29.02.2024 Aufrufe

Seltene Erkrankungen

Der Weg zur Diagnose bei seltenen Erkrankungen ist oft lang und beschwerlich. Diese Ausgabe soll Wissen zu unterschiedlichen seltenen Erkrankungen vermitteln und das Bewusstsein dafür stärken.

Der Weg zur Diagnose bei seltenen Erkrankungen ist oft lang und beschwerlich.

Diese Ausgabe soll Wissen zu unterschiedlichen seltenen Erkrankungen vermitteln und das Bewusstsein dafür stärken.

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EINE ENTGELTLICHE THEMENZEITUNG VON MEDIAPLANET<br />

Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

SELTENE<br />

ERKRANKUNGEN<br />

Jakob Mitterhauser<br />

Der Mitbegründer der Selbsthilfegruppe Friedreich<br />

Ataxie Austria spricht im Interview über das Leben<br />

mit der seltenen neurologischen Erkrankung<br />

FOTO: BRIGITTE BOUROYEN<br />

06<br />

Morbus Fabry<br />

Die lange Irrfahrt zur Diagnose<br />

15<br />

Amyotrophe Lateralsklerose<br />

Entwicklungen in der Behandlung<br />

der bisher unheilbaren<br />

Erkrankung ALS<br />

20<br />

Künstliche Intelligenz<br />

Menschliche Empathie und<br />

KI als Erfolgsfaktoren für eine<br />

rasche Diagnose


2 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

VORWORT<br />

15<br />

Amyotrophe Lateralsklerose<br />

Im Interview stellt der Neurologe Ap.<br />

Prof. Priv.-Doz. Dr. Hakan Cetin<br />

die bislang unheilbare Erkrankung<br />

ALS vor<br />

20<br />

Menschliche Empathie &<br />

Künstliche Intelligenz<br />

Die Rolle von KI in der<br />

Diagnosefindung am Beispiel<br />

zweier seltener <strong>Erkrankungen</strong><br />

Sales Director: Florian Rohm, BA<br />

Lektorat: Sophie Müller, MA<br />

Layout und Grafik: Daniela Fruhwirth<br />

Managing Director: Bob Roemké<br />

Illustrationen und Bilder wenn nicht angegeben: Shutterstock<br />

Medieninhaber: Mediaplanet GmbH, Bösendorferstraße<br />

4/23, 1010 Wien, ATU 64759844 · FN 322799f FG Wien<br />

Impressum: https://mediaplanet.com/at/impressum/<br />

Distribution: Der Standard Verlagsgesellschaft m.b.H.<br />

Druck: Mediaprint Zeitungsdruckerei Ges.m.b.H. &<br />

Co.KG<br />

Kontakt bei Mediaplanet:<br />

Tel: +43 676 847 785 – 212<br />

E-Mail: florian.rohm@mediaplanet.com<br />

ET: 29.02.2024<br />

Bleiben Sie in Kontakt:<br />

Mediaplanet Austria<br />

@austriamediaplanet<br />

@DerGesundheitsratgeber<br />

FOTO: ZVG<br />

FOTO: DANIELA MATEJSCHEK<br />

Mag. a Elisabeth<br />

Weigand, MBA<br />

Geschäftsführung<br />

Pro Rare Austria<br />

Richtig handeln durch mehr<br />

Wissen bei möglichen Zeichen<br />

für eine seltene Erkrankung<br />

Mit einer seltenen Erkrankung<br />

(SE) geht für<br />

betroffene Personen oft<br />

eine lange und beschwerliche Zeit<br />

bis zur richtigen Diagnose und<br />

Therapie einher. Von einer seltenen<br />

Erkrankung spricht man der europäischen<br />

Definition zufolge, wenn<br />

weniger als eine von 2.000 Personen<br />

das spezifische Krankheitsbild<br />

aufweisen. Rund fünf Prozent der<br />

Bevölkerung sind davon betroffen<br />

– in Österreich sind das vermutlich<br />

rund 450.000 Menschen.<br />

Eine Diagnose unklarer Symptome<br />

ist wichtig, um eine passende<br />

Therapie zu finden und die Situation<br />

von betroffenen Menschen zu<br />

verbessern. <strong>Seltene</strong> <strong>Erkrankungen</strong><br />

können sich neben den gesundheitlichen<br />

Beschwerden und Risiken<br />

auf alle Bereiche des Alltags und<br />

des gesellschaftlichen Lebens auswirken<br />

und auch große psychische<br />

Herausforderungen darstellen. Die<br />

geringe Häufigkeit der <strong>Erkrankungen</strong><br />

führt dazu, dass medizinisches<br />

Fachwissen, Versorgungsangebot<br />

und auch Forschung begrenzt sind.<br />

Durchschnittlich dauert es daher<br />

mehr als fünf Jahre bis zur richtigen<br />

Diagnose.<br />

Wen bei unerklärlichen,<br />

chronischen Symptomen<br />

kontaktieren?<br />

Die erste Anlaufstelle ist meistens<br />

die Allgemeinmedizin oder eine<br />

Fachärztin bzw. ein Facharzt. Als<br />

zentrale Aspekte gelten das rasche<br />

Erkennen von ungewöhnlichen<br />

Symptomen und das „Out-of-the-<br />

Box“-Denken dieser Ärzt:innen.<br />

Ebenso ist ihr Wissen über spezialisierte<br />

Angebote wie z. B. Expertisezentren<br />

für seltene <strong>Erkrankungen</strong><br />

essenziell. Im Bedarfsfall sollte<br />

also durch niedergelassene (Fach-)<br />

Ärzt:innen der Kontakt zu einem<br />

spezialisierten Zentrum hergestellt<br />

werden.<br />

Expertisezentren sind zentrale,<br />

hochspezialisierte klinische Einrichtungen<br />

für definierte Gruppen<br />

von seltenen <strong>Erkrankungen</strong>. Dort<br />

erfolgen vor allem Erstdiagnostik<br />

und Therapieeinstellung, aber<br />

auch Kontrolluntersuchungen. Die


MEDIAPLANET | 3<br />

Zentren ersetzen jedoch nicht die<br />

medizinische Grundversorgung –<br />

sie sind für die optimale Versorgung<br />

von Menschen mit seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

und für das Sichtbarmachen<br />

und Nutzen von bestehender<br />

Expertise zuständig.<br />

Gerade für ein vergleichsweise<br />

kleines Land wie Österreich ist<br />

die Teilhabe an internationalen<br />

Netzwerken bedeutend. Die<br />

spezialisierten Zentren für seltene<br />

<strong>Erkrankungen</strong> Österreichs sind Mitglied<br />

in allen 24 fachspezifischen<br />

Europäischen Referenznetzwerken<br />

(ERNs). Virtuelle Befundbesprechungen<br />

europaweit unter<br />

Spezialist:innen können so die Zeit<br />

bis zu einer Diagnose verkürzen.<br />

Das heißt, Betroffene müssen nicht<br />

mehr quer durch Europa reisen.<br />

Wissensvermittlung<br />

Das Wissen über seltene <strong>Erkrankungen</strong><br />

und ebenso die Wissensvermittlung<br />

nehmen eine wichtige<br />

Rolle ein – sowohl in der breiten<br />

Öffentlichkeit, als auch vor allem<br />

im medizinischen Fachpublikum<br />

und in der Gruppe der Jung-Mediziner:innen<br />

und Studierenden der<br />

Medizin. Mehr Wissen bedeutet<br />

höhere Gesundheitskompetenz in<br />

der Gesellschaft.<br />

Einen wichtigen Beitrag dazu<br />

leistet der „International Rare<br />

Disease Day“, der seit 2008 jedes<br />

Jahr am letzten Tag im Februar<br />

stattfindet – im Schaltjahr 2024<br />

also heute, am besonderen und<br />

seltenen 29. Februar. Die breite<br />

Öffentlichkeit und Vertreter:innen<br />

aus Politik, Industrie, Forschung<br />

und Gesundheitswesen werden<br />

mit vielen Aktionen auf das Thema<br />

aufmerksam gemacht. Darüber<br />

hinaus findet heute am 29.2.<br />

eine Podiumsdiskussion mit<br />

Pro Rare Austria und weiteren<br />

Expert:innen statt – das Austrian<br />

Health Forum-NetUp zu <strong>Seltene</strong>n<br />

<strong>Erkrankungen</strong> als hybride Veranstaltung<br />

im KELSEN im Parlament.<br />

Der Dachverband Pro Rare Austria<br />

stellt auf österreichischer Ebene<br />

eine gemeinsame starke Stimme für<br />

aktuell rund 100 Selbsthilfegruppen<br />

und Patient:innenorganisationen<br />

dar. Pro Rare Austria bringt diese<br />

Anliegen in die politische Arbeit<br />

sowie in die Projekte und Kooperationen<br />

des Verbands ein, um<br />

Verbesserungen für die Betroffenen<br />

zu erzielen.<br />

Auch jenen Menschen, die Informationen<br />

zu seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

benötigen, wird eine wichtige<br />

Anlaufstelle geboten; sie werden<br />

bei der Suche nach medizinischen<br />

Ansprechpersonen unterstützt und<br />

zu krankheitsspezifischen Selbsthilfegruppen<br />

vermittelt. So organisiert<br />

der Verband auch 2024 wieder – am<br />

13. April – ein „Vernetzungstreffen“<br />

für Betroffene einer seltenen<br />

Erkrankung und alle am<br />

Thema Interessierten. Gemeinsamer<br />

Dialog und Austausch sollen<br />

gefördert werden, während vorgestellte<br />

Best-Practice-Initiativen von<br />

Selbsthilfegruppen der Wissensweitergabe<br />

untereinander dienen.<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Erkrankungen</strong> müssen<br />

besser und frühzeitiger diagnostiziert<br />

und erforscht und Patient:innen<br />

bestmöglich versorgt werden<br />

– durch die Stärkung von Bewusstsein<br />

und Expertise, durch Vernetzung<br />

und den Ausbau bestehender<br />

Strukturen. Unser Ziel ist ein<br />

gleichberechtigtes Leben in der<br />

Mitte der Gesellschaft für alle<br />

Menschen mit einer seltenen<br />

Erkrankung.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.prorare-austria.org/<br />

news/veranstaltungen/<br />

www.gesundheit.gv.at/krankheiten/<br />

seltene-krankheiten/zentrenseltene-erkrankungen.html<br />

Diese Kampagne wird unterstützt von Avanzanite Bioscience B.V.


4 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

VERANSTALTUNG<br />

MPS-Weltkongress 2024:<br />

Wissensaustausch zu den<br />

vererbbaren Stoffwechselkrankheiten<br />

MukoPolySaccharidosen<br />

Von 4. bis 7. April 2024<br />

findet im Congress<br />

Centrum Würzburg<br />

das 17. Internationale<br />

Symposium zu MPS und ähnlichen<br />

<strong>Erkrankungen</strong> statt, um<br />

Ärzt:innen, Patient:innen, Familien,<br />

Wissenschaftler:innen und<br />

der Industrie eine Plattform für<br />

professionellen Wissensaustausch<br />

zu bieten.<br />

Das Congress Centrum Würzburg<br />

wird von 4. bis 7. April 2024<br />

zum Ort für wertvollen Austausch<br />

von Wissen, Ideen und Innovationen<br />

im Bereich der Stoffwechselkrankheit<br />

MPS und ähnlicher<br />

lysosomaler Speicherkrankheiten.<br />

Mit über 1.000 erwarteten internationalen<br />

Teilnehmer:innen haben<br />

Sie die Möglichkeit, wertvolle Kontakte<br />

mit Mediziner:innen aus aller<br />

Welt zu knüpfen. Außerdem gibt<br />

es die einzigartige Gelegenheit,<br />

Patient:innen mit unterschiedlichen<br />

MPS-Formen, Ausprägungen<br />

und Altersstufen persönlich<br />

kennenzulernen.<br />

Vier Tage voller Vorträge<br />

und Workshops<br />

Es erwartet Sie ein vielfältiges<br />

Programm, darunter zahlreiche<br />

wissenschaftliche Vorträge von 90<br />

Expert:innen und Referent:innen<br />

auf dem Gebiet der MPS, spezielle<br />

Workshops (Physiotherapie,<br />

Simulationstraining, Orthopädietechnik,<br />

Achtsamkeit), Networking-Dinner<br />

und vieles mehr.<br />

Die Kongresssprache ist Englisch,<br />

dabei werden die Vorträge<br />

simultan ins Deutsche und vice<br />

versa übersetzt.<br />

Sie sind Arzt/Ärztin, Wissenschaftler:in,<br />

Krankenpfleger:in,<br />

medizinisches Fachpersonal,<br />

persönlich im Familienkreis Betroffene:r<br />

oder Industrie-Vertreter:in?<br />

Dann sichern Sie sich jetzt Ihren<br />

Platz und melden Sie sich auf der<br />

Website MPS-Kongress 2024 an.<br />

Die Standard-Rate gilt noch bis<br />

15. März.<br />

Das MPS-Organisationsteam<br />

freut sich darauf, Sie in Würzburg<br />

begrüßen zu dürfen!<br />

Weitere Informationen<br />

und Anmeldungen unter<br />

www.mps2024.com<br />

UNSER NEUES BUCH<br />

IST ERSCHIENEN UND KANN<br />

AB SOFORT BESTELLT WERDEN!<br />

Kongressorganisation<br />

Der MPS-Weltkongress 2024 wird von den Selbsthilfeorganisationen<br />

MPS Austria, MPS Schweiz und MPS Deutschland<br />

organisiert. Diese Gesellschaften für MPS und ähnliche<br />

<strong>Erkrankungen</strong> wurden bereits in den 1980er-Jahren von Eltern<br />

betroffener MPS-Patient:innen gegründet. Ihre Hauptaufgaben<br />

sehen die MPS-Gesellschaften in der Beratung, Begleitung<br />

und Unterstützung von Patient:innen und deren Angehörigen<br />

sowie in der Netzwerkarbeit, vor allem mit Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen<br />

auf nationaler und internationaler Ebene.<br />

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von<br />

Chiesi Pharmaceuticals GmbH<br />

Ein Leitfaden für Betroffene, Familien,<br />

Ärzte und Angehörige der Pflegeberufe.<br />

Prof. Dr. Dr. Susanne Gerit Kircher<br />

In den letzten Jahren war<br />

eine ungeheure Dynamik bei<br />

den lysosomalen <strong>Erkrankungen</strong>,<br />

insbesondere bei den<br />

Mukopolysaccharidosen, zu<br />

verzeichnen. Die Diagnostik,<br />

insbesondere auf dem Gebiet<br />

der Molekulargenetik, ist<br />

breiter verfügbar geworden,<br />

parallel dazu sind zahlreiche<br />

neue Therapien bei den sogenannten<br />

Orphan Diseases<br />

entwickelt worden.<br />

Bestellungen sind direkt<br />

über die Webseite der MPS-<br />

Gesellschaft möglich:<br />

www.mps-austria.at/shop/<br />

mps-buch/<br />

Preis: 25 Euro<br />

(+Versandkosten)


MEDIAPLANET | 5<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Unser langfristiges<br />

