01.09.2022 Aufrufe

Seltene Krankheiten

Bei seltenen Krankheiten ist das Netzwerk wichtig! Patient:innen fühlen sich aufgrund ihrer Erkrankung oft allein. In der Schweiz leben zirka 600'000 Menschen mit einer seltenen Krankheit. Deshalb bieten Patient:innenorganisationen Betroffenen Unterstützung dabei, sich zu vernetzen.

Bei seltenen Krankheiten ist das Netzwerk wichtig!

Patient:innen fühlen sich aufgrund ihrer Erkrankung oft allein.
In der Schweiz leben zirka 600'000 Menschen mit einer seltenen Krankheit.
Deshalb bieten Patient:innenorganisationen Betroffenen
Unterstützung dabei, sich zu vernetzen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MEDIAPLANET | 13<br />

Hereditäre<br />

Angioödem-Typen:<br />

Typ I (80 bis 85 %):<br />

gekennzeichnet durch C1-Inhibitor-Mangel<br />

Typ II (15 bis 20 %):<br />

gekennzeichnet durch C1-Inhibitor-Dysfunktion<br />

Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant.<br />

Klinisch zeigt<br />

es sich in der Regel während<br />

der Kindheit oder Adoleszenz.<br />

Eine seltene Form des<br />

hereditären Angioödems<br />

(hereditäres Angioödem Typ<br />

III) ist durch normale C1-Inhibitor-Spiegel<br />

gekennzeichnet.<br />

Dieser Typ tritt hauptsächlich<br />

bei Frauen auf.<br />

Hereditäres<br />

Angioödem (HAE):<br />

Beschwerdefreiheit dank<br />

Prophylaxetherapie<br />

160 Menschen sind in der Schweiz vom hereditären Angioödem (HAE)<br />

betroffen. Trotz der Seltenheit der Erkrankung läuft die Forschung<br />

auf Hochtouren. Neue prophylaktische Therapien ermöglichen den<br />

Betroffenen nun eine hohe Lebensqualität. PD Dr. med. Urs Steiner ist<br />

Klinischer Immunologe und Allergologe an der Klinik für Rheumatologie und<br />

Immunologie des Universitätsspitals, Inselspital Bern.<br />

Text Anna Birkenmeier<br />

PD Dr. med.<br />

Urs Steiner<br />

Leitender Arzt<br />

Universitätsklinik<br />

für Rheumatologie<br />

und<br />

Immunologie<br />

Inselspital,<br />

Universitätsspital<br />

Bern<br />

FOTO: UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH<br />

Das hereditäre Angioödem<br />

(HAE) ist eine genetisch<br />

bedingte Erkrankung, die<br />

durch Schwellungsattacken<br />

gekennzeichnet ist. Welche<br />

neuen Therapieoptionen gibt<br />

es hier?<br />

Mit den neuen prophylaktischen<br />

Therapien haben sich die<br />

Behandlungsmöglichkeiten des<br />

HAE deutlich verbessert. Seit<br />

diesem Jahr steht in der Schweiz<br />

eine neue orale HAE-Prophylaxe<br />

zur Verfügung. Diese wird einmal<br />

täglich als Tablette eingenommen<br />

und führt zu einer<br />

deutlichen Verminderung der<br />

Anfälle. Die Behandlung wird<br />

sehr gut vertragen. Zugelassen<br />

ist die Therapie für Kinder ab<br />

zwölf Jahren. Seit einigen Jahren<br />

gibt es die Prophylaxetherapie<br />

zudem als subkutane Spritze<br />

mit einer sehr guten Wirkung.<br />

Welches Therapieziel steht<br />

dabei im Vordergrund?<br />

Mit den uns zur Verfügung<br />

stehenden Medikamenten kann<br />

man die Krankheit nicht heilen,<br />

jedoch so kontrollieren, dass<br />

die Patienten zumeist symptomfrei<br />

sind. Für Patienten,<br />

die regelmässig an schmerzhaften<br />

und entstellenden<br />

HAE-Attacken gelitten haben,<br />

bedeutet das einen hohen<br />

Gewinn an Lebensqualität.<br />

Insbesondere für Jugendliche<br />

und junge Erwachsene schafft<br />

die Prophylaxetherapie neue<br />

Perspektiven, etwa hinsichtlich<br />

ihrer Berufswahl.<br />

Wann wird eine prophylaktische<br />

Therapie empfohlen?<br />

Das hereditäre Angioödem zeigt<br />

sehr unterschiedliche Verläufe:<br />

Manche Patienten haben zweimal<br />

jährlich eine Attacke, andere<br />

wiederum zweimal monatlich.<br />

Bei jenen Patienten mit seltenen<br />

Anfällen reicht eine Akuttherapie.<br />

Bei Patienten, die mehrmals<br />

pro Monat eine Attacke<br />

haben, lohnt sich eine prophylaktische<br />

Therapie. Allerdings<br />

kann es auch unter der Prophylaxetherapie<br />

zu Durchbruchattacken<br />

kommen – weshalb die<br />

Patienten immer hinsichtlich<br />

Akuttherapie geschult werden<br />

sollten.<br />

Welche neuen Erkenntnisse<br />

über HAE konnte man in<br />

jüngster Zeit gewinnen?<br />

Obschon HAE eine seltene<br />

Krankheit ist, tut sich viel in<br />

der Forschung. Aktuell wird in<br />

der Schweiz eine Daten- und<br />

Biobank der Betroffenen aufgebaut,<br />

die es uns in Zukunft<br />

ermöglichen soll, die Pathomechanismen<br />

der Krankheit<br />

besser zu verstehen. So wissen<br />

wir momentan beispielsweise<br />

noch nicht, weshalb in derselben<br />

Familie der Verlauf<br />

einer HAE Erkrankung sehr<br />

unterschiedlich sein kann.<br />

Ebenso erlangen wir zunehmend<br />

neue Erkenntnisse über<br />

die auslösenden Faktoren, die<br />

zu einer Attacke führen können.<br />

Dazu gehören etwa hormonelle<br />

Faktoren, aber auch Emotionen<br />

wie Stress und Freude. Je mehr<br />

wir über die Krankheit wissen,<br />

desto besser können wir die<br />

Patienten beraten.<br />

Relativ unbekannt ist der<br />

HAE-Typ III. Wie unterscheidet<br />

sich dieser von Typ I und II<br />

und welche Therapieoptionen<br />

gibt es hier?<br />

Beim HAE-Typ III oder neu<br />

HAE mit normalem C1-Inhibitor<br />

Protein (HAE-nC1-INH) sind<br />

die klinischen Symptome und<br />

Therapieempfehlungen sehr<br />

ähnlich wie beim HAE Typ I und<br />

II. Bisher sind sechs verschiedene<br />

Formen des HAE-nC1-INH<br />

bekannt aufgrund der gefundenen<br />

Mutationen. Bei zwei davon<br />

ist das Gefässendothel involviert,<br />

und bei diesen Patienten<br />

braucht es auch andere<br />

Therapieansätze.<br />

Was raten Sie den Betroffenen<br />

abschliessend?<br />

Wenden Sie sich an ein kompetentes<br />

Zentrum, das auf die<br />

Behandlung von HAE spezialisiert<br />

und über die neuesten<br />

therapeutischen Möglichkeiten<br />

informiert ist.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!