darunter<br />

versteht man die Alkoholgewinnung aus<br />

Holz oder Stroh. Die meisten Menschen<br />

sagen, wenn ich das aus Zucker oder aus<br />

Stärke mache, dann nehme ich den armen<br />

Menschen dieser Welt das Essen weg und<br />

wenn ich das aus Holz oder Stroh mache,<br />

tue ich das nicht.<br />

Wir reden hier doch eigentlich im Wesentlichen<br />

über Kraftstoffe der ersten<br />

Generation …<br />

Auch über die zweite Generation. Bringen<br />

Biokraftstoffe aus Holz Entlastung? Es<br />

gibt viele Komponenten, die in die Diskussion<br />

einfließen: Verbrauchereffekte,<br />

Kraftstoffkosten, Einfluss auf Nahrungsmittelpreise,<br />

Wasserverbrauch. Das sind<br />

die Themen, die in der Öffentlichkeit diskutiert<br />

werden. Leider werden sie nicht<br />

immer ganzheitlich und umfassend gesehen,<br />

denn sonst würde man erkennen,<br />

dass die Diskussion um „food“ versus<br />

„feed“ auf falscher Basis geführt wird.<br />

Können wir noch einmal auf die<br />

Bewertungskriterien zurückkommen?<br />

Was sollte man besser machen?<br />

Jeder Naturwissenschaftler glaubt, dass<br />

alles methodisch irgendwie sauber berechenbar<br />

ist. Wie viel Treibhausgase spare<br />

ich ein, wenn ich einen Liter Ethanol statt<br />

einen Liter Benzin nehme? Das ist aber in<br />

den wenigsten Fällen naturwissenschaft­<br />

lich exakt messbar, weil die Genese, also<br />

die Antwort auf die Frage woher kommt<br />

dieser Liter Alkohol, faktisch nicht nachvollziehbar<br />

ist. Man müsste ja ansonsten<br />

für jeden Liter Alkohol wissen, von welchem<br />

Acker er kommt, wie viel Stickstoff<br />

da verdüngt und welcher Schlepper<br />

benutzt wurde. Zur Herstellung des<br />

Schleppers wurde ja auch Energie verbraucht,<br />

der Schlepper selber verbraucht<br />

Energie, der Rohstoff wird irgendwo in<br />

eine Fabrik gefahren, dort wird Energie<br />

verbraucht, um aus der Biomasse dann<br />

Ethanol zu machen. Wird etwa Braunkohle<br />

oder Gas verbrannt oder wird Biomasse<br />

als Prozessenergie genutzt, das<br />

alles ist von entscheidender Bedeutung.<br />

Aus einer Bioethanolanlage kommt nur in<br />

ganz wenigen Fällen, wie etwa in Brasilien,<br />

wo Zuckerrohr genutzt wird, tatsächlich<br />

wirklich nur Bioethanol heraus. Wir<br />

haben zum Beispiel hier an diesem Standort<br />

ein wichtiges Koppelprodukt, nämlich<br />

Eiweißfuttermittel. Wir haben noch ein<br />

anderes wichtiges Koppelprodukt: wir<br />

verkaufen in großem Umfang Strom aus<br />

dieser Anlage, etwa 8 bis 10 MW aus dem<br />

Kraftwerk, in dem wir mit einem eingesetzten<br />

Wirkungsgrad von 85% aus der<br />

Braunkohle neben Dampf auch den Strom<br />

produzieren. Aus einem normalen Braunkohlekraftwerk<br />

wird Strom dagegen nur<br />

mit einem Wirkungsgrad von ca. 38%<br />

produziert. Das sind alles Details, die man<br />

wissen muss, wenn solche Bilanzen zur<br />

Diskussion stehen.<br />

In allen Diskussionen über Energie<br />

und Energieversorgung spielt die CO 2-<br />

Emission eine zentrale Rolle. Wie sieht<br />

es bei der Ethanolherstellung in diesem<br />

Zusammenhang aus?<br />

Ich habe ja nicht nur ein Produkt, ich habe<br />

Ethanol, ich habe Futtermittel und ich<br />

habe Strom. Und allein über die Frage,<br />

wie ich jetzt auf diese drei Produkte die<br />

CO 2­Emission verteile, darüber gibt es<br />

sehr, sehr viele unterschiedliche Diskussionen<br />

und unterschiedliche Theorien.<br />

Nehmen wir einmal Zuckerrohr, bei dem<br />

ich keinen Strom und keine Futtermittel<br />

Im Bioethanolwerk in Zeitz wurde die erste Erweiterung der Produktionskapazität von<br />