Commitment<br />

Dr. Christian<br />

Woergetter, MES<br />

Managing Director<br />

Chiesi<br />

Pharmaceuticals<br />

GmbH<br />

FOTO: CHIESI<br />

Im Interview spricht Dr.<br />

Christian Woergetter, MES,<br />

Managing Director von Chiesi<br />

Pharmaceuticals GmbH und<br />

Vorsitzender des Standing Committees<br />

für <strong>Seltene</strong> <strong>Erkrankungen</strong><br />

der Pharmig (Verband der pharmazeutischen<br />

Industrie Österreichs),<br />

über das langfristige Engagement<br />

für <strong>Seltene</strong> <strong>Erkrankungen</strong>.<br />

Warum liegt Ihnen der Bereich<br />

der <strong>Seltene</strong>n <strong>Erkrankungen</strong> besonders<br />

am Herzen?<br />

Mir ist es sowohl beruflich als auch<br />

persönlich ein großes Anliegen,<br />

hier Fortschritte zu erzielen. Chiesi<br />

ist seit über 20 Jahren in diesem<br />

Bereich tätig – zu Beginn lag der<br />

Fokus auf den Krankheitsbildern<br />

Zystische Fibrose und Alpha-<br />

1-Antitrypsinmangel, inzwischen<br />

sind weitere dazugekommen. Wir<br />

sind heute in der Lage, für mehr<br />

als zehn seltene bzw. sehr seltene<br />

<strong>Erkrankungen</strong> Therapieoptionen<br />

in Österreich anbieten zu können.<br />

Welches Ziel verfolgt Chiesi in<br />

diesem Bereich?<br />

Wir sind bestrebt, weltweit einen<br />

gleichberechtigten Zugang zu<br />

innovativen Therapien und<br />

Lösungen für Menschen mit<br />

<strong>Seltene</strong>n <strong>Erkrankungen</strong> zu<br />

schaffen. Wir investieren laufend<br />

in die Forschung, teilweise auch in<br />

Kooperation mit anderen Pharma-<br />

Unternehmen. 2023 hat Chiesi<br />

den Bio-Pharmakonzern Amryt<br />

übernommen.<br />

Außerdem wollen wir Bewusstsein<br />

für <strong>Seltene</strong> <strong>Erkrankungen</strong><br />

generieren – hier setzen wir mit<br />

unserer Aufklärungsarbeit an.<br />

Auf unserem Instagram-Kanal @<br />

chiesi_austria liefern wir viele<br />

Informationen zu unterschiedlichen<br />

Krankheitsbildern. Denn<br />

der Weg der Patient:innen vom<br />

Auftreten der ersten Symptome bis<br />

zur Diagnosestellung ist häufig ein<br />

langer und leidvoller – und viele<br />

Krankheiten bleiben leider immer<br />

noch unerkannt.<br />

Sie haben die Übernahme von<br />

Amryt angesprochen. Wie spielt<br />

diese in Ihre Strategie?<br />

Dieses Investment spiegelt unser<br />

langfristiges Engagement für den<br />

Bereich der <strong>Seltene</strong>n <strong>Erkrankungen</strong><br />

wider. Amryt Pharma hat<br />

innovative Behandlungsansätze<br />

für Patient:innen mit <strong>Seltene</strong>n<br />

<strong>Erkrankungen</strong> und hohem „unmet<br />

medical need“ entwickelt.<br />

Unser Ziel ist es, Menschen mit<br />

<strong>Seltene</strong>n <strong>Erkrankungen</strong> und deren<br />

Angehörigen Hilfestellungen zu<br />

bieten, verbunden mit dem<br />

Commitment, sie langfristig zu<br />

begleiten.<br />

Chiesi ist ein internationaler, forschungsorientierter<br />

Biopharmakonzern, der innovative therapeutische Lösungen<br />

in den Bereichen Atemwegserkrankungen und <strong>Seltene</strong><br />

<strong>Erkrankungen</strong> und für den Spitalsbereich entwickelt und<br />

vermarktet. Chiesi hat sein Headquarter in Parma (Italien),<br />

ist in 31 Ländern tätig und beschäftigt mehr als<br />

6.500 Mitarbeiter:innen. www.chiesi.at<br />

Follow us on Instagram: @chiesi_austria<br />

We are<br />

Rare<br />

Committed to providing<br />

unique therapies designed<br />

to meet unique needs<br />

2141/TCP/portfol/AT/04-2023


6 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

EXPERTISE<br />

Eine Erkrankung,<br />

die schwer zu entdecken ist<br />

Wer an Morbus Fabry leidet, hat diese Diagnose oft erst nach einer langen Irrfahrt erhalten. Die Krankheit<br />

ist selten und wenig bekannt, dabei ist die Diagnose relativ einfach und auch der Schlüssel zur erfolgreichen<br />

Therapie. Warum und weshalb erklärt Dr. Michael Rudnicki im Expertengespräch.<br />

Text Philipp Jauernik<br />

Priv.-Doz. Dr.<br />

Michael<br />

Rudnicki<br />

Universitätskliniken<br />

Innsbruck<br />

Dept. für Innere<br />

Medizin IV -<br />

Nephrology and<br />

Hypertension<br />

FOTO: PICTUREPEOPLE<br />

Die Symptome bei Morbus Fabry<br />

gelten als unspezifisch. Wie<br />

können Betroffene sie trotzdem<br />

erkennen und richtig deuten?<br />

Sowohl Männer als auch Frauen<br />

können betroffen sein, aber Buben<br />

und Männer sind es oft früher und<br />

stärker. Die Betroffenen spüren<br />

meistens zuerst ein Brennen<br />

an Füßen oder Händen, das bei<br />

Belastung schlimmer wird, also<br />

bei Sport, Hitze, Erkrankung oder<br />

Stress. Bei Frauen treten die Symptome<br />

häufig zehn Jahre später auf<br />

als bei Männern, also erst ab dem<br />

Teenagerinnen- oder im jungen<br />

Erwachsenenalter. Ich frage<br />

Verdachtspatient:innen oft, ob sie<br />

in der Schule turnbefreit waren,<br />

denn auch das Nicht-Schwitzen-<br />

Können ist ein Zeichen der Fabry<br />

Erkrankung. Betroffene meiden<br />

körperliche Anstrengung (deswegen<br />

kein Turnen), sowie extreme<br />

Hitze (keine Sauna).<br />

Das bedeutet, dass die Diagnosestellung<br />

besonders schwierig<br />

ist und die Krankheit eher zufällig<br />

entdeckt wird? Wie kann<br />

man dem entgegnen?<br />

Mich hat kürzlich ein Fall besonders<br />

beeindruckt, wo im Rahmen<br />

einer Augenuntersuchung in der<br />

Volksschule bei einer ganzen<br />

Familie Morbus Fabry entdeckt<br />

wurde. Der Augenarzt hat bei den<br />

Kindern eine Trübung der Hornhaut<br />

festgestellt. Sie sehen deshalb<br />

zwar nicht schlechter – aber diese<br />

Trübung ist ein sicheres Zeichen<br />

für Morbus Fabry. Darauf sollte<br />

man also bei der Augenuntersuchung<br />

achten. Das zuvor erwähnte<br />

Brennen der Füße oder Hände ist<br />

ebenfalls ein sehr guter Hinweis.<br />

Außerdem sollten unklare <strong>Erkrankungen</strong><br />

der Niere oder des Herzens<br />

oder ein Schlaganfall unter 50 in<br />

der Familie einen Test nahelegen.<br />

UNSPEZIFISCHE SYMPTOME<br />

BEI MORBUS FABRY<br />

PSYCHE<br />

Depression, Fatigue<br />

AUGEN<br />

Cornea verticillata<br />

HERZ<br />

Hypertrophe<br />

Kardiomyopathie,<br />

Herzinfarkt,<br />

Arrhythmien,<br />

Herzinsuffizienz<br />

NIERE<br />

Mikroalbuminurie,<br />

Proteinurie,<br />

Niereninsuffizienz<br />

PERIPHERES<br />

NERVENSYSTEM<br />

Neuropathische Schmerzen als<br />

Brennschmerz in Händen und<br />

Füßen, episodische Schmerzkrisen,<br />

Parästhesien,<br />

Temperaturintoleranz<br />

Wie läuft so ein Test ab?<br />

Vor dem Test auf Morbus Fabry<br />

muss man keine Angst haben.<br />

Es handelt sich um eine einfache<br />

Blutabnahme oder einen Stich in<br />

die Fingerbeere wie bei der Blutzuckermessung<br />

mit einer Trockenblutkarte.<br />

Allerdings muss dies<br />

erst einmal möglich sein, denn<br />

ZENTRALNERVEN-<br />

SYSTEM<br />

Transitorische ischämische<br />

Attacke, Schlaganfall,<br />

Marklagerläsionen<br />

OHREN<br />

Hörverlust,<br />

Tinnitus,<br />

Schwindel<br />

LUNGE<br />

Kurzatmigkeit<br />

bei Belastung,<br />

chronisch<br />

obstruktive Lungenerkrankung<br />

GI-TRAKT<br />

Übelkeit, Erbrechen,<br />

Durchfall,<br />

Verstopfung,<br />

Bauchkrämpfe,<br />

Bauchschmerzen<br />

HAUT<br />

Angiokeratome,<br />

unzureichendes<br />

Schwitzen


MEDIAPLANET | 7<br />

nicht alle Hausärzt:innen haben<br />

die benötigten Karten. Im Internet<br />

findet man jedoch in jedem Bundesland<br />

Spezialist:innen, außerdem<br />

gibt es eine Selbsthilfegruppe<br />

(www.morbus-fabry.eu), die die<br />

wichtigen Kontaktdaten sofort zur<br />

Verfügung stellen kann.<br />

Mich hat kürzlich ein Fall besonders<br />

beeindruckt, wo im Rahmen<br />

einer Augenuntersuchung in der<br />

Volksschule bei einer ganzen Familie<br />

Morbus Fabry entdeckt wurde.<br />

Priv.-Doz. Dr. Michael Rudnicki<br />

Wie geht es nach der Diagnose<br />

für Betroffene weiter?<br />

Nach der Diagnose wird eine<br />

Untersuchung der Organe durchgeführt,<br />

dazu gehören etwa MRT<br />

von Herz und Kopf, Blut- und<br />

Harnuntersuchungen und Nierenultraschall.<br />

Danach weiß man<br />

genau, ob Organe betroffen sind<br />

und somit eine Therapieindikation<br />

vorliegt. Bei Buben oder Männern<br />

ist fast immer mit der Diagnose<br />

einer Fabry Erkrankung auch<br />

die Indikation für eine Therapie<br />

gestellt, bei Frauen ist das nicht<br />

immer so. Wenn die Organe<br />

nämlich nicht betroffen sind,<br />

beschränken wir uns auf regelmäßige<br />

Kontrollen. Ansonsten wird<br />

eine Therapie durchgeführt, bei<br />

der das fehlende Enzym mit einer<br />

Infusion zugeführt wird, oder in<br />

dem das nicht-funktionierende<br />

Enzym mit Kapseln unterstützt<br />

wird. Die Therapie ist also<br />

abhängig von der vorhandenen<br />

Genmutation. Das Ziel einer jeden<br />

Behandlung ist eine Stabilisierung<br />

bis Verbesserung der Nierenfunktion,<br />

der Herzfunktion, der<br />

Nervenfunktion und der Magen-<br />

Darm. Man will die Dialyse, den<br />

Herzinfarkt, den Schlaganfall<br />

verhindern.<br />

Sie haben schon erwähnt, dass<br />

Frauen erst später betroffen<br />

sind als Männer. Gibt es noch<br />

weitere geschlechtsspezifische<br />

Unterschiede?<br />

Morbus Fabry ist eine sogenannte<br />

x-chromosomale Erkrankung.<br />

Frauen haben zwei X-Chromosomen.<br />

Das für Fabry verantwortliche<br />

Molekül sitzt nun auf dem<br />

X-Chromosom, was bedeutet, dass<br />

Männer schwerer erkranken.<br />

Buben haben deshalb oft schon im<br />

Alter von unter 10 Jahren<br />

Beschwerden. Frauen hingegen<br />

erkranken schwächer und sehr<br />

heterogen – das heißt, Symptome<br />

und Organbeteiligung treten sehr<br />

unterschiedlich auf. In der<br />

Therapie gibt es aber keine<br />

Unterschiede.<br />

Our passion for<br />

making a difference<br />

unites us.<br />

Amicus is committed to improving the<br />

lives of patients and families affected by<br />

rare and orphan diseases.<br />

NP-NN-AT-00010123<br />

At the Forefront of Therapies for Rare and Orphan Diseases ®<br />

Amicus Therapeutics UK LTD, One Globeside, Fieldhouse Ln, Marlow SL7 1HZ


8 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Aktiv trotz Hämophilie A:<br />

