20 Jahre Mauerfall - DAAD-magazin
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32 daad<br />
Sternstunden eines programms<br />
Umgestaltung vom Plan zum Markt<br />
Seit 1989 fördert der <strong>DAAD</strong> Studierende der Wirtschaftswissenschaften<br />
aus Ost- und Mitteleuropa in einem Sonderprogramm.<br />
<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> später trafen sich rund 100 Alumni in Berlin. Ihre beeindruckenden<br />
Lebensläufe bezeugen die Erfolgsgeschichte.<br />
Alumni aus Ost- und Mitteleuropa arbeiten heute an wichtigen Schnittstellen der Wirtschaft<br />
Rückblick: Flughafen Frankfurt am Main<br />
vor <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n. Drei junge Männer aus<br />
der sich öffnenden Sowjetunion werden von<br />
Gregor Berghorn, heute Leiter der <strong>DAAD</strong>-<br />
Außenstelle Moskau, in Empfang genommen.<br />
Toomas Haldmar, Sergey Kostyuchenko und<br />
Andrey Borodin sind unter den ersten 60 Stipendiaten,<br />
die für ein Jahr an (west)deutschen<br />
Hochschulen in den Wirtschaftswissenschaften<br />
ausgebildet werden dürfen.<br />
„Der Aufenthalt in Deutschland war ein Eckstein<br />
für meine Karriere“, sagt Toomas Haldmar.<br />
Heute ist er Professor an der Universität<br />
Tartu und einer der führenden Wirtschaftswissenschaftler<br />
in Estland. Ebenso steil verliefen<br />
die Karrieren der beiden anderen Männer.<br />
Sergey Kostyuchenko ist der Chef der belarussischen<br />
Privatbank Prior in Minsk. Andrey<br />
Borodin ist Präsident der Bank von Moskau.<br />
„Das war ein historischer Moment“, betont<br />
Gregor Berghorn. Denn nach 75 <strong>Jahre</strong>n empfing<br />
er erstmals wieder Studierende aus Län-<br />
dern jenseits des bröckelnden Eisernen Vorhangs.<br />
Als einer der letzten russischen Studenten<br />
hatte der Schriftsteller Boris Pasternak<br />
die Universität Marburg vor Beginn des Ersten<br />
Weltkrieges verlassen.<br />
Das „Sonderprogramm UdSSR“ unter Federführung<br />
des <strong>DAAD</strong> festigte die Zusammenarbeit<br />
in Wissenschaft und Hochschulen, die<br />
1989 Helmut Kohl und Michail Gorbatschow<br />
vereinbart hatten. Als sich 1991 die Sowjetunion<br />
auflöste, wurde das Programm mit Unterstützung<br />
des Auswärtigen Amtes fortgeführt.<br />
1994 erhielt es einen festen Platz in dem seit<br />
1949 bestehenden ERP-Förderportfolio des<br />
Bundeswirtschaftsministeriums.<br />
Ziel des Sonderprogramms war zunächst,<br />
den dramatischen Umgestaltungs- und Modernisierungsprozess<br />
„vom Plan zum Markt“<br />
zu begleiten und Studierende möglichst rasch<br />
in der neuen Volkswirtschaft auszubilden. Die<br />
langfristige Idee war, dass sie in Führungs-<br />
oder Schlüsselpositionen die Wirtschaft ihrer<br />
Foto: David Ausserhofer<br />
Länder unter den neuen Bedingungen mitgestalten<br />
und in den globalen Markt lenken<br />
würden.<br />
Mittler der Mentalitäten<br />
Das Konzept ging auf. „Heute sind viele der<br />
mehr als 1500 ehemaligen <strong>DAAD</strong>-ERP-Stipendiaten<br />
in großen Städten Osteuropas für die<br />
mittelständische Industrie ein Wirtschafts-<br />
und Standortfaktor geworden“, sagt Gregor<br />
Berghorn. Denn sie besetzen Schnittstellen<br />
und vermitteln nicht nur zwischen Wirtschaftssystemen,<br />
sondern auch zwischen Kulturen<br />
oder Mentalitäten. „An der russischen<br />
UniCredit Bank in Moskau übersetzte ich den<br />
internationalen Kunden das russische System<br />
und erklärte den Russen, was diese Kunden<br />
überhaupt wollten“, erzählt Dmitriy Antropov,<br />
<strong>20</strong>02 <strong>DAAD</strong>-Stipendiat an der Universität<br />
Marburg. Inzwischen arbeitet er für die international<br />
agierende Vermögensverwaltungsgesellschaft<br />
Partners Group in der Schweiz.<br />
„Das Stipendium war für mich ein Tor zur<br />
Welt“, sagt die Rumänin Irina Drilea-Gasca,<br />
<strong>20</strong>02 Stipendiatin in Trier. Sie arbeitet heute<br />
für eine der größten global agierenden Management-<br />
und Technologieberatungsfirmen,<br />
die deutsche BearingPoint GmbH. Wie viele<br />
andere Almuni, die heute in internationalen<br />
Firmen als Wirtschaftsprüfer oder Finanzberater<br />
arbeiten, versteht sie sich auch als Botschafterin<br />
ihres Landes und leistet wertvolle<br />
Vermittlungs- und Verständigungsarbeit in<br />
einer globalen Marktwirtschaft.<br />
Das <strong>DAAD</strong>-ERP-Programm hat sich den neuen<br />
Studienordnungen angepasst und bietet<br />
seit <strong>20</strong>08 einen zweijährigen Masterstudiengang<br />
an. Angesichts zukünftiger Aufgaben,<br />
wie etwa die wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
des Klimawandels, geht es noch stärker<br />
darum, kompetente Führungskräfte für ein<br />
globales Umfeld auszubilden.<br />
Bettina Mittelstraß<br />
<strong>DAAD</strong> Letter 3/09