260.000 auf 300.000 m³ weitgehend abgeschlossen.<br />

produziere. Bei gleichen Basiszahlen mit<br />

unterschiedlichen Methoden berechnet,<br />

kommen Werte zwischen 10% Einsparung<br />

und über 70% Einsparung heraus. Da interpretiert<br />

halt gerade jeder seine Zahlen,<br />

wie er es für richtig hält. Was wahrscheinlich<br />

kommen wird und muss, ist eine gemeinsame<br />

Konvention, also eine Bewertungsmethodik,<br />

die wahrscheinlich in<br />

Europa auch durchkommen wird. Trotz<br />

Verwendung von Braunkohle sind wir sicher,<br />

dass wir mehr als 35% CO 2 einsparen.<br />

Genau das, was in Europa als Mindestanforderung<br />

gestellt wird, könnten<br />

wir also sicher erfüllen, aber wir sagen,<br />

das muss in Zukunft ehrgeiziger sein, wir<br />

sagen, setzt ruhig die 35% fest, aber<br />

schreibt rein, in 10 Jahren pro Jahr um<br />

2% hoch, sodass in 10 Jahren der<br />

Mindesteinspareffekt von erneuerbaren<br />

Energien bei 55% liegt. Wie auch immer<br />

wir das erreichen, das ist eine ganz andere<br />

Frage. Aber das Problem ist damit klar.<br />

Die derzeitige Bewertungsmethodik enthält<br />

einfach zu viele Freiheitsgrade der<br />

Zuordnung von Emissionen. Wenn ich<br />

heute sage, dass Südzucker 50% einspart<br />

und morgen sagt ein Wissenschaftler XY,<br />

Südzucker spart nicht 50% sondern lediglich<br />

35%, kann ich mich nicht wehren. Ich<br />

kann erst dann eine Zahl, eine wirkliche<br />

Zahl nennen, wenn die Bewertungsmethode<br />

verbindlich festgelegt ist. Für die<br />

Anlage, die wir in Belgien bauen, errechnen<br />

wir sogar 70%, weil wir dort ein Biomassekraftwerk<br />

davor schalten und nicht<br />

Braunkohle sondern Biomasse als Brennstoff<br />

nutzen. Da können wir das nutzen,<br />

weil der belgische Staat die Produktion<br />

von Strom aus Biomasse fördert, um es<br />

ganz einfach zu sagen. In Deutschland<br />

werden wir bei der Stromproduktion aus<br />

Biomasse nicht gefördert; in Belgien dagegen<br />

bekommt man, wenn man Strom<br />

aus Biomasse produziert, eine Prämie.<br />

Theoretisch gibt es das in Deutschland<br />

auch, gilt aber vereinfacht nur für kleine<br />

Biogasanlagen und für Windkraft.<br />

Bei der Diskussion über nachwachsende<br />

Rohstoffe taucht häufig der<br />

Begriff Landnutzungsänderung auf.<br />

Was hat es eigentlich damit auf sich?<br />

Martin Jehnichen<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich zunächst<br />

darauf eingehen, warum die Diskussion<br />

um die Regenwaldgeschichte so<br />

dramatisch ist. Dazu eine Aussage vom<br />

IFEU­Institut in Heidelberg, die etwa folgendes<br />

beinhaltet: „Beim Thema Regenwaldabholzung<br />

muss man realistisch sein<br />

und feststellen, dass wir für große Mengen<br />

Biokraftstoff derzeit nicht wissen, ob<br />

wir mehr Schaden anrichten, als wir vermeiden.“<br />

Diese Aussage gilt nur für importierte<br />

Biokraftstoffe. Ich komme gleich<br />

noch einmal darauf zurück. Die derzeitige<br />

Methodik der Treibhausgasemissionsberechnung<br />

erfasst nur Effekte von direkter<br />

Landnutzungsänderung. Das bedeutet,<br />

wenn jemand zum Beispiel eine<br />

Wiese hat und auf dieser Wiese baut er<br />

statt Gras nächstes Jahr Zuckerrohr an,<br />

dann würde man diese Landnutzungsänderung<br />

auf die Treibhausgasproblematik<br />

anrechnen. Aber es ist natürlich ganz klar<br />

und ganz eindeutig, dass in Europa nicht<br />

ein Tropfen Alkohol auftauchen wird, wo<br />

man das so unmittelbar nachweisen kann.<br />

Da wird nur Alkohol aus Brasilien landen,<br />

der aus Plantagen kommt, von denen gesagt<br />

wird, das ist schon seit 50 Jahren eine<br />

Rohrplantage. So. Darum besteht die<br />

Forderung, dass man auch die indirekte<br />

Landnutzungsänderung einrechnen muss,<br />

denn in Brasilien funktioniert das so: Da<br />

haben wir eine riesige Ausweitung von<br />

Zuckerrohrplantagen und dagegen ist<br />

auch nichts einzuwenden, aber im Endeffekt<br />

nehmen sie altes Weideland, also<br />

Wiese, Pampa, brechen die um und bauen<br />

dort Rohr an. Aber gleichzeitig steigert<br />

Brasilien seine Fleischexporte und von<br />

Luft und Liebe ernähren sich auch in Brasilien<br />

die Rinder nicht. Die Rinderzucht<br />

wandert also in die Regenwaldgebiete ab,<br />

und dort werden neue Weideflächen eingerichtet.<br />

Wenn ich aus Brasilien also<br />

etwa folgende Situation schildere: Da ist,<br />

sagen wir einmal, eine Farm, in der gut<br />

50 Jahre Zuckerrohr angebaut wird, und<br />

die verbrennen die Bagasse vom Rohranbau,<br />

um daraus Energie für die Ethanolherstellung<br />

zu produzieren, dann hätte<br />

man 75% Treibhausgaseinsparung. Wenn<br />

ich das dann nach Europa verschiffe,<br />

muss ich die Transportenergie berück­<br />

■ 04/08

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