Mehr als nur Golf spielen<br />

Moderne Präparate und eine angepasste Ersatztherapie<br />

machen es Menschen mit Hämophilie A möglich, ein<br />

sportlich aktives Leben zu führen. Der Blutgerinnungs-<br />

Experte Clemens Feistritzer und sein Patient<br />

Andreas Berger erklären die Hintergründe.<br />

OA Priv.-Doz.<br />

Dr. Clemens<br />

Feistritzer<br />

Leiter der<br />

Gerinnungsambulanz<br />

an der<br />

Universitätsklinik<br />

Innsbruck<br />

Andreas Berger<br />

Jahrgang 1975,<br />

studierte und unterrichtet<br />

Physik<br />

und Mathematik<br />

und nahm, unter<br />

anderem für das<br />

Radteam Tirol, an<br />

internationalen<br />

Mountainbikerennen<br />

teil.<br />

FOTO: TIROL KLINIKEN<br />

FOTO: PRIVAT<br />

Wodurch zeichnet sich<br />

Hämophilie A aus?<br />

Feistritzer: Bei Hämophilie A<br />

handelt es sich um eine x-chromosomal<br />

vererbte Gerinnungsstörung,<br />

die somit fast ausschließlich<br />

Männer betrifft. Je nach Schweregrad<br />

führt dies dazu, dass für die<br />

Blutgerinnung benötigte Faktoren<br />

nicht oder nur eingeschränkt<br />

gebildet werden können. Bei<br />

Hämophilie A ist das der Gerinnungsfaktor<br />

VIII, bei der seltener<br />

vorkommenden Hämophilie B der<br />

Faktor IX. Bei Personen mit einer<br />

Hämophilie mit einem Faktor-<br />

Spiegel von unter einem Prozent<br />

spricht man von einer schweren<br />

Form. Ein Anzeichen dafür ist<br />

neben Blutungen im Rahmen von<br />

Verletzungen oder Operationen<br />

auch das Auftreten von spontanen<br />

Gelenksblutungen, die nicht nur<br />

sehr schmerzhaft sind, sondern<br />

langfristig auch zu schweren Arthrosen<br />

der Gelenke führen können.<br />

Welche Behandlungsmöglichkeiten<br />

gibt es?<br />

Feistritzer: Es wird<br />

zwar intensiv an Gen-<br />

Therapien geforscht, jedoch<br />

ist Hämophilie A aktuell nicht<br />

heilbar. In Österreich und ganz<br />

Mitteleuropa sind wir in der Lage,<br />

eine prophylaktische Therapie<br />

durch die Gabe des Faktor VIII zur<br />

Verfügung zu stellen. Dies passiert<br />

normalerweise alle zwei bis vier<br />

Tage als Injektion direkt in die<br />

Venen. Als Alternative gibt es auch<br />

eine Antikörper-Therapie. Dafür<br />

wird der Wirkstoff ein- bis viermal<br />

pro Monat direkt unter die Haut<br />

gespritzt.<br />

Herr Berger, auf welche<br />

Therapie vertrauen Sie?<br />

Berger: Bei mir ist bereits als<br />

Kleinkind eine schwere Verlaufsform<br />

der Hämophilie A festgestellt<br />

worden. Ich hatte von Beginn an<br />

eine Prophylaxe, die mir anfangs<br />

meine Mutter verabreicht hat.<br />

Im Rahmen eines Sommercamps<br />

musste ich dann im Alter von<br />

12 Jahren lernen, mich selbst zu<br />

spritzen. Ich habe die Prophylaxe<br />

im Wesentlichen beibehalten und<br />

nur kurzfristig umgestellt, also nur<br />

gespritzt, wenn sportliche Großveranstaltungen<br />

anstanden oder ich<br />

verletzt war. Mittlerweile bin ich<br />

aber wieder bei der prophylaktischen<br />

Therapie.<br />

Feistritzer: Die Prophylaxe ist die<br />

empfohlene Therapieform, da sie<br />

Schäden an Gelenken minimieren<br />

kann. Bei einer sogenannten<br />

„on demand“-Therapie wird im<br />

Wesentlichen nur bei akuten Verletzungen<br />

oder chirurgischen Eingriffen<br />

der Faktor VIII verabreicht,<br />

die Folgen sind eine deutlich höhere<br />

Anzahl an Gelenksblutungen<br />

und langfristig eine Verschlechterung<br />

der Gelenke.<br />

Wie ist es um die Sicherheit von<br />

Hämophilie-Therapien bestellt?<br />

Feistritzer: Generell ist die Verabreichung<br />

durch die Vene bei Ersatztherapien<br />

das Hauptproblem,<br />

etwa wenn diese sehr fein sind.<br />

Nebenwirkungen bei den anderen<br />

verfügbaren Therapien sind<br />

dagegen sehr selten, sollten allerdings<br />

welche auftreten, sollte man<br />

diese unbedingt melden. Die Daten<br />

werden anonymisiert und laufend<br />

analysiert. Jede Meldung eines<br />

unerwünschten Ereignisses zählt.<br />

So kann man auch selbst langfristig<br />

zur Sicherheit der Therapie beitragen.<br />

(Anm.: mehr Informationen<br />

zur Nebenwirkungsmeldung in der<br />

Infobox). Besonders zu Beginn der<br />

Therapie – im Rahmen der ersten<br />

50 Verabreichungen – besteht das<br />

Risiko, dass Patient:innen Hemmkörper<br />

entwickeln. Dies kann die<br />

Therapie wirkungslos machen,<br />

was bei rund 30 Prozent aller<br />

Patient:innen der Fall ist. Dieser<br />

Hemmkörper kann aber meistens<br />

mit einer Immuntoleranztherapie<br />

gut behandelt werden, sodass die<br />

Therapie im Anschluss dann ganz<br />

normal wirksam ist. Alternativ<br />

kann man aber auch zu der bereits<br />

erwähnten Antikörper-Therapie<br />

greifen.<br />

Berger: Ich habe nie Probleme<br />

mit den Präparaten und bereits<br />

als Kind Glück mit meinen Venen<br />

gehabt. Ich habe mit einer Vene im<br />

Ellbogen angefangen und bin bis<br />

heute bei dieser geblieben.<br />

Wie wird die Patient:innen-Sicherheit<br />

auch bei neuen Therapien<br />

sichergestellt?<br />

Feistritzer: Die Sicherheit eines<br />

Arzneimittels wird einerseits<br />

durch strenge vorklinische und<br />

klinische Versuche überprüft und<br />

andererseits nach der Marktzulassung<br />

genau überwacht. Ist ein<br />

Medikament einmal zugelassen,<br />

wird es von wesentlich mehr<br />

Patient:innen eingenommen als<br />

in den zuvor durchgeführten<br />

Studien. <strong>Seltene</strong> Nebenwirkungen<br />

oder Interaktionen mit anderen<br />

Medikamenten können durch<br />

Nebenwirkungsmeldungen<br />

Mehr Informationen<br />

auf dem<br />

Instagram-Kanal<br />

ichbinbluter.at<br />

und unter diesem<br />

QR-Code:


MEDIAPLANET | 9<br />

Jede Nebenwirkungsmeldung zählt! Jeder<br />

Mensch nimmt irgendwann im Laufe seines<br />

Lebens Medikamente ein. Über Nebenwirkungen<br />

wird dabei wenig gesprochen.<br />

Die Fakten:<br />

Jedes Medikament hat Nutzen und Risiken,<br />

welche in klinischen Studien genau untersucht<br />

werden. Nur bei einem ausgewogenen Verhältnis<br />

wird ein Medikament zugelassen. Daten<br />

über Nebenwirkungen nach der Zulassung sind<br />

eine notwendige und wichtige Ergänzung für<br />

das Nutzen-Risiko-Profil.<br />

Wer kann Nebenwirkungen melden?<br />

Patient:innen und Angehörige des Gesundheitswesens<br />

können ein unerwünschtes<br />

Ereignis bei der Behörde oder dem Hersteller<br />

anonym melden.<br />

Was passiert, wenn die Analyse der Daten<br />

zu neuen Erkenntnissen führt?<br />

Die Aktionen richten sich nach der Art der<br />

neuen Erkenntnis:<br />

• In den meisten Fällen werden die Packungsbeilage<br />

und Fachinformation aktualisiert.<br />

• Möglicherweise müssen Ärzt:innen gezielt<br />

informiert werden.<br />

• Sehr selten ist es notwendig, ein Medikament<br />

vom Markt zu nehmen.<br />

Beispiele für neue Erkenntnisse:<br />

• Die Wirksamkeit des Medikaments wird<br />

durch die Interaktion mit einem anderen<br />

Arzneimittel beeinflusst.<br />

• Eine seltene Nebenwirkung, die nur wenige<br />

Menschen betrifft, wurde entdeckt.<br />

• Das Medikament zeigt eine unerwartete<br />

positive Wirkung.<br />

Zum Melden einer<br />

Nebenwirkung und für<br />

mehr Information zum<br />

Thema Patient:innensicherheit<br />

scannen Sie<br />

diesen QR Code<br />

erkannt und in die Fach- und<br />

Packungsbeilage aufgenommen<br />

werden. So wird das Risiko-Nutzen-<br />

Profil laufend detaillierter.<br />

Wie verhält man sich richtig,<br />

wenn man sich verletzt?<br />

Berger: Wenn etwas passiert, muss<br />

ich schauen, dass ich möglichst<br />

schnell nachspritze. Ich habe überall,<br />

wo ich mich länger aufhalte, das<br />

Medikament vorrätig. Und auch<br />

wenn ich eine längere Mountainbike-Tour<br />

mache, habe ich es<br />

dabei. Für den Fall, dass ich nicht<br />

selber spritzen kann, wenn ich zum<br />

Beispiel bewusstlos wäre, wissen<br />

meine Freunde und die Familie<br />

Bescheid, was sie der Rettung oder<br />

dem Notarzt sagen müssen. Zur<br />

Sicherheit trage ich auch eine entsprechende<br />

Notfallkarte bei mir.<br />

Feistritzer: Hämophilie A ist eine<br />

sehr seltene Krankheit. Darum<br />

ist es wichtig, dass behandelnde<br />

Ärzt:innen schnell davon in<br />

Kenntnis gesetzt werden. Auch<br />

das Umfeld, Freund:innen und<br />

Lehrer:innen sollten über die<br />

Krankheit Bescheid wissen – es gibt<br />

ja keinen Grund, die Erkrankung zu<br />

verheimlichen.<br />

Worauf muss man achten, wenn<br />

man sportlich aktiv sein will?<br />

Feistritzer: Der Faktor-VIII-Spiegel<br />

nimmt mit der Zeit ab. Je höher der<br />

Spiegel ist, desto sicherer ist man.<br />

Das ist vor allem dann wichtig,<br />

wenn man sportlich aktiv sein<br />

will. Patient:innen sollten darum<br />

wissen, wann sie gespritzt haben,<br />

um im Alltag den Überblick über<br />

ihren Spiegel behalten und diesen<br />

entsprechend an ihre Freizeitaktivitäten<br />

anpassen zu können.<br />

Darum ist es wichtig, dass Personen<br />

mit Hämophilie A, auch Kinder,<br />

entsprechend geschult werden.<br />

Das bedeutet nicht nur, sich selbst<br />

injizieren zu können, sondern auch<br />

zu wissen, wann es notwendig ist.<br />

Dann können Kinder auch problemlos<br />

am Schulsport, von dem sie<br />

früher oft ausgeschlossen worden<br />

sind, teilnehmen. Das ermöglicht<br />

es, koordinative Fähigkeiten und<br />

auch Muskeln zu trainieren. Ersteres<br />

hilft dabei, Verletzungen zu<br />

vermeiden, während der Muskelaufbau<br />

Gelenke schützt. Das gilt<br />

natürlich für alle Altersgruppen.<br />

Berger: Bei mir war es als Kind<br />

noch so, dass ich gewisse Risikosportarten<br />

nicht machen durfte.<br />

Das waren Sportarten wie Fußball<br />

und Schifahren, wo die Gefahr<br />

einer Fremdeinwirkung hoch ist.<br />

Ich habe aber dennoch viel Sport<br />

gemacht: Tennis und Mountainbike,<br />

später auch Bodybuilding,<br />

Rennrad, Langlaufen und Skitouren.<br />

Alles, was ich gemacht<br />

habe, habe ich oft ziemlich extrem<br />

gemacht – vielleicht auch, um<br />

der Welt zu zeigen, dass ich nicht<br />

anders bin und nicht aufpassen<br />

muss. Was nicht geht, ist Laufen,<br />

weil ich aufgrund der Hämophilie<br />

eine Arthrose im Sprunggelenk<br />

entwickelt habe. Mit der Ersatztherapie<br />

kann ich aber alles, was<br />

ich machen will, was mir Freude<br />

bereitet, machen – mittlerweile<br />

auch Schifahren.<br />

Feistritzer: Wenn man adäquat<br />

therapiert, kann man auch Schifahren<br />

oder Fußball spielen. Ich halte<br />

die Einteilung in Risiko- und Nicht-<br />

Risikosportarten deshalb für nicht<br />

mehr zeitgemäß. Studien zeigen,<br />

dass die Frage über das Ausüben<br />

der Sportarten, nicht so sehr von<br />

der Sportart selbst, sondern von<br />

den Patient:innen und etwaigen<br />

Gelenksvorschädigungen abhängig<br />

ist. Unser Ziel ist es, Menschen<br />

mit Hämophilie A von Kindheit<br />

an so zu therapieren, dass sie alles<br />

machen können. Mit der Prophylaxe<br />

mit Gerinnungsfaktoren und<br />

Antikörpern können alle Menschen<br />

im Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />

sportlich aktiv sein.


10 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

Wenn das Blut sauer ist<br />

Bei der distalen renaltubulären Azidose (dRTA) kommt es zur Ansammlung von<br />

Säure im Körper. Grund dafür ist die Unfähigkeit der Nieren, ausreichend Säure<br />

über den Harn auszuscheiden.<br />

ao. Univ.-Prof. Dr.<br />

Klaus Arbeiter<br />

Leiter der Kinderdialyse<br />

an der<br />

Abteilung für<br />

Pädiatrische<br />

Nephrologie und<br />

Gastroenterologie,<br />

Universitätklinik<br />

für Kinder- und<br />

Jugendheilkunde,<br />

Medizinische Universität<br />

Wien<br />

FOTO: MED UNI WIEN<br />

Abläufe, die normalerweise in<br />

der Niere stattfinden<br />

In den Nieren werden Wasser,<br />

Salze und andere Stoffe aus dem<br />

Blut in den Nierenkörperchen als<br />

„Primärharn“ filtriert. Von diesem<br />

Harn werden bei Erwachsenen<br />

pro Tag fast 200 Liter produziert.<br />

Dieser fließt über feine Kanäle<br />

(Tubuli) weiter über den Harnleiter<br />

in die Harnblase und wird als mehr<br />

oder weniger konzentrierter Harn<br />

ausgeschieden. Bevor der Harn<br />

jedoch in der Harnblase ankommt,<br />

werden in den Tubuli ein Großteil<br />

des Wassers (ca. 99 %), Salze und<br />

viele andere Stoffe, die für den<br />

Organismus lebensnotwendig sind,<br />

über ein komplexes System an<br />

Transport- und Rückkopplungsmechanismen<br />

wieder ins Blut<br />

zurückgeholt.<br />

Dabei werden unter anderem in<br />

den distalen Tubuli Wasserstoffionen,<br />

die sauer sind, in den Harn<br />

abgegeben, um so unser Blut im<br />

pH-Gleichgewicht zu halten.<br />

Selten, aber immer wieder<br />

unerkannt<br />

Wenn dieser Ablauf nicht funktioniert,<br />

entsteht die distale renaltubuläre<br />

Azidose (dRTA).<br />

Diese seltene Erkrankung<br />

kommt bei Kindern fast ausschließlich<br />

durch Vererbung genetischer<br />

Mutationen/Varianten vor.<br />

Sie kann aber auch – vor allem bei<br />

Erwachsenen – als Folge anderer<br />

schwerer <strong>Erkrankungen</strong> oder durch<br />

Medikamente ausgelöst werden. In<br />

Österreich sind etwa 20 Kinder von<br />

der erblichen Variante betroffen,<br />

die Dunkelziffer an nicht erkannten<br />

Betroffenen ist wahrscheinlich<br />

deutlich höher. Dies liegt auch<br />

daran, dass sich die Erkrankung<br />

manchmal mit milder Ausprägung<br />

zeigt und dadurch gar nicht oder<br />

erst spät erkannt wird.<br />

Symptome und<br />

Anzeichen der dRTA<br />

Schon im Säuglingsalter kann<br />

die dRTA neben vielen anderen<br />

Gründen zu vermehrtem Erbrechen<br />

mit Gedeihstörung und<br />

schwerer Dehydration führen. Oft<br />

findet deshalb – und aufgrund von<br />

gastrointestinalen Infekten – eine<br />

erste ärztliche Vorstellung statt. Bei<br />

diesen Infekten können betroffene<br />

Kinder metabolisch sehr rasch<br />

entgleisen.<br />

Ein weiteres Organsystem, das<br />

durch die Krankheit betroffen ist,<br />

ist das Skelett. Unbehandelt kann<br />

sich die Erkrankung durch die<br />

chronisch bestehende metabolische<br />

Azidose gravierend auf das<br />

Längenwachstum auswirken. Kinder<br />

mit bis dahin nicht erkannter<br />

und unbehandelter dRTA zeigen<br />

im Kindergarten- oder Schulalter<br />

oft einen Wachstumsrückstand<br />

und fallen durch Kleinwuchs auf.<br />

Schwere Folgen der dRTA sind<br />

Knochenschmerzen und -deformationen<br />

sowie Knochenbrüche,<br />

die selbst durch geringe Traumen<br />

verursacht werden können.<br />

In den Nieren selbst kommt<br />

es durch die dRTA schon sehr<br />

früh zur Ablagerung von Kalzium<br />

(Nephrokalzinose), was zwar<br />

keine Beschwerden macht, aber im<br />

Rahmen einer Ultraschalluntersuchung<br />

auffallen kann. Bei manchen<br />

Betroffenen kommt es auch zur<br />

Nierensteinbildung.<br />

Ein Teil der Betroffenen – vor<br />

allem bei genetischen Formen<br />

– entwickelt auch eine Innenohrschwerhörigkeit,<br />

weshalb bei<br />

Innenohrhörstörungen vor allem<br />

im Kindes- und Jugendalter immer<br />

auch an das Vorliegen einer dRTA<br />

gedacht werden muss.<br />

Diagnosestellung<br />

Die Diagnose der Erkrankung<br />

erfolgt mittels Blut- und Harntests,<br />

die den Verdacht der dRTA sehr<br />

schnell erhärten können. Dabei<br />

findet man in der Blutgasanalyse<br />

eine metabolische Azidose, meist<br />

auch mit einem niedrigen Kaliumwert<br />

einhergehend. Der Harn weist<br />

einen alkalischen pH-Wert auf, und<br />

die Citrat-Ausscheidung im Harn<br />

zeigt sich stark gesenkt. Zusätzlich<br />

ist im Ultraschall der Nieren eine<br />

Nephrokalzinose sichtbar.<br />

Die endgültige Diagnose der<br />

dRTA erfolgt dann meist anhand<br />

von molekulargenetischen<br />

Methoden.<br />

Therapieform bei dRTA<br />

Die Behandlung von dRTA ist auf<br />

den ersten Blick sehr einfach. Die<br />

konsequente Zufuhr von alkalischen<br />

Salzen (z. B. Kaliumcitrat)<br />

kann die Azidose und damit die<br />

schweren Folgen gut korrigieren,<br />

mit Ausnahme der Innenohrschwerhörigkeit.<br />

Die Therapie sollte<br />

regelmäßig über den Tag verteilt<br />

verabreicht werden – im Idealfall<br />

alle sechs Stunden. Bei Säuglingen<br />

funktioniert das Verabreichen in<br />

kurzen Abständen meist noch sehr<br />

gut, ältere Kinder verweigern die<br />

häufige Therapie jedoch in vielen<br />

Fällen.<br />

Vor Kurzem wurde von der Europäischen<br />

Arzneimittel-Agentur<br />

eine Alkalisalz-Kombination zugelassen,<br />

die eine längere Wirkdauer<br />

aufweist und nur mehr morgens<br />

und abends eingenommen werden<br />

muss. Für einige Betroffene stellt<br />

diese neue Möglichkeit eine große<br />

Erleichterung im Alltag mit ihrer<br />

Erkrankung dar.<br />

Entscheidend für die Betroffenen<br />

ist in jedem Fall eine frühe<br />

Diagnose. Erkennt man bei sich<br />

selbst oder bei Angehörigen die<br />

oben beschriebenen Symptome,<br />

sollte an dRTA gedacht und<br />

dahingehend untersucht werden.<br />

Der erste Schritt, die einfache<br />

Blutgasanalyse, kann in jedem<br />

Labor durchgeführt werden – sogar<br />

über eine kapilläre Blutabnahme<br />

bei Säuglingen und Kleinkindern.<br />

Die weitere Abklärung sollte in<br />

einer kindernephrologischen<br />

Ambulanz oder Ordination<br />

erfolgen. Die langfristige Betreuung<br />

nach finaler Diagnose muss<br />

aber in jedem Fall in einem<br />

nephrologischen Zentrum<br />

stattfinden.


