Silica-Matrix - Bordeaux
Silica-Matrix - Bordeaux
Silica-Matrix - Bordeaux
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SchillingsEcke<br />
44<br />
Die Glykolyse<br />
Alkoholische<br />
Gärung & mehr<br />
Menschen verfügen schon seit Jahrtausenden über das Know-how zur<br />
Herstellung von Alkohol und so hat sich im Laufe der Zeit eine Kultur des<br />
Bierbrauens, der Weinherstellung und anderer alkoholischer Getränke<br />
etabliert. Heute heißt aber die Herausforderung, Ethanol als Treibstoff in<br />
großen Mengen aus allen zur Verfügung stehenden Pflanzenmaterialien und<br />
Pflanzenteilen herzustellen. Wir wissen inzwischen, dass die Gewinnung<br />
von Alkohol aus Stärke und Saccharose in Konkurrenz zur Nahrungsmittel-<br />
gewinnung steht und außerdem keine günstige Energieausbeute besitzt.<br />
Dazu gesellen sich ökologische Probleme, die sich aus der notwendigen<br />
Intensivierung der Landwirtschaft ergeben. Ein Ausweg stellt die Verwen-<br />
dung von Holz, Stroh oder anderer land- oder forstwirtschaftlicher Abfälle<br />
dar. Sie sind billig oder können aus dem Anbau von Energiepflanzen<br />
(z.B. Switchgras, Miscanthus) preisgünstig gewonnen werden, da sie nicht<br />
intensiv bewirtschaftet werden müssen und auch auf minderwertigen Böden<br />
gedeihen.<br />
Dreh- und Angelpunkt aller fermentativen Prozesse ist<br />
die Glucose. Alle hochmolekularen Substanzen – Stärke,<br />
Cellulose, Hemicellulosen – müssen entweder zu Glucose<br />
oder zu Substanzen führen, die über die Glykolyse<br />
weiter abgebaut werden können. Glucose kann sowohl<br />
unter aeroben als auch anaeroben Bedingungen unter<br />
Energiegewinn abgebaut werden. Der vollständige Abbau<br />
und damit der maximale Energiegewinn für die Zelle<br />
ist nur in Anwesenheit von genügend Sauerstoff möglich.<br />
Die Glykolyse selbst verläuft anaerob über neun Stufen<br />
(Abb. 1) und findet sich in allen lebenden Zellen<br />
sowohl bei Prokaryonten als auch bei Eukaryonten. Biologisch<br />
gesehen ist es ein sehr alter Prozess, der wahrscheinlich<br />
bereits etabliert war, noch ehe die Atmosphäre<br />
Sauerstoff enthielt und Zellorganellen entstanden<br />
waren. Endprodukt der Glykolyse ist das Pyruvat, das<br />
bei genügend vorhandenem Sauerstoff, also unter aeroben<br />
Bedingungen, in den Citrat-Zyklus und die Atmungskette<br />
einmündet. Dort dient die bei der Oxidation der<br />
Kohlenstoffatome freigesetzte Energie zur Bildung von<br />
ATP aus ADP und von NADH aus NAD + .<br />
Ist kein Sauerstoff vorhanden, kann das Pyruvat nicht<br />
in diesen Reaktionspfad eingeschleust und das bei der<br />
Glykolyse entstandene NADH in der Atmungskette nicht<br />
oxidiert werden. Der Zelle würde bald kein NAD + mehr<br />
als Elektronenakzeptor zur Verfügung stehen und die<br />
Glykolyse würde zum Erliegen kommen. Bei vielen Bakterien,<br />
Pilzen und in tierischen Zellen wird deshalb unter<br />
anaeroben Bedingungen der Wasserstoff des NADH auf<br />
Pyruvat unter Bildung von Lactat übertragen (Milchsäuregärung;<br />
Abb. 2).<br />
Hefen und Pflanzenzellen bauen Pyruvat unter anaeroben<br />
Bedingungen zu Ethanol und CO 2 ab. Dabei wird<br />
