20 Jahre Mauerfall - DAAD-magazin
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6 dIalog<br />
Zusammenarbeit<br />
mit Krisenstaaten<br />
Auch in schwierigem Umfeld engagieren sich<br />
<strong>DAAD</strong> und deutsche Hochschulen für den<br />
wissenschaftlichen Austausch<br />
Von Stefan Hormuth<br />
Jeder kennt die beunruhigenden Nachrichten<br />
aus Afghanistan, Pakistan, Irak und<br />
anderen Kriegs- und Krisengebieten der Welt.<br />
Was die wenigsten wissen: Auch in diesen<br />
Regionen unterstützt der <strong>DAAD</strong> deutsche<br />
Universitäten und Fachhochschulen darin,<br />
Kontakte zu ihren akademischen Partnern,<br />
zu Forschern und Wissenschaftlern zu halten<br />
oder zu knüpfen. Die Gründe für dieses<br />
Engagement sind vielfältig – zum einen sind<br />
wir davon überzeugt, dass wissenschaftliche<br />
Kooperation und offener Dialog mit intellektuellen<br />
Eliten und Studierenden möglichen<br />
Konflikten vorbeugen und zur Aufarbeitung<br />
beitragen können. Zum anderen sind Hochschulen<br />
zentrale Orte, um nach kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen Fachkräfte für den<br />
Wiederaufbau auszubilden und einen wichtigen<br />
Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft<br />
zu leisten.<br />
Eines der zentralen Beispiele für die Kooperation<br />
mit krisengeschüttelten Staaten ist die Zusammenarbeit<br />
mit Afghanistan. Im Dezember<br />
<strong>20</strong>01 legte die Bundesregierung das Sonderprogramm<br />
„Stabilitätspakt Afghanistan“ auf.<br />
Der <strong>DAAD</strong> erhielt den Auftrag, mit jährlichen<br />
Zuwendungen des Auswärtigen Amtes den<br />
deutschen Beitrag zum akademischen Aufbau<br />
zu organisieren und zu koordinieren. Sondierungsreisen<br />
nach Kabul im Jahr <strong>20</strong>02 machten<br />
deutlich, dass es an allem fehlte: Es gab kaum<br />
qualifizierte Dozenten, denn viele waren im<br />
Krieg ums Leben gekommen. Die verbliebenen<br />
verfügten häufig nur über international<br />
nicht anerkannte Bachelor-Abschlüsse. Auch<br />
an Lehrmitteln, modernen Curricula sowie<br />
an Strom, Wasser und Gebäuden mangelte<br />
es. Die Soforthilfe bestand darin, möglichst<br />
viele afghanische Dozenten in speziellen<br />
Sommer- und Winterakademien an deutschen<br />
Hochschulen mit dem nötigsten Fachwissen<br />
zu versorgen und Spielräume für künftige Kooperationen<br />
auszuloten. Anschließend wurde<br />
die Zusammenarbeit mit den afghanischen<br />
Partnerhochschulen ausgeweitet und es wurden<br />
Fachkoordinatoren und Schwerpunktfächer<br />
für den weiteren zielgerichteten Aufbau<br />
ausgewählt.<br />
Die Erfolge sind bereits klar erkennbar: Das<br />
Bachelorstudium ist modernisiert, die technischen<br />
Einrichtungen sind verbessert, die Lehrmittel<br />
weitgehend aktualisiert. Die ersten Stipendiaten<br />
kehrten mit deutschen Master- und<br />
PhD-Abschlüssen an ihre Heimathochschulen<br />
zurück, wo sie nun unterrichten. Besonders<br />
erfreulich ist, dass ein Fünftel der geförderten<br />
Afghanen Frauen sind. Noch bleibt viel zu<br />
tun, doch eines ist klar: Krisenstaaten bleiben<br />
nicht immer Krisenstaaten. Ein gutes Beispiel<br />
dafür ist ein anderer Stabilitätspakt, nämlich<br />
Foto: Franz Möller<br />
daad-Standpunkt<br />
Professor Stefan Hormuth ist<br />
Präsident des <strong>DAAD</strong><br />
der für Südosteuropa. Hier konnten deutsche<br />
Hochschulen unmittelbar nach dem Ende der<br />
kriegerischen Auseinandersetzungen den wissenschaftlichen<br />
Austausch nahtlos mit ihren<br />
Partnern fortsetzen, weil sie auch während der<br />
Krise verlässlich geblieben waren.<br />
Das jüngste Beispiel für die intensive Zusammenarbeit<br />
mit einem Krisenstaat ist die Strategische<br />
Akademische Partnerschaft mit dem<br />
Irak. Im Februar <strong>20</strong>09 haben der <strong>DAAD</strong> und<br />
das dortige Hochschulministerium eine weitreichende<br />
Vereinbarung geschlossen, die unter<br />
anderem ein großes kofinanziertes Stipendienprogramm<br />
umfasst sowie deutsch-irakische<br />
Hochschulpartnerschaften in ausgesuchten<br />
Fachbereichen initiiert und unterstützt.<br />
Das Fernziel dieser vom Auswärtigen Amt<br />
nach Kräften geförderten Partnerschaft ist der<br />
Aufbau einer deutsch-irakischen Universität.<br />
Auf den ersten Blick mag dieses Ziel sehr ambitioniert<br />
erscheinen – das Interesse der deutschen<br />
Universitäten und Fachhochschulen an<br />
diesem Programm ist jedoch enorm. Die Hochschulen<br />
wissen, dass in der Zusammenarbeit<br />
mit Krisenstaaten auch große Chancen liegen.<br />
Nicht zuletzt deshalb, weil sich Vertrauen und<br />
Verlässlichkeit in schwierigen Zeiten häufig<br />
später auszahlen.<br />
<strong>DAAD</strong> Letter 3/09