MEDIAPLANET | 11<br />

<strong>Seltene</strong> Augeninfektion:<br />

Wenn sich unter der Hornhaut<br />

die Amöben tummeln<br />

Acanthamoeba-Keratitis ist eine seltene Augeninfektion,<br />

die verheerende Folgen haben kann. Warum sie dennoch<br />

kaum erkannt wird und wie geholfen werden kann,<br />

erklärt Augenarzt Dr. Gerald Schmidinger.<br />

Text Philipp Jauernik<br />

Assoc.-Prof.<br />

PD Dr. Gerald<br />

Schmidinger<br />

Leiter der Ambulanz<br />

für Hornhauterkrankungen<br />

Leiter der Hornhautbank<br />

Wien<br />

Medizinische<br />

Universität Wien<br />

AKH Wien<br />

FOTO: AKH WIEN<br />

Können Sie kurz erklären, worum<br />

es sich bei Acanthamoeba-Keratitis<br />

handelt?<br />

Die Acanthamoeba-Keratitis, auch<br />

Amöbenkeratitis genannt, ist eine<br />

Entzündung der Hornhaut der<br />

Augen, allerdings in einer seltenen<br />

Form. Entzündungen der Hornhaut<br />

werden zumeist durch Erreger<br />

ausgelöst – das sind Bakterien, in<br />

letzter Zeit vermehrt Pilze, aber<br />

auch Viren. Ein Teil der Entzündungen<br />

wird durch die sogenannten<br />

Acanthamoeben ausgelöst.<br />

Wie kommt es zur Infektion, gibt<br />

es besondere Risikogruppen?<br />

Einige der Acanthamoeben-Stämme<br />

können Infektionen in der<br />

Hornhaut auslösen. Sie treten<br />

fast immer im Zusammenhang<br />

mit Kontaktlinsen auf, meistens<br />

mit Monatslinsen, bei denen eine<br />

All-in-one-Spüllösung verwendet<br />

und die Hygienemaßnahmen nicht<br />

ausreichend beachtet werden.<br />

Erhöhtes Risiko besteht darüber<br />

hinaus bei Nachtlinsen (Ortho-K<br />

Linsen).<br />

Acanthamoeben kommen<br />

besonders häufig in stehenden<br />

Gewässern vor. Das heißt, sehr<br />

oft waren Patient:innen mit ihren<br />

Kontaktlinsen schwimmen, etwa<br />

in tropischen Gebieten, aber auch<br />

im Pool oder Seen in Österreich.<br />

In England gab es einige Fälle, wo<br />

sich Kulturen in Wassertanks auf<br />

Hausdächern gebildet hatten. Hier<br />

bestehen Gefahren, die vielfach<br />

unterschätzt werden.<br />

Wie erfolgt die Diagnose,<br />

welche Probleme können<br />

dabei auftreten?<br />

Besonders heimtückisch an der<br />

Acanthamoeba-Keratitis ist die<br />

extrem schwierige Diagnose – sie<br />

wird zunächst fast immer falsch<br />

diagnostiziert. Das liegt einerseits<br />

daran, dass sie so selten ist, aber<br />

andererseits auch daran, dass die<br />

Acanthamoeben andere Infektionen<br />

klinisch vortäuschen können.<br />

Dadurch sieht das klinische Bild<br />

oft aus wie etwa eine Pilz- oder eine<br />

Vireninfektion. Die Routine führt<br />

hier oft dazu, dass Patient:innen<br />

anfänglich falsch behandelt werden.<br />

Die durchschnittliche Dauer<br />

bis zur korrekten Diagnosestellung<br />

beträgt oft mehr als ein Monat.<br />

Das klingt lange. Wie unangenehm<br />

ist das für Betroffene?<br />

In dieser Zeit passieren oft schon<br />

besonders schwierige Infektionsverläufe.<br />

Wenn wir an der Universitätsklinik<br />

die Patient:innen sehen,<br />

haben diese also eine längere<br />

Leidensgeschichte hinter sich.<br />

Das bedeutet, sie sind meistens<br />

in einem schweren Infektionsstadium.<br />

Die Infektion hat leider kein<br />

klassisches klinisches Bild, bis auf<br />

ein paar Anzeichen, die geübten<br />

Augenärzt:innen auffallen können.<br />

Doch es braucht auch eine gewisse<br />

Ausstattung, um die Diagnostik<br />

entsprechend gut durchführen<br />

zu können. Zum Beispiel müssen<br />

PCR-Tests hinsichtlich des Erregers<br />

gemacht oder Gewerbeproben<br />

entnommen werden. Und trotzdem<br />

kommt es leider immer wieder<br />

zu falschen Befunden. In einigen<br />

wenigen Einrichtungen in Österreich<br />

gibt es die Möglichkeit einer<br />

sogenannten konfokalen Mikroskopie,<br />

bei der die Erreger mit<br />

einer guten Bildtechnik dargestellt<br />

werden können.<br />

Wie sieht der Therapieweg<br />

für Betroffene aus?<br />

Die Acanthamoeben haben einen<br />

Verteidigungsmechanismus. Sie<br />

treten in zwei Zuständen auf: Zum<br />

einen gibt es die aktive Amöbe, die<br />

sich lebend durchs Gewebe frisst<br />

und die Gewebeentzündungen<br />

in der Hornhaut auslöst. Sind die<br />

Umweltbedingungen schlecht,<br />

kann sich die Amöbe zum anderen<br />

in eine Zystenform umbilden, die<br />

extrem resistent gegen Strahlung,<br />

Temperatur oder chemische<br />

Stoffe ist. Das macht eine Therapie<br />

äußerst schwierig.<br />

Wie sieht die Therapie<br />

in diesem Fall aus?<br />

Aktuell gibt es keine zugelassenen<br />

Medikamente, also auch keine<br />

Therapie, die in wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen mit randomisierten<br />

Studien etabliert ist. Aber es<br />

gibt unterschiedliche Wirkstoffgruppen,<br />

von denen man weiß,<br />

dass sie erfolgreich gegen die<br />

Erreger wirken. Einige davon<br />

können etwa aus England bezogen<br />

werden. Wir in Wien arbeiten<br />

vorrangig mit Chlorhexidin, das<br />

wird in Apotheken in Augentropfenform<br />

aufbereitet. Polyhexanid<br />

ist hingegen schwierig zu bekommen<br />

– doch es wird gerade<br />

versucht, ein Medikament damit<br />

am Markt zu etablieren. Dazu<br />

kommen Pilzmedikamente und<br />

Antibiotika. Betroffenen kann also<br />

gut geholfen werden, auch wenn es<br />

nicht einfach ist.


