FOCUS-MONEY_2022-39_Vorschau
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INTERVIEW<br />
AMERIKA JAGT,<br />
EUROPA ZÖGE<br />
Der Peak bei den Zinssteigerungen dürfte bald erreicht sein. Doch die Zinsen werden<br />
lange hoch bleiben, sagt Andreas Köster. Wie Anleger am besten durch die Durststrecke<br />
an den Kapitalmärkten kommen, sagt der Chefanlagestrage bei Union Investment auch<br />
Sie hat den Leitzins mit 75 Basispunkten jetzt so stark erhöht<br />
wie noch nie. Wird das reichen, um die Märkte zu beruhigen?<br />
Köster: Wohl kaum. Das ist nur der erste Schritt. Die<br />
Zentralbank wird die Zinsen so lange erhöhen müssen,<br />
bis die Inflation nachgibt. Die Wirtschaft und die<br />
Kapitalmärkte stehen jetzt hinter diesem Ziel zuvon<br />
HEIKE BANGERT<br />
Die Teuerung ist im Euro-Raum im August auf 9,5 Prozent gestiegen.<br />
Zeitweise sackte der Dax auf 12 800 Punkte ab. Wer<br />
war davon mehr geschockt, die EZB oder die Investoren?<br />
Andreas Köster: Sowohl die Investoren als auch die<br />
Notenbanken haben mit Inflation gerechnet. Überrascht<br />
waren sie allenfalls von der Höhe. Zu Beginn<br />
des Jahres hatte sich die EZB noch auf zwei Prozent<br />
Inflation bei zwei Prozent Wirtschaftwachstum bis<br />
zum Jahresende <strong>2022</strong> eingestellt. Das war durch den<br />
Einmarsch der Russen in die Ukraine und die Null-<br />
Covid-Strategie Chinas nicht zu halten. Dass die<br />
Inflation sich beschleunigt hat, hat die EZB zu spät<br />
bemerkt.<br />
rück. Die USA machen das mit ruhiger Hand. Sie haben<br />
das Handwerkszeug, die Inflation zu bekämpfen.<br />
Die Frage ist hier lediglich: mit oder ohne Rezession?<br />
Leider hat die EZB das Ruder nicht selbst in der Hand.<br />
Sie ist abhängig von der Entwicklung im Konflikt mit<br />
Russland und in China.<br />
Hat EZB-Chefin Christine Lagarde durch ihr Zögern an Glaubwürdigkeit<br />
eingebüßt?<br />
Köster: Das finde ich nicht. Sie hat zwar zu zögerlich<br />
reagiert, den Markt aber gut auf Zinserhöhungen<br />
vorbereitet. Doch die Inflation in der Euro-Zone war<br />
und ist im Wesentlichen angebotsgetrieben von externen<br />
Faktoren, die die EZB nicht zu verantworten<br />
hat und denen monetär schwer beizukommen ist.<br />
Klingt nach einem Experiment, das auch schiefgehen kann?<br />
Köster: Durchaus. Jetzt drängen sich die Probleme<br />
auf, die wir 20 Jahre nicht gelöst haben. Wir haben<br />
keine optimale Währungseinheit und einen frag-<br />
10 <strong>FOCUS</strong>-<strong>MONEY</strong> <strong>39</strong>/<strong>2022</strong>