Pyruvat zunächst zu Acetaldehyd decarboxyliert und danach<br />
mittels NADH zu Ethanol reduziert. Nach dem Endprodukt<br />
nennt man diesen Vorgang alkoholische Gärung.<br />
Energetisch unterscheiden sich Milchsäure- und alkoholische<br />
Gärung nicht, denn in beiden Fällen wird lediglich<br />
NADH in NAD + überführt. Die Energieausbeute bei<br />
Abb. 1 An der Bildung von Pyruvat aus Glucose sind<br />
insgesamt zehn Enzyme als Katalysatoren beteiligt:<br />
a) Hexokinase b) Phosphoglucoisomerase c) Phosphofructokinase<br />
d) Aldolase e) Isomerase f) Glycerinaldehyd-3-phosphatisomerase<br />
g) 3-Phosphoglyceratkinase h) Phosphoglyceromutase<br />
i) Enolase k) Pyruvatkinase<br />
Abb. 2 Anaerober Abbau von Pyruvat zu Lactat oder Ethanol<br />
Dr. Gerhard Schilling,<br />
unser labor&more<br />
Redakteur in der Praxis<br />
der Glykolyse sind also zwei Moleküle ATP, das entspricht<br />
nur etwa 7 % des gesamten Energieinhaltes der Glucose,<br />
die restlichen 93 % sind in den beiden Ethanolmolekülen<br />
gebunden.<br />
Die Herausforderung: Vom Holz zur Glucose<br />
Zurzeit wird Ethanol vor allem aus Saccharose (z.B. Zuckerrübe,<br />
Zuckerrohr) oder Stärke (Getreide, Mais, Kartoffeln)<br />
durch Fermentation unter dem Einsatz von Hefen gewonnen.<br />
In Anbetracht der riesigen, erforderlichen Mengen an<br />
Biokraftstoff kommt nur Holz als eine der wichtigsten Rohstoffquellen<br />
in Frage. Cellulose ist die auf der Erde in größter<br />
Menge vorkommende Substanz, jährlich synthetisiert die Natur<br />
etwa 1012 Tonnen. In riesigen Mengen werden auch Lignin<br />
(2 x1010 t) und Hemicellulosen produziert, sie stehen an<br />
zweiter und dritter Stelle der natürlich vorkommenden organischen<br />
Substanzen.<br />
Der Abbau von Holz zu Glucose ist eine technische<br />
(und wirtschaftliche) Herausforderung, denn neben der<br />
problemlos verwertbaren Cellulose gilt es, auch die schwierig<br />
fermentierbaren Hemicellulosen in den Abbauprozess<br />
einzubeziehen. Außerdem muss das Lignin entfernt werden,<br />
da seine Abbauprodukte den enzymatischen Abbau<br />
erheblich behindern.<br />
Wegen der kompakten Struktur des Holzes müssen die innere<br />
und äußere Oberfläche des Materials zunächst für Enzyme<br />
zugänglich gemacht werden. Dies kann mechanisch<br />
und/oder chemisch geschehen. Die mechanische Vorbehandlung<br />
ist mit hohem Energieaufwand verbunden und<br />
deshalb bevorzugt man chemische Verfahren, etwa die alkalische<br />
Quellung der Lignocellulose und die Vorhydrolyse<br />
der Hemicellulosen. Das in der Zellstoffindustrie entwickelte<br />
Organosolv-Verfahren erlaubt eine vollständige Trennung<br />
der Bestandteile. Dabei gehen in einem Gemisch aus<br />
Alkoholen und Wasser bei erhöhtem Druck und erhöhter<br />
Temperatur sowohl Lignin als auch die Hemicellulosen in<br />
Lösung, während die Cellulose als unlöslicher Rückstand<br />
verbleibt. Nach Entfernen des Alkohols fällt Lignin aus,<br />
während die Hemicellulosen in Lösung bleiben. Die so gewonnenen<br />
Rohstofffraktionen aus Cellulose und Hemicellulosen<br />
können nun durch enzymatische Hydrolyse weiterverarbeitet<br />
werden.<br />
■ 04/08<br />
Foto: Gerda Schwebler