Text: Magdalena Reiter-Reitbauer<br />

12 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

Ich lebe jeden Tag mit mir –<br />

ich hab‘ mich daran gewöhnt!<br />

Etwa 100 Österreicher:innen leben mit der seltenen Erbkrankheit<br />

Friedreich Ataxie – Jakob Mitterhauser (31) ist einer von ihnen.<br />

Wie er seinen Alltag mit der fortschreitenden neurologischen<br />

Gleichgewichtsstörung bewältigt, lesen Sie hier.<br />

Text Doreen Brumme<br />

Jakob Mitterhauser<br />

Mitbegründer der<br />

Selbsthilfegruppe<br />

Friedreich Ataxie<br />

Austria<br />

FOTO: BRIGITTE BOUROYEN<br />

Wie kam es zu Ihrer Diagnose?<br />

Mit 14 oder 15 hatte ich nach dem<br />

Fußballspielen beim Dehnen auf<br />

einem Bein immer wieder Schwierigkeiten,<br />

das Gleichgewicht zu<br />

halten. Der Schularzt stellte eine<br />

verkrümmte Wirbelsäule fest und<br />

schickte mich zur Physiotherapie.<br />

Dort fiel mein Gang auf. Man<br />

riet mir, die Sache neurologisch<br />

abklären zu lassen. Kurz nach der<br />

Matura bekam ich dann meine<br />

Diagnose: Friedreich Ataxie. Es<br />

hieß, ich würde in fünf bis zehn<br />

Jahren im Rollstuhl sitzen. Das ist<br />

jetzt 13 Jahre her.<br />

Bachelor und fragte mich „Was<br />

tue ich als Nächstes?“. Ich trennte<br />

mich von meiner Freundin und<br />

erlitt während meines Urlaubs in<br />

Südamerika zwei heftige Infekte.<br />

Der Stress war zu viel, weshalb ich<br />

in depressive Phasen glitt. Vier<br />

Jahre lang hatte ich immer wieder<br />

depressive Episoden, die ich seit<br />

Ende 2019 unter Kontrolle habe.<br />

Wie gelang Ihnen das?<br />

Ich lernte, dass Gesundheit wichtig<br />

ist und Stress mir schadet. Ich<br />

setze deshalb auf fünf Punkte, um<br />

Letzteres zu vermeiden: Schlaf,<br />

Jakob“ (siehe Kasten) machen.<br />

Ich bin fit: Ich wohne allein und<br />

stemme mein Leben weitgehend<br />

selbständig, brauche jedoch mehr<br />

Zeit für Alltägliches und zwischendurch<br />

immer wieder Pausen.<br />

Ich arbeite deshalb in Teilzeit.<br />

Meine Familie war und ist mir eine<br />

große Stütze.<br />

Ich rudere im österreichischen<br />

Para-Ruderteam (siehe Kasten)<br />

– wir suchen übrigens dringend<br />

Verstärkung, insbesondere weibliche<br />

–, und ich fahre regelmäßig<br />

E-Bike. Außerdem mache ich<br />

täglich meine Physioübungen und<br />

Wie steckten Sie die<br />

Diagnose weg?<br />

Mir ging’s gut. Ich konnte Fußball<br />

spielen und auch noch Ski fahren.<br />

Man sah mir fast nichts an, auch<br />

wenn ich selbst mitunter das<br />

Gefühl hatte, dass mein Gehirn<br />

nicht hinterherkommt. Dazu müssen<br />

Sie wissen, dass jede Bewegung<br />

aus einem Zusammenspiel von<br />

Auge, Innenohr, Kleinhirn und<br />

peripheren Nerven resultiert, was<br />

bei mir gestört ist. Ich schob die<br />

Diagnose von mir weg und sprach<br />

vier Jahre kaum darüber.<br />

Im Jahr 2015 war ich das erste<br />

Mal auf Reha und wurde damit<br />

konfrontiert, dass sich mein<br />

Zustand verschlechtert hatte. Die<br />

Veränderungen hatten sich auf<br />

eine Art eingeschlichen, dass ich<br />

mich daran gewöhnt hatte – ich<br />

lebte schließlich jeden Tag mit<br />

mir. Dann setzte ich mich aber<br />

mit meiner Erkrankung auseinander<br />

– zugleich geschah viel im<br />

Privatleben. Ich machte meinen<br />

Ich lernte, dass Gesundheit wichtig ist und Stress mir<br />

schadet. Ich setze deshalb auf fünf Punkte, um Letzteres<br />

zu vermeiden: Schlaf, Meditation, soziale Kontakte,<br />

Bewegung und Ernährung. Ich weiß, wie sehr mich<br />

Depressionen früher eingeschränkt haben, und bin<br />

deshalb heute dankbar für jeden Tag ohne sie.<br />

Meditation, soziale Kontakte,<br />

Bewegung und Ernährung. Ich<br />

weiß, wie sehr mich Depressionen<br />

früher eingeschränkt haben, und<br />

bin deshalb heute dankbar für<br />

jeden Tag ohne sie.<br />

Wie sieht Ihr Alltag<br />

inzwischen aus?<br />

Ich meistere das Leben ohne<br />

Hilfsmittel, wobei mein Gang an<br />

einen Betrunkenen erinnert. Ein<br />

Bild davon können Sie sich dank<br />

der Dokumentation „Einfach nur<br />

einmal im Jahr eine vierwöchige<br />

Reha. Für diese Möglichkeit aufgrund<br />

des österreichischen Sozialsystems<br />

bin ich dankbar. Ohne<br />

Reha wäre mein Zustand sicher<br />

schlechter und meine Lebensqualität<br />

geringer.<br />

Ihr schwankender Gang zieht<br />

Blicke auf sich – Was macht es<br />

mit Ihnen, dass viele Sie für<br />

betrunken halten?<br />

Viele Blicke sehe ich gar nicht,<br />

da ich mich auf meinen Weg


MEDIAPLANET | 13<br />

konzentriere. Grundsätzlich verstehe<br />

ich die Neugier, mir geht es<br />

bei außergewöhnlichen Dingen<br />

genauso. Dennoch wünsche ich<br />

mir, dass die Menschen bei sich<br />

bleiben – wenn ich Hilfe brauche,<br />

gebe ich Bescheid. Und meine<br />

Erfahrung ist, dass mir dann<br />

auch immer geholfen wird. Ich<br />

bin heute selbstbewusster als<br />

früher, das heißt, mir ist egal,<br />

was fremde Menschen von mir<br />

denken. Wichtig sind Familie und<br />

Freund:innen. Nur so kann ich mit<br />

meiner Behinderung leben.<br />

Sie engagieren sich auch für die<br />

Belange von Betroffenen?<br />

Während meiner jährlichen Reha-<br />

Aufenthalte genieße ich die verständnisvolle<br />

Gemeinschaft mit<br />

anderen Betroffenen sehr. Deshalb<br />

habe ich im Herbst 2022 unsere<br />

österreichische Selbsthilfegruppe<br />

(siehe Kasten) mitgegründet, um<br />

den kontinuierlichen Austausch<br />

über unsere Krankheit zu fördern.<br />

Derzeit steht in Österreich die<br />

Zulassung eines ersten Medikaments<br />

gegen Friedreich Ataxie<br />

an. Was erwarten Sie sich<br />

davon?<br />

Ich erwarte kein Wundermittel.<br />

Doch die Erfahrungen aus den USA,<br />

wo das Mittel bereits zugelassen<br />

ist, stimmen mich zuversichtlich:<br />

Es kann das Fortschreiten der<br />

Erkrankung und damit die gesundheitlichen<br />

Verschlechterungen<br />

abbremsen. Es wäre schön, aufzuwachen<br />

und etwas einnehmen zu<br />

können, das hilft.<br />

Was wünschen Sie sich von Ihren<br />

Mitmenschen?<br />

Meine Wünsche erwachsen aus dem<br />

Wissen um meine Abhängigkeit als<br />

Mensch mit Behinderung: Mir geht<br />

es zwar gut, weil Österreich ein<br />

soziales Netz hat, das Menschen wie<br />

mich auffängt. Doch es gibt hier<br />

Luft zur Verbesserung. Zum<br />

Beispiel sollte die UN-Menschenrechtskonvention<br />

für Menschen mit<br />

Behinderung, die auch Österreich<br />

ratifiziert hat, konsequent umgesetzt<br />

werden. Das heißt, das<br />

Sicherheitsnetz basiert auf<br />

demokratischen Grundrechten, die<br />

jedoch von rechten Anhänger:innen<br />

missachtet werden. Das ist es,<br />

was mir Sorgen macht. Als Geograf<br />

und Stadtklimatologe sorge ich<br />

mich auch um unseren Planeten.<br />

Hier wünsche ich mir entschlossene<br />

Maßnahmen gegen den<br />

Klimawandel.<br />

• Die mit dem österreichischen Wissenschaftspreis 2021<br />

ausgezeichnete Multimedia-Dokumentation „Einfach nur<br />

Jakob“ von Sandra Fleck finden Sie hier:<br />

www.pageflow.jour.at/einfach-nur-jakob<br />

• Die Para-Ruderer:innen können Sie hier kontaktieren:<br />

www.wrc-pirat.at/para-rowing<br />

• Mehr zur Selbsthilfegruppe finden Sie auf der<br />

Homepage www.friedreich-ataxie.at,<br />

Kontakt: info@friedreich-ataxie.at<br />

Andreas Bracher,<br />

PhD<br />

Head of Medical<br />

Affairs<br />

Deutschland und<br />

Österreich<br />

Weitere Informationen<br />

erhalten<br />

Sie unter<br />

www.biogen.at<br />

FOTO: CHRISTIAN HUSAR<br />

Das Leben von Patient:innen mit einer seltenen<br />

Erkrankung verbessern: Auftrag und Antrieb zugleich<br />

„Keine Erkrankung sollte zu selten sein, um beachtet<br />

zu werden“, sagt Dr. Andreas Bracher, Head of<br />

Medical Affairs bei Biogen Deutschland und Österreich.<br />

Einzeln mögen sie zwar selten sein – doch<br />

addiert man die Schicksale, sind in Österreich etwa<br />

450.000 Personen von einer der 6.000 bis 8.000<br />

seltenen <strong>Erkrankungen</strong> betroffen.<br />

Für ca. 90 % der seltenen <strong>Erkrankungen</strong> gibt es<br />

nach wie vor keine Therapie. Für Biogen ist diese<br />

Tatsache Auftrag und besonderer Antrieb zugleich<br />

– wie das Beispiel der Friedreich Ataxie zeigt, einer<br />

Erkrankung, die die Bewegungskoordination stark<br />

beeinflusst und einen Forschungsschwerpunkt<br />

des Unternehmens darstellt: „Die medizinische<br />

Forschung konzentriert sich intensiv auf seltene<br />

<strong>Erkrankungen</strong> wie der Friedreich Ataxie, um wirksame<br />

Therapieansätze zu entwickeln. Wir arbeiten<br />

an vielversprechenden Therapieansätzen, die<br />

darauf abzielen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen<br />

und die Lebensqualität der Patient:innen zu<br />

steigern.“<br />

Gerade im Bereich der seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

ist die Zusammenarbeit mit erkrankten Personen<br />

und auch den Patient:innenvertretungen besonders<br />

wichtig. „Klinische Skalen und Scores erlauben<br />

oft nur bedingt, den Benefit für Patient:innen<br />

zu beschreiben. Eine wichtige Rolle spielt aber<br />

auch der subjektive, von der erkrankten Person<br />

wahrgenommene Gesundheitszustand während<br />

einer Therapie. Dies ist ein wesentlicher Baustein<br />

für eine maßgeschneiderte und qualitätsorientierte<br />

Therapie“, erklärt Bracher, und ergänzt: „Es geht<br />

hier um Einzelschicksale und in einer solidarischen<br />

Gesellschaft müssen wir alle Verantwortung<br />

übernehmen.“<br />

Um den Zugang zu schnelleren Diagnosen und<br />

spezialisierter Versorgung zu fördern, fordert Bracher<br />

eine europaweite verbesserte Vernetzung von<br />

Zentren für seltene <strong>Erkrankungen</strong>: „Nur so erhalten<br />

wir eine valide und ausreichende Datengrundlage<br />

für bestimmte <strong>Erkrankungen</strong>. Diese Vernetzung<br />

ermöglicht zudem langfristig eine erfolgreiche und<br />

wohnortnahe Versorgung.“<br />

Als Pionier in Neurowissenschaften erforscht und entwickelt<br />

Biogen innovative Arzneimittel für Menschen<br />

mit schweren neurologischen und neurodegenerativen<br />

<strong>Erkrankungen</strong>. Biogen wurde 1978 als eines der ersten<br />

globalen Biotechnologie-Unternehmen gegründet.<br />

Biogen beschäftigt rund 7.500 Mitarbeiter:innen und<br />

erreicht mit seinen Medikamenten Menschen in über<br />

80 Ländern weltweit. Seit 1997 ist Biogen auch mit<br />

einem Büro in Wien vertreten.<br />

Diagnose mit<br />

5–18 Jahren<br />

Ungefähr 75 % der<br />

Personen mit Friedreich<br />

Ataxie werden<br />

im Alter von fünf bis 18<br />

Jahren diagnostiziert. 1<br />

Lebenserwartung:<br />

37 Jahre<br />

Die durchschnittliche<br />

Lebenserwartung von<br />

Betroffenen liegt bei<br />

37 Jahren. 2<br />

10–20 Jahre<br />

bis zum<br />

Rollstuhl<br />

Die meisten Personen<br />

mit Friedreich Ataxie<br />

benötigen innerhalb<br />

von zehn bis 20 Jahren<br />

ab Auftreten der ersten<br />

Symptome einen<br />

Rollstuhl. 3<br />

Referenzen: 1. Friedreich's Ataxia Research Alliance - What is FA? (curefa.org). 2. Parkinson MH, Boesch S, Nachbauer W,<br />

Mariotti C, Giunti P. Clinical features of Friedreich's ataxia: classical and atypical phenotypes. J Neurochem. 2013 Aug;126<br />

Suppl 1:103-17. doi: 10.1111/jnc.12317. PMID: 23859346. 3. Rummey et al., E Clinical Medicine 18, 2020<br />

Diese Kampagne wird unterstützt von Biogen<br />

Biogen-235768 , Stand der Information Februar 2024


14 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

35 Jahre „Österreichische<br />

Muskelforschung“:<br />

Große Fortschritte in der<br />

Therapie neuromuskulärer<br />

<strong>Erkrankungen</strong><br />

Seit der Gründung des gemeinnützigen Forschungsvereins „Österreichische<br />

Muskelforschung“ durch einen betroffenen Vater vor 35 Jahren haben<br />

sich dank wirksamer Therapien Lebensqualität und Lebenserwartung von<br />

Menschen mit Muskelkrankheiten deutlich verbessert.<br />

Univ.-Prof. Dr.<br />

Günther Bernert<br />

Neuropädiater,<br />

Präsident der<br />

Österreichischen<br />

Muskelforschung<br />

FOTO: A. ÖTTING<br />

<strong>Seltene</strong> Muskelkrankheiten<br />

im Fokus der Forschung<br />

In Österreich leben etwa 20.000<br />

Menschen mit einer Muskelerkrankung,<br />

mehr als die<br />

Hälfte davon sind Kinder und<br />

Jugendliche. Jede einzelne<br />

der ca. 800 verschiedenen<br />

Muskelerkrankungen zählt<br />

zu den seltenen <strong>Erkrankungen</strong>.<br />

Zum Zeitpunkt<br />

der Gründung der Österreichischen<br />

Muskelforschung<br />

– Vereinigung zur Erforschung<br />

von Muskelkrankheiten bei<br />

Kindern und Erwachsenen – im<br />

Jahr 1989 waren keine kausalen<br />

Therapien verfügbar. Menschen<br />

mit Duchenne Muskeldystrophie<br />

(DMD) starben damals in der Regel<br />

noch vor dem Erwachsenenalter.<br />

Die Diagnose Spinale Muskelatrophie<br />

Typ 1 (SMA) bedeutete vor<br />

wenigen Jahren sogar den Tod im<br />

Säuglingsalter.<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Erkrankungen</strong> rücken<br />

vermehrt in den Fokus der pharmazeutischen<br />

Forschung. Kausale<br />

Therapien für neuromuskuläre<br />

<strong>Erkrankungen</strong>, insbesondere für<br />

DMD und SMA, aber auch für Morbus<br />

Pompe, stehen mittlerweile zur<br />

Verfügung oder vor der Zulassung.<br />

Die Spinale Muskelatrophie<br />

wurde vor etwa drei Jahren ins<br />

Neugeborenenscreening aufgenommen,<br />

womit eine rasche<br />

Diagnose und damit ein sofortiger<br />

Therapiebeginn gewährleistet sind.<br />

Ende 2023<br />

erteilte die Europäische Arzneimittelbehörde<br />

die Zulassung für<br />

eine Therapie für die Duchenne<br />

Muskeldystrophie, die seit Februar<br />

2024 in Österreich auf dem Markt<br />

ist.<br />

Bei den anderen neuromuskulären<br />

<strong>Erkrankungen</strong> ist der Weg bis<br />

zur Diagnose meist ein langer; und<br />

er bedeutet eine große Belastung<br />

für Betroffene und Angehörige. Um<br />

diesen Leidensweg zu verkürzen,<br />

braucht es bei Allgemeinmediziner:innen<br />

und Kinderärzt:innen<br />

vor allem im niedergelassenen<br />

Bereich noch mehr Wissen um<br />

Symptome, Diagnostik und<br />

Behandlungsmöglichkeiten von<br />

Muskelkrankheiten.<br />

Forschung und Weiterbildung<br />

Die Österreichische<br />

Muskelforschung<br />

sieht es seit 35 Jahren<br />

als ihre Aufgabe,<br />

nicht nur Forschungsprojekte<br />

im<br />

universitären und<br />

klinischen Bereich<br />

zu unterstützen,<br />

sondern auch Wissen<br />

um Muskelkrankheiten<br />

an Mediziner:innen sowie<br />

an Betroffene und Angehörige<br />

weiterzugeben. So liefert<br />

etwa die Videoenzyklopädie<br />

MUSCULUS in Kurzvideos<br />

Wissen rund um neuromuskuläre<br />

<strong>Erkrankungen</strong>. Die Videos sind auf<br />

der Website der Österreichischen<br />

Muskelforschung abrufbar.<br />

Mit der jährlichen Hybrid-<br />

Tagung „UpDate Muskelforschung“<br />

bietet die Österreichische Muskelforschung<br />

am 14. und 15. Juni<br />

2024 Health Care Professionals,<br />

aber auch Betroffenen und deren<br />

Angehörigen, die Möglichkeit,<br />

sich aus erster Hand über bereits<br />

verfügbare Therapieoptionen und<br />

solche, die vor Zulassung stehen,<br />

zu informieren. Vortragende sind<br />

Expert:innen aus Österreich,<br />

Deutschland und der Schweiz. Für<br />

Betroffene und Angehörige ist die<br />

Teilnahme kostenfrei.<br />

Informationen und Anmeldemöglichkeit<br />

zu „UpDate Muskelforschung 2024“<br />

sind online verfügbar unter<br />

www.muskelforschung.at


MEDIAPLANET | 15<br />

WENN DIE DIAGNOSE DEN<br />

TOD ANKÜNDIGT<br />

Im Interview stellt der Neurologe Ap. Prof. Priv.-Doz. Dr. Hakan Cetin, Oberarzt<br />

am AKH Wien, die bislang unheilbare Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose<br />

(ALS) vor – und er berichtet über Entwicklungen bei ihrer Behandlung.<br />

Text Doreen Brumme<br />

Ap. Prof.<br />

Priv.-Doz. Dr.<br />

Hakan Cetin<br />

Stationsführender<br />

Oberarzt an der<br />

Universitätsklinik<br />

für Neurologie,<br />

AKH Wien<br />

FOTO: ZVG<br />

Diagnose ALS – Womit haben<br />

Betroffene es zu tun?<br />

ALS ist eine noch unheilbare<br />

Erkrankung, bei der sogenannte<br />

Motoneurone verschleißen. Das<br />

sind Nervenzellen im zentralen<br />

Nervensystem (Gehirn, Rückenmark),<br />

die die Muskulatur steuern.<br />

Infolgedessen kommt es zu Lähmungen,<br />

Krämpfen, Muskelschwäche<br />

und Muskelschwund – nach<br />

und nach fallen ganze Körperregionen<br />

aus. Die durchschnittliche<br />

Überlebenszeit nach Ausbruch der<br />

Krankheit liegt bei nur zwei bis drei<br />

Jahren.<br />

Wie zeigt sich ALS?<br />

Je nachdem, welche Motoneurone<br />

betroffen sind, können die muskulären<br />

Ausfälle nahezu überall<br />

im Körper auftreten: Zum Beispiel<br />

lassen sich die Füße nicht heben,<br />

sodass sich der Gang verlangsamt<br />

und man häufig stolpert. Oder der<br />

Nacken wird unbeweglicher, die<br />

Hände ungeschickter. Mitunter<br />

treten zu Beginn auch Sprach- oder<br />

Schluckstörungen auf.<br />

Wie ist der typische<br />

Verlauf bei ALS?<br />

Wegen der Vielfalt möglicher erster<br />

Anzeichen wird ALS oft nicht<br />

gleich als Ursache der Beschwerden<br />

vermutet – bis zur Diagnose dauert<br />

es im Schnitt ein Jahr. Das ist wertvolle<br />

Zeit, die den Betroffenen für<br />

eine Behandlung verloren geht.<br />

Wer ist typischerweise<br />

betroffen?<br />

Von 100.000 Menschen sind 9<br />

betroffen; das macht in Österreich<br />

etwa 900 ALS-Patient:innen.<br />

Männer erkranken etwas häufiger<br />

daran als Frauen. Meist tritt die<br />

Krankheit zwischen dem 60. und<br />

65. Lebensjahr auf, doch ich betreue<br />

auch 20- und 90-jährige Erkrankte.<br />

Die Ursachen für ALS sind noch<br />

nicht voll erforscht. Bekannte<br />

Risikofaktoren sind das männliche<br />

Geschlecht und wahrscheinlich<br />

auch Rauchen und wiederholte<br />

Kopfverletzungen.<br />

Kopfverletzungen?<br />

Ja, wiederholte Kopfverletzungen<br />

scheinen das Risiko einer<br />

Erkrankung gering zu erhöhen, so<br />

erklärt man sich unter anderem<br />

das gehäufte Auftreten der ALS<br />

bei Fußball- und Footballspielern.<br />

Der Mechanismus dahinter ist<br />

allerdings noch nicht vollends klar.<br />

Grundsätzlich sind ALS-Patient:innen<br />

überdurchschnittlich gesund<br />

und sportlich.<br />

Gibt es erbliche ALS-Formen?<br />

Bei zehn Prozent der Fälle wird ALS<br />

von Generation zu Generation vererbt.<br />

Das heißt, bei 90 Prozent tritt<br />

sie dagegen sporadisch auf.<br />

Wie wird ALS<br />

diagnostiziert und behandelt?<br />

Bei Verdacht auf ALS lässt sich die<br />

Krankheit anhand der sichtlichen<br />

Beschwerden und einer neurologischen<br />

Untersuchung bzw. mittels<br />

elektrophysiologischer Verfahren<br />

wie der Elektromyografie (EMG)<br />

feststellen. Inzwischen stehen<br />

auch spezifische Biomarker zur<br />

Verfügung, die im Blut untersucht<br />

werden und bei der Diagnose hilfreich<br />

sind. Bildgebenden Verfahren<br />

wie das MRT sind auch wichtig,<br />

um andere <strong>Erkrankungen</strong> auszuschließen,<br />

die sich mit ähnlichen<br />

Symptomen präsentieren können.<br />

Noch gibt es keine Behandlung,<br />

die ALS heilt. In Europa ist seit<br />

Langem nur ein Medikament<br />

zugelassen, dessen Wirkstoff die<br />

Überlebenszeit der ALS-Patient:innen<br />

etwas verlängert. Deshalb<br />

liegt der Fokus derzeit noch auf<br />

der Behandlung der individuellen<br />

Beschwerden, die ALS-Betroffene<br />

haben. Hier geht es zum<br />

Beispiel um die ausreichende<br />

Kalorienzufuhr. Dazu muss man<br />

wissen, dass ALS den Stoffwechsel<br />

ankurbelt. Infolgedessen verlieren<br />

die Betroffenen schnell an Gewicht,<br />

was sie zusätzlich schwächt. Verhindern<br />

Schluckbeschwerden die<br />

natürliche Nahrungsaufnahme,<br />

kann eine Magensonde zum Einsatz<br />

kommen. Wird das Atmen zu<br />

schwer, helfen nicht-invasive und<br />

invasive Beatmungsmaßnahmen.<br />

Hinzu kommen Physio- und Ergotherapien,<br />

Schmerztherapien und<br />

ganz wichtig: die psychologische<br />

Betreuung.<br />

Was wünschen Sie sich<br />

für Ihre ALS-Patient:innen?<br />

Mit der Diagnose überreiche ich<br />

meinen Patient:innen die Nachricht<br />

vom zunehmenden Ausfall<br />

ihres Körpers und baldigen Tod.<br />

Ich wünsche mir daher mehr Aufmerksamkeit<br />

und Unterstützung<br />

für die ALS-Patient:innen, sodass<br />

Diagnose und Behandlung rascher<br />

erfolgen und Betroffene besser versorgt<br />

werden können. Dazu braucht<br />

es insbesondere mehr physiotherapeutsiche,<br />

psychotherapeutische,<br />

aber auch palliativmedizinische<br />

Ressourcen.<br />

Die Ice-Bucket-Challenge in den<br />

Social Media brachte der Erforschung<br />

von ALS im Jahr 2014 viel<br />

Geld 1 ein – und damit einen spürbaren<br />

Schub in der Forschung: Ein<br />

neues vielversprechendes Medikament<br />

ist in den USA und Kanada<br />

bereits vorzeitig zugelassen. In<br />

Europa werden die Phase-III-Studiendaten<br />

abgewartet, um dann<br />

die Zulassung zu prüfen. Und dann<br />

ist da noch die Geschichte von<br />

Anna K. aus Deutschland 2 , die an<br />

einer genetischen Form der ALS leidet<br />

und jüngst erstmals zeigte, dass<br />

ALS nicht nur gebremst, sondern<br />

auch umgekehrt werden konnte.<br />

Das gibt Hoffnung.<br />

– https://www.als.<br />

org/stories-news/<br />

ice-bucket-challengedramatically-accelerated-fight-against-als<br />

2 – https://www.<br />

tagesanzeiger.ch/<br />

medizinisches-wunder-anna-kann-wiedertreppen-steigen-undetwas-durch-die-naseatmen-295585217116


16 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

Was sehen Sie auf diesem Bild?<br />

Auf den ersten<br />

Blick ganz klar:<br />

Das ist eine Zebraherde.<br />

Bei genauerem<br />

Hinsehen erkennt<br />

man allerdings<br />

ein weiteres<br />

Tier, das da nicht<br />

hingehört.<br />

Viele seltene<br />

<strong>Erkrankungen</strong><br />

werden erst sehr<br />

spät diagnostiziert,<br />

weil sie auf den<br />

ersten Blick wie<br />

etwas anderes,<br />

vielleicht Harmloses<br />

wirken.<br />

Unser Appell:<br />

Denken Sie bei<br />

Hufschlägen nicht<br />

gleich an Pferde,<br />

es könnten auch<br />

Zebras sein. Und<br />

wenn Sie eine<br />

Zebraherde sehen,<br />

suchen Sie den<br />

Tiger!<br />

Drehen Sie<br />

die Seite<br />

um 90 Grad


MEDIAPLANET | 17<br />

Generalisierte Pustulöse Psoriasis:<br />

Eine seltene autoinflammatorische<br />

Hauterkrankung richtig erkennen und behandeln<br />

Bei Generalisierter Pustulöser Psoriasis (GPP) handelt es sich um eine seltene Erkrankung, die<br />

meist lebenslang in Schüben verläuft – unbehandelt können Schübe zu lebensbedrohlichen<br />

Komplikationen führen. Umso wichtiger sind die richtige Diagnose und eine individuelle<br />

Behandlung, die auf den ganzen Körper wirkt.<br />

Die Symptome der GPP<br />

treten meist im Alter zwischen<br />

40 und 50 Jahren<br />

erstmals auf, dabei sind<br />

Frauen doppelt so häufig betroffen<br />

wie Männer. Schätzungen zufolge<br />

erkranken an GPP zwei bis zehn von<br />

einer Million Menschen in Europa.<br />

Aufgrund des seltenen Vorkommens<br />

der Erkrankung wird die Diagnose<br />

oft verzögert gestellt. Mögliche<br />

Auslöser für einen Schub der<br />

Erkrankung sind Stress, bestimmte<br />

Medikamente oder eine Schwangerschaft.<br />

Symptome der Generalisierten<br />

Pustulösen Psoriasis<br />

GPP äußert sich vor allem durch<br />

plötzlich auftretende Hautveränderungen<br />

in Form steriler (nicht<br />

infektiöser), mit Eiter gefüllter, entzündeter<br />

Pusteln auf großen Teilen<br />

der Hautoberfläche. Diese Pusteln<br />

führen zu schuppiger und brüchiger<br />

Haut, Juckreiz und Schmerzen.<br />

Die deutlich sichtbaren Hautveränderungen<br />

der Erkrankung können<br />

zu einer großen psychischen<br />

Belastung werden, insbesondere,<br />

weil die Pusteln oft wochen- oder<br />

monatelang bestehen bleiben.<br />

Begleitet werden sie oft von Fieber,<br />

Schüttelfrost, Müdigkeit und Übelkeit.<br />

Bedingt durch den schubförmigen<br />

Verlauf der Erkrankung sind<br />

die Symptome oft rezidivierend,<br />

das heißt, sie verschwinden und<br />

kehren wieder.<br />

Richtige Diagnose durch<br />

Dermatolog:innen<br />

Die Zeit bis zur eindeutigen Diagnose<br />

ist aufgrund der Seltenheit<br />

der Erkrankung oft lang. Deshalb<br />

sollten potenziell Betroffene alle<br />

Anzeichen und Symptome wie<br />

Hautschmerzen, großflächige<br />

Ausbreitung von Pusteln, Übelkeit<br />

etc. notieren und ihren Ärzt:innen<br />

mitteilen – auch, weil die Symptome<br />

der GPP jenen anderer <strong>Erkrankungen</strong><br />

ähnlich sein können.<br />

Erfahrenen Dermatolog:innen<br />

ist die Diagnose meist aber rasch<br />

möglich.<br />

Systemische und topische Therapie<br />

und Kompetenzzentren<br />

Unbehandelt kann GPP zu Komplikationen<br />

wie Sepsis, Nierenversagen,<br />

Herzversagen und<br />

Flüssigkeitsansammlungen in<br />

der Lunge führen. Daher sind das<br />

Erkennen von Auslösern der Schübe<br />

und ein individueller Behandlungsplan<br />

essenziell. Zur Linderung<br />

der Symptome werden systemisch<br />

Medikamente, also Infusionen,<br />

Injektionen oder Tabletten, die auf<br />

den ganzen Organismus wirken<br />

und topische Therapien, also lokal<br />

auf der Haut angewendete Behandlungen<br />

wie verschiedene Hautcremes<br />

oder UV-Bestrahlungen<br />

angewendet. Für die bestmögliche<br />

Betreuung von GPP-Betroffenen<br />

stehen in Europa Ärzt:innen in<br />

Kompetenzzentren zur Verfügung,<br />

die auf Basis von neuesten Daten<br />

aus klinischen Studien multidisziplinär<br />

ein höchstes Maß an Fachwissen<br />

und praktische Kompetenz<br />

zur Behandlung dieser chronischen<br />

Erkrankung aufweisen.<br />

AT/SPE/0224/SC-AT-03643<br />

Univ. Prof. Dr.<br />

Peter Wolf<br />

Vorstand der<br />

Universitätsklinik<br />

für Dermatologie<br />

und Venerologie<br />

Medizinische<br />

Universität Graz<br />

Initiative Act4GPP<br />

Weiterführende Informationen zu GPP, eine Liste der möglichen Symptome, ein<br />

Leitfaden für Fragen an Ärzt:innen und weitere nützliche Infos sind unter<br />

www.act4gpp.com/at/ abrufbar. Die Initiative Act4GPP unterstützt Patient:innen<br />

mit GPP und lässt Sie im Umgang mit der Erkrankung nicht allein, sondern hilft.<br />

FOTO: FEELIMAGE MATERN<br />

Generalisierte pustulöse<br />

Psoriasis ist eine chronische<br />

Erkrankung und betrifft<br />

den ganzen Körper. Der<br />

Leidensdruck kann bei<br />

akuten Schüben enorm<br />

sein und mit allgemeinen<br />

Entzündungssymptomen<br />

wie Fieber, Schüttelfrost<br />

oder Abgeschlagenheit<br />

einhergehen. Oftmals ist es<br />

notwendig zur Behandlung<br />

eines Schubes in einer<br />

spezialisierten Abteilung<br />

stationär aufgenommen zu werden. Mit der<br />

Zeit können Sie als Patientin oder Patient ein<br />

Gefühl dafür entwickeln, wann und wie sich<br />

ein Schub der Erkrankung bei Ihnen ankündigt.<br />

Warten Sie bitte nicht zu, wenn Sie bemerken,<br />

dass ein Schub beginnt, sondern wenden Sie<br />

sich rasch an Ihre behandelnde Ärztin bzw.<br />

Ihren behandelnden Arzt. So kann schwereren<br />

Verläufen rechtzeitig entgegengewirkt werden.<br />

Oft scheinen die Schübe der Erkrankung aus<br />

heiterem Himmel aufzutreten, aber gemeinsam<br />

mit Ihren Ärzt:innen können Sie mit der<br />

Zeit herausfinden, welche Reize, sogenannte<br />

„Triggerfaktoren“ bei Ihnen einen Schub<br />

auslösen könnten. Diese können Sie dann<br />

bestmöglich gezielt vermeiden oder minimieren.<br />

Dieser Artikel entstand mit freundlicher<br />

Unterstützung von Boehringer Ingelheim


18 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

Leben mit Phosphatdiabetes –<br />

„Gestalten statt hinnehmen“<br />

Die x-chromosomale Hypophosphatämie<br />

(kurz XLH) ist eine seltene Störung des<br />

Knochenstoffwechsels. Die Mutation,<br />

die XLH hervorruft, kann vererbt werden<br />

oder als spontane Mutation auftreten,<br />

was die Diagnose erschweren kann.<br />

XLH führt zu einem Phosphatmangel,<br />

weshalb die Erkrankung auch die<br />

Bezeichnung Phosphatdiabetes trägt.<br />

Auch wenn die Erkrankung entdeckt<br />

und behandelt wird, leiden Betroffene<br />

unter ihren Folgen. Dazu zählen<br />

unter anderem starke Schmerzen,<br />

enorme Bewegungseinschränkungen<br />

und häufige Knochenbrüche. Wir<br />

sprachen mit Sara Franke über ihr<br />

Leben mit der Erkrankung.<br />

FOTO: ZVG<br />

Frau Franke, Sie leiden an XLH.<br />

Wann und wie hat sich die Erkrankung<br />

bei Ihnen geäußert,<br />

und gibt es in Ihrer Familie weitere<br />

Betroffene?<br />

Bei mir wurde XLH bereits im<br />

Kleinkindalter sichtbar. Mit dem<br />

Beginn des Laufens zeigten sich<br />

deutliche Verformungen meiner<br />

Beine. Meine Mutter zog sofort Parallelen<br />

zu ihrer eigenen Kindheit,<br />

in der sie ähnliche Verformungen<br />

hatte. Die Krankheit, die nicht nur<br />

mich, sondern auch meine Mutter<br />

und meine beiden Geschwister<br />

betrifft, wurde bei meiner Mutter<br />

damals fälschlicherweise als<br />

Knochenfehlbildung diagnostiziert.<br />

Bezugnehmend auf meine<br />

Knochenfehlstellung, wurde ihr<br />

und meinem Papa gesagt, dass sich<br />

das wieder verwächst. Glücklicherweise<br />

wurde durch die Hartnäckigkeit<br />

meiner Eltern bei meinen<br />

Schwestern und mir die korrekte<br />

Diagnose gestellt, als ich drei Jahre<br />

alt war.<br />

Was waren und sind für Sie die<br />

größten Herausforderungen, die<br />

mit Ihrer Erkrankung im<br />

Zusammenhang stehen?<br />

In meiner Kindheit kämpfte ich<br />

mit Zahnabszessen und den Einschränkungen<br />

durch O-Beine. Aber<br />

unsere Familie lebte immer nach<br />

dem Motto: Jeder gestaltet sein<br />

Leben so gut wie möglich. In meiner<br />

Jugend führten Operationen<br />

zur Korrektur der Beine und weitere<br />

Eingriffe zu vielen Fehlzeiten in<br />

der Schule. Das auffällige Äußere<br />

und der veränderte Gang sorgten<br />

oft für abschätzenden Blicke<br />

und Stigmatisierung. Es war sehr<br />

schwer als „behindert“ abgestempelt<br />

und in meinen Fähigkeiten<br />

unterschätzt zu werden sowohl von<br />

Mitschülern als auch von Lehrern.<br />

Doch dank der Unterstützung meiner<br />

Familie, meiner Freunde und<br />

später meines Mannes, konnte ich<br />

mein Selbstbewusstsein stärken<br />

und lernte mich zu behaupten.<br />

Mein gesamtes Skelett ist<br />

deformiert, was zu zahlreichen<br />

Begleiterkrankungen führte.<br />

Ärzte behandeln diese in der Regel<br />

nur symptomatisch, was einen<br />

kraftraubenden Prozess darstellt.<br />

Es gibt nicht viele Patienten mit<br />

dieser Krankheit, und es dauert<br />

leider oft zu lang, bis man dann<br />

als erwachsener Patient einen<br />

Spezialisten findet. Bis dahin<br />

versuchte ich, meine Schmerzen<br />

mit Schmerzmitteln zu lindern.<br />

Als lebensfroher Mensch war es für<br />

mich oft schwierig, den Ärzten die<br />

Intensität meiner Schmerzen und<br />

die Dringlichkeit meiner Situation<br />

zu vermitteln.


MEDIAPLANET | 19<br />

Symptome der XLH im Überblick<br />

Mögliche Symptome bei Kindern:<br />

• Fehlstellungen der Beine (O- oder X-Beine)<br />

• Deformierungen der Knochen und<br />

Achsenfehlstellungen<br />

• Weiche Knochen (Rachitis)<br />

• Verspäteter Laufbeginn, Gangbildveränderungen,<br />

„Watschelgang“<br />

• Verzögertes/Vermindertes Wachstum (Kleinwuchs)<br />

• Dysproportionen<br />

• Knochen- und Gelenkschmerzen<br />

• Muskelschmerzen und -schwäche<br />

• Schädeldeformationen: Craniosynostose<br />

(verfrühter Verschluss der Schädelnähte), Chiari<br />

Malformation (Fehlbildung des Übergangs zwischen<br />

Hinterhaupt und Wirbelsäule)<br />

• Spätes Sekundärgebiss und Zahnprobleme<br />

(z.B. Abszesse und Fisteln)<br />

Zusätzliche mögliche Symptome bei Erwachsenen:<br />

• Veränderungen des Gehörs: Schwerhörigkeit bis hin<br />

zum Hörverlust, Tinitus, Schwindel<br />

• Frakturen und Pseudofrakturen durch unzureichende<br />

Knochenmineralisation<br />

• Osteomalazie (Knochenerweichung)<br />

• Spinalkanalstenosen (Verengungen des Wirbelkanals)<br />

• Früh einsetzende Arthrose oder Knochen- und<br />

Gelenkentzündungen<br />

• Bewegungseinschränkungen und Steifigkeit<br />

• Mineralisierung (Verkalkung) von Sehnen und Bändern<br />

• Dauerhafte Verkürzung von Sehnen, Muskeln und<br />

Bändern<br />

• Reduzierte Belastbarkeit, Erschöpfung<br />

XLH ist zwar noch nicht heilbar,<br />

aber behandelbar: Wie geht es<br />

Ihnen unter Therapie?<br />

Mir geht es ganz gut. Natürlich<br />

begleiten mich ständig Schmerzen,<br />

die wohl auch bleiben werden.<br />

Das Bücken und Knien wird mir<br />

immer verwehrt bleiben sowie<br />

unbeschwert längere Strecken zu<br />

laufen. Trotz dieser Herausforderungen<br />

empfinde ich mein Leben<br />

als wunderbar. Es war mir immer<br />

wichtig ein Teil der Gesellschaft<br />

zu sein sowohl privat als auch<br />

beruflich und das gibt mir sehr viel<br />

Kraft. Seit einem Jahr spritze ich<br />

mir ein Medikament, das auch für<br />

Erwachsene zugelassen ist und mir<br />

Tage mit erträglichen Schmerzen<br />

schenkt.<br />

Sie sind 2022 Mutter geworden.<br />

Hatten Sie Sorge, dass Ihr Kind<br />

auch von XLH betroffen sein<br />

könnte?<br />

Mein Mann und ich haben ausführlich<br />

darüber gesprochen und uns<br />

entschlossen, unsere Lebensfreude<br />

und unsere Träume nicht von einer<br />

Erkrankung beeinträchtigen zu<br />

lassen. Als das neue Medikament<br />

zugelassen wurde und die Erfolge<br />

bei Kindern vielversprechend<br />

waren, wurde unser Wunsch nach<br />

einer Familie noch stärker. Meine<br />

Frauenärztin war hervorragend<br />

über meine Krankheit informiert<br />

und hat mich jederzeit einfühlsam<br />

unterstützt. Nun sind wir stolze<br />

und glückliche Eltern eines kerngesunden<br />

Sohnes.<br />

Wie geht es Ihnen heute, und<br />

was möchten Sie anderen<br />

Betroffenen mit auf den Weg<br />

geben?<br />

Bei der Frage wie es mir geht,<br />

versuche ich oft einen klaren<br />

Unterschied zwischen meinem<br />

physischen und meinem persönlichen<br />

Zustand herzustellen.<br />

Körperlich gibt es immer wieder<br />

Tage oder Wochen, in denen es<br />

mir nicht so gut geht. Persönlich<br />

könnte es mir nicht besser gehen!<br />

Ich bin glücklich verheiratet und<br />

habe das Geschenk bekommen<br />

einen gesunden Sohn zu haben.<br />

Anderen Betroffenen möchte ich<br />

mit auf den Weg geben, dass in<br />

jedem von uns etwas schlummert,<br />

für das es sich zu kämpfen lohnt.<br />

Jeder, der betroffen ist, sollte die<br />

Kraft und Geduld aufbringen, Ärzte<br />

aufzusuchen, bei denen er sich<br />

wohl fühlt. Es ist von grundlegender<br />

Bedeutung, fest an sich selbst<br />

zu glauben. Wir verdienen es,<br />

wertgeschätzt zu werden. Wir sind<br />

so viel mehr als die Erkrankung!<br />

Anlaufstelle für Betroffene von XLH www.phosphatdiabetes.at<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

Einsatz für Menschen mit seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

„Meine Hautprobleme begannen<br />

2004“, berichtet eine Patientin.<br />

Sie litt zu dieser Zeit unter wiederkehrenden<br />

Hautausschlägen und<br />

Schmerzen. Erst Jahre später wurde<br />

bei ihr eine Mycosis fungoides diagnostiziert,<br />

eine Krebserkrankung,<br />

die in Europa weniger als einen von<br />

110.000 Menschen betrifft. 1 „Ich<br />

befand mich fast zehn Jahre lang in<br />

einer Grauzone“, erinnert sie sich.<br />

Ihre anfänglichen Symptome wurden<br />

zunächst als Ekzem erkannt.<br />

Erst ein Zufallsbefund führte zur<br />

richtigen Diagnose. Diese Geschichte<br />

ist kein Einzelfall: Der Weg bis<br />

zum Befund dauert bei diesem<br />

Krankheitsbild durchschnittlich<br />

zwei bis sieben Jahre. 2<br />

Kyowa Kirin ist ein global tätiges<br />

biopharmazeutisches Unternehmen,<br />

das die Versorgung von<br />

Menschen mit seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

verbessern möchte. Es<br />

wurde 1949 in Japan gegründet und<br />

entwickelt seit dieser Zeit innovative<br />

Therapien in den Bereichen<br />

Nephrologie, Neurologie, Onkologie<br />

und Immunologie. Die Forschung,<br />

Entwicklung und Wirkstoffproduktion<br />

stützen sich auf Verfahren der<br />

Spitzenbiotechnologie aus eigenem<br />

Hause. So gilt das Unternehmen als<br />

Pionier in der Behandlung des nur<br />

selten auftretenden Phosphatdiabetes.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt ist<br />

die Behandlung seltener Krebserkrankungen<br />

wie der Mycosis fungoides<br />

und des Sézary-Syndroms<br />

– beides Unterformen des kutanen<br />

T-Zell-Lymphoms (CTCL).<br />

Kyowa Kirin möchte sämtlichen<br />

Menschen, mit denen es sich im<br />

Austausch befindet, ein Lächeln<br />

schenken – nicht nur durch die<br />

Bereitstellung neuer Wirkstoffe,<br />

sondern auch durch gelebte<br />

Partnerschaften. Das Unternehmen<br />

sucht weltweit den Austausch mit<br />

Betroffenen und Beteiligten, um<br />

gemeinsam bessere Antworten auf<br />

Patientenbedürfnisse zu finden,<br />

getrieben von dem Ansporn<br />

„Making people smile“.<br />

– Orphanet › https://<br />

tinyurl.com/4vr9ar9v<br />

2 – CL Foundation ›<br />

https://tinyurl.com/<br />

mvk67utw


20 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

INSPIRATION<br />

Menschliche Empathie<br />

und Künstliche Intelligenz:<br />

Erfolgsfaktoren für eine<br />

rasche Diagnose<br />

Text Verena Bittner-Call<br />

Der lange Weg zur Diagnose<br />

Im Durchschnitt dauert es etwa<br />

fünf Jahre bis zur Diagnose<br />

einer seltenen Erkrankung. Für<br />

Betroffene und deren Angehörige<br />

bedeutet der Weg bis zur Diagnose<br />

eine Zeit voller Ungewissheit und<br />

Sorgen. „Bei meiner Tochter hat es<br />

sogar acht Jahre gebraucht, bis die<br />

richtige Diagnose gestellt wurde“,<br />

berichtet Nadine Bösch, Mutter<br />

einer jungen Frau mit hereditärem<br />

Angioödem (HAE) – einer seltenen<br />

Erberkrankung, bei der es zu<br />

Flüssigkeitseinlagerungen und<br />

Ödemen in der Unterhaut kommt.<br />

Meist zeigen sich die Schwellungen<br />

im Gesicht, an den Händen,<br />

Armen, Beinen und Füßen oder<br />

im Magen-Darmtrakt. <strong>Seltene</strong>r<br />

betreffen die Schwellungen den<br />

Kehlkopf. In diesem Fall können<br />

die Ödeme zu Atemnot und<br />

Ersticken führen. Die Symptome<br />

traten auf, als die junge Frau in der<br />

Pubertät war – und wurden von<br />

den Ärzt:innen zum Teil auf die<br />

Pubertät zurückgeführt.<br />

Andrea Kavallar, Obfrau der<br />

Patient:innenorganisation Morbus<br />

Gaucher Austria, hat den Weg<br />

bis zur Diagnose bei ihrer achtjährigen<br />

Tochter ähnlich erlebt.<br />

Morbus Gaucher ist eine lysosomale<br />

Speichererkrankung und<br />

gehört zur Gruppe der seltenen<br />

vererbbaren Fettspeicherkrankheiten.<br />

Bestimmte ernährungsunabhängige<br />

Fettstoffe werden nicht<br />

abgebaut, sondern in den Organen<br />

gespeichert. Dadurch entstehen<br />

vergrößerte, sogenannte Gaucher-<br />

Zellen. Die Folge sind einerseits<br />

Knochenschmerzen und -brüche,<br />

andererseits die Vergrößerung von<br />

Milz und Leber und Veränderungen<br />

im Blutbild. Bei Kindern hat<br />

die allgemeine Schwächung des<br />

Organismus vor allem verzögertes<br />

ein Wachstum und Gedeihstörungen<br />

zur Folge. Um Spätschäden bei<br />

dieser progredient verlaufenden<br />

Erkrankung zu vermeiden und um<br />

den betroffenen Patient:innen eine<br />

normale Entwicklung sowie ein<br />

normales Leben zu ermöglichen,<br />

ist eine frühzeitige Diagnose und<br />

Therapieintervention notwendig.<br />

Künstliche Intelligenz zur<br />

Unterstützung bei der Diagnosefindung<br />

Einer der Gründe, weshalb der Weg<br />

zur Diagnose bei seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

meist lange dauert, ist die<br />

Seltenheit dieser Patient:innen, die<br />

Krankheitsbilder vorweisen, die<br />

vielen Ärzt:innen unbekannt sind.<br />

Unterstützung auf dem Weg zu<br />

einer rascheren Diagnose können<br />

Symptomdatenbanken bieten, die<br />

anhand der eingegebenen Symptome<br />

mögliche <strong>Erkrankungen</strong> vorschlagen.<br />

Basis der Datenbank sind<br />

gesammelte Daten aus der „echten<br />

Welt“, die dann von einer Künstlicher<br />

Intelligenz (KI) ausgewertet<br />

werden.<br />

In diesem Zusammenhang<br />

betont Jama Nateqi, Mediziner und<br />

Gründer des Symptom-Checkers<br />

symptoma, die Wichtigkeit des<br />

Datenschutzes: „Eine Symptomdatenbank<br />

darf niemals persönliche<br />

Daten abfragen. Alle Angaben sind<br />

anonymisiert.“ Die grundlegenden<br />

Daten für einen Symptom-Checker<br />

werden nicht zentralisiert, sondern<br />

von der KI aus allen im Internet<br />

verfügbaren relevanten Quellen,<br />

wie etwa Fachliteratur oder<br />

auch Patient:innenerfahrungen,<br />

„zusammengesammelt“. Andrea<br />

Kavallar hält den Einsatz von KI in<br />

diesem Bereich für sehr hilfreich.<br />

Sie glaubt, dass ihrer Tochter eine<br />

schmerzhafte Knochenmarkuntersuchung<br />

erspart geblieben wäre,<br />

D I F F E R E N T I A L D I A G N O S E<br />

M O R B U S G A U C H E R<br />

Denken<br />

Sie<br />

daran<br />

C-APROM/AT/GAUD/0026:_Oct 2022


MEDIAPLANET | 21<br />

Nadine und Lena<br />

Bösch<br />

Mutter & Tochter,<br />

Lena lebt mit HAE<br />

Dr. med. univ.<br />

Jama Nateqi<br />

CEO & Founder<br />

Symptoma GmbH<br />

Andrea Kavallar<br />

Obfrau Morbus<br />

Gaucher Austria<br />

FOTO: PRIVAT<br />

FOTO: SYMPTOMA GMBH<br />

FOTO: PRIVAT<br />

wenn bei der Diagnosefindung<br />

bereits KI zum Einsatz gekommen<br />

wäre.<br />

Symptom-Checker ersetzen<br />

nicht die Diagnose<br />

Ein Symptom-Checker ersetzt<br />

jedoch nicht die Diagnose. „Die<br />

möglichen Diagnosen, die auf<br />

Basis der eingegebenen Symptome<br />

vorgeschlagen werden, helfen<br />

Ärzt:innen, Ideen zu generieren,<br />

welche Erkrankung vorliegen<br />

könnte, an die sie sonst vielleicht<br />

nicht gedacht hätten“, erklärt<br />

Nateqi. Das hält der Mediziner<br />

für besonders wichtig. Es kommt<br />

nämlich immer wieder vor, dass<br />

Ärzt:innen Symptome, die sie<br />

aufgrund fehlenden Wissens nicht<br />

einer seltenen Erkrankung zuordnen<br />

können, als psychosomatisch<br />

einstufen. Diese Erfahrung machte<br />

auch Nadine Bösch. Es dauerte lange,<br />

bis die Symptome ihrer Tochter<br />

ernst genommen wurden. „KI nützt<br />

nichts ohne die Bereitschaft des<br />

Arztes, wirklich hinzuhören, was<br />

der Patient sagt, und ihm auch<br />

wirklich zu glauben“, erklärt Bösch.<br />

Sie fand schließlich eine Ärztin,<br />

die die Symptome ihrer Tochter<br />

ernst nahm und sich dann der KI<br />

bediente, um sich auf die Suche<br />

nach einer möglichen Diagnose zu<br />

machen.<br />

Soziale Medien: Erkrankung<br />

sichtbar machen<br />

Eine hilfreiche Quelle für Informationen<br />

rund um eine seltene<br />

Erkrankung können auch die<br />

Websites von Patient:innenorganisationen<br />

sowie Social Media sein.<br />

Als Obfrau von Morbus Gaucher<br />

Austria betreut Andrea Kavallar die<br />

Facebook-Seite und den Instagram-Kanal<br />

des Vereins. „Über<br />

die Sozialen Medien haben wir<br />

die Möglichkeit, die Erkrankung<br />

sichtbar zu machen, und uns mit<br />

Gleichgesinnten zu verbinden“,<br />

erzählt Kavallar. Auf Facebook<br />

erreicht man die ältere Generation<br />

– dort haben auch komplexere<br />

Inhalte ihre Berechtigung. Die<br />

junge Generation ist auf Instagram<br />

vertreten und drückt sich mit<br />

Videos und Reels aus. Der Instagram-Kanal<br />

der Morbus-Gaucher-<br />

Community wird regelmäßiger<br />

bespielt als Facebook. „Für mich<br />

ist das Posten ein Hobby, an dem<br />

ich dranbleiben muss. Sobald ich<br />

einen oder zwei Tage nichts poste,<br />

werden die Likes schon weniger“,<br />

so Kavallar, die sehr achtsam mit<br />

Bildmaterial umgeht, das Betroffene<br />

zeigt.<br />

Weltweiter Austausch<br />

und Vernetzung<br />

Im Bereich der seltenen <strong>Erkrankungen</strong><br />

bieten die Sozialen Medien<br />

somit eine wichtige Plattform für<br />

weltweiten Austausch und globale<br />

Vernetzung unter Betroffenen und<br />

Angehörigen. Besonders für Eltern,<br />

die oft durch Schuldgefühle belastet<br />

sind, weil sie ihren Kindern<br />

die Erkrankung vererbt haben, ist<br />

der Austausch mit anderen Eltern<br />

eine Erleichterung. Laut Kavallar<br />

verwenden Frauen diese Kommunikationswege<br />

häufiger als Männer.<br />

Junge Patient:innen suchen kaum<br />

den Austausch mit anderen Betroffenen.<br />

Diese Beobachtung macht<br />

auch Nadine Bösch. Ihre Tochter<br />

nutzt Instagram wenig, und wenn,<br />

dann nicht im Zusammenhang mit<br />

ihrer Erkrankung. Eine mögliche<br />

Erklärung könnte sein, dass sich<br />

junge Menschen in dieser Lebensphase<br />

nicht mit ihrer Krankheit<br />

auseinandersetzen möchten.<br />

Im Gegensatz zu ihrer Tochter<br />

ist Nadine Bösch auf Instagram<br />

sehr aktiv, würde jedoch niemals<br />

Fotos von ihrer Tochter posten.<br />

Instagram funktioniert für Bösch<br />

sehr gut in Bezug auf Selbsthilfe,<br />

Vernetzung, Austausch und Informationen<br />

zu Medikamenten und<br />

Therapien bei HAE.<br />

Apps für das Krankheitsmanagement<br />

Einig sind sich Bösch, Kavallar und<br />

Nateqi darüber, dass die digitale<br />

Welt für Menschen mit einer<br />

seltenen Erkrankung eine immer<br />

größere Rolle spielt. Terminvereinbarung,<br />

Datentransfer, Vernetzung<br />

und ärztliche Konsultationen<br />

werden durch digitale Möglichkeiten<br />

einfacher. Apps für das Krankheitsmanagement<br />

kommen ebenso<br />

vermehrt zum Einsatz. Nadine<br />

Böschs Tochter verwendet die<br />

HAE-App intensiv zur Aufzeichnung<br />

von besonderen Symptomen<br />

oder Schwellungsattacken, zur<br />

Dokumentation und zur Terminerinnerung<br />

für ärztliche Besuche.<br />

Andrea Kavallar würde sich so eine<br />

App auch für Morbus-Gaucher-<br />

Patient:innen wünschen.<br />

Digitale und analoge<br />

Verarbeitung der Krankheit<br />

Nadine Bösch nutzt die digitale<br />

Welt auch, um unter einem Pseudonym<br />

über Krankheit und Schmerz<br />

zu schreiben. Mit „Der rote Faden“<br />

veröffentlichte sie allerdings unter<br />

ihrem echten Namen ihre Familiengeschichte.<br />

Darin schreibt sie<br />

in einer lyrischen Form erstmals<br />

autobiografisch und sehr konkret<br />

über das Leben mit einer seltenen<br />

Erkrankung.<br />

Ganz abseits von der digitalen<br />

Welt schreibt Andrea Kavallar für<br />

ihre achtjährige Tochter ein Buch<br />

über den Verlauf der Erkrankung,<br />

das sie ihr schenken wird, wenn sie<br />

erwachsen ist. „Die Inhalte der<br />

digitalen Welt sind nicht für die<br />

Ewigkeit. Das Buch wird bleiben“,<br />

ist Kavallar zuversichtlich.<br />

Mehr Info unter:<br />

www.morbusgaucher-oegg.at<br />

www.haeaustria.at<br />

Könnte ich<br />

HAE haben?<br />

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Symptom-Check.<br />

HAE Symptom-Check.<br />

C-APROM/AT/HAE/0004; 02/21<br />

C-APROM/AT/HAE/0004; 02/21<br />

C-APROM/AT/HAE/0004; 02/21<br />

INFOS<br />

INFO<br />

www.hae-info<br />

www.hae-info.at www.


22 | Lesen Sie mehr unter www.seltenekrankheit.info<br />

Das Kurzdarmsyndrom<br />

aus drei Perspektiven<br />

Das Kurzdarmsyndrom (KDS) fordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Welchen Stellenwert<br />

diese hat, beantworten eine Diätologin, ein Behandler und ein Betroffener.<br />

Elisabeth<br />

Hütterer<br />

Diätologin<br />

Med Uni Wien<br />

FOTO: FOTO NOLL<br />

Das KDS stellt eine komplexe<br />

medizinische Herausforderung<br />

dar, die den gesamten<br />

Körper betrifft und bei der ein<br />

erheblicher Teil des Dünndarms<br />

entfernt worden ist oder nicht<br />

richtig funktioniert. Die wichtigste<br />

grundlegende Therapieform ist<br />

dabei eine individuell angepasste<br />

Ernährung, da eine Mangelversorgung<br />

der Zellen komplexe<br />

Probleme auslösen und langfristig<br />

zu zahlreichen Folgeerkrankungen<br />

führen kann. Ein interdisziplinärer<br />

Ansatz in der Therapie ist unerlässlich:<br />

Häufig beginnt die Erkrankung<br />

damit, dass Chirurg:innen<br />

abgestorbene oder schwer beschädigte<br />

Darmteile entfernen müssen,<br />

um Betroffenen primär das Überleben<br />

zu sichern. Weiters versuchen<br />

sie auch, vorübergehend ausgeschaltete<br />

Darmabschnitte wieder<br />

in Gang zu setzen. Gemeinsam mit<br />

Gastroenterolog:innen verordnen<br />

sie Medikamente, um die verbleibenden<br />

Darmzotten optimal bei<br />

der Aufnahme zu unterstützen.<br />

Diätolog:innen berechnen den<br />

Bedarf für Ernährungsinfusionen,<br />

empfehlen Trinknahrungen<br />

sowie Nahrungsergänzungsmittel,<br />

besprechen Trink- und Essenspläne<br />

und überwachen mit Hilfe von<br />

Laborparametern den Nährstoffstatus.<br />

Eine wichtige Rolle kommt<br />

auch der Stomapflege zu. Und<br />

schließlich ist dabei auch die psychologische<br />

Unterstützung nicht<br />

zu vernachlässigen.<br />

Johannes<br />

Priebsch, BSc<br />

Präsident Die<br />

Chronischen<br />

Experten<br />

FOTO: ZAHARA BRIONES<br />

Die Erkrankung reicht, je<br />

nach Schweregrad, von der<br />

intestinalen Insuffizienz bis<br />

hin zum intestinalen Versagen. Zu<br />

einem individuellen Behandlungsmanagement<br />

der Patient:innen<br />

gehören diätologische Beratung im<br />

Makro- und Mikronährstoffbereich,<br />

Flüssigkeitsmanagement sowie<br />

pharmakologische Therapien, um<br />

einerseits bzw. die Lebensqualität<br />

der Betroffenen zu maximieren<br />

und andererseits krankheitsbildspezifische<br />

Komplikationen sowie<br />

Das KDS weist ein hochkomplexes<br />

Krankheitsbild auf<br />

und ist in den meisten Fällen<br />

die direkte Folge einer Dünndarmresektion.<br />

Das Ziel der Behandlung<br />

des KDS liegt darin, die Nährstoffaufnahme<br />

zu maximieren und die<br />

künstliche Ernährung möglichst zu<br />

minimieren – sowie Symptome (Blähungen,<br />

Durchfall, Dehydratation<br />

etc.) zu lindern. Eine erfolgreiche<br />

interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

(Chirurg:in, Gastroenterolog:in, Diätolog:in)<br />

unter Einbeziehung des/<br />

die Mortalität zu minimieren.<br />

Zentralisierte und interdisziplinär<br />

geführte intestinale Rehabilitationsprogramme<br />

(IR) verbessern<br />

das Outcome für die Patient:innen,<br />

indem sie die Langzeitabhängigkeit<br />

der parenteralen Ernährung<br />

und Flüssigkeit reduzieren.<br />

Spezialisierte IR-Programme setzen<br />

auf einen Team-Approach, um die<br />

Patient:innenversorgung in spezialisierten<br />

Zentren zu koordinieren.<br />

Solche IR-Programme werden in<br />

der Regel in großen medizinischen<br />

der Betroffenen selbst ist für den<br />

Therapieverlauf entscheidend.<br />

Als Betroffene:r ist es wichtig, sich<br />

kontinuierlich mit dem interdisziplinären<br />

Team auszutauschen. Die<br />

Schwierigkeit dabei ist die Überlegung,<br />

welche Expert:innen bei der<br />

Lösung eines konkreten Problems<br />

helfen können; und auch deren<br />

Erreichbarkeit.<br />

Eine zentrale Rolle spielt daher<br />

die Patient:innenorganisation Die<br />

Chronischen Experten als Bindeglied<br />

zwischen Fachexpert:innen<br />

Einrichtungen etabliert, weil sie<br />

breite Diagnostik und Monitoring-<br />

Möglichkeiten, pharmakologisches<br />

Management, Symptom- und<br />

Komplikationskontrolle, Ernährungsberatungsservice<br />

sowie<br />

unterstützende psychosoziale und<br />

edukative Anlaufstellen benötigen.<br />

Eine rationale, nahtlose und zeitnahe<br />

Kommunikation zwischen<br />

Patient:in, Patient:innen-Netzwerken,<br />

extramuralen Teams und dem<br />

IR-Zentrum ist notwendig für den<br />

Erfolg eines IR-Programms.<br />

und Betroffenen. Sie bietet einen<br />

niederschwelligen Zugang zu Fachinformationen<br />

und verfügt darüber<br />

hinaus über die nötige Erfahrung,<br />

um Fragen zu beantworten und<br />

gegebenenfalls an die richtige Stelle<br />

weiterzuleiten. Praktisch umgesetzt<br />

wurde dieser Ansatz mit der<br />

KDS-Helpline. Sie bietet allen KDS-<br />

Betroffenen und deren Angehörigen<br />

die Möglichkeit, niederschwellig<br />

und kostenfrei mit KDS-Expert:innen<br />

in Kontakt zu treten.<br />

FOTO: AKH WIEN<br />

Dr. Felix Harpain<br />

Facharzt für<br />

Allgemein- und<br />

Viszeralchirurgie<br />

an der Universitätsklinik<br />

für Allgemeinchirurgie<br />

am AKH<br />

Wien, MUW<br />

Weitere<br />

Informationen unter:<br />

www.chronisch.at


MEDIAPLANET | 23<br />

Vom Kind zum Erwachsenen:<br />

Transition ist mehr als „bei der einen Tür raus<br />

und bei der anderen rein“<br />

Text Verena Bittner-Call<br />

Mag. a Dr. in<br />

Caroline Culen<br />

Klinische und<br />

Gesundheitspsychologin<br />

Geschäftsführung<br />

Österreichische<br />

Liga für Kinderund<br />

Jugendgesundheit<br />

Michaela Weigl<br />

Geschäftsführerin<br />

MPS Austria<br />

FOTO: F.JANAMADZIGON<br />

FOTO: JOHANNES WEIGL<br />

Die medizinischen<br />

Möglichkeiten im<br />

Bereich der seltenen<br />

<strong>Erkrankungen</strong> haben<br />

sich in den letzten Jahrzehnten<br />

deutlich verbessert. Dadurch<br />

gewinnen Betroffene an Lebensqualität<br />

und – in vielen Fällen<br />

– Lebenserwartung. Auch die<br />

Transition, also der Übergang<br />

von der pädiatrischen (Kinderheilkunde)<br />

in die Erwachsenenmedizin,<br />

spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />

Weshalb ist der Übergang von der<br />

Pädiatrie in die erwachsenenmedizinische<br />

Betreuung für junge Menschen<br />

mit einer seltenen Erkrankung meist<br />

so herausfordernd?<br />

Culen: Transition bedeutet auf sozialer<br />

Ebene Abschied nehmen von jenen<br />

Menschen, die lange begleitet haben.<br />

Gleichzeitig müssen die Patient:innen<br />

in der Erwachsenenmedizin nun neue<br />

Expert:innen für ihre Erkrankung finden.<br />

Im Gegensatz zur Kinderklinik sind diese<br />

nicht alle unter einem Dach zu finden.<br />

Es gibt also persönliche und strukturelle<br />

Hürden. Dazu kommt für junge Betroffene<br />

außerdem die Herausforderung des<br />

Erwachsenwerdens.<br />

Weigl: Die Betreuung von Kindern<br />

erfolgt durch Pädiater:innen, die viel<br />

Wissen um die Erkrankung haben und<br />

so etwas wie Case-Manager:innen sind.<br />

Wenn diese Kinder dann als Jugendliche<br />

in die Erwachsenenmedizin wechseln,<br />

haben sie oft das Gefühl, plötzlich allein<br />

dazustehen.<br />

Was bedeutet es für junge<br />

Erwachsene, wenn die Transition in die<br />

Erwachsenenmedizin nicht gelingt?<br />

Weigl: Wenn Transition nicht gelingt,<br />

kann dies bis zu Depressionen<br />

führen. Ich erlebe Patient:innen,<br />

die sich allein gelassen fühlen<br />

und überfordert sind. Es kommt<br />

zu einem Kontaktverlust zu den<br />

Ärzt:innen, aber auch zu Familie<br />

und Freunden. Wenn damit<br />

verbunden die Therapieadhärenz<br />

nicht mehr gegeben ist, verschlechtern<br />

sich Gesundheitszustand<br />

und Lebensqualität.<br />

Welche Auswirkungen hat es auf<br />

das Gesundheitssystem, wenn diese<br />

jungen Menschen nicht in der Erwachsenenmedizin<br />

ankommen?<br />

Culen: Für das Gesundheitssystem<br />

wird es teuer! Es kommt zu vermehrten<br />

Akutaufnahmen und Spitalsaufenthalten,<br />

weil sich gesundheitliche Komplikationen<br />

ergeben. Zusätzlich verschlechtert sich<br />

die Lebensqualität. Überforderung und<br />

Einsamkeit kommen dazu. Es können<br />

sich Ängste, depressive Verstimmungen<br />

bis hin zu manifesten Depressionen<br />

einstellen.<br />

Welche Rolle übernehmen die Eltern<br />

bei der Transition?<br />

Culen: Junge Menschen, die von ihren<br />

Eltern auf die Transition vorbereitet und<br />

begleitet worden sind, kommen besser in<br />

der Erwachsenenmedizin an. Sie haben<br />

bessere medizinische und psychische<br />

Werte. Die Familie spielt deshalb eine sehr<br />

wichtige Rolle, auf die sie jedoch vom System<br />

zu wenig vorbereitet wird. Standardisierte<br />

Transitionsprozesse und Unterlagen<br />

für die Eltern wären wünschenswert und<br />

erforderlich.<br />

Wie sieht der ideale<br />

Transitionsprozess aus?<br />

Weigl: Transition ist mehr als nur „bei<br />

der einen Tür raus und bei der anderen<br />

rein“. Transition ist ein Prozess, für den es<br />

Zeit braucht. Es braucht Zeit für mehrere,<br />

auch fachübergreifende, Gespräche. Es<br />

sollten gemeinsame Termine mit Pädiater:in,<br />

Erwachsenenmediziner:in und<br />

Patient:in stattfinden, um schrittweise die<br />

Verantwortung zu übergeben.<br />

Außerdem sind nicht alle Patient:innen<br />

mit 18 Jahren bereit für die Transition.<br />

Auch darauf sollte Rücksicht genommen<br />

werden. Wie schon erwähnt, müssen darüber<br />

hinaus Patient:innen und Angehörige<br />

auf den Transitionsprozess vorbereitet<br />

werden. Unterstützende Angebote für<br />

junge Menschen wären beispielsweise<br />

Terminerinnerungen, die über eine App<br />

laufen könnten. Auch Selbsthilfegruppen<br />

bieten bei der Transition ein wichtige<br />

Anlaufstelle.<br />

Welche Strukturen<br />

und Ressourcen<br />

braucht es für gelungene<br />

Transition?<br />

Culen: Es muss den<br />

Verantwortlichen in der<br />

Gesundheitspolitik<br />

bewusst sein, dass<br />

Transition Zeit und<br />

finanzielle Mittel<br />

braucht. Es braucht<br />

Personen, die sich für<br />

den Transitionsprozess verantwortlich<br />

fühlen. Diese können auch aus dem<br />

Pflegebereich kommen. Wichtig ist dabei<br />

ein Monitoring der Maßnahmen: Was hat<br />

gut funktioniert? Wo müssen wir noch<br />

nachbessern? Ein gut ausgearbeitetes<br />

Transitionskonzept sollte ein<br />

Qualitätsmerkmal einer Gesundheitseinrichtung<br />

sein.


<strong>Seltene</strong><br />

<strong>Erkrankungen</strong><br />

UNSER AUFTRAG FÜR<br />

INNOVATIVE LÖSUNGEN<br />

Am 29. Februar ist<br />

TAG DER<br />

<strong>Seltene</strong>n<br />

<strong>Erkrankungen</strong><br />

TAKEDA UNTERSTÜTZT MENSCHEN MIT SELTENEN UND KOMPLEXEN<br />

ERKRANKUNGEN<br />

Fünf Prozent der Weltbevölkerung leiden an <strong>Seltene</strong>n <strong>Erkrankungen</strong>. 1 In Österreich sind 450.000<br />

Menschen betroffen. 2 Takeda unterstützt die Patient*innen von der Diagnose bis zur bestmöglichen<br />

Versorgung mit Therapien. Seit 70 Jahren entwickeln und produzieren wir in Österreich eine Vielzahl<br />

von hochinnovativen Arzneimitteln, um die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.<br />

1<br />

Global Genes. RARE Diseases: Facts and Statistics. Verfügbar unter:<br />

https://globalgenes.org/rare-disease-facts/ Letzter Zugriff: Februar 2024.<br />

2<br />

Dachverband Pro Rare Austria. Verfügbar unter:<br />

https://www.prorare-austria.org/pro-rare-austria/wer-wir-sind<br />

Letzter Zugriff: Februar 2024.<br />

ERFAHREN SIE MEHR über den Kranich<br />

und das Engagement von Takeda<br />

für Menschen mit <strong>Seltene</strong>n <strong>Erkrankungen</strong>.<br />

www.takeda.at<br />

C-APROM/AT/VPR/0010

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